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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-5781/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts E-5781/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-5781/2020
Datum:01.12.2020
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren)
Schlagwörter : Italien; Recht; Verfahren; Über; Schweiz; Dublin-III-VO; Behörden; Überstellung; Asylgesuch; Mitgliedstaat; Zuständigkeit; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Wegweisung; Menschenhandel; Vorinstanz; Rechtsvertretung; Opfer; Visum; Zwischenverfügung; Behandlung; Reise; Belgien; Einreise; Rechtsvertreter
Rechtsnorm: Art. 19 BV ;Art. 29 BV ;Art. 33a VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-5781/2020

U r t e i l v o m 1 . D e z e m b e r 2 0 2 0

Besetzung Einzelrichterin Christa Luterbacher,

mit Zustimmung von Richter Fulvio Haefeli; Gerichtsschreiberin Sandra Bodenmann.

Parteien A. , geboren (…), Guinea,

vertreten durch Dr. iur. Korin Atat, LL.M., Avocate, Etude de Me Korin Atat,

Beschwerdeführerin,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung nach Italien (Dublin-Verfahren), Verfügung des SEM vom 9. November 2020;

sowie Unentgeltliche Rechtspflege im Verwaltungsverfahren; Zwischenverfügung des SEM vom 12. August 2020 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Die Beschwerdeführerin – Staatsangehörige von Guinea – verliess gemäss eigenen Angaben ihr Heimatland im Januar 2018 auf dem Landweg und gelangte zunächst nach Senegal. Am 19. Juli 2019 reiste sie auf dem Luftweg – unter Verwendung eines auf B. , geboren (…), lautenden, guineischen Reispasses mit einem auf demselben Namen lautenden, bis zum 10. März 2020 gültigen italienischen Visum – nach Italien. Am

13. Juli 2020 reiste sie in die Schweiz ein und stellte am 24. Juli 2020 im Bundesasylzentrum (BAZ) C. ein Asylgesuch. Dort fand am 30. Juli 2020 die Personalienaufnahme statt.

B. Mit Eingabe vom 27. Juli 2020 beantragte die von der Beschwerdeführerin selbst mandatierte Rechtanwältin, Korin Atat, Avocate, Genf, die Einsetzung als unentgeltliche Rechtsbeiständin für das vorinstanzliche Verfahren und reichte dazu eine von der Beschwerdeführerin unterzeichnete Vollmacht vom 23. Juli 2020 ein. Das Begehren wurde mit Eingabe vom 4. August 2020 erneuert.

C.

Die Abfrage des SEM bei der europäischen Fingerabdruckdatenbank Eurodac vom 28. Juli 2020 ergab keinen Treffer (vgl. Akte 1070631-7/1; A7).

D.

Mit schriftlicher Erklärung vom 3. August 2020 verzichtete die Beschwerdeführerin auf die kostenlose Rechtsvertretung im Asylverfahren durch die Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende im BAZ C. (vgl. A17).

E.

Im Rahmen des Dublin-Gesprächs vom 4. August 2020 (A18) gewährte das SEM der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör zur Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens gemäss der Dublin-Verordnung (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist; nachfolgend Dublin-III-VO), zu einem Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG (SR 142.31) und zur Wegweisung nach Italien.

Dabei trug die Beschwerdeführerin vor, sie sei von ihrer Familie in Guinea verstossen worden; diese habe an ihr eine Genitalverstümmelung vorgenommen und sie mit einem älteren Mann zwangsverheiratet. Von einem Arzt sei ihr empfohlen worden, in die Schweiz zu fliehen. Hierauf habe sie mit der Unterstützung der zweiten Ehefrau ihres Ehemannes und eines in Italien lebenden Mannes von der Botschaft in Dakar ein italienisches Visum beschafft und nach Italien reisen können. In Italien habe sie sich nur drei Tage lang aufgehalten und sei nach Belgien weitergereist, wo sie sich während elf Monaten eingeschlossen in einem Haus aufgehalten habe und habe zwangsweise arbeiten müssen. Das für ihre Weiterreise in die Schweiz angesparte Geld und ihren Reisepass habe man ihr abgenommen. Der Familienvater ihrer Unterkunft habe sie zudem zu vergewaltigen versucht. Eine benachbarte Familie habe sie dann mit dem Fahrzeug in die Schweiz gefahren. Sie habe weder in Italien noch in Belgien Kontakt mit den dortigen Behörden gehabt.

Sie könne aus mehreren Gründen nicht nach Italien zurück: ihr Ehemann habe zweitweise in Italien gelebt und sei dort bekannt; er habe ihr mit einem Messer gedroht und ihr angedroht, sie auch in Italien zu finden; zudem würde eine Rückkehr nach Italien die Helferfamilie, die sie von Belgien in die Schweiz gebracht habe, in Gefahr bringen; schliesslich habe ihr Arzt in Guinea mitgeteilt, dass nur die Ärzte in der Schweiz ihr helfen könnten.

F.

Am 11. August 2020 übermittelte das Dublin-Office Switzerland den italienischen Dublin-Behörden das Formular betreffend «Request for taking charge» (Übernahmeersuchen; vgl. A25) und hielt darin namentlich fest, die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt ihrer illegalen Einreise in die Schweiz einen guineischen Reisepass mit einem italienischen Visum auf sich getragen. Sie habe bei ihrer Anhörung in der Schweiz erklärt, sie habe das Visum durch die italienische Botschaft in Dakar persönlich erhalten. Dieses Visum sei ihr mit einem gefälschten Reisepass gewährt worden.

Der Beschwerdeführerin sei durch die italienische Botschaft in Dakar am

20. Februar 2019 ein bis 10. März 2020 gültiges Visum erteilt worden. Sie sei laut Stempel in ihrem Reisepass am 19. Juli 2019 in Italien eingereist, habe sich drei Tage lang in Italien aufgehalten und habe sich anschliessend nach Belgien begeben; dort habe sie eingeschlossen in einem Haus einige Monate lang gelebt, ohne Kontakte zu den belgischen Behörden gehabt zu haben. Im Juli 2020 sei sie illegal in die Schweiz eingereist und habe am

24. Juli 2020 um Asyl nachgesucht. Da das italienische Visum vor weniger

als sechs Monaten abgelaufen sei, würden die italienischen Behörden angefragt, ob sie in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 4 der Dublin-III-VO den Transfer der Beschwerdeführerin annehmen würden.

