Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-2547/2017 |
Datum: | 28.08.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung |
Schlagwörter : | Einbürgerung; Kinder; Ehefrau; SEM-act; Recht; Schweiz; Scheidung; Vorinstanz; Ex-Ehefrau; Ehegatte; Kinderwunsch; Beschwerdeführers; BVGer; Tunesien; Ehegatten; Bürger; Sachverhalt; Bundesverwaltungsgericht; BVGer-act; Schwester; Behörde; Person; Bürgerrecht; Stellung; Vermutung; Beweis; Nichtigerklärung; Gemeinschaft; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 13 VwVG ;Art. 36 B?G;Art. 41 Arg;Art. 47 B?G;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 B?G;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ; |
Referenz BGE: | 135 II 161; 140 II 65 |
Kommentar: | -, Berner , Art. 8 ZGB, 2012 |
Abteilung VI F-2547/2017
Besetzung Richter Andreas Trommer (Vorsitz),
Richter Daniele Cattaneo, Richterin Regula Schenker Senn, Gerichtsschreiberin Giulia Santangelo.
Parteien X. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch lic. iur. Markus Häfliger, Rechtsanwalt, Frauchiger Häfliger Koch Anwälte, Alte Bahnhofstrasse 1, Postfach 1548, 5610 Wohlen AG,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.
Der 1974 geborene, aus Tunesien stammende Beschwerdeführer lernte im Mai oder Juni 2006 in Tunesien seine zukünftige schweizerische Ehefrau, A. , geboren 1941, kennen. Am 29. November 2006 reiste er zur Vorbereitung der Eheschliessung in die Schweiz ein und am 13. Januar 2007 fand die Heirat in B. statt. Gestützt auf den Eheschluss erhielt er im Kanton C. eine Aufenthaltsbewilligung.
Am 29. März 2012 (Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 1/23) ersuchte der Beschwerdeführer beim damaligen Bundesamt für Migration BFM (heute: Staatssekretariat für Migration SEM) um erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (aBüG, AS 1952 1087; aufgehoben am 1. Januar 2018; AS 2016 2561). Im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens unterzeichneten die Eheleute am 17. Januar 2013 eine gemeinsame Erklärung, wonach sie in einer tatsächlichen, ungetrennten, stabilen ehelichen Gemeinschaft an derselben Adresse zusammenlebten und weder Trennungsnoch Scheidungsabsichten bestünden (nachfolgend: Erklärung betreffend eheliche Gemeinschaft; SEM-act. 1/4).
Am 12. März 2013 wurde der Beschwerdeführer erleichtert eingebürgert (SEM-act. 1/2). Mit dem Schweizer Bürgerrecht erwarb er die Bürgerrechte des Kantons D. und der Gemeinde E. (SEM-act. 1/1).
Mit Schreiben vom 5. August 2014 gelangte das Departement F. des Kantons C. an die Vorinstanz mit dem Hinweis, dass die Ehegatten X. in Trennung lebten und bat gestützt darauf um Prüfung einer allfälligen Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung (SEM-act. 2/30).
Die Ehegatten reichten am 5. September 2014 ein gemeinsames Scheidungsbegehren (SEM-act. 17/76-78) sowie eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Ehescheidung (SEM-act. 17/96-98) beim Gericht G. ein. Gestützt darauf erfolgte am 12. November 2014 eine gemeinsame Anhörung, aus deren Protokoll hervorgeht, dass das Scheidungsbegehren aus «freiem Willen» und «nach reiflicher Überlegung» erfolgt sei (SEM-act.
17/90-94). Die Ehe wurde schliesslich am 5. Dezember 2014 geschieden (SEM-act. 17/115).
Der Beschwerdeführer meldete sich daraufhin am 23. Januar 2015 in der Wohngemeinde B. ab und reiste nach Tunesien, wo er am 28. März 2015 mit einer 1989 geborenen Landsfrau die Ehe einging (SEM-act. 5/36 und 38).
