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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-2128/2018

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-2128/2018

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-2128/2018
Datum:18.02.2020
Leitsatz/Stichwort:Rückvergütung von Beiträgen
Schlagwörter : Vorinstanz; Einsprache; Schweiz; Beiträge; Einspracheentscheid; Rückvergütung; Verfügung; B-act; Bundesverwaltungsgericht; Verordnung; Parteien; Einspracheentscheids; Hinterlassenen; RV-AHV; Schweizerische; Ausgleichskasse; Folgenden:; Beilage; Urteil; Zypern; Hinterlassenenversicherung; Schweizerischen; AHV-Beiträge; Erwägungen; Verfahren; Zeitpunkt; Sinne
Rechtsnorm: Art. 153 AHVG ;Art. 18 AHVG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 60 ATSG ;Art. 64 VwVG ;Art. 85b AHVG ;
Referenz BGE:120 V 421; 127 V 201; 129 V 4; 130 V 1; 130 V 445; 131 V 164; 132 II 342; 136 V 33; 138 II 501
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid angefochten beim BGer

Abteilung III C-2128/2018

U r t e i l v o m 1 8 . F e b r u a r 2 020

Besetzung Richterin Viktoria Helfenstein (Vorsitz),

Richter Beat Weber, Richterin Caroline Bissegger, Gerichtsschreiber Roger Stalder.

Parteien A. _, Zypern,

Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue EdmondVaucher 18, Postfach 3100, 1211 Genf 2,

Vorinstanz.

Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, Rückvergütung von Beiträgen, Einspracheentscheid vom 16. Februar 2018.

Sachverhalt:

A.

    1. Die 1982 geborene A. (im Folgenden: Versicherte oder Beschwerdeführerin) war von 2003 bis 2015 mit Unterbrüchen in der Schweiz als Cabaret-Tänzerin erwerbstätig. Am 24. September 2015 stellte sie - unter Beilage einer Auflistung der Lokale, in denen sie gearbeitet hatte, und zahlreicher Kopien von Arbeitsverträgen und Lohnabrechnungen - bei der Schweizerischen Ausgleichskasse (im Folgenden: SAK oder Vorinstanz) einen Antrag auf Rückvergütung der AHV-Beiträge (Akten [im Folgenden: act.] der SAK 1 bis 5). Daraufhin tätigte die SAK bei mehreren Ausgleichskassen weitere Abklärungen (act. 8 bis 34, 37). Nach zusätzlichem Informationsaustausch zwischen der SAK und der Versicherten (act. 40 bis 45) erliess die SAK am 1. November 2016 eine Verfügung, mit welcher der Versicherten die Auszahlung eines Rückvergütungsbetrags in der Höhe von Fr. 11‘144.05 in Aussicht gestellt wurde (act. 46 und 47).

    2. Am 14. November 2016 liess sich die Versicherte über das Vorgehen im Zusammenhang mit einer Einsprache erkundigen (act. 49). Nach Korrespondenzen betreffend die Auszahlungsmodalitäten (act. 50 bis 63) und der Auszahlung des Rückerstattungsbetrages am 9. Dezember 2016 (act. 64) ersuchte die Versicherte im Rahmen der E-Mail vom 28. Mai 2017 um eine Neuberechnung, da sie ihrer Meinung nach zu wenig Geld erhalten habe (act. 65). Nachdem die SAK diese E-Mail als Einsprache gegen die Rückerstattungsverfügung vom 1. November 2016 bezeichnet und der Versicherten mit Schreiben vom 4. August 2017 Gelegenheit zu deren Verbesserung gegeben hatte (act. 66), ging bei der SAK - nach weiterem E-Mail-Verkehr zwischen dieser und der Versicherten (act. 67 bis 71) - am

31. August 2017 die verbesserte Eingabe vom 19. August 2017 samt Beilagen ein (act. 72 und 73). In der Folge gelangte die SAK am 22. September 2017 an die Ausgleichskasse GastroSocial (im Folgenden auch: AK