G.

Mit Schreiben vom 12. August 2020 teilte das SEM der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit, dass ihrem Antrag auf Einsetzung als unentgeltliche Rechtsbeiständin für das vorinstanzliche Verfahren nicht entsprochen werde, und verwies dazu auf die unentgeltliche Rechtsvertretung im BAZ C. durch die (…) Rechtsberatungsstelle (…), welche mit der Erfüllung der Aufgaben gemäss Art. 102f. AsylG betraut worden sei (A26).

H.

Diesen Entscheid focht die Rechtsvertreterin mit Beschwerde vom 19. August 2020 beim Bundesverwaltungsgericht an.

Mit Urteil D-4149/2020 vom 26. August 2020 trat das Bundesverwaltungsgericht auf diese Beschwerde nicht ein. Dabei verwies der zuständige Einzelrichter des Gerichts auf den Umstand, dass die Zwischenverfügung des SEM vom 12. August 2020 gemäss Art. 107 AsylG nicht selbständig, sondern nur mit dem Endentscheid angefochten werden könne.

I.

    1. Nachdem das SEM anlässlich des Dublin-Gesprächs vom 4. August 2020 Anhaltspunkte dafür feststellte, dass die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthaltes in Belgien Opfer von Menschenhandel geworden sein könnte, wurde sie am 24. August 2020 dazu befragt (vgl. A32).

    2. Nachdem sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben hatten, dass die Beschwerdeführerin ein potentielles Opfer von Menschenhandel geworden sei, wurde ihr im Anschluss an die Anhörung vom 24. August 2020 im Sinne von Art. 13 des Übereinkommens vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels (SR 0.311.543; für die Schweiz in Kraft getreten am 1. April 2013) eine 30-tägige Erholungsund Bedenkfrist gewährt, welche von der Beschwerdeführerin an Anspruch genommen wurde (vgl. A31).

J.

Am 17. September 2020 wurde bei der Beschwerdeführerin ein chirurgischer Eingriff (Öffnung der Infibulation) durchgeführt.

K.

Mit Schreiben ihrer Rechtsvertreterin vom 23. September 2020 reichte die Beschwerdeführerin ihre Einverständniserklärung zur Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden ein. Zudem informierte sie das SEM darüber, dass sie nach dem chirurgischen Eingriff vom 17. September 2020 spätestens am 27. September 2020 wieder ins BAZ C. zurückkehren werde (A43). Am 30. September 2020 ersuchte sie darum, diese Frist bis zum 14. Oktober 2020 zu verlängern (A45).

L.

die italienischen Behörden nahmen innerhalb der festgelegten Frist zum Übernahmeersuchen des SEM keine Stellung. In der Folge hielt das SEM mit elektronischer Korrespondenz an die italienischen Behörden vom

19. Oktober 2020 der Dublin-Zuständigkeit von Italien aufgrund von Verfristung fest (vgl. A47).

M.

Mit Verfügung vom 9. November 2020 (eröffnet am 12. November 2020) trat das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG auf das Asylgesuch der Beschwerdeführerin nicht ein und verfügte die Überstellung nach Italien, welches gemäss Dublin-III-VO für die Behandlung ihres Asylgesuches zuständig sei. Gleichzeitig beauftragte es den zuständigen Kanton mit dem Vollzug der Wegweisung nach Italien und stellte fest, einer allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid komme keine aufschiebende Wirkung zu. Der Beschwerdeführerin wurden die editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis ausgehändigt.

Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dass dem von der Beschwerdeführerin zu den Akten gegebenen guineischen Reisepass zu entnehmen sei, dass ihr am 20. Februar 2020 (recte: 2019) von der italienischen Botschaft in Dakar ein nationales, italienisches Visum ausgestellt worden sei (Gültigkeitsdauer vom 25. Februar 2019 bis 10. März 2020). Der im Reisepass eingetragene Vorname und das Geburtsdatum würden den von der Beschwerdeführerin in der Schweiz gemachten Identitätsangaben nicht entsprechen. Gestützt auf das im Reisepass enthaltene Visum und die Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem Dublin-Gespräch habe das SEM am 11. August 2020 die italienischen Behörden um eine Übernahme im Sinne von Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO ersucht.

Die italienischen Behörden hätten innerhalb der festgelegten Frist zum Übernahmeersuchen des SEM keine Stellung genommen, womit gemäss

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (DAA, SR 0.142.392.68) und unter Anwendung von Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO die Zuständigkeit, das weitere Verfahren der Beschwerdeführerin durchzuführen, am 12. Oktober 2020 an Italien übergegangen sei. Italien habe das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, das am 1. Februar 2008 in Kraft getreten sei, ratifiziert. Es obliege der Beschwerdeführerin, die Behörden von Italien über die Umstände des Menschenhandels in Belgien, dessen Opfer sie geworden sei, zu informieren.

Aus den Verfahrensakten gehe nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin in Italien ein Asylgesuch eingereicht habe. Es steht ihr jedoch frei, dies nach ihrer Überstellung zu tun. Dabei könne sie ihre Asylgründe geltend machen und die Umstände des Menschenhandels, dessen Opfer sie geworden sei, darlegen. Sie habe auch die Möglichkeit, mit verschiedenen Hilfsorganisationen für Opfer von Menschenhandel in Italien Kontakt aufzunehmen. Gemäss den dem SEM vorliegenden Informationen seien Opfer von Menschenhandel gestützt auf Art. 18 des Zuwanderungsgesetzes in Italien in besonderem Masse geschützt. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund dieser Bestimmung in Italien die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel «per motivi di protezione sociale» – auch nach Inkrafttreten des sogenannten Salvini-Dekrets – zu erhalten. Personen, die als Opfer von Menschenhandel identifiziert würden und die Kriterien des Gesetzesartikels erfüllten, hätten das Recht auf Zugang zum besonderen Hilfsprogramm, auf soziale Integration und auf Unterbringung in einer geschützten Struktur, die von einer im Rahmen dieses Programms zugelassenen Organisation verwaltet werde. Im Rahmen des italienischen Rechts würden besonders schutzbedürftige Asylsuchende, einschliesslich Opfer des Menschenhandels, einen besonderen Schutz geniessen. Bei einem ablehnenden Asylentscheid hätten Opfer von Menschenhandel in Italien die Möglichkeit, eine Aufenthaltsbewilligung nach Art. 18 des Zuwanderungsgesetzes erteilt zu bekommen. Erfülle die betroffene Person die Kriterien gemäss besagtem Artikel nicht, bestehe die weitere Möglichkeit, den Aufenthaltsstatus aus humanitären Gründen (beispielsweise bei medizinischen Gründen) nach Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes zu erhalten, unabhängig vom Status als Opfer von Menschenhandel.

