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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-4823/2019

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts B-4823/2019

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-4823/2019
Datum:10.03.2020
Leitsatz/Stichwort:Widerspruchssachen
Schlagwörter : Frist; Widerspruch; Marke; Widerspruchsfrist; Vorinstanz; Marken; Berechnung; Praxis; Veröffentlichung; Publikation; Fristen; Verfahren; Quot;; Swissreg; Eintragung; MSchG; Mitternacht; Monats; Fristberechnung; Markenschutz; Eingabe; Bundesverwaltungsgericht; Richtlinien; Übereinkommen; Schweiz; Parteien
Rechtsnorm: Art. 20 VwVG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 77 OR ;
Referenz BGE:125 V 37
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II

  1. 3/2019, B-4827/2019

    U r t e i l  v o m  1 0.  M ä r z  2 0 2 0

    Besetzung Richter Daniel Willisegger (Vorsitz), Richter Martin Kayser,

    Richterin Vera Marantelli, Gerichtsschreiber Pascal Waldvogel.

    Parteien Heinrich Bauer Verlag KG,

    Burchardstrasse 11, DE-20077 Hamburg,

    vertreten durch Dr. Jeannette Wibmer, Rechtsanwältin, Badertscher Rechtsanwälte AG,

    Mühlebachstrasse 32, Postfach 769, 8024 Zürich, Beschwerdeführerin,

    gegen

    Joyn GmbH,

    Landsberger Strasse 110, DE-80339 München, vertreten durch Wild Schnyder AG, Forchstrasse 30, Postfach 1067, 8032 Zürich, Beschwerdegegnerin,

    Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE,

    Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern, Vorinstanz.

    Gegenstand Widerspruchsverfahren Nr. 100949 und 100953, Berechnung der Widerspruchsfrist.

    Sachverhalt:

    A.

    Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Schweizer Marke Nr. 611438 JOY (fig.) mit Hinterlegungsdatum 23. Dezember 2010. Mit Eingabe vom

    23. August 2019 erhob sie Widerspruch gegen die beiden Eintragungen der Beschwerdegegnerin JOYN (Marke Nr. 731414) und JOYN (fig.) (Marken Nr. 731415), die am 22. Mai 2019 im Swissreg veröffentlicht wurden.

    B.

    Mit zwei separaten Verfügungen vom 28. August 2019 trat die Vorinstanz auf die beiden Widersprüche nicht ein.

    Sie führte aus, die Widerspruchsfrist sei am 22. August 2019 abgelaufen, weshalb die am 23. August 2019 eingereichten Widersprüche verspätet seien.

    C.

    Mit Eingaben vom 19. September 2019 erhob die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Sie beantragte, die Verfügungen der Vorinstanz vom 28. August 2019 seien aufzuheben und die Widerspruchsverfahren Nr. 100949 und 100953 seien an die Hand zu nehmen.

    Sie führte im Wesentlichen aus, die Widerspruchsfrist laufe gemäss der jahrzehntelangen Praxis der Vorinstanz erst am 23. August 2019 ab, weshalb die Widersprüche nicht verspätet seien. Für eine Praxisänderung würden keine ernsthaften und sachlichen Gründe vorliegen.

    D.

    Mit Zwischenverfügung vom 23. September 2019 wurden die beiden Verfahren vereinigt und unter der vorliegenden Verfahrensnummer weitergeführt.

    E.

    Mit Eingabe vom 28. November 2019 reichte die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeantwort ein und beantragte die vollumfängliche Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführerin.

    F.

    Mit Eingabe vom 31. Januar 2020 reichte die Vorinstanz die Vernehmlassung ein. Sie beantragte die vollumfängliche Abweisung der Beschwerden.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

    Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 31, 32 und 33 Bst. e VGG). Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG), hat den Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und die Beschwerde fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 und 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

    2.

      1. Die Vorinstanz ist auf die beiden Widersprüche der Beschwerdeführerin nicht eingetreten. Sie führt aus, der Widerspruch sei innert drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung einzureichen. Die Frist beginne am Tag der Publikation zu laufen. Die beiden angefochtenen Marken seien am 22. Mai 2019 im Swissreg veröffentlicht worden. Folglich ende die Frist am 22. August 2019. Die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 23. August 2019 sei demnach verspätet.

