Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-3317/2021 |
Datum: | 15.02.2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Rente |
Schlagwörter : | Recht; Schweiz; Witwen; Vorinstanz; Abkommen; Witwenrente; Kosovo; Staat; Einsprache; SAK-act; Verfahren; Hinterlassene; Bundesverwaltungsgericht; Urteil; Sozialversicherung; Hinterlassenen; Anspruch; Staatsangehörige; Rente; Einspracheentscheid; Gesuch; Inkrafttreten; Renten; Ehemann; Abkommens; Wohnsitz; Schweizer; Verfügung; Zeitpunkt; Sozialversicherungsabkommen |
Rechtsnorm: | Art. 11 VwVG ;Art. 18 AHVG ;Art. 23 AHVG ;Art. 29 AHVG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 85b AHVG ; |
Referenz BGE: | 121 V 362; 131 V 164; 132 V 215; 139 V 263 |
Kommentar: | - |
Abteilung III C-3317/2021
Besetzung Einzelrichter Christoph Rohrer, Gerichtsschreiberin Marion Sutter.
vertreten durch Franklin Sedaj, Rechtsanwalt, (Kosovo), ohne Zustelldomizil in der Schweiz, Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, Witwenrente (Einspracheentscheid vom 12. Februar 2020).
A. (im Folgenden: Versicherte oder Beschwerdeführerin) wurde am (…) 1947 geboren, ist kosovarische Staatsangehörige und lebt in (…), Kosovo. Sie heiratete am (…) 1964 (vgl. SAK-act. 22 S. 1) und hat zwei Kinder (geboren am […] 1977 und am […] 1983; vgl. SAK-act. 28 S. 1). Ihr
Ehemann B.
sel. verstarb am (…) 2013 (SAK-act. 20 S. 3, 23
S. 3). Mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 wandte sich die Versicherte, vertreten durch Mukadeze Bajrami, Kosovo, an die Vorinstanz und erklärte bezugnehmend auf ein Gesuch vom 8. April 2014 um die Zusprechung einer Witwenrente (Anm: dieses Gesuch fehlt in den Vorakten), sie habe bisher keine Rückmeldung der Vorinstanz betreffend ihr Gesuch erhalten, und ersuchte um die Zustellung einer schriftlichen Mitteilung (SAK-act. 1).
Mit Verfügung vom 14. November 2014 bezog sich die Vorinstanz auf die Rentenanmeldung vom 8. April 2014 und teilte der Versicherten mit, aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit von Kosovo, einem Staat mit welchem die Schweiz bis zum aktuellen Zeitpunkt kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen habe, sowie ihres Wohnsitzes ausserhalb der Schweiz sei ihr Rentenantrag gemäss Art. 18 Abs. 2 AHVG abzuweisen (SAKact. 3).
Hiergegen erhob die Versicherte, weiterhin vertreten durch Mukadeze Bajrami, mit Eingabe vom 9. Dezember 2014 Einsprache bei der Vorinstanz und machte im Wesentlichen sinngemäss geltend, ihr verstorbener Ehemann habe während 27 Jahren und vier Monaten in der Schweiz AHV-Beiträge geleistet, dies zu einem Zeitpunkt, als das Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und Ex-Jugoslawien auf kosovarische Staatsangehörige anwendbar gewesen sei. Es sei ihr daher in Anwendung dieses Abkommens eine Hinterbliebenen-/Witwenrente zuzusprechen (SAK-act. 4).
Mit Einspracheentscheid vom 26. Januar 2015 wies die Vorinstanz die Einsprache der Versicherten ab mit der Begründung, die Anwendung des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vom 8. Juni 1962 habe im Verhältnis zu Kosovo am 31. März 2010 geendet. Daher gälten Staatsangehörige des Kosovo ab dem 1. April 2010 als Nichtvertragsausländerinnen und Nichtvertragsausländer. Der Ehemann der Versicherten sei am (…)
(recte: […]) 2013 verstorben und ausschliesslich kosovarischer Staatsangehöriger gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe das Sozialversicherungsabkommen keine Anwendung mehr gefunden. Die Versicherte sei ebenfalls kosovarische Staatsangehörige und habe ihren Wohnsitz ausserhalb der Schweiz. Damit habe die Versicherte keinen Anspruch auf eine Witwenrente (SAK-act. 6).
