Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-3951/2020 |
Datum: | 24.08.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat 31a I a,c,d,e) und Wegweisung |
Schlagwörter : | Griechen; Griechenland; Recht; Flüchtling; Behörde; Schutz; Beschwerde; Behörden; Wegweisung; Vorinstanz; Asylgesuch; Verfügung; Unterstützung; Beschwerdeführers; Gesetzes; Begründung; Schweiz; Rechte; Verletzung; Drittstaat; Vollzug; Bundesverwaltungsgericht; Ausländer |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 25 VwVG ; Art. 44 BV ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 61 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung V E-3951/2020
Besetzung Richterin Roswitha Petry (Vorsitz), Richterin Esther Marti,
Richterin Gabriela Freihofer; Gerichtsschreiberin Regina Seraina Goll.
Parteien A. , geboren am (…), Afghanistan,
vertreten durch Ass. iur. Christian Hoffs,
HEKS Rechtsschutz Bundesasylzentren Ostschweiz, Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat 31a I a) und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 29. Juli 2020 / N (…).
Der Beschwerdeführer suchte am 3. Juli 2020 in der Schweiz um Asyl nach. Am 8. Juli 2020 bevollmächtigte er die ihm zugewiesene Rechtsvertretung. Gleichentags fand die Personalienaufnahme (PA) statt.
Ein Abgleich mit der europäischen Fingerabdruckdatenbank (Zentraleinheit Eurodac) vom 7. Juli 2020 ergab, dass der Beschwerdeführer am (…) 2017 in Griechenland ein Asylgesuch eingereicht hatte und ihm dort am (…) 2019 internationaler Schutz gewährt wurde.
Am 13. Juli 2020 wurde der Beschwerdeführer in einem persönlichen Gespräch gemäss Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, angehört. Dabei gewährte ihm das SEM das rechtliche Gehör zu einem (allfälligen) Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG (SR 142.31) und zur Rückführung in einen sicheren Drittstaat gemäss Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG.
Anlässlich dieses Gesprächs gab der Beschwerdeführer an, er sei in Griechenland nach seinem Asylgesuch zunächst in einem Camp untergebracht worden, wo er in einem Zelt habe schlafen müssen. Nach über einem Jahr sei er in einen Container verlegt worden. Nachdem er seinen Entscheid erhalten habe, sei er aufgefordert worden, das Camp innerhalb eines Monats zu verlassen. Eine Belehrung über seine Rechte und Pflichten sei nicht erfolgt, man habe ihn lediglich darüber in Kenntnis gesetzt, dass die griechischen Behörden ihn nicht mehr unterstützen könnten. Er habe dort überhaupt keine Rechte gehabt. Als er um Gewährung einer Unterkunft gebeten habe, habe man ihm gesagt, er solle wieder nach Hause gehen oder sich ein anderes Land aussuchen. Er habe keine andere Wahl gehabt, als das Camp zu verlassen. Danach habe er sich in Parks und im Freien aufgehalten und bei dutzenden Flüchtlingsorganisationen immer wieder um Hilfe gebeten, doch niemand habe ihm geholfen. Man habe ihm lediglich etwas zu essen und Kleidung anbieten können, aber keine Unterkunft, da sie dazu keine Erlaubnis gehabt hätten. Zuletzt habe man ihm bei den Behörden keinen Zutritt mehr gegeben. Dies sei allen Flüchtlingen mit
Schutzstatus so ergangen, die nicht bei Bekannten oder Familienmitgliedern hätten unterkommen können. Er sei ausserdem von Griechen geschlagen worden, die nachts in Gruppen betrunken durch die Parks gelaufen seien und mit Stacheldraht auf die Flüchtlinge eingeschlagen hätten; er habe eine entsprechende Narbe am Arm. Im Park sei er von Polizisten kontrolliert und weggewiesen worden. Da er nicht weggegangen sei, hätten diese ihn mit einem elektrischen Stock am Bein verletzt (Muskelriss), dieses Bein bereite ihm noch immer Schmerzen. Ausserdem sei in dieser Zeit auch noch sein Vater – seine letzte Bezugsperson – verstorben. Er habe jeweils bei der Kirche gegessen und sich sonst nicht beschäftigen oder arbeiten können. Bei einer Erkrankung habe er sich an das Rote Kreuz wenden können. Aufgrund dieser schwierigen Lebenssituation habe er beschlossen, Griechenland zu verlassen. Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung seines Bruders, der im Iran arbeite, habe er sich die Reise in die Schweiz finanzieren können. Hier dürfe er in einer Unterkunft und in einem Bett schlafen und bekomme regelmässig etwas zu essen. Er bitte darum, nicht wieder in den Park zurückgeschickt zu werden.