      2. Die Beschwerdeführerin entgegnet, die Vorinstanz verkenne, dass die Widerspruchsfrist seit Bestehen des neuen Markenschutzgesetzes nicht etwa bereits um 24.00 Uhr, sondern eine logische Sekunde später, nämlich um 00.00 Uhr zu laufen beginne. Die Widerspruchsfrist laufe daher vorliegend erst am 23. August 2019 ab. Dies habe die Vorinstanz in einer Präzisierung der Berechnung der Widerspruchsfrist im Jahr 2001 selbst ausdrücklich klargestellt. Die neue interne Praxis der Vorinstanz würde dazu führen, dass die gesetzliche Widerspruchsfrist von drei Monaten um einen Tag verkürzt werde. Damit würde sie gesetzeswidrig weniger als drei Monate betragen. Niemand verfolge die Publikation im Swissreg am gleichen Tag. Dies geschehe jeweils erst einen Tag später, wenn die Kollisionshinweise der entsprechenden Überwachungstools eintreffen. Die gesetzliche Rechtslage (Art. 31 Abs. 2 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]) sei klar. Für eine Praxisänderung würden keine ernsthaften und sachlichen Gründe sprechen.

      3. Die Beschwerdegegnerin führt in ihrer Eingabe aus, aus den Richtlinien der Vorinstanz gehe hervor, dass die Widerspruchfrist durch die Publikation der Marke im Swissreg ausgelöst werde und am Tag der Publikation um

        Mitternacht zu laufen beginne. In diesen Richtlinien würden sich sogar Berechnungsbeispiele finden, um allfällige falsche Berechnungen vorzubeugen.

      4. In der Vernehmlassung führt die Vorinstanz aus, weder das Markenschutzgesetz noch die Markenschutzverordnung würden die Frage beantworten, an welchem Tag die Frist zu laufen beginne. Auch Art. 20 Abs. 1 VwVG finde keine Anwendung, da sich die Widerspruchsfrist nicht in Tagen bemesse. Das Bundesgericht habe schon mehrfach festgestellt, dass der letzte Tag einer Beschwerdefrist von drei Monaten auf den gleichen Monatstag falle, an welchem der angefochtene Entscheid eröffnet (zugestellt) worden sei. Die ehemalige Eidgenössische Rekurskommission für Geistiges Eigentum (RKGE) habe ebenfalls verbindlich festgehalten, dass die Widerspruchsfrist am Tag der Veröffentlichung zu laufen beginne. Die Publikation von Schweizer Marken sei früher im SHAB erfolgt. Dieses sei anfangs nur gedruckt erschienen, weshalb es postalisch zugestellt werden musste. Folglich habe die Widerspruchsfrist am nächsten Werktag, der auf dem auf dem SHAB aufgedruckten Ausgabetag gefolgt sei, zu laufen begonnen. Im Jahr 2006 sei man dazu übergegangen, Markenregistrierungen im SHAB auch elektronisch zu eröffnen. Mit dieser Publikation habe man den Adressaten ermöglicht, am gleichen Tag von der Markenregistrierung zu erfahren. Damit habe sich der Fristbeginn im Vergleich zur vorherigen Konstellation um einen Tag verkürzt. Seit dem 1. Juli 2008 werde die Widerspruchsfrist durch die Publikation der Schweizer Marke im Swissreg ausgelöst. Die ursprüngliche Regelung des Instituts sei als Ausnahmeregelung zum Grundsatz zu werten, wonach die Frist am Tag der Veröffentlichung zu laufen beginne. Für die Praxisänderung im Jahr 2006 würden ernsthafte und sachliche Gründe vorliegen und über diese sei auch ausführlich kommuniziert worden. In den Richtlinien sei die seit 2007 geltende Fristberechnung für jedermann ersichtlich. Die am 23. August 2019 eingereichten Widersprüche seien somit verspätet.

      5. Aufgrund der Akten steht fest, dass die beiden angefochtenen Marken am 22. Mai 2019 im Swissreg veröffentlicht wurden. Dass die Beschwerdeführerin den Widerspruch gegen die beiden Eintragungen am 23. August 2019 erhoben hat, ist unstrittig. Strittig ist, ob der Widerspruch innerhalb der dreimonatigen Frist von Art. 31 Abs. 2 MSchG erfolgt ist.

    3.

    Die Widerspruchsfrist findet ihre Regelung in Art. 31 Abs. 2 MSchG und ergänzend in Art. 2 der Markenschutzverordnung vom 23. Dezember 1992 (MSchV, SR 232.111). Die Gesetzesbestimmung lautet wie folgt:

    "Der Widerspruch ist innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung beim IGE schriftlich mit Begründung einzureichen. Innerhalb dieser Frist ist auch die Widerspruchsgebühr zu bezahlen."

