Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung II |
Dossiernummer: | B-6921/2018 |
Datum: | 27.05.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Widerspruchssachen |
Schlagwörter : | Quot;; Dienst; Dienstleistung; Marke; Widerspruch; Dienstleistungen; Widerspruchs; Widerspruchsmarke; Klasse; Zeichen; Marken; Vorinstanz; Recht; Schutz; Urteil; Oberbegriff; Prostitution; ;escorte; Gleichartigkeit; Bezug; Schweiz; Oberbegriffe; Verwechslung; Verwechslungsgefahr; BVGer; Aufmerksamkeit; Bundesverwaltungsgericht; Verkehrskreis; Schweizer |
Rechtsnorm: | Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 121 III 377; 122 III 382; 127 III 160; 128 III 441; 133 III 490 |
Kommentar: | - |
Abteilung II B-6921/2018
Besetzung Richterin Maria Amgwerd (Vorsitz),
Richter David Aschmann, Richter Marc Steiner, Gerichtsschreiberin Della Batliner.
Parteien Cally & Co,
Chemin Philibert de Sauvage 37, 1219 Châtelaine, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Locher, Schweizerhof-Passage 7, Postfach, 3001 Bern, Beschwerdeführerin,
gegen
1601 Willow Road, US-CA 94025 Menlo Park, vertreten durch E. Blum & Co. AG,
Patentund Markenanwälte VSP, Vorderberg 11, 8044 Zürich, Beschwerdegegnerin,
Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Widerspruchsverfahren Nr. 16062,
IR 1'075'094 facebook (fig.) / CH 712'059 Facegirl (fig.).
Die am 2. Januar 2018 hinterlegte Schweizer Marke "Facegirl (fig.)"
Nr. 712'059 mit nachfolgend abgebildetem Aussehen
wurde am 19. Januar 2018 im Schweizerischen Markenregister Swissreg veröffentlicht. Bei der Anmeldung beanspruchte die Marke die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 10: Poupées érotiques (poupées sexuelles).
Klasse 16: Annuaires téléphoniques.
Klasse 40: Services de retouches photographiques.
Klasse 41: Services de photographie; services de photographes.
Klasse 44: Services de soins de beauté et de santé fournis par des saunas, salons de beauté, sanatoriums, salons de coiffure et salons de massage; services de salons de beauté; mise à disposition de services de saunas, salons de beauté, salons de coiffure et salons de massage; services de massages; massage; services d'information en matière de massages.
Klasse 45: Services de rencontres par voie informatique; services de rencontres amoureuses sur Internet; services de rencontres amoureuses, recherche de partenaires amoureux et socialisation à des fins personnelles sur Internet; services de clubs de rencontres sur Internet; services d'agences de rencontres; mise à disposition d'informations par le biais de sites Web interactifs en ligne dans le domaine des rencontres et dont le but est de favoriser les rencontres entre individus et de nouer des contacts et relations d'amitié; services d'escorte.
Gegen die oben genannte Eintragung erhob Facebook, Inc. am
April 2018 gestützt auf ihre internationale Registrierung vom 16. Juli
2010 "facebook (fig.)" Nr. 1'075'094 vollumfänglich Widerspruch. Die Widerspruchsmarke sieht folgendermassen aus
und ist - soweit im vorliegenden Zusammenhang interessierend - für folgende Waren und Dienstleistungen eingetragen:
Klasse 45: Services de mise en relation sociale, services de réseaux et de rencontres; fourniture de services sociaux à savoir services de réseaux sociaux dans le domaine du développement personnel, à savoir l'auto-amélioration, l'épanouissement personnel, activités caritatives, philanthropiques, bénévoles, activités de service public et communautaire, et activités humanitaires; information à propos des services de réseaux sociaux dans le domaine du développement personnel, à savoir l'auto-amélioration, l'épanouissement personnel, activités caritatives, philanthropiques, bénévoles, activités de service public et communautaire, et activités humanitaires.
Mit Stellungnahme vom 25. Juni 2018 liess sich die Inhaberin der angefochtenen Schweizer Marke zum Widerspruch vernehmen.
Am 2. Juli 2018 schloss die Vorinstanz den Schriftenwechsel ab.
Mit Verfügung vom 8. November 2018 hiess die Vorinstanz den Widerspruch teilweise gut und widerrief die Schweizer Marke "Facegirl (fig.)" Nr. 712'059 für sämtliche Waren der Klasse 16 sowie sämtliche Dienstleistungen der Klassen 40, 41 und 45. Zur Begründung hielt die Vorinstanz im Wesentlichen fest, zwischen diesen strittigen Waren und Dienstleistungen und denjenigen der Widerspruchsmarke bestehe Identität oder Gleichartigkeit und die Vergleichszeichen wiesen Ähnlichkeiten auf. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kam sie daher unter Berücksichtigung der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zum Schluss, dass eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne. Keine markenrechtlich relevanten Berührungspunkte zwischen der Widerspruchsmarke und der angefochtenen Marke sah die Vorinstanz bei den Waren und Dienstleistungen der in Klasse 10 angefochtenen erotischen Puppen (poupées érotiques [poupées sexuelles]) sowie den in Klasse 44 angefochtenen Dienstleistungen in Bereichen der Schönheitsund Gesundheitspflege sowie Massagen (services de soins de beauté et de santé
fournis par des saunas, salons de beauté, sanatoriums, salons de coiffure et salons de massage; services de salons de beauté; mise à disposition de services de saunas, salons de beauté, salons de coiffure et salons de massage; services de massages; massage; services d'information en matière de massages).
