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Bundesverwaltungsgericht Urteil F-1127/2019

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts F-1127/2019

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-1127/2019
Datum:09.07.2019
Leitsatz/Stichwort:Schengen-Visum
Schlagwörter : Visum; Person; Visums; Beschwerdeführende; Schweiz; Beschwerdeführenden; Einreise; Gastgeber; Ausbildung; Institut; Vorinstanz; Besuchsaufenthalt; Wiederausreise; Bundesverwaltungsgericht; Gesuch; Marokko; Recht; Reise; SEM-act; Einsprache; Personen; BVGer; Schweizer; Sachverhalt; Verfügung
Rechtsnorm: Art. 21 BV ;Art. 32 BV ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung VI F-1127/2019

U r t e i l  v o m  9.  J u l i  2 0 1 9

Besetzung Richterin Susanne Genner (Vorsitz), Richter Gregor Chatton,

Richter Yannick Antoniazza-Hafner, Gerichtsschreiberin Ulrike Raemy.

Parteien 1. A. ,

2. B. ,

Beschwerdeführende,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Schengen-Visum zu Besuchszwecken für C. .

Sachverhalt:

A.

C. , eine 1991 geborene marokkanische Staatsangehörige (nachfolgend: Gesuchstellerin), hat bereits in der Vergangenheit mehrmals Schengen-Visa für einen längeren Aufenthalt in der Schweiz beantragt, deren Ausstellung jeweils von der Schweizerischen Botschaft in Rabat bzw. vom SEM verweigert wurde, letztmals mit Einspracheentscheid vom

18. April 2016 (vgl. Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 1).

B.

Am 22. Oktober 2018 beantragte sie bei der Schweizerischen Botschaft in Rabat ein Schengen-Visum für einen elftägigen Besuchsaufenthalt im Kanton Zürich (vom 17. Januar 2019 bis 27. Januar 2019). Die Gastgeber (und Beschwerdeführenden) hatten zuvor am 16. Oktober 2018 ein entsprechendes Einladungsschreiben zuhanden der Schweizerischen Botschaft in Rabat verfasst, sich dabei als Schwager bzw. Schwester zu erkennen gegeben und erklärt, sie möchten der Gesuchstellerin (und Eingeladenen) die Möglichkeit geben, ihre Schulferien bei ihnen verbringen und sich erholen zu können (vgl. SEM-act. 4/19-23).

Im Gesuch vom 22. Oktober 2018 gab C. an, Studentin am «Institut D. » in Agadir zu sein (vgl. SEM-act. 4/22). Dem Gesuch waren zwei Schreiben dieses Instituts beigelegt, datiert am 16. Oktober 2018. Darin wird bescheinigt, die Gesuchstellerin sei im Rahmen einer Weiterbildung im 2. Jahr für das Fach Buchhaltung eingeschrieben (Schuljahr 2018/2019); sie habe im Januar 2019 elf Tage Schulbzw. Semesterferien und werde am 28. Januar 2019 zurückerwartet (SEM-act. 4/16-17).

C.

Mit Formularverfügung vom 25. Oktober 2018 verweigerte die Schweizerische Botschaft in Rabat das Visum, dies mit der Begründung, die Absicht der Gesuchstellerin, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Schengen-Mitgliedstaaten auszureisen, habe nicht hinreichend festgestellt werden können (SEM-act. 4/27).

D.

Gegen die Verweigerung des Visums erhoben die Gastgeber am 4. November 2018 Einsprache bei der Vorinstanz.

Begründend führten sie aus, da sich die Gastgeberin im letzten Lehrjahr befinde, könne sie momentan nicht reisen. Deshalb wäre es schön, wenn Amina für diese elf Tage zu ihnen kommen dürfte (SEM-act. 2/4).

E.

Im Rahmen des Einspracheverfahrens nahm die Vorinstanz Einsicht in die Akten der Schweizer Vertretung in Rabat und liess durch die Migrationsbehörde im Wohnsitzkanton der Gastgeber weitere Abklärungen zum Sachverhalt vornehmen. Einen von dieser Behörde an sie gerichteten Fragekatalog beantworteten die Gastgeber umgehend und führten unter anderem aus, die Gesuchstellerin mache eine Ausbildung in der Buchhaltung. Sie befinde sich im zweiten Ausbildungsjahr und wolle nach ihrem Ferienaufenthalt in der Schweiz nach Marokko zurückkehren und ihre Ausbildung beenden (vgl. SEM-act. 5/38-39).

