Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-4115/2019 |
Datum: | 09.06.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Visum aus humanitären Gründen (VrG) |
Schlagwörter : | Eltern; Libanon; Syrien; SEM-act; Mutter; Bundesverwaltungsgericht; Schweiz; Vater; Visum; Botschaft; Beirut; Einreise; Gesuch; Gefahr; Aufenthalt; Urteil; Hilfsorganisation; Gründen; Reise; Bruder; Hilfe; Person; Vorinstanz; Poststempel |
Rechtsnorm: | Art. 112 AIG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 88 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung VI F-4115/2019
Besetzung Richterin Susanne Genner (Vorsitz), Richterin Regula Schenker Senn, Richter Yannick Antoniazza-Hafner, Gerichtsschreiberin Ulrike Raemy.
Parteien A. ,
Beschwerdeführerin,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Visum aus humanitären Gründen für
Am 29. April 2019 beantragten die syrischen Staatsangehörigen B. (geb. 1945) und C. (geb. 63) (nachfolgend: Gesuchstellende, Eltern) bei der Schweizerischen Botschaft in Beirut Visa aus humanitären Gründen (Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 8/33-35 und SEMact. 8/63-65). Gemäss den Angaben der Mutter sei das Ehepaar dafür am Vortag legal in den Libanon (ein-)gereist und würde im Verlauf des morgigen Tages nach Syrien zurückkehren (SEM-act. 8/61).
Zuvor hatte ihre in der Schweiz lebende Tochter A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin) bereits zweimal das SEM um Erteilung von humanitären Visa für ihre Eltern ersucht (Gesuche vom 17. September 2018 [Poststempel] sowie vom 14. Januar 2019 [Poststempel]). Beide Male hatte ihr das SEM mitgeteilt, für die Erteilung von humanitären Visa seien die schweizerischen Auslandvertretungen zuständig (SEM-act. 2/14; 3/15; 4/21 f.; 5/23).
Gemäss einer Aktennotiz der Schweizerischen Botschaft in Beirut vom
29. April 2019 sind die Eltern der Beschwerdeführerin mit Einverständnis der syrischen Regierung in den Libanon gekommen, um dort ein «Asylgesuch» bei der Vertretung einzureichen. Nach Abgabe der Gesuche seien diese zurück nach Syrien gereist. Es bestehe keine Gefahr seitens der syrischen Regierung und somit bestünden keine «Asylgründe» in der Schweiz (SEM-act. 8/66).
Mit Formularverfügungen vom 30. April 2019 verweigerte die Schweizerische Botschaft in Beirut die Ausstellung von Visa aus humanitären Gründen (SEM-act. 8/36).
Eine dagegen am 26. Juni 2019 (Postaufgabe) erhobene Einsprache der Beschwerdeführerin wies das SEM mit Verfügung vom 19. Juli 2019 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Umstand, dass die Gesuchsteller nach ihrer Reise in den Libanon freiwillig nach Syrien zurückgekehrt seien, sei als starkes Indiz dafür zu werten, dass die geltend gemachte Gefährdung an Leib und Leben in Syrien aktuell nicht mehr unmittelbar und konkret bestehe (SEM-act. 9).
Mit undatierter (Poststempel vom 14. August 2019) und von ihr nicht unterzeichneter Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des Einspracheentscheids und die Ausstellung der beantragten Visa für ihre Eltern. Zur Begründung ihrer Anträge machte sie im Wesentlichen geltend, das Leben ihrer Eltern sei in Syrien in Gefahr, insbesondere aufgrund von Behelligungen durch Anhänger der Partei PYD (Partiya Yekitîya Demokrat; Partei der Demokratischen Union). Ein Bruder von ihr sei in D. verschollen. Auch deswegen würden ihre Eltern Hilfe und Unterstützung benötigen. Die beiden lebten weit weg von ihrem Zuhause und es mangle ihnen an medizinischer Versorgung und ihren täglich benötigten Medikamenten.
Mit Zwischenverfügung vom 21. August 2019 wurde die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 52 Abs. 2 und 3 VwVG und unter Hinweis auf die Säumnisfolge aufgefordert, ihre Rechtsmitteleingabe innert Frist zu verbessern.
