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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-2838/2019

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-2838/2019

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-2838/2019
Datum:17.09.2020
Leitsatz/Stichwort:Alters- und Hinterlassenenversicherung (Übriges)
Schlagwörter : Recht; Schweiz; Vorinstanz; Erben; Erblasser; Verfügung; Erbschaft; Schweizer; Leistung; Rückforderung; Rückerstattung; Einsprache; Frist; Urteil; Brasilien; Schuld; Einspracheentscheid; Altersrente; Hinweis; Erblassers; Behörde; Witwe; Abklärung; Register; Ausland; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 14 OR ;Art. 143 OR ;Art. 19 ATSG ;Art. 21 AHVG ;Art. 25 ATSG ;Art. 31 ATSG ;Art. 43 ATSG ;Art. 45 ZGB ;Art. 48 BGG ;Art. 52 VwVG ;Art. 560 ZGB ;Art. 571 ZGB ;Art. 60 ATSG ;Art. 603 ZGB ;Art. 64 VwVG ;Art. 85b AHVG ;Art. 87 IPRG ;Art. 88 IPRG ;Art. 91 IPRG ;Art. 92 IPRG ;
Referenz BGE:112 V 182; 119 V 431; 121 V 362; 125 V 193; 129 V 1; 132 V 215; 137 V 210; 138 III 489; 139 V 6; 140 V 220; 140 V 70; 142 V 20; 144 V 427
Kommentar:
Schweizer, Berner Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Art. 147 OR ZGB, 2015

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-2838/2019

U r t e i l v o m 1 7 . S e p t e m b e r 2 0 2 0

Besetzung Richter Christoph Rohrer (Vorsitz),

Richter David Weiss, Richter Michael Peterli, Gerichtsschreiberin Nadja Francke.

Parteien A. , (Schweiz),

vertreten durch André Ziltener, AZ-Management Ziltener, Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse SAK,

Vorinstanz.

Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, Rückerstattung (Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019).

Sachverhalt:

A.

A.a Die in der Schweiz wohnhafte Schweizer Staatsbürgerin A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin), geboren 1978, ist die Tochter des am (…) 1949 geborenen und am (…) September 2017 verstorbenen

  1. sel. (nachfolgend: Versicherter oder Erblasser), Schweizer

    Staatsbürger, zuletzt wohnhaft in Brasilien (act. 7, S. 1; act. 9, S. 8), und dessen ersten Ehefrau, C. , geboren 1947, verstorben 2009 (act. 9, S. 1). Aus dieser Ehe stammt eine weitere Tochter; D. , geb. 1979. Seit 9. Juli 2011 war der Versicherte in zweiter Ehe verheiratet mit E. (nachfolgend: Witwe), geboren 1980, brasilianische Staatsangehörige und wohnhaft in Brasilien (act. 9, S. 7, 9, 12 ff.).

    B.

    1. Am 4. April 2014 meldete sich der damals noch in der Schweiz (…) wohnhafte Versicherte zum Bezug einer Altersrente der schweizerischen Altersund Hinterlassenenversicherung (AHV) an. Die zuständige Aus-

      gleichskasse F.

      sprach dem Versicherten mit Verfügung vom

      16. April 2014 eine ordentliche AHV-Altersrente in Höhe von monatlich Fr. 2'265.- mit Wirkung ab 1. August 2014 zu (vgl. act. 15, S. 23 ff.). Nachdem sich der Versicherte am 31. März 2014 beim Einwohneramt (…) per

      30. Juni 2014 nach Brasilien abgemeldet hatte (act. 10, S. 8), überwies die Ausgleichskasse F. am 5. August 2014 die Rentenakten des Versicherten zuständigkeitshalber an die Schweizerische Ausgleichskasse (nachfolgend: SAK oder Vorinstanz) und hielt fest, dass dem Versicherten die Altersrente für den Monat August 2014 bereits ausgerichtet worden sei (vgl. act. 6). Am 18. August 2014 teilte die SAK dem Versicherten mit, dass er ab 1. September 2014 (weiterhin) Anspruch auf eine ordentliche Altersrente in Höhe von monatlich Fr. 2'265.- habe (act. 18). Die monatliche Rente wurde dem Versicherten antragsgemäss auf dessen Konto in der Schweiz bei der G. (Geschäftsstelle […], IBAN: CH[…]) ausbezahlt (vgl. act. 18, S. 2; act. 20).

    2. Am 19. Oktober 2017 erhielt die SAK einen Auszug aus dem VERARegister, wonach der Versicherte am (…) September 2017 in Brasilien verstorben war (act. 38). In der Folge ersuchte die SAK die H. um Rückzahlung der am 6. Oktober 2017 auf das G. -Konto des Versicherten überwiesenen Rentenzahlung für Oktober 2017 in Höhe von Fr. 2'275.-. Die H. teilte der SAK am 20. November 2017 mit, dass die

      G. die beantragte Rückzahlung nicht vornehmen könne, da diese von den Erben keine entsprechende Ermächtigung erhalten habe (act. 41, S. 2 f.).