46) und bat um weitere Auskünfte (act. 74 und 75). Mit Schreiben vom

4. Oktober 2017 informierte die AK 46 die SAK darüber, dass sie aus Kulanz den Arbeitsvertrag der Versicherten für den Monat März 2015 mit einem 80%igen AHV-pflichtigen Bruttolohn von Fr. 2‘966.54 gebucht und das Einkommen für den Monat August 2015 von Fr. 3‘047.94 zufolge falscher Angaben der Arbeitgeberin storniert habe (act. 77). Nach weiterer E-MailKorrespondenz (act. 78 bis 91) gab die SAK der Versicherten - da die Korrektur der Löhne eine Reduktion der Rückvergütungssumme zur Folge habe - mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 Gelegenheit zum Rückzug

der Einsprache (act. 92). Nachdem die Versicherte am 22. Dezember 2017 an ihrer Auffassung festgehalten hatte (act. 93), erliess die SAK am 5. Februar 2018 eine neue Verfügung über den Rückvergütungsbetrag in Höhe von Fr. 11‘137.25 (act. 95). Zusätzlich erging betreffend die formgültige Einsprache vom 19. August 2017 am 16. Februar 2018 der Einspracheentscheid, mit welchem die Einsprache der Versicherten gutgeheissen wurde (act. 98).

B.

    1. Mit Schreiben vom 5. April 2018 übermittelte die SAK zuständigkeitshalber die Eingabe der Versicherten vom 2. und 5. März 2018 sowie eine Kopie des Einspracheentscheids vom 16. Februar 2018 an das Bundesverwaltungsgericht (act. im Beschwerdeverfahren [im Folgenden: B-act.] 1).

      Die Versicherte beantragte darin sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids und führte zusammengefasst aus, sie sei einverstanden mit der Lohnsumme von insgesamt Fr. 132‘586.-. Gemäss ihrer Kalkulation „132‘586 and x 100 : 8.4 = 15784.166, then 11.137.25 = 4,646.441

      CHF“ erwarte sie jedoch weitere Fr. 4‘644.441 (recte: Fr. 4'646.441).

    2. In ihrer Vernehmlassung vom 2. Mai 2018 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde (B-act. 3).

      Zur Begründung gab sie eine Reihe von Gesetzesund Verordnungsnormen und die im individuellen Konto aufgeführten Erwerbseinkommen und Beitragszeiten wieder und führte weiter zusammengefasst aus, im Rahmen der Nachprüfungen habe sich herausgestellt, dass generell nur 80 % der Bruttolöhne AHV-pflichtig seien, was auf den damals üblichen generellen Spesenabzug zurückzuführen sei. Daneben seien weitere Positionen abzuziehen gewesen, so dass der AHV-pflichtige Lohn insgesamt geringer ausgefallen sei als der vereinbarte Brutto-Ausgangslohn, wie er auf den Lohnbescheinigungen vermerkt sei. Weiter habe sich herausgestellt, dass die Eintragung für den August 2015 aufgrund von Lohnangaben aus dem Jahr 2012 erfolgt und somit falsch gewesen sei, weshalb die Ausgleichskasse das individuelle Konto (im Folgenden: IK) berichtigt habe. Die Nachforschungen hätten insgesamt ergeben, dass die entrichteten AHV-Beiträge den Löhnen entsprochen hätten, wie sie von ihrem jeweiligen Arbeitgeber der zuständigen Ausgleichskasse deklariert worden seien. In einigen Fällen sei jedoch kein Lohn deklariert worden (Dezember 2007, Februar