Der Aufforderung kam die Beschwerdeführerin am 30. August 2019 nach. Ergänzend führte sei aus, ihr Vater habe nicht im Libanon bleiben können, da die Einreisebewilligung nur für zwei Tage gelte. Die Einreise und der Aufenthalt in Libanon seien für Syrer kompliziert.
Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 24. September 2019 die Abweisung der Beschwerde. Ein Doppel der Vernehmlassung erhielt die Beschwerdeführerin zu Kenntnisnahme.
Mit undatierter Eingabe (Poststempel vom 30. Oktober 2019) sowie mit Eingaben vom 4. Februar 2020 (Poststempel vom 10. Februar 2020) und vom 18. März 2020 gelangte die Beschwerdeführerin unaufgefordert an das Bundesverwaltungsgericht.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Einspracheentscheide des SEM betreffend humanitäre Visa sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 112 Abs. 1 AIG [SR 142.20] i.V.m. Art. 31 ff. VGG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und ist als Tochter der Betroffenen zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist (Art. 50 und 52 VwVG).
In der vorliegenden Angelegenheit entscheidet das Bundesverwaltungsgericht endgültig (Art. 88 Bst. c Ziff. 1 BGG).
Mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht können die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung der Begehren gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).
Als Staatsangehörige Syriens unterliegen die Eltern der Beschwerdeführerin für die Einreise in die Schweiz der Visumspflicht (vgl. Art. 9 der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung [VEV, SR 142.204]). Mit ihren Gesuchen beabsichtigen sie einen längerfristigen Aufenthalt, weshalb diese nicht nach den Regeln zur Erteilung von Schengen-Visa, sondern nach den Bestimmungen des nationalen Rechts zu prüfen sind (vgl. BVGE 2018 VII/5 E. 3.5 und E. 3.6.1 m.H.).
In Art. 4 Abs. 2 VEV wird ausdrücklich festgehalten, dass ein humanitäres Visum erteilt werden kann, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. Demnach kann ausnahmsweise ein nationales Visum aus humanitären Gründen erteilt werden, wenn bei einer Person aufgrund der individuellkonkreten Umstände davon ausgegangen werden muss, dass sie sich im Heimatoder Herkunftsstaat in einer besonderen Notsituation befindet, die ein behördliches Eingreifen zwingend erforderlich macht und es rechtfertigt, ihr - im Gegensatz zu anderen Personen in derselben Lage - ein Einreisevisum zu erteilen. Dies kann etwa bei akuten kriegerischen Ereignissen oder aufgrund einer konkreten individuellen Gefährdung, die sie mehr als alle anderen Personen betrifft, gegeben sein (vgl. bspw. Urteile des BVGer F-2025/2018 vom 18. Januar 2019 E. 3.2 sowie F-4658/2017 vom
Dezember 2018 E. 3.2 m.H.). Befindet sich eine Person bereits in einem Drittstaat oder ist sie nach einem Aufenthalt in einem solchen freiwillig in ihr Heimatoder Herkunftsland zurückgekehrt und hat sie die Möglichkeit, sich erneut in den Drittstaat zu begeben, ist in der Regel davon auszugehen, dass keine Gefährdung mehr besteht (vgl. BVGE 2018 VII/5 E. 3.6.3,
5.3.1 und 5.3.2 sowie statt vieler: Urteil des BVGer F-662/2019 vom 11. Juni 2019 E. 3.2 m. H.).
Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, das Leben ihrer Eltern in Syrien sei in grosser Gefahr, wobei das syrische System die grösste Gefahr für sie darstelle. Ihre Mutter sei gestützt auf ihre Ziviltätigkeiten kürzlich zu einer Befragung vorgeladen worden, in deren Verlauf ihr Beleidigungen und körperliche Gewalt widerfahren seien. Die Befragung habe im politischen Zentrum in Aleppo stattgefunden. Ihr Vater werde immer wieder von Patrouillen der Militärsicherheit behelligt, da ihr Bruder sich der Rekrutierung durch die syrische Armee durch Flucht entzogen habe. Da ihre Eltern sie und ihren Bruder ins Ausland geschickt hätten, betrachte die Partei PYD ihre Eltern als Verräter. Ausserdem müssten Eltern, deren Söhne vor der Rekrutierung geflüchtet seien, einen hohen Tribut an die Partei entrichten. Ihre Eltern seien jedoch arm und könnten sich solche Tribute und Abgaben nicht leisten. Vielmehr seien sie auf die Nahrungshilfe der Hilfsorganisationen angewiesen. Ein Bruder von ihr sei in D. verschollen, auch deswegen würden ihre Eltern Hilfe und Unterstützung benötigen. Sie würden weit weg von Zuhause leben, und es mangle ihnen an medizinischer Versorgung und ihren täglich benötigten Medikamenten.
