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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-6825/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-6825/2018
Datum:08.09.2021
Leitsatz/Stichwort:Wirtschaftliche Landesversorgung
Schlagwörter : Klagte; Schaden; Klagten; Recht; Beklagten; Pflicht; Bundes; "; Versicherung; Partei; Klage; Verjährung; Versicherbar; Schadens; Verein; Parteien; Zeitpunkt; Mitglied; Grundstück; Unversicherbare; Pflichtlagerhaltung; Bundesverwaltungsgericht; Statuten; Beweis; Kanton; Forderung; Eintritt; Eigenschaden; Regulativ
Rechtsnorm: Art. 12 OR ; Art. 127 OR ; Art. 13 OR ; Art. 130 OR ; Art. 14 OR ; Art. 15 OR ; Art. 151 OR ; Art. 48 BGG ; Art. 60 ZGB ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 82 ATSG ;
Referenz BGE:114 II 193; 126 V 134; 128 III 212; 130 III 321; 130 V 445; 132 III 503; 135 II 38; 136 V 73; 137 III 16; 140 I 285; 140 III 349; 143 III 157; 143 III 297; 144 I 81; 145 III 109; 90 II 437; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid angefochten beim BGer

Abteilung II B-6825/2018

U r t e i l v o m 8 . S e p t e m b e r 2 0 2 1

Besetzung Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),

Richter Pietro Angeli-Busi, Richter Christian Winiger, Gerichtsschreiberin Katharina Niederberger.

Parteien A. AG,

vertreten durch Y. , Klägerin,

gegen

B. ,

vertreten durch Z. , Beklagte.

Gegenstand Pflichtlagerhaltung (Klage vom 29. November 2018).

Sachverhalt:

A.

    1. Die A. AG (nachfolgend: Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts und bezweckt unter anderem den Import, den Handel und den Vertrieb von Mineralölprodukten. Als Importeurin flüssiger Treibund Brennstoffe gilt sie als Pflichtlagerhalterin im Sinne von Art. 47 Bst. b des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 17. Juni 2016 (Landesversorgungsgesetz, LVG; SR 531). Die Klägerin hat mit dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) einen Pflichtlagervertrag abgeschlossen und ist Mitglied der B. .

    2. Die C. AG (bis 2009 D. AG) wird gemäss Klageschrift zu 59,87 % durch die Klägerin und zu 40,13 % durch die E. AG gehalten. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Kat.-Nr. (…), im Gebiet (…) der Gemeinde (…). Die damalige D. AG erstellte auf diesem Grundstück im Jahr 1968 eine Pflichtlager-Stehtankanlage für Mineralöle, die im Jahr 2007 bis auf einen Wassertank wieder zurückgebaut worden ist.

    3. Die B. (nachfolgend: Beklagte) ist eine Selbsthilfeorganisation der Importeure flüssiger Treibund Brennstoffe und eine Pflichtlagerorganisation im Sinne von Art. 47 Bst. b LVG. Die Beklagte hat die Rechtsform eines privatrechtlichen Vereins (Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 [ZGB; SR 210]). Sie überwacht die Pflichtlagerhaltung und ist im Auftrag des BWL zuständig für die Erteilung von Bewilligungen zur Einfuhr flüssiger Treibund Brennstoffe, die der Pflichtlagerhaltung unterliegen. Zur Erreichung der Vereinszwecke kann die Beklagte auf Produkte, die der Einfuhrbewilligungspflicht unterliegen, Beiträge erheben. Sie führt zweckgebundene private Sondervermögen (Garantiefonds), um ihre Mitglieder gegen finanzielle Verluste aus der Pflichtlagerhaltung zu schützen.

B.

    1. Am 19. Juni 1977 wurde am Pflichtlagertank Nr. (…) der damaligen D. AG ein Entwässerungsschieber durch eine unbekannte Täterschaft gewaltsam geöffnet. In der Folge liefen ca. 270'000 Liter Heizöl aus, wovon der grösste Teil im Boden versickerte. Der Standort der PflichtlagerTankanlage befindet sich im "Gewässerschutzbereich B" der Gemeinde (…) und ist 440 Meter von deren Grundwasserfassung entfernt.

    2. Nach Bekanntwerden dieses Schadenereignisses ordnete das damalige Amt für Gewässerschutz und Wasserbau (AGW) des Kantons Zürich unverzüglich Sicherungsund Beschränkungsmassnahmen zum Schutz des Grundwassers an. Das schadstoffbelastete Erdreich wurde ca. 0.5 m tief ausgehoben (Teilaushub) und durch unverschmutztes Material ersetzt. Durch diese Massnahmen konnten ca. 100'000 Liter des ausgeflossenen Heizöls zurückgewonnen werden. Gleichzeitig ordnete das AGW eine periodische Überwachung des kontaminierten Erdreichs und eine Bodenversiegelung an (KS Rz. 27). Eine vollständige Sanierung des Grundstücks wurde mit den angeordneten Sicherungsund Beschränkungsmassnahmen zum Schutz des Grundwassers nicht angestrebt.

    3. Mit Schreiben vom 24. Juni 1977 teilte die Klägerin der Beklagten unter dem Titel "Maschinenbruchversicherung" mit, dass aus dem durch Sabotageakt geöffneten Tank Nr. (…) 223'823 kg Heizöl extraleicht ausgelaufen seien und die Behörden die Rückgewinnung aus dem Boden veranlasst hätten. Die Klägerin stellte der Beklagten in Aussicht, nach Abschluss der Rückgewinnungsbemühungen die Berechnung ihres Nettoverlustes zu melden. Die Maschinenbruchversicherung der Beklagten bezahlte der Klägerin in der Folge rund Fr. (…) für das verlustig gegangene Heizöl.

    4. Am 8. Juli 1977 verfügte die AGW, die D. AG habe als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks die Kosten für die bereits angeordneten und die noch erforderlichen Massnahmen zu tragen. Diese Kostenverfügung focht die D. AG ohne Erfolg bei der Baudirektion des Kantons Zürich und anschliessend beim Regierungsrat des Kantons Zürich an. Mit Urteil vom 7. Oktober 1981 wies das Bundesgericht die dagegen erhobene Beschwerde ab (publ. in: ZBl 83/1982, S. 541 ff.). Das Bundesgericht erwog, die D. AG sei sowohl Zustandsstörerin (E. 3b) als auch Verhaltensstörerin. Die Haftbarkeit als Verhaltensstörerin ergebe sich aus einer erheblichen Verletzung ihre Sorgfaltspflichten, weil die Anlage nicht genügend gegen den Zutritt Unbefugter abgesichert worden sei

      (E. 3c und E. 5). Ob die Tanklagerbetreiberin angesichts des undichten Auffangbeckens darüber hinaus gesetzliche Bauvorschriften missachtet hat, liess das Bundesgericht offen.

    5. Mit Abrechnung vom 20. Mai 1983 stellte das AGW der D. AG Sanierungskosten im Gesamtbetrag von Fr. (> 1 Mio.) in Rechnung. Die Tanklagerbetreiberin war bei der damaligen (Name der Versicherungsgesellschaft) (heute […]), über eine Allgemeine Haftpflichtversicherung samt Zusatz für zuschlagspflichtige Sonderrisiken versichert. Am 2. Februar 1984 unterzeichneten der Kanton Zürich und die Haftpflichtversicherungsgesellschaft eine Vereinbarung zur Kostentragung der Teilsanierung. Die Versicherung übernahm von den in Rechnung gestellten Kosten im Betrag von Fr. (>1 Mio.) vergleichsweise pauschal Fr. (>1 Mio.). Diese Vereinbarung enthält eine Saldoerklärung.

    6. Zwecks Abbau von Überkapazitäten schlossen die Klägerin und E. AG am 23./25. Juni 2004 mit der Beklagten eine Vereinbarung über den Rückbau des Tanklagers (mit Ausnahme eines Wassertanks) bis zum 30. Juni 2007. Anlässlich dieses Rückbaus wurde seitens der zuständigen Behörden keine vollständige Sanierung des mit über 100 Kubikmeter Heizöl verunreinigten Erdreichs angeordnet. Die Oberfläche blieb in Absprache mit dem Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürichs (AWEL; vormals AGW) versiegelt bzw. wurde dort neu versiegelt, wo zuvor die Tanks gestanden hatten. Der Status als überwachungsbedürftiges, aber nicht sanierungsbedürftiges Grundstück änderte sich nicht. Gemäss Schlussabrechnung vom 30. Juli 2007 entschädigte die Beklagte die Klägerin für den Rückbau der Tankanlagen im Betrag von Fr. (…).

    7. Im Zusammenhang mit dem anstehenden Rückbau der Tankanlagen beantragte die D. AG am 13. September 2006 bei der Beklagten die Kostenübernahme für ihren erlittenen Eigenschaden. Die Tanklagerbetreiberin verlangte die vollständige Sanierung des Grundstücks, das nach wie vor bis in tiefe Lagen kontaminiert sei. Insgesamt seien ca. 20'000– 25'000 m3 Boden auf einer Fläche von ca. 3'000– 4'000 m2 mit ca. 100'000 Liter Öl verschmutzt. Die mit der Untersuchung beauftragte Firma F. beziffere das Schadensvolumen auf maximal Fr. (…).–.

    8. Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2007 erklärte die Beklagte, das Ereignis und seine Folgen müssten primär als Haftpflichtfall behandelt und abgeschlossen werden. Im Vordergrund stehe die Versicherungsdeckung durch

      die Haftpflichtversicherung. Denn sowohl bei der ursprünglichen Teilsanierung als auch bei der aktuellen Forderung im Falle einer Entsiegelung sei das Schutzgut Grundwasser betroffen.

