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Bundesverwaltungsgericht Urteil F-216/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts F-216/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-216/2020
Datum:21.01.2020
Leitsatz/Stichwort:Wegweisung Dublin (Ausländerrecht)
Schlagwörter : Gericht; Verfügung; Spanien; Wegweisung; Bundesverwaltungsgericht; Verfahren; Behörde; Behörden; Richter; Vorinstanz; Probleme; Aufenthalt; Belgien; Schweiz; Kantons; Basel-Stadt; Vorbereitungshaft; Urteil; Europäischen; Mitgliedstaat; Dublin-III-VO; Akten; Gefängnis; Ehefrau; Überstellung; Beschwerdeführers; Erwägung; Behandlung; Verfahrens
Rechtsnorm: Art. 31 VwVG ;Art. 48 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 57 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64a AIG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung VI F-216/2020

U r t e i l  v o m  2 1.  J a n u a r  2 0 2 0

Besetzung Richter Fulvio Haefeli (Vorsitz), Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Richterin Susanne Genner,

Gerichtsschreiberin Barbara Giemsa-Haake.

Parteien A. ,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Wegweisung (Dublin-Verfahren), Verfügung des SEM vom 3. Januar 2020.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass der aus Algerien stammende A. nach mehrjährigem Aufenthalt in Spanien nach Belgien gelangte und dort am 16. bzw. 18. Februar 2018 ein Asylgesuch stellte,

dass die belgischen Behörden auf sein Asylgesuch nicht eintraten, nachdem sich Spanien dafür am 23. Februar 2018 explizit zuständig erklärt und der Rücküberstellung zugestimmt hatte,

dass der daraufhin von Belgien nach Spanien überstellte A. in der nachfolgenden Zeit in die Schweiz einreiste und am 12. Dezember 2019 vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt wegen mehrfachen Diebstahls und rechtswidrigen Aufenthalts zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt und für 3 Jahre des Landes verwiesen wurde,

dass ihn das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt am gleichen Tag - zwecks Sicherstellung der Wegweisung in den für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staat - in Vorbereitungshaft nahm (vgl. Art. 76a AIG [SR 142.20]) und ihm hinsichtlich der bevorstehenden Ausschaffung nach Belgien oder Spanien das rechtliche Gehör gewährte,

dass das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die angeordnete Vorbereitungshaft mit Urteil vom 13. Dezember 2019 als rechtmässig und angemessen bestätigte,

dass das SEM - nachdem die belgischen Behörden die Wiederaufnahme von A. abgelehnt hatten - die spanischen Behörden am 27. Dezember 2019 um dessen Übernahme ersuchte, dies gestützt auf Art. 18 Abs. 1 Bst. b Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180/31 vom 29. Juni 2013; nachfolgend: Dublin-III-VO),

dass die spanischen Behörden dem Übernahmeersuchen am 2. Januar 2020 explizit zustimmten,

dass das SEM mit Verfügung vom 3. Januar 2020 die Wegweisung von A. anordnete unter Hinweis darauf, dass er die Schweiz spätestens am Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist zu verlassen habe,

dass es gleichzeitig die Aushändigung der editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis verfügte und feststellte, einer allfälligen Beschwerde komme keine aufschiebende Wirkung zu,

dass A. gegen die ihm am 8. Januar 2020 eröffnete Verfügung am

10. Januar 2020 (Poststempel) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhob,

dass er sinngemäss beantragt, die Verfügung des SEM aufzuheben,

dass er zum einen geltend macht, er habe aufgrund des Suizids eines Freundes und aufgrund seines Gefängnisaufenthalts psychische Probleme und wolle daher in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden,

dass er zum anderen erklärt, im Falle der Ausschaffung nach Spanien werde er nicht ins Flugzeug steigen, er wolle nur aus dem Gefängnis entlassen werden und sich zu seiner in Frankreich lebenden Ehefrau und dem gemeinsamen Kind begeben,

dass er seiner Beschwerde mehrere Dokumente beigefügt hat, welche den Aufenthalt seiner Ehefrau in Frankreich belegen sollen,

dass der Instruktionsrichter, gestützt auf Art. 56 VwVG, den Vollzug der Überstellung mit superprovisorischer Massnahme vom 15. Januar 2020 per sofort aussetzte,

dass dem Bundesverwaltungsgericht am gleichen Tag die Vorakten zur Verfügung gestellt wurden,

dass das SEM dem Bundesverwaltungsgericht nachfolgend eine Eingabe des Beschwerdeführers vom 6. Januar 2020 übersandte (Posteingang