Seinen Gesundheitszustand betreffend gab er zu Protokoll, dass es ihm gut gehe, wegen seinen Schmerzen am Bein würde er sich aber gerne bei einem Arzt melden.
Dokumente zum Nachweis seiner Identität oder Beweismittel reichte der Beschwerdeführer keine ein.
Gestützt auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (nachfolgend: Rückführungsrichtlinie) und das bilaterale Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Hellenischen Republik über die Rückübernahme von Personen mit irregulärem Aufenthalt vom 28. August 2006 (SR 0.142.113.729; nachfolgend: "bilaterales Rücknahmeabkommen") ersuchte das SEM die griechischen Behörden mit Schreiben vom 13. Juli 2020 um Rückübernahme des Beschwerdeführers.
Mit Mitteilung vom 16. Juli 2020 stimmten die griechischen Behörden dem
Rückübernahmeersuchen der Vorinstanz zu und bestätigten, dass der Beschwerdeführer von Griechenland als Flüchtling anerkannt ist und über eine bis am (…) gültige Aufenthaltsbewilligung verfügt.
Am 28. Juli 2020 händigte die Vorinstanz der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers den Entwurf der Verfügung zum Asylgesuch zur Stellungnahme aus.
Ihren vorgesehenen Nichteintretensentscheid begründete sie damit, dass der Bundesrat Griechenland als sicheren Drittstaat bezeichnet und dieses Land den Beschwerdeführer als Flüchtling anerkannt habe. Griechenland habe sich am 16. Juli 2020 bereit erklärt ihn zurückzunehmen. Im vorliegenden Fall bestünden zwar Anzeichen, dass er die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsyIG erfülle, da er in Griechenland aber als Flüchtling anerkannt worden sei, sei in diesem Zusammenhang mitunter auf Art. 25 Abs. 2 VwVG zu verweisen. Gemäss dieser Bestimmung sei einem Begehren um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in der Schweiz nur dann zu entsprechen, wenn ein schutzwürdiges Interesse nachgewiesen werde. Dieser Nachweis könne aber offensichtlich nicht gelingen, wenn bereits ein Drittstaat die Flüchtlingseigenschaft festgestellt und Schutz vor Verfolgung gewährt habe, wie es vorliegend der Fall sei. Der Beschwerdeführer könne nach Griechenland zurückkehren, ohne eine Rückschiebung in Verletzung des Non-Refoulement-Prinzips zu befürchten. Deshalb sei auf das Asylgesuch nicht einzutreten.
Das SEM verkenne nicht, dass die Lebensverhältnisse für Asylsuchende und Flüchtlinge in Griechenland derzeit schwierig seien. Von einer allgemeinen Unzumutbarkeit der Wegweisung nach Griechenland könne deswegen aber nicht ausgegangen werden, zumal nachgewiesen sei, dass der Beschwerdeführer in Griechenland ein Asylverfahren durchlaufen habe und nun über einen Schutzstatus verfüge. Dieser räume ihm betreffend Zugang zu medizinischer Versorgung, zum Arbeitsmarkt oder zu Sozialversicherungen dieselben Rechte ein, wie sie griechische Staatsbürger hätten, da Griechenland die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) umgesetzt habe. Ausserdem stünden ihm Rechte aus der Flüchtlingskonvention zu. Dazu gehöre etwa die Gleichbehandlung mit griechischen Bürgerinnen und Bürgern, etwa beim Zugang zu den Gerichten, in Sachen Erwerbstätigkeit und Bildung oder bezüglich Fürsorge und sozialer Sicherheit. Aus der Aktenlage gehe dann auch hervor, dass er von den Behörden
Unterstützungsleistungen erhalten habe. Es dürfe daher inskünftig von ihm erwartet werden, sich bei Unterstützungsbedarf erneut an die griechischen Behörden zu wenden und die erforderliche Hilfe nötigenfalls auf dem Rechtsweg einzufordern. Zusätzlich würden diverse private Hilfsorganisationen weitere Unterstützungsleistungen anbieten. Die in Griechenland im Allgemeinen schwierigen ökonomischen Lebensbedingungen und die herrschende Wohnungsnot würden die ganze Bevölkerung treffen und vermöchten die Zulässigkeit und die Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung nach Griechenland nicht zu widerlegen. Es würden keine Hinweise für die Annahme vorliegen, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Griechenland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK respektive eine Notlage oder Verelendung drohe oder dass sich Griechenland nicht an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen halten würde. Dies gelte auch unter der neuen Rechtslage in Griechenland seit Einführung des neuen Asylgesetzes, anderenfalls stünde ihm der Rechtsweg an den EGMR offen.