    9. Mit Verfügung Nr. (…) vom 7. August 2008 äusserte sich die Baudirektion des Kantons Zürich zum Schlussbericht über den Rückbau der Tankanlage und ordnete an, dass das Grundstück als überwachungsbedürftiger, belasteter Standort gemäss Art. 8 Abs. 2 Bst. a der Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten vom 26. August 1998 (AltlV; SR 814.680) mit dem Eintrag Nr. (…) im Kataster der belasteten Standorte (KbS) vermerkt und das Grundwasser-Überwachungskonzept genehmigt werde.

    10. Am 6. Mai 2011 stellte die Baudirektion des Kantons Zürich fest, dass sich aus dem Überwachungsbericht kein Sanierungsbedarf ableiten lasse. Die Parzelle bleibe weiterhin als überwachungsbedürftiger, belasteter Standort gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. a AltlV mit dem Eintrag Nr. (…) im KbS vermerkt. Auf die Weiterführung der Grundwasserüberwachung werde bis auf Weiteres verzichtet.

    11. Anlässlich der Sitzung vom 27. März 2017 regte die Beklagte die Klägerin und die Tanklagerbetreiberin an, mit sämtlichen potenziell haftpflichtigen Parteien Verhandlungen zur Schadenstragung aufzunehmen. Am

22. Dezember 2017 informierte die Tanklagerbetreiberin die Beklagte über den negativen Verhandlungsausgang.

C.

    1. Mit Datum vom 23. Februar 2018 reichte die Klägerin bei der Beklagten eine formelle Forderungseingabe ein. Die Rechtsbegehren lauteten wie folgt:

      "Es soll sich die B._ verpflichten, den nachstehend beschriebenen Schaden, d.h. die gesamten Kosten für eine vollständige Sanierung der Liegenschaft Kat. Nr. (…) in der Gemeinde (…) zu übernehmen, evtl.

      Es soll die B. A._ im Sinne eines Schutzes gegen finanzielle Verluste aus der Pflichtlagerhaltung bzw. im Sinne einer Deckung unversicherbarer Risiken bzw. einer Deckung des Schadens im Zusammenhange mit der Pflichtlagerhaltung mindestens CHF 6 Mio. bezahlen.

      Evtl., es soll die B. im Sinne von Ziff. 2.7 Abs. 2 des "REGULATIV über den Fonds der B. für unversicherbare Risiken" entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange A._ gegen welche Versicherungsgesellschaften oder Drittverantwortliche einen Prozess zu führen hat und entsprechende Kosten zu Lasten des Fonds für unversicherbare Risiken übernehmen."

    2. Am 29. Oktober 2018 überreichte die Beklagte der Klägerin den ablehnenden Beschluss zu ihrer Forderungseingabe vom 23. Februar 2018. Danach sehen die Vorstandskommission und der Vorstand der Beklagten keine Gründe und keine Veranlassung, auf die erwähnte Forderungseingabe einzutreten und weisen diese vollumfänglich zurück. Der Vorstand sehe auch keine Möglichkeit, eine freiwillige Beteiligung an den Sanierungskosten in Aussicht zu stellen.

D.

    1. Gegen diesen ablehnenden Beschluss vom 29. Oktober 2018 erhob die Klägerin am 29. November 2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage. Ihre Rechtsbegehren lauten wie folgt:

      "1. Es sei der Beschluss des Vorstandes der B. vom 29. August 2018, wonach die Beklagte keine Gründe und keine Veranlassung sehe, auf die Forderungseingabe der Klägerinnen vom 23. Februar 2018 einzutreten und diese vollumfänglich zurückweist, aufzuheben;

      2. es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen noch zu beziffernden Betrag, mindestens aber CHF 3'390'000.– zuzüglich Zins zu 5 % seit

      23. Februar 2018 zu bezahlen,

      alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MWSt) zu Lasten der Beklagten."

      Die Klägerin stellt weiter folgenden prozessualen Antrag:

      "Es soll das Bundesverwaltungsgericht mittels eines selbständig zu eröffnenden Teilbzw. Zwischenentscheid über seine Zuständigkeit entscheiden und diese bejahen."

      Die Klägerin begründet ihre materiell-rechtlichen Anträge mit dem Ersatz eines Schadens aus der Pflichtlagerhaltung. Der geltend gemachte wirtschaftliche Schaden bestehe angesichts der nach wie vor bestehenden Bodenkontaminierung in der Wertlosigkeit der Parzelle. Gemäss eigener Berechnung auf Grundlage der effektiven Quadratmeterpreise für unbebautes Gewerbeund Industrieland im Zeitraum von 2013–2017 betrage der Wertverlust des Grundstücks mindestens Fr. 3'390'000.–.

    2. Mit Datum vom 18. Dezember 2018 reichte die Klägerin die vollständige Fassung der Klagebeilage 13 nach.

    3. Mit Klageantwort vom 4. Februar 2019 beantragt die Beklagte, die Klage sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin.

      Die Beklagte äussert sich zunächst zum zeitlichen Geltungsbereich der Rechtsgrundlagen und zur Aktivlegitimation der Klägerin. Die Sanierung von Altlasten sei in den Vereinbarungen zwischen den Parteien stets ausgenommen worden. Dass es sich um einen Sabotageakt gehandelt habe, sei nicht bewiesen und selbst unter Annahme eines solchen Aktes wäre dieser nicht die einzige kausale Unfallund Schadensursache gewesen. Es sei vielmehr von einem Haftungsausschluss wegen Selbstverschuldens der Klägerin auszugehen. Zudem sei der bestrittene Haftungsanspruch verjährt.

    4. Am 12. April 2019 replizierte die Klägerin innert erstreckter Frist und hält an ihren materiellen Anträgen und an ihrem Sachvortrag in der Klageschrift fest. Die Klägerin erklärt, das Handelsgericht des Kantons Zürich sei mit Beschluss vom 1. April 2019 auf die parallel angehobene Klage wegen Unzuständigkeit nicht eingetreten. Die Klägerin widerspricht der Beklagten in Bezug auf das anwendbare Recht, die Aktivlegitimation, die vereinsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen betreffend Schaden aus der Pflichtlagerhaltung, den Haftungsausschluss wegen Selbstverschuldens und die Verjährung ihrer Ansprüche.

    5. Am 28. Juni 2019 duplizierte die Beklagte innert erstreckter Frist. Sie hält an ihren Anträgen fest und trägt im Wesentlichen vor, die Deckung des geltend gemachten Preisrisikos für das Grundstück habe keine gesetzlichen oder regulatorischen Grundlagen. Die Beklagte führt weiter aus, das Bundesgericht habe nicht das undichte Tankbassin als kausal für den Schadenseintritt beurteilt, sondern die unzureichende Absicherung der Tankanlage. Schliesslich hält die Beklagte am Verjährungseintritt fest.

    6. Die Klägerin hält in ihrer unaufgefordert eingereichten Triplik vom

      17. Juli 2019 an ihren Anträgen sowie an ihren in der Klageschrift und Replik vorgetragenen Ausführungen vollumfänglich fest.

    7. Mit Zwischenentscheid vom 30. August 2019 bejahte das Bundesverwaltungsgericht seine sachliche Zuständigkeit in der Klagesache.

    8. Mit Schriftsatz vom 12. September 2019 verzichtete die Beklagte auf die Ausübung ihres unbedingten Replikrechts.

    9. Am 28. Januar 2020 wurden die Parteien zur Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung vom 2. Juni 2020 vorgeladen.

    10. Mit Zwischenverfügung vom 29. April 2020 ersuchte die Instruktionsrichterin die Parteien um Mitteilung, ob sie angesichts der als "ausserordentliche Lage" eingestuften Pandemiesituation an der auf den 2. Juni 2020 angesetzten Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung festhalten möchten. Während die Beklagte mit Schreiben vom 4. Mai 2020 ihren Verzicht auf die Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung erklärte, verlangte die Klägerin am 11. Mai 2020 deren Durchführung.

    11. Am 14. Mai 2020 ordnete die Instruktionsrichterin die Durchführung der Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung vom 2. Juni 2020 an.

    12. Die Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung fand am 2. Juni 2020 in den Räumlichkeiten des Bundesverwaltungsgerichts im Beisein des Spruchkörpers und unter Einhaltung der Hygienemassnahmen statt. Zur Klärung strittiger Sachverhaltselemente führte die Instruktionsrichterin eine Parteibefragung durch (Prot. S. 9 ff.). Im Rahmen der Vergleichsgespräche erklärten die Parteien, diese bis Ende Oktober 2020 aussergerichtlich weiterführen zu wollen und einer Verfahrenssistierung zuzustimmen.

    13. In der Folge sistierte das Bundesverwaltungsgericht das Klageverfahren mit Zwischenverfügung vom 8. Juli 2020 infolge der aussergerichtlich geführten Vergleichsgespräche bis zum 31. Oktober 2020.

    14. Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. August 2020 um eine vorzeitige Aufhebung der Sistierung ersucht hatte und die Klägerin am

2. September 2020 sich damit einverstanden erklärte, verfügte die Instruktionsrichterin gleichentags deren Aufhebung und die Fortsetzung des Klageverfahrens.

E.

Mit Zwischenverfügung vom 21. Oktober 2020 lehnte die Instruktionsrichterin die beantragten Zeugenbefragungen begründet ab. Die Parteien wurden ersucht, sich bis zum 23. November 2020 zur Durchführung einer Hauptverhandlung zu äussern.

F.

Am 23. Oktober 2020 erklärte die Beklagte und am 16. November 2020 die Klägerin ihren Verzicht auf die Durchführung einer Hauptverhandlung unter Aufrechterhaltung ihrer Beweisofferten.

G.

Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit sie sich als rechtserheblich erweisen – im Folgenden eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Entscheidet das Bundesverwaltungsgericht als erste Instanz auf Klage hin, so richtet sich das Klageverfahren gemäss Art. 44 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsgesetztes vom 17. Juni 2005 (VGG; SR 173.32) nach den Art. 3–73 und 79–85 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess (BZP; SR 273), die sinngemäss zur Anwendung kommen (ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozes-

      sieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 5.7). Nach Art. 3 Abs. 1 BZP prüft der Richter von Amtes wegen die Zulässigkeit der Klage und aller weiteren Prozesshandlungen.

    2. Gemäss Art. 47 LVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht auf Klage Streitigkeiten zwischen Parteien von öffentlich-rechtlichen Verträgen nach diesem Gesetz (Bst. a) und Pflichtlagerhaltern und Pflichtlagerorganisationen (Bst. b). In der vorliegenden Streitsache stehen sich die Klägerin als Pflichtlagerhalterin und die Beklagte als Pflichtlagerorganisation (Art. 47 Bst. b LVG) gegenüber. Die Streitigkeit gründet in der Pflichtlagerhaltung (Art. 20 Abs. 1 Statuten vom 10. Juni 2011). Gestützt auf Art. 47 Bst. b LVG in Verbindung mit Art. 20 der Statuten hat das Bundesverwaltungsgericht am 30. August 2019 seine sachliche Zuständigkeit in der vorliegenden Klagesache bejaht.

    3. Nach Art. 75 ZGB können Vereinsbeschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, von jedem Vereinsmitglied, das nicht zugestimmt hat, binnen Monatsfrist beim Gericht angefochten werden. Taugliche Anfechtungsobjekte sind Vereinsbeschlüsse im Sinne von Art. 66 ZGB, d.h. endgültige Entscheide aller Vereinsorgane, mithin auch Vorstandsbeschlüsse (BGE 132 III 503 E. 3.2 und E. 4.3; 118 II 12 E. 3; URS SCHERRER/RAFAEL

      BRÄGGER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 6. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 75 ZGB). Die Klägerin konnte dem angefochtenen Beschluss bereits mangels Zugehörigkeit zum beschlussfassenden Exekutivorgan nicht zustimmen. Sie ist durch den vereinsintern nicht mehr anfechtbaren Nichteintretensund Ablehnungsbeschluss vom 29. Oktober 2018 in ihrer Rechtsposition betroffen und Mitglied der Beklagten. Als Anfechtungsgrund macht die Klägerin eine Verletzung der statutenkonformen Vereinstätigkeit geltend. Sie ist damit zur Klageerhebung legitimiert (vgl. HANS MICHAEL RIEMER, in: Berner Kommentar, Die Vereine, Art. 60–79 ZGB, 1990, N. 7 ff. zu Art. 75 ZGB).

    4. Mit der auf Art. 75 ZGB gestützten Anfechtungsklage verbindet die Klägerin eine Klage auf Leistung von Schadenersatz. Die grundsätzlich kassatorische Wirkung der Anfechtungsklage schliesst nicht aus, dass diese nach den Vorschriften über die sogenannte objektive Klagenhäufung (Art. 24 Abs. 1 BZP) mit anderen Klagen (Leistungsoder Feststellungsklagen) bzw. entsprechenden Rechtsbegehren verbunden wird (HANS MICHAEL RIEMER, Anfechtungsund Nichtigkeitsklage im schweizerischen Gesellschaftsrecht, 1998, N. 211 ff.). Vorliegend steht der eingeklagten Schadenersatzforderung der Klägerin eine statutarisch und reglementarisch definierte Pflicht der Beklagten auf Schadloshaltung ihrer Mitglieder aus der Pflichtlagerhaltung gegenüber (vgl. MARC BURGHERR, Entscheide von Exekutivorganen im Verein als Gegenstand der Anfechtungsklage,

2010, S. 81 f.). Die Klägerin hat ihre Klage am 29. November 2018 innerhalb der gesetzlichen Verwirkungsfrist von einem Monat nach Kenntnisnahme des Beschlusses angehoben (Art. 75 ZGB). Die Klägerin ist parteiund prozessfähig (Art. 14 BZP) und der Rechtsvertreter hat sich rechtsgenüglich ausgewiesen (Art. 18 BZP). Die Anforderungen an Form und Inhalt der Klageschrift sind gewahrt (Art. 23 BZP). Der Kostenvorschuss wurde fristgerecht geleistet (Art. 44 Abs. 3 VGG i.V.m. Art. 63 Abs. 4 VwVG). Die formellen Eintretensvoraussetzungen für die Anfechtung des Vereinsbeschlusses der Beklagten vom 29. Oktober 2018 sind erfüllt.

Auf die Klage ist demnach einzutreten.

2.

    1. Obwohl im Bundeszivilprozess der Verhandlungsgrundsatz gilt und der Richter sein Urteil nur auf Tatsachen gründen darf, die im Verfahren geltend gemacht worden sind (Art. 3 Abs. 2 BZP), gilt vor Bundesverwaltungsgericht infolge der spezialgesetzlichen Bestimmung von Art. 44 Abs. 2 VGG der Grundsatz der Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen.

    2. Nach Massgabe von Art. 3 Abs. 2 BZP darf der Richter nicht über die Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen. In einem Klageverfahren wie dem vorliegenden hat die Dispositionsmaxime damit eine grössere Bedeutung als im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht.

3.

    1. Mit Eingaben vom 23. Oktober 2020 und 13. November 2020 haben die Parteien auf die Durchführung einer Hauptverhandlung und damit auf ihre mündlichen Parteiund Schlussvorträge verzichtet. Ihre Beweisanträge haben sie vollumfänglich aufrechterhalten.

    2. Das Bundesverwaltungsgericht erhebt nur über bestrittene Tatsachen Beweise, sofern sie erheblich sind und soweit nicht der Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen ist (Art. 36 Abs. 1 BZP i.V.m. Art. 44 Abs. 2 VGG). Der Richter ist an die von den Parteien angebotenen Beweismittel nicht gebunden und er berücksichtigt nur die notwendigen (Art. 37 BZP). Er würdigt die Beweise nach freier Überzeugung (Art. 40 BZP). Das Recht auf Beweis schliesst eine vorweggenommene Würdigung von Beweisen nicht aus (BGE 143 III 297 E. 9.3.2; 130 II 425 E. 2.1; Urteil des BGer 4A_279/2020 vom 23. Februar 2021 E. 6.3; je mit Hinweisen).

      1. Die Parteien und deren Parteivertreter sind anlässlich der Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung vom 2. Juni 2020 zu den entscheidwesentlichen Tatsachen persönlich befragt worden. Aufgrund dessen hat die Instruktionsrichterin mit Zwischenverfügung vom 21. Oktober 2020 auf die Anordnung der im Sinne von Art. 42 ff. BZP beantragten Zeugenbefragungen von (…), (…) und (…) (B. ) sowie (…) und (…) (A. AG) verzichtet. Zur Begründung wurde angeführt, der rechtserhebliche Sachverhalt lasse sich bereits durch andere offerierte Beweismittel rechtsgenügend abklären. Bis zum Entscheid in der Sache haben die Parteien dem Bundesverwaltungsgericht keine neuen Beweismittel mehr zugetragen (Art. 19 Abs. 2 BZP).

      2. Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, hat diejenige Partei die rechtsbegründenden Tatsachen zu beweisen, die einen Anspruch geltend macht (Art. 8 ZGB). Es obliegt folglich der Klägerin, den Eintritt eines unversicherbaren Eigenschadens sowie den Umfang ihres geltend gemachten Anspruchs zu beweisen. Die Pflicht, den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären (Art. 44 Abs. 2 VGG) ändert vorliegend nichts an der objektiven Beweislastverteilung (BGE 140 I 285 E. 6.3.1; 128 III 411, E. 3.2.1; je mit Hinweisen). Die Unversicherbarkeit des Eigenschadens und die Verkehrswertberechnung des Grundstücks sind daher nicht wie von der Klägerin beantragt mittels "gerichtlich anzuordnender Expertise" von Amtes wegen zu erheben. Diese Sachverhaltselemente sind nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozesses durch die beweisbelastete Partei nachzuweisen. Die seitens der Klägerin beantragten Beweiserhebungsmassnahmen erweisen sich – wie im Folgenden aufgezeigt wird – aber als nicht entscheiderheblich bzw. notwendig (Art. 36 Abs. 1 BZP i.V.m. Art. 37 BZP und Art. 40 BZP; vgl. E. 6.7 und E. 6.8).

      3. Die Beweislast für die rechtsvernichtenden oder rechtshindernden Tatsachen liegen demgegenüber bei der Partei, welche den Untergang des Anspruchs behauptet oder dessen Entstehung oder Durchsetzbarkeit bestreitet (BGE 130 III 321 E. 3; 128 III 271 E. 2a/aa; je mit Hinweisen). Die Beklagte trifft folglich die Beweislast für Tatsachen, die sie zur Kürzung oder Verweigerung der statutarisch und reglementarisch festgelegten Schadloshaltung der Klägerin als Pflichtlagerhalterin berechtigen. Die Beklagte beantragt namentlich die Edition der Unfallunterlagen durch die Klägerin bzw. die C. AG, insbesondere Polizeirapporte, Berichte der Ölwehr, Unterlagen der involvierten Behörden wie AGW bzw. AWEL sowie der Gemeinde (…).

