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Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-6200/2020 |
Datum: | 09.08.2021 |
Leitsatz/Stichwort: | Auflösung des Arbeitsverhältnisses |
Schlagwörter : | Kündigung; Vorinstanz; Meldepflicht; Arbeitsverhältnis; Entschädigung; Bundesverwaltungsgericht; Recht; Person; Urteil; Behandlung; Verletzung; BVGer; Arbeitgeber; Arbeitsverhältnisse; Betriebssicherheit; Verfügung; Beweis; Urteile; Sicherheit; Arbeitsverhältnisses; Beschwerdeführer; Beschwerdeführers; Fahrtauglichkeit; üglich |
Rechtsnorm: | Art. 33 OR ;Art. 337 OR ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 V 362 |
Kommentar: | - |
Abteilung I
A-6200/2020
Besetzung Richter Maurizio Greppi (Vorsitz), Richterin Claudia Pasqualetto Péquignot, Richter Jürg Marcel Tiefenthal, Gerichtsschreiber Basil Cupa.
Parteien A. ,
[…]
vertreten durch
Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV), […]
Beschwerdeführer,
gegen
[…] Vorinstanz.
Gegenstand Auflösung des Arbeitsverhältnisses; fristlose Kündigung.
A. , geboren am […], war seit dem 1. Februar 2014 bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) in […] angestellt, seit dem 1. Juli 2014 in der Funktion als Rangierspezialist bei der Division Personenverkehr im Bereich Operations. Seine Hauptaufgaben in dieser Tätigkeit waren das Bilden und Zerlegen von Zugsteilen, das Umstellen und Wegstellen von Zügen sowie allgemein das Vorbereiten von Zügen für deren Einsatz auf der Schiene.
Seit dem 27. April 2020 war A. als 100% arbeitsunfähig gemeldet. Als Grund für seine Arbeitsunfähigkeit gab A. eine Operation des Miniskus an. Anschliessend war er aufgrund der belastenden Situation am Arbeitsplatz ärztlich krankgeschrieben. Auch die Health & Medical Service AG (ehemals: MedicalService der SBB) erklärte ihn auf unbestimmte Zeit für arbeitsunfähig und verpflichtete ihn, einen Psychiater aufzusuchen.
Am 20. Juli 2020 stimmte A. der Prüfung und Eröffnung eines Case Managements zu. Im Sommer 2020 wurde die Reintegration in Zusammenarbeit mit einer Case Managerin anhand genommen, mit der er am 8. Oktober 2020 ein längeres Gespräch führte. Anlässlich dessen stellte sich heraus, dass er sich bereits 2017 in psychiatrische Behandlung begab und bis 2019 insgesamt zu sieben Therapiesitzungen erschienen war. Die Case Managerin wies ihn weiter darauf hin, dass er vor Ferienantritt ein Arztzeungis vorlegen müsse, das seine Ferienfähigkeit bestätige. Am
10. Oktober 2020 war er ohne Ankündigung mit der Familie in die Ferien gereist und blieb dort bis am 25. Oktober 2020. Seine Ferienpläne teilte er der Case Managerin am 13. Oktober 2020 auf Nachfrage hin per Telefon mit, da er sich nicht wie vereinbart am 12. Oktober gemeldet hatte. Die Anmeldung bei der Invalidenversicherungsstelle des Wohnkantons durch die Case Managerin erfolgte Mitte Oktober 2020.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 stellte die SBB A. in Aussicht, das Arbeitsverhältnis wegen eines wichtigen Grundes fristlos auflösen zu wollen. Gleichzeitig räumte die SBB A. die Gelegenheit ein, sich zum Sachverhalt und zur vorgesehenen Kündigung zu äussern.
Am 4. November 2020 nahm A. durch seinen Rechtsvertreter Stellung und forderte die SBB auf, von der fristlosen Kündigung abzusehen
und eine vertiefte medizinische Abklärung mit Begleitmassnahmen vorzunehmen, da er bislang mangelhaft unterstützt worden sei und wegen des bloss sporadischen Aufsuchens eines Psychiaters nicht automatisch eine Arbeitsunfähigkeit vorliege.
Mit Verfügung vom 6. November 2020 löste die SBB (nachfolgend: Vorinstanz) das Arbeitsverhältnis mit A. auf. Sie begründete die Kündigung im Wesentlichen damit, dass das Vertrauensverhältnis infolge verletzter Meldepflicht unwiederbringlich zerstört sei. Daher werde das Arbeitsverhältnis gestützt auf den am 1. Mai 2019 in Kraft getretenen Gesamtarbeitsvertrag der SBB vom 26. November 2018 (GAV SBB 2019 [nachfolgend: GAV]) fristlos aufgelöst.