    Die Verordnung führt zur Fristberechnung in Art. 2 MSchV aus:

    "Berechnet sich eine Frist nach Monaten oder Jahren, so endet sie im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem sie zu laufen begann. Fehlt ein entsprechender Tag, so endet die Frist am letzten Tag des letzten Monats."

    4.

      1. Die Bestimmung von Art. 31 Abs. 2 MSchG regelt das fristauslösende Ereignis ("die Veröffentlichung der Eintragung beim IGE") sowie die Dauer der Frist ("innerhalb von drei Monaten"), spricht sich aber zum Beginn der Fristberechnung nicht aus. Art. 2 MSchV bestimmt für die Monatsfrist, dass der Tag des Fristablaufs dieselbe Zahl trägt wie der Tag des Fristbeginns, es sei denn, dass ein solcher Tag (z.B. 31. Tag des Kalendermonates) fehlt; in diesem Fall gilt für die Frist von drei Monaten der letzte Tag des dritten Monates (z.B. 30. Tag des Kalendermonates) als Fristende. Der Beginn der Frist wird auch durch diese Bestimmung nicht geregelt. Das Verwaltungsverfahrensgesetz enthält zwar eine Regelung zur Fristberechnung, die vorsieht, dass nach dem jeweils fristauslösenden Ereignis die Frist am folgenden Tag zu laufen beginnt (vgl. Art. 20 VwVG). Die Regelung gilt indes nur, wenn sich die Frist nach Tagen berechnet (Art. 20 Abs. 1 VwVG Ingress).

      2. Das Bundesgericht stützt die Berechnung einer Frist, die sich nach Monaten bestimmt, auf allgemeine Grundsätze und zieht die Bestimmung von Art. 77 OR heran, die den gleichen Gehalt wie Art. 2 MSchV hat. Der Ablauf einer Frist fällt danach "auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag dieses Monates" (Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR). Das Gericht hielt zur Fristberechnung fest, dass die Frist am Kalendertag endet, der nach seiner Zahl dem Eröffnungstag (jour de la notification) entspricht, oder wenn ein entsprechender Kalendertag fehlt, am letzten Tag des zutreffenden Monats; wäre auf den dem Beginn des Fristenlaufs entsprechenden Tag abzustellen, würde sich die Frist ungerechtfertigterweise um einen Tag verlängern (BGE 125 V 37 E. 4a). Mit Blick auf Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR führte es aus, bei der Fristberechnung im Falle einer nach Monaten bestimmten Frist sei vom Eröffnungstag (beziehungsweise dem Tag des Ereignisses im Rahmen von Art. 77 OR) und nicht vom Tag des Fristbeginns auszugehen. Mit der Beibehaltung des gleichen Monatstages werde dem Umstand bereits Rechnung getragen, dass der Tag der Eröffnung der Frist oder der Mitteilung eines Entscheides bei der Fristberechnung nicht mitgezählt werde (Urteil des BGer M 6/05 vom

        3. April 2006 E. 5.1). Das Gericht geht davon aus, dass die Frist erst am Folgetag des fristauslösenden Ereignisses zu laufen beginnt (00.00 Uhr), wenn es ausführt, die Frist falle auf den ersten Tag nach dem Eröffnungstag (Urteil des BGer M 6/05 vom 3. April 2006 E. 5.3).

        Die Rechtsprechung kommt weiter zum Schluss, dass das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen, für die Schweiz in Kraft getreten am 28. April 1983 (SR 0.221.122.3), zu keinem anderen Ergebnis führe (BGE 125 V 37 E. 4b). Das Übereinkommen ist nach Art. 1 anwendbar auf die Berechnung von Fristen auf dem Gebiet des Zivil-, Handelsund Verwaltungsrechts einschliesslich des diese Gebiete betreffenden Verfahrensrechts, soweit die Fristen unter anderem durch Gesetz festgesetzt worden sind (vgl. Abs. 1 Bst. a-c); auf Fristen, die zurückberechnet werden, ist es nicht anwendbar (Abs. 2). Das Widerspruchsverfahren knüpft an die Eintragung der Marke im Register an. Die Widerspruchsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 2 MSchG i.V.m. Art. 2 MSchV stellt eine gesetzliche Frist auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts dar, die nicht zurückberechnet wird. Das Übereinkommen ist somit anwendbar (GREGOR WILD, in: Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], 2. Aufl. 2017, Art. 31