      4. Die Klägerin hat mit Replik vom 12. April 2019 die Einstellungsund Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom

14. Juni 1978 ins Recht gelegt. In dieser Verfügung wird der mutmassliche Tathergang der Sachbeschädigung verbunden mit Gewässerverschmutzung sowie der entstandene Schaden gemäss damaligem Erkenntnisstand detailliert ausgeführt. Bei den Akten liegen ferner eine zeitnahe Bestätigung der Kantonspolizei Zürich vom 23. Juni 1977 und die Verfügung des AWG vom 8. Juli 1977 betreffend Anordnung von Sofortmassnahmen. Das Gericht hat aus diesen Unterlagen seine Überzeugung zur Sachbeschädigung, dem daraus entstandenen Umweltschaden sowie zu den eingeleiteten Sofortmassnahmen gewinnen können. Eine weitere Beweiserhebung zur Tatrekonstruktion und zu den getroffenen Sofortmassnahmen, die nunmehr über 44 Jahre zurückliegen, würde diese Überzeugung nicht mehr entscheidend beeinflussen. Aus diesen sachlichen Gründen verzichtet das Bundesverwaltungsgericht in antizipierter Beweiswürdigung auf die beantragte Aktenedition.

4.

    1. Das Schadenereignis hat sich am 19. Juni 1977 zugetragen. Der dadurch entstandene langfristige Umweltschaden (Bodenkontaminierung) dauert bis heute an. Damit stellt sich zunächst die Frage nach dem zeitlichen Geltungsbereich der massgeblichen Rechtsgrundlagen.

      1. Die Klägerin vertritt in ihrer Klageschrift zunächst den Standpunkt, die einzelnen Fassungen der Statuten der Beklagten würden sich bezüglich der strittigen Haftungsfrage nur unwesentlich voneinander unterscheiden, weshalb es irrelevant sei, auf welchen Zeitpunkt abgestellt werde. In ihrer Replik führt die Klägerin aus, die Übergangsbestimmungen des derzeit gültigen Reglements vom 28. Juni 2011 und die Durchführungsbestimmungen zum Versicherungswesen vom 1. Juli 2013 sähen vor, dass alle vorbestehenden Regularien samt Beschlüssen ausser Kraft gesetzt würden, soweit sie den neuen Bestimmungen widersprächen. Daraus folge, dass die heute gültigen Reglemente und Durchführungsbestimmungen anwendbar seien. Die Klägerin trägt sodann als Eventualbegründung vor, die Übergangsbestimmung von Art. 82 Abs. 1 des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG; SR 830.1) sei analog anzuwenden. Eine Rückwirkung der heute gültigen Regularien sei zu bejahen, zumal sich diese auf die Klägerin begünstigend auswirke.

      2. Die Beklagte widerspricht dieser Rechtauffassung mit dem Argument, der Streitsache liege kein Dauersachverhalt zugrunde, weil eine Sanierung zum damaligen Zeitpunkt gleich umfangreich gewesen wäre wie heute. Die vereinsrechtlichen Regularien der Beklagten sähen keine echte Rückwirkung vor für Sachverhalte, die sich abschliessend vor Erlass bzw. Inkrafttreten der neuen Regelung verwirklicht hätten. Der herangezogene Vergleich zum ATSG scheitere bereits daran, dass die Beklagte nicht unter den Geltungsbereich dieses Gesetzes falle.

    1. Die Pflichtlagerhaltung wird im Grenzbereich zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht verortet (Botschaft zur Totalrevision des Landesversorgungsgesetzes vom 3. September 2014, BBl 2014 7119, 7142 [nachfolgend: Botschaft Totalrevision LVG]). Regelt der Gesetzgeber den zeitlichen Anwendungsbereich einer Gesetzesrevision nicht besonders, so gilt im privaten und im öffentlichen Recht die Grundregel der Nichtrückwirkung einer Gesetzesänderung (für das Zivilrecht: BGE 145 III 109 E. 5.4; 141 III 1 E. 4;

      133 III 105 E. 2.1; 94 I 1 E. 3.b; je mit Hinweisen; MARKUS VISCHER, in:

      Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2015, N. 2 zu Art. 1

      SchlT ZGB; für das öffentliche Recht: BGE 144 I 81 E. 4.1; 138 I 189 E. 3.4;

      132 V 215 E. 3.1.1; je mit Hinweisen).

    2. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen eigentlicher oder echter und unechter Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das neue Recht auf einen Sachverhalt angewendet wird, der sich abschliessend vor dem Inkrafttreten dieses Rechts verwirklicht hat (BGE 144 I 81

E. 4.1; 138 I 189 E. 3.4; je mit Hinweisen). Eine echte Rückwirkung ist im Grundsatz ausgeschlossen und nur in streng umrissenen Ausnahmefällen zulässig (BGE 126 V 134 E. 4.a; Urteil des BGer 4A_6/2009 vom 11. März 2009 E. 2.6; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines

Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, Rz. 270.; PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIM-

MERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 24 N 23 ff.). Bei der unechten Rückwirkung wird auf Verhältnisse abgestellt, die zwar unter der Herrschaft des alten Rechts entstanden sind, beim Inkrafttreten des neuen Rechts aber noch andauern. Das neue Recht findet dabei lediglich für die Zeit seit Inkrafttreten (ex nunc et pro futuro) Anwendung (vgl. BGE 144 I 81 E. 4.1; 138 I 189 E. 3.4; 126 V 134 E. 4a; 122 V

405 E. 3b/aa, 122 V 6 E. 3a; 126 V 134 E. 4; je mit Hinweisen; Urteil des BGer 4A_6/2009 vom 11. März 2009 E. 2.6; vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., § 5 Rz. 266 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 24

Rz. 23 ff.; GEORG MÜLLER, Zulässigkeit der begünstigenden Rückwirkung, in: ZBl 118/2017, S. 268, 270).

      1. Soweit die Klägerin in der Frage des anwendbaren Rechts von einem Dauersachverhalt ausgeht, der bis in die Gegenwart fortwirkt (unechte Rückwirkung), ist ihr zu entgegnen, dass vorliegend über eine Schadenersatzforderung und nicht über eine Kostenverteilung bei einer Altlastensanierung nach Massgabe der umweltrechtlichen Gesetzgebung zu entscheiden ist. Eine Beseitigungspflicht im Sinne von Art. 32c des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01), welche der bis heute andauernden Bodenkontaminierung ein Ende setzen würde, geht aus den Akten nicht hervor und ist seitens der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Anlässlich der Parteibefragung in der Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung erklärte die Klägerin explizit, sie wolle das vorliegende Verfahren nicht mit der Frage belasten, ob die Beklagte bei einem Grundstück, das einen Negativwert aufweise, den status quo ante auf deren Kosten wiederherstellen müsse. Die namens der Eigentümerin des Pflichttanklagers geltend gemachte Rechtsgutverletzung ist abschliessend mit dem Schadensereignis vom 19. Juni 1977 entstanden. Fortwährend sind hier nicht die haftungsbegründenden Tatsachen (Schadensereignis), sondern einzig deren Auswirkungen auf den Wert des Grundstücks (Eigenschaden). Insoweit liegt kein Anwendungsfall einer unechten Rückwirkung vor.

      2. Aus den Rechtsgrundlagen und Materialien zur wirtschaftlichen Landesversorgung geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber den Ausnahmefall einer echten Rückwirkung beabsichtigt oder positivrechtlich festgelegt hätte (E. 4.3). Mit dem Sicherstellungsgesetz aus dem Jahr 1938 (AS 1938

        309) wurde die erste gesetzliche Regelung im Bereich des Landesversorgungsrechts geschaffen. Im Jahr 1956 wurde dieses Gesetz durch das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 30. September 1955 (aKriegsvorsorgesetz; aKVG; AS 1956 85) abgelöst. Dieses wurde 1983 wiederum durch das Landesversorgungsgesetz (aLandesversorgungsgesetz, aLVG; AS 1983 931) ersetzt. 1999 wurde eine Teilrevision des Gesetzes in die Wege geleitet, mit welcher unter anderem erstmals die stellvertretende Pflichtlagerhaltung eine Regelung erfahren hat (AS 2001 1439). Schliesslich ist per 1. Juni 2017 das totalrevidierte Landesversorgungsgesetz in Kraft getreten (AS 2017 3097). Der Gesetzgeber hat weder im revidierten Bundesgesetz vom 8. Oktober 1982 über die wirtschaftliche Landesversorgung noch in der Totalrevision des Gesetzes vom 1. Juni 2017 eine gesetzliche Rückwirkung angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses beabsichtigt (Botschaft zu einem Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 9. September 1981, BBl 1981 405 ff. [nachfolgend: Botschaft aLVG]; Botschaft Totalrevision LVG, 7119 ff.). Der

        zeitliche Geltungsbereich richtet sich folglich nach dem Grundsatz der Nichtrückwirkung des Gesetzes. Als Rechtsgrundlagen sind damit das aKriegsvorsorgesetz und die Verordnung über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 15. Juli 1958 (aVKVG; AS 1958 462) massgeblich.

      3. An diesem Ergebnis vermag auch die seitens der Klägerin verlangte analoge Anwendung von Art. 82 Abs. 1 ATSG nichts zu ändern. Wie die Beklagte zu Recht einwendet, sind die Bestimmungen des ATSG auf die bundesrechtlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen (Art. 2 ATSG). Einer analogen Anwendung von Art. 82 Abs. 1 ATSG steht überdies entgegen, dass sich aus dieser Übergangsbestimmung auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine allgemein gültigen intertemporalrechtlichen Schlüsse ziehen lassen (BGE 130 V 445 E. 1.2.1).