Mit Eingabe vom 6. Dezember 2018 legte die Inhaberin der angefochtenen Schweizer Marke Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein mit dem Rechtsbegehren, in teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Widerspruch der Beschwerdegegnerin auch in Bezug auf die services d'escorte in der Klasse 45 abzuweisen und die Vorinstanz anzuweisen, die Eintragung dieser Marke für diese Dienstleistungen nicht zu widerrufen; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin, zuzüglich Mehrwertsteuer. Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin insbesondere an, die Oberbegriffe services de mise en relation sociale, services de rencontres in der Klasse 45 seien nicht geeignet, um das Schutzobjekt und den Schutzumfang der Widerspruchsmarke genügend zu bestimmen und seien daher nicht zu berücksichtigen. Aufgrund des markenrechtlichen Spezialitätsprinzips werde der Schutzumfang einer Marke auch durch die Warenund Dienstleistungsliste bestimmt. Waren und Dienstleistungen seien daher präzis anzugeben. Die strittigen Dienstleistungen würden praxisgemäss nicht akzeptiert, da sie zu allgemein seien. Aufgrund des Beurteilungsspielraums in dieser Frage seien der Gleichbehandlungsgrundsatz, die Rechtssicherheit, der Vertrauensgrundsatz und das Rechtsmissbrauchsverbot betroffen. Mangels Dienstleistungsgleichartigkeit fehle zudem die Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen von vornherein. Auch bei einem allenfalls erhöhten Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke sei die Warenund Dienstleistungsgleichartigkeit unabhängig von den zu vergleichenden Zeichen zu prüfen.
Mit Beschwerdeantwort vom 18. Februar 2019 schloss die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin. Als Begründung führte sie namentlich an, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdeführerin die angeblich ungenügende Bestimmtheit der fraglichen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke in Bezug auf die weiteren in Klasse 45 der angefochtenen Marke beanspruchten Dienstleistungen nicht beanstande und den Widerspruchsentscheid diesbezüglich akzeptiere, während sie diese jedoch allein im Vergleich zu den hier angefochtenen Dienstleistungen services d'escorte als ungenügend präzise bestimmt bezeichne. Bei Escortdiensten handle es sich nicht um eine Form der Prostitution. Begleitdienste könnten ganz unterschiedlicher Natur sein und beschränkten sich nicht auf Erotik oder Prostitution. Die Grenzen zwischen diesen und der "Vermittlung sozialer Kontakte" sowie der "Vermittlung von Bekanntschaften" seien fliessend, da es bei allen um zwischenmenschliche Kontakte gehe. Alle diese Dienstleistungen seien aufgrund der offenen Formulierung im weiteren Sinne dem gleichen Markt der "sozialen Kontakte" zuzurechnen und daher gleichartig. Die Bekanntheit der Widerspruchsmarke trage zu einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Marke "facebook" bei. Unter Berücksichtigung des erweiterten Schutzumfangs bestehe jedenfalls kein Zweifel an der Dienstleistungsgleichartigkeit. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Zeichenähnlichkeit nicht bestreite. Vorliegend sei die Verwechslungsgefahr gegeben, da sich die angefochtene Marke durch die Übernahme des Bestandteils "face" und der ähnlichen Darstellung an die Bekanntheit der Widerspruchsmarke anlehne.
Mit Vernehmlassung vom 6. Mai 2019 beantragte die Vorinstanz die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin. Zur Begründung hielt sie unter anderem fest, dass ein "Escortservice" keine Form der Prostitution darstelle, sondern ein Begleitservice sei, der neben der Vermittlung sexueller Kontakte auch lediglich die Vermittlung gesellschaftlicher Begleitung anbiete. Die Grenzen zwischen den strittigen Dienstleistungen seien fliessend. Die Gleichartigkeit zwischen services de mise en relation sociale, services de rencontres Klasse 45 der Widerspruchsmarke und den angefochtenen services d'escorte Klasse 45 sei zu Recht bejaht worden.
Mit Replik vom 7. Juni 2019 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die vorliegend strittige Dienstleistung nachträglich auf den Bereich der Prostitution eingeschränkt habe. Gestützt auf das angepasste Dienstleistungsverzeichnis präzisierte sie ihr Rechtsbegehren dahingehend, dass der Widerspruch in teilweiser Aufhebung des angefochtenen Entscheids auch in Bezug auf die services d'escorte; tous les services précités dans le domaine de la prostitution in der Klasse 45 abzuweisen und die Vorinstanz anzuweisen sei, die Eintragung dieser Marke für diese Dienstleistungen nicht zu widerrufen; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin, zuzüglich Mehrwertsteuer. Im Übrigen hielt sie an ihrem bisherigen Standpunkt fest.
Mit Duplik vom 21. August 2019 nahm die Beschwerdegegnerin von der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der angefochtenen Marke Kenntnis und blieb bei ihren bereits formulierten Rechtsbegehren.
Mit Stellungnahme vom 20. September 2019 hielt die Vorinstanz an ihrem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Beschwerde fest. Sie wies darauf hin, dass die teilweise Löschung der angefochtenen Marke dazu führe, dass diese nicht mehr Schutz für Escort-Dienstleistungen (services d'escorte) im Allgemeinen, sondern nur noch spezifisch für die im präzisierten Zusatz erwähnten Escort-Dienstleistungen im Bereich der Prostitution beanspruche. Insbesondere äusserte sie sich zur Gleichartigkeit der präzisierten Dienstleistungen der angefochtenen Marke mit den Dienstleistungen services de mise en relation sociale, services de rencontres der Widerspruchsmarke dahingehend, dass auch die zwischenzeitlich erfolgte Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der angefochtenen Marke nichts an ihrer bisherigen Beurteilung zu ändern vermöge.
Mit Stellungnahme vom 21. Oktober 2019 äusserte sich die Beschwerdeführerin nochmals und wiederholte ihr modifiziertes Rechtsbegehren.
Mit Vernehmlassung vom 25. November 2019 verzichtete die Vorinstanz auf eine weitere Stellungnahme und schloss mit Verweis auf die angefochtene Verfügung und den bisherigen Schriftenwechsel auf Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
Mit Stellungnahme vom 9. Januar 2020 hielt die Beschwerdegegnerin an den bisherigen Rechtsbegehren unverändert fest.
Die Parteien haben stillschweigend auf die Durchführung einer öffentlichen Parteiverhandlung verzichtet.