Die hiergegen erhobene Beschwerde vom 13. Februar 2015 (vgl. SAKact. 8) wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil C-1312/2015 vom
5. Juni 2015 als offensichtlich unbegründet ab (SAK-act. 15).
Das Bundesgericht wies mit Urteil 9C_474/2015 vom 19. August 2015 die am 30. Juni 2015 bei ihm eingegangene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (SAK-act. 16 S. 2-5) ab (SAK-act. 11).
Am 8. Juli 2019 ging bei der Vorinstanz ein notariell beglaubigtes Formular vom 21. Juni 2019 betreffend die Versicherte aus dem Kosovo ein (SAK-act. 19). Mit Schreiben vom 19. Juli 2019 mit dem Titel "Einreichen des Rentengesuchs" bezog sich die Vorinstanz auf das "Gesuch" vom
8. Juli 2019 und teilte der Versicherten mit, dass das Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Kosovo am 1. September 2019 in Kraft treten werde und dass ein Rentenanspruch ab Inkrafttreten entstehe. Sie wies die Versicherte darauf hin, dass sie ihr Rentengesuch über den kosovarischen Versicherungsträger, (…), einzureichen habe (SAKact. 21). Mit Formular "Anmeldung für eine Hinterlassenenrente für Personen mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz" vom 2. September 2019 (Eingang: 19. September 2019) meldete sich die Versicherte über den kosovarischen Versicherungsträger erneut zum Bezug einer Hinterlassenenrente an (SAK-act. 22).
Mit Verfügung vom 23. Dezember 2019 sprach die Vorinstanz der Versicherten mit Wirkung ab dem 1. September 2019 eine ordentliche Witwenrente im Betrag von Fr. 1'042.– zu (SAK-act. 29).
Hiergegen erhob die Versicherte, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Franklin Sedaj (vgl. SAK-act. 30 S. 2), mit Eingabe vom 16. Januar 2020 (Eingang: 23. Januar 2020) Einsprache bei der Vorinstanz mit den Anträgen, die Witwenrente sei bereits ab dem (…) 2013, d. h. ab dem Sterbedatum ihres verstorbenen Ehemannes, anzuerkennen und die bis zum
1. September 2019 aufgelaufenen Renten seien mitsamt Zins von 4 % nachzubezahlen (SAK-act. 30 S. 1).
Mit Einspracheentscheid vom 12. Februar 2020 wies die Vorinstanz die Einsprache der Versicherten ab. Zur Begründung führte sie aus, die Versicherte sei kosovarische Staatsangehörige. Auch ihr verstorbener Ehemann sei kosovarischer Staatsangehöriger gewesen. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der ehemaligen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung sei mit Wirkung ab dem 1. April 2010 für kosovarische Staatsangehörige nicht weiter angewandt worden. Dies bedeute für die Versicherte konkret, dass sie bei Versterben des Ehemannes im (…) 2013 keinen Anspruch auf eine Schweizerische Hinterlassenenrente nach dem AHVG gehabt habe, da sie die Rechtsstellung als Vertragsausländerin am 1. April 2010 verloren habe, auch wenn die übrigen Voraussetzungen für die Ausrichtung einer AHVHinterlassenenrente erfüllt gewesen seien. Dieser Rechtszustand habe sich allerdings mit dem Inkrafttreten des neu verhandelten Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und der Republik Kosovo geändert. Dieses sei am 1. September 2019 in Kraft getreten und sehe die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme der Schweiz und der Republik Kosovo im Bereich der AHV vor, insbesondere die Exportierbarkeit Schweizer AHV-Renten sowie das Prinzip der grösstmöglichen Gleichbehandlung mit Schweizer Staatsbürgern. Allerdings gelte dieses nicht rückwirkend. Vielmehr sähen die Übergangsund Schlussbestimmungen des neuen Abkommens klar vor, dass für den Zeitraum vor dessen Inkrafttreten keine Leistungsansprüche begründet würden. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens, d. h. per 1. September 2019, seien alle Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Witwenrente erfüllt gewesen: Der Ehemann der Versicherten sei verstorben, die Versicherte habe Kinder, und der Verstorbene habe ferner die AHV-Mindestbeitragsdauer von einem Jahr erreicht. Nachdem die Hinterlassenenrente nicht rückwirkend zuzusprechen sei, erübrige sich die Frage nach geschuldeten Zinsen für eine Rentenleistung vor September 2019 (SAK-act. 31).
Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe ("Einsprache") vom 8. Juli 2021 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht mit den Anträgen, die Witwenrente sei bereits ab dem (…) 2013 (Todestag ihres verstorbenen Ehemannes) anzuerkennen. Die bis zum 1. September 2019 aufgelaufenen Renten seien mitsamt einem Zins von 4 % nachzubezahlen.
Ausserdem stellte sie sinngemäss ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (wörtlich: "Antrag auf Verfahrenskostenhilfe") mit der Begründung, dass sie arbeitslos sei und weder die Anwaltsnoch die Gerichtskosten bezahlen könne (BVGer-act. 1).
Mit Schreiben vom 27. Juli 2021 holte das Bundesverwaltungsgericht bei der Vorinstanz die gesamten Vorakten sowie einen Zustellnachweis betreffend den angefochtenen Einspracheentscheid ein (BVGer-act. 3).
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach den Vorschriften des VGG, des VwVG [vgl. auch Art. 37 VGG]) sowie des ATSG (SR 830.1; vgl. auch Art. 3 Bst. dbis VwVG).
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern – wie im vorliegenden Fall – keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 VGG genannten Behörden. Zu diesen gehört die Schweizerische Ausgleichskasse (Art. 33 Bst. d VGG; vgl. Art. 69 Abs. 1 Bst. b IVG [SR 831.20]). Das Bundesverwaltungsgericht ist somit zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen; sie ist als Adressatin der angefochtenen Verfügung durch diese besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Abänderung, weshalb sie zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG; siehe auch Art. 59 ATSG). Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 4 VwVG; siehe auch Art. 60 ATSG).
Da die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Aufforderungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVGer-act. 2, 5 und 8) kein Zustelldomizil in der Schweiz bezeichnet hat, ist ihr das Dispositiv des vorliegenden Urteils gemäss Art. 36 Bst. b i. V. m. Art. 11b Abs. 1 VwVG androhungsgemäss mittels Notifikation im Bundesblatt zu eröffnen und das für sie bestimmte Urteilsexemplar zu den Gerichtsakten zu legen.
Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstands des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bildet der Einspracheentscheid vom 12. Februar 2020, mit welchem die Vorinstanz in Abweisung der Einsprache vom 1. September 2019 ihre Verfügung vom
23. Dezember 2019 bestätigt hat, mit welcher sie der Beschwerdeführerin mit Wirkung ab dem 1. September 2019 eine ordentliche Witwenrente im Betrag von Fr. 1'042.– zugesprochen hatte. Die Beschwerdeführerin beantragt beschwerdeweise, die Witwenrente sei bereits ab dem (…) 2013 zu leisten. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht nachfolgend zu prüfen, ob die Vorinstanz mit dem angefochtenen Einspracheentscheid vom
12. Februar 2020 vorliegend zu Recht den Beginn des Witwenrentenanspruchs auf den 1. September 2019 anstatt, wie von der Beschwerdeführerin verlangt, auf den (…) 2013 festgesetzt hat.
Das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verwaltungsverfügung (hier: vom 12. Februar 2020) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 132 V 215 E. 3.1.1). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 362 E. 1b).
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 132 V 215 E. 3.1.1), weshalb jene Vorschriften Anwendung finden, die spätestens beim Erlass des Einspracheentscheids vom 12. Februar 2020 in Kraft standen; weiter aber auch Vorschriften, die zu jenem Zeitpunkt bereits ausser Kraft getreten waren, die aber für die Beurteilung allenfalls früher entstandener Leistungsansprüche von Belang sind.