      4. Im Bereich der wirtschaftlichen Landesversorgung besteht eine enge Verschränkung zwischen öffentlichem und privatem Recht (E. 4.2). Die Selbsthilfeorganisationen der Importeure sind in dieser Ordnung als privatrechtliche Körperschaften organisiert, welche im Rahmen der obligatorischen Pflichtlagerhaltung in erster Linie private Zwecke verfolgen. Die Schadloshaltung der Lagerpflichtigen mittels Bildung von Garantiefonds ist daher keine öffentliche Aufgabe und sie geschieht auch nicht im Auftrag des Bundes (vgl. Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 29. April 1955, BBL 1955 I 805 832 [nachfolgend: Botschaft aKVG]; Botschaft aLVG, 425; Botschaft Totalrevision LVG, 7141). Die einschlägigen Haftungsregelungen finden sich aus diesem Grund auch nicht auf Stufe Gesetz oder Verordnung, sondern in den privatrechtlichen Vereinsregularien (E. 4.7).

    1. Damit ist der zeitliche Geltungsbereich der privatrechtlichen Vereinsregularien zu bestimmen. Bei der Auslegung von Statuten wendet das Bundesgericht bei einer geringen Gesellschafterzahl in der Regel das Vertrauensprinzip an. Bei Gesellschaften mit einem breit gestreuten Aktionärskreis können hingegen auch die Grundsätze der Gesetzesinterpretation Anwendung finden (BGE 140 III 349 E. 2.3; 107 II 179 E. 4c; Urteil des BGer

      4A_344/2017 vom 21. Dezember 2017 E. 3.1; 107 II 179 E. 4c; offengelassen in: BGE 114 II 193 E. 5a).

      Das Bundesgericht hat in Bezug auf die dogmatische Einordnung der vereinsrechtlichen Regularien in BGE 135 II 38 festgehalten, dass den Regle-

      menten der Beklagten zwar allenfalls ein gewisser generell-abstrakter Charakter zukäme, es diesen aber an der Hoheitlichkeit fehle. Die Beklagte zähle auch nicht zu den Verwaltungsträgern mit Rechtsetzungsbefugnissen (E. 4.5). Angesichts dieser dogmatischen Einordnung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anzahl der Mitglieder der Beklagten überschaubar ist, sind deren intertemporalrechtliche Bestimmungen gestützt auf das Vertrauensprinzip auszulegen.

    2. Nach dem Vertrauensprinzip hat die Partei ihre Erklärung so gelten zu lassen, wie sie von der Adressatin nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste (BGE 143 III 157 E. 1.2.2; 142 III 239 E. 5.2.1;

      142 V 466 E. 6.1; 138 III 659 E. 4.2.1; je mit Hinweisen).

    3. Das derzeit gültige Reglement vom 28. Juni 2011 (Stand 14. Juni 2018) enthält in Ziffer 38 (Inkrafttreten) folgende Bestimmung:

      "Dieses Reglement ersetzt dasjenige vom 1. Juli 2000 und setzt alle Beschlüsse, die im Widerspruch zu den vorliegenden Bestimmungen stehen, ausser Kraft."

      Die derzeit gültigen "Durchführungsbestimmungen zum Versicherungswesen der Beklagten sehen zur Inkraftsetzung das Folgende vor:

      "Sie ersetzten die Durchführungsbestimmungen vom 1. Januar 1996 sowie den Anhang "Versicherungen" zum Pflichtlagervertrag und setzen alle Beschlüsse, die im Widerspruch zu den Durchführungsbestimmungen stehen, ausser Kraft."

      Die Vorgängerversionen dieser Regularien enthalten analoge Regelungen zum Inkrafttreten der dannzumal revidierten Fassungen. Die in den zitierten Bestimmungen genannten "Beschlüsse" sind im vereinsrechtlichen Kontext zu sehen. Die Ausserkraftsetzung betrifft demnach alle durch die beschlussfähigen Organe (Art. 14 Abs. 3, Art. 15 Abs. 6 und Art. 11 Abs. 1 Ziff. 5 Statuten) gefassten Vereinsbeschlüsse, welche die Rechte und Pflichten der Mitglieder berühren.

      1. Die Regelung zur Inkraftsetzung der revidierten Vereinsbestimmungen ist gemäss deren Wortlaut dahingehend zu verstehen, dass gerade keine umfassende Rückwirkung angestrebt worden ist. Das gegenteilige,

        von der Klägerin vertretene Verständnis, wonach die neuen, für sie günstigeren Regularien anwendbar seien, verletzt das Prinzip der Gleichbehandlung aller Mitglieder in Bezug auf die statutarisch festgelegte Schadloshaltung (Art. 2 Bst. b Statuten). Die Statutenund weiteren Regularien der Selbsthilfeorganisation verfolgen den Zweck, den Vereinsmitgliedern unter gleichen Voraussetzungen die gleichen Belastungen aufzuerlegen und die gleichen Vorteile zu gewähren. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder bei der Schadloshaltung aus der Pflichtlagerhaltung verbietet es damit, einem Mitglied den Genuss von Vorteilen zu verschaffen, welche die Beklagte nicht auch ihren anderen Mitgliedern gewährt, die sich in der gleichen Lage wie die Klägerin befinden. Würden die Mitglieder in Bezug auf die Schadloshaltung unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie den unversicherbaren Eigenschaden sofort nach Schadenseintritt bzw. Ablehnungsentscheid des Versicherers oder erst Jahrzehnte später anmelden, hätte dies schwere Benachteiligungen zur Folge. Diejenigen Mitglieder, die wie die Klägerin mit der Geltendmachung ihres Eigenschadens zuwarten, würden zunächst von den günstigeren regulativen Rahmenbedingungen profitieren. Gleichzeitig macht die Klägerin mit ihrer auf die Gegenwart bezogenen Verkehrswertschätzung (Berechnungsgrundlage 2013–2017) von mindestens Fr. 3'390'000.– auch eine Wertsteigerung des Grundstücks geltend, welche zu Lasten der anderen Mitglieder geht und bei reglementskonformer Anmeldung des Eigenschadens ausser Frage gestanden hätte (nachfolgend: E. 5.5). Ein triftiger Grund für diese Ungleichbehandlung ist aus vereinsrechtlicher Perspektive nicht ersichtlich.

      2. Der Auffassung der Klägerin, wonach ausschliesslich die heute gültigen Regularien anwendbar seien, ist demnach nicht zu folgen. Weder der allgemeine Sprachgebrauch noch der vereinsrechtliche Zweck (Art. 2 Bst. b Statuten) legen eine solches Verständnis nahe. Nach dem Gesagten ist der konkrete Sachverhalt, der sich abschliessend vor dem Inkrafttreten der neuen Vereinsregularien ereignet hat (E. 4.3.1), gestützt auf das Vertrauensprinzip nach den im Zeitpunkt des Schadenseintritts geltenden Haftungsbestimmungen zu beurteilen.

4.7 Im Zeitpunkt des Schadenfalls vom 19. Juni 1977 standen folgende Regularien in Kraft:

  1. die Statuten aus dem Jahr 1960;

  2. das Reglement I vom 11. Januar 1965 inkl. Versicherungsbestimmungen des Reglements I gemäss Beschluss des Vorstandes vom 2. Mai und 27. Oktober 1972;

  3. das Reglement II vom Oktober 1976 der Beklagten (mittlerweile aufgehoben; betrifft die freiwillige Pflichtlagerhaltung von Händlern); und

  4. das Regulativ über den Fonds der Beklagten für unversicherbare Risiken vom 8. November 1971 (mittlerweile aufgehoben).

5.

    1. Die Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen ist grundsätzlich Sache der Privatwirtschaft. Der Bund wird nur subsidiär tätig (Art. 3 LVG; Botschaft Totalrevision LVG, 7131). In diesem Sinne legt Art. 21 Abs. 2 LVG fest, dass eine Kostenübernahme durch den Bund gegenüber den privaten Trägerschaften nur subsidiär zum Tragen kommt. Bereits die zum Schadenszeitpunkt gültige Fassung des Gesetzes liess sich von diesem Grundsatz leiten und beschränkte sich auf eine nicht zwingende Haftungsregelung (Art. 10 Abs. 1 aKVG). Nach dem Willen des Gesetzgebers erfolgt die Lagerhaltung auf Rechnung und Gefahr des Lagerpflichtigen (Botschaft aKVG, 827).

    2. Bilden Wirtschaftszweige zur Deckung der Lagerkosten und zum Ausgleich von Preisschwankungen auf Pflichtlagerwaren zweckgebundene private Sondervermögen (Garantiefonds), so müssen diese von einer privaten Trägerschaft und getrennt von deren Vermögen verwaltet werden (Art. 16 Abs. 1 LVG). Die Bildung, Verwaltung, Anpassung und Aufhebung eines Garantiefonds sowie die Statuten der privaten Trägerschaft bedürfen der Genehmigung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (Art. 16 Abs. 2 LVG). Muss gemäss Pflichtlagervertrag ein Lagerpflichtiger sich an der Äufnung eines Garantiefonds beteiligen und Mitglied der verwaltenden Trägerschaft werden, so ist diese verpflichtet, den Lagerpflichtigen als Mitglied aufzunehmen (Art. 16 Abs. 3 LVG). Das BWL beaufsichtigt die Garantiefonds und ihre Trägerschaften (Art. 17 LVG und Art. 22 der Verordnung über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 10. Mai 2017 [VWLV; SR 531.11]). Nach der früheren Kompetenzordnung unterlagen die Statuten von Körperschaften, welche solche Vorkehren zur Deckung der Lagerkosten und des Preisrisikos durchführten, der Genehmigung durch den Bundesrat (Art. 9 Abs. 8 aKVG

      i.V.m. Art. 1 aVKVG).

