Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-2862/2021 |
Datum: | 13.09.2021 |
Leitsatz/Stichwort: | Rückforderung von Versicherungsleistungen und Erlass |
Schlagwörter : | Wohnsitz; Recht; Schweiz; Bundesverwaltungsgericht; Verfahren; Person; Rechtspflege; Verfügung; Akten; Gesuch; Urteil; Ausland; Tochter; Lebens; Beschwerde-act; Formular; Sozialhilfe; Zuständigkeit; Stadt; Lebensmittelpunkt; Kosovo; Witwenrente; Kanton; Schweizer; Orlando; Vanoli; Rechtsanwalt |
Rechtsnorm: | Art. 13 ATSG ;Art. 20 IPRG ;Art. 23 AHVG ;Art. 23 ZGB ;Art. 24 ZGB ;Art. 48 BGG ;Art. 58 ATSG ;Art. 64A VwVG ;Art. 85b AHVG ; |
Referenz BGE: | 102 V 241; 119 II 167; 127 V 237; 130 V 1; 138 V 533 |
Kommentar: | - |
Abteilung III C-2862/2021
Besetzung Einzelrichter Christoph Rohrer, Gerichtsschreiber Milan Lazic.
vertreten durch Dr. iur. Orlando Vanoli, Rechtsanwalt, Beschwerdeführerin,
gegen
Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100,
1211 Genf 2, Vorinstanz.
Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, Eintretensvoraussetzungen im Verfahren betreffend unentgeltliche Rechtspflege im Verwaltungsverfahren (Verfügung vom 19. Mai 2021).
Nachdem B. sel. am (…) 1975 bei einem Unfall tödlich verunglückt war, wurde der am (…) 1946 geborenen kosovarischen Staatsangehörigen A. (im Folgenden: Versicherte) auf deren Witwenrentengesuch vom 22. Dezember 1977 hin mit Wirkung ab dem 1. Januar 1976 eine Witwenrente samt den dazugehörigen Kinderrenten zugesprochen. Im Jahr 2017 leitete die für die Rentenzahlungen zuständige Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) Untersuchungen wegen Verdachts auf Versicherungsmissbrauch aufgrund einer nicht gemeldeten Wiederverheiratung der Versicherten ein und sistierte ab November 2017 die weiteren Rentenzahlungen. Nach Durchführung von Abklärungen bei diversen Behörden im Inund Ausland gewährte sie der Versicherten nach Vorliegen der Ergebnisse zunächst das rechtliche Gehör; schliesslich stellte die SAK mit Verfügung vom 25. Januar 2018 fest, dass der Anspruch der Versicherten auf die seit 1. Januar 1976 ausgerichtete Witwenrente aufgrund Wiederverheiratung vom (…) August 2001 am 31. August 2001 geendet habe und im Zeitraum von September 2001 bis Oktober 2017 ein Rentenbetrag von insgesamt Fr. 168'316.- zu Unrecht ausbezahlt worden sei. Mit gleicher Verfügung verfügte die SAK die Rückerstattung des gesamten in diesem Zeitraum bezogenen Betrages im Umfang von Fr. 168'316.- (vgl. Akten der Vorinstanz [im Folgenden: Dok.] 153). Am 9. Februar 2018 liess die Versicherte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Orlando Vanoli, dagegen Einsprache erheben sowie um Akteneinsicht und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Einspracheverfahren ersuchen (Dok. 166). Ohne vorgängig das Akteneinsichtsgesuch und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu behandeln wies die SAK die Einsprache mit Entscheid vom 15. Mai 2018 vollumfänglich ab (Dok. 175).