Bezüglich der Angriffe im Park durch griechische Bürger und die Verletzung durch die Polizei sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei Griechenland um einen Rechtsstaat handle, der über eine funktionierende Polizeiund Justizbehörde verfüge, die sowohl als schutzwillig wie auch als schutzfähig gelte. Sollte der Beschwerdeführer sich in Griechenland vor Übergriffen durch Dritte oder Polizeibeamte fürchten oder sogar solche erleiden, könne er sich an die zuständigen staatlichen Stellen wenden.
Medizinische Unterlagen betreffend die Verletzung am Bein habe der Beschwerdeführer keine zu den Akten gereicht. Griechenland könne angemessene medizinische Behandlungen gewährleisten und das SEM werde seinem aktuellen Gesundheitszustand bei der Organisation der Überstellung Rechnung tragen. Es könne daher auf weitere medizinische Abklärungen verzichtet werden.
Aufgrund der beschriebenen Handlungsmöglichkeiten, die dem Beschwerdeführer in Griechenland offen stünden, und aus der Tatsache heraus, dass nicht von einer generellen Unzulässigkeit einer Überstellung nach Griechenland ausgegangen werden könne, stelle das SEM fest, dass eine Überstellung nach Griechenland kein «real risk» im Sinne von Art. 3 EMRK zu begründen vermöge. Dies werde gestärkt durch die Tatsache, dass die oben beschriebenen Schilderungen betreffend seine Situation in Griechenland durch keine Beweismittel belegt würden und weder ihm noch seiner Rechtsvertretung der Nachweis gelinge, dass er in Griechenland nicht von
den garantierten Rechten für Personen mit Schutzstatus profitieren könne. Mithin sei es ihm nicht gelungen, die Regelvermutung, wonach ein Wegweisungsvollzug in den EU-Staat Griechenland zumutbar sei, umzustossen.
In der Stellungnahme vom 29. Juli 2020 zum Entscheidentwurf führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die von ihm geltend gemachten menschenunwürdigen Lebensbedingungen in Griechenland (keine Unterkunft, keine Arbeit und Sozialleistungen, kein Essen) insbesondere nach seiner Anerkennung als Flüchtling einen Wegweisungsvollzug unzumutbar erscheinen liessen. Er habe die griechischen Behörden und Hilfsorganisation mehrfach kontaktiert und um Unterstützung gebeten. Nach der formellen Schutzgewährung im März 2019 habe er folglich mehr als ein Jahr versucht, die ihm zustehenden Rechte auch tatsächlich zu erhalten, dennoch habe er mangels Unterstützung in Obdachlosigkeit auf der Strasse leben müssen. Völlig unverständlich sei in diesem Zusammenhang die Begründung des SEM, wonach aus der Aktenlage hervorgehe, dass er von den Behörden Unterstützungsleistungen erhalten habe. Er bitte diesbezüglich um nähere Erläuterung. Der Hinweis des SEM, er könne seine Ansprüche notfalls einklagen, zeige, dass dieses sich inhaltlich nicht mit seinen Vorbringen auseinandergesetzt habe. Selbst Flüchtlingsorganisationen hätten ihm ja mitgeteilt, sie könnten ihm bei der Erreichung der ihm zustehenden Rechte nicht helfen.
Die von ihm beschriebene Lebenssituation habe sich seit seiner Ausreise aus Griechenland gar verschlechtert. Im März 2020 sei ein Änderungsantrag zum Asylgesetz des griechischen Ministeriums für Einwanderung und Asyl verabschiedet worden (Art. 111 des griechischen Gesetzes mit der Nr. 4674/11.3.2020, welches Art. 114 des griechischen Gesetzes mit der Nr. 4636/2019 modifiziert habe [Quelle: griechisches Gesetzesblatt 53/A/11.3.2020]), der den Ausstieg aus dem Aufnahmeprogramm sowie die Einstellung der Sachund Geldleistungen für diejenigen festlege, die internationalen oder subsidiären Schutz erhalten hätten. Konkret würden die Leistungen 30 Tage nach Eingang eines solchen positiven Asylentscheides ausgesetzt, mit Ausnahme von Fällen unbegleiteter Minderjähriger. Durch diese neue Gesetzeslage werde somit bereits anerkannten Flüchtlingen die Möglichkeit entzogen, ihr Recht auf Wohnung sowie auf Sachund Geldleistungen gerichtlich geltend zu machen. Demzufolge sei die Schutzinfrastruktur in Griechenland nicht gegeben. Bei einer allfälligen Rückkehr
nach Griechenland drohe ihm folglich eine menschenrechtswidrige Behandlung gemäss Art. 25 Abs. 3 BV. Es sei demnach auf das Asylgesuch einzutreten.
Der Stellungnahme legte der Rechtsvertreter einen entsprechenden Auszug aus dem griechischen Gesetzesblatt 53/A/11.3.2020 mit deutscher Übersetzung bei und verwies auf einen Bericht vom 8. März 2020 des cnn.gr mit dem Titel "Schluss mit den Leistungen und der Unterbringung von Flüchtlingen, die Asyl erhalten haben".