Auf die eingereichten Akten und weitere Vorbringen wird, soweit erforderlich, im Rahmen der folgenden Erwägungen eingegangen.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchssachen ist gegeben (Art. 31, 32 und 33 Bst. e des Verwaltungsgerichtsgesetzes [VGG, SR 173.32]). Als Hinterlegerin und Adressatin der angefochtenen Verfügung hat die Beschwerdeführerin am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist durch diese besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung. Damit ist sie zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVG, SR 172.021]). Die Beschwerde wurde innerhalb der gesetzlichen Frist sowie unter Einhaltung der erforderlichen Formvorschriften eingereicht und der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet (Art. 50 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 4 VwVG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung die Schweizer Marke Nr. 712 059 "Facegirl (fig.)" für sämtliche Waren der Klasse 16 sowie sämtliche Dienstleistungen der Klassen 40, 41 und 45 widerrufen. Sie beliess die Eintragung der angefochtenen Marke im schweizerischen Markenregister für Waren der Klasse 10 (poupées érotiques [poupées sexuelles]) und Dienstleistungen der Klasse 44 in Bereichen der Schönheitsund Gesundheitspflege sowie Massagen (vgl. dazu Sachverhalt A und B.d). In der Beschwerde vom 6. Dezember 2018 verlangt die Beschwerdeführerin die teilweise Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Abweisung des Widerspruchs der Beschwerdegegnerin auch in Bezug auf die services d'escorte in der Klasse 45. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens passte die Beschwerdeführerin das Dienstleistungsverzeichnis der Klasse 45 durch einen Antrag bei der Vorinstanz teilweise an, indem sie die services d'escorte weiter auf tous les services précités dans le domaine de la prostitution einschränkte. Sie präzisierte ihr Rechtsbegehren vor dem Bundesverwaltungsgericht entsprechend. Grundsätzlich ist es im Beschwerdeverfahren nicht zulässig, neue Anträge zu stellen (vgl. ANDRE MOSER et al., Prozessieren vor Bundesverwaltungsgericht, 2. Auflage 2013, S. 271, Rz. 2.208 ff.). Die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz nahmen indes im Rahmen der Vernehmlassung zum angepassten Rechtsbegehren sowie zu dieser neuen Sachverhaltsentwicklung Stellung und äusserten sich zur Gleichartigkeit nach erfolgter Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der angefochtenen Marke dahingehend, dass dies an ihrer bisherigen Beurteilung nichts ändere. Aus diesem Grund
erweist sich eine Rückweisung der Angelegenheit vorliegend nicht als notwendig und die Sache ist mit dem modifizierten Rechtsbegehren zu beurteilen (vgl. Urteil des BVGer B-7210/2017 vom 9. Mai 2018 E. 5.3 "SCHELLEN-URSLI/Schellenursli"). Es bleibt somit beim unangefochten gebliebenen teilweisen Widerruf der Markeneintragung hinsichtlich aller beanspruchten Waren der Klasse 16 sowie sämtlicher beanspruchter Dienstleistungen der Klassen 40, 41 und 45, mit Ausnahme der letzten, vorliegend strittigen Dienstleistung. Hierzu ist die Frage zu behandeln, ob der Widerspruch gegen die angefochtene Schweizer Marke "Facegirl (fig.)" in Bezug auf die Dienstleistung services d'escorte mit der nachträglich erfolgten Einschränkung tous les services précités dans le domaine de la prostitution in der Klasse 45 begründet ist.
Zeichen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt, sind vom Markenschutz ausgeschlossen (Art. 3 Abs. 1 Bst. c des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]). Die Verwechslungsgefahr hängt demnach von der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen ab (GALLUS JOLLER, in: Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], 2. Aufl. 2017, Art. 3 N. 46). Die Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen steht in einer Wechselwirkung zur Zeichenähnlichkeit. Je ähnlicher sich die Produkte und Dienstleistungen sind, umso unterschiedlicher müssen die Zeichen sein. Besteht hingegen ein kleiner Zeichenabstand, müssen wiederum grössere Unterschiede zwischen den Warenund Dienstleistungsverzeichnissen der Widerspruchsmarke und der angefochtenen Marke vorhanden sein, um eine Verwechslungsgefahr zu bannen (STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, in: David/Frick [Hrsg.], Basler Kommentar zum Markenschutzund Wappenschutzgesetz, 3. Aufl. 2017, Art. 3 N. 154).
Die Gleichartigkeit von Waren und Dienstleistungen beurteilt sich auf Grundlage eines Vergleichs zwischen den Registereinträgen der Widerspruchsmarke und der angefochtenen Marke, soweit - wie vorliegend - keine fristund formgerecht erhobene Einrede des Nichtgebrauchs entgegensteht (Urteile des BVGer B-2165/2018 vom 26. Juni 2019 E. 4.1 "Hero [fig.]/Heera [fig.]"; B-6783/2017 vom 18. März 2019 E. 2.2, "uber/uberall"; B-531/2013 vom 21. Oktober 2013 E. 2.2 "Gallo/Gallay [fig.]"). Dienstleistungen sind identisch, wenn die von der jüngeren Marke beanspruchte
Dienstleistung unter den von der älteren Marke geschützten Oberbegriff fällt (vgl. RKGE in: sic! 2007 533 ff., "Médicins sans frontières/Homéopathes sans frontières Suisse [fig.] II"). Ein wichtiges Gleichartigkeitskriterium ist zudem, wenn der Verwendungszweck bei den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen derselbe ist und dasselbe Bedürfnis befriedigt werden soll (KASPAR LANDOLT, Die Dienstleistungsmarke, Manfred Fassbinder [Hrsg.], SMI [Schriften zum Medienund Immaterialgüterrecht] 29, 1993,
S. 91). Gegen eine Gleichartigkeit von Dienstleistungen spricht der Umstand, dass die Dienstleistungen üblicherweise klar abweichenden Abnehmerkreisen angeboten werden (JOLLER, a.a.O., Art. 3 N. 333). Allfällige Überlappungen zwischen Abnehmerkreisen lassen nicht bereits den Schluss auf eine Gleichartigkeit der Dienstleistungen zu, ebenso wenig gilt dies, wenn die fraglichen Dienstleistungen am selben Ort erbracht werden (vgl. Urteil des BGer 4A_257/2014 vom 29. September 2014 in: sic! 2015