Die Beschwerdeführerin habe keine besonderen Gründe vorgetragen, wonach sie in Italien einem ernsthaften Nachteil oder einer gravierenden Menschenrechtsverletzung gemäss Art. 3 und 4 EMRK ausgesetzt wäre. Die Tatsache, dass sie in der Vergangenheit Opfer von Menschenhandel in Belgien geworden sei, sei bei einer Überstellung kein ausreichender Grund für ein tatsächliches Risiko des «Re-Traffickings». Sie stehe mit den Personen, die sie in Belgien ausgebeutet hätten, nicht mehr in Kontakt und werde zudem nicht in das Land überstellt, in dem sie Opfer von Ausbeutung geworden sei.

Aus den Akten würden sich keine objektiven, konkreten und ersthaften Hinweise ergeben, dass die italienischen Behörden, wenn diese über die entsprechenden Informationen verfügten, nicht alle erforderlichen Massnahmen ergreifen würden, um die Beschwerdeführerin ihrer Situation entsprechend unterzubringen und zu betreuen. Es seien keine Hinweise dafür vorhanden, dass ihre Überstellung gegen die EMRK verstossen würde. Der Vollzug der Wegweisung sei demnach zulässig. Derzeit sei in der Schweiz kein strafrechtliches Verfahren geplant, weshalb ihr weiterer Verbleib in der Schweiz nicht erforderlich sei. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin vermöchten insgesamt die Zuständigkeit Italiens zur Durchführung des weiteren Verfahrens nicht zu widerlegen. Auch der Umstand, dass der in Italien lebende Fluchthelfer aufgrund der Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Italien in Probleme geraten könnte, vermöge an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Italien habe die Verfahrens-, Qualifikationsund die Aufnahmerichtlinie der EU umgesetzt und sei auch Signatarstaat der Flüchtlingskonvention und der EMRK. Es würden keine Anhaltspunkte vorliegen, die dafür sprechen würden, dass Italien sich nicht an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen halten und die Asylund Wegweisungsverfahren nicht korrekt durchführen würde. Es würden auch keine systemischen Mängel in Italiens Asylund Aufnahmesystem vorliegen.

Es gebe auch keine Gründe, die die Schweiz gemäss Art. 16 Abs. 1 DublinIII-VO verpflichten würden, das Asylgesuch der Beschwerdeführerin zu prüfen.

Ein Arztbericht des (…)spitals [E. ] bestätige, dass bei der Beschwerdeführerin die invasivste Form einer weiblichen Genitalverstümmelung in Guinea vorgenommen worden sei (Infibulation nach Typ 3). Italien verfüge über eine ausreichende medizinische Infrastruktur und sei gemäss Art. 19 der Aufnahmerichtlinie verpflichtet, der Beschwerdeführerin die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung

und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen umfasse, zu gewähren.

Das SEM unterstreiche, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes-Dekrets 113/2018 («sicurezza e immigrazione) am 5. Oktober 2018 der Zugang zur Gesundheitsversorgung für Asylsuchende in Italien nach wie vor im gleichen Mass gegeben sei wie für Personen mit einem Aufenthaltsstatus. Das Dekret erwähne sogar explizit, dass der Zugang zu den bisherigen Leistungen, inklusive der Einschreibung ins nationale Gesundheitssystem, am Wohnort gewährleistet sei. Dies beinhalte in erster Linie, dass Asylsuchende Zugang zu allen angebotenen und vorgesehenen Leistungen in Italien hätten, welche an die Erstaufnahmestrukturen angegliedert seien. Nicht nur die Notfallversorgung, sondern auch der Zugang zum nationalen Gesundheitssystem würden für Asylsuchende weiterhin in gleichem Masse wie für Personen mit einer Aufenthaltsregelung gewährleistet. Der Zugang zur medizinischen Versorgung für Asylsuchende ändere mit dem Inkrafttreten des Dekrets nicht, was die italienischen Behörden in einem auf der Website des Innenministeriums publizierten Dokument betonen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der zuständige Dublin-Staat angemessene medizinische Versorgungsleistungen erbringen könne und den Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung gewährleiste.

Für das weitere Dublin-Verfahren sei einzig die Reisefähigkeit ausschlaggebend. Diese werde erst kurz vor der Überstellung definitiv beurteilt. Zudem trage das SEM dem aktuellen Gesundheitszustand bei der Organisation der Überstellung nach Italien Rechnung, indem es die italienischen Behörden im Sinne von Art. 31 und 32 Dublin-III-VO vor der Überstellung über ihren Gesundheitszustand und die notwendige medizinische Behandlung informiere. Wie dem Referenzurteil E-962/2019 des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2019 zu entnehmen sei, sei das SEM gehalten, bei den italienischen Behörden individuelle Garantieren einzuholen, wenn unmittelbar nach einer Überstellung nach Italien eine medizinische Versorgung notwendig sei. Das SEM sei am 23. September 2020 informiert worden, dass die Beschwerdeführerin am 17. September 2020 in D. operiert und in einem chirurgischen Eingriff die Öffnung der Infibulation durchgeführt worden sei. Bis zum heutigen Zeitpunkt sei den Akten kein Hinweis auf einen akuten medizinischen Notfall oder postoperative Komplikationen zu entnehmen. Die im Referenzurteil festgehaltenen Überstellungsbedingungen würden vorliegend deshalb nicht Anwendung finden. Es bestehe keine Verpflichtung, die Souveränitätsklausel gemäss Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO anzuwenden.

