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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-1749/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts B-1749/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-1749/2020
Datum:16.08.2021
Leitsatz/Stichwort:Handelsregister- und Firmenrecht
Schlagwörter : Familie; Stiftung; Familien; Handelsregister; Familienstiftung; Vorinstanz; Zweck; Recht; Urteil; Quot;; Verfügung; Bundes; Eintragung; IEMER; Handelsregisteramt; RIEMER; Destinatäre; Gallen; Tagesregistereintrag; Stiftungsurkunde; BK-RIEMER; Zwecke; Genehmigung; Familienstiftungen; Bundesverwaltungsgericht; HRegV; SchlT; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 152 HRegV;Art. 173 HRegV;Art. 33 ZGB ;Art. 335 ZGB ;Art. 355 ZGB ;Art. 457 ZGB ;Art. 46 VwVG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 ZGB ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 80 ZGB ;Art. 88 ZGB ;Art. 938 OR ;Art. 939 OR ;Art. 94 OR ;
Referenz BGE:108 II 393; 120 Ib 474; 127 III 337; 132 III 470; 132 III 668; 135 III 614; 143 V 446; 144 III 285; 75 II 81; 93 II 439
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-1749/2020

U r t e i l v o m 1 6 . A u g u s t 2 0 2 1

Besetzung Richter David Aschmann (Vorsitz), Richter Marc Steiner,

Richter Martin Kayser, Gerichtsschreiberin Claudia Walz.

Parteien Familienstiftung A. ,

(…)

vertreten durch die Rechtsanwälte

Dr. Andreas Hünerwadel und Alessa Waibel, (…)

Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Justiz BJ,

Eidgenössisches Amt für das Handelsregister, Bundesrain 20, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Eintragung im Handelsregister des Kantons St. Gallen.

Sachverhalt:

A.

Mit Tagesregistereintrag Nr. (…) vom (…), gestützt auf eine Anmeldung vom (…), trug das Handelsregisteramt des Kantons St. Gallen die Beschwerdeführerin unter dem Namen "Familienstiftung A. " mit Sitz in Ebnat-Kappel und Urkundendatum vom (…) erstmals ins Handelsregister ein und übermittelte dies dem Eidgenössischen Amt für das Handelsregister (EHRA, nachfolgend "die Vorinstanz") zur Prüfung und Genehmigung.

B.

Am 1. November 2019 verweigerte die Vorinstanz die Genehmigung des Tagesregistereintrags mit der Begründung, der Errichtungsakt fehle, der zwingend im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen sei. Nachdem ihr die Stiftungsurkunde vom 17. Oktober 1939 nachgereicht worden war, teilte sie dem Handelsregisteramt St. Gallen mit E-Mail vom 28. November 2019 mit, der Zweck der Familienstiftung erfülle nicht die Voraussetzungen von Art. 335 Abs. 1 ZGB und weiche in wichtigen Fragen von dem am

31. Oktober 2019 eingetragenen Zweck ab.

C.

Mit Tagesregistereintrag Nr. (…) vom (…) trug das Handelsregisteramt St. Gallen die Familienstiftung A. erneut ein unter Angabe des Datums der ursprünglichen Stiftungsurkunde.

D.

Mit Verfügung vom 25. Februar 2020 verweigerte die Vorinstanz die Eintragung des Tagesregistereintrages Nr. (...) vom (...). Deren Dispositiv lautet wie folgt:

"1. Die Genehmigung des Tagesregistereintrags Nr. (...) vom (...) des Handelsregisteramts des Kantons St. Gallen wird verweigert.

2. [Eröffnung und Mitteilung]".

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an, der Stiftungszweck enthalte unzulässige Bestimmungen. Unzulässige Zwecke/Teilzwecke von Familienstiftungen liessen diese grundsätzlich nichtig bzw. teilnichtig werden. Ob ein unzulässiger Zweck/Teilzweck stattdessen geheilt werden könne liege in der ausschliesslichen Prüfungsbefugnis der Gerichte (angefochtene Verfügung, S. 2-5).

E.