S. 37, "Arthursgroup SA/Swiss Arthur Prod SA").
Die Zeichenähnlichkeit bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die Marken in der Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreise hinterlassen (BGE 128 III 441 E. 3.1 "Appenzeller"; Urteil des BVGer B-6173/2018 vom 30. April 2019 E. 3.3 m.H. "WORLD ECONOMIC FORUM [fig.]/ZURICH ECONOMIC FORUM [fig.]"; MARBACH, SIWR III/1,
N. 864). Für die Ähnlichkeit von Wortmarken sind der Wortklang, das Schriftbild und gegebenenfalls der Sinngehalt massgebend, wobei die Übereinstimmung auf einer Ebene in der Regel zur Annahme einer Zeichenähnlichkeit genügt (BGE 127 III 160 E. 2.b/cc "Securitas"). Enthält eine Marke sowohl kennzeichnungskräftige Wortals auch Bildelemente, können diese das Erinnerungsbild gleichermassen prägen. Hingegen treten nur wenig kennzeichnungskräftige Bildelemente einer kombinierten Wort/Bildmarke beim Zeichenvergleich in den Hintergrund (Urteil des BVGer B-6173/2018 vom 30. April 2019 E. 3.3 m.H. "WORLD ECONOMIC
FORUM [fig.]/ ZURICH ECONOMIC FORUM [fig.]"). Eine Verwechslungsgefahr kann bereits bei einer hohen Zeichenähnlichkeit in Bezug auf das Wortoder das Bildelement resultieren (MARBACH, SIWR III/1, N. 930 f.).
Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft: er ist umso grösser, je höher ihre Kennzeichnungskraft ist. Die Wirkung eines Zeichens ist stets in Bezug auf die relevanten Waren und Dienstleistungen zu bestimmen (JOLLER, a.a.O., Art. 3 N. 85).
Der Widerspruch gegen nationale CH-Eintragungen hat innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung zu erfolgen (Art. 31 Abs. 3 MSchG). Die Frist endet an jenem Tag des letzten Monats, der nach seiner Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist zu laufen begann (Art. 2 Verordnung über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben vom 23. Dezember 1992 [MSchV; SR 232.111]). Bei der internationalen Registrierung Nr. 1'075'094 facebook (fig.) vom 16. Juli 2010 handelt es sich vorliegend unbestrittenermassen um die ältere Marke. Die angefochtene Marke wurde am 19. Januar 2018 im Swissreg publiziert. Der Widerspruch vom 19. April 2018 ist damit rechtzeitig erfolgt.
Als erstes sind die massgeblichen Verkehrskreise und deren Aufmerksamkeitsgrad zu bestimmen. Ausgangspunkt bildet dabei das Dienstleistungsverzeichnis der älteren Marke "facebook (fig.)" (JOLLER, a.a.O., Art. 3
N. 51; RAPHAEL NUSSER, Die massgeblichen Verkehrskreise im schweizerischen Markenrecht, 2015, N. 13.02 ff.). Eng umschriebene Warenoder Dienstleistungsangaben ermöglichen eine präzise Bestimmung der Verkehrs-, namentlich der Abnehmerkreise, weite Begriffe demgegenüber eine allgemeinere Bestimmung (ASCHMANN, in: Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], 2. Aufl. 2017, Art. 2 N. 25).
Die ältere Marke beansprucht die vorliegend strittigen Oberbegriffe services de mise en relation sociale und services de rencontres. Als massgebliche Verkehrskreise sind insbesondere kontaktfreudige Individuen aus der Schweiz zu betrachten, welche Interesse an neuen, beziehungsweise Pflege der bereits vorhandenen, Bekanntschaften im digitalen Raum vorweisen und zu diesem Zweck soziale Netzwerke als Plattform nutzen. Erfahrungsgemäss wird von den Anbietern für die Nutzung von Online-Diensten ein Mindestalter vorgegeben, welches zwischen 12 bis 14 Jahren liegt. Als relevanter Verkehrskreis ist daher vor allem das allgemeine Publikum anzusehen. Möglich ist aber auch eine gewerbliche Nutzung der beanspruchten Dienstleistungen durch andere Unternehmen, etwa für das Buchen von einschlägigen Werbeanzeigen zur Kontaktaufnahme zwischen Privatpersonen oder das Verwalten einer Gruppe oder Seite für ein Unternehmen, welches Treffen unterschiedlicher Art organisiert (vgl. etwa
<https://www.facebook.com/legal/commercial_terms >, besucht am 12.3.2020).
Bewegen sich zu den relevanten Verkehrskreisen gehörende Privatpersonen im digitalen Raum, stellt sich die Frage, welche Aufmerksamkeit sie dabei walten lassen. Das Vergleichen verschiedener Marken hinsichtlich der möglichen Nutzung eines Online-Dienstes fällt unter dem Blickwinkel der relevanten Abnehmerkreise wohl eher unter «Surfen» beziehungsweise «Aufrufen von verschiedenen Webseiten» und ist im Zusammenhang mit einem Sammeln von Informationen zu sehen. Diese Art von Internetnutzung erfolgt in der Regel mit verminderter Aufmerksamkeit. Vorliegend relevant ist aber in erster Linie nicht dieses Zusammentragen von Informationen, sondern der Akt der "Interaktion" mittels der angebotenen Online-Dienste. Die konkrete Wahl des jeweiligen Anbieters wird mit Blick auf die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen der älteren Marke in der Regel mit einer Registrierung unter Preisgabe von Daten bestätigt und erfolgt sehr «bewusst» (zum Beispiel aufgrund von Empfehlungen von Nutzern eines Online-Dienstes im Bekanntenkreis oder aufgrund der spezifischen Vorzüge des gewählten Dienstleistungsangebots). Für eine Registrierung verlangen Anbieter von Online-Diensten üblicherweise ein Mindestmass an Informationen über ihre Nutzer: dazu gehören meist Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Handynummer und/oder E-Mailadresse. Hier ist von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auszugehen. Die Preisgabe weiterer Informationen - wie etwa den Beziehungsstatus, die Kundgabe von Meinungen oder das Hochladen von Bildern - ist in der Regel fakultativ. Je nach Anbieter kann der Einblick in diese Informationen allen Nutzern oder auch lediglich eingeschränkten Kreisen gewährt werden beziehungsweise lassen sich entsprechende Einstellungen der Sichtbarkeit durch die Nutzer vornehmen. Die Aktualität der erteilten Angaben oder Kundgebungen kann sich zudem im Laufe der Zeit ändern, ohne dass diese Informationen zeitnah angepasst oder gelöscht werden. So sind zwar relevante Verkehrskreise möglicherweise bei der Wahl eines hochzuladenden Bildes äusserst sorgfältig. Hinsichtlich des Bewusstseins, inwiefern sie dadurch ihre Einwilligung zur Verwendung des Bildes durch Dritte geben und die Frage, welche (Fremd-)Nutzung dies genau beinhaltet, ist die Aufmerksamkeit eher reduziert. Insgesamt ist daher auch hier von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auszugehen.