Eine dagegen am 15. Juni 2018 von der Versicherten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Orlando Vanoli, eingereichte Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht, nachdem es einleitend seine örtliche Zuständigkeit im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung aufgrund der sich aus den damals zur Verfügung stehenden Akten ergebenden Indizien bejaht hatte, mit Urteil C-3518/2018 vom 13. Mai 2020 insofern gutgeheissen, als es den angefochtenen Einspracheentscheid vom 15. Mai 2018 aufgehoben und die Sache zur weiteren Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts im Sinne der Erwägungen sowie zum anschliessenden Erlass einer neuen Verfügung an die SAK zurückgewiesen hat. Im Urteil C-3518/2018 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die SAK habe zwar zutreffend fest-
gestellt, dass der Anspruch der Versicherten auf die bisher bezogene Witwenrente aufgrund der vom zuständigen Zivilstandsamt mittels Eheurkunde vom 1. Februar 2018 bestätigten Wiederverheiratung vom (…) August 2001 nach Art. 23 Abs. 4 Bst. a AHVG erloschen sei und folglich die ab September 2001 infolge Wiederverheiratung unrechtmässig bezogenen Witwenrentenleistungen unabhängig von einer Meldepflichtverletzung grundsätzlich zurückzuerstatten seien. Jedoch habe die SAK die Frage der von Amtes wegen zu berücksichtigenden Verwirkungsfristen, insbesondere diejenige der absoluten Verwirkungsfrist, gänzlich unbeachtet gelassen. Aufgrund von nur unvollständig eingereichten vorinstanzlichen Akten (vgl. dazu den Hinweis im Schreiben der SAK vom 19. Mai 2021 [Dok. 229]) konnte das Bundesverwaltungsgericht hierzu kein abschliessendes Urteil fällen, weshalb es die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung samt Vervollständigung der Akten und neuer Verfügung an die SAK zurückgewiesen hat. Im Weiteren hat es die SAK angewiesen, das mit Einsprache vom 9. Februar 2018 gestellte, indes bislang nicht behandelte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Versicherten an die Hand zu nehmen (zum Ganzen vgl. Urteil C-3518/2018 vom 13. Mai 2020 [Dok. 197]). Dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft (vgl. Dok. 201).
In der Folge liess die Versicherte, nach wie vor vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Orlando Vanoli, mit Eingabe vom 25. September 2020 bei der Vorinstanz um Anhandnahme des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen (vgl. Dok. 203). Nachdem die SAK dieses Schreiben unbeantwortet gelassen hatte, liess die Versicherte mit Eingabe vom 30. November 2020 ein weiteres Mal um umgehende Behandlung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen (vgl. Dok. 215). Mit Verfügung vom 19. Mai 2021 wies die SAK schliesslich das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vom 9. Februar 2018 wegen Aussichtslosigkeit ab. Zur Begründung führte die SAK aus, das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil C-3518/2018 vom 13. Mai 2018 erkannt, der Anspruch der Versicherten auf eine Witwenrente sei mit ihrer Wiederverheiratung vom (…) August 2001 erloschen und die Witwenrenten seien in der Folge im Zeitraum von September 2001 bis Oktober 2017 zu Unrecht ausgerichtet worden. Die weiteren Voraussetzungen der Bedürftigkeit und der Erforderlichkeit der anwaltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren prüfte die SAK daher nicht (vgl. Dok. 230).
Gegen diese Verfügung erhob die Versicherte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Orlando Vanoli, mit Eingabe vom 18. Juni 2021 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und unentgeltlichen Verbeiständung in der Person von Rechtsanwalt Dr. iur. Orlando Vanoli für das vorinstanzliche Verwaltungsverfahren. Gleichzeitig ersuchte sie auch um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren (vgl. Akten im Beschwerdeverfahren [im Folgenden: Beschwerde-act.]1).
Mit Instruktionsverfügung vom 24. Juni 2021 wurde der Eingang der Beschwerde vom 18. Juni 2021 bestätigt und die SAK aufgefordert, bis zum 26. Juli 2021 eine Vernehmlassung sowie die gesamten vorinstanzlichen Akten einzureichen (Beschwerde-act. 2). Mit separater Instruktionsverfügung vom gleichen Tag wurde die Versicherte unter Hinweis auf die Säumnisfolgen aufgefordert, bis zum 26. Juli 2021 das dieser Verfügung beigelegte Formular «Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege» ausgefüllt und mit den nötigen Beweismitteln einzureichen (Beschwerde-act. 3).