Dagegen erhebt A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 7. Dezember 2020 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragt unter Kostenund Entschädigungsfolgen, die Verfügung vom
6. November 2020 sei aufzuheben und die Vorinstanz zu verpflichten, ihm eine Entschädigung in der Höhe eines Bruttojahreseinkommens zu entrichten. Im Wesentlichen macht er geltend, die Kündigung sei ungerechtfertigt, da die Vorinstanz ihrer Unterstützungspflicht bei seiner Reintegration sowie beim Schutz vor Mobbing nicht nachgekommen sei und kein wichtiger Kündigungsgrund vorliege.
Die Vorinstanz beantragt mit Vernehmlassung vom 5. Februar 2021 die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Sie führt aus, die Kündigung sei angesichts des Ferienbezugs des Beschwerdeführers rechtzeitig erfolgt und zufolge der Meldepflichtverletzung gerechtfertigt.
Mit Replik vom 18. März 2021 hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen an seinen Begehren und Ausführungen fest.
Im Übrigen teilte die Arbeitslosenkasse des Kantons […] dem Bundesverwaltungsgericht in mehreren Schreiben mit, dass der Beschwerdeführer ab dem 9. November 2020 eine Arbeitslosenentschädigung beziehe und im Fall der Zusprache einer Entschädigung entsprechende Subrogationsansprüche bestünden.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die sich bei den Akten befindlichen Schriftstücke wird – soweit entscheidrelevant – im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Verfügungen des Arbeitgebers im Sinne von Art. 3 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG, SR 172.220.1) können mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Art. 36 Abs. 1 BPG und Ziff. 182 GAV).
Bei der angefochtenen Kündigung handelt es sich um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), die von der SBB als Arbeitgeberin gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. d BPG erlassen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
Der Beschwerdeführer ist als Adressat der angefochtenen Verfügung, mit welcher die Vorinstanz das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst hat, sowohl formell als auch materiell beschwert. Er ist deshalb zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG).
Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG) ist demnach einzutreten.
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet grundsätzlich mit voller Kognition und überprüft angefochtene Verfügungen auf Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Unangemessenheit (vgl. Art. 49 VwVG).
Das Bundesverwaltungsgericht würdigt die vorgelegten Beweismittel frei (Art. 40 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess [BZP, SR 273] i.V.m. Art. 19 VwVG). Der Beweis ist erbracht, wenn das Gericht gestützt auf die Beweiswürdigung nach objektiven Gesichtspunkten zur Überzeugung gelangt, dass sich der rechtserhebliche Sachverhalt verwirklicht hat. Absolute Gewissheit ist indes nicht erforderlich. Es genügt, wenn es an der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat oder allenfalls verbleibende Zweifel als leicht erscheinen (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer] A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 2.2; A-1399/2017 vom 13. Juni 2018 E. 2.2, je m.H.).
Bleibt eine entscheidrelevante Tatsache unbewiesen, gilt im Bereich des öffentlichen Rechts grundsätzlich die Beweislastregel von Art. 8 ZGB als allgemeiner Rechtsgrundsatz. Demnach hat jene Partei die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, die aus der unbewiesen gebliebenen Tatsache Rechte ableitet. Im Beschwerdeverfahren betreffend Kündigungen trägt die kündigende Behörde daher die (objektive) Beweislast für das Vorliegen eines rechtsgenüglichen Kündigungsgrundes (zum Ganzen: Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 2.2 m.w.H.; A-1399/2017 vom 13. Juni 2018 E. 2.2).
Für die Beurteilung der vorliegenden Streitigkeit sind nebst den Parteivereinbarungen die Bestimmungen über das Dienstverhältnis des Bundespersonals massgebend (Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 20. März 1998 [SBBG, SR 742.31] und Art. 2 Abs. 1 Bst. d BPG). Ergänzend ist auf die (Ausführungs-)Bestimmungen des gestützt auf Art. 38 Abs. 1 BPG erlassenen GAV abzustellen. Nicht zur Anwendung gelangt hingegen die Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3). Letztere ist auf das Personal der Vorinstanz, die für ihren Bereich stattdessen mit den Personalverbänden den GAV abgeschlossen hat, nicht anwendbar (vgl. Art. 6 Abs. 3 und Art. 37 f. BPG; Art. 1 BPV; statt vieler: Urteil des BVGer A-5997/2017 vom 14. März 2019 E. 3).
Streitig und zu prüfen ist, ob sich die Vorinstanz zu Recht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Begründung der fristlösen Kündigung berufen kann.