Gegen diese Verfügung erhebt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom

  1. März 2020 Beschwerde mit folgenden Anträgen:

    "1. Es sei die Verfügung der Vorinstanz vom 25. Februar 2020 betreffend den Tagesregistereintrag Nr. (...) des Handelsregisteramtes St. Gallen vom (...) aufzuheben und die Eintragung der Beschwerdeführerin gemäss Tagesregistereintrag Nr. (...) des Handelsregisteramtes St. Gallen vom (...) zu genehmigen;

    1. Eventualiter sei die Verfügung der Vorinstanz vom 25. Februar 2020 betreffend den Tagesregistereintrag Nr. (...) des Handelsregisteramtes des Kantons St. Gallen vom (...) aufzuheben und die Sache mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückzuweisen;

    2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zulasten der Vorinstanz."

F.

Mit Vernehmlassung vom 15. Mai 2020 hält die Vorinstanz an ihrer Begründung fest und erklärt sich im Übrigen als nicht befugt, Anträge zu den Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin zu stellen, da sie im Beschwerdeverfahren nicht Partei sei (Art. 33 Bst. d VGG, Art. 6 und 48 VwVG). Sie trägt zudem vor, sie könne den Tagesregistereintrag Nr. (...) des Handelsregisteramtes St. Gallen vom (...) nicht (erneut) genehmigen. Vielmehr setze eine gerichtlich angeordnete Genehmigung der Neueintragung der Beschwerdeführerin einen erneuten Neueintrag der Beschwerdeführerin voraus, für den das Handelsregisteramt St. Gallen zwingend eine neue Tagesregisternummer zu vergeben hätte. Im Übrigen weist sie darauf hin, sie sei keine Anstalt des Bundes, sondern ein Amt.

G.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um rechtshilfeweise Zustellung eines Feststellungsentscheids des Bezirksgerichts Höfe vom (…), welchen die Verfahrensparteien mit Verfügung vom

25. Mai 2020 zur Kenntnisnahme erhielten.

H.

Mit Replik vom 24. Juni 2020 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen im Wesentlichen fest. Sie betont, sie beantrage nicht die Eintragung der ursprünglichen Tagesregisternummer (...), sondern die Genehmigung der Eintragung gemäss besagtem Tagesregistereintrag.

I.

Mit Eingabe vom 20. Juli 2020 verzichtete die Vorinstanz auf die Einreichung einer ausführlichen Duplik und verweist im Wesentlichen auf ihre bisherigen Stellungnahmen.

J.

Auf weitere Vorbringen der Verfahrensbeteiligten und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, im Rahmen der folgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), sofern sie von einer Vorinstanz nach Art. 33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) erlassen worden sind (Art. 31 VGG). Die Vorinstanz ist eine Dienststelle des Bundes i.S.v. Art. 33 Bst. d VGG. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor.

    2. Die Vorinstanz erlässt eine beschwerdefähige Verfügung, wenn sie eine Eintragung ins Handelsregister endgültig verweigert (Art. 33 Abs. 4 der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 [HRegV, SR 221.411]). Diese kann, unabhängig davon ob sie sich auf öffentliches Recht des Bundes oder auf Bundesprivatrecht stützt, beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-6017/2012 vom 13. Juni 2013, E. 1.1; ADRIAN TAGMANN, in: Rino Sif-

      fert/Nicholas Turin [Hrsg.], Handelsregisterverordnung, Kommentar, Bern 2013, N 21 zu Art. 33). Die angefochtene Verfügung vom 25. Februar 2020 betrifft die endgültige Verweigerung einer Handelsregistereintragung (Tagesregistereintrag Nr. (...) vom (...) des Handelsregisteramtes St. Gallen) durch die Vorinstanz und ist somit vor Bundesverwaltungsgericht anfechtbar.

    3. Beschwerdeberechtigt ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG), wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat (Bst. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Bst. c). Die Beschwerdeführerin ist

      formelle und materielle Adressatin der angefochtenen Verfügung (TAGMANN, a.a.O., N 21 zu Art. 33), unmittelbar berührt und damit zur Beschwerde legitimiert.

    4. Eingabefrist und -form sind gewahrt (Art. 50 und 52 Abs. 1 VwVG), die Vertreter haben sich rechtsgenüglich ausgewiesen (Art. 11 VwVG), der Kostenvorschuss wurde fristgemäss bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 46 ff. VwVG).

Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

Der Gesetzgeber hat das Handelsregisterrecht modernisiert und die revidierten Bestimmungen des Obligationenrechts und der Handelsregisterverordnung per 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt ohne zugleich übergangsrechtliche Bestimmungen einzuführen. Sieht das Gesetz keine Übergangsbestimmungen vor, beurteilt sich das anwendbare Recht nach den allgemein gültigen intertemporalrechtlichen Grundsätzen von Art. 1 und 2 SchlT ZGB. Diese finden auch im öffentlichen Recht Anwendung (BGE 143 V 446

E. 3.3; MARKUS VISCHER, in: Geiser/Wolf [Hrsg.], Zivilgesetzbuch II, Art. 457-977 ZGB, Art. 1-61 SchlT ZGB, 6. Aufl. 2019, Art. 1 SchlT ZGB

Rz. 2 m.w.H.). Rechtliche Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingetreten sind, werden nach den Bestimmungen beurteilt, die zum Zeitpunkt dieser Tatsachen gegolten haben (Art. 1 Abs. 1 SchlT ZGB). Vor diesem Zeitpunkt vorgenommene Handlungen unterliegen in Bezug auf ihre Verbindlichkeit und ihre rechtlichen Folgen auch in Zukunft den bei ihrer Vornahme geltenden Bestimmungen (Art. 1 Abs. 2 SchlT ZGB). Eine Ausnahme gilt für Gesetzesnormen, die um der öffentlichen Ordnung oder Sittlichkeit willen aufgestellt sind (Art. 2 SchlT ZGB; BGE 144 III 285 E. 3.3). Folglich sind vorliegend das ZGB und das OR in ihren Fassungen anzuwenden, die im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung in Kraft waren (ZGB und OR, je in der Fassung vom 1. Januar 2020). Auch der bereits seit 1. Januar 2008 in Kraft getretene Art. 173 Abs. 2 HRegV sieht vor, dass Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung beim Handelsregisteramt zur Eintragung angemeldet wurden, altem Recht unterstehen. Sowohl nach dieser Norm wie nach den allgemeinen Grundsätzen von Art. 1 und 2 SchlT ZGB ist vorliegend die HRegV in der Fassung vom 1. Februar 2018 anzuwenden.

3.

    1. Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermögens für einen besonderen Zweck (Art. 80 ZGB). Die Sonderformeigenschaft einer Stiftung bestimmt sich nach Massgabe des vom Stifter vorgesehenen Zwecks, namentlich danach, welchen Personen die Stiftung zugutekommt, (BGE 93 II 439 E. 2; 75 II 88 E. 3; Urteil des BGer 5C.9/2001 vom 18. Mai 2001 E. 3d: HANS MICHAEL RIEMER, Die Stiftungen, Art. 80-89c ZGB, in:

      Berner Kommentar zum ZGB, 2. Aufl. 2020 [im Folgenden: BK-RIEMER], ST, N 157). Familienstiftungen unterscheiden sich von anderen Stiftungsformen durch ihren zweckweise auf Familienangehörige beschränkten Kreis von Destinatären (vgl. BK-RIEMER, ST, N 166).

    2. Seit dem 1. Januar 2016 erlangen Familienstiftungen ihre Rechtspersönlichkeit mit der Eintragung im Handelsregister (Art. 52 Abs. 2 ZGB e contrario). Die Eintragung ist konstitutiver Natur (vgl. MEISTERHANS/GWELESSIANI, in: Praxiskommentar zur Handelsregisterverordnung, 4. Aufl. 2021, Art. 94, N 439). Vor diesem Zeitpunkt durch Stiftungsurkunde errichtete Familienstiftungen sind verpflichtet sich innert fünf Jahren nach Inkrafttreten jener Bestimmung ins Handelsregister eintragen zu lassen (Art. 6b Abs. 2bis des SchlT ZGB; vgl. BK-RIEMER, ST, N 177; HAUSHEER/AEBI-MÜL-

      LER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 5. Aufl. 2020, N 1294; HAROLD GRÜNINGER, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Zivilgesetzbuch I, Art. 1-456 ZGB, 6. Aufl. 2018 [im Folgenden: BaK-GRÜNINGER], Art. 87 N 10). Die Rechtsfolge der Nichteinhaltung dieser Frist ist neu in Art. 938 f. OR statuiert und in Art. 152 f. HRegV konkretisiert (vgl. MEISTERHANS/GWELESSIANI, a.a.O. Art. 152, N 661; BKRIEMER, ST, N 177):

