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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-2243/2017

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-2243/2017
Datum:31.07.2020
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung (Mehrfachgesuch/Wiedererwägung)
Schlagwörter : Transport; Transporte; Dispositiv; Verfügung; Sri-TELO; Bundesverwaltungsgericht; Sinne; Recht; Dispositivziffer; Handlung; Flüchtling; Waffen; Parlament; Sprengstoff; Lanka; Handlungen; Anschläge; Beschwerdeführe; Schweiz; Beschwerdeführers; Parlamentarier; Kiste; Asyls; Person
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 11 StGB ; Art. 12 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-2243/2017

U r t e i l  v o m  3 1.  J u l i  2 0 2 0

Besetzung Richterin Daniela Brüschweiler (Vorsitz), Richter William Waeber,

Richterin Jeannine Scherrer-Bänziger; Gerichtsschreiberin Susanne Burgherr.

Parteien A. , geboren am ( ), Sri Lanka,

vertreten durch Gabriel Püntener, Rechtsanwalt, Advokaturbüro, ( ),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl (Beschwerde gegen Wiedererwägungsentscheid); Verfügung des SEM vom 14. März 2017 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom 10. Juni 2004 erstmals ein Asylgesuch aus dem Ausland. Dieses wurde vom damaligen Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) mit Verfügung vom 14. Dezember 2004 abgelehnt. Der Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Ein weiteres Asylgesuch aus dem Ausland vom 25. Februar 2009 schrieb das vormalige Bundesamt für Migration (BFM; heute: SEM) am 23. Januar 2013 ab, nachdem der Beschwerdeführer in die Schweiz eingereist war.

B.

Am 20. Dezember 2012 suchte der Beschwerdeführer in der Schweiz um Asyl nach.

Er machte im Wesentlichen geltend, er sei sri-lankischer Staatsangehöriger tamilischer Ethnie und im Jahr 1989 der Tamil Eelam Liberation Organisation (TELO) beigetreten. Von 1992 bis 1997 sei er in B. Distriktverantwortlicher für die TELO gewesen. 1998 sei er ins TELO-Hauptquartier in C. befördert worden. Als der ( ) im Jahr 2000 ins nationale Parlament gewählt worden sei, sei er (der Beschwerdeführer) dessen persönlicher Mitarbeiter geworden. ( ) habe er eine Tamilin aus B. geheiratet. Von 2002 bis 2006 sei er Distriktverantwortlicher der TELO für D. gewesen. Als er 2004 das erste Asylgesuch gestellt habe, habe er mit der Politik aufhören wollen, jedoch wegen des damit verbundenen Wegfalls des Schutzes durch die TELO Sicherheitsbedenken gehabt. Mitte 2006 sei er dann aus der TELO ausgetreten. Nach einem kurzen Aufenthalt in E. habe er fortan in B. gelebt und einen wirtschaftlichen Neustart versucht. Er habe in der TELO keine Verantwortung mehr gehabt, aber noch ( ) für diese geleistet. Am 30. Dezember 2008 hätten ihn Unbekannte in seiner Abwesenheit zuhause gesucht. Seine Frau habe den Vorfall bei der Polizei gemeldet. Am 10. April 2009 sei er im TELO-Büro in D. vom CID (Criminal Investigation Department) oder der TID (Terrorism Investigation Division) festgenommen worden. Er sei befragt und dabei misshandelt worden. Man habe von ihm wissen wollen, warum er bei der TELO mitmache, und ob er Verbindungen zu den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) habe. Am nächsten Tag sei er vom CID gezwungen worden, mit dem Vorsitzenden von Sri-TELO zu telefonieren und diesem seine Unterstützung zuzusichern. Nach dem Anruf sei er freigelassen worden. Die Sri-TELO sei von ehemaligen TELO-Mitgliedern und anderen Personen gebildet worden und habe an den Wahlen zum

D. ( ) von August 2009 innerhalb der Allianz der Regierungspartei teilgenommen. Er habe drei bis vier Monate im Wahlbüro der Sri-TELO arbeiten müssen. Als langjähriger TELO-Bezirksverantwortlicher sei er in

D.

bekannt gewesen. Er sei an Wahlveranstaltungen gefahren

worden und auch bei Aktionen zugegen gewesen, bei denen gegnerische Angehörige der Tamil National Alliance (TNA) misshandelt oder TNA-Plakate zerrissen worden seien. Er habe dabei nicht selbst Hand anlegen müssen, sondern sei jeweils gut sichtbar am Ort des Geschehens platziert worden, um der Wählerschaft zu zeigen, dass er als bekannter Lokalpolitiker die Sri-TELO unterstütze. Nach den Wahlen sei es ruhiger geworden. Im Bemühen, sich von der Politik fernzuhalten und wirtschaftlich selbständig zu werden, habe er am 23. September 2009 bei der ( ) in D. eine Stelle als ( ) angenommen. Am 21. August 2012 sei er von einem jungen Mann aufgefordert worden, in das Büro von Sri-TELO zu kommen. Er sei der Aufforderung vorerst nicht gefolgt, sondern erst am 3. November 2012 bei der Sri-TELO erschienen. Er habe eine Ohrfeige erhalten und sei weggeschickt worden, verbunden mit der Aufforderung, am 20. November 2012 wieder zu kommen. Nachdem er dies nicht getan habe, sei er am

25. November 2012 bei der Arbeit von zwei Personen wiederum zum Erscheinen im Sri-TELO-Büro aufgefordert worden. Er habe zugesagt, am

  1. November 2012 zu kommen, worauf die beiden auf Schusswaffen unter ihren Hemden gedeutet hätten. Daraufhin habe er sich zur Ausreise entschlossen. Er habe sich am 26. November 2012 nach Colombo begeben und sei am ( ) 2012 legal mit dem am Vortag ausgestellten Pass von Colombo via F. nach G. geflogen, von wo aus er in die Schweiz weitergereist sei. Der Pass sei beim Schlepper verblieben.