    3. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2017 forderte die SAK die in Brasilien wohnhafte Witwe des Versicherten auf, die dem Versicherten für Oktober 2017 bezahlte Altersrente in Höhe von Fr. 2'275.- bis am 31. Januar 2018 zurückzuzahlen bzw. – falls sich das Geld noch auf dem Konto befinde – der Bank die Ermächtigung für die Rückzahlung zu erteilen. Zur Begründung hielt sie fest, dass der Anspruch des Versicherten auf AHVRente per 30. September 2017 erloschen sei. Da die SAK nicht rechtzeitig über den Todesfall informiert worden sei, seien die Erben verpflichtet, die unrechtmässig überwiesene Leistung für Oktober 2017 zurückzuerstatten (act. 44). Gemäss Rückschein der Post wurde der Witwe die Verfügung im Zeitraum zwischen 14. Dezember 2017 und 31. Januar 2018 zugestellt (act. 49). Mit Erinnerungsschreiben an die Witwe vom 30. Januar 2018 wiederholte die SAK ihre Aufforderung zur Rückzahlung und setzte dafür Frist bis 28. Februar 2018 (act. 48). In einer internen Notiz vom 19. März 2018 wurde seitens der SAK festgestellt, dass noch keine Rückzahlung erfolgt sei (act. 50).

    4. Gestützt auf das Ergebnis einer internen juristischen Abklärung vom

      26. September 2018 (act. 51) forderte die SAK die Witwe des Versicherten am 1. Oktober 2018 ein weiteres Mal auf, den Betrag von Fr. 2'275.- innert 30 Tagen zurückzuzahlen (act. 52, 55). Zudem stellte sie am 30. Oktober 2018 der Beschwerdeführerin sowie D. jeweils eine "Rückerstattungsverfügung" zu, worin sie die Adressatinnen jeweils aufforderte, die dem Versicherten für Oktober 2017 zu Unrecht bezahlte Altersrente in Höhe von Fr. 2'275.- bis am 15. Dezember 2018 zurückzuzahlen (act. 64,

      65).

    5. Gegen die Verfügung vom 30. Oktober 2018 erhob die Beschwerdeführerin am 22. November 2018 Einsprache und beantragte sinngemäss die Aufhebung der Verfügung. Die Rückerstattungsforderung sei gegenüber der Witwe geltend zu machen. Die Witwe habe bisher die nötigen Papiere bei der Schweizer Botschaft nicht eingereicht. Das Erbschaftsamt (…) habe nicht aktiv werden können, weshalb ihr kein Erbschein ausgestellt worden sei und sie bis zum heutigen Tag rechtlich kein Erbe angetreten habe. Die Witwe habe zudem auch keine Verzichtserklärung betreffend das Erbe in der Schweiz eingereicht. Nur die Witwe habe die Vollmacht für sämtliche Konten des verstorbenen Versicherten. Sie habe bis heute keine

      Einsicht in irgendwelche Kontobewegungen und es werde ihr mangels Erbschein jede Auskunft verwehrt (act. 67). Eine inhaltlich identische Einsprache wurde am 23. November 2018 von D. eingereicht (act. 69).

    6. Bezugnehmend auf die Einsprache der Beschwerdeführerin forderte die SAK diese am 2. April 2019 unter Beilage eines Auszugs aus dem VERA-Register betreffend den Todesfall des Versicherten auf, bis am

      30. April 2019 einen Erbschein einzureichen, ansonsten über die Einsprache auf Grund der Akten entschieden werde. Dazu hielt sie fest, dass Eintragungen im VERA-Register der Beweiskraft von Eintragungen in einem öffentlichen Register gleichkämen, womit es dem Erbschaftsamt möglich sein sollte, aktiv zu werden (act. 74). Das identische Schreiben mit Beilage stellte die SAK auch D. zu (act. 73).

    7. Mit Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019 wies die SAK die Einsprache der Beschwerdeführerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass mit dem Tod der rückerstattungspflichtigen Person die Rückerstattungsschuld

  • falls die Erbschaft nicht ausgeschlagen worden sei – auf die Erben übergehe, dies sowohl nach schweizerischem als auch brasilianischem Recht. Als Tochter des Versicherten sei die Beschwerdeführerin von Gesetzes wegen Erbin. Sie habe die Erbschaft offensichtlich nicht ausgeschlagen, zumindest sei nicht aktenkundig, dass sie die Ausschlagung beim zuständigen Amt der Heimatgemeinde des Verstorbenen erklärt habe. Daher sei sie zur Rückerstattung des zu Unrecht ausbezahlten Rentenbetrags von Fr. 2'275.- grundsätzlich verpflichtet. Allerdings handle es sich um eine Solidarschuld. So könne sie zwar für die Erbschaftsschulden von den Gläubigern allein in Anspruch genommen werden, könne aber ihrerseits auf die allfälligen übrigen Erben Rückgriff nehmen (act. 78). Der identische Einspracheentscheid wurde auch D. zugestellt (act. 77).

    C.

    Gegen den Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019 erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch André Ziltener, AZ-Management Ziltener, am

    8. Juni 2019 (Datum Postaufgabe) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids. Zur Begründung hielt sie fest, dass sie bis zum heutigen Tag keine Erbschaft angetreten bzw. keine Leistungen der AHV unrechtmässig bezogen habe. Die Witwe verweigere die Zustimmung, auf ihr Erbe in der Schweiz zu verzichten. Das Erbschaftsamt könne somit nicht tätig werden. Der Eintrag im VERA-Register werde vom Erbschaftsamt bzw. Zivilstandesamt nicht anerkannt. Das Erbschaftsamt bestehe auf einer Bestätigung

    der Witwe via Schweizerbotschaft in Brasilien, dass diese auf ihr Erbe in der Schweiz verzichte (Akten im Beschwerdeverfahren [nachfolgend: BVGer-act.] 1).

    D.