Die Vorinstanz ist zusammengefasst der Ansicht, der Beschwerdeführer habe seinen Vorgesetzten weder über seinen Gesundheitszustand
noch über die psychiatrische Behandlung informiert, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, gesundheitliche Beeinträchtigungen, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit in Frage stellen könnten, der Führungskraft unverzüglich zu melden. Er habe damit seine Meldepflicht verletzt. Als Rangierspezialist habe er in einer sicherheitsrelevanten Tätigkeit gearbeitet, in der erhöhte medizinische Tauglichkeitsanforderungen gestellt würden. Die ihm obliegenden gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Arbeitnehmerpflichten würden unter anderem beinhalten, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, medizinische Beeinträchtigungen und Behandlungen unverzüglich zu melden, um eine allfällige Gefährdung der Betriebssicherheit zu verhindern. Der Beschwerdeführer habe sich während Jahren in psychiatrischer Behandlung befunden und aus Furcht vor möglichen Konsequenzen von einer Meldung abgesehen. Auch habe er regelmässig notwendige psychiatrische Termine nicht wahrgenommen. Er habe seine Behandlung im vollen Wissen um die ihm obliegende Meldepflicht verschwiegen und dadurch wissentlich und willentlich die Gefährdung von Menschen in Kauf genommen. Dies stelle eine massive Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers dar und bedeute zugleich einen derart schwerwiegenden Vertrauensbruch, dass eine fristlose Kündigung unumgänglich sei beziehungsweise eine solche als gerechtfertigt zu gelten habe.
Der Beschwerdeführer hält dem im Wesentlichen entgegen, eine fristlose Kündigung dürfe nur als ultima ratio erfolgen, wobei die Voraussetzungen dafür vorliegend nicht erfüllt seien. Dies zeige sich schon an der langen Bedenkzeit, welche die Vorinstanz bis zur Fällung ihres Entscheids benötigt habe. Auch habe letztere den Sachverhalt weder richtig noch vollständig festgestellt. Er bestreitet denn auch, dass er wegen des Besuchs eines Psychiaters meldepflichtig gewesen sei. In der Zeit zwischen 2017 und 2019 habe er zwei Termine bei Herrn Dr.med. […] (Psychiater) und fünf therapeutische Sitzungen im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Psychiatriezentrum […] wahrgenommen. Zwei zu den Akten gereichte Schreiben würden seine volle Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Behandlungen bestätigen. Eine Diagnose, welche die Arbeitsfähigkeit nicht tangiere, könne keine sicherheitsrelevante Gefährdung am Arbeitslatz darstellen. Entsprechend müsse ein solcher Arzttermin nicht dem Vorgesetzten gemeldet werden. Vielmehr sei die fristlose Kündigung ohne medizinische Feststellung von Seiten des Vertrauensarztes und ohne den Arbeitsversuch bezüglich Stellenversetzung an den Standort Bern erfolgt. Die Konfliktsituation am Arbeitsplatz und die damit einhergehende Gesundheitsproblematik sei durch die Vorinstanz nicht ausreichend gewürdigt worden.
Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass die Vorwürfe der Vorinstanz hinsichtlich der Verletzung der Meldepflicht lediglich vorgeschobene Kündigungsgründe darstellten. Die Konfliktsituation am Arbeitsplatz und das Mobbing sei mehr als ein subjektives Empfinden seinerseits. Dieser Situation habe sich die Vorinstanz offenbar mit der fristlosen Kündigung entledigen wollen. Ein solches Vorgehen sei als missbräuchlich zu qualifizieren.
Wesentlich für den vorinstanzlichen Entscheid war die Verletzung der Meldepflicht, worauf im Folgenden näher einzugehen ist.
Unstrittig ist in diesem Kontext, dass der Beschwerdeführer in einer sicherheitsrelevanten Tätigkeit angestellt war (vgl. u.a. Art. 3 der Verordnung über die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Eisenbahnbereich vom
4. November 2009 [STEBV, SR 742.141.2]). Strittig ist hingegen der Umfang der Meldepflicht. Zusammengefasst ist die Vorinstanz der Ansicht, dass eine mögliche Gefährdung der Betriebssicherheit ausreicht, um die Meldepflicht auszulösen; insbesondere werde dafür keine Arbeitsunfähigkeit vorausgesetzt. Der Beschwerdeführer weist hingegen darauf hin, dass er lediglich sieben psychiatrische beziehungsweise fachpsychologische Konsultationen während 2017 und 2019 wahrgenommen habe und seine Arbeitsfähigkeit für diesen Zeitraum vollumfänglich bestätigt werde.