Auch ein Selbsteintritt aus humanitären Gründen sei nicht angezeigt. Italien sei ein Rechtsstaat, welcher über eine funktionierende Polizeibehörde verfüge, die sowohl als schutzwillig als auch schutzfähig gelte. Sollte sich die Beschwerdeführerin in Italien vor Übergriffen durch Privatpersonen fürchten oder sogar solche erleiden, könne sie sich an die zuständigen staatlichen Stellen wenden. Der Vollzug der Wegweisung sei zudem technisch möglich und praktisch durchführbar. Vorübergehende Einschränkungen des Flugverkehrs oder vorübergehende Einreisebeschränkungen durch die italienischen Behörden im Zusammenhang mit der aktuellen Situation rund um den Corona-Virus vermöchten eine grundsätzliche Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzuges nicht zu begründen.

Die Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien habe – vorbehältlich einer allfälligen Unterbrechung oder Verlängerung der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin-III-VO – bis spätestens zum 12. April 2021 zu erfolgen.

N.

Gegen die SEM-Verfügung vom 9. November 2020 (sowie gegen die Zwischenverfügung vom 12. August 2020) liess die Beschwerdeführerin mit Eingabe ihrer Rechtsvertreterin vom 17. November 2020 an das Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben. Dabei beantragte sie, die Verfügung des SEM vom 9. November 2020 sei aufzuheben und das SEM sei anzuweisen, auf das Asylgesuch einzutreten. Eventualiter sei die SEMVerfügung aufzuheben und die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.

In formeller Hinsicht wurde beantragt, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; der Beschwerdeführerin sei während der gesamten Dauer des Verfahrens der Aufenthalt in der Schweiz zu gestatten; von der Erhebung eines Kostenvorschusses sei abzusehen und für das Beschwerdeverfahren sei die unentgeltliche Rechtspflege inkl. amtliche Verbeiständung sei zu gewähren. Im Weiteren sei (sinngemäss) auch die Zwischenverfügung vom 12. August 2020 aufzuheben und die Rechtsvertreterin sei rückwirkend per 24. Juli 2020, m.a.W. für das vorinstanzliche Verfahren, als unentgeltliche Rechtsbeiständin einzusetzen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Nichteintretensentscheid vom 26. August 2020 festgehalten, die am 12. August 2020 erfolgte Verweigerung des SEM, die von der Beschwerdeführerin mandatierte Rechtsvertreterin mit

der Wahrnehmung der unentgeltlichen Beratung und Rechtsvertretung gemäss Art. 102f AsylG zu beauftragen, sei nicht selbständig anfechtbar; die entsprechende Zwischenverfügung müsse gemäss Art. 107 Abs. 1 AsylG mit der Endverfügung angefochten werden. Die verweigerte unentgeltliche Rechtsverbeiständigung für das vorinstanzliche Verfahren werde demnach vorliegend angefochten.

Das SEM habe willkürlich entschieden. Es habe den massgebenden Umstand, dass sich die Beschwerdeführer nur drei Tage lang in Italien aufgehalten habe, nicht mitberücksichtigt. Im Weiteren sei im Reisepass der Beschwerdeführerin ein Stempel angebracht, aus welchem entnommen werden könne, dass diese am 19. Juli 2019 in Bari (Italien) auf dem Luftweg eingereist sei. Am Tag nach ihrer Einreise in die Schweiz habe sich die Beschwerdeführerin in medizinische Pflege begeben, wo sie eine auf gentialverstümmelte Frauen spezialisierte Konsultation beim E. erhalten habe.

O.

Das SEM habe zu Unrecht und in willkürlicher Verletzung von Art. 102f und 102i Abs. 4 AsylG das Gesuch abgewiesen, die Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin einzusetzen. Zahlreiche Organisationen und im Asylrecht tätige Rechtsanwälte hätten gerügt, dass die Ausgestaltung der unentgeltlichen Rechtsvertretung im Testverfahren und im neuen Asylverfahren zentrale Verfahrensprinzipien (Unabhängigkeit der Rechtsvertretung, Abwesenheit von Interessenkonflikten der Rechtsvertretung etc.) verletzen würden. Insbesondere Dr. Martina Caroni habe im Auftrag der «Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz» in ihrer Expertise vom August 2015 (Beschwerdebeilage 20) die fehlende Unabhängigkeit der vom SEM mit der Beratung und Rechtsvertretung mandatierten unentgeltlichen Rechtsvertreter kritisiert (vgl. Beschwerde S. 14f., Beschwerdebeilagen 18-20). Das Vorgehend es SEM verletze ferner in diskriminierender Weise die Garantie des Zugangs zu den Gerichten für Flüchtlinge von Art. 16 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30); ebenso werde die Garantie der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 29 Abs. 3 BV verletzt (vgl. Beschwerde S.25 ff.).

Die Beschwerdeführerin habe weder in Italien noch in einem anderen europäischen Land ausser der Schweiz ein Asylgesuch eingereicht. Eine Rückweisung nach Italien würde die klaren Bestimmungen der Dublin-IIIVO verletzen. Zudem könne von der Beschwerdeführerin, die erst vor zwei

Monaten einen chirurgischen Eingriff habe vornehmen müssen, nicht verlangt werden, dass sie die Schweiz verlasse. Mit der aktuellen gesundheitlichen Situation, insbesondere der herrschenden Pandemie, sei eine Reise in ein anderes Land innerhalb Europas äusserst schwierig.

Das SEM habe den Sachverhalt nicht korrekt respektive willkürlich festgestellt und dabei den eingereichten Reisepass nicht beachtet. Das SEM habe bei der Feststellung der Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des Asylgesuchs der Beschwerdeführerin das tatsächliche Datum der Einreise der Beschwerdeführerin nach Italien – die Einreise in Bari am 19. Juli 2019

  • nicht beachtet. Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO sehe vor, dass wenn auf der Grundlage eines Beweismittels oder Indizien feststehe, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, Seeoder Luftgrenze eines Mitgliedstaates illegal überschritten habe, die Zuständigkeit des betreffenden Mitgliedstaates für die Prüfung des Asylantrags nach Ablauf von zwölf Monaten nach dem Tag des illegalen Grenzübertrittes ende. Dies treffe im Fall der Beschwerdeführerin zu.