Mit Eingabe vom 23. Juli 2021 liess die Versicherte das teilweise ausgefüllte Formular «Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege» vom 23. Juli 2021 sowie eine Sozialhilfebestätigung für die Versicherte der Sozialberatung der Stadt C. vom 28. Mai 2021 samt Budgetberechnung derselben Behörde vom 2. März 2021 einreichen und im Weiteren betreffend Mittellosigkeit auf das seinerzeit bewilligte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren C-3518/2018 verweisen (vgl. Bescherdeact. 4).
Am 6. September 2021 reichte die Vorinstanz die vorinstanzlichen Akten in elektronischer Form ein (Beschwerde-act. 5). Am 7. September 2021 ging die Vernehmlassung der Vorinstanz vom 6. September 2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein (Beschwerde-act. 6).
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG (SR172.01), soweit das VGG (SR 173.32) nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG). Gemäss Art. 3 Bst. dbis VwVG bleiben in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren die besonderen Bestimmungen des
Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) vorbehalten. Gemäss Art. 1 Abs. 1 AHVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die im ersten Teil geregelte Altersund Hinterlassenenversicherung anwendbar, soweit das AHVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Dabei finden nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln diejenigen Verfahrensvorschriften Anwendung, welche im Zeitpunkt der Beschwerdebeurteilung in Kraft stehen (BGE 130 V 1 E. 3.2).
Gemäss Art. 31 VGG in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG und Art. 85bis Abs. 1 AHVG (SR 831.10) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG der Schweizerischen Ausgleichskasse (SAK), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt.
Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen, zu welchen auch die örtliche Zuständigkeit gehört, erfüllt sind und ob auf eine Beschwerde einzutreten ist (Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]; BVGE 2016/15 E. 1; 2014/4
E. 1.2; vgl. auch Urteil des BVGer C-3291/2017, C-3304/2017 vom 18. Oktober 2017 E. 2).
Laut Art. 58 Abs. 1 ATSG ist das Versicherungsgericht desjenigen Kantons örtlich zur Beurteilung von Beschwerden im Bereiche der AHV zuständig, in dem die versicherte Person – im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung – ihren Wohnsitz hat. Befindet sich der Wohnsitz der versicherten Person im Ausland, so ist das Versicherungsgericht desjenigen Kantons zuständig, in dem sich ihr letzter schweizerischer Wohnsitz befand oder in dem ihr letzter schweizerischer Arbeitgeber Wohnsitz hat (Art. 58 Abs. 2 Satz 1 ATSG). Von dieser Bestimmung weicht jedoch der vorliegend anwendbare Art. 85bis Abs. 1 AHVG ab. Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden von «Personen im Ausland», wobei hiermit die – im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung – im Ausland wohnenden Personen gemeint sind (vgl. dazu Urteil des EVG [heute: Sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] I 232/02 vom 22. Januar 2004
E. 2.2 mit Hinweisen). Da es sich bei der Versicherten um eine Person im Rentenalter handelt, fällt vorliegend die Ausnahmeregelung für die in der Schweiz (unselbständig) Erwerbstätigen mit Wohnsitz im Ausland gemäss Art. 200 AHVV (SR 831.101) von vornherein ausser Betracht.
Gestützt auf das soeben Dargelegte hängt die örtliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren grundsätzlich davon ab, dass die Versicherte ihren Wohnsitz im Ausland hat. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Versicherte im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vom 18. Juni 2021 nach wie vor ihren Wohnsitz im Ausland hatte und sich somit die in der angefochtenen Verfügung vom 19. Mai 2021 aufgeführte Rechtsmittelbelehrung als korrekt erweist.
Der Begriff des Wohnsitzes bestimmt sich gemäss Art. 13 Abs. 1 ATSG (SR 830.1) nach den Art. 23 bis 26 des Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210; vgl. auch Art. 20 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht [IPRG, SR 291], der den Wohnsitzbegriff gleich umschreibt [vgl. BGE 119 II 167 E. 2]). Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an dem Ort, an dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist (Art. 13 Abs. 2 ATSG).