    Mit Vernehmlassung vom 12. Juli 2019 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Sie hielt fest, dass der Versicherte gemäss Eintrag im VERA-Register am (…) September 2017 verstorben sei. Öffentliche Register erbrächten für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen sei. Die Unrichtigkeit des Inhalts sei bisher nicht nachgewiesen worden. Unbelegt sei auch der Hinweis in der Beschwerde, wonach das VERA-Register vom Erbschaftsamt nicht anerkannt worden sei. Der Todesfall sei folglich durch das E-VERA belegt. Durch den Tod des Versicherten seien dessen Schulden zu persönlichen Schulden der Beschwerdeführerin geworden, welche gesetzliche Erbin sei und das Erbe nicht ausgeschlagen habe. Nach dem vorliegend anwendbaren brasilianischen Recht seien die Kinder als Erben vorgesehen, sodass mit dem Tod des Erblassers die Rückerstattungsschuld auf die Erben übergehe (BVGer-act. 4).

    E.

    Mit Verfügung vom 18. Juli 2019 wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit eingeräumt, bis zum 16. September 2019 eine Replik einzureichen (BVGer-act. 5). Die Verfügung wurde der Beschwerdeführerin am 19. Juli 2019 zugestellt (BVGer-act. 6). Die Beschwerdeführerin liess sich in der Folge nicht mehr vernehmen.

    F.

    Mit Verfügung vom 14. November 2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, innert 30 Tagen ab Erhalt der Verfügung eine Sterbeurkunde betreffend den Versicherten vorzulegen (Ziff. 2), mitzuteilen, ob der Versicherte ein Testament hinterlassen habe, und bejahendenfalls ein Exemplar davon innert der genannten Frist vorzulegen (Ziff. 3), sowie mitzueilen, ob sie die Erbschaft ausgeschlagen habe, und bejahendenfalls die entsprechende(n) Ausschlagungserklärung(en) resp. Ausschlagungsurkunde(n) innert der genannten Frist vorzulegen (Ziff. 4). Die Beschwerdeführerin wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass – komme sie den Aufforderungen gemäss Ziff. 2 bis 4 nicht nach – aufgrund der Akten entschieden werde (BVGer-act. 8). Die Verfügung wurde der Beschwerdeführerin am

    20. November 2019 zugstellt (BVGer-act. 9), womit die gesetzte Frist am

    6. Januar 2020 (vgl. Art. 20 Abs. 1 und 3 sowie Art. 22a Abs. 1 Bst. c VwVG

    [SR 172.021]) ablief, ohne dass die Beschwerdeführerin den Aufforderungen nachgekommen ist.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

      1. Gemäss Art. 31 VGG in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG und Art. 85bis Abs. 1 AHVG (SR 831.10) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen bzw. Einspracheentscheide (Art. 5 Abs. 2 VwVG) der Schweizerischen Ausgleichskasse. Eine Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der Beschwerde zuständig.

      2. Nach Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt. Das VwVG findet indes keine Anwendung in Sozialversicherungssachen, soweit das ATSG (SR 830.1) anwendbar ist (Art. 3 Bst. dbis VwVG). Gemäss Art. 1 Abs. 1 AHVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die im ersten Teil geregelte Altersund Hinterlassenenversicherung anwendbar, soweit das AHVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.

      3. Die Beschwerdeführerin, Tochter und (mögliche) Erbin des verstorbenen Versicherten, ist als Adressatin des angefochtenen Einspracheentscheids vom 9. Mai 2019 durch diesen berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung, so dass sie im Sinne von Art. 59 ATSG beschwerdelegitimiert ist.

      4. Da die Beschwerde im Übrigen innert Frist (Art. 60 Abs. 1 ATSG) und knapp formgerecht (Art. 52 Abs. 1 VwVG) eingereicht wurde, ist darauf einzutreten.

    2.

      1. Das Bundesverwaltungsgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit (Art. 49 VwVG).

      2. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Der Richter und die Richterin haben vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigen (BGE 144 V 427 E. 3.2, 138 V 218 E. 6, 126 V 353

        E. 5b, 125 V 193 E. 2, je mit Hinweisen). Der Sozialversicherungsträger als verfügende Instanz und – im Beschwerdefall – das Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind (Urteil des BGer 8C_494/2013 vom 22. April 2014 E. 5.4.1,

        n. publ. in: BGE 140 V 220).

      3. Die Beschwerdeführerin ist Schweizerin und wohnt in der Schweiz. Die Voraussetzungen für eine allfällige Rückforderung von AHV-Leistungen beurteilt sich deshalb, soweit das vorliegende Beschwerdeverfahren betreffend, allein aufgrund schweizerischer Rechtsvorschriften.

      4. Das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Entscheides (hier: 9. Mai 2019) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 1 E. 1.2 mit Hinweisen). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 362 E. 1b).

      5. In materiell-rechtlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhaltes Geltung hatten (BGE 132 V 215 E. 3.1.1; 130 V 329 E. 2.3). Die Frage, ob die Vorinstanz die Rückerstattung von Leistungen verlangen kann, beurteilt sich somit nach den am (…) September 2017 (Todesdatum des Versicherten) gültig gewesenen Bestimmungen.

    3.

      1. Die Festlegung einer (allfälligen) Rückerstattung von Leistungen erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren (vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar,

        4. Aufl. 2020, N. 17 ff. zu Art. 25): In einem ersten Entscheid ist über die Frage der Unrechtmässigkeit des Bezuges der Leistung zu befinden (in der Regel mittels Wiedererwägung oder Revision, vgl. Art. 53 ATSG bzw. Art. 17 ATSG). Daran schliesst sich zweitens der Entscheid über die Rück-

        erstattung an, in dem zu beantworten ist, ob – bei der festgestellten Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs – eine rückwirkende Korrektur gemäss Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG erfolgt. Der Entscheid über die Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs und der anschliessende Entscheid über die Rückerstattung können gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch in ein und derselben Verfügung erfolgen (Urteil des BGer I 143/06 vom 23. Januar 2007 E. 5.3.4; vgl. auch Urteil des BVGer C-7835/2010 vom 21. August 2012 E. 2.3.4 mit Hinweisen). Schliesslich ist drittens, ein entsprechendes Gesuch vorausgesetzt, über den Erlass der zurückzuerstattenden Leistung gemäss Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG zu entscheiden wobei die Erlassfrage erst dann zu prüfen ist, wenn die Rechtsbeständigkeit der Rückforderungsverfügung feststeht (Urteil des BGer 9C_466/2014 vom 2. Juli 2015 E. 3.1 mit Hinweis; vgl. auch Art. 4 Abs. 4 ATSV [SR 830.11]).

