E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Bundesverwaltungsgericht Urteil F-5570/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts F-5570/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-5570/2020
Datum:27.11.2020
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren)
Schlagwörter : Recht; Schweiz; Deutschland; Asylgesuch; Dublin-III-VO; Urteil; Wegweisung; Verfahren; Mitgliedstaat; Beziehung; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Dispositiv; Vorinstanz; Beschwerdeführers; Gesuch; Kanton; Überstellung; Ehefrau; Schutz; Vollzug; Staat; BVGer; Dispositivs; Kantons
Rechtsnorm: Art. 27 IPRG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 AIG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:135 I 143
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung VI F-5570/2020

U r t e i l v o m 2 7 . N o v e m b e r 2 0 2 0

Besetzung Einzelrichterin Susanne Genner,

mit Zustimmung von Richter Walter Lang; Gerichtsschreiber Rudolf Grun.

Parteien A. , geboren am (…), Irak,

alias B. , geboren am (…), Irak, alias C. , geboren am (…), Irak, alias D. , geboren am (…), Irak, alias E. , geboren am (…), Irak, alias F. , geboren am (…), Irak,

vertreten durch Maria Holl, Kontaktund Beratungsstelle für Sans-Papiers,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM, Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren);

Verfügung des SEM vom 23. Oktober 2020 / N […].

Sachverhalt:

A.

Am 16. Dezember 2015 reiste der Beschwerdeführer ohne gültige Reisedokumente erstmals in die Schweiz ein und stellte am 20. Dezember 2015 ein Asylgesuch. Am 17. Februar 2016 trat das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und verfügte dessen Wegweisung aus der Schweiz in den zuständigen Dublin-Mitgliedstaat Deutschland. Diese Verfügung erwuchs in der Folge unangefochten in Rechtskraft. Am

25. Februar 2016 verfügte das Amt für Arbeit und Migration des Kantons Uri gegen den Beschwerdeführer eine Dublin-Ausschaffungshaft für die Dauer von maximal sechs Wochen. Am 2. März 2016 verhängte das SEM gegen ihn ein Einreiseverbot für die Schweiz und Liechtenstein (gültig vom

8. März 2016 bis 7. März 2019). Anschliessend wurde er am 8. März 2016 nach Deutschland ausgeschafft.

B.

Am 17. September 2020 reiste der Beschwerdeführer erneut in die Schweiz ein und stellte unmittelbar bei seiner Einreise mündlich ein Asylgesuch in Bern, worauf er informiert worden sei, dass das Gesuch schriftlich erfolgen müsse und für ihn der Kanton Uri zuständig sei. Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke mit der Eurodac-Datenbank ergab, dass er am

14. Dezember 2015 sowie am 24. Mai 2016 in Deutschland und am 7. Dezember 2018 in Luxemburg um Asyl ersucht hatte.

Nachdem er sich bei den Behörden des Kantons Uri gemeldet hatte, wurde er am 21. September 2020 durch die Kantonspolizei Uri festgenommen und zur Sicherung des Wegweisungsverfahrens in Vorbereitungshaft gesetzt. Anlässlich seiner Einvernahme vom 22. September 2020 gewährte ihm die Kantonspolizei Uri auch das rechtliche Gehör zur Wegweisung aus der Schweiz gemäss Art. 64a Abs. 1 AIG und zur Überstellung nach Deutschland. Dabei machte er im Wesentlichen geltend, nicht nach Deutschland zurückkehren zu können. Sein Asylantrag sei dort abgelehnt worden. In Deutschland habe er lediglich eine Duldung. Er befürchte eine Abschiebung in den Irak, wo er als Jezide verfolgt werde. Zudem lebe seine Frau seit einem Jahr in der Schweiz, der es gesundheitlich nicht gut gehe.

C.