Die Meldepflicht ist in ähnlicher Ausprägung an verschiedener Stelle festgehalten: In Ziff. 11 des am 4 Juli 2014 geschlossenen Einzelarbeitsvertrags ist zwischen dem Beschwerdeführer und der Vorinstanz vereinbart worden, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner sicherheitsrelevanten Tätigkeit verpflichtet sei, eine allfällige gesundheitliche Beeinträchtigung, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit in Frage stellen könnte, der Führungskraft unverzüglich zu melden. In Art. 12 Abs. 1 STEBV ist vorgeschrieben, dass eine Person mit einer sicherheitsrelevanten Tätigkeit, die sich in ihrer Leistungsfähigkeit als derart beeinträchtigt erachtet, dass sie die Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann, dies der vorgesetzten Person melden muss und auf jede sicherheitsrelevante Tätigkeit verzichtet. Im III. Kapitel des GAV ist bei den Rechten und Pflichten im Fall von Krankheit und Unfall in Ziff. 125 Abs. 4 Bst. a festgehalten, dass die betroffene Person verpflichtet ist, bei beeinträchtigtem Gesundheitszustand der zuständigen Stelle rechtzeitig die nötigen Informationen zu geben. Ferner erliess die Vorinstanz am 1. Januar 2016 eine Weisung über medizinische und psychologische Tauglichkeitsanforderungen K 162.1 (nachfolgend: RW K 162.1), wonach Mitarbeitende in sicherheitsrelevanten Tätigkeiten
laut Ziff. 3 verpflichtet sind, den MedicalService respektive die Diagnostik in Absprache mit der zuständigen Führungskraft zu verständigen, wenn sie an gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Unfallfolgen leiden oder einer Behandlung (auch psychologischer Art) bedürfen, welche die Sicherheit des Betriebes oder der eigenen Person gefährden könnte.
Den verschiedenen Fassungen der Meldepflicht ist gemein, dass eine allfällige gesundheitliche Beeinträchtigung, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit in Frage stellen könnte, unverzüglich zu melden ist. Meldepflichtig ist aber nicht jedes Aufsuchen eines Arztes, sondern das Auslösen der Meldepflicht setzt voraus, dass eine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit in Frage stellen könnte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie der Zustand einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung zu ermitteln ist. Dabei scheint Art. 12 Abs. 1 STEBV, zumindest mitunter, auf die subjektive Selbsteinschätzung abzustellen, ob sich die betroffene Person in ihrer Leistungsfähigkeit als derart beeinträchtigt erachtet, dass sie die Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann. Die übrigen Fassungen äussern sich nicht explizit hierzu. Der Zustand einer möglicherweise sicherheitsrelevanten Gesundheitsbeeinträchtigung kann allerdings auch objektiv durch eine fachkundige Medizinalperson ermittelt werden (vgl. Art. 13 STEBV; Ziff. 123 GAV) und ist beispielsweise beim Konsum von Alkohol oder abhängigkeitserzeugenden sowie psychoaktiven Substanzen relativ einfach feststellbar (vgl. zur sog. Dienstuntauglichkeit infolge Alkoholkonsums sowie der abusiven Einnahme weiterer Substanzen Art. 14 STEBV; ferner Ziff. 125 Abs. 4 GAV betr. Alkoholund Drogenfreiheit). Im Fall einer psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung gestaltet sich deren Eruierung schwieriger. Aufgrund von Ziff. 3 RW K 162.1 sind Mitarbeitende der Vorinstanz, die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten nachgehen, bei sämtlichen Arzt-Konsultationen verpflichtet mitzuteilen, dass sie Funktionen mit bedeutender Sicherheitsverantwortung innerhalb der SBB ausüben. Die konsultierte Medizinalperson hat somit die Möglichkeit, wo nötig einzuschreiten und eine Mitteilung an den Arbeitgeber zu machen (vgl. z.B. Art. 13 Abs. 2 und 3 STEBV).
Inwiefern eine Meldepflicht beim Aufsuchen eines Arztes oder einer Ärztin besteht, ist nach dem Gesagten in Würdigung des konkret zu beurteilenden Einzelfalls unter Einbezug sowohl der Selbsteinschätzung der betroffenen Person als auch anhand von objektiven Gesichtspunkten aus Sicht einer fachkundigen Medizinalperson festzulegen. Zu beachten ist auf der einen Seite, dass der Sinn und Zweck der Meldepflicht darin besteht,
allfällige Sicherheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und Gefahren vorzubeugen. Auf der anderen Seite sind nur diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen meldepflichtig, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit auch tatsächlich in Frage stellen könnten. Unter anderem aus dem Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmenden (vgl. Ziff. 28 GAV) und dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz (vgl. bspw. Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 [DSG, SR 235.1]) folgt, dass alle Arzt-Konsultationen, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit nicht in Frage stellen könnten (z.B. eine gynäkologische Kontrolluntersuchung), keiner Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber bedürfen, da hierfür keine aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Notwendigkeit besteht. Sie sind dementsprechend nicht meldepflichtig.