    C.

      1. Mit Verfügung vom 6. August 2015 stellte das SEM fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle (Dispositivziffer 1). Es lehnte das das Asylgesuch ab (Dispositivziffer 2) und ordnete die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz (Dispositivziffer 3) sowie den Vollzug (Dispositivziffern 4 und 5) an.

      2. Es führte an, der geltend gemachte Ausreiseanlass (Drohung seitens der Sri-TELO vom 25. November 2012) sei nicht glaubhaft. Die vom

  2. Oktober 2012 datierende Arbeitsbestätigung der ( ) (Arbeitsverhältnis vom 23. September 2009 bis 25. November 2012), die Ausreiseumstände und die unsubstanziierte Schilderung der unmittelbaren Bedrohungslage würden auf eine längerfristig geplante Ausreise hindeuten. Die für die Ver-

gangenheit geltend gemachten Vorbringen seien zwar überwiegend glaubhaft (als TELO-Politiker von Unbekannten - angesichts der damaligen Verhältnisse wohl LTTE-Angehörige - bedroht; nach Beendigung der Politikerkarriere von Sri-TELO beansprucht worden), aber mangels Kausalzusammenhangs zur erst Ende 2012 erfolgten Ausreise nicht asylbeachtlich. Nach den Lokal-Wahlen von August 2009 sei der Beschwerdeführer erst am 21. August 2012 wieder von der Sri-TELO kontaktiert worden. Nachdem die Vorbringen hinsichtlich der Zeit vor der Ausreise von August 2012 bis November 2012 aber unglaubhaft seien, sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seit 2009 keine asylrelevanten Nachteile mehr erlitten habe. Die Befürchtung, künftig Übergriffen seitens der Sri-TELO ausgesetzt zu sein, sei mangels Aktualität nicht asylrelevant. Die Sri-TELO sei, wie andere tamilische Gruppierungen, mit Unterstützung der früheren Regierung und der Armee gegründet worden, um die LTTE auf politischer und paramilitärischer Ebene zu bekämpfen. Nachdem die LTTE nicht mehr existieren würden und ein Machtwechsel stattgefunden habe, gebe es keine Hinweise mehr darauf, dass die Armee oder die Regierung die besagte Taktik weiter benutzen würden. Künstlich gebildete Gruppen wie die Sri-TELO hätten die Unterstützung der Regierung und Armee und damit ihre Bedeutung verloren. Allfällige Übergriffe seitens der Sri-TELO könnten bei den Sicherheitsbehörden angezeigt werden und würden geahndet. Schliesslich bestehe kein hinreichend begründeter Anlass zur Annahme, dass der Beschwerdeführer, der nichts mit den LTTE zu tun gehabt habe, ein erhöhtes Risikoprofil aufweise, und bei einer Rückkehr nach Sri Lanka Massnahmen seitens der heimatlichen Behörden zu befürchten hätte, die über einen Background-Check hinausgehen würden. Der Wegweisungsvollzug sei als durchführbar zu erachten.

D.

Auf die dagegen vom Beschwerdeführe erhobene Beschwerde trat das Bundesverwaltungsgericht mangels Bezahlung eines erhobenen Kostenvorschusses mit Urteil D-5456/2015 vom 30. September 2015 nicht ein.

E.

    1. Mit als „neues Asylgesuch“ bezeichneter Eingabe vom 2. Dezember 2015 ersuchte der Beschwerdeführer beim SEM erneut um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und um Gewährung des Asyls.

    2. Er brachte im Wesentlichen vor, er habe Aktivitäten für die LTTE, derentwegen er bei einer Rückkehr nach Sri Lanka mit Verfolgung seitens der heimatlichen Behörden rechnen müsse, bisher verschwiegen. Aus Sicht