      Stellt das Handelsregisteramt einen Mangel in der gesetzlich als zwingend vorgeschriebenen Organisation von im Handelsregister eingetragenen, nicht der Aufsicht unterstellten Stiftungen fest, fordert es diese auf, ihn zu beheben und setzt ihr dazu eine Frist (Art. 939 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 152 Abs. 1 HRegV). Es weist auf die massgebenden Vorschriften sowie die Rechtsfolgen hin, die eintreten, wenn der Aufforderung keine Folge geleistet wird (Art. 152 Abs. 2 HRegV). Wird der Mangel nicht innerhalb der Frist behoben, so überweist es die Angelegenheit an das zuständige Gericht, welches die erforderlichen Massnahmen ergreift (Art. 939 Abs. 2 OR). Eine gültig errichtete Familienstiftung geht mit Ablauf der Übergangsfrist folglich nicht in das Stadium der Liquidation mit anschliessendem Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit über (vgl. BK-RIEMER, ST, N 177; MEISTERHANS/GWE-

      LESSIANI, a.a.O., Art. 94, N 439; BaK-GRÜNINGER, Art. 87 N 10; Praxismit-

      teilung EHRA 3/15 vom 23. Dezember 2015 [unter: <https://ehra.fenceit.ch> Praxismitteilungen], N 13).

    3. In der vorliegenden Stiftungsurkunde von 1939 bestimmen die Stifter ausschliesslich Familienangehörige zu leistungsberechtigten Destinatären (vgl. § 4 der Stiftungsurkunde von 1939). Sie wollten folglich eine Familienstiftung errichten (vgl. E. 3.1). Im Übrigen soll auch mit den neuen Statuten nichts am auf Familienangehörige beschränkten Kreis an Destinatären geändert werden, insofern liegt keine Konversion in eine gemischte Stiftung vor (vgl. angefochtene Verfügung Rz. 8, S. 5; E. 3.1). Als Familienstiftung ist die Beschwerdeführerin zur Eintragung im Handelsregister bis zum 31. Dezember 2020 verpflichtet (vgl. E. 3.2). Sie hat ihre Eintragung vor Ablauf dieser Frist beantragt.

4.

    1. Frei und mit umfassender Prüfungsbefugnis prüft der Registerführer des kantonalen Handelsregisteramts die formalrechtlichen, gesetzlichen Voraussetzungen der Eintragung (Art. 940 Abs. 1 aOR und Art. 28 aHRegV; Urteil des BGer 4A.4/2006 vom 20. April 2006 E. 2.2; ausführlich MARTIN ECKERT, in: Basler Kommentar zum Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016 [im Folgenden: BSK-ECKERT], Art. 940, N 14 ff.). Namentlich die Einhaltung der Normen, die unmittelbar die Führung des Handelsregisters betreffen (vgl. Urteil 4A_363/2013 E. 2.1).

      Mit einer auf die Einhaltung zwingender Gesetzesbestimmungen, die im öffentlichen Interesse oder zum Schutz Dritter aufgestellt sind, beschränkten Prüfungsbefugnis prüft er hingegen die materiellrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen (vgl. BGE 132 III 668 E. 3.1; Urteil 4A_363/2013

      E. 2.1; ausführlich BSK-ECKERT, Art. 940, N 18 ff., 24), insbesondere, ob die Statuten einer einzutragenden juristischen Person zwingenden Vorschriften widersprechen und den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt aufweisen (Art. 940 Abs. 2 aOR). Ausserhalb seiner Prüfungsbefugnis liegt folglich die Durchsetzung von Vorschriften, die weder unmittelbar die Führung des Handelsregisters betreffen noch zwingend sind oder nur private Interessen berühren. Für diese ist das Zivilgericht zuständig (BGE 132 III 668 E. 3.1; vgl. Urteil 4A_363/2013 E. 2.1; BSK-ECKERT, Art. 940, N 18).

