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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-4583/2019

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-4583/2019
Datum:20.04.2020
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung
Schlagwörter : Verfügung; Kinder; Beschwerdeführende; Bundesverwaltungsgericht; Beschwerdeführenden; Vorinstanz; Wegweisung; Sachverhalt; Entscheid; Verfahren; Untersuchungsgrundsatz; Begründung; Migration; Person; Entscheidung; Urteil; Vernehmlassung; Gericht; Familie; Trennung; Sachverhalts; Begründungspflicht; Beweis; Richter; Schweiz
Rechtsnorm: Art. 308 ZGB ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 61 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-4583/2019

U r t e i l  v o m  2 0.  A p r i l  2 0 2 0

Besetzung Richter Jürg Marcel Tiefenthal (Vorsitz), Richterin Christa Luterbacher,

Richterin Nina Spälti Giannakitsas, Gerichtsschreiber Linus Sonderegger.

Parteien A. , geboren am ( ), und die Kinder

B. , geboren am ( ), C. , geboren am ( ), D. , geboren am ( ), Irak,

Beschwerdeführende,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Vollzug der Wegweisung;

Verfügung des SEM vom 9. August 2019 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) gelangte am 17. August 2016 zusammen mit seiner Ehefrau E. (nachfolgend: E. ) und den gemeinsamen Kindern B. und C. (nachfolgend: Kinder) in die Schweiz, wo sie am Tag darauf um Asyl ersuchten.

B.

Der Beschwerdeführer und E. wurden am 26. August 2016 zu ihrer Person, dem Reiseweg sowie summarisch zu den Fluchtgründen befragt (Befragung zur Person [BzP]). Am 4. Dezember 2016 wurden sie eingehend zu ihren Asylgründen angehört.

C.

Am ( ) kam das dritte gemeinsame Kind (D. ) zur Welt.

D.

Mit Verfügung vom 9. August 2019 (Eröffnung am 13. August 2019) lehnte das SEM das Asylgesuch der Beschwerdeführenden und von E. ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.

E.

Am 16. August 2019 teilte das kantonale Migrationsamt dem SEM mit, dass der Beschwerdeführer und E. und die Kinder getrennt leben würden.

F.

Am 20. August 2019 erliess das SEM eine Verfügung, welche diejenige vom 9. August 2019 betreffend E. ersetzte.

G.

Mit Fax vom 2. September 2019 teilten die Beschwerdeführenden dem SEM mit, dass die Ehe des Beschwerdeführers seit ( ) 2018 gerichtlich getrennt sei und die Eheleute nicht mehr im selben Haushalt leben würden, weshalb das Asylverfahren hätte getrennt werden müssen.

H.

Mit Schreiben vom 4. September 2019 teilte das SEM den Beschwerdeführenden unter Hinweis auf die Möglichkeit, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zu erheben, mit, dass die Verfügung gestützt auf die zu

diesem Zeitpunkt bekannte Aktenlage ergangen sei. Der Beschwerdeführer sei in der Anhörung darauf hingewiesen worden, dass er das SEM über künftige wesentliche Ereignisse zu informieren habe.

I.

Die Verfügung vom 9. August 2019 fochten die Beschwerdeführenden mit Eingabe vom 10. September 2019 beim Bundesverwaltungsgericht an. Sie beantragten die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung.

In prozessualer Hinsicht ersuchten sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG.

Als Beweismittel reichten die Beschwerdeführenden das Urteil betreffend Eheschutz des Bezirksgerichts ( ) 2018 und einen Eintrittsbericht des Psychiatriezentrums ( ) 2019 ein.

J.

Mit Zwischenverfügung vom 13. September 2019 verzichtete das Bundesverwaltungsgericht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und lud die Vorinstanz zur Vernehmlassung ein.

K.

Mit Vernehmlassung vom 30. September 2019 äusserte sich das SEM zur Beschwerde. Die Aufforderung zur Einreichung einer Replik wurde mit dem Vermerk "nicht abgeholt" ans Gericht retourniert.

L.

Am 23. Oktober 2019 stellte die Zürcher Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende dem Gericht einen Arztbericht betreffend den Beschwerdeführer zu.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher

      zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom

      25. September 2015).

    4. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführenden haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; sie sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

    5. Die Beschwerde beschränkt sich auf eine Anfechtung des Wegweisungsvollzugs. Prozessgegenstand ist somit einzig der Vollzug der Wegweisung, während die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft, des Asyls und der Wegweisung in Rechtskraft erwachsen ist.

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

Die Beschwerdeführenden brachten in der Beschwerdeschrift vor, dass sie zusammen mit E. in die Schweiz gelangt seien und um Asyl ersucht hätten. Mit Urteil vom ( ) 2018 sei die Ehe getrennt worden. Mit der angefochtenen Verfügung habe das SEM das Asylgesuch betreffend die gesamte Familie abgelehnt. Am 20. August 2019 habe das SEM betreffend E. erneut verfügt; dieses Mal aber nur betreffend sie alleine. Das SEM sei am 2. September 2019 auf diese Umstände aufmerksam gemacht worden. Das SEM hätte das Getrenntleben berücksichtigen müssen. Es

sei nicht nachvollziehbar, wieso nur für E. eine neue Verfügung erlassen worden sei. Es sei auch nicht klar, wie sich die Trennung auf die Entscheidung auswirke und was für die Kinder nun gelte.