      2. Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstands bildet vorliegend der Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019, mit dem die Vorinstanz die von der Beschwerdeführerin angefochtene "Rückerstattungsverfügung" vom 30. Oktober 2018 bestätigt hat. Entgegen dem Wortlaut des Titels umfasst die Verfügung nicht lediglich die Rückforderung der AHV-Rente, sondern auch deren Aufhebung per 30. September 2017. Das Gleiche gilt für den vorliegend angefochtenen Einspracheentscheid vom

    9. Mai 2019, welcher die Verfügung vom 30. Oktober 2018 ersetzt (vgl. Urteile des BGer 8C_121/2009 vom 26. Juni 2009 E. 3.5; 8C_592/2012 vom 23. November 2012 E. 3.2; 9C_777/2013 vom 13. Februar 2014 E. 5.2.1 mit Hinweisen; BGE 140 V 70 E. 4.2). Anfechtungsgegenstand ist somit nicht nur die Frage der Rückforderung, sondern auch die Frage der Unrechtmässigkeit der bezogenen Leistung. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist hingegen ein allfälliger Erlass der Rückforderung. Diesbezüglich liegt bereits kein Gesuch vor. Ohnehin hätte die Vorinstanz, wie sie dies im angefochtenen Einspracheentscheid ausführt, über ein solches mangels einer rechtsbeständigen Rückforderungsverfügung noch gar nicht entscheiden können.

    4.

    Zunächst ist über die Frage der Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs zu befinden.

    4.1

        1. Der Anspruch auf Altersrente erlischt mit dem Tod (Art. 21 Abs. 2 AHVG) bzw. mit Ablauf des Monats, in welchem die rentenberechtigte Person stirbt (Rz. 3010 der Wegleitung über die Renten [RWL] des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV], gültig ab 1. Januar 2003, Stand:

          1. Januar 2017).

        2. Gemäss Art. 19 Abs. 3 ATSG werden Renten stets für den ganzen Kalendermonat im Voraus ausbezahlt. Nach Art. 72 AHVV (SR 831.101) hat die Ausgleichskasse die Zahlungsaufträge der Post oder Bank rechtzeitig zu erteilen, so dass die Auszahlung bis zum 20. Tag des Monats erfolgen kann. Als Nachweis der Auszahlung der Rente gelten kasseninterne Auszahlungslisten und Belastungsanzeigen der Schweizerischen Post o- der Bank (Art. 73 AHVV).

        3. Gemäss der Verordnung über das Informationssystem E-VERA vom

          17. August 2016 (SR 235.22) dient das E-VERA dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zur Erfüllung der konsularischen Aufgaben durch die schweizerischen Vertretungen im Ausland und die Konsularische Direktion (KD), insbesondere betreffend die Führung des Auslandsschweizerregisters (Art. 2 Bst. a der Verordnung). Sämtliche Daten des E-VERA werden von den Vertretungen erfasst. Das System teilt jeder Person automatisch eine Nummer zu (Art. 6 Abs. 1 der Verordnung). Es werden unter anderem Daten wie Namen, Geburtsdatum und

          -ort, Zivilstand, Kontaktangaben, Angaben zum Ehepartner und zu Kindern sowie Angaben zum Tod (Datum, Ort) von Auslandschweizerinnen und - schweizern, deren Ehepartner und -partnerinnen sowie ihren Kindern verarbeitet (vgl. Art. 5 i.V.m. Anhang 1 der Verordnung). Gemäss Art. 8 Abs. 2 Bst. b der Verordnung werden der SAK die Daten nach Anhang 1 automatisch und verschlüsselt übermittelt, damit diese die von den Vertretungen gemeldeten Mutationen, welche von der SAK verwaltete Dossiers betreffen, vornehmen kann.

        4. Art. 31 Abs. 1 ATSG bestimmt, dass jede wesentliche Änderung in den für eine Leistung massgebenden Verhältnissen von den Bezügerinnen und Bezügern, ihren Angehörigen oder Dritten, denen die Leistung zukommt, dem Versicherungsträger oder dem jeweils zuständigen Durchführungsorgan zu melden ist. Soweit bei einer korrekten Meldung eine Leistungsanpassung erfolgt wäre, wird die weiterhin ausgerichtete Leistung zu einer unrechtmässig bezogenen Leistung, welcher der Rückerstattung an

    den Versicherungsträger unterliegt (Art. 25 Abs. 1 ATSG; UELI KIESER, a.a.O, N. 26 zu Art. 31).