    3. Weder Gesetz noch Verordnung regeln, unter welchen Voraussetzungen Mitgliedern von Pflichtlagerorganisationen oder Dritten Vergütungen aus den Garantiefonds ausgerichtet werden. Art. 22 Abs. 1 VWLV sieht vor, falls von einer Pflichtlagerorganisation Garantiefonds eingerichtet und die damit verbundenen Aufgaben einer privaten Trägerschaft übertragen werden, in den Statuten der Trägerschaft festzuhalten ist, nach welchen Grundsätzen die Beiträge erhoben und die Vergütungen an die Pflichtlagerhalter zur Deckung der Lagerkosten und zum Ausgleich von Preisschwankungen sowie zur Amortisation der Pflichtlagerwaren ausgerichtet werden. Eine entsprechende Minimalanforderung an den Statuteninhalt fand sich bereits in der Verordnung zum aKriegsvorsorgegesetz (Art. 7 Abs. 2 aVKVG).

    4. Nach Art. 2 Bst. b der Statuten aus dem Jahr 1960 bezweckt die Beklagte den Schutz ihrer Mitglieder gegen finanzielle Verluste aus der Pflichtlagerhaltung. Diese Zweckbestimmung ist in die aktuell gültigen Statuten (Art. 2 Bst. b Satz 1) übernommen worden. Um diesen Schutz zu gewährleisten, bildet die Beklagte im Einvernehmen mit dem zuständigen Departement einen Fonds für unversicherbare Risiken oder vom Bund nicht gedeckte Risiken (Art. 3 Statuten). Für unversicherbare Risiken gelten gemäss den Verweisungsnormen im Reglement I bzw. in den Versicherungsbestimmungen vom 11. Januar 1965 (Art. 35 Bst. d Ziff. 1) und im Reglement II vom Oktober 1965 (Art. 26 Abs. 2) die einschlägigen Bestimmungen des Regulativs über den Fonds der B. für unversicherbare Risiken (nachfolgend: Regulativ).

    5. Ziffer 2.6 des Regulativs beschränkt die Haftung auf die anfallenden Kosten für die Wiederherstellung und Wiederbeschaffung der durch das unversicherbare Schadenereignis betroffenen Objekte und Waren, höchstens jedoch im Umfang des von der Beklagten im Zeitpunkt des Schadeneintritts anerkannten durchschnittlichen Erstellungspreises pro Kubikmeter für Benzin bzw. Heizöl-Tankanlagen sowie der festgelegten durchschnittlichen Wiederbeschaffungspreise für Warenbestände.

Eine Entschädigungsleistung kann erst beansprucht werden, wenn alle anderen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegenüber Versicherungen oder Drittverantwortlichen durch die vom Schaden betroffene Firma ausgeschöpft sind (Ziffer 2.7 Regulativ). Alle Ansprüche aus unversicherbaren Risiken müssen spätestens innert 14 Tagen nach Feststellung des Scha-

dens bzw. nach Ablehnung durch die Versicherungsgesellschaft der Beklagten schriftlich gemeldet werden, widrigenfalls eine Entschädigungsleistung entfällt (Ziffer 3.1 Regulativ).

Ein Haftungsausschluss ist vorgesehen für Schäden, die zurückzuführen sind auf Grobfahrlässigkeit oder Zuwiderhandlung gegen gesetzliche Vorschriften oder Nichtbeachtung von reglementarischen Vorschriften und Anordnungen der Beklagten, begangen durch eine mit geschäftsführenden Funktionen betraute Person der vom Schaden betroffenen Firma, sowie für Schäden, deren Übernahme die Versicherungs-Gesellschaft wegen grobfahrlässiger Verletzung vertraglicher Obliegenheiten bzw. gesetzlicher oder vertraglicher Sicherheitsvorschriften ganz oder teilweise ablehnt (Ziffer 2.3 Regulativ).

6.

    1. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob für die eingeklagte Schadenersatzforderung die Verjährung eingetreten ist oder nicht.

      1. Die Klägerin vertritt in ihrer Klageschrift den Standpunkt, die hier strittige Schadenersatzforderung sei eine bedingte Forderung im Sinne von Art. 151 OR. Die Beklagte werde erst dann haftbar, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass tatsächlich ein nicht versicherbarer Schaden vorliege. In diesem Zusammenhang sei entscheidend, dass Eigenschäden an Grundstücken – mit Ausnahme von Massnahmen zur Abwendung von Gefahr einer Schädigung Dritter – nicht versicherbar seien. Aus diesem Grund sei für den Beginn der Verjährungsfrist derjenige Zeitpunkt massgeblich, in welchem als erstellt gelten konnte, dass eine Gefährdung des Eigentums Dritter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte. Der eingeklagte Anspruch sei folglich nicht vor dem 6. Mai 2011 fällig geworden und damit nicht verjährt.

        In ihrer Replik führt die Klägerin aus, der im Verhältnis zu weiteren Drittverantwortlichen subsidiäre Anspruch gegenüber der Beklagten entstehe erst, wenn die Möglichkeiten einen Primäranspruch geltend zu machen, ausgeschöpft seien. Diese Bedingung sei jedoch erst am 29. Oktober 2018 mit dem ablehnenden Beschluss der Beklagten erfüllt gewesen. Vorgängig zu diesem Beschluss habe die Tanklagerbetreiberin bei der Beklagten mit Schreiben vom 13. September 2006 einen unversicherbaren Schaden gel-

        tend gemacht. Weil zu diesem Zeitpunkt aber noch immer mit einer auftretenden Gefährdung des Grundwassers zu rechnen gewesen sei, habe die Beklagte am 7. Juni 2007 eine Haftung abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte ihre Ablehnungsgründe nicht mit materiell-rechtlichen Erwägungen, sondern mit der Subsidiarität ihrer Haftung begründet. In der Folge habe sich die Klägerin auf Wunsch der Beklagten bemüht, Verhandlungen mit möglichen Dritthaftpflichtigen zu führen. Anlässlich der Sitzung mit der Beklagten vom 26. Januar 2018 sei schliesslich vereinbart worden, dass die Klägerin eine formelle Forderungseingabe an die Beklagte richten solle. In ihrem abschlägigen Bescheid vom 29. Oktober 2018 sei die Beklagte schliesslich auf ihren Eventualantrag, diese solle festlegen, ob und in welchem Umfang die Klägerin gegen Versicherungsgesellschaften oder Drittverantwortliche einen Prozess auf Kosten der Beklagten zu führen habe, nicht eingegangen.

        Mit unaufgefordert eingereichter Triplik vom 17. Juli 2019 trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, in den Regularien werde definiert, wann bzw. unter welchen Bedingungen die Entschädigungsleistung gefordert werden könne. Gemäss dem auch im Verwaltungsrecht geltenden Art. 75 OR bestimmten primär die Beteiligten den Zeitpunkt und die Voraussetzungen des Verjährungseintritts.

      2. Die Beklagte erhob mit Klageantwort die Einrede der Verjährung. Gleichzeitig machte sie eine verspätete Schadensanmeldung geltend. Aufgrund des Vorfragecharakters der Verwirkungsund Verjährungsproblematik thematisiert sie namentlich den Beginn der absoluten Verjährungsfrist von 10 Jahren. Die Beklagte bringt hierzu im Wesentlichen vor, ein allfälliger Anspruch von Pflichtlagerhaltern gegenüber der Beklagten entstehe in dem Zeitpunkt, in welchem der Pflichtlagerhalter einen nicht versicherbaren Schaden erleide, der aus der Pflichtlagerhaltung stamme. Vorliegend sei dieser Zeitpunkt der 19. Juni 1977. Die Unversicherbarkeit eines Risikos ergebe sich entweder daraus, dass von vornherein keine Versicherung zur Verfügung stehe, welche für die Deckung eines bestimmten Schadens in Frage komme oder daraus, dass ein Versicherer die Kostenübernahme für einen angemeldeten Schaden ablehne. Ob ein Schaden versichert sei oder nicht, lasse sich bereits unmittelbar nach Eintritt des Schadens feststellen. Die bestrittene Forderung wäre im Zeitpunkt des Schadenseintritts vom 19. Juni 1977 fällig geworden, weshalb die Verjährungsfrist am

  1. Juni 1987 [sic!] abgelaufen sei.

    Im Sinne einer Eventualbegründung weist die Beklagte darauf hin, es sei spätestens mit der Vereinbarung vom 2. Februar 1984 zwischen dem Kanton Zürich und der (…) Versicherung klar gewesen, dass die Kontaminierung des Grundstücks wegen der Versiegelung keine Gefahr für das Grundwasser oder für sonstige Gewässer mehr darstelle. Damit sei die verbleibende Kontaminierung des Grundstücks als nicht versicherbarer Eigenschaden der Tanklagerbetreiberin erstellt gewesen. Diese Tatsache habe die Klägerin anlässlich ihres ersten Antrags um Kostenübernahme im Jahr 2006 auch anerkannt. Die periodischen Überwachungsmassnahmen bis im Mai 2011 seien erst im Zusammenhang mit dem Rückbau der Tankanlagen angeordnet worden, insbesondere wegen der seitens der Klägerin geplanten Entfernung der Versiegelung, welche schliesslich doch nicht erfolgt sei. Es sei somit spätestens im Februar 1984 klar gewesen, dass der Tanklagerbetreiberin einen unversicherbaren Eigenschaden erlitten habe. Die Verjährung sei daher im Februar 1994 eingetreten.

      1. Zwischen den Parteien ist hinsichtlich der Verjährung der Schadenersatzforderung zu Recht unbestritten, dass hierfür nicht öffentlich-rechtliches Verjährungsrecht, sondern die privatrechtlichen Regelungen massgeblich sind. Strittig ist hingegen der Zeitpunkt, an welchem die Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat.

      2. Eine ausservertragliche Haftung steht vorliegend ausser Frage, da die Haftung der Beklagten für Schäden aus der Pflichtlagerhaltung zugunsten der Mitglieder unmittelbar aus den Statuten und ihren Regularien folgt (E. 5.4). Für die Ermittlung der Verjährungsfrist ist folglich nicht Art. 60 OR heranzuziehen, sondern auf Art. 127 ff. OR abzustellen.

