Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-6434/2017 |
Datum: | 03.06.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Zustimmung zum arbeitsmarktlichen Vorentscheid des Kantons |
Schlagwörter : | Hotel; Vorinstanz; BVGer; Erwerb; Interesse; Erwerbstätigkeit; Voraussetzung; Voraussetzungen; Zulassung; Zustimmung; SEM-act; BVGer-act; Ausländer; Restaurant; Bundesverwaltungsgericht; Schweiz; Wirtschaft; Hotels; Über; Vorentscheid; Investition; Ermessen; Arbeitsmarkt; Zulassungsvoraussetzung; Schwester; Zulassungsvoraussetzungen |
Rechtsnorm: | Art. 18 AIG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 142 II 232; 144 V 111 |
Kommentar: | - |
Abteilung VI F-6434/2017
Besetzung Richter Martin Kayser (Vorsitz), Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Richter Fulvio Haefeli, Gerichtsschreiberin Christa Preisig.
Parteien A. ,
vertreten durch Dr. Haykaz Zoryan, Rechtsanwalt, Beschwerdeführerin,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Verweigerung der Zustimmung zum arbeitsmarktlichen Vorentscheid.
Mit Eingabe vom 15. Mai 2017 reichte die Beschwerdeführerin (chinesische Staatsangehörige, geb. 1995) ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsund Arbeitsbewilligung beim Amt für Berner Wirtschaft (beco) ein (Akten der Vorinstanz [SEM-act] 1). Sie sei zu 30 Prozent an der X. AG beteiligt, ihre in ( ) wohnhafte Schwester und deren Ehemann - beide ebenfalls chinesische Staatsangehörige und Inhaber einer Niederlassungsbewilligung - zu je 35 Prozent (SEM-act. 1 Ziff. 5 ff.). Die AG sei zwecks Kaufs und Betriebs eines Hotels in ( ) gegründet worden. Die Beschwerdeführerin solle dabei als Food und Guest Managerin für den Aufbau und den Betrieb des Restaurants verantwortlich sein (SEM-act. 1 Ziff. 11).
Das beco hiess das Gesuch am 28. Juli 2017 unter Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Behörde gut und übermittelte es an die Vorinstanz (SEM-act. 1 S. 80-82).
Die Vorinstanz teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 11. August 2017 mit, dem Gesuch könne nicht zugestimmt werden und gewährte der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör (SEM-act. 2 S. 83-84). Die Beschwerdeführerin reichte in der Folge weitere Unterlagen ein (SEM-act. 2 S. 85-102).
Mit Verfügung vom 10. Oktober 2017 verweigerte die Vorinstanz die Zustimmung zum Vorentscheid. Zur Begründung führte sie an, der Besitz von 30 Prozent der Aktien der X. AG lasse nicht den Schluss zu, es liege eine selbständige Tätigkeit vor. Die Einstufung als selbständige Erwerbstätigkeit würde einer Umgehung des Inländerund EU/EFTA-Vorrangs gleichkommen. Auch die Zulassungsvoraussetzungen für eine unselbständige Tätigkeit seien nicht erfüllt. Namentlich lägen die persönlichen Voraussetzungen von Art. 23 Abs. 1 AuG nicht vor. Die Investition in die X. AG rechtfertige zudem keine Ausnahme nach Art. 23 Abs. 3 AuG (SEM-act. 4 S. 103-105).
Mit Eingabe vom 13. November 2017 beantragt die Beschwerdeführerin
die Aufhebung der Verfügung und die Erteilung der Zustimmung zum arbeitsmarktlichen Vorentscheid, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
Zur Begründung führt sie an, sie sei als Inhaberin von 30 Prozent der Aktien sowie der namhaften Investition von Fr. 680‘000.- selbständig erwerbend. Zudem stehe sie unter eigener Weisungsgewalt, da sie an der Verwaltung und Direktion des Hotels mit primärem Verantwortungsbereich der Restaurantführung beteiligt sei. Die Vorinstanz habe Art. 19 AuG zu Unrecht nicht angewandt (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer-act.] 1 Ziff. 2732). Schliesslich erfülle die Beschwerdeführerin auch die persönlichen Voraussetzungen nach Art. 23 AuG. Sie sei gemäss Art. 23 Abs. 3 Bst. a AuG als Investorin zu qualifizieren. Ohnehin würde sie jedoch mit ihrem Bachelorabschluss in Ernährungsund Lebensmittelbereich über die erforderlichen Qualifikationen verfügen und damit die persönlichen Voraussetzungen nach Art. 23 Abs. 1 und 2 AuG erfüllen (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer-act.] 1 Ziff. 40-45).