Mit Verfügung vom 29. Juli 2020 – eröffnet am 31. Juli 2020 – trat die Vorinstanz gestützt auf Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein, ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an und hielt fest, er habe die Schweiz am Tag nach Eintritt der Rechtskraft dieser Verfügung zu verlassen, ansonsten er in Haft genommen und unter Zwang nach Griechenland zurückgeführt werde. Gleichzeitig beauftragte die Vorinstanz den zuständigen Kanton mit dem Vollzug der Wegweisung und händigte dem Beschwerdeführer die editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis aus.
Sie hielt an ihrer Begründung fest, nahm zum Vorwurf des Beschwerdeführers Stellung und ergänzte beziehungsweise präzisierte den Sachverhalt folgendermassen:
Der Ausschluss aus dem Camp führe nicht dazu, dass ihm die gemäss der Qualifikationsrichtlinie zustehenden minimalen Lebensbedingungen vorenthalten würden oder er einer existenziellen Notlage ausgesetzt würde. Auch in der Schweiz müssten Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, die Asylstrukturen verlassen. Während der Zeit, die der Beschwerdeführer im Camp verbracht habe, habe er von den griechischen Behörden Unterstützungsleistungen erhalten. Es dürfe inskünftig erwartet werden, dass er sich bei Unterstützungsbedarf an die griechischen Behörden wende und die erforderliche Hilfe notfalls auf dem Rechtsweg einfordere. Daran vermöge auch seine Aussage, dass er nach dem Ausschluss aus dem Camp in einem Park gelebt habe, nichts zu ändern. Zudem müsse er sich vorhalten lassen, dass er aus Griechenland ausgereist sei, anstelle sich (erneut) an die zuständigen Institutionen zu wenden. Im Übrigen wiederholte die Vorinstanz im Wesentlichen ihre Erwägungen im Entscheidentwurf.
Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 6. August 2020 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte, es sei die Verfügung des SEM vom 29. Juli 2020 vollständig aufzuheben und das SEM anzuweisen, auf sein Asylgesuch einzutreten und in der Schweiz ein materielles Asylverfahren durchzuführen. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung vollständig aufzuheben und die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sei zu verzichten.
Mit der Beschwerdeschrift wird eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt, da die Vorinstanz sich in weiten Teilen über die Einwände des Beschwerdeführers hinweggesetzt und sich bei der Begründung des Entscheids im Wesentlichen auf pauschale Ausführungen beschränkt habe. So begnüge sie sich mit der Feststellung, er habe während seines Aufenthalts im Camp Unterstützungsleistungen erhalten. Seine Vorbringen hätten sich aber gerade nicht auf seine Zeit im Camp bezogen, sondern auf die Zeit nach der Schutzgewährung durch die griechischen Behörden. Zwar müsse allein der Ausschluss aus der Asylunterkunft richtigerweise nicht dazu führen, dass ihm die minimalen Lebensbedingungen vorenthalten würden. Er habe jedoch dargelegt, dass ihm nach Verlassen des Camps keine Unterkunft zugewiesen worden sei und er trotz mehrfachen Ansuchens ein Jahr lang keine Hilfeleistung erhalten habe. Dies deute auf die Verletzung der ihm zustehenden Garantien hin, was eine inhaltliche Prüfung notwendig mache.
Ausserdem verkenne das SEM offensichtlich die aktuelle Sachund Rechtslage in Griechenland. Zwar räume das neue Gesetz dem Minister für Migration und Asyl die Möglichkeit ein, durch Beschluss besondere Kategorien von Begünstigten zu nennen, für welche die Ausstiegsfrist verlängert oder denen die materiellen Empfangsbedingungen gewährt werden könnten; insbesondere bei Personen, die an einer schweren Krankheit leiden würden. Bis heute sei der Erlass eines solchen Beschlusses jedoch nicht bekannt. Mangels einer Übergangsregelung sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von der neuen Gesetzesregelung erfasst werde. Die einfache Begründung des SEM, wonach in Bezug auf die neue Rechtslage nicht davon ausgegangen werden könne, dass Griechenland sich in einen Widerspruch zu seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen begebe, erstaune umso mehr und sei nicht nachvollziehbar. Eine konkrete Prüfung der Gesetzesänderung und eine Auseinandersetzung mit deren
Folgen sei durch das SEM nicht erfolgt. Die Bezugnahme auf Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, in welchen die neue Gesetzeslage noch nicht berücksichtigt worden sei, vermöge eine vertiefte Abklärung der vorherrschenden Situation in Griechenland nicht zu ersetzen. Aufgrund der neuen Gesetzeslage werde ihm als anerkanntem Flüchtling im Falle seiner Rückkehr nach Griechenland der Zugang zu jeglicher Sachund Geldleistung verwehrt. Gleichfalls werde ihm die Möglichkeit entzogen, diese Rechte auf Wohnung sowie Sachund Geldleistungen gerichtlich einzufordern. Folglich bestünden klare Hinweise darauf, dass Griechenland ihm dauerhaft die ihm zustehenden minimalen Lebensbedingungen vorenthalten werde und er bei einer Rückkehr dorthin einer existenziellen Notlage ausgesetzt würde. In Gesamtbetrachtung der dargelegten Umstände drohten ihm daher unmenschliche beziehungsweise erniedrigende Lebensbedingungen im Sinne von Art. 3 EMRK, weshalb das SEM gehalten sei, unter diesem Gesichtspunkt sein Selbsteintrittsrecht nach Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 auszuüben.