Mit Eingabe vom 22. September 2020 reichte der Beschwerdeführer beim SEM ein schriftlich abgefasstes Asylgesuch nach. Hierauf gewährte ihm das SEM mit Schreiben vom 28. September 2020 rechtliches Gehör zu

einem allfälligen Nichteintretensentscheid und der Möglichkeit einer Überstellung nach Deutschland, dessen Zuständigkeit für die Behandlung grundsätzlich in Frage komme. Dabei wurde er auch aufgefordert, zu den Umständen seiner Hochzeit (Kennenlernen der Ehefrau, Originaldokumente, Teilnahme an der Hochzeit, Art und Weise der Durchführung der Hochzeit) Stellung zu nehmen.

D.

Die deutschen Behörden hiessen das Gesuch des SEM vom 23. September 2020 um Übernahme des Beschwerdeführers gestützt auf Art 18 Abs. 1 Bst. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachfolgend Dublin-III-VO), am 28. September 2020 gut.

E.

In seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2020 wies der Beschwerdeführer insbesondere darauf hin, dass er seit dem 9. Januar 2020 mit einer Landsfrau verheiratet sei, die am 9. September 2019 in der Schweiz ein Asylgesuch eingereicht habe und die mit Verfügung vom 14. Juli 2020 in der Schweiz vorläufig aufgenommen worden sei. Die Heirat sei in seiner Abwesenheit durch Stellvertretung in der Erklärung (sogenannte Handschuhehe) erfolgt und sei nach irakischem Recht zulässig (im Irak offiziell registriert und anerkannt). Ihre Anerkennung stehe der Schweizer Ordre Public nicht entgegen. Die rechtsgültig zustande gekommene Ehe falle unter den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, weshalb das Asylgesuch zu prüfen und vom Selbsteintrittsrecht gemäss Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO Gebrauch zu machen sei.

F.

Mit Verfügung vom 23. Oktober 2020 (eröffnet am 2. November 2020) trat das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein, verfügte dessen Überstellung nach Deutschland und forderte ihn auf, die Schweiz am Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist zu verlassen. Gleichzeitig verfügte es die Aushändigung der editionspflichtigen Akten und stellte fest, einer allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid komme keine aufschiebende Wirkung zu.

G.

Mit Beschwerde vom 9. November 2020 (Postaufgabe) gelangte der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht mit den Anträgen, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, auf das Asylgesuch einzutreten. Ferner ersuchte er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, und die Vollzugsbehörden seien im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen unverzüglich anzuweisen, bis zum Entscheid über das vorliegende Rechtsmittel von jeglichen Vollzugshandlungen abzusehen. Zudem sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

H.

Am 11. November 2020 ordnete die zuständige Instruktionsrichterin einen superprovisorischen Vollzugsstopp an.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    2. Die Beschwerde ist zulässig (Art. 105 AsylG; Art. 31 ff. VGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Legitimation [Art. 48 Abs. 1 VwVG], Frist [Art. 108 Abs. 3 AsylG] und Form [Art. 52 VwVG] sind offensichtlich erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin (Art. 111 Bst. e AsylG) ohne Durchführung eines Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung zu behandeln ist (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).

3.

    1. Auf Asylgesuche wird in der Regel nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des

      Asylund Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG). In diesem Fall verfügt das SEM in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an (Art. 44 AsylG).

    2. Gemäss Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Art. 8–15 Dublin-III-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Asylantrag gestellt wird (Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO). Im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens (Art. 23–25 Dublin-III-VO) findet grundsätzlich keine (neue) Zuständigkeitsprüfung nach Kapitel III Dublin-III-VO mehr statt (vgl. zum Ganzen BVGE 2017 VI/5 E. 6.2 und 8.2.1).