        N. 54; EUGEN MARBACH, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl. 2009,

        N. 1146; URS PETER CAVELTI, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu Art. 20-24 Rz. 2). Nach Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens laufen Fristen, die in Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren ausgedrückt sind, von Mitternacht des dies a quo bis Mitternacht des dies ad quem. Art. 4 Abs. 2 des Übereinkommens bestimmt für Fristen in ganzen Monaten: Ist eine Frist in Monaten ausgedrückt, so ist der dies ad quem der Tag des letzten Monats, der nach seiner Zahl dem dies a quo entspricht, oder, wenn ein entsprechender Tag fehlt, der letzte Tag des letzten Monats.

      3. Die Richtlinien der Vorinstanz bilden genau die Regelung des genannten Übereinkommens ab. Die Anwendung auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes: Der Tag der Veröffentlichung im Swissreg (hier: 22. Mai 2019) ist der dies a quo, womit die Frist um Mitternacht (24.00 Uhr) zu laufen begann. Die Frist endete am Tag des letzten (hier: dritten) Monats, der nach seiner Zahl dem Tag des Fristenbeginns entspricht (hier: 22. August 2019), und zwar endete der dies ad quem wiederum um Mitternacht (24.00 Uhr). Die Widerspruchserhebung am 23. August 2019 erfolgt mithin verspätet. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf eine logische Sekunde und bringt damit vor, die Widerspruchsfrist habe am 23. Mai 2019 (00.00 Uhr) zu laufen begonnen. Sie kann sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung insoweit berufen, als danach nicht der dies a quo, sondern der Folgetag für den Fristenbeginn gilt. Der Folgetag wird vom Bundesgericht in die Berechnung eingebaut, wirkt sich indes auf die Bestimmung des Fristendes nicht aus. Auch nach der dargelegten Rechtsprechung wäre von der Veröffentlichung im Swissreg auszugehen (hier: 22. Mai 2019). Der Fristbeginn fiele zwar nicht auf den Tag der Veröffentlichung um Mitternacht (24.00 Uhr), sondern auf den Folgetag (hier: 23. Mai 2019), d.h. einer logischen Sekunde später (00.00 Uhr). Dennoch würde die Dreimonatsfrist am Kalendertag enden, der nach seiner Zahl dem Tag der Veröffentlichung entspricht, und zwar auch hier um Mitternacht (also ebenfalls am 22. August 2019, 24.00 Uhr). Für die Berechnung der Widerspruchsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 2 MSchG braucht es den Umweg über einen Folgetag jedenfalls nicht. Damit ist festzuhalten, dass die Frist zur Widerspruchserhebung um Mitternacht der elektronischen Veröffentlichung im Swissreg zu laufen beginnt.

      4. Die Lehre spricht sich unter Verweis auf die vorinstanzlichen Richtlinien einhellig dafür aus, dass die Widerspruchsfrist bei Schweizer Marken am Tag der Publikation zu laufen beginnt (BERNARD VOLKEN, in: David/Frick [Hrsg.], Kommentar zum Markenschutzund Wappenschutzgesetz, 3. Aufl. 2017, Art. 31 N. 53; EUGEN MARBACH, a.a.O., N. 1145, insbesondere

        Fn. 1421; GREGOR WILD, a.a.O., Art. 31 N. 55). Innerhalb der Frist ist auch die Gebühr zu bezahlen (Art. 31 Abs. 2 MSchG). Bereits die Rechtsprechung der RKGE hielt dafür, dass die Frist für die Zahlung der Widerspruchsgebühr am Tag der Publikation im SHAB zu laufen beginnt (Entscheid der RKGE vom 4. August 2000, in: sic! 2000 S. 614 ff., 615 E. 4).

      5. Die Widerspruchserhebung der Beschwerdeführerin am 23. August 2019 gegen die beiden Eintragungen erfolgte mithin verspätet.

    5.

      1. Es trifft zu, dass die Vorinstanz ihre Amtspraxis auf den 1. Januar 2007 geändert hat. Vor der Änderung begann die Widerspruchsfrist am Werktag, der dem aufgedruckten Ausgabetag derjenigen Nummer des SHAB folgt, welche die Eintragung der Marke enthält (Präzisierung der Praxis bei der Berechnung der Widerspruchsfrist, in: sic 1/2001 S. 73 f.). Die Vorinstanz begründet ihre frühere Praxis in der Vernehmlassung damit, dass das SHAB ursprünglich nur in gedruckter Form erschien, per Post zugestellt wurde und daher erst zu diesem Zweitpunkt öffentlich zugänglich gewesen sei. Im Jahre 2006 sei die elektronische Publikation eingeführt worden, was den Adressaten erlaubt habe, am Tag der Fristauslösung, also am Tag der Veröffentlichung, von der Markenregistrierung zu erfahren.