Aufgrund dieser Umstände eröffnete die Vorinstanz am 4. März 2016 ein Verfahren auf Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung gemäss Art. 41 aBüG. Gleichzeitig forderte sie den (sich zu dieser Zeit immer noch in Tunesien aufhaltenden) Beschwerdeführer auf, zu verschiedenen Fragen schriftlich Stellung zu nehmen (SEM-act. 7/43-45). Eine undatierte Stellungnahme des Beschwerdeführers ging am 5. April 2016 bei der Vorinstanz ein (SEM-act. 9/50-51). Gleichzeitig reichte die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers (unaufgefordert) ein als Unterstützungsschreiben zu qualifizierendes Dokument, datiert vom 3. April 2016, ein (SEM-act. 10/52-53). Am 1. Juni 2016 wurde die Ex-Ehefrau im Auftrag der Vorinstanz von der Regionalpolizei B. rogatorisch zur Sache einvernommen (SEMact. 19/137-139). Das dabei erstellte Protokoll brachte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zur Kenntnis (SEM-act. 23/145-146). Der Beschwerdeführer reagierte mit einer abschliessenden Stellungnahme vom 3. August 2016 (SEM-act. 24/147-148). Die Vorinstanz zog die Akten des Ehescheidungsverfahrens bei (SEM-act. 12-17).
Am 22. Oktober 2016 wurde der Beschwerdeführer Vater eines Sohnes, der in Tunesien zur Welt kam (SEM-act. 25/151).
Am 13. März 2017 erteilte der Kanton D. als Heimatkanton des Beschwerdeführers die Zustimmung zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung (SEM-act. 29/157).
Mit Verfügung vom 29. März 2017 erklärte die Vorinstanz die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers für nichtig und stellte fest, dass sich
die Nichtigkeit auf alle Familienmitglieder erstrecke, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruhe (SEM-act. 31/166173).
Die Vorinstanz begründete ihre Verfügung im Wesentlichen damit, dass die Chronologie der Ereignisse eine natürliche Vermutung begründe, wonach die erleichterte Einbürgerung erschlichen worden sei. Ein erst nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes ausserordentliches Ereignis, welches zum raschen Scheitern einer zuvor intakten Ehe hätte führen können, sei im Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nach einer Begegnung mit seiner Schwester und deren kleiner Tochter eigene Kinder gewünscht habe, nicht zu erblicken. Dieser Wunsch habe ganz offensichtlich schon vorher bestanden und der Beschwerdeführer müsse sich schon bei der Heirat bewusst gewesen sein, dass er angesichts des fortgeschrittenen Alters seiner Ehefrau mit dieser keine Kinder haben könne.
Mit Rechtsmitteleingabe vom 1. Mai 2017 gelangte der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der vorgenannten Verfügung (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer-act. 1]).
Zur Begründung seines Rechtsmittels rügt er im Wesentlichen eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung und -würdigung durch die Vorinstanz. Der zur Auflösung der Ehe führende Kinderwunsch sei bei ihm erst im Mai 2014 und aufgrund eines «klar umrissenen äusseren Ereignisses (Besuch seiner Schwester mit deren kleiner Tochter)» aufgekommen.
Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 30. Juni 2017 die Abweisung der Beschwerde (BVGer-act. 6).
Die Ex-Ehegattin reichte am 13. Juli 2017 unaufgefordert ein Unterstützungsschreiben zu Gunsten des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein (BVGer-act. 8). Dieses wurde dem Beschwerdeführer am
18. Juli 2017 zur Kenntnis und zur möglichen Stellungnahme zugestellt (BVGer-act. 11).
Mit Eingaben vom 17. Juli 2017 und 10. August 2017 hielt der Beschwerdeführer replizierend an seinem Rechtsbegehren und dessen Begründung fest (BVGer-act. 9 und 12).
Die Vorinstanz duplizierte mit einer Eingabe vom 4. September 2017 (BVGer-act. 14).
Der Beschwerdeführer reagierte mit einer abschliessenden Stellungnahme vom 4. Oktober 2017 (BVGer-act. 17).
In einer Eingabe vom 18. Juli 2018 orientierte die Migrationsbehörde des Kantons C. das Bundesverwaltungsgericht über ein bei ihr hängiges Familiennachzugsgesuch betreffend die Ehefrau und das Kind des Beschwerdeführers (BVGer-act. 21).