      des SEM sei es unbestritten, dass er seit der Wahl des ( ) der TELO ins nationale Parlament im Jahr 2000 dessen persönlicher Mitarbeiter und bis 2006 für die TELO und diesen Parlamentarier tätig gewesen sei. Im Zuge der Verhandlungen über den Waffenstillstand und während desselben von Ende 2001 bis 2006 habe es zwischen den LTTE und der TELO viele Gespräche gegeben. Er sei damals in D. stationiert gewesen. In seiner Funktion als ( ) des besagten Parlamentariers habe er sich regelmässig ins H. -Gebiet begeben müssen. Der Parlamentarier sei meistens nach I. gereist, um dort Gleichgesinnte und auch LTTE-Vertreter zu treffen. Als er im Jahr 2003 bei einer dieser Fahrten nach I. beim Fahrzeug gewartet habe, sei er von einem Mann kontaktiert worden, der sich J. genannt und als Mitarbeiter des Geheimdiensts der LTTE zu erkennen gegeben habe. Dieser sei gut über seine Person informiert gewesen. J. habe von ihm verlangt, eine Kiste mitzunehmen und in D. abzugeben, und gemeint, der Transport sei problemlos möglich, da das Fahrzeug aufgrund der Immunität des Parlamentariers und der Bestimmungen des Waffenstillstands nicht kontrolliert würde. Für den Fall, dass er sich weigere, sei ihm gedroht worden, dass seiner Frau und seinem Kind etwas zustossen könnte. Da er auch davon ausgegangen sei, dass keine Fahrzeugkontrolle erfolgen würde, habe er sich zur Mitnahme der kleinen, nicht besonders schweren Kiste bereit erklärt. Der Parlamentarier habe davon nichts gemerkt. Bereits bei der nächsten Fahrt nach I. sei J. wieder an ihn herangetreten und habe von ihm verlangt, weitere Transporte auszuführen, ansonsten der Parlamentarier und die sri-lankischen Behörden über den bereits erfolgten Transport informiert würden. Auch gegen seine Familie seien wieder Drohungen ausgesprochen worden. Da er die Transporte als gefahrlos eingeschätzt habe, habe er eingewilligt. Bis zur Beendigung seiner Tätigkeit für den Parlamentarier im Jahr 2006 habe er rund 15 Mal Kisten von I. nach D. transportiert. Diese seien maximal 60-70 cm lang und bisweilen recht schwer, schätzungsweise bis 20 kg, gewesen. Aufgrund des Gewichts und der Verpackung habe er vermutet, dass es sich bei gewissen Transporten auch um Waffen, Minen oder gar Sprengstoff handeln könnte. Als er J. nach den ersten Transporten gesagt habe, dass er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben wolle, sei dieser mit seinem Vorgesetzten bei ihm in D. erschienen. Der Vorgesetzte von J. habe die Drohungen erneuert und ihn so zur Weiterführung der Transporte gebracht. Im Jahr 2009 sei ein TELO-Mitarbeiter namens K. ., Deckname L. , durch den CID in D. verhaftet worden. Die beiliegende Kopie eines Schreibens des IKRK vom ( ) 2010 belege die Inhaftierung von K. . Am ( ) 2010 sei K. freigelassen worden,

      nachdem er sich verpflichtet habe, künftig bei Befragungen von LTTE-Aktivisten durch den CID als Übersetzer mitzuwirken. Er sei mit K. , der heute in D. ein Geschäft betreibe, in losem Kontakt geblieben. Im Oktober 2012 habe K. einen gemeinsamen Freund - einen

      ehemaligen TELO-Mitarbeiter namens M.

      - zu ihm geschickt.

      M. habe ihm ausgerichtet, dass K. bei einer Befragung von J. beim CID dabei gewesen sei, bei der J. sich bereit erklärt habe, über seine Geheimdienstaktivitäten für die LTTE Auskunft zu geben, um so seine Freilassung zu erwirken. J. habe angegeben, dass er (der Beschwerdeführer) von 2003 bis 2006 Transporte für die LTTE vom H. Gebiet nach D. durchgeführt habe. K. habe ihm ausrichten lassen, dass er aufpassen müsse; die Aussagen von J. seien noch nicht sehr ausführlich gewesen, aber weitere Verhöre würden folgen. Nebst den Druckversuchen seitens der Sri-TELO habe ihn auch diese Warnung, dass die sri-lankischen Behörden Kenntnis von seiner Schmuggeltätigkeit für die LTTE erlangt hätten, zur Flucht aus Sri Lanka bewogen. Er habe seine Aktivitäten für die LTTE bisher nicht offengelegt, weil ihm von hierzulande lebenden Tamilen bei der Ankunft in der Schweiz davon abgeraten worden sei. Es sei ihm auch bewusst gewesen, dass er allenfalls als asylunwürdig erachtet werden könnte. Zudem sei er davon ausgegangen, dass die genannten Fluchtgründe für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft genügen würden. Nachdem sein Asylgesuch aber abgelehnt und bereits ein Gespräch beim sri-lankischen Konsulat zwecks Ausstellung von Reisepapieren durchgeführt worden sei, sei er nun zur Offenlegung gezwungen gewesen, zumal trotz des Zeitablaufs nicht damit zu rechnen sei, dass die sri-lankischen Behörden die Aktivitäten ungeahndet lassen würden.

    3. Das SEM nahm die Eingabe des Beschwerdeführers vom 2. Dezember 2015 als Wiedererwägungsgesuch entgegen und hörte ihn dazu am

28. November 2016 an. Der Beschwerdeführer bestätigte dabei im Wesentlichen den von seinem Rechtsvertreter geltend gemachten Sachverhalt.

F.