    Im Weiteren habe das SEM die Schilderungen der Beschwerdeführerin, wie sie in Belgien während eines Jahres Opfer von Menschenhandel geworden sei, nicht in Zweifel gezogen. Auch daraus gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin sich länger als 12 Monate nicht mehr in Italien aufgehalten habe, weshalb Art. 13 Dublin-III-VO nicht mehr zum Tragen kommen könne.

    P.

    Die vorinstanzlichen Akten lagen dem Bundesverwaltungsgericht am

    19. November 2020 in elektronischer Form vor (vgl. Art. 109 Abs. 3 AsylG).

    Q.

    Am 19. November 2020 bestätigte die Instruktionsrichterin den Eingang der Beschwerde und setzte den Vollzug der Überstellung gestützt auf Art. 56 VwVG per sofort einstweilen aus.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

      1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – und so auch vorliegend – endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

      2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

      3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung vom 9. November 2020 und die angefochtene Zwischenverfügung vom 12. August 2020 besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 3 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

      4. Nachdem die angefochtene Verfügung und Zwischenverfügung des SEM in deutscher Sprache ergangen sind, wird das Beschwerdeverfahren gestützt auf Art. 33a Abs. 2 VwVG in deutscher Sprache geführt.

      5. Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachfolgend aufgezeigt wird, handelt es sich um eine solche.

      6. Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

    2.

    Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

    Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.).

    3.

    Die Rechtsmitteleingabe vom 17. November 2020 richtet sich einerseits gegen die Zwischenverfügung des SEM vom 12. August 2020, in welcher die Vorinstanz die Einsetzung der von der Beschwerdeführerin selbst mandatierten Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin für das vorinstanzliche Verfahren abgelehnt hat, und andererseits gegen den Nichteintretensentscheid des SEM und die Wegweisung nach Italien (Dublin-Entscheid) vom 9. November 2020.

    4.

    In einem ersten Schritt ist vorliegend zu beurteilen ist, ob das SEM der Beschwerdeführerin mit seinem Schreiben vom 12. August 2020 – bei dem es sich um eine anfechtbare Zwischenverfügung handelt (vgl. Urteil des BVGer D-4149/2020 vom 26. August 2020 S. 3) – zu Recht die unentgeltliche Rechtspflege im vorinstanzlichen Dublin-Verfahren verweigert hat.

      1. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in mehreren Entscheiden die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege im vorinstanzlichen Verfahren behandelt und hat eine langjährige Praxis hierzu entwickelt. Im publizierten Entscheid BVGE 2017 VI/8 hielt das Gericht insbesondere fest, der diesbezügliche Anspruch leite sich aus Art. 29 Abs. 3 BV ab (vgl. E. 3). Im gleichen Entscheid hat es die Voraussetzungen zur Annahme der finanziellen Bedürftigkeit und der Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im erstinstanzlichen Verfahren definiert (vgl. E. 3.3.1-3.3.2).

        Dabei kam das Gericht namentlich zum Schluss, die Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung könne nicht bereits aufgrund des Umstandes vereint werden, dass das vorinstanzliche Verfahren vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht sei. Ob eine anwaltliche Verbeiständung notwendig sei, beurteile sich nach den konkreten objektiven und subjektiven Umständen. In diesem Zusammenhang berücksichtige das Gericht insbesondere das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung der betroffenen Person sowie die Schwere und Komplexität des Falles. Bereits die Vorgängerorganisation

        des Bundesverwaltungsgerichts, die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK), habe in ihrem Entscheid EMARK (Entscheidungen und Mitteilungen der ARK) 2001 Nr. 11 festgehalten, das Kriterium der erheblichen Tragweite des Verfahrens sei im erstinstanzlichen Asylverfahren in aller Regel erfüllt. Im Gegensatz dazu werde das weitere Erfordernis komplexer Sachoder Rechtsfragen nur äusserst selten erfüllt sein (vgl. EMARK 2001 Nr. 11 E. 6c sowie EMARK 2004 Nr. 9 E. 3a und b). Diese Praxis, wonach die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im erstinstanzlichen Verfahren zwar nicht ausgeschlossen, allerdings die Notwendigkeit der Vertretung nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen zu bejahen sei, werde vom Bundesverwaltungsgericht fortgeführt, wozu auf mehrere Urteile des Gerichts verwiesen wurde (vgl. BVGE 2017 VI/8, E. 3.3.2).

      2. Die Regelungen von Art.102f AsylG ff., auf die die Beschwerdeführerin sich beruft, sehen im neuen Asylverfahren einen speziellen Rechtsschutz in den Bundeszentren (vgl. den Titel des gesamten Abschnitts vor Art. 102f AsylG) sowie eine Beratung und Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren nach Zuweisung auf die Kantone (so der Abschnittstitel vor Art. 102l AsylG) vor. In den Bundeszentren wird der Rechtsschutz durch sogenannte Leistungserbringer garantiert; im Bundeszentrum C. , dem die Beschwerdeführerin zugewiesen ist, handelt es sich hierbei um die (…) Rechtsberatungsstelle (…), wie die Vorinstanz in ihrer Zwischenverfügung vom 12. August 2020 festgehalten hat. Soweit die Beschwerdeführerin an dieser gesetzlichen Regelung ganz generell Kritik übt (Beschwerde S.28 ff.), ist hierauf nicht einzugehen; das Bundesverwaltungsgericht ist an die Bundesgesetze gebunden (Art. 190 BV). Neben der asylgesetzlichen Sonderregelung betreffend Rechtsschutz in den Bundeszentren bleiben die generellen Regeln von Art. 65 Abs. 2 VwVG für die unentgeltliche Rechtsverbeiständung bestehen.