      2008 und April 2014), obwohl die Beschwerdeführerin laut den Verträgen in der Schweiz erwerbstätig gewesen sei. Da diesbezüglich die Unrichtigkeit des IK’s nicht mehr nachzuweisen gewesen sei, habe dieses nicht mehr korrigiert werden können. Gemäss dem korrigierten IK habe die Beschwerdeführerin daher während ihrer Arbeitstätigkeit in der Schweiz ein Erwerbseinkommen von insgesamt Fr. 132‘586.- erzielt. Die entrichteten AHV-Beiträge würden demzufolge Fr. 11‘137.25 (8.4 % von Fr. 132‘586.-) betragen. Die Beschwerdeführerin sei zunächst von weiteren Fr. 11‘300.- ausgegangen, die von der Vorinstanz rückzuvergüten seien. Mit Schreiben vom 3. Januar 2018 habe die Beschwerdeführerin diese Aussage wieder teilweise zurückgenommen. Gemäss ihrer Darlegung sei ihr nicht von allen Arbeitgebern Lohn vorenthalten worden, und auch nicht jedes Mal pauschal Fr. 300.-. In der Beschwerdeschrift schliesslich werde der Betrag der gesamten erzielten Jahreseinkommen nun doch von der Beschwerdeführerin bestätigt. Diese sei nunmehr trotzdem der Auffassung, dass ein Rechenfehler unterlaufen sei und ihr noch ein Differenzbetrag von Fr. 4‘646.44 geschuldet sei. Es erschliesse sich der Vorinstanz nicht, wie die Beschwerdeführerin einen Betrag von Fr. 15‘784.16 anstelle von Fr. 11‘137.25 errechnet habe. Nach der Wertung des Gesetzgebers seien keine hypothetischen AHV-Beiträge zugunsten der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen. Zu den übrigen, im Rahmen des Einspracheverfahrens vorgetragenen zusätzlichen Punkten verweise die Vorinstanz auf den Einspracheentscheid vom 16. Februar 2018 und ihr Schreiben vom 7. Dezember 2017. Abschliessend sei festzustellen, dass tatsächlich Fr. 11‘137.25 rückzuvergüten gewesen seien und diese Rückvergütungssumme rechnerisch korrekt und in Einklang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften ermittelt worden sei.

    3. Nachdem der Beschwerdeführerin im Rahmen der prozessleitenden Verfügung vom 17. Mai 2018 Gelegenheit zur Einreichung einer Replik gegeben worden war (B-act. 4 und 5) und sich diese daraufhin nicht weiter hatte vernehmen lassen, schloss die Instruktionsrichterin mit prozessleitender Verfügung vom 2. Juli 2018 den Schriftenwechsel (B-act. 6).

    4. In der Folge übermittelte die Vorinstanz mit den Schreiben vom 10. Juli und 19. September 2018 zuständigkeitshalber Eingaben der Beschwerdeführerin vom 28. Juni und 2. September 2018 samt Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht (B-act. 7 und 9). Mit prozessleitender Verfügung vom 21. September 2018 ging eine Kopie der Eingabe vom 2. September 2018 inklusive Beilagen an die Vorinstanz; diese wurde ersucht, innert Frist dazu Stellung zu nehmen (B-act. 10).

    5. In ihrer Duplik vom 8. Oktober 2018 beantragte die Vorinstanz weiterhin die Abweisung der Beschwerde (B-act. 11).

      Zur Begründung ihres Rechtsbegehrens führte sie zusammengefasst aus, die Argumentation der Beschwerdeführerin kranke nach wie vor daran, dass nach deren Auffassung die IK-Einträge genau die Beträge wiedergeben müssten, welche ihr tatsächlich auf deren Konto gutzuschreiben seien. Es falle nicht in die Kompetenz der Vorinstanz, möglicherweise vorenthaltenen Lohn auszugleichen. Insoweit müsse sich die Beschwerdeführerin an ihre alten Arbeitgeber halten, und sie sei insoweit auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Was den Unterschied im Überweisungsbetrag betreffe, werde darauf hingewiesen, dass tatsächlich Fr. 11‘144.05 angewiesen worden seien. Dies sei der Betrag, welcher der Beschwerdeführerin zunächst mit Verfügung vom 1. November 2016 zugesprochen worden sei. Der Überweisungsbeleg liege dem Gericht vor (act. 64).

    6. Mit prozessleitender Verfügung vom 16. Oktober 2018 brachte die Instruktionsrichterin der Beschwerdeführerin die Duplik zur Kenntnis und wurde der Schriftenwechsel abgeschlossen (B-act. 12 und 13).

    7. Mit prozessleitender Verfügung vom 11. April 2019 räumte die Instruktionsrichterin der Beschwerdeführerin die Möglichkeit ein, innert Frist zur in Betracht gezogenen Aufhebung des Einspracheentscheids vom 16. Februar 2018 Stellung zu nehmen oder ihre Beschwerde allenfalls schriftlich und vorbehaltlos zurückzuziehen (B-act. 14). Nachdem die Beschwerdeführerin die entsprechende Postsendung nicht abgeholt hatte (B-act. 15), wurde ihr in der Beilage des Schreibens vom 19. Juni 2019 die prozessleitende Verfügung vom 11. April 2019 nochmals per A-Post zugestellt (B-act. 16); in der Folge liess sich die Beschwerdeführerin nicht mehr vernehmen.