F.

Mit Verfügung vom 12. Februar 2019 wies die Vorinstanz die Einsprache ab. Dabei teilte sie die Einschätzung der schweizerischen Auslandvertretung, wonach die anstandslose und fristgerechte Wiederausreise der Gesuchstellerin nach einem Besuchsaufenthalt nicht als hinreichend gesichert betrachtet werden könne. Diese stamme aus einem Land, aus welchem als Folge der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ein Zuwanderungsdruck bestehe. Im Weiteren seien aus den persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen der Eingeladenen keine Umstände ersichtlich, die besondere Gewähr für die Wiederausreise nach einem Besuchsaufenthalt bieten könnten, handle es sich doch bei ihr um eine junge, ledige und kinderlose Person, welche sich noch in der Ausbildung befinde, aber (noch) nicht in einem Arbeitsverhältnis stehe (SEMact. 6/43).

G.

Am 4. März 2019 (Postaufgabe: 6. März 2019) gelangten die Gastgeber mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragten sinngemäss, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und das SchengenVisum sei für einen Besuchsaufenthalt zu erteilen. Zur Begründung verwiesen sie im Wesentlichen auf ihre Eigenschaft als Garanten und stellten in Aussicht, über die korrekte Einund Wiederausreise im Rahmen des Besuchsaufenthalts der Gesuchstellerin besorgt zu sein. Die Gesuchstellerin arbeite seit 1. März 2018 als kaufmännische Direktorin in einem Reisebüro und absolviere gleichzeitig im Abendunterricht eine Weiterbildung in der Buchhaltung. Ferner habe sie im Jahr 2015 eine Ausbildung am «Institut

E. _» abgeschlossen. Da sich der Arbeitgeber der Gesuchstellerin im Zeitpunkt der Gesuchstellung im Ausland befunden habe, habe sie damals keine Arbeitsbestätigung einreichen können. Der Beschwerde waren verschiedene Unterlagen beigelegt, unter anderem eine Kopie einer Arbeitsbestätigung eines Reisebüros in Agadir sowie eines Abschlusszertifikates des Instituts E. vom 1. Juli 2015 (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer-act. 1]).

H.

In seiner Vernehmlassung vom 8. April 2019 schloss das SEM auf Abweisung der Beschwerde (BVGer-act. 5).

I.

Die Beschwerdeführenden verzichteten auf eine Replik.

J.

Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Von der Vorinstanz erlassene Einspracheentscheide bezüglich Schengen-Visa sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (vgl. Art. 31 ff. VGG i.V.m. Art. 5 VwVG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

    2. Die Beschwerdeführenden haben am vorangegangenen Einspracheverfahren teilgenommen und sind als Gastgeber beziehungsweise Verwandte der Gesuchstellerin durch die angefochtene Verfügung besonders berührt. Zwar war der angegebene Besuchszeitraum im Verfügungszeitpunkt (12. Februar 2019) bereits verstrichen. Indessen haben die Beschwerdeführenden durch die Beschwerdeerhebung kundgetan, dass sie und die Gesuchstellerin nach wie vor ein Interesse an der Erteilung eines Visums haben. Sie sind daher zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

    3. In der vorliegenden Beschwerdeangelegenheit entscheidet das Bundesverwaltungsgericht endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.

Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.; 2011/43 E. 6.1).

3.

Der angefochtenen Verfügung liegt das Gesuch einer marokkanischen Staatsangehörigen um Erteilung eines Visums für einen elftägigen Besuchsaufenthalt in der Schweiz zugrunde. Da sich die Gesuchstellerin nicht auf die EU/EFTA-Personenfreizügigkeitsabkommen berufen kann und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer 90 Tage nicht überschreitet, fällt die vorliegende Streitsache in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Schengen-Assoziierungsabkommen, mit denen die Schweiz den Schengen-Besitzstand und die dazugehörigen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakte übernommen hat (BVGE 2014/1 E. 3; 2011/48 E. 3). Das Ausländerund Integrationsgesetz (AIG, SR 142.20) und dessen Ausführungsbestimmungen gelangen nur soweit zur Anwendung, als die Schengen-Assoziierungsabkommen keine abweichenden Bestimmungen enthalten (Art. 2 Abs. 4 AIG).