    3. Jeder Mitgliedstaat kann abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO beschliessen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Art. 17 Abs. 1 erster Satz Dublin-III-VO). Dieses sogenannte Selbsteintrittsrecht wird im Landesrecht durch Art. 29a Abs. 3 der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV, SR 142.311) konkretisiert und das SEM kann das Asylgesuch gemäss dieser Bestimmung "aus humanitären Gründen" auch dann behandeln, wenn dafür gemäss Dublin-IIIVO ein anderer Staat zuständig wäre.

    4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, in Deutschland ein Asylgesuch eingereicht zu haben. Nachdem die deutschen Behörden innert der in Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO festgelegten Frist dem Wiederaufnahmegesuch des SEM zugestimmt haben, steht die Zuständigkeit von Deutschland gemäss dieser Bestimmung fest.

4.

Wie das SEM zutreffend festgehalten hat, gibt es keine wesentlichen Gründe für die Annahme, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für asylsuchende Personen in Deutschland hätten Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Dublin-III-VO, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtcharta und Art. 3 EMRK mit sich bringen würden.

Auch wenn das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Deutschland bereits rechtskräftig abgeschlossen ist, bleibt Deutschland weiterhin für sein

Verfahren bis zu einem allfälligen Wegweisungsvollzug oder einer Regelung des Aufenthaltsstatus zuständig, wobei es an ihm liegt, allfällige Wegweisungshindernisse bei den zuständigen deutschen Behörden vorzubringen.

5.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Rechtsmitteleingabe im Wesentlichen vor, es bestehe ein klagbarer Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts, da seine Überstellung nach Deutschland übergeordnetes Recht (Art. 8 EMRK) verletzten würde. Die eingereichten Originaldokumente belege die Rechtsgültigkeit der am 9. Januar 2020 geschlossenen Ehe. Ferner hätten sich die Ehegatten – obwohl seit seiner Flucht räumlich getrennt – schon früher gekannt und seien unterunterbrochen in Kontakt gewesen (mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel). Die Auslegung der Vorinstanz, wonach er – der Beschwerdeführer – sich nicht auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen könne, da seine Ehefrau lediglich über eine vorläufige Aufnahme verfüge, sei äusserst fraglich, insbesondere wenn man die politische Lage im Irak betrachte. Die vorläufige Aufnahme von geflüchteten Personen aus dem Irak stelle seit Jahren keine vorübergehende, sondern vielmehr eine andauernde Situation dar.

6.

Unter den Familienbegriff gemäss Art. 2 Bst. g Dublin-III-VO fällt der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, die bereits im Herkunftsland bestanden hatte, soweit nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratetet Paare. In diesem Zusammenhang ist Art. 8 EMRK zu beachten.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die am 9. Januar 2020 geschlossene Ehe in Abwesenheit beider Ehegatten (sogenannte Handschuhehe) nach irakischem Recht zulässig ist. Zudem steht der Schweizer Ordre Public der Anerkennung einer solchen Ehe nach Art. 27 Abs. 1 IPRG nicht entgegen (vgl. EMARK 2006/7 E. 4). Dass die Ehegatten die Ehe nach irakischen Recht geschlossen und sich nicht in Deutschland oder in der Schweiz um eine Eheschliessung bemühten, kann ihnen schon deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil sie ja nicht im selben Land leben bzw. gelebt haben. Somit liegt eine Ehe im Rechtsinne vor, welche grundsätzlich in den Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK fällt.

    2. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau führen zweifellos keine dauerhafte Beziehung. Auch wenn sie sich von früher her kennen, haben sie bis heute nie zusammen in einem Haushalt gewohnt (zur gelebten Beziehung im Sinne von Art. 8 EMRK vgl. Urteil des BVGer D-4076/2011 vom

      25. Juli 2011). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz können jedoch an die Ausgestaltung der ehelichen Beziehung nicht dieselben qualifizierten Anforderungen gestellt werden, wie es die Rechtsprechung bei einer eheähnlichen Gemeinschaft zwecks Abgrenzung von anderen Beziehungen notgedrungen tut (vgl. Urteil des BGer 2C_208/2015 vom 24. Juni 2015 E. 1.2 m.H.). Der vorliegenden Beziehung kann daher nicht allein deshalb der Schutz durch Art. 8 EMRK abgesprochen werden, weil das Eheleben nach dem Eheschluss aufgrund äusserer Umstände zwangsläufig eingeschränkt war bzw. ist (vgl. Urteil des BVGer F-5235/2019 vom 22. Oktober 2019 S. 10).