    4.2 Der Versicherte ist gemäss Eintrag im VERA-Register am (…) September 2017 verstorben (act. 38), was auch von der Beschwerdeführerin sowie D. bestätigt worden ist (act. 67 und 69). Der Todesfall des Versicherten sowie der Zeitpunkt seines Todes sind somit aktenkundig und unbestritten. Mit dem Tod erlosch der Anspruch des Versicherten auf eine Altersrente per 30. September 2017. Der Tod des Versicherten wurde seitens der Angehörigen nicht unverzüglich gemeldet und die SAK entrichtete dem Versicherten die Altersrente nachweislich am 6. Oktober 2017 noch für den Monat Oktober 2017 (act. 39, S. 2), obwohl dafür kein Anspruch mehr bestand. Folglich handelt es sich bei der für Oktober 2017 ausgerichteten Altersrente um eine unrechtmässig bezogene Leistung, welche – unabhängig vom Vorliegen einer Meldepflichtverletzung (diese Frage würde sich erst im Rahmen einer allfälligen Beurteilung über den Erlass der Rückforderung stellen) – grundsätzlich zurückzuerstatten ist (vgl. BGE 139 V 6 E. 3; UELI KIESER, a.a.O., N. 26 und 30 zu Art. 25).

    5.

    In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob bei der festgestellten Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs eine rückwirkende Korrektur gemäss Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG erfolgt. Dabei stellt sich vorab die Frage, ob die Vorinstanz die Rückforderung zu Recht gegenüber der Beschwerdeführerin geltend gemacht hat.

      1. In formeller Hinsicht ist zunächst zu beurteilen, ob die Vorinstanz die Fristen zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG eingehalten hat.

        1. Gemäss Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG erlischt der Rückforderungsanspruch mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Bei den genannten Fristen handelt es sich um von Amtes wegen zu berücksichtigende Verwirkungsfristen (BGE 142 V 20 E. 3.2.2; 140 V 521 E. 2.1 mit Hinweisen; Urteil des BGer 8C_843/2018 vom 22. Januar 2019 E. 3.2). Die Fristen werden gewahrt durch Erlass einer Rückerstattungsverfügung (und deren Zustellung an die rückerstattungspflichtige Person; BGE 119 V 431 E. 3c; Urteil des BGer 8C_630/2015 vom 17. März 2016 E. 4 m.H.). Wird der Entscheid über die Rückforderung fristund formgerecht dem richtigen Adressaten

          eröffnet, so sind mit diesem Akt die Fristen ein für alle Mal gewahrt; daran ändert nichts, wenn er durch eine Beschwerdeinstanz aufgehoben und später (infolge Rückweisung) durch einen neuen Entscheid – mit allenfalls kleinerem Rückforderungsbetrag – ersetzt wird (BSK ATSG-JOHANNA DORMANN, 2020, N. 58 zu Art. 25 m.H. auf Urteile des BGer 9C_778/2016 vom 12. Dezember 2017 E. 5.1; 9C_821/2012 vom 12. April 2013 E. 4.2 und 8C_616/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 5). Der Verwirkung des Rückforderungsanspruchs gegenüber einem von mehreren Solidarschuldnern kommt grundsätzlich Einzelwirkung zu, sodass die Forderung gegenüber dem einen Schuldner verwirkt sein kann, gegenüber einem anderen aber nicht (vgl. BRIGITTA KRATZ, Berner Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Das Obligationenrecht, 2015, N. 91 zu Art. 147).

        2. Unter der Wendung "nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat", ist der Zeitpunkt zu verstehen, in dem die Verwaltung bei Beachtung der gebotenen und zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen (oder erkannt hat), dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen, oder mit anderen Worten, in welchem sich der Versicherungsträger hätte Rechenschaft geben müssen über Grundsatz, Ausmass und Adressat des Rückforderungsanspruchs (Urteil des BGer 9C_625/2019 vom 18. Mai 2020 E. 2.1 mit weiteren Hinweisen). Soweit der Versicherungsträger noch zusätzliche (eigentlich massgebende) Abklärungen zu tätigen hat, sind diese innert angemessener Zeit vorzunehmen (UELI KIESER, a.a.O., N. 83 zu Art. 25). Wenn die Verwaltung nicht die erforderlichen Anstrengungen unternimmt, um über ihre noch ungenügend bestimmte Forderung innert absehbarer Zeit ein klares Bild zu erhalten, so darf sich ihre Säumnis nicht zu ihren Gunsten und zu Ungunsten der versicherten Person auswirken. In einem solchen Fall ist der Beginn der Verwirkungsfrist vielmehr auf den Zeitpunkt festzusetzen, in welchem die Verwaltung ihre vollständige Kenntnis mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz so hätte ergänzen können, dass der Rückforderungsanspruch die nötige Bestimmtheit erhält und der Erlass einer Verfügung möglich wird (BGE 112 V 182 E. 4b).

        3. Vorliegend erhielt die Vorinstanz am 19. Oktober 2017 den Auszug aus dem VERA-Register, wonach der Versicherte am (…) September 2017 in Brasilien verstorben ist (act. 38). Allein gestützt auf die Todesfallmeldung war die Vorinstanz jedoch noch nicht in der Lage, die für Oktober 2017 zu Unrecht ausgerichtete Altersrente verfügungsweise von der Beschwerdeführerin zurückzufordern, denn sie musste zunächst deren Koordinaten ausfindig machen (vgl. act. 56-63). Für diese zusätzlichen Abklärungen ist

    der Vorinstanz mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen eine Frist von ein bis zwei Monaten zuzugestehen (vgl. Urteil des BGer 9C_1010/2009 vom 28. Mai 2010 mit Hinweisen auf die Urteile des EVG P 41/00 vom 8. Oktober 2002 E. 5.3 und I 609/98 vom

    19. Oktober 2000 E. 2f; vgl. auch Urteil des EVG I 62/02 vom 2. April 2004

    E. 4.3). Der Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist ist somit frühestens auf Mitte November 2017 festzulegen. Indem die Vorinstanz den Rückforderungsanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom

    30. Oktober 2018 geltend gemacht hat, hat sie die einjährige Verwirkungsfrist jedenfalls eingehalten. Da auch die absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren ohne Weiteres gewahrt wurde, sind die formellen Voraussetzungen für eine Rückforderung der Vorinstanz gegenüber der Beschwerdeführerin ein für alle Mal erfüllt.