4.

    1. Drittstaatsangehörige dürfen über die Aussengrenzen des SchengenRaums für einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen einreisen, wenn sie im Besitz eines Visums sind, falls ein solches nach Massgabe der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 (Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind [ABl. L 303/39 vom 28.11.2018; nachfolgend: Verordnung [EU] 2018/1806; in Kraft seit 15. Februar 2019]) erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 Bst. b der Verordnung

      [EG] Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen [Kodifizierter Text] [Schengener Grenzkodex, SGK, Abl. L 77/1 vom 23.03.2016]; Art. 6 Abs. 1 der Verordnung über die Einreise und die Visumserteilung vom 15. August 2018 [VEV]; vgl. auch Art. 2 Ziff. 6 SGK; Art. 5 Abs. 1 Bst. a AIG). Als marokkanische Staatsangehörige unterliegt die Gesuchstellerin unbestrittenermassen der Visumpflicht (Anhang I der bereits erwähnten Verordnung Nr. 2018/1806; Art. 8 Abs. 1 VEV).

    2. Voraussetzung zur Visumserteilung und zur Einreise ist unter anderem, dass die drittstaatsangehörige Person keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt (Art. 6 Abs. 1 Bst. e SGK) und Gewähr für die gesicherte Wiederausreise bietet (Art. 32 Abs. 1 Bst. b der Verordnung [EG] Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft [Visakodex, VK, ABl. L 243/1 vom 15.09.2009]; Art. 5 Abs. 2 AIG; BVGE 2011/48

      E. 4.5; 2009/27 E. 5.2). Wenn die betreffende Person nicht bereit ist, das Hoheitsgebiet des Schengen-Raums fristgerecht wieder zu verlassen, ist eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. e SGK anzunehmen (BVGE 2014/1 E. 4.3 m.H.). Die Behörden haben daher zu prüfen und drittstaatsangehörige Personen zu belegen, dass die Gefahr einer rechtswidrigen Einwanderung oder einer nicht fristgerechten Ausreise nicht besteht respektive dass die gesuchstellende Person für die gesicherte Wiederausreise Gewähr bietet (Art. 14 Abs. 1 Bst. d VK; Art. 21 Abs. 1 VK; BVGE 2014/1 E. 4.4; Art. 5 Abs. 2 AIG; BVGE 2009/27 E. 5.2).

    3. Das schweizerische Ausländerrecht kennt weder ein allgemeines Recht auf Einreise noch gewährt es einen besonderen Anspruch auf Erteilung eines Visums. Die Schweiz ist daher grundsätzlich nicht gehalten, drittstaatsangehörigen Personen die Einreise zu gestatten. Das SchengenRecht schränkt die nationalstaatlichen Befugnisse insoweit ein, als es einheitliche Voraussetzungen für Einreise und Visum aufstellt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Einreise bzw. das Visum zu verweigern, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Einen Anspruch auf Einreise bzw. Visum vermittelt aber auch das Schengen-Recht nicht (BVGE 2014/1 E. 4.1.1 und E. 4.1.5; 2011/48 E. 4; Urteil des BVGer F-7617/2016 vom 12. März 2018 E. 4.1).

    4. Sind sämtliche Voraussetzungen für die Visumserteilung erfüllt, ist das Schengen-Visum auszustellen. Ist hingegen einer der in Art. 32 Abs. 1 VK (nicht abschliessend) aufgelisteten Tatbestände gegeben, darf ein einheitliches Visum nicht erteilt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1 und Abs. 3 VK; Art. 32 Abs. 1 VK; BVGE 2014/1 E. 4.5; 2011/48 E. 4.6; Urteil des BVGer

      F-7617/2016 E. 4.1). Das Schengen-Visum ist deshalb unter anderem zu verweigern, wenn Zweifel an der von der drittstaatsangehörigen Person bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder zu verlassen (Art. 32 Abs. 1 Bst. b VK; BVGE 2014/1 E. 4.4). Den Behörden kommt bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Visumserteilung erfüllt sind, ein weiter Beurteilungsspielraum zu (BVGE 2014/1 E. 4.1.5 in fine; Urteil des BVGer F-7617/2016 E. 4.1).