      3. Die Möglichkeit, eine Schadenersatzforderung gerichtlich durchzusetzen, ist zeitlich begrenzt (VITO ROBERTO, Haftpflichtrecht, 2. Aufl. 2018, Rz. 19.01). Die Verjährung gewährt dem Schuldner die Möglichkeit, sich nach einem bestimmten Fristenlauf der Durchsetzung einer Forderung zu widersetzen, indem er die Verjährungseinrede erhebt. Sie beschlägt weder den Bestand noch die Entstehung einer Forderung, sondern allein deren Durchsetzbarkeit (BGE 137 III 16 E. 2; 133 III 6 E. 5.3.4; je mit Hinweisen). Nach Art. 127 Abs. 1 OR verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nichts anderes bestimmt, mit dem Ablauf von zehn Jahren. Für vertragliche Ansprüche läuft die zehnjährige allgemeine Verjährungsfrist von der Fälligkeit der Forderung an (Art. 127 OR i.V.m. Art. 130 Abs. 1 OR). Die Verjährung darf vom Richter nicht von Amtes wegen berücksichtigt werden (Art. 142 OR). Es obliegt dem Schuldner, den Eintritt die Verjährung

        durch eine formund fristgerecht erhobene Einrede zu behaupten. Im Gegensatz zur Verjährung ist die Verwirkung als Einwendung ausgestaltet, die das Gericht von Amtes wegen zu berücksichtigen hat. Die Verwirkung beschlägt aber nicht die gerichtliche Durchsetzbarkeit eines Anspruchs, sondern führt zum Untergang (Erlöschen) des subjektiven Rechts (CLAIRE HUEGENIN, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2019, Rz. 2222).

        Der Zeitpunkt der Fälligkeit kann sich aus der Vereinbarung von Parteien zur Erfüllungszeit oder aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergeben. Solange dies nicht der Fall ist, tritt die Fälligkeit gemäss Art. 75 OR sogleich, d.h. im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung ein (ISABELLE WILDHABER/SEVDA DEDE, in: Berner Kommentar, Die Verjährung, Art. 127–142 OR, 2021, N. 16 zu Art. 130 OR [zit: BK–WILDHABER/DEDE]; ROBERT

        K. DÄPPEN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 7. Aufl. 2020,

        N. 6 zu Art. 130 OR). Die Verjährungsfrist beginnt auch zu laufen, wenn die Gläubigerin keine Kenntnis von der Forderung oder von deren Fälligkeit hat (BGE 136 V 73 E. 4.1; 119 II 216 E. 4a f.).

      4. Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritt einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen (Art. 151 Abs. 1 OR). Bei einer aufschiebend bedingten Forderung, wonach die Entfaltung der Rechtswirkung des Vertrags mit Eintritt der Bedingung erfolgt, beginnt der Lauf der Verjährungsfrist frühestens zum Zeitpunkt der Erfüllung dieser Bedingung, da der Anspruch aus diesen Forderungen erst zu diesem Zeitpunkt entsteht (BGE 128 III 212 E. 3d; Urteile des BGer 4A_211/2008 vom 3. Juli 2008 E. 4.3; 4A_267/2007 vom 24. Oktober 2007 E. 11.2; BK-WILD-

        HABER/DEDE, N 18 zu Art. 130 OR). Mit Bedingungen können nicht bloss Verträge und Forderungen, sondern grundsätzlich alle Rechtsgeschäfte verknüpft werden (HUEGENIN, a.a.O., Rz. 1278). Ist die Ungewissheit aber bloss subjektiver Natur, so reicht diese zur Anwendung von Art. 151 OR nicht aus (HEINRICH HONSELL, Kurzkommentar OR, 2014, N 5 zu Art. 151 OR).

      5. Nach Ziffer 2.7 des Regulativs kann eine Entschädigungsleistung aus dem Fonds erst beansprucht werden, wenn alle anderen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegenüber Versicherungen oder Drittverantwortlichen durch die vom Schaden betroffene Firma ausgeschöpft worden sind (Abs. 1). Ob im Falle zweifelhafter Rechtslage für Ansprüche gegenüber Versicherungsgesellschaften oder Drittverantwortlichen Prozess zu führen ist, bevor die Entschädigungsleistung durch den Fonds zu erfolgen hat,

    entscheidet, nach vorgängiger Beurteilung durch die Versicherungskommission, der Vorstand der B. . Allfällige Kosten der von der B. veranlassten Prozesse gehen, soweit sie nicht anderweitig eingebracht werden können, zu Lasten des Fonds (Abs. 2). Diese Regelung hängt von einer entsprechenden, im konkreten Einzelfall abzugebenden Willenserklärung der Klägerin ab, alle Ansprüche aus unversicherbaren Schadenereignissen innert 14 Tagen nach Feststellung des Schadens bzw. nach dessen Ablehnung durch die Versicherungsgesellschaft der

    B.

    schriftlich zu melden, widrigenfalls eine Entschädigungsleis-

    tung entfällt (Ziffer 3.1 Regulativ). Analoge Regelungen zur grundsätzlichen Subsidiarität der Haftung und zum Meldezeitpunkt finden sich auch in den aktuell gültigen Durchführungsbestimmungen zum Versicherungswesen (Art. 11 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 2).

        1. Aus dem Wortlaut dieser privatrechtlichen Regelung folgt eine grundsätzliche Verpflichtung zur Inanspruchnahme möglicher Versicherungen oder Drittverantwortlichen, bevor die Fonds der Beklagten als Haftungssubstrat für unversicherbare Schäden in Anspruch genommen werden können. Diese Regelung zielt nicht auf ein objektiv ungewisses Ereignis, das in der Zukunft liegt (E. 6.6), sondern weist vielmehr den Charakter einer Vertragsoder allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) auf, welche die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien verbindlich regelt.

        2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die subsidiäre Haftbarkeit der Beklagten gemäss Wortlaut von Ziffer 2.7 des Regulativs nicht an den Eintritt eines ungewissen zukünftigen Ereignisses geknüpft, sondern an objektiv gewisse Tatsachen gebunden, die in der Vergangenheit liegen. Zu diesen objektiven Tatsachen gehören einerseits der Schadensfall vom

  2. Juni 1977 und anderseits die durch die D. AG abgeschlossene, im Schadenszeitpunkt gültige Betriebs-Haftpflichtversicherung (Police-Nr. […]). Nach Art. 12 Bst. a der Allgemeinen Bedingungen (AVB) erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf Ansprüche für Schäden, die Personen des Versicherungsnehmers oder ihm gehörende Sachen betreffen (Eigenschäden). Dass Eigenschäden vom Versicherungsschutz grundsätzlich ausgenommen sind, stand damit bereits unmittelbar nach Eintritt des Schadenereignisses vom 19. Juni 1977 fest.

      1. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, wonach die Verjährungsfrist ab dem Tag des Schadenseintritts läuft, stützt sich auf eine objektive Tatsache. Allerdings wird gemäss Ziff. 2.1 in Verbindung mit Ziff. 2.7 und Ziff. 3.1 des Regulativs solange keine Leistungspflicht der Beklagten

        begründet, als nicht der (subsidiäre) Versicherungsfall eingetreten ist. Hätte die Beklagte für den Eintritt des Versicherungsfalls alleine auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts abstellen wollen, wären die Formulierungen "wenn alle anderen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegenüber Versicherungen […] ausgeschöpft worden sind" bzw. "innert 14 Tagen" […] "nach dessen Ablehnung durch die Versicherungsgesellschaft" (Ziff. 2.7 und Ziff. 3.1 Regulativ) nicht zeitlich relativ formuliert worden. Es kann hinsichtlich des Fristbeginns der Verjährung daher nicht verlangt werden, dass die Geschädigte innerhalb von 14 Tagen nach Schadenseintritt ihren Eigenschaden gegenüber der Beklagten geltend macht, wenn noch gar nicht feststeht, in welchem Umfang notwendige Sanierungsmassnahmen zum Grundwasserschutz zu Lasten des Haftpflichtversicherers angeordnet werden. Denn im Falle einer behördlich angeordneten vollständigen Sanierung aus Gewässerschutzgründen hätte sich die Frage nach einem Eigenschaden in dieser Weise nicht gestellt. Die Verjährungsfrist beginnt im vorliegenden Fall daher nicht vor dem Tag zu laufen, an dem das geschädigte Mitglied den subsidiären Versicherungsfall bei der Beklagten geltend machen konnte.

      2. Das Abstellen auf den Eintritt des subsidiären Versicherungsfalls für den Beginn der Verjährungsfrist bedeutet indessen nicht, dass diese relative Frist ins alleinige Belieben der Klägerin zu stellen wäre. Dies würde einerseits dem Grundsatz von Treu und Glauben und andererseits dem Zweck der Verjährung – dem öffentlichen Interesse an Rechtssicherheit – zuwiderlaufen (vgl. BGE 90 II 437 E. 8).