Mit dem am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Bürgerrechtsgesetz vom
20. Juni 2014 (BüG, SR 141.0) wurde der gleichnamige Erlass vom
29. September 1952 aufgehoben (vgl. Art. 49 BüG i.V.m. Ziff. I seines Anhangs). Gemäss der Übergangsbestimmung des Art. 50 Abs. 1 BüG richten sich Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts nach dem Recht, das bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes in Kraft steht. Das ist in der vorliegenden Streitsache das bisherige Recht, weshalb diese nach dem alten Bürgerrechtsgesetz zu beurteilen ist.
Verfügungen des SEM über die Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Art. 47 Abs. 1 BüG i.V.m. Art. 31 ff. VGG).
Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG).
Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf seine fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (vgl. Art. 50 und 52 VwVG).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (vgl. Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).
Gemäss Art. 27 Abs. 1 aBüG kann eine ausländische Person nach der Eheschliessung mit einem Schweizer Bürger ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat (Bst. a), seit einem Jahr hier wohnt (Bst. b), und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit einem Schweizer Bürger lebt (Bst. c). Die Einbürgerung setzt zudem voraus, dass die ausländische Person in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, die schweizerische Rechtsordnung beachtet und die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (vgl. Art. 26 aBüG). Sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen müssen sowohl im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch anlässlich der Einbürgerungsverfügung erfüllt sein. Fehlt es daher im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheids an der ehelichen Gemeinschaft, so darf die erleichterte Einbürgerung nicht ausgesprochen werden (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.1 m.H.).
Der Begriff der ehelichen Gemeinschaft bedeutet nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mehr als nur das formelle Bestehen einer Ehe. Verlangt wird vielmehr die tatsächliche Lebensgemeinschaft, getragen vom beidseitigen Willen, die Ehe auch künftig aufrecht zu erhalten. Mit Art. 27 aBüG wollte der Gesetzgeber dem ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers die erleichterte Einbürgerung ermöglichen, um die Einheit des Bürgerrechts der Ehegatten im Hinblick auf die gemeinsame Zu-
kunft zu fördern. Zweifel am Willen der Ehegatten, die eheliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten, können sich etwa dann ergeben, wenn kurze Zeit nach der erleichterten Einbürgerung die Trennung erfolgt oder die Scheidung eingeleitet wird (BGE 135 II 161 E. 2 m.H.), ein Ehegatte während der Ehe ein aussereheliches Kind zeugt (vgl. Urteil des BGer 1C_27/2011 vom 21. März 2011 E. 6.4.1) oder eine Zweitehe schliesst, der Prostitution nachgeht oder sich in anderer Weise verhält, die in grobem Widerspruch zum traditionellen Bild der Ehe als einer ungeteilten, von Treue und Beistand getragenen Geschlechtergemeinschaft zwischen Frau und Mann steht (vgl. Urteil des BVGer F-2182/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 3.2 m.H.).
Die erleichterte Einbürgerung kann mit Zustimmung des Heimatkantons nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen, d.h. mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt wurde (vgl. Art. 41 Abs. 1 aBüG). Arglist im Sinne des strafrechtlichen Begriffs ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn die betroffene Person bewusst falsche Angaben macht bzw. die mit dem Gesuch um erleichterte Einbürgerung befasste Behörde bewusst in einem falschen Glauben lässt und so den Vorwurf auf sich zieht, es unterlassen zu haben, über eine erhebliche Tatsache zu informieren (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.).
Weiss die betroffene Person, dass die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung auch im Zeitpunkt der Verfügung vorliegen müssen, so muss sie die Behörde unaufgefordert über eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse orientieren, von der sie weiss oder wissen muss, dass sie einer Einbürgerung entgegensteht. Die Pflicht dazu ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und aus der verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nach Art. 13 Abs. 1 Bst. a VwVG. Die Behörde ihrerseits darf sich darauf verlassen, dass die vormals erteilten Auskünfte bei passivem Verhalten der gesuchstellenden Person nach wie vor der Wirklichkeit entsprechen (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.)