17. Januar 2020),

dass der Beschwerdeführer darin zum einen ausführt, er sitze zu Unrecht im Gefängnis, zum anderen, er sei seit zwei Jahren von seiner Ehefrau geschieden und wolle nun bei seiner in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Schwester leben, weil er sich in Spanien wegen seiner Bisexualität nicht sicher fühle,

dass auf den bisher nicht erwähnten Inhalt der Beschwerde und den der vorliegenden Akten, soweit entscheiderheblich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen ist,

und zieht in Erwägung

dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Ausländerrechts endgültig über Beschwerden gegen Wegweisungsverfügungen des SEM entscheidet (Art. 31 ff. VwVG i.V.m. Art. 5 VwVG; Art. 83 Bst. c Ziff. 4 BGG),

dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG),

dass die Verfügung vom 3. Januar 2020 jedoch nur die Wegweisung betrifft, weshalb sich der Verfahrensgegenstand darauf beschränkt und auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde nur insoweit einzutreten ist (vgl. Art. 64a Abs. 2 AuG und Art. 52 Abs. 1 VwVG),

dass die erst nachträglich (am 17. Januar 2020) an das Bundesverwaltungsgericht gelangte Eingabe des Beschwerdeführers vom 6. Januar 2019 noch vor Eröffnung der angefochtenen Verfügung (8. Januar 2020) verfasst wurde, dass ihr Inhalt demzufolge durch das Beschwerdevorbringen ersetzt wurde und daher von keiner Instanz mehr zu prüfen ist,

dass das vom Beschwerdeführer am 10. Januar 2020 ergriffene Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist, weshalb auf die Durchführung eines Schriftenwechsels zu verzichten ist (Art. 57 Abs. 1 VwVG),

dass Antrag und Begründung der am 10. Januar 2020 eingereichten Beschwerde nicht geeignet sind, den Wegweisungsentscheid in Frage zu stellen,

dass im vorliegenden Verfahren, anders als der Beschwerdeführer meint, weder eine Spitaleinweisung noch die Möglichkeit einer Entlassung aus der Vorbereitungshaft und der freiwilligen Ausreise geprüft werden können, sondern nur, ob eine Überstellung in den nach Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat - hier Spanien - zumutbar ist (zum insoweit massgeblichen Kriterium der Zumutbarkeit: vgl. ULRICH KOEHLER, Praxiskommentar zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem, Berlin 2018, Art. 27 N 3),

dass insoweit lediglich die psychischen Probleme, auf welche der Beschwerdeführer bereits bei seiner Befragung am 12. Dezember 2019 hingewiesen hat, in Betracht fallen,

dass diese Probleme aufgrund der offensichtlich erfolgreichen medikamentösen Behandlung - der Beschwerdeführer bezeichnete seinen Gesundheitszustand seinerzeit als gut - im bestehenden Kontext unberücksichtigt bleiben können,

dass die Vorinstanz in ihrer Verfügung ausdrücklich auf die ausreichende medizinische Infrastruktur Spaniens hingewiesen hat sowie auf die sich aus der sogenannten Aufnahmerichtlinie ergebende Verpflichtung, den Zugang zu notwendiger medizinischer Behandlung - d.h. zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen - zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen),

dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten gesundheitlichen Probleme auch die Durchführung des Wegweisungsvollzugs bzw. die Reisefähigkeit nicht in Frage stellen, zumal die mit der Überstellung beauftragten Behörden die besonderen Bedürfnisse der betroffenen Person - einschliesslich ihrer unterwegs notwendigen medizinischen Versorgung - berücksichtigen müssen (vgl. Art. 31 Abs. 2 Dublin-III-VO),

dass die Vorinstanz aufgrund der vorstehenden Erwägungen zu Recht und in Übereinstimmung mit Art. 64a Abs. 1 AIG die Wegweisung des Beschwerdeführers nach Spanien angeordnet hat,

dass die Beschwerde, soweit auf sie eingetreten werden kann, folglich abzuweisen ist und der am 15. Januar 2020 gemäss Art. 56 VwVG angeordnete Vollzugsstopp dahinfällt,

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 750.- dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innerhalb von 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

3.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Fulvio Haefeli Barbara Giemsa-Haake

Versand:

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