      1. Es bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin in materieller Hinsicht rückerstattungspflichtig ist. Eine Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin durch die Vorinstanz setzt voraus, dass die Pflicht zur Rückerstattung zu deren persönlichen Schuld geworden ist.

        1. Rückerstattungspflichtig sind gemäss Art. 2 Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 11. September 2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSV; SR 830.11]) der oder die Bezügerin der unrechtmässig gewährten Leistungen und seine oder ihre Erben.

        2. Betreffend die erbrechtlichen Verhältnisse liegt mit Blick darauf, dass der Erblasser vorliegend zuletzt Wohnsitz in Brasilien hatte, ein internationaler Sachverhalt vor. Da zwischen der Schweiz und Brasilien in Bezug auf die Erbfolge keine zwischenstaatlichen Verträge bestehen (vgl. BGE 138 III 489 E. 2.3), beurteilen sich die Zuständigkeit sowie das anwendbare Recht nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (Art. 1 Bst. a und b sowie Abs. 2 IPRG [SR 291]).

          1. War der Erblasser – wie vorliegend – Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig, soweit sich die ausländische Behörde mit seinem Nachlass nicht befasst (Art. 87 Abs. 1 IPRG). Die Untätigkeit ausländischer Wohnsitzbehörden kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Ersteres ist etwa der Fall, wenn das Domizilrecht die Zuständigkeit auf den inländischen Nachlass beschränkt und sich für Nachlasswerte, die sich nicht auf seinem Territorium befinden, als nicht zuständig erachtet (BSK IPRGSCHNYDER/LIATOWITSCH, 3. Aufl. 2013, N. 19 zu Art. 87; vgl. auch JOLANTA

            KREN KOSTKIEWICZ, Schweizerisches Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2018, S. 435 f.). Brasilien beansprucht stets die ausschließliche Zuständigkeit für die Abwicklung eines Nachlasses, wenn der Erblasser Vermögenswerte im Lande hinterlässt. Unerheblich ist, ob er zuletzt im Ausland wohnhaft war oder bei seinem Tode brasilianischer oder ausländischer Staatsangehöriger gewesen ist. Demgegenüber sind nach bisheriger höchstrichterlicher (brasilianischer) Rechtsprechung die brasilianischen Gerichte international grundsätzlich nicht zuständig, solche Vermögenswerte ins Nachlassverfahren miteinzubeziehen und auf die Erben aufzuteilen, die sich beim Tode des Erblassers im Ausland befinden. Das Nachlassverfahren beschränkt sich somit grundsätzlich auf die in Brasilien gelegenen Vermögenswerte (vgl. So geht's…Familienund Erbrecht in Brasilien, Hrsg. Deutsch-Brasilianische Industrieund Handelskammer São Paulo, 3. Aufl., November 2016, S. 17, abrufbar unter: http://www.raanaya.com.br/ima- ges/pdf/so-gehts-familien-3-2016.pdf, zuletzt besucht am 26.8.2020; Einführungsgesetz in die Vorschriften des brasilianischen Rechts, Gesetzesdekret Nr. 4'657 vom 4. September 1942, deutsche Übersetzung des Advokaturbüros Wolf in Zürich, S. 6 Fussnote 3 mit weiteren Hinweisen, abrufbar unter: https://www.law-wolf.ch/gesetze-de.php, zuletzt besucht am 26.8.2020; vgl. auch BGE 138 III 489 E. 3.4).

          2. Gemäss Art. 91 Abs. 1 IPRG untersteht der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz im Ausland dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist. Nach dem brasilianischen Kollisionsrecht, welches im Einführungsgesetz in die Vorschriften des brasilianischen Rechts (vgl. E. 5.2.2.1 hiervor) geregelt ist, wird die Erbfolge durch das Recht des Landes bestimmt, in welchem der Erblasser Wohnsitz hatte (Art. 10 des erwähnten Gesetzes). Soweit nach Art. 87 IPRG die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig sind, untersteht der Nachlass eines Schweizers mit letztem Wohnsitz im Ausland schweizerischem Recht, es sei denn, der Erblasser habe in der letztwilligen Verfügung oder im Erbvertrag ausdrücklich das Recht an seinem letzten Wohnsitz vorbehalten (Art. 91 Abs. 2 IPRG). Das auf den Nachlass anwendbare Recht bestimmt, was zum Nachlass gehört, wer in welchem Umfang daran berechtigt ist, wer die Schulden des Nachlasses trägt, welche Rechtsbehelfe und Massnahmen zulässig sind und unter welchen Voraussetzungen sie angerufen werden können (Art. 92 Abs. 1 IPRG).

        3. Die Vorinstanz hat im Sinne der geltenden Untersuchungsmaxime die für die Beurteilung der Rückerstattungspflicht notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vorzunehmen und die erforderlichen Auskünfte einzuholen (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG).