Die Täuschungshandlung der gesuchstellenden Person muss sich auf einen erheblichen Sachverhalt beziehen. Erheblich im Sinne von Art. 41 Abs. 1 aBüG ist ein Sachverhalt nicht nur, wenn seine pflichtgemässe Offenlegung dazu geführt hätte, dass die mit der Einbürgerung befasste Behörde das Vorliegen einer Einbürgerungsvoraussetzung verneint und die Einbürgerung verweigert hätte. Es genügt, wenn der Sachverhalt, wäre er
der Behörde bekannt gewesen, begründete Zweifel am Vorliegen einer solchen Voraussetzung geweckt und die Einbürgerung ernsthaft in Frage gestellt hätte bzw. eine solche nicht ohne weitere Beweismassnahmen hätte verfügt werden können (vgl. Urteil des BVGer F-2375/2016 vom 29. März 2018 E. 5.3 m.H.).
Die Möglichkeit der Nichtigerklärung geht durch Zeitablauf unter. Art. 41 Abs. 1bis aBüG statuiert hierfür seit dem 1. März 2011 eine differenzierte Fristenregelung, welche auch ins neue Bürgerrechtsgesetz übernommen worden ist (vgl. Art. 36 Abs. 2 BüG). Demnach kann die Einbürgerung innert zwei Jahren, nachdem das SEM vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens jedoch innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts, nichtig erklärt werden. Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Während eines Beschwerdeverfahrens stehen die Fristen still (vgl. Urteil des BVGer F-2182/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 5).
Vorliegend sind die Fristen von Art. 41 aBüG - sowohl die zweijährige relative als auch die achtjährige absolute Verjährungsfrist - eingehalten. Auch die Zustimmung des zuständigen Heimatkantons liegt vor. Die formellen Voraussetzungen für die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung sind somit erfüllt.
Das Verfahren zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung richtet sich nach dem VwVG (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 Bst. a VwVG). Es gilt namentlich der Untersuchungsgrundsatz (vgl. Art. 12 VwVG). Die Behörde hat daher von Amtes wegen zu untersuchen, ob der betroffenen Person die Täuschung über eine Einbürgerungsvoraussetzung vorgeworfen werden kann, wozu insbesondere die Existenz eines beidseitig intakten und gelebten Ehewillens gehört. Da die Nichtigerklärung in die Rechte der betroffenen Person eingreift, liegt die Beweislast bei der Behörde. Allerdings geht es in der Regel um innere, dem Kern der Privatsphäre zugehörige Sachverhalte, die der Behörde nicht bekannt und einem direkten Beweis naturgemäss kaum zugänglich sind. Sie können regelmässig nur indirekt durch Indizien erschlossen werden. Die Behörde kann sich darüber hinaus auch veranlasst sehen, von bekannten Tatsachen (Vermutungsbasis) auf unbekannte (Vermutungsfolge) zu schliessen. Solche sogenannten natürlichen
bzw. tatsächlichen Vermutungen stellen eine besondere Form des Indizienbeweises dar und können sich in allen Bereichen der Rechtsanwendung ergeben, namentlich auch im öffentlichen Recht. Dabei handelt es sich um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die aufgrund der Lebenserfahrung gezogen werden. Die betroffene Person ist bei der Sachverhaltsabklärung mitwirkungspflichtig (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 und BGE 135 II 161 E. 3 je m.H.).
Die natürliche Vermutung gehört zur freien Beweiswürdigung (vgl. Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 40 BZP [SR 273]). Sie stellt eine Beweiserleichterung dar, indem eine bereits vorhandene, aber nicht mit letzter Schlüssigkeit mögliche Beweisführung unterstützt wird. Eine Umkehr der Beweislast hat sie nicht zur Folge. Wenn daher bestimmte Tatsachen - bspw. die Chronologie der Ereignisse - die natürliche Vermutung begründen, dass die erleichterte Einbürgerung erschlichen wurde, muss die betroffene Person nicht den Beweis für das Gegenteil erbringen. Sie bringt die natürliche Vermutung bereits mit dem Gegenbeweis zu Fall (HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 476 zu Art. 8 ZGB). Es genügt zum Beweis, wenn sie einen Grund anführt, der es dem Gericht plausibel erscheinen lässt, dass sie die Behörde nicht getäuscht hat. Bei diesem Grund kann es sich um ein ausserordentliches, nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes Ereignis handeln, das zum raschen Scheitern der Ehe führte, oder die betroffene Person vermag glaubhaft darzulegen, dass sie die Ernsthaftigkeit der ehelichen Probleme zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht erkannte (BGE 135 II 161 E. 3 m.H.).