      3. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass im vorinstanzlichen Asylverfahren der Beschwerdeführerin im Rahmen des Rechtsschutzes im Bundeszentrum eine unentgeltliche Rechtsvertretung ([…] Rechtsberatungsstelle […]) beigeordnet wurde; diese wurde mit der Erfüllung der unentgeltlichen Beratung und Rechtsvertretung im Sinne von Art. 102f. AsylG im BAZ C. beauftragt. Die Beschwerdeführerin wurde anlässlich der Gespräche vom 31. Juli und 3. August 2020 über diesen Umstand informiert (vgl. Antwortschreiben des SEM vom 12. August 2020; A26). Mit der Vollmacht vom 23. Juli 2020 an eine Rechtsvertretung ausserhalb des BAZ respektive ihrer schriftlichen Erklärung vom 3. August 2020 (vgl. A17; Sachverhalt oben, Bst. D) hat die Beschwerdeführerin auf diese kostenlose

    Rechtsvertretung verzichtet und ihre heutige Vertreterin für die Vertretung ihrer Interessen im Asylverfahren mandatiert. Diese Mandatierung einer selbst ausgewählte Anwältin ist zulässig und nicht zu beanstanden. Sie begründet jedoch keine Verpflichtung, die Vertretungskosten dieser von der Beschwerdeführerin selbst mandatierten Rechtsvertretung – unabhängig von den Regeln von Art. 65 Abs. 2 VwVG – zu übernehmen. Im vorliegend zu beurteilenden Dublin-Verfahren geht es ferner nicht um die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft, sondern lediglich um die Frage der Bestimmung des zuständigen Dublin-Mitgliedstaates für die Behandlung des Asylund Wegweisungsverfahrens der Beschwerdeführerin. Es ist bei dieser Sachlage nicht vom Vorliegen komplexer Rechtsund Sachfragen auszugehen.

    Die Beschwerdeführerin legt nicht konkret dar, worin im vorliegenden Verfahren die Notwendigkeit einer Rechtsvertretung im vorinstanzlichen Verfahren gemäss Art. 65 Abs. 2 VwVG, der bestehenden Rechtsprechung folgend (vgl. oben E. 4.1), bestanden habe. Die Vorinstanz hat (sinngemäss, wenn auch mit knapper Begründung, wie zu Recht gerügt wird, vgl. Beschwerde S. 23) die Notwendigkeit einer unentgeltlichen Rechtsvertretung gemäss Art. 65 Abs. 2 VwVG zu Recht verneint, und die Zwischenverfügung vom 12. August 2020 ist nicht zu beanstanden.

    In aller Form zurückzuweisen sind an dieser Stelle die Behauptungen, ohne Hilfe ihrer Rechtsvertreterin hätte die Beschwerdeführerin die medizinische Hilfe (Operation betreffend Aufhebung der Infibulation) nicht in Anspruch nehmen können, und das SEM habe vielmehr die angesetzte Operation zu hintertreiben versucht (vgl. Beschwerde S. 32: "Le SEM a tout entrepris ce qui était en son pouvoir pour faire en sorte que l'opération pourtant prévue soit annulée, allant même jusqu'à faire intervenir les assurances pour indiquer qu'elles ne prendraient pas en charge les frais de l'opération"). Für diese Vorwürfe gehen aus den Akten keinerlei Hinweise hervor, und auch die Beschwerdeführerin belegt sie im Beschwerdeverfahren nicht. Sie verweist auf Beschwerdebeilage 17; dabei handelt es sich um das Urteil D-4149/2020 vom 26. August 2020, das mit Fragen der medizinischen Behandlung nichts zu tun hat.

    Die Beschwerde gegen den Zwischenentscheid des SEM vom 12. August 2020 ist nach dem Gesagten als offensichtlich unbegründet abzuweisen

    5.

    Sodann ist die Nichteintretensverfügung samt Wegweisung nach Italien vom 9. November 2020 zu überprüfen.

      1. Auf Asylgesuche wird in der Regel nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG). Zur Bestimmung des staatsvertraglich zuständigen Staates prüft das SEM die Zuständigkeitskriterien gemäss Dublin-III-VO. Führt diese Prüfung zur Feststellung, dass ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylgesuchs zuständig ist, tritt das SEM, nachdem der betreffende Mitgliedstaat einer Überstellung oder Rücküberstellung zugestimmt hat, auf das Asylgesuch nicht ein (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 6.2).

      2. In der Rechtsmitteleingabe wird vorgetragen, die Zuständigkeit Italiens sei zwölf Monate nach der Einreise der Beschwerdeführerin, welche gemäss Passstempel nachweislich am 19. Juli 2020 in Bari erfolgt sei, erloschen. Hierzu wurde auf Art. 13 der Dublin-III-VO verwiesen (vgl. Beschwerde, insbesondere S. 20).

    Einerseits wird mit dieser Argumentation übersehen, dass die Einreise der Beschwerdeführerin über den Flughafen in Bari nicht illegal, sondern legal

  • aufgrund eines von der italienischen Botschaft in Dakar ausgestellten Einreisevisums – erfolgt ist. Zum anderen geht diese Argumentation fehl, weil der Dublin-Entscheid des SEM vom 9. November 2020 nicht auf dem Umstand einer illegalen oder legalen Einreise in Italien (Art. 13 Dublin-IIIVO) basiert, sondern auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführerin durch die italienischen Behörden ein Einreisevisum erteilt worden war (Art. 12 Dublin-III-VO).

5.3

      1. Der Umstand, dass der Beschwerdeführerin durch die italienische Botschaft in Dakar am 20. Februar 2019 ein Visum für Italien ausgestellt wurde, begründet grundsätzlich die Zuständigkeit dieses Staates (vgl. Art. 12 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Dublin-III-VO). Die italienischen Behörden haben ihre Zuständigkeit stillschweigend anerkannt (vgl. Art. 22 Abs. 7 Dublin-IIIVO). Die Zuständigkeit Italiens wurde somit durch die Verfristung bestimmt.

      2. Die Tatsache, dass das von den italienischen Behörden am 20. Februar 2019 ausgestellte Visum am 10. März 2020 abgelaufen ist und somit etwas mehr als vier Monate später, im Zeitpunkt der Asylgesuchstellung der Beschwerdeführerin in der Schweiz am 24. Juli 2020, bereits abgelaufen war, ändert nichts an der Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens, nachdem das besagte Visum vor

        weniger als sechs Monate abgelaufen war (vgl. Art. 12 Abs. 4 Dublin-IIIVO).