    1. Mit Verfügung vom 14. März 2017 - eröffnet am 16. März 2017 - wies das SEM das als Wiedererwägungsgesuch entgegengenommene Gesuch des Beschwerdeführers im Asylpunkt und hinsichtlich der Wegweisung ab (Dispositivziffer 1). Soweit sich das Wiedererwägungsgesuch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Vollzug der Wegweisung beziehe, hiess es dieses gut und es hob die Ziffern 1, 4 und 5 der Verfügung

      vom 6. August 2015 auf (Dispositivziffer 2). Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Abs. 1 und 2 AsylG (SR 142.31) erfülle (Dispositivziffer 3), und verfügte die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers wegen Unzulässigkeit des Vollzugs der Wegweisung (Dispositivziffer 4). Es stellte fest, dass die vorläufige Aufnahme ab Datum der Verfügung bis zu deren Aufhebung oder Erlöschen dauere (Dispositivziffer 5), der Beschwerdeführer bei Aufhebung der vorläufigen Aufnahme die Schweiz zu verlassen habe (Dispositivziffer 6), und es beauftragte den Kanton N. mit der Umsetzung der vorläufigen Aufnahme (Dispositivziffer 7). Des Weiteren erhob es eine (reduzierte) Gebühr von Fr. 300.- (Dispositivziffer 8).

    2. Es führte im Wesentlichen aus, es sei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Sri Lanka asylrechtlich relevante Nachteile zu gewärtigen hätte. Er erfülle daher die Flüchtlingseigenschaft. Von der Asylgewährung seien Flüchtlinge jedoch gemäss Art. 53 AsylG auszuschliessen, wenn sie wegen verwerflicher Handlungen des Asyls unwürdig seien. Als verwerfliche Handlung gelte die Begehung eines Verbrechens im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB (SR 311.0). Der Beschwerdeführer habe mit den für die LTTE durchgeführten Transporten, bei denen es sich mutmasslich auch um Waffen, Minen oder Sprengstoff gehandelt habe, einen individuellen Tatbeitrag

- in Form strafbarer Vorbereitungshandlungen oder als Gehilfe - zur Begehung von Verbrechen gemäss Art. 10 Abs. 2 StGB geleistet und damit verwerfliche Handlungen im Sinne von Art. 53 begangen. Angesichts der damaligen Situation in Sri Lanka müsse davon ausgegangen werden, dass es nach den besagten Transporten zu Anschlägen gekommen sei. Es sei davon auszugehen, dass mit den gelieferten Utensilien vorsätzliche Tötungen (Art. 111 StGB) und schwere Körperverletzungen (Art. 122 StGB) begangen und auch die Straftatbestände der Verursachung einer Explosion (Art. 223 StGB) und der Gefährdung durch Sprengstoff in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB) erfüllt worden seien. Der Beschwerdeführer habe zwar selbst keine Anschläge durchgeführt, aber durch die logistische Hilfeleistung zu den besagten Straftaten beigetragen. Es sei auch von vorsätzlicher Hilfe auszugehen, sei er sich doch bewusst gewesen, dass in den Kisten Waffen, Minen und Sprengstoff enthalten sein dürften, und sei es die Natur solcher Utensilien, Anschläge damit zu verüben. In der relevanten Zeit seien beispielsweise Anschläge auf den ehemaligen Aussenminister Sri Lankas (August 2005) oder den ehemaligen General S. F. (April 2006) verübt worden. Ab Dezember 2005 sei es auch vermehrt zu Anschlägen mit Minen gekommen, die auch Kinder getötet hätten. Die Anwendung

von Art. 53 AsylG sei zudem als verhältnismässig zu erachten. Der Beschwerdeführer mache zwar geltend, die Transporte unter Zwang ausgeführt zu haben. Es wäre ihm jedoch möglich gewesen, die Arbeit für den Parlamentarier niederzulegen. Auch wäre es ihm zuzumuten gewesen, den Parlamentarier über das Vorgefallene zu informieren. Es sei zwar nachvollziehbar, dass er sich aufgrund der Drohungen unter Druck gefühlt habe. Seine Familie sei aber nicht selber bedroht worden und habe ausserhalb des Einflussgebiets der LTTE gelebt. Von einer Alternativlosigkeit oder einem eigentlichen Zwang zur Durchführung der Waffentransporte könne daher nicht gesprochen werden. Zugute zu halten sei ihm, dass seither mehr als zehn Jahre vergangen seien und er sich hierzulande keiner Straftaten schuldig gemacht habe. Die in Sri Lanka begangenen Taten seien jedoch noch nicht verjährt und die verbrecherische Vorgehensweise der LTTE, die der Beschwerdeführer mitgetragen habe, stehe den mildernden Umständen gegenüber. Die Auswirkungen der Anwendung von Art. 53 AsylG seien zudem insofern wenig einschneidend, als der Beschwerdeführer als Flüchtling von einer Rückschiebung in den Verfolgerstaat geschützt sei. Schliesslich habe er die Transporte aus asyltaktischen Gründen zuvor verschwiegen, und die Flüchtlingseigenschaft sei ihm nun zuzuerkennen, weil er in seinem Heimatland eine Straftat begangen habe.

G.

    1. Mit Eingabe vom 18. April 2017 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragte, es sei festzustellen, dass es sich beim Verfahren, welches zum Erlass der vorinstanzlichen Verfügung vom 14. März 2017 geführt habe, um ein Asylverfahren gehandelt habe, und er ersuchte um Aufhebung der besagten Verfügung in den Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 6 und 8 des Dispositivs sowie um Gewährung des Asyls. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um Mitteilung des Spruchkörpers und um Bestätigung, dass hinsichtlich des Spruchkörpers keine Programmierung oder Manipulation existiere.