    2. Mit einer ebenso beschränkten Prüfungsbefugnis (vgl. E. 4.1) prüft die Vorinstanz die Einträge der kantonalen Handelsregisterämter (vgl. BGE

      132 III 668 E. 3.1 m.w.H.; 100 Ib 37 E. 1; Urteil 4A_363/2013 E. 2.1, ferner

      Urteil 4A_363/2013 E. 2.2; Urteil 4A.4/2006 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 132 III 470 ff.). Sie genehmigt diese, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen (Art. 32 Abs. 1 aHRegV), und verweigert ihre Genehmigung, wenn die Eintragung formalrechtliche Eintragungsvoraussetzungen verletzt oder offensichtlich zwingenden Gesetzbestimmungen widerspricht, die im öffentlichen Interesse oder zum Schutz Dritter aufgestellt sind (vgl. E. 4.1). Im Übrigen bedarf die verweigerte Genehmigung nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen einer gesetzlichen Grundlage, eines öffentlichen Interesses, sie muss verhältnismässig und begründet sein (vgl. BSK-ECKERT, Art. 940 OR, N 9).

    3. Ist eine Stiftung errichtet, wird das Zweckvermögen zu einer juristischen Person, die dem Willen ihres Stifters bzw. der selbstbestimmten Verfügung ihrer Organe und Destinatäre entzogen ist (vgl. BK-RIEMER, ST, N 37, 29). Im Gegensatz zu Körperschaften sind Stiftungen grundsätzlich weder zur Selbstauflösung berechtigt (Art. 88 f. ZGB) noch zur eigenständigen wesentlichen Änderung oder Ergänzung der Stiftungsurkunde befugt (vgl. BGE 120 Ib 474 E. 8e, 11c). Eine Kompetenz der Organe der Stiftung oder ihre Destinatäre, nach eigenem Ermessen den Willen des Stifters in einer für die Wahrung des Stiftungszwecks wesentlichen Frage abzuändern, widerspräche dem Charakter der Stiftung als eines personifizierten Zweckvermögens (vgl. BK-RIEMER, ST, N 29, 43).

    4. Das Stiftungsrecht schränkt ferner einzig für die Errichtung von Familienstiftungen die Wahl des Stiftungszwecks auf vorgegebene Inhalte ein (vgl. BGE 127 III 337 E. 2.c). Diese unterstehen der Zweckbeschränkung von Art. 335 Abs. 1 ZGB jedoch zwingend (vgl. BGE 135 III 614 E. 4.3.1;

      108 II 398 E. 4 in fine; 135 III 614 E. 4.3.3 und Urteil 5C.9/2001 E. 3b; BK-

      RIEMER, ST, N 237). Dies gilt auch für eine gemischte Stiftung, soweit ihr Zweck Familienangehörige des Stifters als Destinatäre begünstigt, und zwar selbst dann, wenn sie als Ganzes als gewöhnliche Stiftung gilt und daher der Aufsichtspflicht untersteht (vgl. Urteil 5C.9/2001 E. 3e: BK-RIEMER, ST, N 238).

      Art. 335 ZGB lautet:

      Art. 335 Abs. 1

      Ein Vermögen kann mit einer Familie dadurch verbunden werden, dass zur Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken eine Familienstiftung nach den Regeln des Personenrechts oder des Erbrechts errichtet wird.

      Abs. 2

      Die Errichtung von Familienfideikommissen ist nicht mehr gestattet.

      Die Bestimmung wurde im öffentlichen Interesse erlassen (vgl. BGE 135 III 614 E. 4.3.1; 108 II 398 E. 4 in fine; 135 III 614 E. 4.3.3 und Urteil

      5C.9/2001 E. 3b; BK-RIEMER, ST, N 216). Sie verbietet Unterhaltsstiftungen (Art. 355 Abs. 1 ZGB) und die Neuerrichtung von Familienfideikommissen (Art. 355 Abs. 2 ZGB). Letztere sind durch Privatdisposition unveräusserlich mit einer Familie verbundene Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Eigentum eines Nutzungsberechtigten mit der Auflage, das Sondervermögen zu erhalten und nach festgesetzter Sukzessionsordnung einem Rechtsnachfolger innerhalb der Familie zu überlassen (vgl. Urteil des BGer 5C.9/2001 vom 18. Mai 2001 E. 3a; BGE 120 Ib 474

      E. 5; BK-RIEMER, ST, N 216). Der jeweilige Nutzungsberechtigte kommt gleichwohl in den voraussetzungslosen Genuss des Vermögens (siehe ausführlich BK-RIEMER, ST, N 216). Demgegenüber verfügen Familienstiftungen über eine eigene Rechtspersönlichkeit und verwalten selbständig das Stiftungsvermögen, dessen Ertrag den Destinatären nur zu einem von Art. 335 Abs. 1 ZGB vorgesehenen Zweck zukommen darf (BGE 93 II 439