In materieller Hinsicht stellt sich der Sachverhalt gestützt auf die Aktenlage wie folgt dar:
Der Beschwerdeführer lernte seine schweizerische Ex-Ehefrau im Mai oder Juni 2006 in Tunesien kennen. Ende November und damit nach nur rund einem halben Jahr Bekanntschaft gelangte er in die Schweiz und ehelichte am 13. Januar 2007 die um gut 32 Jahre ältere, damals 65 Jahre alte Partnerin. Gestützt auf den Eheschluss erhielt der Beschwerdeführer im Kanton C. eine Aufenthalts-, später eine Niederlassungsbewilligung. Am 29. März 2012 und damit nur wenige Monate nach Erreichen der gesetzlichen Voraussetzung von Art. 27 Abs. 1 Bst. a aBüG (Wohnsitz in der Schweiz während fünf Jahren) ersuchte er um erleichterte Einbürgerung. Im Zuge des Verfahrens unterzeichneten er und seine Ehefrau am
17. Januar 2013 die Erklärung betreffend eheliche Gemeinschaft. Am 12.
März 2013 wurde der Beschwerdeführer erleichtert eingebürgert. Am 5. September 2014 und damit rund 20 Monate nach Abgabe der Erklärung bzw. rund 18 Monate nach erleichterter Einbürgerung reichten die Ehegatten ein gemeinsames Scheidungsbegehren zusammen mit einer Scheidungsvereinbarung beim Gericht G. ein. Am 19. November 2014 schliesslich wurde die Ehe dort geschieden. Der Beschwerdeführer meldete sich am 23. Januar 2015 nach Tunesien ab und heiratete dort am
28. März 2015 die am 15. Juli 1989 geborene und damit gegenüber seiner schweizerischen Ehefrau mehr als 48 Jahre jüngere Tunesierin H. . Am 22. Oktober 2016 ging aus dieser Ehe ein gemeinsames Kind hervor. Gemäss Schreiben der Migrationsbehörde des Kantons C. vom 6. Dezember 2016 schliesslich stellte der inzwischen wieder in der Schweiz ansässige Beschwerdeführer ein Familiennachzugsgesuch für seine Ehefrau und sein Kind (SEM-act. 25/151).
Die relativ enge zeitliche Abfolge insbesondere zwischen der gemeinsamen Erklärung bzw. Erteilung der erleichterten Einbürgerung und der Einreichung eines gemeinsamen Scheidungsbegehrens begründet ohne Weiteres die natürliche Vermutung, dass die Ehe zum Zeitpunkt der gemeinsamen Erklärung bzw. der erleichterten Einbürgerung in Wirklichkeit nicht intakt war und die Einbürgerungsbehörde über diesen Umstand aktiv oder passiv getäuscht wurde. Die aktuelle Rechtsprechung geht von einer hinreichend raschen chronologischen Verkettung der Ereignisse aus, wenn zwischen dem Einbürgerungszeitpunkt und der Trennung der Ehegatten bis zu 24 Monate vergehen, wobei der Schwerpunkt bei einigen wenigen Monaten liegt (vgl. in diesem Sinne Urteile des BGer 1C_466/2018 vom 15. Januar 2019 E. 5.3, 1C_796/2013 vom 13. März 2014 E. 3.2 und 1C_172/2012 vom 11. Mai 2012 E. 2.3). Dabei gilt zu bedenken, dass das Scheitern einer intakten und auf die Zukunft ausgerichteten Ehe einen Prozess darstellt, der - besondere Umstände vorbehalten - regelmässig längere Zeit in Anspruch nimmt, als es vorliegend der Fall war. An dieser Einschätzung vermag der Einwand des Beschwerdeführers nichts zu ändern, wonach die Meldung des Departements F. vom 5. August 2014 über eine erfolgte Trennung falsch gewesen sei, er mit seiner Ehefrau vielmehr noch bis zu seiner Abmeldung im Januar 2015 an der gleichen Adresse zusammengelebt habe. Entscheidend ist vielmehr, dass mit Einreichung des Scheidungsbegehrens am 5. September 2014 ein definitiver Scheidungswille manifestiert wurde.