In ihrer Beschwerdeverbesserung führt sie ergänzend aus, dass die Tätigkeit ihrer Mutter für die Hilfsorganisation «E. » deren Verfolgung durch die Militärsicherheit des syrischen Systems veranlasst habe. Ihre Mutter sei immer wieder vorgeladen und zu ihren Tätigkeiten für diese Hilfsorganisation befragt worden, obwohl sie eine rein humanitäre Arbeit geleistet habe. Das syrische Regime werfe jedoch allen Terrorismus vor, die unter Aufsicht der Sicherheitsorgane des Regimes arbeiten würden. Ihr Vater sei am 21. November 2018 unter dem Vorwurf, mit der Opposition zusammenzuarbeiten, festgenommen worden, obschon ihre Eltern vor den Terroristen der sogenannten «Freien Syrischen Armee» aus D. geflüchtet seien. Bei diesen Befragungen sei ihr Vater immer wieder zu seinem Sohn - ihrem Bruder - und dem Grund, weshalb sich dieser der Rekrutierung entzogen habe, befragt worden. Die Beschwerdeführerin wies erneut darauf hin, dass die Leute der PYD ihre Eltern wiederholt belästigen und als Verräter bezeichnen würden, da sie ihren Sohn ins Ausland geschickt und so eine Rekrutierung durch die PYD vereitelt hätten. Ihre Eltern müssten deshalb immer vor diesen Belästigungen flüchten und einen sicheren Ort suchen. Im Libanon habe ihr Vater nicht bleiben können, da die Einreisebewilligung nur für zwei Tage gelte. Der Versuch, sich illegal im Libanon aufzuhalten, werde unterbunden. Man werde festgenommen und unter Zwang nach Syrien zurückgeschickt beziehungsweise den syrischen Behörden übergeben. Später, wenn man ein Visum für die Schweiz
bekommen würde, würde der Libanon die Einreise nicht mehr bewilligen, weil man sich früher illegal im Libanon aufgehalten habe. Wenn man wieder versuche, illegal in den Libanon einzureisen, werde man am Flughafen bei der Abreise aus dem Libanon wieder angehalten und zur Rechenschaft gezogen. Die Einreise und der Aufenthalt in Libanon sei für Syrer kompliziert. Ausserdem nehme das UNHCR keine Flüchtlinge mehr auf, weil die Flüchtlingslager dort überfüllt seien. Ihr Vater sei über Nubul mit Hilfe von Schleppern und gegen eine Menge Geld eingereist, was auch eine Gefahr für ihn darstelle.
In ihren Eingaben vom 30. Oktober 2019 sowie vom 10. Februar 2020 wies die Beschwerdeführerin erneut auf den gesundheitlichen Betreuungsbedarf ihrer Eltern, deren Einsamkeit in Syrien und die Behelligungen durch die PYD sowie deren Folgen für ihre Eltern hin. Der Eingabe vom 30. Oktober 2019 lag die Kopie eines in Aleppo ausgestellten Arztzeugnisses vom
Januar 2019 bei, wonach die Mutter der Beschwerdeführerin an Kopfschmerzen, einem Übelkeitsanfall und einem Zusammenbruch leidet. Eine frühere Kopfverletzung habe sie sich am 29. August 2018 in der Region D. zugezogen, wo sie eine notfallmässige Behandlung erfahren habe. Sie leide unter den Folgen dieser Kopfverletzung sowie an Depression, Nervosität, Einsamkeit und Zurückgezogenheit. Sie brauche dringend körperliche und seelische Betreuung und Behandlung für mindestens ein Jahr.
