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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-1991/2021

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-1991/2021
Datum:10.05.2021
Leitsatz/Stichwort:Krankheits- und Unfallbekämpfung
Schlagwörter : Beschwerde; Bundes; Schwerdeführerin; Beschwerdeführerin; Bundesverwaltung; Recht; Bundesverwaltungsgericht; B-act; Beilage; Staatsanwaltschaft; […]; -Verordnung; Busse; Betreibung; Befehl; Partei; Parteien; Beziehungsweise; COVID-; StGallen; Vorinstanz; Verfahren; Anzeige; Ordnungsbusse; Bezahlen; Verhalten; Massnahmen; Verordnungen; Normenkontrolle
Rechtsnorm: Art. 173 StGB ; Art. 185 BV ; Art. 28 ZGB ; Art. 48 BGG ; Art. 57 VwVG ;
Referenz BGE:133 II 450; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-1991/2021

U r t e i l v o m 1 0 . M a i 2 0 2 1

Besetzung Einzelrichter Beat Weber, Gerichtsschreiberin Tanja Jaenke.

Parteien A. ,

Beschwerdeführerin,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen,

Vorinstanz.

Gegenstand Rechtsvorschlag gegen Betreibung Nr. […] ([…]); Strafanzeige gegen Staatsanwaltschaft St.Gallen; Covid-19-Verordnung 2 vom 13. März 2020

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass die Stadtpolizei B. gegenüber A. (nachfolgend Be-

schwerdeführerin) aufgrund einer Mahnwache am C. in

B. am 9. Mai 2020 eine Ordnungsbusse von Fr. 100.- ausgesprochen und ihr in der Folge am 22. Juni 2020 eine Zahlungserinnerung beziehungsweise einen Anzeigevorhalt zugestellt hat (vgl. Beschwerdeakten [B-act.] 1 Beilagen 2 und 5),

dass die Beschwerdeführerin auf der Zahlungserinnerung beziehungsweise dem Anzeigevorhalt mit Unterschrift vom 22. Juli 2020 «Einsprache» gegen die Ordnungsbusse erhob mit der Begründung, die Ordnungsbusse sei nicht rechtsgültig, weshalb sie die Busse nicht bezahlen werde, ausserdem habe sie den Abstand von zwei Metern eingehalten (B-act. 1 Beilage 2),

dass die Beschwerdeführerin daraufhin mit Strafbefehl vom 7. September 2020 von der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen, Kantonales Untersuchungsamt, gemäss Art. 10f Abs. 2 und 3 der COVID-19-Verordnung 2 vom 13. März 2020 (SR 818.101.24; Stand am 30. April 2020, in Kraft bis 22. Juni 2020) der Widerhandlung gegen die COVID-Verordnung (Missachten des Verbots von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum gemäss Artikel 7c) für schuldig befunden wurde und ihr deshalb eine Busse von Fr. 100.- sowie Gebühren in der Höhe von Fr. 180.- auferlegt wurden (B-act. 1 Beilage 6),

dass dem Strafbefehl vom 7. September 2020 eine Rechnung gleichen Datums in der Höhe von total Fr. 280.- beilag (B-act. 1 Beilage 4.2),

dass die Beschwerdeführerin sich mit Schreiben ans Kantonale Untersuchungsamt vom 16. September 2020 für die Rechnung und das Angebot bedankte, jedoch gleichzeitig beides ablehnte und insbesondere ausführte, sie verstehe das Verhalten der Polizei nicht, die sich mit ihrem «geschulten» Verhalten über diverse Artikel der Bundesverwaltung (Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Einschränkung der Grundrechte, erniedrigende Behandlung) stelle, und ausserdem die Frage aufwarf, ob zu dieser Zeit überhaupt eine epidemiologische Gefährdungslage bestanden habe (B-act. 1 Beilage 1),

dass sie im erwähnten Schreiben weiter geltend machte, sich in einer persönlichen Misere zu befinden und deshalb weder körperlich noch seelisch in der Lage zu sein, eine Busse im Gefängnis abzusitzen, oder über die

finanziellen Mittel zu verfügen, die völlig hirnrissige, unnötige Busse zu bezahlen, obwohl sie auch den Mindestabstand von zwei Metern eingehalten habe (B-act. 1 Beilage 1)

dass der Beschwerdeführerin am 26. November 2020 letztmals Gelegenheit gegeben wurde, die «gemäss rechtskräftigem Entscheid» vom 7. September 2020 noch ausstehenden Fr. 280.- zu bezahlen, andernfalls die Betreibung beziehungsweise der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe für die offene Busse erfolge (B-act. 1 Beilage 4.1),

dass die Beschwerdeführerin am 12. April 2021 ein (nicht aktenkundiges) Schreiben betreffend die Betreibung Nr. […] erhalten habe,

dass die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. April 2021 an die Staatsanwaltschaft St.Gallen («[…]») Strafanzeige gegen die zwei Polizisten und alle weiteren involvierten Personen und anderen Amtspersonen einreichte und die Staatsanwaltschaft aufforderte, die Betreibung Nr. […] sofort zu löschen (B-act. 1),