    5. Sind - abgesehen vom Visum selbst - die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllt, kann in Ausnahmefällen ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit erteilt werden, das nur für das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gilt. Von dieser Möglichkeit kann der betreffende Mitgliedstaat unter anderem Gebrauch machen, wenn er es aus humanitären Gründen, aus solchen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen für erforderlich hält (vgl. Art. 3 Abs. 4 VEV; Art. 25 Abs. 1 Bst. a VK; Art. 6 Abs. 5 Bst. c SGK).

5.

    1. In der Regel lassen sich keine gesicherten Feststellungen darüber treffen, ob eine drittstaatsangehörige Person tatsächlich beabsichtigt, vor Ablauf des Visums den Schengen-Raum zu verlassen, weshalb darüber eine Prognose zu erstellen ist. Hierzu sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Die Beweisführungslast obliegt dabei der drittstaatsangehörigen Person (Art. 14 Abs. 1 Bst. d VK; Art. 14 Abs. 3 i.V.m. Anhang II VK; Art. 5 Abs. 1 Bst. c SGK; Art. 5 Abs. 2 AIG; BVGE 2014/1 E. 4.4 und E. 6.1). An-

      haltspunkte zur Beurteilung der Gewähr für eine fristgerechte Wiederausreise können sich zunächst aus der allgemeinen Situation im Herkunftsland der drittstaatsangehörigen Person ergeben. Namentlich bei Einreisegesuchen von Personen aus Staaten bzw. Regionen mit politisch, wirtschaftlich und sozial ungünstigen Verhältnissen rechtfertigt sich eine strenge Praxis, da die persönliche Interessenlage in solchen Fällen erfahrungsgemäss häufig nicht mit dem Ziel und Zweck einer zeitlich befristeten Einreisebewilligung im Einklang steht (BVGE 2014/1 E. 6.1 m.H.).

    2. Marokko gilt zwar grundsätzlich als wirtschaftlich stabil. Die Wirtschaft befindet sich, trotz eines Einbruchs im Jahr 2016, im Aufschwung. Dennoch ist die soziale Lage vieler Marokkanerinnen und Marokkaner schwierig. Ein zentrales Hindernis ist dabei das geringe Bildungsniveau. Die Analphabetenrate bleibt mit rund 30 % der über 15-Jährigen eine der höchsten in der arabischen Welt. Zudem hat das Königreich mit zahlreichen sozialen Problemen zu kämpfen, die durch Verstädterung und Industrialisierung entstehen. Die grösste Herausforderung für die marokkanische Wirtschaft bleibt jedoch der Arbeitsmarkt, da der Bevölkerungszuwachs in den aktiven Altersgruppen deutlich höher liegt als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die reale Arbeitslosenquote dürfte somit, insbesondere bei den Jugendlichen, deutlich über den offiziell angegeben ca. 10% liegen (Quellen: Deutsches Auswärtiges Amt, www.auswaertiges-amt.de > Reise & Sicherheit > Reiseund Sicherheitshinweise: Länder A-Z > Marokko > Wirtschaft bzw. Innenpolitik, Stand: 18. März 2019; Deutsches Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa, www.bmz.de > Länder

> Naher Osten und Nordafrika > Marokko > Informationen zum Land > Soziale Situation, alle Seiten besucht im Juni 2019; vgl. anstelle vieler auch Urteil des BVGer F-934/2018 vom 21. März 2019 E. 6.2).

6.