In ihrer Vernehmlassung vom 15. Januar 2018 hält die Vorinstanz an der angefochtenen Verfügung fest. Selbst wenn die Beschwerdeführerin selbständig arbeitete, würde es an einem gesamtwirtschaftlichen Interesse fehlen (BVGer-act. 6).
In ihrer Replik vom 13. Februar hält die Beschwerdeführerin an ihren Rechtsbegehren fest (BVGer-act. 8). Die Vorinstanz liess sich dazu nicht mehr vernehmen (vgl. BVGer-act. 9 und 10).
Mit ergänzender Eingabe vom 30. Mai 2018 reicht die Beschwerdeführerin zwecks Aktualisierung des Sachverhalts weitere Unterlagen zu den Akten (BVGer-act. 12).
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Verfügungen des SEM betreffend Zustimmung zum arbeitsmarktlichen Vorentscheid einer kantonalen Arbeitsmarktbehörde unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 31 ff. VGG).
Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt.
Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin der angefochtenen Verfügung zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf ihre im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 2 BGG).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H).
Am 1. Juli 2018 wurden die Bestimmungen betreffend die Zulassung zu einem Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit (Art. 18 ff. Ausländergesetz vom
16. Dezember 2005 [AuG, SR 142.20]) ergänzt (AS 2018 733). Eine wei-
tere Teilrevision des AuG trat am 1. Januar 2019 in Kraft (AS 2018 3171); gleichzeitig wurde es in Ausländerund Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Parallel dazu sind entsprechende Anpassungen der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, AS 2018 3173) sowie eine Totalrevision der Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA, AS 2018, 3189) in Kraft getreten.
Fehlt - wie vorliegend - eine gesetzliche Übergangsregelung, muss aufgrund allgemeiner Grundsätze über das anwendbare Recht entschieden werden. Bei Rechtsänderungen finden nach Lehre und Rechtsprechung jene Bestimmungen auf hängige Verfahren Anwendung, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Entscheids Geltung hatten. Später eingetretene Rechtsänderungen sind nur ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn zwingende Gründe für die sofortige Anwendung des neuen Rechts sprechen (zum Ganzen vgl. Urteile des BVGer F-3709/2017 vom 14. Januar 2019 E. 2.1-2.3 und F-1186/2018 vom 10. Januar 2019 E. 2.1-
2.3 je m.H.).
Als chinesische Staatsangehörige untersteht die Beschwerdeführerin weder dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA, SR 0.142.112.681), noch dem Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA (EFTA-Übereinkommen, SR 0.632.31). Sie ist eine sogenannte Drittstaatsangehörige, deren Zulassung sich nach dem AIG und dessen Ausführungsverordnungen richtet, insbesondere der VZAE und der Verordnung des EJPD vom 13. August 2015 über die dem Zustimmungsverfahren unterliegenden ausländerrechtlichen Bewilligungen und Vorentscheide (Zustimmungsverordnung, SR 142.201.1). Vor der Erteilung einer Aufenthalts- o- der Kurzaufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit hat die kantonale Behörde in Form eines arbeitsmarktlichen Vorentscheides über das Vorliegen der Voraussetzungen zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 18 bis 25 AIG zu befinden (Art. 83 Abs. 1 Bst. a VZAE). Dieser Vorentscheid ist dem SEM zur Zustimmung zu unterbreiten (Art. 85 Abs. 1 und 2 VZAE i.V.m. Art. 1 Zustimmungsverordnung). Sind die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt, wird die Zustimmung verweigert (Art. 86 Abs. 2 Bst. a VZAE).
Die Vorinstanz verneinte die Zulassung der Beschwerdeführerin bereits mangels selbständiger Erwerbstätigkeit. Damit seien die Zulassungsvoraussetzungen nach Art. 18 AuG und Art. 20-25 AuG zu prüfen. Die Beschwerdeführerin macht hingegen geltend, dass aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit die Voraussetzung des Inländervorrangs (Art. 21 AuG) sowie der Lohnbedingungen (Art. 22 AuG) nicht zu prüfen seien.