Mit Instruktionsverfügung vom 7. August 2020 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde und stellte fest, der Beschwerdeführer könne den Ausgang des Verfahrens einstweilen in der Schweiz abwarten.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.). Bezüglich der Frage der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs hat die Vorinstanz eine materielle Prüfung vorgenommen, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt. Die zulässigen Rügen richten sich im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Mit der Beschwerdeschrift wird gerügt, das SEM habe sich nicht genügend mit der Bedeutung und den Auswirkungen der neuen Gesetzeslage in Griechenland auf dort anerkannte Flüchtlinge auseinandergesetzt und damit die Begründungspflicht (sinngemäss auch die Untersuchungspflicht) verletzt. Diese verfahrensrechtliche Rüge ist vorab zu prüfen, da sie allenfalls geeignet wäre, eine Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken (vgl. BVGE 2013/34 E. 4.2; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes; 3. Aufl. 2013, Rz. 1043 ff. m.w.H.).
Wie nachstehend aufgezeigt, erweisen sich die formellen Rügen als unbegründet. Zudem vermengt der Beschwerdeführer die Frage der behördlichen Pflicht zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts im Sinne des Untersuchungsgrundsatzes mit dem Anspruch auf gehörige Begründung und wiederum diese beiden Aspekte mit der Frage der rechtlichen Würdigung der Sache.
Das Verwaltungsrespektive Asylverfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 12 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG). Gemäss Art. 12 VwVG stellt die Behörde den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls der unter Buchstaben a-e aufgelisteten Beweismittel. Die Behörde hat von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen, die für das
Verfahren notwendigen Unterlagen zu beschaffen, die rechtlich relevanten Umstände abzuklären und ordnungsgemäss darüber Beweis zu führen (BVGE 2015/10 E. 3.2 m.w.H.). Die Behörde ist dabei jedoch nicht verpflichtet, zu jedem Sachverhaltselement umfangreiche Nachforschungen anzustellen. Zusätzliche Abklärungen sind vielmehr nur dann vorzunehmen, wenn sie aufgrund der Aktenlage als angezeigt erscheinen (vgl. dazu AUER/BINDER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2. Aufl. 2019, Rz. 16 zu Art. 12).
Die Vorinstanz hat die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Stellungnahme vom 29. Juli 2020 zum Entwurf der angefochtenen Verfügung eingereichten Dokumente und Unterlagen als vom Beschwerdeführer angebotene Beweismittel entgegengenommen und in der angefochtenen Verfügung als entsprechend geltend gemachte Sachverhaltselemente explizit aufgenommen und in ihrem Kerngehalt zur Entscheidfindung herangezogen. Im Weiteren hat sich das SEM zum Anwendungsbereich der neuen Gesetzeslage und zu deren rechtlichen Auswirkungen auf anerkannte Flüchtlinge in Griechenland geäussert.
Das SEM hat die wesentlichen Ansprüche des Beschwerdeführers insbesondere gemäss der Qualifikationsrichtlinie dargelegt und die Subsumption nach Massgabe der für die Zulässigkeitsfrage relevanten völkerrechtlichen Bestimmung (inkl. Art. 3 EMRK, wenngleich ohne Nennung des Terminus
«real risk») in allgemeiner und individueller Hinsicht vorgenommen. Wenn das SEM im Übrigen auf bestehende Sicherheitsvermutungen für Griechenland hinweist und den Beschwerdeführer hinsichtlich der Durchsetzung von Ansprüchen insbesondere gemäss Qualifikationsrichtlinie auf die Beschreitung von dort zur Verfügung stehenden Behördengängen und Rechtswegen verweist, beinhaltet dies durchaus auch die geforderte individuelle Komponente der Situation des Beschwerdeführers. Das SEM hatte, wie sich auch aufgrund nachstehender materieller Beurteilung der Sache ergibt, keine objektive Veranlassung zur Vornahme weiterer Untersuchungen und Feststellungen betreffend den Zugang des Beschwerdeführers zu den ihm in Griechenland zustehenden Rechten und Leistungen im Hinblick auf die Beurteilung der Zulässigkeitsfrage unter dem Aspekt des im Rahmen von Art. 3 EMRK massgeblichen «real risk». Die Beurteilung der Zulässigkeitsfrage ist Teil der materiellen Würdigung.