Konkret hat der Beschwerdeführer während 2017 und 2019 zwei Termine bei Herrn Dr.med. […] (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) sowie fünf therapeutische Sitzungen im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Psychiatriezentrum […] wahrgenommen. Im Schreiben vom
18. November 2020 bestätigt Herr Dr.med. […], dass er während der Behandlungszeit keine Arbeitsunfähigkeit habe feststellen können und deshalb auch keine ärztlichen Zeugnisse ausgestellt habe. Die Arbeitsunfähigkeit sei von den somatischen Kollegen vor allem wegen des Miniskus ausgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe sich am Arbeitsplatz schlecht behandelt und gemobbt gefühlt. Aus ärztlicher Sicht handle es sich dabei um ein reaktives Geschehen vorwiegend von Angst und einer depressiven Symptomatik. Gemäss der ICD-Nomenklatur sei dies als F43.22 klassifiziert (Angst und depressive Reaktion gemischt). Dem am 1. Dezember 2020 verfassten und von Herrn Dr.med. […] (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) sowie Frau lic. phil. […] (Fachpsychologin) visierten Schreiben ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zwischen dem
29. August 2019 und dem 05. Dezember 2019 für fünf therapeutische Sitzungen im Psychiatriezentrum […] ambulant behandelt wurde. Aus psychiatrisch-psychologischer Sicht bestünden keine Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit und es sei auch keine Einschränkung derselben attestiert worden. Keine der konsultierten Medizinalpersonen erstattete der Vorinstanz von sich aus Mitteilung über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.
Dass der psychische Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beeinträchtigt sein könnte, ist weniger allein an den soeben genannten Arztbesuchen als vielmehr am Vorfall des 13. März 2020 festzumachen. Der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Vorinstanz
vom 30. März 2020 ist zu entnehmen, dass ersterer am 13. März 2020 um 01:50 Uhr beim indirekten Rangieren ein haltzeigendes Zwergsignal überfuhr, was gegen die Fahrdienst-Vorschriften FDV R 300.4 "Beobachtung des Fahrwegs" verstosse, das Nichteinhalten von „Gestes Métier" bedeute und mangelhafter Aufmerksamkeit gleichkomme. Allerdings sei keine Gefährdung einer Zugoder anderen Rangierfahrt entstanden. Ferner wurde festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer wieder fahrdiensttauglich und arbeitsfähig fühle; die fahrdienstliche Arbeitsfähigkeit sei von seinem Vorgesetzten mittels eines sog. Profichecks festgestellt worden.
Zwar kann das Überfahren des haltzeigenden Zwergsignals zum Beispiel auch auf eine allfällige Müdigkeit während der Nachtarbeit zurückzuführen sein, allerdings wäre der Beschwerdeführer spätestens anlässlich des Vorfalls vom 13. März 2020 gehalten gewesen, seinen Vorgesetzten über die zurückliegenden Arzt-Konsultationen zu informieren, da eine allfällige psychische Gesundheitsbeeinträchtigung, welche die Fahrtauglichkeit oder Betriebssicherheit in Frage stellen konnte, hinsichtlich dieser neuen Ausgangslage nicht restlos ausgeschlossen werden kann. Insofern war er meldepflichtig und er ist dieser Pflicht gegenüber der Vorinstanz als Arbeitgeberin nicht zeitnah nachgekommen, indem er von einer Meldung bis zum 8. Oktober 2020 im Gespräch mit der Case Managerin absah.
Fraglich ist weiter, ob die festgestellte Verletzung der Meldepflicht ausreicht, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Nach Art. 10 Abs. 4 BPG und Ziff. 176 Abs. 1 GAV können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen fristlos kündigen. Als wichtiger Grund gilt gemäss Ziff. 176 Abs. 2 GAV jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein der kündigenden Partei nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Die Voraussetzung zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses orientiert sich damit an den "wichtigen Gründen" gemäss Art. 337 Abs. 2 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220), der die fristlose Auflösung privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse regelt. Um zu beurteilen, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, kann somit die zu Art. 337 OR entwickelte Rechtsprechung angemessen berücksichtigt werden. Den Besonderheiten des öffentlichen Dienstes ist dabei allerdings Rechnung zu tragen (vgl. die Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.2; A-5997/2017 vom 14. März 2019 E. 5.3; A-615/2018 vom 22. Januar 2019