Als selbständige Erwerbstätigkeit gilt gemäss Legaldefinition von Art. 2 Abs. 1 VZAE die Ausübung einer Tätigkeit im Rahmen einer eigenen, frei gewählten Organisation, die auf die Einkommenserzielung ausgerichtet ist, unter eigener Weisungsgewalt steht und das unternehmerische Risiko selbst trägt. Ob im Einzelfall selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, beurteilt sich dabei nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten. Weil vielfach Merkmale beider Erwerbsarten vorliegen, muss abgewogen werden, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (vgl. statt vieler BGE 144 V 111 E. 4.2 m.H.).
Die Beschwerdeführerin ist Mitgründerin sowie Inhaberin von 30 Prozent des Aktienkapitals der das fragliche Hotel betreibenden X. AG. Die übrigen 70 Prozent werden zu gleichen Teilen von ihrer Schwester und deren Ehemann gehalten. Es handelt sich bei der Aktiengesellschaft somit um einen Familienbetrieb, an dessen Gründung die Beschwerdeführerin massgeblich beteiligt war und an den sie mit ihrer Einlage von Fr. 680‘000.- einen beträchtlichen Anteil geleistet hat. Scheitert der Hotelund Restaurantbetrieb, hat die Beschwerdeführerin die resultierenden Verluste als Aktionärin zu einem bedeutenden Anteil mitzutragen. Sie trägt damit zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Schwager das unternehmerische Risiko.
Neben den Beteiligungsverhältnissen ist für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit auch die tatsächliche Stellung, die die Beschwerdeführerin in der Unternehmung innehat, massgebend. Gemäss den im Gesuch gemachten Angaben soll die Schwester der Beschwerdeführerin die Federführung in der strategischen und operativen Verwaltung und Direktion übernehmen. Die Beschwerdeführerin selbst werde sich aktiv an der Verwaltung und Direktion des Hotels beteiligen und zudem als Food und Guest Managerin für den Betrieb des Hotelrestaurants als eigenen Verantwortungsbereich zuständig sein (vgl. SEM-act. 1 S. 7 f. Ziff. 11 f.; BVGer-act. 1
S. 5 f. Ziff. 11 f.). In der Beschwerdeschrift wird ergänzt, dass das Restaurant eine Kapazität von 200 Plätzen hat (BVGer-act. 1 S. 5 f. Ziff. 12). Mit
der Leitung des Restaurants wird die Beschwerdeführerin damit für die Führung eines substantiellen Teils des Hotelbetriebs verantwortlich sein. Darüber hinaus ist sie an der Direktion des Hotels insgesamt beteiligt, die die Schwester der Beschwerdeführerin aufgrund der Doppelbelastung aus dem Betrieb eines weiteren Hotels nicht alleine wahrnehmen will. Es ist aufgrund des dargelegten Aufgabenhefts der Beschwerdeführerin deshalb davon auszugehen, dass diese arbeitsorganisatorisch unabhängig und nicht an fremde Weisungen gebunden ist, sondern - teilweise in Zusammenarbeit mit ihrer Schwester - in frei gewählter Organisation im Hotelbetrieb arbeiten und in dieser Funktion Mitarbeitende führen wird. Zudem wird die Beschwerdeführerin nach ihrer Übersiedlung in die Schweiz allein zeichnungsberechtigt sein (vgl. BVGer-act. 1 Ziff. 28 f.). Dies lässt den Schluss zu, dass die Beschwerdeführer nicht nur wirtschaftlich, sondern auch faktisch eine beherrschende Stellung innerhalb der X. AG einnimmt (vgl. Urteile des BVGer F-3384/2017 vom 20. Dezember 2018 E. 5.1; F-5678/2015 vom 22. Dezember 2017 E. 5.1; F-45/2016 vom
27. November 2017).
Zusammengefasst überwiegen in Anbetracht der mit Fr. 680‘000.- beträchtlichen Investitionen und des damit einhergehenden wirtschaftlichen Risikos sowie der leitenden Stellung innerhalb des Hotelbetriebs mit der Hauptverantwortung für das Restaurant insgesamt die Elemente, die für das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit sprechen. Hierfür verfügt die Beschwerdeführerin mit ihrem Bachelorabschluss in „Food Science and Engineering“ im Übrigen auch über eine für die Hotellerie und Gastronomie förderliche Ausbildung. Dies legt den Schluss nahe, dass die Gründung der Aktiengesellschaft und die - bereits erfolgte - Inbetriebnahme des Hotels nicht der Herleitung von Ansprüchen im Bewilligungsverfahren im Sinn von Art. 6 Abs. 2 VZAE dienten, sondern im Interesse an der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit in der Tourismusbranche geschahen. Demnach kann der Schlussfolgerung der Vorinstanz, die fragliche Tätigkeit sei als unselbständig einzustufen, nicht gefolgt werden. Im Folgenden sind daher die Zulassungsvoraussetzungen für einen Aufenthalt mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu prüfen.