        4. Da der Erblasser vorliegend zuletzt Wohnsitz in Brasilien hatte, wären gemäss der dargestellten Rechtslage – jedenfalls für den Nachlass in Brasilien – grundsätzlich die brasilianischen Behörden für die Abwicklung des Nachlasses zuständig unter Anwendung von brasilianischem Recht. Aus den vorliegenden Akten geht jedoch nicht hervor, inwiefern – und gegebenenfalls mit welchem Resultat – die brasilianischen Behörden sich mit dem Nachlass befasst hätten. Für allfällige Vermögenswerte in der Schweiz erachten sich die brasilianischen Behörden – wie ausgeführt – grundsätzlich als nicht zuständig, was bei deren effektiven Untätigkeit zu einer subsidiären Zuständigkeit der Schweizer Behörden (vgl. Art. 87 Abs. 1 IPRG) und damit zur Anwendung von Schweizer Recht führen könnte (vgl. Art. 91 Abs. 2 IPRG). In diesem Zusammenhang ist auch unklar, ob der Erblasser zu Lebzeiten eine letztwillige Verfügung erstellt hat mit einer Rechtswahl i.S. von Art. 91 Abs. 2 IPRG. Ob sich die brasilianischen Behörden tatsächlich nicht mit allfälligen Vermögenswerten des Erblassers in der Schweiz befasst haben, ergibt sich vorliegend, wie bereits erwähnt, ebenso wenig aus den Akten und Abklärungen der Vorinstanz. Hinzu kommt die Unklarheit darüber, ob in der Schweiz überhaupt (noch) Vermögenswerte des Erblassers vorhanden sind. Betreffend das G. - Konto des Erblassers, auf welches die Vorinstanz die Altersrente für Oktober 2017 am 6. Oktober 2017 überwiesen hatte, ist der aktuelle Vermögensstand unbekannt. Die Begründung einer Zuständigkeit gemäss Art. 87 Abs. 1 IPRG würde aber voraussetzen, dass das G. -Konto zum Zeitpunkt der Rückforderung durch die Vorinstanz bzw. zum aktuellen Zeitpunkt einen positiven Saldo aufweist (vgl. Urteil des BGer 5A_264/2013 vom 28. November 2013 E. 3.1.3 [betreffend den für im Ausland verstorbene Ausländer anwendbaren Art. 88 Abs. 1 IPRG]). Unter den gegebenen Umständen ist somit nicht klar, ob die brasilianischen Behörden oder – infolge deren Untätigbleibens – subsidiär die Schweizer Behörden gemäss Art. 87 Abs. 1 IPRG zuständig sind. Demzufolge kann auch die Frage, welches Recht auf den Nachlass anwendbar ist, (vorläufig) nicht beantwortet werden. In diesem Zusammenhang ist wie erwähnt auch offen, ob der Erblasser mittels einer letztwilligen Verfügung oder eines Erbvertrags eine Wahl betreffend das anwendbare Recht getroffen hat. Nach dem Gesagten kann der Vor-instanz, welche ohne Weiteres von der Anwendbarkeit des brasilianischen Rechts ausgegangen ist, nicht gefolgt werden. Indem die

          Vorinstanz einerseits brasilianisches Recht für anwendbar erklärt hat, sich dann andererseits gleichzeitig auf den gemäss schweizerischem Erbrecht geltenden Grundsatz der Universalsukzession gemäss Art. 560 Abs. 1 ZGB sowie die solidarische Haftung der Erben gemäss Art. 603 Abs. 1 ZGB berufen hat, um eine Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin zu begründen (vgl. BVGer-act. 4, S. 2), erweisen sich ihre Ausführungen ohnehin als widersprüchlich. Die Vorinstanz wäre gemäss Art. 43 Abs. 1 ATSG verpflichtet gewesen, die erforderlichen Abklärungen (z.B. Einholung von Auskünften bei den zuständigen brasilianischen Behörden bzw. dem zuständigen Nachlassgericht und/oder beim Erbschaftsamt […]) zur Klärung der Zuständigkeitsfrage und damit der Frage des anwendbaren Rechts durchzuführen.

        5. Die Klärung der Frage nach dem anwendbaren Recht ist vorliegend entscheidend. Zwar ist die Beschwerdeführerin als Tochter des verstorbenen Versicherten sowohl nach schweizerischem wie auch brasilianischen Erbrecht (Ausschlagung und Enterbung vorbehalten) gesetzliche Erbin (Art. 457 ZGB und Art. 1'829 des brasilianischen código civil [nachfolgend: cc], Gesetz Nr. 10'406 vom 10. Januar 2002, abrufbar unter: https://www.law-wolf.ch/gesetze-de.php, zuletzt besucht am 26.8.2020), jedoch unterscheiden sich die beiden Rechtsordnungen in wesentlichen Punkten: Während nach schweizerischem Recht die Erbschaft als vorbehaltslos erworben gilt, sofern sie nicht innert einer dreimonatigen Frist ab Kenntnis des Todes des Erblassers bei der zuständigen Behörde ausgeschlagen wurde (vgl. Art. 566 Abs. 1, Art. 567, Art. 570 und Art. 571 Abs. 1 ZGB), muss die Erbschaft nach brasilianischem Recht erst (ausdrücklich oder stillschweigend) angenommen werden (vgl. Art. 1'805 cc). Eine Frist für die Ausschlagung der Erbschaft, welche ausdrücklich durch öffentliche Urkunde oder gerichtliches Protokoll bekannt gegeben werden muss, besteht nicht (vgl. Art. 1'806 cc). Insofern könnte bei Anwendbarkeit des brasilianischen Rechts nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, die Beschwerdeführerin habe infolge fehlender Ausschlagung die Erbschaft angenommen. Sollte Schweizer Recht anwendbar sein, wäre demgegenüber eine vorbehaltslose Annahme der Erbschaft durch die Beschwerdeführerin zu bejahen, da die dreimonatige Frist zur Ausschlagung zwischenzeitlich längst abgelaufen ist und keine Hinweise darauf vorliegen, dass die Beschwerdeführerin das Erbe innert Frist ausgeschlagen hätte. Insbesondere hat sie trotz Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVGer-act. 8) und entgegen ihrer Mitwirkungspflicht (vgl. BGE 125 V 193