E. 5.1; A-3148/2017 vom 3. August 2018 E. 7.1.1).
Eine fristlose Kündigung ohne vorgängige Verwarnung ist nur bei einem besonders schweren Fehlverhalten der angestellten Person gerechtfertigt. Dieses muss einerseits objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist; andererseits muss es sich auch tatsächlich so auswirken. Wiegen die Verfehlungen weniger schwer, ist die fristlose Kündigung wie im privaten Arbeitsrecht nur gerechtfertigt, wenn die Verfehlungen trotz Verwarnung wiederholt begangen werden (vgl. Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.2; A-615/2018 vom 22. Januar 2019 E. 5.2.1; A-3148/2017 vom 3. August 2018 E. 7.1.2).
Dem Arbeitgeber kommt beim Entscheid, ob ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Er hat indes den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten und diejenige Massnahme zu wählen, die angemessen ist beziehungsweise genügt. Als strengste ihm zur Verfügung stehende Massnahme darf er die fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel ("ultima ratio") aussprechen. Er hat dabei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des konkreten Falls zu prüfen, ob sie gerechtfertigt ist (vgl. Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.2; A-615/2018 vom 22. Januar
2019 E. 5.2.3; A-3148/2017 vom 3. August 2018 E. 7.1.2; A-2718/2016 vom
16. März 2017 E. 5.3; A-4312/2016 vom 23. Februar 2017 E. 5.3).
Ferner hat die Vorinstanz bei ihrem Entscheid die Bestimmungen des geltenden GAV einzuhalten. Sie gelten zwingend und dürfen nicht zu Ungunsten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum Beispiel durch eine einzelvertragliche Abrede, verändert werden (vgl. Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 GAV). Im Zusammenhang mit der Meldepflicht ist vorliegend zu beachten, dass diese in Ziff. 125 Abs. 4 Bst. a GAV festgehalten ist und Art. 127 GAV die möglichen Rechtsfolgen einer schuldhaften Verletzung der den Arbeitnehmenden obliegenden Pflichten gemäss Ziff. 125 festlegt. Danach können die Bezüge gekürzt oder entzogen werden oder das Arbeitsverhältnis kann gemäss Ziff. 46 GAV umgestaltet oder gemäss Ziff. 151 GAV beziehungsweise Ziff. 173 GAV aufgelöst werden. Letztere Bestimmung regelt die Auflösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, das aus sachlich hinreichenden Gründen ordentlich gekündigt werden kann, beispielsweise wegen der Verletzung wichtiger gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten wie etwa der Meldepflicht. Nicht vorgesehen ist hingegen die fristlose Kündi-
gung des Arbeitsverhältnisses, die in Ziff. 176 GAV normiert ist. Dabei regelt Ziff. 127 GAV die möglichen Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung im Sinne von Ziff. 125 GAV abschliessend.
Eine fristlose Kündigung wäre gemäss den geltenden Bestimmungen des GAV nur dann zulässig, wenn zur Verletzung der Meldepflicht weitere Elemente hinzukämen, die für sich allein betrachtet eine solche Massnahme zu rechtfertigen vermöchten (vgl. etwa die Urteile des BVGer A- 1508/2020 vom 9. September 2020 E. 6 betr. betrügerischem Verhalten; A- 5997/2017 vom 14. März 2019 E. 4 betr. sexuelle Belästigung von Arbeitskolleginnen; A-4389/2016 vom 21. September 2016 E. 6. f. betr. unentschuldigte Absenzen und aggressives Verhalten; A-403/2016 vom 29. August 2016 E. 5 betr. unwahre Angaben zu Arbeitszeiten; A-4597/2012 vom
21. Februar 2013 E. 4 f. betr. strafbare Handlungen; A-7496/2010 vom
7. März 2011 E. 4 betr. sexuelle Belästigung von weiblichen Fahrgästen).
Die Vorinstanz verweist in der angefochtenen Verfügung vom 6. November 2020 unter anderem auf Ziff. 115 Abs. 3 GAV, wonach Arbeitnehmende in einem Zustand antreten müssen, der es ihnen erlaubt, ihre Aufgaben einwandfrei und sicher zu erledigen. Dazu ist zu sagen, dass die festgestellte Verletzung der Meldepflicht durch den Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres mit dem Bestehen eines konkreten oder potenziellen Sicherheitsrisikos gleichgesetzt werden kann. Falls die Vorinstanz diese Ansicht vertäte, wäre sie hierfür beweispflichtig (siehe dazu vorne E. 2.3).