Gemäss Art. 19 AuG können ausländische Personen zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit zugelassen werden, wenn dies dem gesamtwirtschaftlichen Interesse entspricht (Bst. a), die dafür notwendigen finanziellen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt werden (Bst. b) und die Voraussetzungen nach den Art. 20 und 23 - 25 AuG erfüllt sind (Bst. c).
Dazu gehören die Begrenzungsmassnahmen (Art. 20 AuG), das Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen bei der ausländischen Person (Art. 23 AuG), die Existenz einer bedarfsgerechten Wohnung (Art. 24 AuG) sowie bestimmte Regeln für Grenzgängerinnen und Grenzgänger (Art. 25 AuG). Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (vgl. etwa. Art. 25 Abs. 2 AuG), müssen die Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein.
Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz sind sich uneinig darüber, ob das Erfordernis des gesamtwirtschaftlichen Interesses nach Art. 19 Bst. a AuG sowie die persönlichen Voraussetzungen nach Art. 23 AuG erfüllt sind. Die Vorinstanz sieht weder das gesamtwirtschaftliche Interesse noch die persönlichen Voraussetzungen als erfüllt an, während die Beschwerdeführerin von deren Vorliegen ausgeht. Sie macht zudem geltend, dass sie als Investorin im Sinn von Art. 23 Abs. 3 Bst. a AuG zu qualifizieren sei, weshalb von den persönlichen Voraussetzungen abgewichen werden könne, wenn Arbeitsplätze erhalten oder neue geschaffen werden, was die Vorinstanz verneint. Im Folgenden ist demnach zu prüfen, ob die in der vorliegende Streitsache strittigen Voraussetzungen des gesamtwirtschaftlichen Interesses nach Art. 19 Bst. a AuG sowie die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen nach Art. 23 AuG respektive eine Ausnahme von den letzteren vorliegen.
Ob ein gesamtwirtschaftliches Interesse vorliegt, hat die Vorinstanz unter anderem anhand der Wirtschaftsentwicklung sowie der Arbeitsmarktsituation zu entscheiden. Dadurch wird der Behörde eine Mischung aus Einzelfall-, Sachverständigenund politischem Ermessen aufgegeben (vgl. Urteil BVGer F-3384/2017 vom 20. Dezember 2018 E. 6.1 sowie BENJAMIN SCHINDLER, Verwaltungsermessen, Gestaltungskompetenzen der öffentlichen Verwaltung in der Schweiz, 2010, Rz. 428, 453 und 481; je zum Folgenden sowie m.H.). Dadurch kann der Sachverstand der Verwaltungsbehörde dienstbar gemacht und gleichzeitig die notwendige Flexibilität angesichts der sich rasch wandelnden Verhältnisse sichergestellt werden. Die Behörde verfügt dabei über einen gewissen Beurteilungsspielraum.
Das Erfordernis des gesamtwirtschaftlichen Interesses dient der qualitativen Steuerung der Migration erwerbstätiger Ausländerinnen und Ausländer im Hinblick auf eine den Interessen der Schweiz untergeordnete, restriktive Migrationspolitik (vgl. Art. 3 AuG, ferner ROSA MARIA LOSADA, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, 2010, N. 2 ff. zu Art. 3).
Sein Vorliegen darf daher nicht leichthin angenommen werden. Gemäss den Weisungen der Vorinstanz muss der Nachweis nachhaltig positiver Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Schweiz erbracht werden. Von einem nachhaltigen Nutzen für den Arbeitsmarkt Schweiz kann gesprochen werden, wenn das neue Unternehmen zur branchenspezifischen Diversifikation der regionalen Wirtschaft beiträgt, mehrere Arbeitsplätze für Einheimische erhält oder schafft, erhebliche Investitionen tätigt und neue Aufträge für die Schweizer Wirtschaft generiert (Ziff. 4.7.2.1 der Weisungen des SEM im Ausländerbereich, online abrufbar unter: < www.sem.admin.ch > Publikation & Service > Weisungen und Kreisschreiben > I. Ausländerbereich > 4 Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit, m.H., abgerufen im Mai 2019; zum Stellenwert der Weisungen des SEM im Ausländerbereich BVGE 2011/1 E. 6.4).