Am 8. Juli 1962 schlossen die Föderative Volksrepublik Jugoslawien und die Schweiz ein Abkommen über die Sozialversicherung (gültig ab dem
1. März 1964; SR 0.831.109.818.1). Nach der Auflösung der Föderativen Volksrepublik wurde die Geltung dieses Sozialversicherungsabkommens für die Nachfolgestaaten mit Notenwechseln geregelt, bevor eigene Abkommen das alte Sozialversicherungsabkommen in einigen derselben ablösten (BGE 139 V 263 E. 5.4). Nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom 17. Februar 2008 beschloss der Bundesrat, das bisherige Abkommen mit Serbien im Verhältnis zu Kosovo ab dem 1. April 2010 nicht
mehr anzuwenden, was das Bundesgericht als rechtmässiges Vorgehen erkannte (BGE 139 V 263 E. 6.4). Ein neues Abkommen vom 8. Juni 2018 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kosovo über soziale Sicherheit (SR 0.831.109.475.1; nachfolgend: Abkommen) ist am 1. September 2019 in Kraft getreten.
Anspruch auf eine Witwenoder Witwerrente haben Witwen oder Witwer, sofern sie im Zeitpunkt der Verwitwung Kinder haben (Art. 23 Abs. 1 AHVG). Der Anspruch auf die Witwenoder Witwerrente entsteht am ersten Tag des dem Tod des Ehemannes oder der Ehefrau folgenden Monats (Art. 23 Abs. 3 Satz 1 AHVG). Anspruch auf eine ordentliche Altersoder Hinterlassenenrente haben die rentenberechtigten Personen, denen für mindestens ein volles Jahr Einkommen, Erziehungsoder Betreuungsgutschriften angerechnet werden können, oder ihre Hinterlassenen (Art. 29 Abs. 1 AHVG).
Ausländerinnen und Ausländer sowie ihre Hinterlassenen ohne Schweizer Bürgerrecht sind nur rentenberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben (Art. 18 Abs. 2 Satz 1 AHVG). Dieses Erfordernis ist von jeder Person, für die eine Rente ausgerichtet wird, einzeln zu erfüllen (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 AHVG). Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Staatenlosen sowie abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen (Art. 18 Abs. 2 Satz 3 AHVG).
Nach Art. 18 Abs. 3 AHVG können Ausländern, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und mit deren Heimatstaat keine zwischenstaatliche Vereinbarung besteht, sowie ihren Hinterlassenen die bezahlten AHV-Beiträge rückvergütet werden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere das Ausmass der Rückvergütung.
Die Beschwerdeführerin ist unbestrittenermassen kosovarische Staatsangehörige (vgl. SAK-act. 23). Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht, über eine weitere Staatsangehörigkeit zu verfügen. Eine solche ist auch nicht aus den Akten ersichtlich.
Mangels eines vorliegend anwendbaren Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und dem Kosovo galt die Beschwerde-
führerin in der Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. August 2019 als Nichtvertragsausländerin (vgl. Urteil des BGer 9C_202/2017 vom 2. Mai 2017 E. 2). Da sie während dieser Zeit die Erfordernisse des Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Satz 1 AHVG (vgl. oben E. 5.2) nicht erfüllte, entstand bis zum 31. August 2019 offensichtlich kein Anspruch auf eine Witwenrente, und dies unabhängig davon, dass ihr Ehemann bereits am (…) 2013 verstorben war und die Beschwerdeführerin die übrigen Voraussetzungen gemäss Art. 23 und 29 AHVG (vgl. oben E. 5.1), namentlich das Vorhandensein von Kindern im Zeitpunkt der Verwitwung sowie die Erfüllung der Mindestbeitragszeit von einem Jahr (siehe Ausführungen der Vorinstanz im Einspracheentscheid vom 12. Februar 2020 sowie Urteil des BVGer C-1312/2015 vom
13. Februar 2015, bestätigt durch Urteil des BGer 9C_474/2015 vom 19. August 2015 [Sachverhalt Bst. C.d, B.d und B.e; zum Grundsatz der abgeurteilten Sache vgl. statt vieler Urteil des BGer 9C_527/2016 vom 12. Dezember 2016 E. 2.1 mit Hinweisen]; zur Prüfung dieser Voraussetzungen durch das Bundesverwaltungsgericht vgl. auch unten E. 7), bereits im Oktober 2013 erfüllte. Daran hat sich, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, mit Inkrafttreten des Abkommens vom 8. Juni 2018 nichts geändert.