Der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Vorinstanz vom 30. März 2020 ist zu entnehmen, dass beim Überfahren des haltezeigenden Zwergsignals durch den Beschwerdeführer am
13. März 2020 um 01:50 Uhr keine Gefährdung einer Zugoder anderen Rangierfahrt entstand. Auch wurde festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer wieder fahrdienstlich und arbeitsfähig fühlte. Die fahrdienstliche Arbeitsfähigkeit sei von seinem Vorgesetzten mittels eines sog. Profichecks festgestellt worden. Von einer vertrauensärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers sah die Vorinstanz selbst nach dem Gespräch des Beschwerdeführers mit der Case Managerin vom 8. Oktober 2020 ab.
Bei dieser Ausgangslage kann weder als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer durch die verspätete Mitteilung über das Aufsuchen von Medizinalpersonen ein konkretes oder potenzielles Sicherheitsrisiko geschaffen hat, noch ist rechtsgenüglich nachgewiesen, dass er auf andere Art und Weise ein Sicherheitsrisiko geschaffen hätte.
Aus den vorstehenden Erwägungen wird deutlich, dass eine fristlose Kündigung, die allein auf einer Verletzung der Meldepflicht fusst, infolge der Sperrwirkung von Ziff. 127 GAV in Verbindung mit Ziff. 125 Abs. 4 Bst. a GAV unzulässig ist. Auch können dem Beschwerdeführer weder die Schaffung einer Gefahr für den Bahnbetrieb noch weniger schwerwiegende Verfehlungen, die trotz Verwarnung wiederholt begangen worden wären, zur Last gelegt werden.
Damit ergibt sich zusammengefasst, dass kein wichtiger Grund für eine fristlose Entlassung vorliegt und sich diese als ungerechtfertigt erweist.
Zu prüfen bleibt, welche Rechtsfolgen die zu Unrecht verfügte fristlose Kündigung nach sich zieht.
Die Folgen einer durch die Beschwerdeinstanz festgestellten unbegründeten fristlosen Kündigung sind in den sich entsprechenden Ziff. 183 Abs. 1 GAV sowie Art. 34b Abs. 1 BPG geregelt. Demnach ist dem Beschwerdeführer eine Entschädigung zuzusprechen (je Bst. a) und die Fortzahlung des Lohnes bis zum Ablauf der (hypothetischen) ordentlichen Kündigungsfrist anzuordnen (je Bst. b). Nachfolgend ist zuerst auf die Lohnfortzahlung, dann auf die Entschädigung näher einzugehen.
Mit der Bestimmung von Ziff. 183 Abs. 1 Bst. b GAV sowie Art. 34b Abs. 1 Bst. b BPG wurde die Regelung von Art. 337c Abs. 1 OR übernommen, wonach der Beschwerdeführer so zu stellen ist, wie wenn ihm auf den frühestmöglichen Zeitpunkt ordentlich gekündigt worden wäre (vgl. Urteile des BVGer A-3861/2016 vom 27. Juli 2017 E. 5.1.1; A-2718/2016 vom 16. März 2017 E. 9.1; A-4312/2016 vom 23. Februar 2017 E. 7; BEATRIX
SCHIBLI, Kündigungsschutz in sachlicher Hinsicht im Bundespersonalrecht, in: Schweizerische Vereinigung für Verwaltungsorganisationsrecht [SVVOR], Verwaltungsorganisationsrecht – Staatshaftungsrecht – öffentliches Dienstrecht, Jahrbuch 2016/2017, S.197).
Der Beschwerdeführer stand im sechsten Anstellungsjahr, weshalb die ordentliche Kündigungsfrist für ihn vier Monate beträgt (Ziff. 174 Abs. 2 Bst. b GAV). Der Beschwerdeführer hätte von der Vorinstanz somit im November 2020 frühestens per Ende März 2021 entlassen werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt ist dem Beschwerdeführer der Lohn gemäss Ziff. 183 Abs. 1 Bst. b GAV und Art. 34b Abs. 1 Bst. b BPG auszurichten.