dass sie in diesem Schreiben geltend machte, das «Schweizerische Bundesgesetz» stehe über den Covid-Verordnungen,

dass sie überdies ausführte, es gebe kein Virus, das isoliert worden sei, und auch keine Messmethode, welche jenes korrekt nachweisen könne, entsprechend seien, wenn diese Krankheit nicht existiere, nicht nachgewiesen oder gemessen werden könne, sämtliche Massnahmen nach dem Epidemiengesetz missbräuchlich,

dass die Beschwerdeführerin weiter darlegte, Verordnungen seien nur dringende Empfehlungen, welche von der Exekutive erlassen würden und keine legislative Wirkung hätten, ausser es bestehe insbesondere gemäss Art. 185 Abs. 3 BV eine drohende schwere Störung, welche jedoch seit zehn Monaten nicht bestehe, weshalb die von der Exekutive angeordneten Massnahmen sämtliche Kriterien der Verhältnismässigkeit brächen und ohne Nachweis ungültig seien,

dass die Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht kommentarlos eine Kopie des erwähnten Schreibens vom 24. April 2021 sowie der Beilagen 1 bis 6 zugestellt hat (B-act. 1),

und zieht in Erwägung,

dass das Bundesverwaltungsgericht gemäss Art. 31 VGG (SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG (SR 172.021) beurteilt, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt, und als Vorinstanzen die in Art. 33 VGG genannten Behörden gelten,

dass für die Eigenschaft als Anfechtungsobjekt eine individuell-konkrete Anordnung erforderlich und dabei allein der materielle Verfügungscharakter entscheidend ist (vgl. BGE 133 II 450 E. 2.1 m.H.; BVGE 2008/17 E. 1),

dass Verordnungen des Bundesrates als generell-abstrakte Rechtsnormen des Bundes von den Rechtsanwendungsbehörden ausschliesslich im Anwendungsfall – im Rahmen einer vorfrageweisen Überprüfung – auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (akzessorische, inzidente oder konkrete Normenkontrolle) geprüft werden können beziehungsweise müssen (BGE 133 II 450 E. 2.1 m.w.H.; BVGE 2011/61 E. 5.4.2.1),

dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 24. April 2021 geltend macht, die COVID-19-Verordnung 2, auf welcher der Strafbefehl vom

7. September 2020 beruht, verstosse gegen verschiedene Bestimmungen der Bundesverfassung,

dass mit dem Strafbefehl vom 7. September 2020 zwar eine individuellkonkrete Anordnung (und damit ein Anwendungsfall) vorliegt, welche grundsätzlich vorfrageweise auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüft werden könnte,

dass jedoch die COVID-19-Verordnung 2 als Notverordnung gemäss Art. 185 Abs. 3 BV, welche Massnahmen im Bereich der inneren und äusseren Sicherheit (z.B. Pandemien) vorsieht, grundsätzlich auch einer akzessorischen Normenkontrolle durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zugänglich ist, ausgenommen in (vorliegend nicht interessierenden) Fällen, in denen das Völkerrecht einen Überprüfungsanspruch einräumt (vgl. DAVID RECHSTEINER, Polizeiliche Generalsklausel und Notverordnungsrecht des Bundesrates, in: Sicherheit & Recht 3/2016, S. 151 und 154; Urteile des BVGer C-2516/2020 vom 10. Juni 2020 und C-1828/2020 vom 4. Mai 2020 E. 2.3 in fine),

dass im Übrigen, soweit die Beschwerdeführerin mit Kopie ihres Schreibens an das Bundesverwaltungsgericht vorbringt, die Bussenverfügung

der Staatsanwaltschaft sei nicht verfassungskonform, diese Rüge im jetzigen Verfahrensstadium aufgrund der Rechtskraft des Strafbefehls vom

7. September 2020 der akzessorischen Normenkontrolle ohnehin nicht mehr zugänglich wäre,

dass in Bezug auf die eingereichten Strafanzeigen und die verlangte Löschung der Betreibung Nr. […] zudem die Eintretensvoraussetzung der sachlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. dazu Art. 31 - 33 sowie Art. 35 VVG),

dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der richterlichen Fürsorgepflicht darauf hinzuweisen ist, dass der unbegründete Vorwurf des strafbaren Verhaltens sowohl zivilals auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann (vgl. dazu Art. 28 ff. ZGB sowie Art. 173 ff. StGB),

dass es nach dem Gesagten offensichtlich an einem zulässigen Anfechtungsobjekt und an der sachlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fehlt, weshalb unter Verzicht auf die Einholung einer Vernehmlassung bei der Vorinstanz (Art. 57 Abs. 1 VwVG e contrario) und im einzelrichterlichen Verfahren auf die Eingabe vom 24. April 2021 nicht einzutreten ist (Art. 23 Abs. 1 Bst. b VGG),

dass trotz Unterliegens der Beschwerdeführerin in Anwendung von Art. 6 Bst. a des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) keine Verfahrenskosten zu erheben sind,

dass die Staatsanwaltschaft als kantonale Behörde keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat (Art. 64 VwVG und Art. 7 Abs. 1 und 3 VGKE) und somit keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Beat Weber Tanja Jaenke

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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