Eine unvollständige Feststellung des Sachverhalts und eine Verletzung der Untersuchungspflicht sind demnach nicht zu erkennen.
Soweit eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird, ist festzuhalten, dass eine Behörde ihrer Begründungspflicht Genüge leistet, wenn sie die wesentlichen Überlegungen nennt, die sie ihrem Entscheid zugrunde legt. Die Vorinstanz hat in einer Gesamtwürdigung nachvollziehbar aufgezeigt, von welchen Überlegungen sie sich hat leiten lassen. Sie hat in der angefochtenen Verfügung auch dargelegt, aufgrund welcher Überlegungen sie zum Schluss gekommen ist, dass die Voraussetzungen für einen Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG erfüllt sind und der Wegweisungsvollzug als zulässig, zumutbar und möglich zu erachten ist. Ausserdem hat sie sich hinreichend mit der Bedeutung und den Auswirkungen der neuen Gesetzeslage in Griechenland auf dort anerkannte Flüchtlinge auseinandergesetzt. Es wurden keine entscheidwesentlichen Aspekte unbeantwortet oder offen gelassen. Damit ist die Vorinstanz den Anforderungen an die Begründungspflicht gerecht geworden. Dass der Beschwerdeführer die Sichtweise der Vorinstanz nicht teilt, stellt keine Verletzung der Begründungspflicht dar. Die Frage, ob die Begründung rechtlich korrekt ist, beschlägt die materielle Würdigung und ist nicht unter verfahrensrechtlichen Aspekten zu prüfen.
Es besteht demnach keine Veranlassung, die angefochtene Verfügung aus formellen Gründen aufzuheben. Insbesondere ist das Begehren um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzuweisen und das Gericht hat in der Sache zu entscheiden (Art. 61 Abs. 1 VwVG).
Gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG tritt das SEM in der Regel auf ein Asylgesuch nicht ein, wenn der Asylsuchende in einen sicheren Drittstaat nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG zurückkehren kann, in welchem er sich vorher aufgehalten hat.
Gemäss Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG bezeichnet der Bundesrat neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG besteht, als sichere Drittstaaten.
Griechenland ist ein EU-Staat und wurde durch den Bundesrat am
14. Dezember 2007 als sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG bezeichnet. Der Beschwerdeführer hat sich vor der Einreise in die Schweiz unbestrittenermassen in Griechenland aufgehalten und dort ein Asylverfahren durchlaufen, es wurde ihm der Flüchtlingsstatus zuerkannt und er hat auch eine entsprechende Aufenthaltsbewilligung erhalten. Die griechischen Behörden haben seiner Rückübernahme zugestimmt.
Griechenland ist unter anderem Signatarstaat des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention, FK; SR 0.142.30) und bietet grundsätzlich Gewähr für die korrekte Durchführung von Asylverfahren. So hat denn auch der Beschwerdeführer nicht behauptet, sein Asylverfahren in Griechenland sei fehlerhaft gewesen beziehungsweise es würde ihm dort als anerkannter Flüchtling die Rückschiebung in seinen Heimatstaat unter Verletzung des Refoulement-Verbots drohen. Ferner enthält die Beschwerde keine diesbezüglichen Einwände, so dass das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG zu Recht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist (vgl. auch das Urteil des BVGer E-2617/2016 vom 28. März 2017 E. 3).
Der Beschwerdeführer beantragt zwar die Aufhebung des Nichteintretensentscheids und das Eintreten auf sein Asylgesuch. In der Begründung finden sich indessen keine Teile, die sachgerecht gegen die erwähnten Nichteintretensvoraussetzungen gerichtet wären, sondern die Beschwerde befasst sich inhaltlich ausschliesslich mit der Frage der Zulässigkeit und der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges. Der Nichteintretensentscheid als solcher ist daher als substanziell unbestritten zu betrachten. Das Rechtsbegehren auf Eintreten auf das Asylgesuch und Durchführung eines materiellen Asylverfahrens ist demnach abzuweisen. Zudem ist das auf Beschwerdeebene erhobene Ersuchen um Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 systemwidrig und vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens.