Es liegt in der Natur der Zulassungsvoraussetzung des gesamtwirtschaftlichen Interesses, dass erst die Zukunft weist, ob es auch tatsächlich realisiert wird. Das gilt namentlich im Falle der Neugründung beziehungsweise Neuansiedlung von Unternehmen. Es ist mit anderen Worten eine Prognose vorzunehmen. Liegen die von der ausländischen Person in Aussicht gestellten Auswirkungen der Neugründung beziehungsweise Neuansiedlung eines Unternehmens auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft grundsätzlich im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz, ist deren Realisierung jedoch weder ausgeschlossen noch zum vornherein feststehend, kann es der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gebieten, die Zustimmung nicht zu verweigern, sondern vorerst mit Bedingungen beziehungsweise Auflagen zu verbinden (Art. 86 Abs. 1 VZAE). Dabei ist darauf zu achten, dass die Bedingungen sachgerecht und verhältnismässig sind (vgl. Urteile des BVGer F-3384/2017 vom 20. Dezember 2018 E. 6.3; F-5678/2015 vom 22. Dezember 2017 E. 6.3; je m.H.). Der Beurteilungsspielraum der Behörde (vorn E. 7.1) wird nach dem Gesagten durch die Prinzipien der Gesetzmässigkeit sowie der Verhältnismässigkeit begrenzt. Dabei hat das Gericht zu prüfen, ob die Ermessensausübung innerhalb der genannten Grundsätze erfolgt ist. Die herrschende Lehre unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Fehlern bei der Ausübung des Ermessens durch die Verwaltungsbehörden (Unangemessenheit, Missbrauch, Überund Unterschreitung des Ermessens). Eine Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn die entscheidende Behörde sich als gebunden betrachtet, obschon ihr vom Rechtssatz Ermessen eingeräumt wird oder wenn sie auf die Ermessensausübung ganz oder teilweise verzichtet (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 430 und
439; vgl. auch BGE 142 II 232 E. 5.3 und 135 IV 139 E. 2.4.2).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, ohne ihre Investition von Fr. 680‘000.- zuzüglich des entsprechenden Anteils an der Hypothekarschuld hätte das Hotel nicht erworben werden können. Sodann würden neue Arbeitsplätze geschaffen und bestehende erhalten. Zusätzlich könnten ab dem geplanten Umbau zur Hotelerweiterung weitere 16 Hotelzimmer angeboten werden. Mit der Wiedereröffnung und der Führung des Restaurants werde eine Leistung angeboten, die in der Region stark nachgefragt sei und wofür kein Überangebot bestehe. Die geplante Tätigkeit sei eine Bereicherung für die lokale Wirtschaft (vgl. zum Ganzen BVGer-act. 1 S. 10 f. Ziff. 35-37; BVGer-act. 8 S. 4 f.).
Dagegen bringt die Vorinstanz vor, die Beteiligung von 30 Prozent am Hotel habe keine nachhaltig positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Schweiz. Es werde weder zur branchenspezifischen Diversifikation der regionalen Wirtschaft beigetragen, noch würden erhebliche Investitionen getätigt und neue Aufträge für die Schweizer Wirtschaft generiert. Zudem sei mit 152 Einträgen auf < local.ch > zu Restaurants in ( ) eher von einem Überangebot auszugehen (zum Ganzen BVGer-act. 6 S. 2).