    2. Er machte im Wesentlichen geltend, bisher verschwiegene Asylgründe seien nicht im Rahmen eines Wiedererwägungs-, sondern eines neuen Asylverfahrens zu prüfen. Nur die Bezeichnung seiner Eingabe vom 2. Dezember 2015 als "Wiedererwägungsgesuch" habe es dem SEM erlaubt, eine Gebühr zu verlangen (Dispositivziffer 8). Aus Sicht des SEM handle es sich bei ihm um einen skrupellosen Straftäter, der sich der vorsätzlichen Tötung und schweren Körperverletzung, respektive strafbarer Vorbereitungshandlungshandlungen hierzu, allenfalls nur als Gehilfe, schuldig gemacht habe. Die Annahme des SEM, er sei an solchen Straftaten der LTTE

beteiligt gewesen, sei jedoch rein spekulativ. Das SEM habe aus der von ihm geäusserten Vermutung, dass sich in den transportierten Paketen allenfalls auch Waffen, Munition oder Sprengstoff befunden haben könnten, geschlossen, dass tatsächlich Waffen-, Munitionsund Sprengstofftransporte stattgefunden hätten, und dass der von ihm eventuell transportierte Sprengstoff vielleicht bei Anschlägen eingesetzt worden sei und dabei Menschen getötet oder schwer verletzt worden seien. Bei diesen Schlussfolgerungen handle es sich indes um blosse Annahmen respektive Unterstellungen. Das SEM habe den Sachverhalt insofern unrichtig festgestellt. Es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, was er tatsächlich transportiert habe; es könnte sich auch um Geldmittel, Gold oder Schmuck gehandelt haben, zumal die sri-lankische Regierung davon ausgehe, dass es den LTTE gelungen sei, grosse Vermögenswerte aus dem H. - Gebiet herauszuschaffen und bis heute vor dem Zugriff der Sicherheitskräfte zu verbergen. Fest stehe nur, dass er Transporte ausgeführt habe. Möglicherweise seien Waffen, Munition und Sprengstoff dabei gewesen, sicher wisse er es aber nicht und er habe auch keine Chance gehabt, dies im damaligen Zeitpunkt herauszufinden. Auch heute könne keine Gewissheit darüber bestehen. Zudem habe er die Transporte unter Zwang ausgeführt; er habe immer wieder versucht, sich der Aufgabe zu entziehen, aber aufgrund der wiederholten Drohungen begründete Furcht gehabt, dass ihm und seiner Familie etwas zustossen würde, sollte er sich verweigern. Im Übrigen habe das SEM sein Ermessen überschritten respektive das Willkürverbot und Rechtsgleichheitsgebot verletzt, habe es doch bei anderen tamilischen Gesuchstellern, deren Involvierung in die Tätigkeiten der LTTE vergleichbar oder gar weit tiefgreifender gewesen sei als die seinige, nicht auf Asylunwürdigkeit erkannt (Verweis auf sieben Fälle). Indem das SEM ohne jeglichen Beweis für das Vorliegen einer Straftat im Sinne von Art. 53 AsylG behauptet habe, er sei für schwere Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, habe es die Unschuldsvermutung verletzt. Die verweigerte Asylgewährung komme einer Bestrafung gleich, sei ihm damit doch der sofortige Nachzug seiner Frau und Kinder verwehrt. In Bezug auf Schuldausschlussrespektive Schuldmilderungsgründe unterstelle ihm das SEM, dass er ohne Weiteres Handlungsalternativen gehabt hätte. Er hätte jedoch sich und seine Familie in Lebensgefahr gebracht, wenn er die Transporte verweigert hätte. Sobald die Strasse ins H. -Gebiet im Jahr 2006 geschlossen worden sei und Transporte damit objektiv unmöglich geworden seien, habe er sich von der besagten Tätigkeit abgesetzt. Der Ausschluss vom Asyl wäre auch unverhältnismässig. Er habe nicht gewusst, was er transportiert habe, und die LTTE weder willentlich noch ideologisch unterstützt. Die fraglichen Transporte lägen

schon 11 bis 16 Jahre zurück. Im damaligen Zeitpunkt sei seine Rolle aus Sicht der LTTE zwar wichtig, aber angesichts der gesamten Kriegsereignisse recht unbedeutend gewesen. Zu beachten sei auch der Umstand, dass Material, welches für Anschläge ausserhalb des H. -Gebiets verwendet worden sei, in der Regel nicht aus dem H. -Gebiet gestammt habe, wo solches knapp gewesen sei, sondern in umgekehrter Richtung - ins H. -Gebiet - geschmuggelt worden sei. Zudem bereue er es bis heute, dass er sich dem Zwang nicht habe entziehen können, auch wenn er keine Gewissheit habe, ob er tatsächlich gefährliche Güter transportiert habe.

H.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte am 19. April 2017 den Eingang der Beschwerde.

I.

Mit Zwischenverfügung vom 26. April 2017 gab die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer das Spruchgremium bekannt. Gleichzeitig forderte sie ihn auf, bis zum 11. Mai 2017 einen Kostenvorschuss von Fr. 750.- zu bezahlen, ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten werde. Der Kostenvorschuss wurde fristgerecht geleistet.