    8. Auf den weiteren Inhalt der Akten sowie der Rechtsschriften und Beweismittel der Parteien ist - soweit erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz

      vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Vorbehalten bleiben gemäss Art. 3 Bst. dbis des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) die besonderen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1). Dabei finden nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln in formell-rechtlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze Anwendung, welche im Zeitpunkt der Beschwerdebeurteilung Geltung haben (BGE 130 V 1 E. 3.2).

    2. Gemäss Art. 31 VGG in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG und Art. 85bis Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVG, SR 831.10) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen der Vorinstanz. Eine Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der Beschwerde zuständig.

    3. Aufgrund von Art. 3 Bst. dbis VwVG findet das VwVG keine Anwendung in Sozialversicherungssachen, soweit das ATSG anwendbar ist. Dies trifft hier zu, da gemäss Art. 1 Abs. 1 AHVG die Bestimmungen des ATSG auf die im ersten Teil geregelte Altersund Hinterlassenenversicherung anwendbar sind, soweit das AHVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

    4. Als Adressatin des angefochtenen Einspracheentscheids vom 16. Februar 2018 (act. 98) ist die Beschwerdeführerin besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung, so dass sie im Sinne von Art. 59 ATSG (vgl. auch Art. 48 Abs. 1 VwVG) beschwerdelegitimiert ist. Weiter wurde die Beschwerde fristund formgerecht eingereicht (vgl. Art. 60 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 VwVG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

    5. Das Bundesverwaltungsgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit (Art. 49 VwVG).

2.

Nachfolgend ist vorab weiter zu klären, ob der angefochtene Einspracheentscheid vom 16. Februar 2018, mit welchem die Vorinstanz die Rückvergütung von Beiträgen an die Beschwerdeführerin in der Höhe von Fr. 11‘137.25 als rechnerisch korrekt und im Einklang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften qualifiziert hat, Rechtswirkungen entfaltet und Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstandes des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bilden kann.

    1. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen materiellen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung hatten (BGE 130 V 445, 127 V 467 E. 1, 126 V 136 E. 4b), und weil ferner das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 16. Februar 2018) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 129 V 4 E. 1.2 mit Hinweisen), sind im vorliegenden Fall die in diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen anwendbar.

    2. Den Ausländern, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und mit deren Heimatstaat keine zwischenstaatliche Vereinbarung besteht, sowie ihren Hinterlassenen können die gemäss den Art. 5, 6, 8, 10 oder 13 bezahlten Beiträge rückvergütet werden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere das Ausmass der Rückvergütung (Art. 18 Abs. 3 AHVG). Art. 18 Abs. 3 AHVG ist auf Personen anwendbar, denen noch keine AHV-Beiträge rückvergütet worden sind und deren Rückvergütungsanspruch noch nicht verjährt ist (Bst. h Satz 3 der Schlussbestimmungen der Änderung vom

      7. Oktober 1994 [10. AHV-Revision]).

    3. Gemäss Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 29. November 1995 über die Rückvergütung der von Ausländern an die Altersund Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge (RV-AHV, SR 831.131.12) können Ausländer, mit deren Heimatstaat keine zwischenstaatliche Vereinbarung besteht, sowie ihre Hinterlassenen, nach den nachstehenden Bestimmungen die der Altersund Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge zurückfordern, sofern diese gesamthaft während mindestens eines vollen Jahres geleistet worden sind und keinen Rentenanspruch begründen. Massgebend ist die Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Rückforderung (Art. 1 Abs. 2 RV-AHV). Die Beiträge können zurückgefordert werden, sobald die Person aller Voraussicht nach endgültig aus der Versicherung ausgeschieden ist und sowohl sie selber als auch die Ehefrau oder der Ehemann und ihre noch nicht 25-jährigen Kinder nicht mehr in der Schweiz wohnen (Art. 2 Abs. 1 RV-AHV).