      3. Das AGW stellte am 8. Juli 1977 fest, dass durch die eingeleiteten Sofortmassnahmen bis zum 5. Juli 1977 rund 100'000 Liter Öl abgepumpt und zurückgewonnen werden konnten. Um die Ausbreitung des Heizöls im Untergrund sowie den geologisch-hydrologischen Aufbau des Bodens zu untersuchen, wurden Sondierbohrungen in Angriff genommen und Experten beigezogen. Die dadurch entstandenen Kosten wurden der D. AG überbunden. Ferner wurde die Eigentümerin des Tanklagers für die in Zukunft notwendigen Massnahmen haftbar gemacht. Dieser Kostenentscheid wurde durch die Baudirektion des Kantons Zürich, den Regierungsrat des Kantons Zürich und das Bundesgericht gestützt (Urteil des BGer vom 7. Oktober 1981). Die vom AWG am 20. Mai 1983 in Rechnung gestellten effektiven Sanierungskosten (inkl. Zins) beliefen sich auf Fr. (> 1 Mio.). In der Folge vereinbarten die Haftpflichtversicherung der D. AG und der Kanton Zürich am 2. Februar 1984 die pauschale Abgeltung der Sanierungskosten durch die Versicherungsgesellschaft im

        Betrag von Fr. (> 1 Mio.). Die Vereinbarung enthielt bezüglich dieser Kosten eine Saldoerklärung. Gemäss Verfügung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 7. August 2008 lautete bereits der ursprüngliche KbS-Eintrag (vor dem Rückbau des Tanklagers) "Belasteter Standort ohne schädliche Einwirkung". Damit stand für die Klägerin nach Abschluss der Sanierungsarbeiten, welche eine Begrenzung des Schadens bewirkten bzw. nach der Vereinbarung vom 2. Februar 1984 betreffend Kostentragung durch den Haftpflichtversicherer und den Kanton Zürich fest, dass mit der verbleibenden Restkontamination ein unversicherbarer Eigenschaden und der subsidiäre Versicherungsfall gemäss Ziffer 2.7 und 3.1 des Regulativs eingetreten war. Dieser Zeitpunkt kann nicht durch die Hinzufügung subjektiver Elemente wie die im Jahr 2006 beabsichtigte Entsiegelung und Totalsanierung samt Verkauf des Grundstücks beliebig ergänzt und hinausgezögert werden. Der Verjährungseintritt bestimmt sich demnach nicht nach dem subjektiv begründeten Datum des Ablehnungsbeschlusses vom 29. Oktober 2018. Der Verjährungsbeginn ist objektiv zu bestimmen und setzt im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls mit dem 2. Februar 1984 ein.

      4. Die Leistung für den unversicherbaren Eigenschaden hätte nach dem Gesagten am 2. Februar 1984 eingefordert werden können. Bei der Berechnung der Frist ist der Tag, von dem an die Verjährung läuft, nicht mitzurechnen und diese ist erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der letzte Tag unbenützt verstrichen ist (Art. 132 OR): Die Klägerin hat gemäss ihrer eigenen Sachdarstellung zwischen 1984 und 1994 keine verjährungsunterbrechenden Massnahmen ergriffen. Die Schadenersatzforderung ist demnach am 2. Februar 1994 verjährt.

    1. Da die Verwirkung von Amtes wegen beachtet werden muss, ist anzumerken, dass die Schadenersatzforderung auch verwirkt und damit untergegangen ist (vgl. E. 6.4).

      1. Mit Schreiben vom 24. Juni 1977 teilte die Klägerin der Beklagten unter dem Titel "Maschinenbruchversicherung" mit, dass aus dem durch Sabotageakt geöffneten Tank Nr. (…) 223'823 kg Heizöl extraleicht ausgelaufen seien und die Behörden die Rückgewinnung des Heizöls aus dem Boden veranlasst hätten. Die Klägerin stellte der Beklagten in Aussicht, nach Abschluss der Heizölrückgewinnungsbemühungen die Berechnung ihres Nettoverlustes zu melden. Die Maschinenbruchversicherung der Beklagten bezahlte der Klägerin in der Folge rund Fr. (…) für das verlustige gegangene Produkt. Gemäss Aktenlage hat die Klägerin bis zum 4. Juli 1977 (Zif-

        fer 3.1. Regulativ) weder bei der Beklagten die reglementarisch vorgesehene Erklärung zu ihrem unversicherbaren Eigenschaden abgegeben, noch innert angemessener Frist entsprechende Abklärungen in Bezug auf ihre Betriebs-Haftpflichtversicherung in die Wege geleitet. Eine diesbezügliche Besprechung fand erstmals am 31. Mai 2017 statt, anlässlich derer der Rechtsvertreter der Versicherungsgesellschaft insbesondere erklärte, es liege ein nicht versicherbarer Eigenschaden und kein Haftpflichtfall vor. Diese rechtliche Qualifikation des Schadens hat die Tanklagerbetreiberin gegenüber der Beklagten aber bereits mit Schreiben vom 13. September 2006 vertreten. Ihr Argument, "eine Gefährdung des Eigentums Dritter [sei] mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" vor dem 6. Mai 2011 nicht auszuschliessen gewesen, läuft damit ins Leere.

      2. Soweit die Klägerin eine Rechtsverletzung darin sieht, dass die Beklagte für den Beginn der Verwirkungsfrist auf den Eintritt des Schadens abstellt, ist ihr entgegenzuhalten, dass die relative Verwirkungsfrist von Ziffer 3.1 des Regulativs (Eintritt des subsidiären Versicherungsfalls) nicht als zeitlich unbefristete Option zur Abgabe einer einseitigen Willenserklärung verstanden werden kann. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die eine Wiederherstellung der Verwirkungsfrist rechtfertigen würden. Denn es ist ihrem eigenen Untätigbleiben während der Dauer von über 25 Jahren geschuldet und lag nicht in unüberwindlichen, ausserhalb ihrer Verantwortung liegenden Gründen, den aus ihrer Sicht unsicheren Anspruch mit ihrer Haftpflichtversicherung rechtzeitig abzuklären und gegebenenfalls geltend zu machen. Würde der Ansicht der Klägerin gefolgt, wäre der Beginn der Verwirkungsfrist allein von ihrem Willen abhängig und könnte beliebig in die Zukunft hinausgeschoben werden. Spätestens am 2. Februar 1984, als die zum Schutz des Grundwassers notwendige Teilsanierung abgeschlossen, das Grundstück versiegelt war und sich der Kanton Zürich mit der Haftpflichtversicherung der geschädigten Tanklagereigentümerin über die Kostentragung geeinigt hatte, musste diese von einem unversicherbaren Eigenschaden am restkontaminierten Grundstück ausgehen. Dass die Klägerin bzw. die direktgeschädigte Tanklagerbetreiberin innert 14 Tagen nach Feststellung dieses Eigenschadens der Beklagten diesen gemeldet hätte (Ziffer 3.1 Regulativ), geht aus den Akten nicht hervor und wurde auch nicht behauptet. Die eingeklagte Schadenersatzforderung ist folglich durch die eingetretene Verwirkung überdies erloschen.

7.

    1. Der Beschluss der Beklagten vom 29. Oktober 2018 ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden und erweist sich als rechtmässig.

      Die Klage ist demnach abzuweisen.

    2. Ob der Klägerin angesichts der langjährigen und im Kerngehalt unbestrittenen Auszahlungspraxis der Beklagten zugunsten mitgliedschaftlich nicht verbundenen Dritten eine gewisse Rechtssicherheitsposition und ein aktuelles schützenswertes Interesse an der Durchsetzung der Schadenersatzforderung ihrer direktgeschädigten Tochtergesellschaft zuzugestehen wäre, somit im vorliegenden Verfahren überhaupt aktivlegitimiert wäre, kann unter diesen Umständen offenbleiben.

8.

    1. Die Gerichtsgebühr und die Parteientschädigung richten sich gemäss Art. 44 Abs. 3 VGG nach den Art. 63–65 VwVG, womit auch das Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE; SR 173.320.2) (sinngemäss) zur Anwendung gelangt (vgl. Art. 44 Abs. 3 VGG i.V.m. Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG; Urteile des BVGer B-6759/2019 vom 13. Oktober 2020 E. 8.1; B-8031/2015 vom 4. März 2019 E. 10).

    2. Gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG hat in der Regel die unterliegende Partei die Verfahrenskosten zu tragen. Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt bei Streitigkeiten mit Vermögensinteressen in der Regel zwischen Fr. 200.– und Fr. 50'000.– (Art. 63 Abs. 4bis Bst. b VwVG; Art. 2 Abs. 1, Art. 4 VGKE). Im vorliegenden Klageverfahren wurden ein doppelter Schriftenwechsel sowie eine Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung durchgeführt, wobei ein Beweisverfahren sich als nicht notwendig erwiesen hat und die Parteien auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet haben. Die Verfahrenskosten, die unter Berücksichtigung aller Umstände auf Fr. 25'000. bestimmt werden, sind daher vollumfänglich von der unterliegenden Klägerin zu tragen und aus dem geleisteten Kostenvorschuss im Betrag von insgesamt Fr. 27'000. nach dem Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu beziehen. Der Mehrbetrag von Fr. 2'000.– ist der Klägerin nach Eintritt der Rechtskraft zurückzuerstatten.

    3. Der ganz oder teilweise obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 VGKE). Die Rechtsvertretung der Beklagten hat keine Kostennote eingereicht. Die Entschädigung ist somit auf Grund der Akten und nach freiem gerichtlichen Ermessen zu bestimmen (Art. 14 Abs. 2 VGKE). Unter Berücksichtigung des umfangreichen und doppelt geführten Schriftenwechsels sowie der durchgeführten Vorbereitungsund Vergleichsverhandlung erachtet es das Bundesverwaltungsgericht als angemessen, der obsiegenden Beklagten zulasten der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 9'000.– (inkl. MwSt.) zuzusprechen. Dieser Betrag ist der Beklagten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu bezahlen.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 25'000.– werden der Klägerin auferlegt und nach Eintritt der Rechtskraft vom geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Der Mehrbetrag von Fr. 2'000.– wird der Klägerin nach Eintritt der Rechtskraft zurückerstattet.

3.

Der Beklagten wird zulasten der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 9'000.– (inkl. MwSt.) zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Klägerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Rückerstattungsformular);

  • die Beklagte (Gerichtsurkunde);

  • das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL.

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Vera Marantelli Katharina Niederberger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 28. September 2021

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