Streitpunkt zwischen den Parteien ist zunächst die Frage der hinreichenden Bestimmtheit der Oberbegriffe services de mise en relation sociale und services de rencontres der Klasse 45 der Widerspruchsmarke.
Diesbezüglich führt die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben hauptsächlich an, den Oberbegriffen der Widerspruchsmarke services de mise en relation sociale und services de rencontres - und im Übrigen auch allen anderen beanspruchten Dienstleistungen in der Klasse 45 - fehle es von vornherein an der notwendigen Bestimmtheit zur Eintragung. Der Widerspruchsmarke mangle es diesbezüglich am Schutzobjekt und Schutzumfang, weshalb die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 45 nicht zu berücksichtigen seien.
Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin erachten die Beanstandungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich fehlender Bestimmtheit der genannten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke in Klasse 45 als unbegründet.
Wie die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zu Recht festhielt, ist die Frage der Bestimmtheit der von der Widerspruchsmarke insbesondere beanspruchten Dienstleistungen services de mise en relation sociale und services de rencontres vorliegend nicht von Belang. Die Widerspruchsmarke wurde am 16. Juli 2010 international registriert, mit einer Basiseintragung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei handelt es sich - wie bei der Schweiz - um einen Mitgliedstaat der Pariser Übereinkunft vom
März 1883 zum Schutz des gewerblichen Eigentums revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (PVÜ, SR 0.232.04) und des Protokolls zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken vom
27. Juni 1989 (MMP, SR 0.232.112.4). Die in Art. 6quinquies PVÜ festgehal-
tene Telle quelle-Klausel besagt, dass eine in einem Mitgliedstaat der PVÜ ordnungsgemäss hinterlegte Marke in anderen Mitgliedstaaten so, wie sie ist, zur Eintragung zugelassen werden muss und die Rückweisungsgründe in der PVÜ abschliessend aufgezählt sind. Eine Schutzverweigerung aus formellen Gründen ist erst seit 1. Januar 2017 gestützt auf Art. 52 Abs. 1 Bst. a MSchV, welcher auf Art. 30 Abs. 2 Bst. a MSchG verweist, möglich. Vor diesem Zeitpunkt war das Sekretariat der OMPI (Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle) für die formelle Prüfung jeder Basisregistrierung und für die Klassifizierung der Waren und Dienstleistungen zuständig, bevor die Registrierung dem im Gesuch bezeichneten Land mitgeteilt wurde. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zur Swissness-Vorlage äusserte der Bundesrat die Notwendigkeit, dass die Vorinstanz - wie auch bereits die Ämter der Vereinigten Staaten von Amerika, der Bundesrepublik Deutschland oder der Europäischen Union - einer internationalen
Marke mit Schutzwirkung auf die Schweiz den Schutz aus dem alleinigen Grund verweigern können müsse, dass die Angabe von Waren und Dienstleistungen (trotz der Überprüfung durch das WIPO-Sekretariat) gemäss den innerstaatlichen Schweizer Bestimmungen zu vage oder nicht genügend präzise ist. Mit dieser neuen Möglichkeit sollte der Schutz von Marken verweigert werden, deren Klassifizierung offensichtlich nicht korrekt ist. Die neue Praxis bezweckte eine Gleichbehandlung schweizerischer Marken und internationaler Registrierungen (vgl. Revision der Markenschutzverordnung, Anhang I, Erläuternder Bericht zum "Swissness"-Ausführungsrecht vom 20. Juni 2014, S. 8, < https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/2549/1_MSchV%20Erlaeterungen_DE.pdf>, besucht am 4.4.2020).
Die Eintragung der vorliegend interessierenden Oberbegriffe services de mise en relation sociale und services de rencontres der Klasse 45 war daher zum Zeitpunkt der Prüfung nicht zu beanstanden und erfolgte zu Recht. Die Rüge der Beschwerdeführerin betreffend die ungenügende Bestimmtheit und des fehlenden Schutzobjekts der strittigen Oberbegriffe der Widerspruchsmarke geht damit fehl. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch die Prüfung der von der Beschwerdeführerin allein in diesem Kontext angerufenen Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit, des Treu und Glaubens und des Verbots des Rechtsmissbrauchs.
Zu prüfen ist, ob Identität beziehungsweise Gleichartigkeit zwischen den sich entgegenstehenden Dienstleistungen vorliegt. Dabei sind insbesondere lexikalische und gesetzliche Definitionen sowie der allgemeine Sprachgebrauch zu berücksichtigen (JOLLER, a.a.O. Art. 3 N. 275).
Die Beschwerdeführerin hat mit Replik vom 7. Juni 2019 die strittige Dienstleistung der Klasse 45 der angefochtenen Marke von service d'escorte auf services d'escorte; tous les services précités dans le domaine de la prostitution eingeschränkt. Die angefochtene Marke bildet ihrer Ansicht nach in diesem Bereich einen in sich geschlossenen Wirtschaftszweig, da Unternehmen aus Reputationsgründen typischerweise nicht gleichzeitig Prostitution neben anderen Dienstleistungen anböten. Die Widerspruchsmarke sei nicht für Prostitution oder ähnliche Dienstleistungen eingetragen. Daher seien keine Fehlzurechnungen zu befürchten. Zudem richteten sich die Dienstleistungen an ein unterschiedliches Publikum.
Die Vorinstanz erachtet die Grenze zwischen den strittigen Dienstleistungen der sich entgegenstehenden Marken als fliessend. Selbst der zwischenzeitlich auf den Bereich der Prostitution eingeschränkte Schutz der Escort-Dienstleistungen der angefochtenen Marke vermöge an der Beurteilung der Gleichartigkeit nichts zu ändern.