    1. Vor diesem Hintergrund besteht vielfach der Wunsch nach Auswanderung, welcher sich besonders stark bei jüngeren und ungebundenen Personen manifestiert. Dass viele Menschen aus Marokko emigrieren, zeigt sich ebenfalls an den kontinuierlich steigenden Überweisungen von Auslandmarokkanern. Ebenso wirkt sich dieser Umstand auf die Schweizer Asylstatistik aus, in der Marokko nach wie vor zu den wichtigsten Herkunftsländern gehört (vgl. www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Asylstatistik > Übersichten > Asylgesuche nach Nationen [letzte 37 Monate] sowie: www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Asylstatistik Jahresstatistiken > Kommentierte Asylstatistik 2018 S. 3, besucht im Mai 2019). Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid bereits ausgeführt hat, ist ein im Zielland bestehendes, minimales soziales Beziehungsnetz aus Verwandten oder Freunden zudem ein wichtiges Element, das den Entscheid auszuwandern erleichtern kann. Angesichts der restriktiven Zulassungsregelung führt dies nicht selten zur Umgehung von ausländerrechtlichen Bestimmungen, indem die Gesuchstellenden - einmal eingereist - versuchen, den Aufenthalt auf eine ganz andere rechtliche Basis abzustützen (BVGE 2014/1 E. 6.2.2; 2009/27 E. 7). Das Risiko einer nicht fristgerechten Wiederausreise der Gesuchstellerin ist demnach grundsätzlich als hoch einzuschätzen (anstelle vieler vgl. Urteile des BVGer

      F-934/2018 E. 7.1; F-2618/2017 vom 14. Dezember 2017 E. 6.2;

      C-7276/2015 vom 3. März 2016 E. 5.3).

    2. In die Prognose über die Absicht einer gesuchstellenden Person, den Schengen-Raum fristgerecht zu verlassen, sind weiter deren persönliche, familiäre und berufliche Situation sowie deren Interessenlage miteinzubeziehen (BVGE 2014/1 E. 6.3.1). Obliegt einer gesuchstellenden Person im Heimatland beispielsweise eine besondere berufliche, gesellschaftliche o- der familiäre Verantwortung, kann dies die Prognose für eine anstandslose Wiederausreise begünstigen. Umgekehrt muss bei Personen, die in ihrer Heimat keine besonderen Verpflichtungen haben, das Risiko eines ausländerrechtlich nicht regelkonformen Verhaltens nach einer bewilligten Einreise als hoch eingeschätzt werden (BVGE 2014/1 E. 6.3.1 m.H.; 2009/27 E. 8).

    3. Die Gesuchstellerin gab im Antragsformular an, Studentin am Institut D. zu sein, und legte ihrem Gesuch die Kopie zweier Bestätigungen des Instituts D. vom 16. Oktober 2018 bei, wonach sie sich im zweiten Ausbildungsjahr bzw. Semester befinde, vom 17. Januar 2019 bis

      27. Januar 2019 Ferien habe und am 28. Januar 2019 zurückerwartet werde. Auch die Gastgeber gaben im Rahmen der Inlandabklärungen an, die Beschwerdeführerin befinde sich noch in Ausbildung (vgl. Sachverhalt Bst. B., D. und E.).

    4. Auf Beschwerdeebene wird nunmehr geltend gemacht, die Eingeladene habe bereits im Jahr 2015 eine Ausbildung am Institut E. absolviert, sei seit 1. März 2018 erwerbstätig und bilde sich berufsbegleitend weiter. In diesem Zusammenhang legen die Beschwerdeführenden folgende Unterlagen ins Recht:

      • Kopie einer Arbeitsbestätigung des Reisebüros vom 4. März 2019,

      • Kopie einer Bestätigung des Reisebüros gleichen Datums, wonach der Gesuchstellerin im laufenden Jahr 15 Ferientage zustehen würden,

      • Kopie einer Gehaltsabrechnung vom Januar 2019,

      • Kopie einer Bestätigung des Instituts E. , wonach die Gesuchstellerin am 1. Juli 2015 eine zweijährige Ausbildung im Hotelfach abgeschlossen habe.

      Des Weiteren führen sie aus, der Gesuchstellerin obliege die Pflege ihrer Mutter, da sie mehr zu Hause sei als ihr Vater und ihre Brüder (vgl. Sachverhalt Bst. B, E, G).