Tritt das SEM auf ein Asylgesuch nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
Der Beschwerdeführer verfügt insbesondere weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 AsylG; vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.). Dies
wird in der Beschwerde nicht bestritten.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz (insb. Art. 5 Abs. 1 AsylG, Art. 33 Abs. 1 FK, Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105] und Art. 3 EMRK) einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG). Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren. Der Vollzug ist schliesslich nicht möglich, wenn die Ausländerin oder der Ausländer weder in den Heimatoder in den Herkunftsstaat noch in einen Drittstaat ausreisen oder dorthin gebracht werden kann (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Der Bundesrat bezeichnet Heimatoder Herkunftsstaaten oder Gebiete dieser Staaten, in welche eine Rückkehr zumutbar ist. Kommen wegoder ausgewiesene Ausländerinnen und Ausländer aus einem dieser Staaten oder aus einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA, so ist ein Vollzug der Wegoder Ausweisung in der Regel zumutbar (Art. 83 Abs. 5 AIG).
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Das Gericht geht in konstanter Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass Griechenland als Signatarstaat der EMRK, der FoK und der FK sowie des Zusatzprotokolls der FK vom 31. Januar 1967 (SR 0.142.301) seinen entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Das Vorliegen eines Vollzugshindernisses unter dem Aspekt der Zulässigkeit bei Personen, denen von den griechischen Behörden ein Schutzstatus verliehen wurde, wird vom Bundesverwaltungsgericht praxisgemäss nur unter sehr strengen Voraussetzungen bejaht. Das Gericht anerkennt, dass die Lebensbedingungen in Griechenland schwierig sind. Dennoch ist gemäss Rechtsprechung diesbezüglich nicht von einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK respektive einer existenziellen Notlage auszugehen (so insb. Urteil des BVGer D-559/2020
vom 13. Februar 2020 E. 8.2 m.w.H. [als Referenzurteil publiziert]). Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, seit der neuen Gesetzeslage vom März 2020 in Griechenland würden bereits anerkannten Flüchtlingen die Möglichkeit entzogen, ihr Recht auf Wohnung sowie auf Sachund Geldleistungen gerichtlich geltend zu machen und demzufolge sei die Schutzinfrastruktur in Griechenland in einem derart hohen Masse eingeschränkt worden, dass, wie es insbesondere auch auf den Beschwerdeführer zutreffe, von einer Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen sei. Dieser Einschätzung folgt das Gericht nicht. Es ist nicht zu erwarten, dass die neue Gesetzeslage generell und bezüglich des Beschwerdeführers persönlich ein "real risk" bewirken würde, unweigerlich einer menschenrechtswidrigen Lebenssituation ausgesetzt zu werden. Wie das SEM in Bezug auf die neue Rechtsund Sachlage in Griechenland zu Recht ausführt, ist nicht davon auszugehen, dass Griechenland sich in einen Widerspruch zu seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen begeben wird. Diesbezüglich kann auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-2714/2020 vom
9. Juni 2020 verwiesen werden, dem ebenfalls die Vorbringen zur Beurteilung zugrunde lagen, in Griechenland hätten anerkannte Schutzberechtigte keinen Zugang zu Arbeit oder zu Sozialleistungen, erhielten keinerlei Unterstützung bei der Suche nach einer Wohnung und müssten gleich nach ihrer Anerkennung die Flüchtlingsunterkünfte verlassen. Das Gericht ging nicht davon aus, die bekannten Unzulänglichkeiten würden in einer Weise auftreten, welche darauf schliessen liesse, Griechenland sei grundsätzlich nicht gewillt oder nicht fähig, Schutzberechtigten die ihnen zustehenden Rechte und Ansprüche zu gewähren beziehungsweise dass diese bei Bedarf nicht auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden könnten (vgl. a.a.O. E. 7.3). Im Falle einer Verletzung der Garantien der EMRK steht zudem gestützt auf Art. 34 EMRK letztlich nach wie vor der Rechtsweg an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) offen (vgl. Urteil D-559/2020 a.a.O.). Der Beschwerdeführer hat zwar geltend gemacht, jeweils bei den Behörden und Hilfsorganisationen um Hilfe gebeten zu haben, jedoch nicht erwähnt, dass er bei den griechischen Behörden um entsprechenden Schutz ersucht habe. Ausserdem ist nicht ersichtlich, dass er rechtlich gegen eine Verweigerung der Unterstützungsleistung vorgegangen wäre. Es wäre ihm jedoch zuzumuten gewesen, sich an eine höhere Instanz zu wenden, um seine Rechte geltend zu machen. Aufgrund der Akten liegen folglich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass für den Beschwerdeführer persönlich ein "real risk" bestehen würde, bei einer Rückkehr nach Griechenland dort einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt zu werden. Die blosse Möglichkeit, in nicht absehbarer Zeit aus nicht voraussehbaren Gründen in
eine derart missliche Lebenssituation getrieben zu werden, die einer existenziellen Notlage und einer menschenrechtswidrigen Behandlung gleichkäme, vermag die hohe Schwelle zur Annahme eines "real risk" nicht zu erreichen.