    4. Die Vorinstanz vertrat im angefochtenen Einspracheentscheid vom

16. Februar 2018 die Ansicht, dass die Beschwerdeführerin über die ukrainische Staatsbürgerschaft verfüge und zwischen der Schweiz und der Ukraine kein Sozialversicherungsabkommen bestehe, weshalb der Beschwerdeführerin die an die AHV entrichteten Beiträge zurückerstattet werden könnten. Dieser Auffassung betreffend Rückerstattung kann aufgrund der nachfolgenden Erwägungen nicht gefolgt werden:

      1. Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht Staatsbürgerin eines Staates ist, mit dem die Schweiz ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, das die Rückvergütung von Beiträgen vorsieht. Solche Abkommen existieren nur zwischen der Schweiz und den Ländern Australien, Chile, Indien, Korea, Philippinen und Uruguay (vgl. hierzu die ab 1. Januar 2018 gültige Weisung über die Rückvergütung der an die AHV bezahlten Beiträge im Sinne von Art. 18 Abs. 3 AHVG und der RV-AHV, Anhang 1 S. 15; abrufbar unter https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6852/download; zuletzt aufgerufen am 8. Januar 2020).

      2. Vielmehr verfügt die Beschwerdeführerin mit der ukrainischen Staatsbürgerschaft über die Staatsangehörigkeit eines Staates, mit dem die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat (vgl. www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Völkerrecht > internationale Verträge > Datenbank Staatsverträge > Suchbegriff Ukraine; zuletzt aufgerufen am 8. Januar 2020). Alleine aufgrund dieser Umstände würde in Übereinstimmung mit der Vorinstanz nichts gegen die Rückerstattung der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge in Anwendung von Art. 18 Abs. 3 AHVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 RV-AHV sprechen. Damit kann es vorliegend jedoch nicht sein Bewenden haben:

      3. Die Vorinstanz hat offensichtlich übersehen, dass die Beschwerdeführerin - zumindest ab der Ausstellung ihres Passes am 10. November 2009 in Nikosia und somit auch im Zeitpunkt der Rückforderung (vgl. Art. 1 Abs. 2 RV-AHV) - nebst der ukrainischen auch über die zypriotische Staatsbürgerschaft verfügt (B-act. 1 Beilagen 1 bis 3). Da die Beschwerdeführerin nicht Doppelbürgerin von Staaten ist, die beide mit der Schweiz ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen haben, erübrigen sich Weiterungen zum anwendbaren Staatsvertrag nach Massgabe der tatsächlich vorwiegenden Staatsangehörigkeit (vgl. hierzu BGE 120 V 421).

      4. Für Doppelbürgerinnen gilt die Regel, dass - falls sie die schweizerische Staatsbürgerschaft, diejenige eines EUbzw. EFTA-Staates oder diejenige eines Vertragsstaates haben - stets die schweizerische Staatsangehörigkeit und subsidiär jene des EUbzw. EFTA-Staates oder des Vertragsstaates ausschlaggebend ist (vgl. RZ 1015 ff. S. 33 ff. der ab 1. Januar 2009 gültigen Wegleitung über die Versicherungspflicht in der AHV/IV [WVP; Stand 1. Januar 2018; abrufbar unter https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6957/download?version=13; zuletzt aufgerufen am

        8. Januar 2020). Da die mehrere Nationalitäten besitzende Beschwerdeführerin nicht über die schweizerische Staatsbürgerschaft verfügt, ist bei ihr demnach (subsidiär) diejenige der Republik Zypern massgebend.

      5. Da die Republik Zypern seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (https://europa.eu/european-union/about-eu/countries/ member-countries/cyprus_de; zuletzt aufgerufen am 8. Januar 2020), ist vorliegend das am 1. Juni 2002 in Kraft getretene Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (Freizügigkeitsabkommen; im Folgenden: FZA, SR 0.142.112.681) anwendbar (Art. 153a Abs. 1 AHVG in der Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BB vom