Am 18. März 2020 teilte die Beschwerdeführerin mit, ihre Eltern hätten ihren bisherigen Aufenthaltsort verlassen, nachdem es dort zu Bombardierungen gekommen sei. Auf der Flucht habe ihre Mutter Prellungen erlitten. Die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen hätten erste Hilfe geleistet und ihrer Mutter Medikamente abgegeben.
Auch die Mutter der Beschwerdeführerin berichtete in ihrem (undatierten) an die schweizerische Botschaft in Beirut gerichteten Schreiben über ihre schwierigen Lebensbedingungen in Syrien. Dabei hebt sie insbesondere hervor, dass eine illegale Reise nach Aleppo für sie (und ihren Ehemann) lebensgefährlich sei. Sie sei bei ihrer Vertreibung aus D. von den islamistischen Rebellen auf den Kopf geschlagen worden, was bis heute zu wiederkehrenden akuten Kopfschmerzen geführt habe. Dies vor allem, weil sie keine Behandlung habe in Anspruch nehmen können. Ihr Ehemann sei aufgrund seiner Erlebnisse auf der Flucht und bei der Festnahme sowie aus Angst vor einer künftigen Festnahme psychisch sehr stark belastet. Sie seien völlig auf sich alleine gestellt, da keines ihrer
Kinder [in Syrien] anwesend sei. Sie hätten sich beim UNHCR nicht registrieren können und dürften auch nicht für immer im Libanon bleiben (SEM-act. 8/59 f.).
Die Eltern der Beschwerdeführerin haben sich unbestrittenermassen nach Libanon begeben, um dort in Beirut bei der schweizerischen Botschaft Visagesuche einzureichen. Danach sind sie nach Syrien zurückgekehrt. Dass diese Rückkehr nicht aus freien Stücken erfolgt sein soll und sie sich beim UNHCR nicht hätten registrieren können, erscheint jedoch nicht glaubhaft. Die entsprechenden Angaben blieben denn auch oberflächlich und rudimentär. Die Eltern der Beschwerdeführerin haben sich anscheinend auch nicht an andere Hilfsorganisationen oder an lokale Behörden gewandt. Es drängt sich infolgedessen die Vermutung auf, dass sie sich um eine Registrierung und Inanspruchnahme spezifischer Hilfe im Libanon gar nicht ernsthaft bemüht haben. Es wäre ihnen offen gestanden, die für Flüchtlinge im Libanon zur Verfügung stehenden kostenlosen medizinischen Angebote von Hilfsorganisationen in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu Urteile F-4631/2018 vom 27. Dezember 2018 E. 4.5 und F- 6511/2019 vom 28. August 2019 E. 4.5 m.H.). Tritt hinzu, dass gemäss den Angaben der Mutter gegenüber der schweizerischen Botschaft in Beirut eines ihrer Kinder im Libanon lebt und ihnen diesbezüglich zur Seite stehen könnte (SEM-act. 8/61).
Das Bundesverwaltungsgericht stellt nicht in Frage, dass die Zivilbevölkerung in Syrien - und somit auch die Eltern der Beschwerdeführerin - mit schwierigen Lebensumständen zu kämpfen haben. Die komplexen militärischen Auseinandersetzungen verschiedener Gruppierungen in Syrien betreffen weiterhin zahlreiche Städte und Regionen. Täglich werden in Teilen des Landes Tote und Verletzte gemeldet, wobei es insbesondere in der Provinz Idlib anhaltend zu intensiven Kampfhandlungen kommt (Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, www.auswaertiges-amt.de > Sicher Reisen > Reiseund Sicherheitshinweise > Länder A-Z > Syrien > Reisewarnung, Stand 06.05.2020, besucht im Mai 2020). Der aktuelle Aufenthaltsort der Eltern der Beschwerdeführerin in Syrien ist dem Gericht nicht bekannt (vgl. vorstehend E. 4.2.3). Indessen hatte ihre Mutter gegenüber der schweizerischen Botschaft in Beirut erklärt, sie und ihr Ehemann hätten im Jahr 2018 nur kurze Zeit in einem Flüchtlingslager gelebt. Da ihr Haus [in D. ] zerstört worden sei, würden sie - ohne dafür bezahlen zu müssen - bei Verwandten in Aleppo ( ) leben (SEM-act. 8/61).
Aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin ergeben sich diverse Widersprüche, was die gesundheitliche und familiäre Lage ihrer Eltern betrifft.
In ihrem ersten Gesuch vom 17. September 2018 hatte die Beschwerdeführerin angegeben, ihr Vater leide an Niereninsuffizienz und benötige dringend eine Behandlung in einer Fachklinik. Ihrer Mutter sei bei der Vertreibung aus D. brutal auf den Kopf geschlagen worden (SEM-act. 2/14). Anlässlich ihres zweiten Gesuchs vom 14. Januar 2019 hatte sie erklärt, ihr Vater habe sich beim Angriff auf D. eine Kopfverletzung zugezogen und leide des Weiteren unter den von ihr bereits beschriebenen gesundheitlichen Beschwerden, die an seinem Aufenthaltsort nicht behandelt werden könnten (SEM-act. 4/22). Gemäss dem undatierten Schreiben der Mutter an die schweizerische Botschaft in Beirut leidet sie an Diabetes und ihr Ehemann an Cholesterin und Diabetes (SEM-act. 8/61).
Die Beschwerdeführerin hatte in ihren Gesuchen vom 17. September 2018 und 14. Januar 2019 beide Male erklärt, es belaste ihre Eltern zusätzlich, dass ihre Schwester und deren Familie nach dem Angriff auf D. spurlos verschwunden seien (SEM-act. 2/14 sowie SEM-act. 4/22). Demgegenüber gibt die Beschwerdeführerin nun an, ihr Bruder sei in D. verschollen (vgl. E. 4.2.1 hiervor). Erwähnenswert ist zudem, dass die Mutter der Beschwerdeführerin angab, drei ihrer Kinder würden in Syrien leben (SEM-act. 8/61).
Es ergibt sich damit kein einheitliches Bild. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden der Eltern der Beschwerdeführerin behandelt wurden, da insbesondere die Nichtbehandlung einer Niereninsuffizienz sehr schnell schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde. Auch ist davon auszugehen, dass im Libanon zumindest eine minimale medizinische Versorgung gewährleistet ist. Insbesondere «Médecins Sans Frontières» (MSF) versorgt syrische Flüchtlinge kostenlos mit qualitativ hochwertiger Hilfe. Behandelt werden akute und chronische Erkrankungen. Der Umstand, dass in der Schweiz eine medizinische Behandlung qualitativ besser und leichter zugänglich wäre als in Syrien oder im Libanon, kann - für sich allein - behördliches Eingreifen nicht rechtfertigen (vgl. Urteil des BVGer F-6511/2018 vom 28. August 2019 E. 4.5 m.H.).
Auch die Repressalien, denen die Mutter der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Tätigkeit bei einer Hilfsorganisation für missbrauchte bzw. vergewaltigte Frauen zeitweise ausgesetzt war, erreichen nicht jenen Grad an
Intensität, der eine politische Verfolgung befürchten liesse. Ein Grund, Asyl zu beantragen, ergibt sich daraus nicht, weshalb auch kein humanitäres Visum erteilt werden kann. Ähnliches gilt für den Vater der Beschwerdeführerin, welcher von den syrischen Behörden drangsaliert worden sein soll.
Damit ist - trotz der zweifellos prekären Lage in weiten Teilen Syriens
nicht belegt, dass die Eltern der Beschwerdeführerin unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet sind und dieser Gefahr nur durch Ausstellung humanitärer Visa gestützt auf Art. 4 Abs. 2 VEV wirksam begegnet werden könnte.
Die Verweigerung von Visa aus humanitären Gründen an die Eltern der Beschwerdeführerin ist nach dem Gesagten zu Recht erfolgt. Die angefochtene Verfügung erweist sich somit im Lichte von Art. 49 VwVG als rechtmässig. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 VwVG i.V.m. Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2)
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie sind durch den in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben)
die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [ ] + [ ] zurück)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Susanne Genner Ulrike Raemy
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