Die Beschwerdegegnerin verwies in ihren Eingaben ebenfalls auf die unterschiedliche Natur von Begleitdiensten und die fliessenden Grenzen zu den Oberbegriffen der Widerspruchsmarke. Der neutralen Formulierung der fraglichen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke lasse sich nicht entnehmen, ob diese einen sexuellen oder gar prostitutionsbezogenen Charakter aufwiesen. Alle in Frage stehenden Dienstleistungen seien dem gleichen Markt der "sozialen Kontakte" und "zwischenmenschlichen Beziehungen" zuzurechnen. Die Präzisierung auf Prostitutionsdienstleistungen ändere nichts an der Dienstleistungsgleichartigkeit.
Die Widerspruchsmarke geniesst zum einen insbesondere Schutz für den Oberbegriff service de rencontres. "Rencontre" bezeichnet in der französischen Sprache die Begebenheit, dass sich zwei Personen begegnen. Diese Begegnung kann auf Zufall beruhen oder im Sinne eines beabsichtigten Treffens sein. Als Synonym wird auch das Wort "Kontakt" verwendet. Der Ausdruck kann als eine Begegnung im Kampf oder auch im Rahmen einer Diskussion verstanden werden. Des Weiteren könnte ein Treffpunkt gemeint sein (https://dictionnaire.lerobert.com/definition/rencontre, besucht am 9.4.2020). Damit handelt es sich bei "rencontre" um einen weiten, aber hinreichend bestimmten Begriff. Der Schutz der Widerspruchsmarke gilt zum anderen für den Oberbegriff service de mise en relation sociale. In Bezug auf Personen ist unter dem französischen Wort "relation" die Beziehung zwischen zwei oder mehreren Personen zu verstehen (https://dictionnaire.lerobert.com/definition/relation, abgerufen am 9.4.2020). Das Adjektiv "sociale" steht für eine Gruppe von Individuen in Form einer Gesellschaft, und deren Beziehungen untereinander (https://dictionnaire.lerobert.com/definition/social; abgerufen am 22.4.2020). "Mise en contact" bezeichnet gemäss Wörterbuch die Handlung oder Massnahme, um gewisse Kontakte oder Beziehungen herzustellen ("action d'établir certaines relations" unter "mise" Ziff. 7, Le petit Larousse illustré 2012). Die Art der Beziehung ist bei all diesen Definitionen nicht näher umschrieben. Doch auch der zweite Oberbegriff steckt mit genügender Bestimmtheit ab, dass zwischenmenschliche Beziehungen im Raum stehen. Das bei beiden Oberbegriffen verwendete Wort "service" steht im Personenkontext für die Art und Weise, Klienten oder übergeordneten Personen einen Dienst zu erweisen oder sich bei jemandem nützlich zu machen ("action ou manière de servir un client, un maître" unter Ziff. 3 oder "ce que l'on fait pour être utile à quelqu'un" unter Ziff. 11, Le petit Larousse illustré 2012).
Der von der Beschwerdeführerin für die strittige Dienstleistung verwendete Begriff "Escort" ist grundsätzlich weit zu verstehen, wie die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin mit ihren Ausführungen und Beilagen zutreffend veranschaulicht haben. Unter "Escort" beziehungsweise "Begleitung" fallen gemäss Klassifikationshilfe der Vorinstanz Begleitdienste jeglicher Art. Die Vermittlung gesellschaftlicher Begleitung wird ebenso wie die Sicherheitsbegleitung von der lexikalischen Bedeutung erfasst (https://dictionnaire.lerobert.com/definition/escorte, besucht am 22.4.2020). Mit der zwischenzeitlich erfolgten Einschränkung sowie Anpassung des Rechtsbegehrens reduzierte die Beschwerdeführerin die von ihr beanspruchten Escort-Dienstleistungen auf den Bereich der Prostitution.
Bei den von der Beschwerdegegnerin beanspruchten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke services de mise en relation sociale und service de rencontres stehen wie bei den services d'escorte der angefochtenen Marke die Vermittlung zwischenmenschlicher Kontakte und Beziehungen im Vordergrund. Die Grenzen sind fliessend und Überschneidungen zwischen den erwähnten Dienstleistungen ergeben sich zwangsläufig. Die Escort-Dienstleistungen der angefochtenen Marke lassen sich unter die Oberbegriffe der Widerspruchsmarke services de mise en relation sociale und service de rencontres subsumieren, denn zwischen ihnen besteht ein enger charakteristischer Zusammenhang (vgl. RKGE in sic! 2003, 343 ff. 345 "Visart/Visarte" bezüglich Gleichartigkeit zwischen Dienstleistungen von Designern und Werbung). Zwar trifft es zu, dass die Widerspruchsmarke nicht explizit für Prostitutionsoder ähnliche Dienstleistungen eingetragen ist, wie die Beschwerdeführerin zu Recht festhält. Dasselbe galt vor der Einschränkung auch für die angefochtene Marke. Mit der nachträglich erfolgten Präzisierung erhofft sich die Beschwerdeführerin vergeblich eine hinreichende Abgrenzung zwischen der angefochtenen Marke und der Widerspruchsmarke. Selbst durch diese Einschränkung ihrer Escort-Dienstleistungen auf den Teilbereich der Prostitution verbleibt ein enger charakteristischer Zusammenhang zu den Oberbegriffen der Widerspruchsmarke. Der tatsächliche oder beabsichtigte Gebrauch der Marke auf dem Markt ist irrelevant. So ist nicht von Belang, dass die Beschwerdegegnerin
offenbar die Nutzung der Widerspruchsmarke zur "sexuellen Kontaktaufnahme" verbietet und die Beschwerdeführerin dies als Hinweis dafür deutet, dass diese "erst recht nichts mit Prostitution zu tun haben wolle". Tatsache ist, dass die Formulierung der fraglichen Oberbegriffe der Widerspruchsmarke im Register hinreichend weit gefasst ist, so dass selbst Prostitutionsdienstleistungen darunterfallen können. Der Verwendungszweck der Ermöglichung von Kontaktaufnahme deckt sich bei allen beanspruchten Dienstleistungen. Die Dienstleistungen richten sich auch nicht an ein klar voneinander abweichendes Publikum, da Endkonsumenten in sozialen Netzwerken Kontakte jeglicher Art suchen.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass zwischen den Oberbegriffen der Widerspruchsmarke services de mise en relation sociale und service de rencontres sowie der beanspruchten Dienstleistung der angefochtenen Marke services d'escorte der Klasse 45 selbst mit der Einschränkung auf tous les services précités dans le domaine de la prostitution zumindest eine Gleichartigkeit besteht.