    5. Die eingereichten Unterlagen lassen zunächst den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen. So ist der Bestätigung des Instituts E. ] vom 1. Juli 2015 zu entnehmen, dass die Gesuchstellerin in den Jahren 2013 bis 2015 eine Ausbildung im Hotelfach als «technicien specialisé» absolviert hat. Zudem ist sie gemäss der Bestätigung des Reisebüros vom 4. März 2019 seit 1. März 2018 dort arbeitstätig. Die behauptete Erwerbstätigkeit und das abgeschlossene Studium am Institut E. können jedoch dadurch nicht zweifelsfrei belegt werden. Die Angaben stehen im Widerspruch zu einem früheren Visumsantrag vom

      22. November 2015, in dem die Gesuchstellerin erklärt und mit entsprechenden Unterlagen belegt hatte, an der Universität [ ] in Agadir für das Studienjahr 2015/2016 an der «Faculté des Lettres et des Sciences Humaines» immatrikuliert zu sein und dort Französisch zu studieren. Auch die damalige Gastgeberin hatte in ihrer Einsprache angegeben, dass die Gesuchstellerin an der Universität in Agadir studiere (vgl. zum Ganzen SEMact. 1 [nicht paginiert]). Die Gesuchstellerin hat widersprüchliche Angaben gemacht, indem sie im vorliegenden Verfahren zunächst angab, Studentin zu sein, obwohl sie im Gesuchsformular ausdrücklich nach ihrem aktuellen Beruf gefragt worden war, und später eine Erwerbstätigkeit behauptete, welche mit den in der Vergangenheit gemachten Angaben (FranzösischStudium in Agadir) nicht in Einklang zu bringen ist. Selbst wenn zu Gunsten der Beschwerdeführenden angenommen würde, dass die Gesuchstellerin im Reisebüro angestellt ist, erscheint dennoch nicht nachvollziehbar, inwiefern diese Tätigkeit sie davon abhalten könnte, Marokko definitiv zu verlassen. Es wird nicht glaubhaft aufgezeigt, dass die Gesuchstellerin eine besondere berufliche Verantwortung wahrnehmen würde.

    6. Es kommt hinzu, dass die geltend gemachte Berufstätigkeit - insbesondere auch mit Blick auf die berufsbegleitende Weiterbildung - nicht mit dem Vorbringen zu vereinbaren ist, wonach sich die Gesuchstellerin um ihre Mutter kümmere, da sie im Vergleich zu den übrigen Familienmitgliedern mehr Zeit zu Hause verbringe. Im Übrigen geht aus der nur knappen Erwähnung der Unterstützung nicht hervor, dass die allenfalls erforderliche Betreuung der Mutter nur durch die Gesuchstellerin geleistet werden kann.

    7. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Gesuchstellerin in Marokko keine besonderen beruflichen, familiären oder gesellschaftlichen Verpflichtungen obliegen. Vor dem geschilderten Hintergrund erscheint das Risiko, dass die Gesuchstellerin die Schweiz nach einem Besuchsaufenthalt nicht wieder rechtzeitig verlassen könnte, erheblich. Daran vermögen auch die gegenteiligen Zusicherungen der Beschwerdeführenden nichts zu ändern:

Gastgeber können zwar für bestimmte finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Besuchsaufenthalt, nicht aber für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen ihres Gastes rechtswirksam einstehen (vgl. BVGE 2014/1

E. 6.3.7 m. w. H.; 2009/27 E. 9.). Aus dem gleichen Grund kann auch nicht entscheidend sein, dass die Beschwerdeführenden im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufenthalt grossen Aufwand betrieben haben.

7.

Unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation im Herkunftsland und vor dem dargelegten persönlichen Hintergrund durfte die Vorinstanz davon ausgehen, dass keine hinreichende Gewähr für eine fristgerechte und anstandslose Wiederausreise der Gesuchstellerin nach einem Besuchsaufenthalt besteht. Demnach wurde das Visum für den gesamten SchengenRaum zu Recht verweigert. Gründe humanitärer oder anderer Art, die die Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit gerechtfertigt hätten (vgl. dazu E. 5.5 vorstehend), wurden nicht geltend gemacht.

8.

Die angefochtene Verfügung ist im Lichte von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

9.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Beschwerdeführenden aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv siehe nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 800.- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Sie sind durch den in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

3.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführenden (Einschreiben)

  • die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [ ] zurück)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Susanne Genner Ulrike Raemy

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