Gestützt wird die tatsächliche Vermutung im vorliegenden Fall durch weitere Sachverhaltselemente. Diese liegen in der raschen Heirat nach
erst relativ kurzer Bekanntschaft und darin, dass sich der Beschwerdeführer nur durch eine solche Heirat zu einem Aufenthaltsrecht in der Schweiz kommen konnte. Von besonderer Bedeutung scheint aber die Tatsache, dass die Heirat mit einer im Zeitpunkt des Eheschlusses 65 Jahre alten, gegenüber dem Ehemann über 32 Jahre älteren Frau im traditionell-patriarchalischen Kulturkreis des Beschwerdeführers, in dem die Ehe der Familiengründung dient, als untypisch zu gelten hat (in anderem Zusammenhang vgl. Urteil des BGer 2C_782/2018 vom 21. Januar 2019 E. 4.2.1). Schliesslich ist in diesem Zusammenhang nicht ohne Bedeutung, dass der Beschwerdeführer nur zwei Jahre nach der erleichterten Einbürgerung bzw. vier Monate nach der Scheidung in seiner Heimat eine gegenüber seiner schweizerischen Ehefrau mehr als 48 Jahre jüngere Landsfrau heiratete und mit dieser umgehend ein Kind zeugte.
Es ist nach dem bereits Gesagten am Beschwerdeführer, die tatsächliche Vermutung zu erschüttern, indem er ein ausserordentliches, nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes Ereignis aufzeigt, das den nachfolgenden raschen Zerfall einer zuvor intakten ehelichen Beziehung plausibel erklärt oder, falls die Ehe zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht mehr intakt war, glaubwürdig darlegt, dass er zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung in guten Treuen von einer intakten Ehe ausging.
Der Beschwerdeführer macht mit seiner Rechtsmitteleingabe ersteren Sachverhalt geltend. Er will anlässlich einer 2014 und damit nach Erteilung der erleichterten Einbürgerung stattgefundenen Begegnung mit seiner Schwester und deren damals zweijährigen Kind angesichts seiner eigenen Kinderlosigkeit emotional derart stark berührt worden sein, dass er sich genötigt gesehen habe, seiner Ehefrau die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft vorzuschlagen. Vor diesem Ereignis sei ein Kinderwunsch in seiner Ehe kein Thema gewesen.
Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich der Beschwerdeführer wiederholt schriftlich zum Inhalt und zur Auflösung der Ehe geäussert.
In seiner ersten Stellungnahme vom 5. April 2016 (Eingang bei der Vorinstanz) erklärte der Beschwerdeführer, er sei stets ein guter und ehrlicher Ehegatte gewesen. Er habe mit seiner Ex-Ehefrau «in Frieden geredet» und sie seien zum Entschluss gekommen, sich scheiden zu lassen. Seine damalige Ehefrau habe gemerkt, dass er Kinder sehr liebe und gerne
eigene Kinder hätte. Da sie bereits 75 Jahre alt gewesen sei, sei eine Adoption nicht in Frage gekommen (SEM-act. 9/50).