    3. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts fällt die Beziehung einer ausländischen Person aber nur dann in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, wenn der Partner oder die Partnerin in der Schweiz ein gefestigtes Aufenthaltsrecht hat, das heisst: das Schweizer Bürgerrecht, eine Niederlassungsbewilligung oder eine auf einem Rechtsanspruch beruhenden Aufenthaltsbewilligung (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.1; 130 II 281 E. 3.1 m.w.H.). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Geltungsbereich des Asylgesetzes und der Dublin-Verfahren dieser Praxis angeschlossen (vgl. BVGE 2013/24 E. 5.2; Urteil des BVGer E-3546/2014 vom 2. Oktober 2014 E. 6.1.).

Die Ehefrau des Beschwerdeführers gelangte am 9. September 2019 in die Schweiz und reichte ein Asylgesuch ein. Mit Verfügung vom 14. Juli 2020 stellte das SEM fest, dass sie die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle (Ziff. 1 des Dispositivs) und lehnte das Asylgesuch ab (Ziff. 2 des Dispositivs). Gleichzeitig verfügte es ihre Wegweisung aus der Schweiz (Ziff. 3 des Dispositivs) und ordnete wegen derzeitiger Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs die vorläufige Aufnahme an (Ziff. 4 des Dispositivs). Gegen die Ziffern 1 bis 3 des Dispositivs reichte sie Beschwerde ein, die zurzeit beim Bundesverwaltungsgericht hängig ist (D-4038/2020). Sie hält sich somit erst seit etwas mehr als einem Jahr in der Schweiz auf und ist erst seit ein paar Monaten vorläufig aufgenommen. Von einer andauernden Situation wie bei anderen aus dem Irak geflüchteten Personen und schon gar nicht von einem gefestigten Aufenthaltsrecht im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung kann daher bei ihr nicht die Rede sein (vgl. zum Ganzen Urteil des BVGer F-1975/2018 vom 30. April 2020 E. 6.1 und 6.2). Das vom Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe erwähnte Urteil des

BVGer F-4157/2019 vom 29. August 2019 kann nicht mit dem vorliegenden Fall verglichen werden, weil in jenem Fall die in der Schweiz lebende Beziehungsperson in den Genuss einer Aufenthaltsbewilligung kam, welche auf einem Rechtsanspruch (Asyl) beruhte. Im Gegensatz dazu kann sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 8 EMRK berufen, da seine Ehefrau in der Schweiz nicht über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügt.

Demnach besteht keine Pflicht, die Souveränitätsklausel gemäss Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO anzuwenden. Es liegt auch kein Grund für die Anwendung der Ermessenklausel von Art. 17 Dublin-III-VO bzw. Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 vor. Deutschland ist als zuständiger Mitgliedstaat verpflichtet, den Beschwerdeführer wiederaufzunehmen. Die Vorinstanz ist daher zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten und hat zu Recht die Überstellung nach Deutschland verfügt.

7.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, und mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. Der angeordnete Vollzugsstopp fällt mit vorliegendem Urteil dahin.

8.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Begehren – wie sich aus den vorgehenden Erwägungen ergibt

– als aussichtslos zu bezeichnen sind (Art. 65 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 750.- festzulegen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

9.

Dieses Urteil ist endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 750 werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Dieser Betrag ist innert 30 Tagen nach Versand des vorliegenden Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die Einzelrichterin: Der Gerichtsschreiber:

Susanne Genner Rudolf Grun

Versand:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.