      2. Die Vorinstanz hat die Praxisänderung öffentlich kommuniziert. Sie tat dies mit Newsletter vom 18. Dezember 2006, in dem sie ausführt, dass sich aufgrund der elektronischen Publikation des SHAB die Widerspruchsfrist neu berechne und um einen Tag verkürze. Die Ausführung wurde mit einem praktischen Beispiel illustriert (vgl. Vernehmlassungsbeilage 5). Seit dem

        1. Januar 2007 findet sich die aktuelle Berechnung der Widerspruchsfrist in den Richtlinien der Vorinstanz (vgl. Vernehmlassungsbeilage 8).

      3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hatte die Vorinstanz ernsthafte und sachliche Gründe, ihre Amtspraxis grundsätzlich zu ändern. Die aktuelle Praxis wird seit nunmehr 13 Jahren befolgt. Die Beschwerdeführerin kann aus der damaligen Änderung nichts zu ihren Gunsten ableiten, zumal sie angekündigt wurde und eine Abwägung ergibt, dass das Interesse an der als richtig erkannten Rechtsanwendung jenes an der Rechtssicherheit überwiegt (vgl. zur Praxisänderung TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 23 Rz. 14 ff.). Anzeichen dafür, dass die Beschwerdeführerin auf eine Beibehaltung der damaligen Praxis hätte vertrauen dürfen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.

    6.

    Aus dem Gesagten folgt, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist abzuweisen.

    7.

      1. Entsprechend dem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die Verfahrenskosten werden in Anwendung von Art. 63 Abs. 4bis VwVG und Art. 2 Abs. 1 VGKE mit Blick auf den Verfahrensaufwand, die Schwierigkeit der Streitsache und den Aktenumfang auf Fr. 1'500.- festgesetzt.

      2. Der obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Antrag eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VKGE). Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei (Art. 8 VGKE). Die Beschwerdegegnerin ist vertreten und hat eine Kostennote eingereicht. Sie macht einen Aufwand von Fr. 1'560.- für das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht geltend. Bezüglich des geltend gemachten Arbeitsaufwands geht aus der Kostennote allerdings nicht im Detail hervor, wie sich der Aufwand auf die einzelnen Arbeiten verteilt. An den Detaillierungsgrad der Kostennote sind jedoch gewisse Anforderungen zu stellen, damit überprüft werden kann, ob der geltend gemachte Aufwand vollumfänglich notwendig und damit entschädigungsberechtigt ist. Daher soll aus der Kostennote nicht nur ersichtlich sein, welche Arbeiten durchgeführt worden sind und wer wie viel Zeit zu welchem Ansatz aufgewendet hat, sondern auch, wie sich der geltend gemachte Aufwand auf die einzelnen Arbeiten verteilt (Urteile des BVGer B-4992/2015 vom 6. September 2017 E. 5.3.4 und B-4637/2016 vom

    17. März 2017 E. 7; MICHAEL BEUSCH, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2019, Rz. 18 zu Art. 64). Die vorliegend erstellte Kostennote ist nicht in diesem Sinne detailliert, weshalb die Parteientschädigung gestützt auf die Akten festzusetzen ist (Art. 14 Abs. 1 und 2 VGKE). Unter Berücksichtigung der massgebenden Berechnungsfaktoren (Art. 8, 9 und 11 VGKE) ist die Parteientschädigung auf Fr. 750.- festzusetzen.

    8.

    Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 73 BGG). Es wird mit Eröffnung rechtskräftig.

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2.

    Die Verfahrenskosten von Fr. 1'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss von Fr. 1'500.- wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

    3.

    Der Beschwerdegegnerin wird für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 750.- zu Lasten der Beschwerdeführerin zugesprochen.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

    • die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beilagen zurück)

    • die Beschwerdegegnerin (Einschreiben; Beilagen zurück)

    • die Vorinstanz (Ref-Nr. 100949 und 100953; Einschreiben; Vorakten zurück)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Willisegger Pascal Waldvogel

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