Die Beschwerdeführenden rügen damit sinngemäss eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes respektive eine mangelhafte Ermittlung des Sachverhalts sowie eine Verletzung der Begründungspflicht.

4.

    1. Der Untersuchungsgrundsatz verlangt, dass die Behörde von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts sorgt, die für das Verfahren notwendigen Unterlagen beschafft, die rechtlich relevanten Umstände abklärt und ordnungsgemäss darüber Beweis führt. Eine Sachverhaltsfeststellung ist unrichtig, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird, oder wenn Beweise unzutreffend gewürdigt wurden. Unvollständig ist sie, wenn nicht alle für den Entscheid wesentlichen Sachumstände berücksichtigt werden (vgl. BVGE 2016/2 E. 4.3). Der Untersuchungsgrundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt, zumal er sein Korrelat in der Mitwirkungspflicht des Asylsuchenden findet (vgl. Art. 13 VwVG und Art. 8 AsylG). Die entscheidende Behörde darf sich trotz des Untersuchungsgrundsatzes in der Regel darauf beschränken, die Vorbringen der Asylbewerber zu würdigen und die von ihnen angebotenen Beweise abzunehmen, ohne weitere Abklärungen vornehmen zu müssen (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1).

    2. Das SEM weist in der Vernehmlassung darauf hin, dass es den Beschwerdeführer und E. in der Anhörung darauf hingewiesen habe, dass sie das SEM über neueintretende wesentliche Ereignisse zu informieren hätten. Weder der Beschwerdeführer noch E. hätten das SEM auf die Trennung ihrer Ehe hingewiesen, weshalb dem SEM keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorgeworfen werden könne.

    3. Der Argumentation des SEM kann nicht gefolgt werden. Das Eheschutzurteil vom ( ) wurde dem kantonalen Migrationsamt zur Kenntnisnahme zugestellt. Ferner waren die getrennten Wohnsitze seit Februar 2019 im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) ersichtlich. Die Ehetrennung war somit behördlich bekannt, weshalb die Beschwerdeführenden davon ausgehen durften, dass auch das SEM darüber informiert ist. Ihnen kann folglich keine Verletzung der Mitwirkungspflicht vorgeworfen werden. Vielmehr wäre das SEM aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes

gehalten gewesen, die mit der Trennung verbundenen wesentlichen Sachverhaltselemente abzuklären. Somit ist festzustellen, dass das SEM den Untersuchungsgrundsatz verletzt und den Sachverhalt unvollständig abgeklärt hat.

5.

In Konstellation wie der vorliegenden, in welcher bei gemeinsamer elterlicher Sorge die Obhut nur einem Elternteil zugesprochen wird, ist hinsichtlich der Kinder in einer Verfügung zusammen mit dem obhutsberechtigten Elternteil zu entscheiden, zumal diese Verfügung Grundlage für eine gemeinsame (zwangsweise) Rückführung darstellt und die Verfügung somit diejenigen Personen umfassen muss, welche zusammenleben und die Schweiz gemeinsam zu verlassen haben.

6.

    1. Die angefochtene Verfügung vermag schliesslich auch der Begründungspflicht nicht zu genügen. Aus der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs, ergibt sich, dass die Abfassung der Begründung dem Betroffenen ermöglichen soll, den Entscheid sachgerecht anzufechten, was nur der Fall ist, wenn sich sowohl der Betroffene als auch die Rechtsmittelinstanz über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. Die Begründungsdichte richtet sich dabei nach dem Verfügungsgegenstand, den Verfahrensumständen und den Interessen des Betroffenen, wobei bei schwerwiegenden Eingriffen in die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen - und um solche geht es bei Verfahren betreffend Asyl und Wegweisung - eine sorgfältige Begründung verlangt wird (vgl. BVGE 2011/37 E. 5.4.1; BVGE 2008/47 E. 3.2).

    2. Die Verfügung des SEM geht im Wegweisungsvollzug davon aus, es handle sich um eine intakte Familie. In der Vernehmlassung fügte das SEM an, dass die Ehegatten gemäss Urteil des Bezirksgerichts die gemeinsame elterliche Sorge innehätten und es ihnen gelungen sei, die Betreuung der Kinder ausgeglichen zu organisieren, weshalb der Wegweisungsvollzug auch für die nunmehr geänderte Familiensituation zumutbar sei.