        17. Juni 2016 [Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf die Republik Kroatien], in Kraft seit 1. Jan. 2017 [AS 2016 523 3; BBl 2016 222 3]). Das Freizügigkeitsabkommen setzt die verschiedenen bis dahin geltenden bilateralen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union insoweit aus, als darin derselbe Sachbereich geregelt wird (Art. 20 FZA). Gemäss Art. 8 Bst. a bis e FZA werden die Systeme der sozialen Sicherheit koordiniert. Mit Blick auf den Verfügungszeitpunkt (16. Februar 2018) und Art. 153a Abs. 1 Bst. a und b AHVG finden vorliegend die am 1. April 2012 in Kraft getretenen und per 1. Januar 2015 revidierten Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1, inkl. Änderungen per 1. Januar 2015) sowie (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.11, inkl. Änderungen per 1. Januar 2015) Anwendung. Gemäss Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 haben Personen, für die diese Verordnung gilt, sofern (in dieser Verordnung) nichts anderes bestimmt ist, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund

        der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

      6. Da im vorliegenden Fall demnach mit dem FZA und den dazugehörigen Verordnungen eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen der Schweiz und einem "Heimatstaat" der Beschwerdeführerin - Zypern - besteht, ist die Rückvergütung der entrichteten Beiträge von vornherein rechtlich ausgeschlossen (vgl. hierzu auch Urteil des BVGer C-2222/2015 vom

        11. Mai 2017 E. 3.5). Zu ergänzen bleibt, dass gemäss Art. 30 Abs. 4 des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Zypern über Soziale Sicherheit (SR 0.831.109.258.1) dieses Abkommen nicht für Ansprüche gilt, die durch Beitragsrückvergütung abgegolten worden sind.

      7. Unter diesen Umständen erweist sich der die Verfügung vom 5. Februar 2018 (act. 95) ersetzende, angefochtene Einspracheentscheid vom

        16. Februar 2018 (act. 98) als nichtig, da der ihm anhaftende rechtliche Mangel besonders schwer wiegt und offensichtlich ist (vgl. hierzu Urteil des BGer 9C_245/2015 vom 19. August 2015 mit Hinweisen auf BGE 138 II 501 E. 3.1; 138 III 49 E. 4.4.3; 137 I 273 E. 3.1; Urteile 9C_333/2007 vom

        24. Juli 2008 E. 2.1, in: SVR 2009 AHV Nr. 1 S. 1; 9C_320/2014 vom

        29. Januar 2015 E. 4.1; je mit Hinweisen). Bei diesem Ergebnis erübrigen sich jegliche Weiterungen zu den Ausführungen der Parteien.

      8. Eine nichtige Verfügung entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Dementsprechend kann der Einspracheentscheid der Vorinstanz vom 16. Februar 2018 auch nicht Anfechtungsobjekt einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde sein. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, jedoch ist die Nichtigkeit im Dispositiv festzustellen (BGE 132 II 342 E. 2.3; BVGE 2008/59 E. 4.3; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-6630/2010 vom 19. Juli 2011 E. 2.4 und A-6406/2010 vom 15. April 2011 E. 2.2.3). Die

Nichtigkeit dieses Einspracheentscheids vom 16. Februar 2018 hat zur Folge, dass die Vorinstanz die der Beschwerdeführerin rückvergüteten Beiträge wieder von dieser zurückzufordern hat, damit deren aus diesen Beiträgen abgeleitete, anwartschaftlich bestehende Rentenanspruch (wieder) sichergestellt ist. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass diese „Wiedereinzahlung“ nicht unter die eindeutige und klare Verordnungsregelung von Art. 6 Satz 1 und 2 RV-AHV fällt (zum gegenteiligen Fall vgl. BGE 136 V 33 E. 4.3.1 mit Hinweisen und sinngemäss Urteil des BGer 8C_250/2013 vom 29. Juli 2013 E. 3.2).

3.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass auf die Beschwerde zufolge Nichtigkeit des Einspracheentscheids vom 16. Februar 2018 nicht einzutreten ist. Die Akten sind im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zur Rückforderung der geleisteten Fr. 11'144.15 zu überweisen.

4.

Zu befinden bleibt über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.

    1. Das Verfahren ist für die Parteien kostenlos (Art. 85bis Abs. 2 AHVG), so dass keine Verfahrenskosten zu erheben sind.

    2. Die Vorinstanz als Bundesbehörde (vgl. BGE 127 V 2015) und die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin - da dieser keine unverhältnismässig hohen Kosten entstanden sind - haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 und 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Es wird festgestellt, dass der Einspracheentscheid vom 16. Februar 2018 nichtig ist.

2.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.

Die Akten werden im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zur Rückforderung der geleisteten Fr. 11'144.15 überwiesen.

4.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

5.

Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

6.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Einschreiben mit Rückschein)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Einschreiben)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Viktoria Helfenstein Roger Stalder

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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