Den Akten ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin das Hotel mit ihrer Schwester und ihrem Schwager mit Aktienkaufvertrag vom 3. Mai 2017 von der bisherigen Inhaberin erworben hat (SEM-act. 1 S. 22-60, 65). Das Hotel ist gemäss Angaben der Beschwerdeführerin vor der Übernahme durch die X. AG nur noch mit einem Frühstücksangebot geführt worden, der restliche Restaurationsbetrieb wurde eingestellt, und eine familieninterne Nachfolge schied aus (SEM-act. 1 S. 65). Zusätzlich haben die Inhaber der X. AG am 21. Juli 2017 eine an das Hotel angrenzende Liegenschaft zum Kaufpreis von Fr. 1‘538‘888.- erworben (SEM-act. 3 S. 89-99). Darin sollen gemäss Angaben der Beschwerdeführerin nach dem Umbau ab 2020 zusätzliche 16 Hotelzimmer zur Verfügung stehen (SEM-act. 3 S. 86). Die diesbezüglichen Planungsarbeiten sind mit den am 30. Mai 2018 eingereichten Projektunterlagen detailliert ausgewiesen und konkretisiert (BVGer-act. 12). Der Erwerb und die Neueröffnung des Hotels führt zur Erhaltung von sechs Arbeitsplätzen, deren Schicksal bei einer Schliessung des Hotels oder der Übernahme durch eine Drittpartei unsicher gewesen wäre. Hinzu kommen die für die Wiedereröffnung des Restaurants mit einer Kapazität von rund 200 Gästen gemäss Angaben der Beschwerdeführerin benötigten vier bis fünf Arbeitsstellen sowie ein nicht näher bezifferter Bedarf an weiteren Arbeitskräften nach Abschluss der Hotelerweiterung um die geplanten 16 Zimmer. Schliesslich rechnet die Beschwerdeführerin mit einem Gesamtertrag von über Fr. 1‘500‘000.- und
einem Betriebsgewinn von über Fr. 250‘000.- pro Jahr. Bei den Berechnungen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen konnte auf die Erfahrungen ihrer Geschäftspartner, die bereits ein Hotel in der Region führen, zurückgegriffen werden (SEM-act. 1 S. 69-74).
Das Unternehmen der Beschwerdeführerin erhält nach dem Gesagten ein touristisches Angebot in der Region und erweitert dieses. Für das Projekt wurden beziehungsweise werden erhebliche Investitionen getätigt. Sodann dürften aus dem Projekt auch erhebliche Folgeaufträge (Beherbergung, Lebensmittellieferung, Bauwirtschaft, usw.) resultieren. Dies lässt zusammen mit den erhaltenen Arbeitsplätzen sowie denjenigen, die nach der Inbetriebnahme des Restaurants und der geplanten zusätzlichen Hotelzimmer entstehen sowie den erwarteten Gewinnund Umsatzzahlen auf ein gesamtwirtschaftliches Interesse im Sinn der E. 7.1 - 7.3 schliessen. Auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Vorinstanz (E. 7.1 am Ende) erweist sich ihre Einschätzung im vorliegenden Fall als ermessensunterschreitend, indem sie das ihr zustehende Ermessen bei der Beurteilung des gesamtwirtschaftlichen Interesses nicht ausgeschöpft hat.
Damit bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die persönlichen Voraussetzungen nach Art. 23 AuG erfüllt und im Fall der Verneinung dieser Frage, ob im Sinn von Art. 23 Abs. 3 Bst. a AuG von den Zulassungsvoraussetzungen abgewichen werden kann.
Kurzaufenthaltsund Aufenthaltsbewilligungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an Drittstaatsangehörige können gemäss Art. 23 Abs. 1 AuG nur Führungskräften, Spezialistinnen und Spezialisten und anderen qualifizierten Arbeitskräften erteilt werden. Zusätzlich müssen die berufliche Qualifikation, die berufliche und soziale Anpassungsfähigkeit, die Sprachkenntnisse und das Alter eine nachhaltige Integration in den schweizerischen Arbeitsmarkt und das gesellschaftliche Umfeld erwarten lassen (Art. 23 Abs. 2 AuG). Die von Art. 23 Abs. 2 AuG vorausgesetzten beruflichen Qualifikationen bestimmen sich nach dem jeweiligen Berufsfeld beziehungsweise nach der jeweiligen Spezialisierung. Deren Vorliegen kann nicht leichthin angenommen werden, soll die Absicht des Gesetzgebers verwirklicht werden, die Zuwanderung aus dem Nicht-EU/EFTA-Raum restriktiv zu gestalten, konsequent einem längerfristigen gesamtwirtschaftlichen Interesse unterzuordnen und vermehrt an den übergeordneten integrations-, gesellschaftsund staatspolitischen Zielen zu orientieren. Damit einher geht das Bestreben, weder eine Strukturerhaltung durch wenig
qualifizierte Arbeitskräfte mit tiefen Löhnen zu fördern, noch Partikularinteressen innerhalb der Wirtschaft zu schützen. Die arbeitsmarktlich motivierte Zuwanderung aus dem Ausland soll vielmehr auf die langfristige Integration der Ausländerinnen und Ausländer auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft ausgerichtet sein und zu einer ausgeglichenen Beschäftigung und einer Verbesserung der Struktur des Arbeitsmarktes führen (vgl. zum Ganzen BVGE 2011/1 E. 5.5 und 6.1 m.H.; vgl. auch Botschaft BBl 2002 3724 ff.).