Der zivilrechtliche Wohnsitz einer Person befindet sich nach Art. 23 Abs. 1 ZGB an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB) und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat. Für die Begründung des Wohnsitzes müssen somit zwei Merkmale erfüllt sein: ein objektives äusseres, der Aufenthalt, sowie ein subjektives inneres, die Absicht dauernden Verbleibens. Nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den inneren Willen, sondern darauf an, auf welche Absicht die erkennbaren Umstände objektiv schliessen lassen (BGE 127 V 237 E. 1, 125 V 76 E. 2a je mit weiteren Hinweisen). Bei ausländischen Staatsangehörigen, welche eine Aufenthaltsbewilligung "B" besitzen, wird der Wohnsitz in der Schweiz zwar vermutet (vgl. Urteil des BGer 9C_747/2015 vom 12. Mai 2016 E. 5.1). Indessen sind fremdenpolizeiliche Entscheide über Niederlassungsund Aufenthaltsbewilligungen allein aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Wohnsitzes in der Schweiz nicht massgebend (vgl. BGE 138 V 533 E. 4.3 ff.).
Der einmal begründete Wohnsitz bleibt an diesem Ort bestehen, solange nicht anderswo ein neuer begründet wird (Art. 24 Abs. 1 ZGB). Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz (Abs. 2). Im Rahmen
von Art. 24 Abs. 2 ZGB richtet sich die Frage, wann eine Person ihren ausländischen Wohnsitz aufgegeben hat, nach Art. 20 Abs. 1 Bst. a IPRG (SR 291). Dies ist der Fall, wenn die Person den Ort des bisherigen Lebensmittelpunktes definitiv verlassen hat, wobei unerheblich ist, ob nach dem ausländischen Recht der ausländische Wohnsitz noch weiterbesteht. Die Aufgabe des einmal begründeten Wohnsitzes ist im internationalen Verhältnis wesentlich einfacher als im innerstaatlichen. Sie ist auch dann anzunehmen, wenn die Person zwar weiterhin einen ausländischen Wohnsitz hat, die Beziehungen dazu jedoch stark gelockert erscheinen (SVR 2006 KV Nr. 12 S. 38, K 34/04 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen; DANIEL STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 6. Aufl. 2018, N 8 zu Art. 24 ZGB).
3.2. Bereits im Verfahren C-3518/2018 musste das Bundesverwaltungsgericht seine örtliche Zuständigkeit eingehender prüfen. Im Rahmen der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit kam das Bundesverwaltungsgericht damals aufgrund der zur Verfügung stehenden Akten zum Schluss, dass sich der Lebensmittelpunkt der Versicherten im Zeitpunkt der damaligen Beschwerdeerhebung vom 15. Juni 2018 aufgrund sämtlicher objektiver Umstände nach wie vor im Kosovo befunden hat. Das Bundesverwaltungsgericht führte im damaligen Verfahren aus, dass die Beschwerdeführerin zwar seit 2013 eine Aufenthaltsbewilligung "B" besitze, dabei jedoch lediglich unter einer c/o-Adresse bei ihrer Tochter gemeldet sei. Letztere habe jedoch am 20. November 2017 und am 7. Februar 2018 telefonisch mitgeteilt, dass die Versicherte jeweils ein halbes Jahr im Kosovo wohne und ein halbes Jahr bei der Tochter in der Schweiz weile, jedoch nie mitgeteilt habe, den Wohnsitz in die Schweiz zu verlegen respektive eine Wohnsitzverlegung in die Schweiz zu beabsichtigen. Im Weiteren seien sämtliche jährlichen Aufforderungen zur Einreichung einer Lebensund Zivilstandsbescheinigung von der SAK an die ihr bekannte Adresse im Kosovo gesandt worden, ohne dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich dagegen Einwände erhoben habe; ebenso seien all diese Bescheinigungen mit einer Ausnahme (vgl. die Bescheinigung des Personenmeldeamts der Stadt E. vom 7. Dezember 2017) jeweils von der zuständigen Wohnsitzbehörde im Kosovo ausgestellt worden. Schliesslich sei die SAK im November 2017 von der Versicherten auch ersucht worden, die Renten auf das Bankkonto im Kosovo zu überweisen. Aufgrund all dieser äusseren objektiven Umstände hatte das Bundesverwaltungsgericht erkannt, dass sich der der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin damals im Kosovo befunden habe.