      3. Auch der weitere Umstand, dass das Visum der italienischen Vertretung in Dakar der Beschwerdeführerin aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von verfälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten – wie vorliegend behauptet: ein nicht auf ihren eigenen Namen lautender Reisepass – erteilt wurde, ändert gemäss den einschlägigen Bestimmungen der Dublin-III-VO nichts an der Zuständigkeit des visumserteilenden Mitgliedstaates (vgl. Art. 12 Abs. 5 Dublin-III-VO).

5.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass Italien für die Beurteilung des Asylund Wegweisungsverfahren der Beschwerdeführerin grundsätzlich zuständig ist. Die im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände gegen die Zuständigkeit Italiens erweisen sich als offensichtlich unbegründet.

6.

Es ist im Folgenden der Frage nachzugehen, ob im vorliegenden Verfahren besondere Umstände gegen die grundsätzlich gegebene Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens der Beschwerdeführerin vorliegen.

    1. Erweist es sich als unmöglich, Antragstellende in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragstellende in jenem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2012/C 326/02, nachfolgend: EU-Grundrechtecharta) mit sich bringen, ist zu prüfen, ob aufgrund dieser Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann kein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden, wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat (Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO).

    2. Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet, einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Massgabe der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO aufzunehmen (Art. 18 Abs. 1 Bst. a Dublin-III-VO).

    3. Jeder Mitgliedstaat kann abweichend von Art. 3 Abs. 1 beschliessen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO; sog. Selbsteintrittsrecht). Würde eine Überstellung in den zuständigen Staat völkerrechtliche Verpflichtungen verletzen, ist ein Selbsteintritt zwingend.

7.

    1. Die Vorinstanz begründete ihre Verfügung im Wesentlichen damit, die Zuständigkeit Italiens stehe aufgrund des durch dieses Land ausgestellten Visums und dessen stillschweigender Zustimmung zur Übernahme fest. Ausserdem würden die Aufnahmebedingungen in Italien keine systemischen Mängel aufweisen, weshalb ein Selbsteintritt aufgrund von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht in Frage komme. Weiter stünden einer Überstellung nach Italien keine völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegen. Auch würden keine Gründe für einen Selbsteintritt aus humanitären Gründen gemäss Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO vorliegen.

      Soweit die Beschwerdeführerin vorgetragen habe, Opfer von Menschenhandel in Belgien geworden zu sein, wurde festgestellt, dass Italien mit seinem Einwanderungsgesetz einen hinreichenden Schutz gewähre. Italien verfüge auch über eine ausreichende, gute medizinische Infrastruktur und sei aufgrund der Aufnahmerichtlinie verpflichtet, der Beschwerdeführerin die erforderliche medizinische Versorgung zu gewährleisten, woran das Inkrafttreten des «Salvini-Dekrets» am 5. Oktober 2018 nichts geändert habe (vgl. angefochtene Verfügung vom 9. November 2020, insbesondere Ziff. II, S. 4-7 und Sachverhalt, Bst. M oben). Ein Selbsteintritt gemäss Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 29a Abs. 3 der Asylverordnung 1 vom

      11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311) falle somit nicht in Betracht.

    2. In der Beschwerdeschrift wird nichts vorgetragen, was an dieser Einschätzung konkret zweifeln oder sie in einem wesentlich anderen Licht betrachten liesse. Es wird zwar vorgetragen, es sei für die Beschwerdeführerin sehr schwierig, knappe zwei Monate nach ihrem chirurgischen Eingriff in der Schweiz in ein anderes Land auszureisen. Dieses Vorbringen wird indessen nicht weiter spezifiziert. Insbesondere wird nicht dargetan, weshalb eine allenfalls zukünftig notwendige physisch und/oder psychisch bedingte medizinische Behandlung der Beschwerdeführerin in Italien nicht möglich sein sollte respektive ihr dort verwehrt würde.

    3. Soweit nach dem chirurgischen Eingriff vom 17. September 2020 eine medizinische Nachbetreuung erforderlich sein sollte, darf davon ausgegangen werden, dass diese auch in Italien gewährleistet wird. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen (vgl. Beschwerdebeilagen Nr. 11-

15) bestehen keine konkreten Hinweise darauf, dass sich die Beschwerdeführerin unmittelbar nach ihrer Einreise in Italien in ärztliche Behandlung begeben müsste.

8.

    1. Im Lichte von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO ist zu prüfen, ob es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Italien würden systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen würden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem jüngsten Referenzurteil zu Italien nach eingehender Analyse festgehalten, dass das italienische Asylsystem auch weiterhin zwar Schwachstellen, jedoch keine systemischen Mängel aufweist (vgl. Referenzurteil E-962/2019 vom

      17. Dezember 2019 E. 6.3). Unter diesen Umständen ist die Anwendung von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht gerechtfertigt.

    2. Zutreffend hält die Vorinstanz fest, dass die Beschwerdeführerin in Italien wird ein Asylgesuch stellen können, und dass angenommen werden darf, Italien halte seine völkerrechtlichen Pflichten (gemäss FK, EMRK, ebenso gemäss europäischen Richtlinien) ein und werde das Asylgesuch den einschlägigen Verpflichtungen gemäss und unter Respektierung des Refoulement-Verbots prüfen. Ebenso ist, wie das SEM zutreffend festhält, auch davon auszugehen, dass Italien die Bestimmungen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel respektiert und umsetzt. In der Beschwerde wird denn auch diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht.

    3. Sodann ist eine Überstellung nach Italien auch im Hinblick auf die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin nicht unzulässig.

      Fest steht, dass eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit gesundheitlichen Problemen nur ganz ausnahmsweise einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK darstellen kann. Eine vom EGMR definierte Konstellation betrifft Schwerkranke, die durch die Abschiebung – mangels angemessener medizinischer Behandlung im Zielstaat – mit einem realen Risiko konfron-

      tiert würden, einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu werden, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde (vgl. Urteil des EGMR Paposhvili gegen Belgien 13. Dezember 2016, Grosse Kammer 41738/10, §§ 180-193 m.w.H.). Von einem derart gravierenden Krankheitsbild kann bei der Beschwerdeführerin nicht ausgegangen werden.