J.

Am 17. Mai 2017 lud die Instruktionsrichterin die Vorinstanz zur Vernehmlassung zur Beschwerde ein.

K.

In seiner Vernehmlassung vom 19. Mai 2017 beantragte das SEM die Abweisung der Beschwerde. Die Instruktionsrichterin stellte dem Beschwerdeführer die Vernehmlassung am 22. Mai 2017 zur Kenntnisnahme zu.

L.

Mit Eingabe vom 23. Mai 2017 brachte der Beschwerdeführer vor, das SEM habe sich in seiner Vernehmlassung nicht mit den Rügen auseinandergesetzt; dies sei als Eingeständnis einer Fehlleistung zu werten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

    2. Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom

      25. September 2015).

    3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist - mit Ausnahme der nachfolgenden Erwägung - einzutreten.

    4. Mit der Zwischenverfügung vom 26. April 2017 wurde dem Beschwerdeführer der Spruchkörper bekanntgegeben. Damit wurde den Anforderungen von Art. 32 Abs. 4 VGR Genüge getan. Auf den Antrag auf Mitteilung betreffend die Bildung des Spruchkörpers ist nicht einzutreten (vgl. Teilurteil des BVGer D-1549/2017 vom 2. Mai 2018 E. 4.3).

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG.

3.

Der Beschwerdeführer beruft sich in seinem Gesuch um Gewährung des Asyls vom 2. Dezember 2015 auf Aktivitäten für die LTTE, die er bisher verschwiegen habe. Das SEM hat den grundsätzlichen Anspruch des Beschwerdeführers auf Prüfung dieser unechten Noven nicht in Abrede gestellt und ist auf das Gesuch vom 2. Dezember 2015 eingetreten. Angesichts des Ausgangs des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. die nachfolgenden Ausführungen [Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung vom 14. März 2017 infolge Gutheissung des Beschwerdeantrags um Gewährung des Asyls]) erübrigt sich vorliegend eine Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer einzig mit Blick auf die vom SEM verfügte Gebührenerhebung (Dispositivziffer 8) gestellten Antrag um Feststellung, es habe sich bei dem Verfahren, das zur Verfügung vom 14. März 2017 geführt habe, um ein Asylverfahren gehandelt, fällt die Gebührenerhebung mit der Asylgewährung doch dahin.

4.

Nachdem die Vorinstanz den Beschwerdeführer gestützt auf Art. 3 AsylG als Flüchtling anerkannt hat, ist nachfolgend einzig zu beurteilen, ob das SEM zu Recht zum Schluss gelangt ist, dass der Beschwerdeführer im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG asylunwürdig und deshalb von der Asylgewährung auszuschliessen sei.

5.

    1. Die Schweiz gewährt Flüchtlingen grundsätzlich Asyl (Art. 2 Abs. 1 AsylG). Davon ausgenommen sind jedoch unter anderem Flüchtlinge, die wegen verwerflicher Handlungen des Asyls unwürdig sind (Art. 53 Bst. a AsylG).

    2. Unter den Begriff der verwerflichen Handlungen im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG fallen grundsätzlich Delikte, die dem abstrakten Verbrechensbegriff von Art. 10 Abs. 2 StGB entsprechen, also Straftaten, die mit einer abstrakten Höchststrafe von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind (vgl. hierzu und zum Folgenden BVGE 2014/29 E. 5.3.1, BVGE 2011/29 E. 9.2.2, BVGE 2011/10 E. 6 und BVGE 2010/44 E. 6). Nach der

      asylrechtlichen Rechtsprechung ist es irrelevant, ob die verwerfliche Handlung einen ausschliesslich gemeinrechtlichen Charakter hat oder als politisches Delikt aufzufassen ist. Unter Art. 53 Bst. a AsylG sind mithin auch Handlungen zu subsumieren, denen keine strafrechtliche Konnotation im engeren Sinne des Strafrechts zukommt (vgl. BVGE 2011/29 E. 9.2.2, BVGE 2011/10 E. 6 [2. Abschnitt] und das Urteil des BVGer E-7453/2009 vom 28. Oktober 2013 E. 5.1, je m.w.H.). Aus der Anbindung des Asylausschlussgrunds der "verwerflichen Handlungen" im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG an den Verbrechensbegriff von Art. 10 Abs. 2 StGB ergibt sich zwingend, dass in Bezug auf die in Frage stehenden Handlungen der betreffenden Person eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gegeben sein muss (vgl.