Nun zeigt sich, dass die Versicherte ihren Lebensmittelpunkt inzwischen offensichtlich in die Schweiz verschoben hat. Zwar wird im Rubrum der Beschwerdeschrift vom 18. Juni 2021 als Anschrift nach wie vor die c/o-Adresse bei der Tochter angegeben, welche bereits im Beschwerdeverfahren C-3518/2018 angegeben worden war, so dass auf den ersten Blick bezüglich des Wohnsitzes von einem unveränderten Sachverhalt auszugehen wäre. Allerdings zeigt bereits ein Blick in die der Beschwerdeschrift vom 18. Juni 2021 beigelegte Sozialhilfebestätigung für die Versicherte der Sozialberatung der Stadt C. vom 28. Mai 2021 sowie in die ebenfalls beigelegte Budgetberechnung der Sozialberatung der Stadt C. betreffend Sozialhilfeleistungen ab 1. April 2021, dass die in der Beschwerdeschrift weiterhin angegebene Anschrift offensichtlich nicht mehr aktuell ist. Der genannten Sozialhilfebestätigung kann vielmehr entnommen werden, dass die Versicherte nicht mehr bei ihrer Tochter unter einer c/o-Adresse gemeldet ist, sondern nunmehr an der Adresse
«D. _strasse (…) in C. im Kanton X. » eine eigene Wohnung bewohnt (vgl. Beschwerde-act. 1 Beilagen 9 sowie 10). Auch im mit Eingabe vom 23. Juli 2021 eingereichten Formular «Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege», welchem erneut die Sozialhilfebestätigung vom
28. Mai 2021 samt Budgetberechnung derselben Behörde beigelegt wurde, gibt die Versicherte an, unter der eigenen Anschrift an der D. strasse (…) in C. zu wohnen (vgl. Beschwerde-act. 4). Bereits der Umstand, dass die Versicherte in der Schweiz von der Sozialberatung der Stadt C. Sozialhilfeleistungen bezieht, ist ein klares Indiz dafür, dass die Versicherte ihren Wohnsitz respektive ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile in die Schweiz verlegt hat (demgegenüber bezog sie im Jahr 2018, als das Beschwerdeverfahren C-3518/2018 anhängig gemacht wurde und sie noch unter einer c/o-Adresse bei der Tochter gemeldet war, noch keine Sozialhilfe in der Schweiz, sondern wurde jeweils während den sechs Monaten, während welchen sie bei der Tochter weilte, von dieser finanziell unterstützt; vgl. dazu die auf Seite 3 aufgeführten Dokumente der das Gesuch um unentgeltlichen Rechtspflege gutheissenden Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2018 im Verfahren C-3518/2018 [Beschwerde-act. 1 Beilage 3]).
Dass die Versicherte ihren Lebensmittelpunkt mit der Absicht des dauernden Verbleibens zwischenzeitlich in die Schweiz verlegt hat, belegen auch die folgenden Dokumente, welche den am 6. September 2021 in elektronischer Form beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen Akten entnommen werden können:
So findet sich in den Akten insbesondere eine aktuelle Meldebestätigung der Einwohnerkontrolle der Stadt C. vom 25. Februar 2021, welche eindeutig bestätigt, dass die Versicherte seit dem 1. März 2021, somit noch vor Beschwerdeerhebung vom 18. Juni 2021, in C. wohnhaft sowie im Einwohnerregister dieser Gemeinde eingetragen ist (vgl. Dok. 241). Diese Information wurde der SAK im Übrigen bereits am
26. März 2021 via Online-Formular «Eine Leistung aus dem Ausland erhalten» zugetragen (vgl. Dok. 224; Formular, welches in der Schweiz wohnhafte Personen auszufüllen haben, wenn sie – wie vorliegend – u.a. im Kosovo Versicherungszeiten aufweisen und deshalb Altersleistungen dieses Staates beantragen möchten). Im Weiteren reichte die Stadt C. im Zusammenhang mit der von ihr gewährten Sozialhilfe am
25. März 2021 bei der SAK mittels Formular vom 2. Respektive vom
4. März 2021 ein Gesuch um Drittauszahlung zwecks Verrechnung ein. Auch in diesem Formular wird die neue Anschrift der Versicherten angegeben. Ausserdem kann dem Formular entnommen werden, dass ihre Tochter nach wie vor an der Adresse wohnhaft ist, bei welcher die Versicherte zuvor unter einer c/o-Adresse gemeldet war (vgl. Dok.225). Dass die Versicherte nicht mehr bei ihrer Tochter lebt, sondern eine eigene Wohnung bewohnt, zeigt auch die neue an ihre Tochter ausgestellte Vollmacht vom