          E. 2; 122 V 158 E. 1a, je m.w.H) weder mitgeteilt, ob sie die Erbschaft

          ausgeschlagen hat, noch eine allfällige Ausschlagungserklärung bzw. -urkunde vorgelegt. Ein weiterer Unterschied zwischen dem schweizerischen und brasilianischen Erbrecht besteht in Bezug auf die Haftung der Erben für die Schulden des Erblassers: Nach schweizerischem Recht erwerben die Erben die Erbschaft als Ganzes mit dem Tod des Erblassers kraft Gesetz (Art. 560 Abs. 1 ZGB; Universalsukzession). Die Vermögenswerte und Ansprüche gehen ohne Weiteres auf die Erben über und die Schulden des Erblassers werden mit dessen Tod zu persönlichen Schulden der Erben (Art. 560 Abs. 2 ZGB; Schuldnachfolge). Die Haftung erfasst sowohl das eigene, bisherige Vermögen des Erben als auch das ererbte Vermögen (Urteil des BGer 5A_206/2018 vom 15. Mai 2019 E. 3.2.1 mit Hinweis). Gemäss Art. 603 Abs. 1 ZGB haften die Erben für die Schulden des Erblassers solidarisch. Die Solidarhaftung der Erben richtet sich nach Art. 143 ff. OR, woraus folgt, dass jeder einzelne Erbe allein für die Erbschaftsschulden in Anspruch genommen werden kann, und zwar nicht nur für seine Quote, sondern für die ganze Schuld. Die Erbschaftsgläubiger können deshalb nach ihrer Wahl entweder alle Erben zugleich oder einen nach dem andern oder auch nur einen beliebigen Erben in Anspruch nehmen. Sämtliche Erben bleiben so lange verpflichtet, bis die ganze Forderung getilgt ist (Art. 144 OR). Nach brasilianischem Recht ist demgegenüber die Haftung der Erben für Schulden des Erblassers auf den Betrag der Vermögenswerte aus dem Nachlass beschränkt (vgl. Art. 1'792 cc). Eine darüber hinausgehende persönliche Erbenhaftung wie im Schweizer Recht besteht nicht. Nach der Erbteilung haften die Erben zudem nur noch anteilsmässig entsprechend der ihnen zugefallen Quote für Schulden des Erblassers (Art. 1'997 cc). Die Haftung der Erben ist somit auf die Höhe ihres Erbanteils begrenzt (vgl. So geht's…Familien- und Erbrecht in Brasilien, a.a.O.,

          S. 25 f.). Bei Anwendbarkeit des brasilianischen Erbrechts würde es somit vom vorhandenen Nachlassvermögen bzw. – bei bereits erfolgter Erbteilung – von der Höhe des Erbanteils der Beschwerdeführerin abhängen, ob und in welchem Umfang diese für die Rückforderung der Vorinstanz in Höhe von Fr. 2'275.- haftbar gemacht werden könnte.

        6. Nach dem Gesagten kann vor der Klärung der Frage des anwendbaren Rechts keine Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin über den Betrag von Fr. 2'275.- begründet werden. Sollte brasilianisches Erbrecht anwendbar sein, wären zudem weitere Abklärungen betreffend die Höhe des Nachlassvermögens bzw. des Erbanteils der Beschwerdeführerin erforderlich um zu klären, ob überhaupt ein Haftungssubstrat vorhanden ist. Im Ergebnis erweist sich somit der Einspracheentscheid der Vorinstanz vom 9. Mai 2019 als unrechtmässig und ist aufzuheben. Die Angelegenheit

    ist an die Vorinstanz zur Vornahme der erforderlichen Abklärungen im Sinne der Erwägungen und zum anschliessenden Erlass einer neuen Verfügung zurückzuweisen.

    6.

    Zu befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung. Die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu erneuter Abklärung gilt praxisgemäss als Obsiegen der beschwerdeführenden Partei (vgl. BGE 137 V 210 E. 7.1; 132 V 215 E. 6; Urteil des BGer

    9C_89/2017 vom 19. Mai 2017 E. 7.1).

      1. Das Verfahren ist für die Parteien kostenlos (Art. 85bis Abs. 2 AHVG), sodass keine Verfahrenskosten zu erheben sind.

      2. Die obsiegende, durch den nicht im Anwaltsregister eingetragenen André Ziltener, AZ-Management Ziltener, vertretene Beschwerdeführerin hat gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Verwaltung. Das Honorar und die Entschädigung für eine nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung werden nach dem notwendigen Zeitaufwand des Vertreters oder der Vertreterin bemessen (Art. 10 Abs. 1 VGKE). Der Stundenansatz beträgt für Anwälte und Anwältinnen mindestens Fr. 200.- und höchstens Fr. 400.-, für nichtanwaltliche Vertreter und Vertreterinnen mindestens Fr. 100.- und höchstens Fr. 300.- (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 VGKE). Da keine Kostennote eingereicht wurde, ist die Entschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 VGKE). Unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs, des gebotenen und aktenkundigen Aufwands, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des vorliegend zu beurteilenden Verfahrens ist die Parteientschädigung für die nichtanwaltliche Vertretung auf Fr. 800.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen.

    (Für das Dispositiv wird auf die nächste Seite verwiesen.)

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als der Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019 aufgehoben und die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen im Sinne der Erwägungen und anschliessendem Erlass einer neuen Verfügung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.

    2.

    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

    3.

    Der Beschwerdeführerin wird zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von Fr. 800.- zugesprochen.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Einschreiben)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Christoph Rohrer Nadja Francke

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG gegeben sind. Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

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