      Urteil des BVGer D-5243/2010 vom 26. August 2011 E. 6.3.4). Das anzusetzende Beweismass wurde in der Botschaft zur Totalrevision des Asylgesetzes sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 4. Dezember 1995 (BBl 1996 II 73) für Art. 1 F des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 53 Bst. a AsylG übereinstimmend umschrieben, was sich in der Folge in der Rechtsprechung niedergeschlagen hat. Demnach ist bei Straftaten, die im Ausland begangen wurden, kein strikter Nachweis erforderlich. Es genügt die aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigte Annahme, dass sich die betreffende Person einer Straftat im Sinne der genannten Bestimmungen schuldig gemacht hat. Liegt eine entsprechende Delinquenz vor, vermag die alleinige Tatsache einer Mitgliedschaft bei einer extremistischen Organisation nicht zur Folgerung der Asylunwürdigkeit zu führen. Vielmehr ist von einer pauschalen Betrachtungsweise Abstand zu nehmen und der individuelle Tatbeitrag zu ermitteln; zu diesem sind die Schwere der Tat und der persönliche Anteil am Tatentscheid wie auch das Motiv des Täters und allfällige Rechtfertigungsoder Schuldminderungsgründe zu zählen (vgl. BVGE 2011/29 E. 9.2.3 und 9.2.4). Ein entsprechender Tatbeitrag, der zum Ausschluss von der Asylgewährung führt, kann zum einen in unmittelbarer Täterschaft erfolgt sein. Zum anderen ist auch nach einer Tatbeteiligung und einer mittelbaren Täterschaft zu fragen, die sich aus einer Verantwortung für Handlungen Dritter aufgrund einer entsprechenden Befehlsgewalt ergeben kann (vgl. hierzu das Urteil des BVGer E-3971/2016 vom 22. November 2018 E. 5.1 m.w.H.).

    3. Liegt eine entsprechende Delinquenz vor, ist ausserdem zu prüfen, ob die Rechtsfolge des Asylausschlusses auch eine verhältnismässige Massnahme darstellt. Dabei ist vorab unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Verjährungsbestimmungen in Betracht zu ziehen, wie lange die Tat bereits zurückliegt. Ebenso sind das Alter im Zeitpunkt der Tatbegehung sowie allfällige Veränderungen der Lebensverhältnisse nach der Tat in den Entscheid miteinzubeziehen (vgl. BVGE 2011/10 E. 6 und BVGE 2011/29 E. 9.2.4, m.w.H.).

6.

    1. Der Beschwerdeführer hat seinen Angaben zufolge in der Zeit von 2003 bis 2006 auf Geheiss der LTTE rund 15 Mal Kisten unbekannten Inhalts von I. nach D. transportiert, wobei er bei gewissen Transporten aufgrund des Gewichts und der Verpackung der Pakete vermutet habe, dass es sich allenfalls auch um Waffen, Munition oder Sprengstoff gehandelt haben könnte. Das SEM erachtete diese Aktivitäten des Beschwerdeführers als "verwerfliche Handlungen" im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Prüfung der Akten zum Schluss, dass dieser Einschätzung nicht gefolgt werden kann.

    2. In Bezug auf die LTTE geht das Bundesverwaltungsgericht in seiner gefestigten Rechtsprechung davon aus, dass diese - für die Zeit ihres Bestehens - angesichts ihrer Zielsetzung der politischen Selbstbestimmung der Tamilen in Sri Lanka nicht ausschliesslich als terroristisch-kriminelle Organisation aufzufassen sind, gleichzeitig aber aufgrund der Wahl ihrer Mittel, die zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen geführt haben, ebenso nicht nach den alleinigen Kriterien einer Bürgerkriegspartei behandelt werden können. In Bezug auf die LTTE wird es weder als sachgerecht angesehen, deren Taten generell als Kriegshandlungen zu qualifizieren mit der Konsequenz, dass diese den daran Beteiligten nicht als Asylausschlussgrund entgegengehalten werden könnten, noch wird ein Asylausschluss einzig aufgrund der Mitgliedschaft bei den LTTE als gerechtfertigt erachtet. Eine pauschale Betrachtung ist fehl am Platz, vielmehr ist der individuelle Tatbeitrag der Person zu ermitteln, zu welchem die Schwere der Tat, der persönliche Anteil am Tatentscheid, das Motiv des Täters und allfällige Rechtfertigungsund Schuldminderungsgründe zu zählen sind (vgl. Urteil des BVGer D-5243/2010 vom 26. August 2011 E. 6.3.3, zweiter Teil; BVGE 2011/10 E. 6.1, BVGE 2011/29 E. 9.2.4).

    3. Hinweise, wonach der Beschwerdeführer Mitglied der LTTE gewesen wäre oder sich diesen aus freien Stücken angedient hätte, liegen nicht vor. Seinen Angaben zufolge wurde er im Jahr 2003 in I. aufgrund seiner damaligen Funktion als ( ) eines Parlamentsmitglieds gezielt von den LTTE angegangen, da die LTTE die Gefahr einer Kontrolle des entsprechenden Fahrzeugs aufgrund der Immunität des Politikers als gering beziehungsweise inexistent erachtet habe. In der Folge sei er unter der Androhung, dass ihm oder seiner Familie sonst etwas zustossen könnte, rund 15 Mal von den LTTE zum Transport von Kisten mit dem besagten Fahrzeug gezwungen worden. Hinsichtlich der Frage, welche Straftaten dem Beschwerdeführer in Zusammenhang mit diesen Transporten im Sinne einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit vorgeworfen werden könnten, nennt das SEM die Tatbestände der vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB), schwerer Körperverletzung (Art. 122 StGB), Verursachung einer Explosion (Art. 223 StGB) und Gefährdung durch Sprengstoff in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB). Anhaltspunkte für eine diesbezügliche unmittelbare