22. Februar 2021. Dieser kann ebenfalls sowohl die neue Anschrift der Versicherten als auch die bereits aktenkundige Adresse der Tochter entnommen werden (vgl. Dok. 238). Schliesslich zeigt auch das mit Eingabe vom
14. April 2021 eingereichte Formular betreffend Gesuch um eine Altersrente der Schweizerischen Altersund Hinterlassenenversicherung vom
14. April 2021, dass die Versicherte inzwischen ihren Lebensmittelpunkt offensichtlich in die Schweiz verlegt hat, beantragt sie doch die Auszahlung der Altersrente auf das Schweizer Konto bei der Postfinance (vgl. Dok. 239). Dabei handelt es sich um dasselbe Konto, auf welches die Sozialhilfeleistungen der Stadt C. überwiesen werden (vgl. die Kontoangaben auf der Budgetberechnung [Beschwerde-act. 1 Beilage 10]). Schliesslich deutet in den Akten nichts darauf hin, wonach sich der Lebensmittelpunkt der Versicherten nach wie vor im Kosovo befinden würde.
Bleibt vorliegend noch festzuhalten, dass in casu die Beantwortung der reinen Verfahrensfrage der örtlichen Zuständigkeit nicht zugleich auf die Beurteilung der strittigen materiellen Hauptfrage hinausläuft. In solchen Konstellationen (doppelrelevante Tatsachen) wäre nämlich gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung diejenige Rekursbehörde (Bundesverwaltungsgericht oder kantonales Gericht) als zuständig zu erachten, die der materiellen Streitfrage sachlich und örtlich am nächsten steht (vgl. BGE 102 V 241 E. 3a). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der (geltend
gemachte) Leistungsanspruch der versicherten Person hauptsächlich oder ausschliesslich davon abhängt, ob sie ihren Wohnsitz in der Schweiz hat oder nicht (vgl. Urteil des EVG H 331/03 vom 11. Mai 2004 = AHI-Praxis 2004, S. 219 ff., mit Hinweisen). Eine solche Fallkonstellation liegt in casu offensichtlich und nachweislich nicht vor, weshalb vorliegend einzig der Wohnsitz für die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage ausschlaggebend ist.
3.4. Somit steht aufgrund des insgesamt Ausgeführten fest, dass nicht das Bundesverwaltungsgericht, sondern das Sozialversicherungsgericht des Kantons X. zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache örtlich zuständig ist. Auf die Beschwerde vom 18. Juni 2021 ist daher mangels Zuständigkeit im einzelrichterlichen Verfahren nicht einzutreten (Art. 85bis Abs. 3 AHVG und Art. 23 Abs. 1 Bst. b VGG) und die Sache ist in Anwendung von Art. 8 Abs. 1 VwVG zuständigkeitshalber an das Sozialversicherungsgericht des Kantons X. zu überweisen.
Zu befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.
Da das Verfahren für die Parteien kostenlos ist, werden keine Verfahrenskosten erhoben (Art. 85bis Abs. 2 AHVG).
Weder der Versicherten noch der SAK ist eine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64Abs. 1 VwVG e contrario in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite)
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Die Sache wird zur weiteren Behandlung zuständigkeitshalber an das Sozialversicherungsgericht des Kantons X. überwiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Einschreiben)
das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)
das Sozialversicherungsgericht des Kantons X.
(Einschrei-
ben; Beilagen: Originalakten des bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahrens C-2862/2021 samt den ausgedruckten Vorakten der SAK)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Christoph Rohrer Milan Lazic
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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