      E. 4). Der Gesetzgeber möchte damit Familienstiftungen vermeiden, die im Wesentlichen den Familienfideikommissen entsprechen, indem sie der Anhäufung und dauernden Bindung von Vermögen zugunsten einer Familie dienen und deren Angehörigen aufgrund ihrer persönlichen Zugehörigkeit zu den in der Stiftungsurkunde festgelegten Destinatären ewige, voraussetzungslose Genussrechte an diesem Vermögen zukommen lassen (vgl. BK-RIEMER, ST, N 226; Urteil 5C.9/2001 E. 3e). Weiteres Ziel des Verbots der Neuerrichtung von Familienfideikommissen und mit ihnen der Unterhaltsstiftungen war, die begünstigten Nachkommen vor Müssiggang zu bewahren (vgl. Urteil 5C.9/2001 E. 3b, in dem das BGer darauf hinweist, der Gesetzgeber habe aus demselben Grund die wiederholte Nacherbeneinsetzung untersagt; ferner BGE 135 III 614 E. 4.3.3.3 m.w.H.; ausführlich ANDREA OPEL, Hat die schweizerische Familienstiftung ausgedient? in: Jusletter vom 31. August 2009, S. 3 f m.w.H.; BaK-GRÜNINGER, Art. 335 N 9 13e, 17). Das Bundesgericht wie auch der Bundesrat erachten dieses puritanische und wirtschaftliche Ziel inzwischen als überholt (vgl. BGE 135 III 614 E. 4.3.3.3; BaK-GRÜNINGER, Art. 335 N 9 13e, 17).

      Die für Familienstiftungen zulässigen Zwecke sind abschliessend in Art. 335 Abs. 1 ZGB aufgeführt (BGE 93 II 439 E. 4; 120 II 374 E. 4c). Dar-

      über hinausgehende Vorteile für die Destinatäre sind widerrechtlich, namentlich soweit sie ihnen nicht nur zu bestimmten Zeiten ihres Lebens (in

      der Jugend, beim Aufbau einer selbständigen Existenz, in einer schwierigen Situation) die erforderliche materielle Hilfe gewähren, um die besonderen Bedürfnisse dieser Situationen zu befriedigen (BGE 135 III 614 E. 4.3.1; 108 II 393 E. 6a; 93 II 439 E. 4, 79 II 113 E. 6a, 75 II 15 E. 4b, 75

      II 81 E. 3b, 73 II 81 E. 5 und 71 I 265 E. 1; Urteil 5C.9/2001 E. 3b; BaKGRÜNINGER, Art. 335 N 10 ff.; TUOR/SCHNYDER/SCHMID/JUNGO, Das

      Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl. 2015, § 48 N 3). Die in Art. 335 Abs. 1 ZGB erwähnten "ähnlichen Zwecke" müssen ebenfalls darin bestehen, den Familienmitgliedern in bestimmten Lebenslagen die materielle Hilfe zu gewähren, die diese Lage nötig oder wünschbar macht (BGE 108 II 393 E. 6a, 93 II 439 E. 4 und 73 II 81 E. 5, wonach ausser den ausdrücklich angeführten Zwecken "im Rahmen vernünftiger Analogie" auch ähnliche zugelassen sind; Urteil des BGer 2A.457/2001 vom 4. März 2002

      E. 4.5). Mit "ähnlichen Zwecken" sind indessen nie voraussetzungslose Leistungen an die Destinatäre gemeint (BK-RIEMER, ST, N 234; vgl. ferner

      z.B. HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., N 1347).

      Ist ihr Zweck widerrechtlich, erlangt die Familienstiftung keine Rechtspersönlichkeit, sondern ist sie nach Art. 52 Abs. 3 ZGB von Anfang an nichtig. Was seiner Natur nach Inhalt einer Familienstiftung bilden würde, jedoch in dieser Form verboten ist, kann nicht auf dem Umweg einer gewöhnlichen Stiftung für den gleichen Destinatärkreis erreicht werden; dies würde auf eine Gesetzesumgehung hinauslaufen (Urteil 5C.9/2001 E. 3e; BGE 75 II 81 E. 3b).