Das Abkommen vom 8. Juni 2018 (vgl. oben E. 4.3) ist gemäss Art. 2 Abs. 1 Bst. a insbesondere auf das AHVG anwendbar und gilt gemäss Art. 3 Bst. a insbesondere für Staatsangehörige der Vertragsstaaten, die den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats unterstellt sind oder waren, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen. Nach Art. 4 Abs. 1 sind die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten sowie deren Familienangehörige und Hinterlassene in ihren Rechten und Pflichten aus den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaats beziehungsweise deren Familienangehörigen und Hinterlassenen gleichgestellt. Gemäss Art. 5 Abs. 1 des Abkommens erhalten die in Artikel 3 Buchstaben a und b genannten Personen, die Geldleistungen nach den in Artikel 2 aufgeführten Rechtsvorschriften beanspruchen können, diese Leistungen in vollem Umfang und ohne jede Einschränkung, solange sie im Gebiet eines Vertragsstaats wohnen. Vorbehalten bleiben Art. 5 Abs. 2 und 3 des Abkommens. Gemäss Art. 5 Abs. 2 des Abkommens werden ordentliche Renten der schweizerischen Invalidenversicherung für Versicherte, die weniger als zur Hälfte invalid sind, sowie die ausserordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung nur bei Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz gewährt. Das Abkommen begründet gemäss dessen Übergangsbestimmungen keine Leistungsansprüche
für den Zeitraum vor seinem Inkrafttreten (Art. 35 Abs. 1 des Abkommens [Übergangsbestimmungen]).
Wie vorangehend dargelegt waren vorliegend – abgesehen von den Erfordernissen des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz gemäss Art. 18 Abs. 2 AHVG – die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für eine Witwenrente bereits im Jahr 2013 erfüllt (vgl. oben E. 6.1 in fine). In Bezug auf die erwähnten Erfordernisse des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz bleiben zudem gemäss Art. 18 Abs. 2 Satz 3 AHVG abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen ausdrücklich vorbehalten. Das neue Abkommen vom 8. Juni 2018 stellt zwar eine solche abweichende zwischenstaatliche Vereinbarung dar, indem es – ab seinem Inkrafttreten – in Art. 5 einen Leistungsexport in den Kosovo zulässt (vgl. oben E. 6.2). Seit Inkrafttreten des Abkommens vom
8. Juni 2018 muss daher die im Kosovo wohnhafte Beschwerdeführerin die Erfordernisse des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz nicht mehr erfüllen, um einen Anspruch auf eine Witwenrente zu begründen. Das Abkommen sieht jedoch gleichzeitig in den Übergangsbestimmungen ausdrücklich vor, dass kein Leistungsanspruch für den Zeitraum vor seinem Inkrafttreten entsteht. Ein Anspruchsbeginn für die Zeit vor Inkrafttreten des Abkommens, wie ihn die Beschwerdeführerin vorliegend bereits ab dem (…) 2013 verlangt, ist somit offensichtlich ausgeschlossen. Entsprechend entstand der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Witwenrente aufgrund der klaren Rechtslage erst mit Inkrafttreten des neuen Abkommens per 1. September 2019. Damit hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 23. Dezember 2019 offensichtlich zu Recht (erst) ab dem 1. September 2019 eine Witwenrente zugesprochen.
Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht primär die vorgetragenen Rügen prüft und nicht gehalten ist, den angefochtenen Einspracheentscheid auf alle erdenklichen Rechtsfehler hin zu untersuchen (vgl. Urteile des BVGer C-2656/2015 vom 24. Februar 2016 E. 2.2 und C-5053/2013 vom 17. August 2015 E. 4.2 je mit Hinweis). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin insbesondere die Höhe der ihr mit Verfügung vom 23. Dezember 2019 zugesprochenen Witwenrente nicht in Frage gestellt. Die im Einspracheentscheid dargestellten Berechnungsgrundlagen der Witwenrente sind aufgrund einer summarischen Prüfung nicht zu beanstanden.