Die dem Beschwerdeführer gemäss Ziff. 183 Abs. 1 Bst. a GAV beziehungsweise Art. 34b Abs. 1 Bst. a BPG zuzusprechende Entschädigung wird von der Beschwerdeinstanz unter Würdigung aller Umstände festgelegt und beträgt in der Regel mindestens sechs Monatslöhne und höchstens einen Jahreslohn (Ziff. 183 Abs. 2 GAV bzw. Art. 34b Abs. 2 BPG). Für die Bemessung der Höhe der Entschädigung ist vor allem die Schwere der Persönlichkeitsverletzung respektive des Eingriffs in die Persönlichkeit des Arbeitnehmers massgebend. Weitere Kriterien, auf die abgestellt werden kann, sind die Strafwürdigkeit des Verhaltens des Arbeitgebers und die Schwere eines allfälligen Mitverschuldens des Arbeitnehmers, das Mass der Widerrechtlichkeit der fristlosen Entlassung, die finanzielle Situation der Parteien, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter der gekündigten Person, deren soziale Situation und Stellung im Unternehmen beziehungsweise in der Verwaltungseinheit des Arbeitgebers sowie die ökonomischen Auswirkungen der Kündigung für die betroffene Person (vgl. Urteile des BVGer A-3861/2016 vom 27. Juli 2017 E. 5.2.1; A-2718/2016 vom 16. März
2017 E. 9.2.1; A-656/2016 vom 14. September 2016 E. 7.3.2; SCHIBLI, a.a.O., S. 197 i.V.m. S. 190 f.).
Bei den aufgezeigten Gesamtumständen geht die von der Vorinstanz unrechtmässig verfügte fristlose Kündigung mit einem mittleren Eingriff in die Persönlichkeit des Beschwerdeführers einher. Der 1984 geborene Beschwerdeführer stand zum Zeitpunkt der Kündigungsverfügung seit rund sechseinhalb Jahren und damit für nicht besonders lange Zeit im Dienst der Vorinstanz. Angesichts seiner im Oktober 2020 erfolgten IV-Anmeldung ist nicht abschätzbar innerhalb welcher Zeit, oder ob er überhaupt eine neue Anstellung finden wird oder kann. Allerdings dürfte sich die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses erschwerend auf seine Chancen am Arbeitsmarkt auswirken. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ist bekannt, dass er dreifacher Familienvater ist.
Unter den gegebenen Umständen erscheint es – auch unter Berücksichtigung der festgestellten Verletzung der Meldepflicht durch den Beschwerdeführer – angemessen, dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von sechs Bruttomonatslöhnen zuzusprechen. Soweit er zusätzliche sechs Bruttomonatslöhne beantragt, ist die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen. Sozialversicherungsbeiträge sind keine abzuziehen, da auf der Entschädigung nach Ziff. 183 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 GAV bzw. Art. 34b Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 BPG keine solchen zu entrichten sind (siehe statt vieler: Urteil des BVGer A-656/2016 vom 14. September 2016 E. 7.3.5 m.H.).
Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Die Vorinstanz ist zu verpflichten, dem Beschwerdeführer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist Ende März 2021 den Lohn zu bezahlen sowie eine Entschädigung in der Höhe von sechs Bruttomonatslöhnen ohne Abzug der Sozialversicherungsbeiträge auszurichten. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist in personalrechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich kostenlos (Art. 34 Abs. 2 BPG). Es sind daher keine Verfahrenskosten zu erheben.
Der obsiegenden Partei ist von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Bei nur teilweisem Obsiegen ist die Entschädigung entsprechend zu kürzen (Art. 7 Abs. 2 VGKE). Die Entschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei (Art. 8 ff. VGKE). Wird wie vorliegend keine Kostennote eingereicht, setzt das Gericht die Entschädigung aufgrund der Akten fest (vgl. Art. 14 Abs. 2 VGKE). Der Stundenansatz für die nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung beträgt mindestens Fr. 100.– und höchstens Fr. 300.– (vgl. Art. 10 Abs. 2 VGKE).
Der durch den SEV vertretene Beschwerdeführer obsiegt mit seinen Anträgen mehrheitlich. In diesem Umfang ist ihm eine Entschädigung auszurichten. Aufgrund des mutmasslichen Zeitaufwands erachtet das Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'800.– für angemessen. Sie ist der Vorinstanz zur Bezahlung aufzuerlegen (Art. 64 Abs. 2 VwVG).
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen und die Vorinstanz wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist Ende März 2021 den Lohn zu bezahlen sowie eine Entschädigung in der Höhe von sechs Bruttomonatslöhnen ohne Abzug der Sozialversicherungsbeiträge auszurichten. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils eine Parteientschädigung von Fr. 1'800.– zu bezahlen.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Gerichtsurkunde)
Arbeitslosenkasse des Kantons […] (zur Kenntnis)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Maurizio Greppi Basil Cupa
Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnisse können beim Bundesgericht angefochten werden, sofern es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit geht, bei welcher der Streitwert mindestens Fr. 15'000.– beträgt oder bei der sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (vgl. Art. 85 Abs. 1 Bst. b und Abs. 2 BGG). Bei einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Gleichstellung der Geschlechter betrifft (vgl. Art. 83 Bst. g BGG). Steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen, kann sie innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheids beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, erhoben werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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