      Im erwähnten Referenzurteil E-962/2019 vom 17. Dezember 2019 hat das Gericht strengere Kriterien für Dublin-Überstellungen (unter anderem) von schwer erkrankten Asylsuchenden, die sofort nach der Ankunft in Italien auf lückenlose medizinische Versorgung angewiesen sind, beschlossen und das SEM verpflichtet, in solchen Fällen individuelle Zusicherungen betreffend die Gewährleistung der nötigen medizinischen Versorgung und Unterbringung bei den italienischen Behörden einzuholen (vgl. Referenzurteil E- 962/2019 E. 7.4.3). Das SEM nimmt in der angefochtenen Verfügung auf das Referenzurteil denn auch Bezug.

      Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Beschwerdeführerin im September 2020 einen massiven chirurgischen Eingriff in der Schweiz hat durchführen lassen. Die Vorinstanz hat sich mit der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin jedoch ausführlich und nachvollziehbar auseinandergesetzt. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ist auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht so einzustufen, dass befürchtet werden müsste, dass sie im Falle einer Überstellung nach Italien mit dem Risiko einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes konfrontiert wäre. In Anbetracht der gegebenen Umstände war die Vorinstanz auch nicht dazu gehalten, bei den italienischen Behörden konkrete Garantien für eine gebührende Aufnahme einzuholen; die entsprechende Begründung in der angefochtenen Verfügung erweist sich als zutreffend (vgl. Urteil E-962/2019 E. 7.4.3).

    4. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Italien grundsätzlich über eine ausreichende medizinische Infrastruktur verfügt (vgl. statt vieler: Urteile des BVGer E-6298/2019 vom 5. Dezember 2019; F-4617/2019 vom

      14. Oktober 2019 E. 5.3). Es darf davon ausgegangen werden, dass dieser Dublin-Mitgliedstaat die Rechte aus der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (sog. Aufnahmerichtlinie) anerkennt und schützt. Wie erwähnt, steht

      es der Beschwerdeführerin frei, in Italien ein Asylgesuch zu stellen. Es liegen keine Hinweise vor, wonach Italien ihr eine adäquate medizinische Behandlung verweigern würde. Die Beschwerdeführerin könnte sich nötigenfalls an die italienischen Behörden wenden und die ihr zustehenden Aufnahmebedingungen auf dem Rechtsweg einfordern (vgl. Art. 26 Aufnahmerichtlinie). Zudem werden die schweizerischen Behörden, die mit dem Vollzug der angefochtenen Verfügung beauftragt sind, den gesundheitlichen Verhältnissen bei der Bestimmung der konkreten Modalitäten der Überstellung Rechnung tragen und die italienischen Behörden vorgängig in geeigneter Weise über die bestehenden medizinischen Besonderheiten informieren (vgl. Art. 31 f. Dublin-III-VO).

    5. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich ein (zwingender) Selbsteintritt gestützt auf Art. 17 Dublin-III-VO und Art. 3 EMRK vorliegend nicht gebietet.

    6. Sodann hat das SEM auch einen Selbsteintritt aus humanitären Gründen geprüft. Diesbezüglich kommt der Vorinstanz bei der Anwendung von Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 ein Ermessensspielraum zu (vgl. BVGE 2015/9

E. 7 f.). Der Sachverhalt erweist sich vorliegend als hinreichend abgeklärt. Wie aus der angefochtenen Verfügung hervorgeht, hat das SEM alle relevanten Aspekte berücksichtigt und in der Verfügungsbegründung gewürdigt, und es sind keine Hinweise auf eine gesetzeswidrige Ermessensausübung (vgl. Art. 106 Abs. 1 Bst. a AsylG) durch die Vorinstanz ersichtlich. Das SEM hat mithin auch Ermessensklauseln von Art. 17 Abs. 1 Dublin-IIIVO und von Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 korrekt angewendet.

9.

    1. Zusammenfassend ergibt sich, dass Italien für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens der Beschwerdeführerin zuständig ist, und dass kein Anlass für einen Selbsteintritt gegeben ist.

      Das SEM ist demnach zu Recht in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG auf das Asylgesuch der Beschwerdeführerin nicht eingetreten. Da die Beschwerdeführerin nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung in der Schweiz ist, wurde die Überstellung nach Italien in Anwendung von Art. 44 AsylG ebenfalls zu Recht angeordnet (Art. 32 Bst. a AsylV 1).

    2. Da das Fehlen von Überstellungshindernissen bereits Voraussetzung des Nichteintretensentscheides gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG ist,

      sind allfällige Vollzugshindernisse gemäss Art. 83 Abs. 3 und 4 AIG (SR 142.20) unter diesen Umständen nicht mehr zu prüfen (vgl. BVGE 2015/18 E. 5.2 m.w.H.).

    3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen und die Verfügung des SEM vom 9. November 2020 ist zu bestätigen.

10.

Das Beschwerdeverfahren ist mit vorliegendem Urteil abgeschlossen, weshalb sich die Anträge auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung und auf Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin für die Dauer des DublinVerfahrens in der Schweiz aufhalten dürfe, als gegenstandslos erweisen.

11.

    1. Der Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege inklusive Rechtsverbeiständung ist abzuweisen, nachdem die Beschwerdebegehren, wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, als aussichtslos zu bezeichnen waren. Die Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG und Art. 102m AsylG sind vorliegend nicht erfüllt.

    2. Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens sind die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und praxisgemäss auf insgesamt Fr. 750.- festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des SEM vom 12. August 2020 betreffend Einsetzung der Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin im vorinstanzlichen Dublin-Verfahren wird abgewiesen.

2.

Die Beschwerde gegen die SEM-Verfügung vom 9. November 2020 wird abgewiesen.

3.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege inklusive Verbeiständung im Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

4.

Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

5.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:

Christa Luterbacher Sandra Bodenmann

Versand:

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