    3. Selbst unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen in der Vernehmlassung werden die Erwägungen des SEM der Komplexität der vorliegenden Familienkonstellation nicht gerecht. Das SEM verkennt die offenkundig sehr spannungsgeladene und konfliktreiche Beziehung der Eheleute. Gemäss dem Entscheid der Kindesund Erwachsenenschutz-

behörde (KESB) F. vom ( ) 2019, welchen das Gericht von Amtes wegen beizog, sei es im Zuge der Trennung der Ehegatten zu Konflikten gekommen, das Verhältnis sei angespannt und es gebe Anzeichen auf Vorfälle häuslicher Gewalt. Am ( ) 2018 seien die Kinder fremdplatziert worden, um ihnen während des stationären Aufenthalts der Kindsmutter die notwendige Betreuung und Fürsorge zu gewähren. Aufgrund der gesundheitlichen Verfassung des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt sei eine Betreuung durch ihn damals nicht angezeigt gewesen. Nach dem Klinikaustritt der Mutter hätten die Kinder zu ihr zurückkehren können, weshalb den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht wieder erteilt worden sei. Die KESB ordnete ferner eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB an, und beauftragte die Beiständin damit, den Kindseltern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, für das Wohl der Kinder besorgt zu sein und alle in diesem Zusammenhang notwendigen Vorkehrungen zu treffen sowie als Ansprechperson für alle involvierten Fachpersonen zu fungieren. Sie solle mit der Kindsmutter mögliche Entlastungsmassnahmen besprechen und bei Bedarf entsprechende Anträge an die Behörden stellen, sowie die weitere schulische und berufliche Entwicklung der Kinder begleiten und fördern. Weiter sei es ihre Aufgabe, zusammen mit den Kindseltern festzulegen, wann die Besuchskontakte des Beschwerdeführers stattfänden, die Kinder bei der Ausübung der persönlichen Kontakte zum Beschwerdeführer zu unterstützen und für die Überwachung des festgelegten persönlichen Verkehrs und für die Vermittlung im Konfliktfall besorgt zu sein.

Das SEM setzt sich mit der schwierigen Familiensituation und deren Auswirkungen auf das Kindeswohl nicht hinreichend auseinander, wodurch es die Begründungspflicht verletzt hat.

7.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das SEM den Sachverhalt mangelhaft festgestellt und den Untersuchungsgrundsatz sowie die Begründungspflicht verletzt hat. Die Beschwerde ist gutzuheissen.

8.

    1. Gemäss Art. 61 Abs. 1 VwVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Eine Kassation und Rückweisung an die Vorinstanz ist insbesondere angezeigt, wenn weitere Tatsachen festgestellt werden müssen und ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen ist (PHILIPPE WEISSENBERGER/ASTRID HIRZEL, in: Praxiskommentar

      VwVG, 2. Aufl. 2016, Art. 61 N 16 S. 1264). Die in diesen Fällen fehlende Entscheidungsreife kann grundsätzlich zwar auch durch die Beschwerdeinstanz selbst hergestellt werden, wenn dies im Einzelfall aus prozessökonomischen Gründen angebracht erscheint; sie muss dies aber nicht (vgl. EMARK 2004 Nr. 38 E. 7.1).

    2. Im vorliegenden Fall ist es angezeigt, die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung und erneuten Entscheidung an das SEM zurückzuweisen. Dabei hat das SEM die mit der Trennung (oder der allenfalls bereits vorliegenden Scheidung) zusammenhängenden Umstände mit Auswirkungen auf den Wegweisungsvollzug umfassend abzuklären und gestützt darauf erneut zu entscheiden.

      Hinsichtlich der Kinderbelange sind dabei insbesondere die Akten der KESB beizuziehen und allenfalls die Beiständin zur Stellungnahme einzuladen. Betreffend die Kinder ist ferner in einer Verfügung zusammen mit der obhutsberechtigten Person (d.h. E. ) zu entscheiden; die Verfügung betreffend E. wurde mit am heutigen Datum ergangenen Urteil D-4709/2019 ebenfalls aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

      Abzuklären sind ferner die medizinischen Leiden des Beschwerdeführers. Gemäss Arztbericht vom ( ) 2019 leidet er an einer Anpassungsstörung (ICD-10 F43.23). Weiter wurden Kontaktanlässe mit Bezug auf andere psychosoziale Umstände (ICD-10 Z65) sowie mit Bezug auf Kindheitserlebnisse (ICD-10 Z61) diagnostiziert. Ferner seien verschiedene differenzialdiagnostische Überlegungen zu prüfen ([komplexe] Posttraumatische Belastungsstörung, Persönlichkeitsakzentuierung respektive -störung, Aufmerksamkeitsund Hyperaktivitätsstörung, Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis und dissoziative Störung). Auf phänomenologischer Ebene würden Schwierigkeiten in der Emotionsregulation sowie die fluktuierende Suizidalität mit teilweise fragiler beziehungsweise fehlender Absprachefähigkeit Risikofaktoren darstellen, und es bestehe klar eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit.

    3. Die Dispositivziffern vier und fünf der Verfügung des SEM vom 9. August 2019 sind folglich aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das SEM zurückzuweisen.

9.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 3 VwVG). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird damit gegenstandslos.

    2. Soweit aus den Akten ersichtlich sind dem Beschwerdeführer keine entschädigungspflichtigen Parteikosten entstanden. Folglich ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.

Die Dispositivziffern vier und fünf der Verfügung des SEM vom 9. August 2019 werden aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Jürg Marcel Tiefenthal Linus Sonderegger

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