Gemäss Art. 85bis Abs. 3 AHVG kann, falls die Vorprüfung vor oder sich nach einem Schriftenwechsel ergibt, dass die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, ein Einzelrichter mit summarischer Begründung auf Nichteintreten oder Abweisung erkennen (vgl. z. B. Urteil des BVGer C-3682/2016 vom 18. März 2019 E. 14.1).
Wie die obenstehenden Ausführungen aufgezeigt haben, hat die Vorinstanz mit Verfügung vom 23. Dezember 2019 den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine bereits vor dem 1. September 2019 entstandene Witwenrente offensichtlich zu Recht verneint (vgl. oben E. 6.2). Der diese Verfügung bestätigende Einspracheentscheid vom 12. Februar 2020 ist nicht zu beanstanden. Die vorliegende Beschwerde vom 8. Juli 2021 erweist sich damit als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im einzelrichterlichen Verfahren ohne Schriftenwechsel abzuweisen ist (vgl. Art. 23 Abs. 2 VGG i. V. m. Art. 85bis AHVG).
Da die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin beschwerdeweise sinngemäss um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das vorliegende Beschwerdeverfahren ersucht hat, bleibt bei diesem Verfahrensausgang zu prüfen, ob allenfalls Anspruch auf eine Entschädigung aus der Gerichtskasse besteht.
Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG kann eine Partei, die einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Begehren andererseits nicht als aussichtslos erscheinen, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten befreit werden (sog. unentgeltliche Prozessführung). Bei Vorliegen dieser kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. hierzu z. B. Urteil des BGer 2C_551/2017 vom 24. Juli 2017 E. 3.2) kann ihr gemäss Art. 65 Abs. 2 VwVG zudem ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt werden, sofern dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (sog. unentgeltliche Rechtsverbeiständung; vgl. Urteile des BGer 2C_625/2020 vom 19. August 2020 E. 3.1 und 8C_172/2010 vom 29. März 2010 E. 3; MARTIN KAYSER/RAHEL ALTMANN, in:
Auer/Müller/Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG), 2. Aufl., 2019, Rz. 49 und 53 ff. zu Art. 65 VwVG).
Bei Streitigkeiten über Leistungen im Bereich der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung ist das Verfahren für die Parteien kostenlos (Art. 85bis Abs. 2 AHVG), weshalb keine Verfahrenskosten zu erheben sind. Soweit die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde "Verfahrenskostenhilfe" beantragt, da sie die Gerichtskosten nicht bezahlen könne, ist ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Verfahrenskosten daher als gegenstandlos abzuschreiben.
Im Zusammenhang mit dem von der Beschwerdeführerin ebenfalls sinngemäss gestellten Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung (Antrag auf "Verfahrenskostenhilfe", da sie die Anwaltskosten nicht bezahlen könne) sind vorab die Gewinnaussichten der vorliegend zu beurteilenden Beschwerde zu prüfen.
Als aussichtslos sind Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (vgl. Urteile des BGer 8C_512/2017 vom 12. Oktober 2017 E. 3.2 und 2C_551/2017 vom 24. Juli 2017 E. 2.1, je mit weiteren Hinweisen).
Mit Blick auf das in den vorstehenden Erwägungen (vgl. insbesondere oben E. 6.2) Ausgeführte, waren die Gewinnaussichten ex ante betrachtet von Anfang an beträchtlich geringer als die Verlustgefahren. Die Beschwerde war damit von vornherein aussichtslos, womit eine der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die Gewährung unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne der unentgeltlichen Verbeiständung (vgl. oben
E. 9.1) für das vorliegende Verfahren nicht erfüllt ist und offenbleiben kann, wie es sich mit den übrigen Voraussetzungen verhält. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung ist abzuweisen.
Die obsiegende Vorinstanz hat als Bundesbehörde keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 73.320.2]). Der unterliegenden Beschwerdeführerin ist entsprechend dem Verfahrensausgang ebenfalls keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG).
(Das Dispositiv folgt auf der nächsten Seite.)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Verfahrenskosten wird als gegenstandslos abgeschrieben.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Publikation im Bundesblatt)
die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Einschreiben)
das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Christoph Rohrer Marion Sutter
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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