Von den in Art. 23 Abs. 1 und 2 AuG statuierten Zulassungsvoraussetzungen kann gemäss Art. 23 Abs. 3 AuG abgewichen werden, wenn einer der folgenden Ausnahmegründe vorliegt: Die Drittstaatsangehörigen sind Investorinnen und Investoren sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, die Arbeitsplätze erhalten oder neue schaffen (Bst. a); es handelt sich um anerkannte Personen aus Wissenschaft, Kultur und Sport (Bst. b); Personen mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder Fähigkeiten, sofern für deren Zulassung ein Bedarf ausgewiesen ist (Bst. c); Personen im Rahmen des Kadertransfers von international tätigen Unternehmen (Bst. d) oder schliesslich Personen, deren Tätigkeit in der Schweiz im Rahmen von wirtschaftlich bedeutenden internationalen Geschäftsbeziehungen unerlässlich ist (Bst. e).
Die Beschwerdeführerin verfügt mit ihrem Bachelor in Food Science and Engineering über einen Hochschulabschluss. Sie beabsichtigt, die Leitung des Hotelrestaurants zu übernehmen und sich an der Führung des Hotels insgesamt zu beteiligen. Dabei kann sie auf die einschlägige Branchenerfahrung ihrer Schwester und ihres Schwagers zurückgreifen (vgl. die von der Vorinstanz angeführte gegenteilig gelagerte Situation einer Alleinunternehmerin, die ohne entsprechende Geschäftserfahrung ein neu gegründetes Unternehmen führen wollte im Urteil des BVGer C-7286/2008 vom 5. Mai 2011 E. 6.3). Ihre Ausbildung zur Lebensmittelingenieurin mit Fächern wie Lebensmittelchemie, -technologie, -sicherheit und -hygiene weist damit zumindest Bezugspunkte zur Gastronomie und Hotellerie auf. Es kann vorliegend jedoch offenbleiben, inwieweit die Qualifikationen den Anforderungen von Art. 23 Abs. 2 AuG genügen. So hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Investition von Fr. 680‘000.- und der Neueröffnung eines Hotels in ( ) mehrere Arbeitsplätze erhalten; weitere sollen mit der Eröffnung des Hotelrestaurants und des Hotelanbaus geschaffen werden. Ihre Investition sowie die wirtschaftliche Bedeutung des Hotelbetriebs und die beabsichtigte Tätigkeit als Restaurantund Hotelmanagerin (siehe vorn
E. 7.6) lassen daher den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin im Sinn
von Art. 23 Abs. 3 Bst. a AuG als Investorin und Unternehmerin, die Arbeitsplätze erhält und schafft, zu qualifizieren ist. Damit kann sie in Abweichung von Art. 23 Abs. 1 und 2 AuG zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zugelassen werden.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin als selbstständig erwerbende Mitinhaberin eines Hotelund Restaurantbetriebs, der im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt, die Voraussetzungen von Art. 23 Abs. 3 Bst. a AuG erfüllt. Das Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen wie der orts-, berufsund branchenüblichen Lohnund Arbeitsbedingungen (Art. 22 AuG) oder einer bedarfsgerechten Wohnung (Art. 24 AuG) wird von der Vorinstanz nicht bestritten. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen und die Zustimmung zum arbeitsmarktlichen Vorentscheid zu erteilen. Angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstands ist auf einen weiteren Schriftenwechsel zu verzichten.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind weder der Beschwerdeführerin noch der Vorinstanz Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG), und es ist der Beschwerdeführerin zu Lasten der Vorinstanz für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG). Deren Höhe ist mit Blick auf den aktenkundigen Aufwand und in Anwendung von Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) auf Fr. 3'000.- festzusetzen.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Zustimmung zum Vorentscheid über die Bewilligung einer Erwerbstätigkeit erteilt.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der geleistete Kostenvorschuss im Betrag von Fr. 1‘500.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet.
Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Fr. 3‘000.- zu entschädigen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin
die Vorinstanz (Beilagen: Doppel der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 30. Mai 2018; Akten Ref-Nr. [ ] retour)
das Amt für Berner Wirtschaft (beco)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Martin Kayser Christa Preisig
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