      Täterschaft des Beschwerdeführers lassen sich den Akten nicht entnehmen. Das SEM lastet ihm indes, im Sinne einer Gehilfenschaft oder strafbaren Vorbereitungshandlungen, eine strafrechtliche Mitverantwortung an solchen Delikten, die den LTTE zuzuschreiben seien, an. Es geht davon aus, dass in den vom Beschwerdeführer transportierten Kisten Waffen, Minen und Sprengstoff gewesen seien, und dass damit Anschläge verübt worden seien. In der angefochtenen Verfügung wird eine Reihe von in den betreffenden Jahren in Sri Lanka verübten Anschlägen aufgezählt und dem Beschwerdeführer eine diesbezügliche strafrechtliche Mitverantwortung zugesprochen, ohne jedoch einen konkreten Bezug zu ihm respektive den von ihm transportierten Kisten zu machen. Es ist unbestritten, dass es in den Jahren 2003 bis 2006 in Sri Lanka zu Anschlägen seitens der LTTE gekommen ist, aber es handelt sich um blosse Mutmassungen, dass solche mit vom Beschwerdeführer transportierten Gütern begangen worden seien. Dass er vom effektiven Inhalt der Pakete keine Kenntnis gehabt habe, erscheint glaubhaft. Der Umstand, dass er bei einzelnen Transporten den Verdacht gehegt habe, dass sich in den Kisten auch Waffen, Munition oder Sprengstoff befunden haben könnten, ist zu wenig stichhaltig, um eine Mitverantwortung im strafrechtlichen Sinn für allfällige Taten Dritter abzuleiten, zumal nicht bekannt ist, ob, wie und wo vom Beschwerdeführer (allenfalls) transportierte Waffen effektiv zum Einsatz gelangt sind. Eine mittelbare Täterschaft käme im Übrigen nur dann in Frage, wenn eine direkte oder indirekte Verantwortung des Beschwerdeführers für Handlungen Dritter aufgrund einer entsprechenden Befehlsgewalt anzunehmen wäre. Dass er eine solche Befehlsgewalt in Bezug auf von den LTTE verübte Anschläge gehabt oder überhaupt über eine Entscheidkompetenz verfügt hätte, wird weder vom SEM geltend gemacht noch bestehen konkrete Gründe für eine entsprechende Annahme. Es liegen damit keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer selbst in unmittelbarer Täterschaft Straftaten im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG i.V.m. Art. 10 Abs. 2 StGB verübt oder eine relevante Entscheidkompetenz innegehabt hätte, aus welcher - im strafrechtlichen Sinn - eine individuelle Verantwortlichkeit für (allfällige) Taten Dritter ableitbar wäre. Dem Beschwerdeführer kann aufgrund der Aktenlage nicht mit der erforderlichen Gewissheit ein konkreter und individueller Tatbeitrag zu verwerflichen Handlungen im Sinne von Art. 53 Bst. a AsylG vorgeworfen werden.

    4. Des Weiteren ist im Zusammenhang mit der Verhältnismässigkeit eines Asylausschlusses darauf hinzuweisen, dass gemäss der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie Personen von der Asylgewährung

      auszuschliessen sind, die sich über einen langen Zeitraum in überdurchschnittlichem Mass mit der Vorgehensweise einer gewaltbereiten Organisation identifiziert haben. Von einer solchen Identifikation des Beschwerdeführers, der die besagten, mittlerweile rund fünfzehn Jahre zurückliegenden Transporte nicht aus freiem Willen begangen habe, sondern von den LTTE dazu gezwungen worden sei, ist vorliegend jedenfalls nicht auszugehen. Auch der Umstand, dass das Verschweigen der Aktivitäten für die LTTE in den vorangegangenen Verfahren zu missbilligen ist, vermöchte die Verhältnismässigkeit eines Asylausschlusses nicht zu begründen.

    5. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Voraussetzungen von Art. 53 Bst. a AsylG nicht gegeben sind, um den Beschwerdeführer von der Asylgewährung auszuschliessen.

7.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit mit ihr die Gewährung des Asyls beantragt wurde. Die Dispositiv-Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8 der Verfügung vom 14. März 2017 sind aufzuheben und das SEM ist anzuweisen, dem Beschwerdeführer in der Schweiz Asyl zu gewähren.

8.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 750.- ist dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten.

    2. Dem vertretenen Beschwerdeführer ist angesichts seines Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihm im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren notwendigerweise erwachsenen Parteikosten zuzusprechen. Seitens der Rechtsvertretung wurde keine Kostennote eingereicht. Auf die Nachforderung einer solchen kann indes verzichtet werden, da sich der zu vergütende Aufwand zuverlässig abschätzen lässt (Art. 14 Abs. 2 VGKE). Unter Berücksichtigung der in Betracht zu ziehenden Berechnungsfaktoren (Art. 9-13 VGKE) ist dem Beschwerdeführer zulasten des SEM eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1600.- zuzusprechen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.

Die Dispositiv-Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8 der Verfügung vom 14. März 2017 werden aufgehoben und das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer in der Schweiz Asyl zu gewähren.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der einbezahlte Kostenvorschuss von Fr. 750.- wird dem Beschwerdeführer rückerstattet.

4.

Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1600.- auszurichten.

5.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Daniela Brüschweiler Susanne Burgherr

Versand:

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