Nun gilt es zu prüfen, ob zwischen den strittigen Zeichen eine Ähnlichkeit vorhanden ist.
Bei beiden Zeichen handelt es sich um Wort-/Bildmarken. Die Widerspruchsmarke "facebook (fig.)" setzt sich aus den zum englischen Grundwortschatz gehörenden Worten "face" und "book" zusammen. Das Wortelement wird auf einem blauen Rechteck in weissen, fettgedruckten Kleinbuchstaben dargestellt. Die angefochtene Marke trägt die Bestandteile "face" und "girl". Die fetten weissen Lettern befinden sich auf einem schwarzen, rechteckigen Hintergrund. Der Grossbuchstabe "F" wird im oberen Teil von einem rosaroten Herz als Kulisse umrahmt und erfährt eine diagonal-kreisförmige schwarze Unterbrechung bei der unteren Waagrechte.
Bei beiden Zeichen wurde grundsätzlich auf dieselben einfachen grafischen Elemente gesetzt: Ein dunkler rechteckiger Untergrund verstärkt in plakativer Weise die Wirkung des weiss geschriebenen Wortelements in Fettbuchstaben. Einzig das rosarote Herz der angefochtenen Marke sticht in der Gestaltung etwas hervor. Selbst wenn von einem gewissen prägenden Gehalt dieser Grafikelemente ausgegangen würde, reichten die Unterschiede in der Farbgebung des Hintergrunds (blau anstelle von schwarz)
und das rosarote Herz hinter dem gross geschriebenen, schwarz fragmentierten "F" der angefochtenen Marke nicht für einen hinreichenden Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke aus. Denn die angefochtene Marke setzt gewisse Gestaltungselemente auf ähnliche Art und Weise um wie die Widerspruchsmarke. Bei der Betrachtung der Begriffselemente ist die Übereinstimmung der angefochtenen Marke und der Widerspruchsmarke im ersten Wortteil "face" augenfällig. Der zweite Wortteil "book" beziehungsweise "girl" klingt aufgrund der verschiedenen Vokalund Konsonantenfolge zwar nicht besonders ähnlich, enthält aber die gleiche Anzahl Buchstaben. Die gleiche Wortlänge und derselbe Wortanfang der zusammengesetzten Wortelemente schlägt sich in Zusammenschau mit der Aussprachekadenz und dem wiedererkennbaren Muster im Zeichenaufbau der jeweils zweisilbigen Begriffselemente dergestalt nieder, dass Analogien zwischen den konfligierenden Zeichen naheliegen. Damit sind gewisse Ähnlichkeiten des Schriftbilds und des Wortklangs sowie in den grafischen Gestaltungsmitteln nicht von der Hand zu weisen. Die gesamte Aufmachung des strittigen Zeichens der angefochtenen Marke führt bei relevanten Abnehmerkreisen insbesondere wegen der kompletten Übereinstimmung im ersten Wortteil und der ähnlichen Grafikelemente auf Anhieb zur Erinnerung an das Widerspruchszeichen, welche sich durch die bereits genannten Unterschiede nicht abschütteln lässt.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, "facegirl" weise in Zusammenhang mit der beanspruchten Dienstleistung auf das Gesicht des Escort-Girls hin, weshalb die angefochtene Marke über einen klar abweichenden Sinngehalt verfüge. Zudem verstärke das stilisierte Herz den unterschiedlichen Sinngehalt, da es ein geläufiger Hinweis auf erotische Dienstleistungen darstelle. Weder "Facegirl" noch "facebook" ergeben jedoch mit ihren Wortzusammensetzungen einen für relevante Verkehrskreise derart klaren Sinn, dass bei übereinstimmender Bedeutung des ersten Wortteils ein deutlicher Zeichenabstand zu erreichen wäre. Daran vermag auch das stilisierte Herz nichts zu ändern. Der Eindruck einer phonetischen und visuellen Nähe lässt sich somit auch nicht mit einem sofort und unwillkürlich erkennbaren genügenden semantischen Abstand aufheben, zumal die Übernahme des ersten Wortteils auch auf dieser Ebene zu einer starken Ähnlichkeit der beiden Marken führt (so auch Urteil des BVGer B-681/2016 vom 23. Januar 2018 E. 8.2 und 9.2 "FACEBOOK/Stressbook" in Bezug auf die Übereinstimmung der strittigen Marken im zweiten Wortteil; Urteil des BVGer B-5294/2016 vom E. 5.3 "MEISTER/ZeitMeister"; BGE 121 III 377 E. 2b und 3c „Boss/Boks“).
Im Gesamteindruck ist daher von einer Zeichenähnlichkeit auszugehen.
Abschliessend ist die Verwechslungsgefahr in einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und des Aufmerksamkeitsgrads der relevanten Abnehmerkreise zu beurteilen.