In seiner Stellungnahme vom 3. August 2016 machte der Beschwerdeführer geltend, sie hätten nie Probleme gehabt und Ferien und Freizeit zusammen genossen. Im Jahr 1997 habe er seinen Vater verloren und immer, wenn er Kinder gesehen habe, gerade auch seine Geschwister mit ihren Kindern, sei der Wunsch nach eigenen Kindern hochgekommen. Im Jahr 2013 seien sie gemeinsam nach Tunesien zu seiner Mutter gereist. Nach dem Besuch seiner Schwester habe er mit seiner damaligen Ehefrau darüber geredet und sie gefragt, ob sie einverstanden sei, wenn er eine neue Familie gründe. Die Trennung habe beiden sehr weh getan, denn ihre Ehe sei immer ehrlich und echt gewesen. Das gute Verhältnis zwischen ihnen sei geblieben. Sie sei wieder nach Tunesien gereist und sei von seiner Familie gut aufgenommen worden. Als er nach seiner Scheidung nach Tunesien gereist sei, habe er seine heutige Ehefrau kennengelernt. Anschliessend habe er am 28. März 2015 geheiratet. Nun gehe sein Kinderwunsch im Oktober in Erfüllung, da seine Ehefrau ein Kind erwarte. Derzeit wohne er bei seiner Ex-Ehefrau, bis er eine eigene Wohnung finde. Er sei sehr dankbar, dass sie ihm helfe (SEM-act. 24/147-148).
Die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers machte im erstinstanzlichen Verfahren die folgenden Aussagen zum Sachverhalt:
Im Schreiben vom 3. April 2016 führte sie aus, sie sei mit dem Beschwerdeführer als Ehegatte immer sehr zufrieden gewesen und hätte sich keinen besseren wünschen können. Der Altersunterschied sei nie ein Thema zwischen ihnen gewesen. Sie hätten gut zusammengepasst. Wenn ihr Ex-Ehegatte kleine Kinder gesehen habe, sei er sehr traurig geworden. Er habe immer gesagt, dass er auch Kinder haben wolle. Sie habe aufgrund ihres Alters keine Kinder mehr bekommen können. Sie sei bei der Heirat bereits 65 Jahre alt gewesen. Sie hätten sich aber trotzdem sehr geliebt. Im Mai 2014 seien sie nach Tunesien zur Mutter ihres Ex-Ehegatten gereist. Seine Schwester habe sie mit ihrer zwei Jahre alten Tochter besucht. Das Kind zu sehen, habe ihren damaligen Ehegatten sehr traurig gestimmt. Sie habe nicht mehr länger zusehen können, wie er immer geweint habe. Wieder zuhause, hätten sie miteinander geredet und sie habe entschieden, ihn für eine Jüngere freizugeben, damit er noch Kinder haben könne. Aus diesem Grund habe er die Scheidung eingereicht. Sie sei inzwischen 74 Jahre alt und wünsche ihm nur das Beste. Mit ihm und seiner Familie habe sie noch immer Kontakt (SEM-act. 10/57).
Anlässlich ihrer Befragung durch die Regionalpolizei Wohlen am
1. Juni 2016 gab die Ex-Ehefrau zu Protokoll, der Beschwerdeführer habe heiraten wollen, da er als letzter der Brüder noch unverheiratet gewesen sei und er nicht alleine bei der Familie habe bleiben wollen. Er habe sich in sie verliebt und sie habe ihn auch nett und attraktiv gefunden. Sie hätten sich gemeinsam entschieden zu heiraten. Immer wenn er Kinder gesehen habe, sei bei ihm der Wunsch nach eigenen Kindern hochgekommen. Dies sei in Tunesien und in der Schweiz vorgekommen. Er habe dann zu weinen angefangen. Sie hingegen habe keine Kinder mehr gewollt. Dies sei der Trennungsund Scheidungsgrund. Das Thema Kinder sei in den Jahren 2013/2014 vermehrt aufgekommen, insbesondere, nachdem er das Kleinkind seiner Schwester gesehen habe. Am 13. Januar 2013, als sie die Erklärung betreffend eheliche Gemeinschaft unterzeichnet hätten, sei alles noch in Ordnung gewesen. Sie hätten nach der Scheidung immer Kontakt gehalten, auch mit seiner Familie habe sie den Kontakt aufrechterhalten und dürfe bei dieser noch Ferien verbringen. Sie hätten alle ein gutes Verhältnis untereinander. Seit dem 15. Mai 2016 habe der Beschwerdeführer ein Zimmer bei ihr. Sie sei es ihm schuldig, ihm bei der Wohnungsund Arbeitssuche zu helfen. Die Liebe zwischen ihr und ihrem Ex-Ehegatten sei echt gewesen und es habe beiden weh getan, sich scheiden zu lassen (SEM-act. 19/137-139).