    5. Die Vorinstanz beanstandet in der angefochtenen Verfügung die folgenden in der Stiftungsurkunde von 1939 vorgesehene Zwecke (vgl. angefochtene Verfügung Rz. 7 erster Satz):

      • Die Einräumung eines voraussetzungslosen Wohnund Aufenthaltsrechts an die in § 4 bestimmten Destinatäre (§ 3 Bst. c),

      • die Erhaltung des Hauses "A " (§ 3 Bst. d),

      • die Aufrechterhaltung der Familientradition durch periodische Zusammenkünfte im "A. " (§ 3 Bst. e) und

      • die Zuständigkeit des Familienrates für die Änderung der Statuten und die vorzeitige Auflösung der Familienstiftung (§§ 19d und 20 Abs. 2 der ursprünglichen Stiftungsstatuten).

      Dass die Bestimmungen betreffend den Erhalt des Grundbesitzes A. und die Auflösungsmöglichkeit der Stiftung unzulässig sind, ist zwischen den Parteien unstrittig (vgl. Beschwerde Rz. 14; angefochtene Verfügung Rz. 7). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (vgl. Beschwerde Rz. 15) vermittelt auch das voraussetzungslose Wohnund Aufenthaltsrecht (§ 3 Bst. c der Stiftungsurkunde von 1939) Familienangehörigen, ohne an eine bestimmte Lebenslage anzuknüpfen, einen mit Art. 335 Abs. 1 ZGB offensichtlich und eindeutig unvereinbaren Vorteil, was die Vorinstanz mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend und substantiiert begründet. Ob jenes auch für die Bestimmung von § 3 Bst. e gilt, kann vorliegend offenbleiben.

      Aus der Stiftungsurkunde ergibt sich im Gesamteindruck, insbesondere aber aus § 3 Bst. a, d und e, der eindeutige Willen der Stifter, die Liegenschaft A. durch eine Stiftung zugunsten ihrer Familien zu erhalten und diesen durch ihre persönliche Zugehörigkeit zum Kreis der Destinatäre ewige, voraussetzungslose Genussrechte an diesem Vermögen zukommen lassen. Die beanstandeten Zwecke bilden den sich aus der Stiftungsurkunde ergebenden Hauptzweck, der sich daher nicht in einen gültigen Akt auf Errichtung einer gewöhnlichen Stiftung umdeuten lässt (vgl. BGE 93 II 439 E. 5; 96 II 273 E.3). Die von der Vorinstanz beanstandeten Teilzwecke (§ 3 Bst. a, d und eventuell Bst. e der Stiftungsurkunde von 1939) entsprechen nicht den in Art. 335 Abs. 1 ZGB abschliessend aufgeführten oder diesen ähnlichen Zwecken (vgl. E. 4.2) und sind folglich unzulässig.

      Die Beschwerdeführerin hat somit keine Rechtspersönlichkeit erlangt. Dieser Mangel kann, wie die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung zutreffend ausführt, nicht durch eine Änderung der Stiftungsstatuten im freien Ermessen der Organe der Familienstiftung, die gleichzeitig ihre Destinatäre sind, geheilt werden (vgl. E. 4.3 f.). Die Verweigerung der Eintragungsgenehmigung ist auch verhältnismässig, da eine Heilung durch Änderung einzelner der widerrechtlichen Zwecksetzungen auf eine Umgehung zwingenden Rechts hinausliefe und zudem dem Charakter der Familienstiftung widerspräche.

    6. Die Vorinstanz hat die Genehmigung des Tagesregistereintrages Nr. (...) des Handelsregisteramtes St. Gallen vom (...) folglich zu Recht verweigert. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die Beschwerdeführerin als unterliegend zu betrachten. Sie hat die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

6.

Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, der Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien (Art. 63 Abs. 4bis VwVG und Art. 2 Abs. 1 VGKE). Die Verfahrenskosten werden auf Fr. 3'000.– festgesetzt und sind dem von der Beschwerdeführerin in gleicher Höhe bezahlten Kostenvorschuss zu entnehmen.

7.

Es ist keine Parteientschädigung auszurichten (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt und dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.– entnommen.

3.

Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. (…); Gerichtsurkunde)

  • das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement (Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

David Aschmann Claudia Walz

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Zivilsachen geführt werden (Art. 72 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 18. August 2021

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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