Bereits in einem anderen Urteil stellte das Bundesverwaltungsgericht die erhöhte Kennzeichnungskraft und den damit verbundenen erweiterten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke fest (Urteil des BVGer B-681/2016 vom 23. Januar 2018 E. 9.1.4 "FACEBOOK/Stressbook", wobei hier die reine Wortmarke "FACEBOOK" und die Übereinstimmung im zweiten Wortteil "book" zur Beurteilung stand). Vorliegend benutzen die beiden sich entgegenstehenden Marken als ersten Wortbestandteil den zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriff "face". Die Beschwerdeführerin macht daran ein absolutes Freihaltebedürfnis geltend. Im bereits erwähnten Urteil sah das Bundesverwaltungsgericht den Begriff "facebook" in der Schweiz als höchstens leicht beschreibend an, wobei es dies unter anderem auch bezüglich der beanspruchten Dienstleistung Bereitstellung von Online-Plauderräumen (chatrooms) für registrierte Benutzer für die Übermittlung von Nachrichten in Bezug auf akademisches Leben, virtuelle Gemeinschaft, soziale Netzwerke der Klasse 38 festhielt (Urteil des BVGer B-681/2016 vom 23. Januar 2018 E. 9.1.3 "FACEBOOK/Stressbook"). Dasselbe gilt auch für die vorliegend mit Bildelementen kombinierte Widerspruchsmarke in Bezug auf die hier strittigen Dienstleistungen der Klasse 45 service de rencontres und services de mise en relation sociale. Auch bei diesen Dienstleistungen wird der Inhalt durch die Benutzer und nicht durch die Anbieter bestimmt. Losgelöst von der ursprünglichen Idee eines Jahrbuchs mit Fotos und Namen von Studentinnen und Studenten steht es den benutzenden Personen der Widerspruchsmarke frei, ihr Profil ohne "Offenbarung des eigenen Gesichts" zu führen. Damit erübrigt sich die Prüfung, ob ein beschreibender Sinngehalt der Marke auch in Bezug auf den thematischen Inhalt und gegebenenfalls auf ein aktuelles Freihaltebedürfnis des Marktes besteht (so auch Urteil des BVGer B-681/2016 vom 23. Januar 2018 E. 9.1.3 "FACEBOOK/Stressbook" mit Hinweisen auf die Urteile des BVGer B-1759/2007 vom 26. Februar 2008 E. 3 "Pirates of the Caribbean" und B-3815/2014 vom 18. Februar 2016 E. 4.2 f. "Rapunzel").
Ob die relevanten Abnehmerkreise bei im Bereich der Prostitution liegenden Escort-Dienstleistungen eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag legen, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, ist angesichts dessen, dass die Kontaktaufnahme auf einer ähnlich persönlichen Ebene wie in sozialen Netzwerken vermittelt wird, nicht anzunehmen. Vielmehr ist auch hier wie bei der Widerspruchsmarke (vgl. dazu E. 5.3) von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen.
Die angefochtene Marke verwendet nicht die identischen Wortbestandteile wie die Widerspruchsmarke. Zudem weist sie mit der Farbgebung schwarz-weiss mit rosarotem Herz Unterschiede zur Widerspruchsmarke auf, welche in blau und weiss hinterlegt ist. Die Widerspruchmarke lässt beim durchschnittlich aufmerksamen Publikum insoweit ein hinreichend präzises Erinnerungsbild aufkommen, als diese Abweichungen wahrgenommen werden. Eine direkte Verwechslung der betroffenen Zeichen ist somit nicht zu befürchten. Der Begriff der Verwechslungsgefahr schützt selbst bekannte Marken nur so weit, als ihre Übereinstimmung mit dem angefochtenen Zeichen eine gleiche oder verwandte betriebliche Herkunft erwarten lässt (Urteil des BVGer B-2232/2019 vom 10. Dezember 2019
E. 6.2 "JB Blancbain [fig.]/Reapain [fig.]" m.w.H.).
Durch die Übernahme des ersten Wortbestandteils und ähnlicher Gestaltungsmerkmale wie weisser fettgedruckter Schriftfarbe auf rechteckigem dunklen Hintergrund greift die angefochtene Marke Kernelemente der Widerspruchsmarke auf und weckt bei den relevanten Verkehrskreisen damit unweigerlich Assoziationen zur Widerspruchsmarke. Aufgrund der vorhandenen Dienstleistungsgleichartigkeit besteht die Gefahr, dass dadurch bei den relevanten Abnehmerkreisen falsche Zusammenhänge vermutet werden. Selbst bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit könnte zu Unrecht der Eindruck entstehen, dass beide gekennzeichneten Angebote aus demselben oder miteinander wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Ähnliche Drittzeichen werden als Serienzeichen missdeutet oder aber als Kennzeichen gleichwertiger, austauschbarer Ersatzprodukte aufgefasst. Bei der Wahrnehmung eines anderen Zeichens genügt eine blosse Teilidentität, um im Bewusstsein des Konsumenten die Gedankenverbindung zum bekannten Zeichen hervorzurufen (vgl. BGE 122 III 382
E. 2a "Kamillosan/Kamillon, Kamillan" m.w.H.).
Bei gesamthafter Betrachtung lässt sich eine mittelbare Verwechslungsgefahr bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit der angesprochenen
Verkehrskreise angesichts der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, der Zeichenähnlichkeit und der Dienstleistungsgleichartigkeit somit nicht ausschliessen.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen und die angefochtene Verfügung zu bestätigen.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 73.320.2]). Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bemisst sich die Gerichtsgebühr nach dem Streitwert (Art. 4 VGKE). Im Widerspruchsbeschwerdeverfahren ist das Interesse der Widersprechenden an der Löschung, beziehungsweise jenes der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu gewichten. Bei eher unbedeutenden Zeichen wird praxisgemäss ein Streitwert zwischen Fr. 50'000.- und Fr. 100'000.- angenommen (BGE 133 III 490 E. 3.3 "Tur-
binenfuss"). Von diesem Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren in Bezug auf die angefochtene Marke auszugehen, da keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrigeren Wert sprechen. Aufgrund des vorliegend anzunehmenden Streitwerts werden die Verfahrenskosten auf Fr. 4'500.- festgesetzt und dem von der Beschwerdeführerin geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 4'500.- entnommen.
Der obsiegenden Beschwerdegegnerin kann von Amtes wegen oder auf Antrag eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VKGE). Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei. Sie ist anhand der eingereichten Kostennote oder - wenn eine solche fehlt - aufgrund der Akten festzulegen (Art. 8 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 VGKE). Die Beschwerdegegnerin hat vorliegend keine Kostennote eingereicht, entsprechend wird die Parteientschädigung vorliegend auf Grundlage der Akten bestimmt und unter Würdigung sämtlicher Umstände auf Fr. 3'000.- festgesetzt.
Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 73 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht, Bundesgerichtsgesetz [BGG, SR 173.110]). Es wird daher mit Eröffnung rechtskräftig.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 4'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und dem von ihr in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss entnommen.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 3'000.- zu entrichten.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beilage: Beschwerdebeilagen zurück)
die Beschwerdegegnerin (Einschreiben)
die Vorinstanz (Ref-Nr. 16062; Einschreiben; Beilage: Vorakten zurück)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Maria Amgwerd Della Batliner
Versand: 4. Juni 2020
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