Es ist zudem mit dem SEM festzuhalten, dass Griechenland ein Rechtsstaat ist, der über einen funktionierenden Polizeiund Justizapparat verfügt (vgl. Urteil D-559/2020 E. 9.2 m.w.H.; Urteil des BVGer E-4234/2018 vom 30. Juli 2018 E. 6.3.3, m.w.H.). Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, in Griechenland keine Sicherheit gehabt zu haben, da er von unbekannten griechischen Staatsangehörigen und von einem Polizisten geschlagen worden sei, kann er sich an die griechischen Behörden wenden und die erforderliche Hilfe nötigenfalls auf dem Rechtsweg einfordern (vgl. Urteil D-559/2020 E. 8.2 und 9.1). Es wäre im Übrigen von ihm zu erwarten gewesen, dass er sich bei entsprechenden konkreten ernsthaften Bedrohungen bereits vor seiner Ausreise aus Griechenland an die griechische Polizei gewandt hätte.
Gestützt auf Art. 83 Abs. 5 AIG besteht die widerlegbare Vermutung, dass eine Wegweisung in einen EUoder EFTA-Staat zumutbar ist (vgl. Anhang 2 der Verordnung über den Vollzug der Wegund Ausweisung sowie der Landesverweisung von ausländischen Personen [VVWAL, SR 142.281]). Der Bundesrat ist – auch in Anbetracht der gegenwärtigen Asylpolitik Griechenlands – auf seine diesbezügliche Einschätzung, welche periodisch zu überprüfen ist (vgl. Art. 83 Abs. 5bis AIG), bisher nicht zurückgekommen.
Die Vorinstanz hat zutreffend auf die Verpflichtungen Griechenlands gegenüber Schutzberechtigten bezüglich Unterbringung, medizinischer Versorgung, Sozialhilfe und Erwerbstätigkeit hingewiesen, welche sich insbesondere aus der Qualifikationsrichtlinie sowie aus der Flüchtlingskonvention ergeben. Es bestehen keine verdichteten Hinweise darauf, Griechenland würde dem Beschwerdeführer dauerhaft die ihm gemäss der Richtlinie und der Flüchtlingskonvention zustehenden minimalen Lebensbedingungen vorenthalten und ihn einer existenziellen Notlage aussetzen. Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers geht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach wie vor davon aus, dass Personen mit Schutzstatus griechischen Bürgerinnen und Bürgern in Bezug auf Fürsorge, den Zugang zu Gerichten und den öffentlichen Schulunterricht respektive mit anderen Ausländern und Ausländerinnen beispielsweise in Be-
zug auf Erwerbstätigkeit oder die Gewährung einer Unterkunft gleichgestellt sind (vgl. Art. 16-24 FK). Unterstützungsleistungen und weitere Rechte können direkt bei den zuständigen Behörden eingefordert werden, falls notwendig auf dem Rechtsweg. Die Schutzberechtigten können sich auf die Garantien in der Qualifikationsrichtlinie berufen, insbesondere die Regeln betreffend den Zugang von Personen mit Schutzstatus zu Beschäftigung (Art. 26), zu Bildung (Art. 27), zu Sozialhilfeleistungen (Art. 29), zu Wohnraum (Art. 32) und zu medizinischer Versorgung (Art. 30). Es darf auch inskünftig vom Beschwerdeführer erwartet werden, sich bei Unterstützungsbedarf an die griechischen Behörden zu wenden und insbesondere die erforderliche Hilfe nötigenfalls auf dem Rechtsweg einzufordern. Auch handelt es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen jungen gesunden Mann, der bei der Rückkehr nach Griechenland nicht an familiäre Unterstützungspflichten gebunden ist. Auch wenn eine adäquate Eingliederung in die sozialen Strukturen Griechenlands als anerkannter Flüchtling mit nicht zu verkennenden Erschwernissen verbunden ist, sind die hohen Anforderungen an eine konkrete Gefährdung nicht erfüllt.
Nach dem Ausgeführten erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den Wegweisungsvollzug sowohl unter dem Aspekt der Zulässigkeit als auch der Zumutbarkeit als unbegründet.
Zusammenfassend ist das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG zu Recht nicht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers eingetreten, und ebenso zu Recht hat es den Wegweisungsvollzug dorthin als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Die Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt damit ausser Betracht fällt.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Dieser beantragt indessen die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. Dieses Gesuch ist gutzuheissen, da seine Begehren nicht von vornherein aussichtslos waren und aufgrund der Umstände von seiner Mittellosigkeit auszugehen ist. Auf die Erhebung der Verfahrenskosten ist zu verzichten. Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache wird der Antrag auf Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses gegenstandlos.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird gutgeheissen.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Roswitha Petry Regina Seraina Goll
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