Auf Rechtsmittelebene sind insbesondere folgende Stellungnahmen aktenkundig:
In ihrem Schreiben vom 27. April 2017, welches im Anhang der Beschwerde vom 1. Mai 2017 eingereicht wurde, erklärte die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers, die Ehe sei bis zur letzten gemeinsamen Ferienreise nach Tunesien harmonisch verlaufen. Der Beschwerdeführer sei immer, auch nach der Scheidung, sehr lieb und fürsorglich gewesen. Erst anlässlich der letzten gemeinsamen Reise sei er plötzlich traurig geworden, nachdem er das kleine Kind seiner Schwester gesehen habe. Danach habe er plötzlich auch eigene Kinder gewollt, was für sie rein vom Alter her nicht mehr in Frage gekommen sei. Sie habe immer gedacht, dass die letzte gemeinsame Reise im Jahr 2013 stattgefunden habe. Nun habe sie aber in den Reiseunterlagen gesehen, dass sie zuletzt im Jahr 2014 gemeinsam verreist seien. Entsprechend habe sich die Diskussion über den Kinderwunsch erst im Mai oder Juni 2014 ergeben (BVGer-act. 1, Beilage 5).
In seiner Beschwerde vom 1. Mai 2017 rügt der Rechtsvertreter, die Vorinstanz sei von einer falschen Sachverhaltsfeststellung ausgegangen.
Diese sei zum Teil auch auf die irrtümlich ungenauen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ex-Ehefrau zurückzuführen, da sie wiederholt angegeben hätten, dass der Kinderwunsch bereits im Jahr 2013 zum Thema zwischen den Ehegatten geworden sei. Nachdem die Ex-Ehefrau nun in ihren Reiseunterlagen nachgesehen habe, habe sie festgestellt, dass die letzte gemeinsame Reise vom 24. bis 31. Mai 2014 stattgefunden habe. Es sei ziemlich unwahrscheinlich, dass die Ehegatten noch gemeinsam in die Ferien gereist wären, wäre ihnen bewusst gewesen, dass ihre Ehe keine Zukunft mehr habe. Erst das unerwartete Zusammentreffen mit der kleinen Nichte des Beschwerdeführers habe den zur raschen einvernehmlichen Scheidung führenden Kinderwunsch hervorgebracht. Es sei folglich erstellt, dass der Kinderwunsch beim Beschwerdeführer erst 13 Monate nach der erleichterten Einbürgerung im Mai 2014 und aufgrund eines klar umrissenen Ereignisses entstanden und erst danach der Gedanke an eine Trennung oder Scheidung von seiner damaligen Ehefrau aufgekommen sei. Diese habe dann - nicht zuletzt aus Liebe und wegen der zwischen den Ehegatten stets bestandenen grossen Zuneigung - einer raschen gütlichen Scheidung zugestimmt (BVGer-act. 1).
Die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers reichte am 13. Juli 2017 unaufgefordert ein weiteres Schreiben beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe ab November 2006 bis Januar 2015 bei ihr in der Schweiz gewohnt. Er sei sehr hilfsbereit gewesen, schaue auch heute noch für sie und sei der einzige Mensch, der immer für sie da sei. Bezüglich seiner neuen Ehefrau sei sie überzeugt, dass er sie erst nach der Scheidung kennengelernt habe. Sie stamme aus seinem Bekanntenkreis (BVGer-act. 8).
In seiner Eingabe vom 10. August 2017 liess der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführen, der Inhalt des Schreibens der Ex-Ehefrau belege, dass selbst nach der Scheidung ein tiefes und festes Band der Zuneigung, Fürsorge und Liebe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ex-Ehegattin bestehe. Diese emotionale Verbundenheit sei mehr vorhanden als in vielen formell bestehenden Ehen. Es zeige auch exemplarisch auf, dass weder der Beschwerdeführer noch seine Ex-Ehefrau im Januar 2013 den Behörden fälschlich vorgespielt hätten, ihre Ehe sei auf die Zukunft ausgerichtet (BVGer-act. 12).
Mit Eingabe vom 4. Oktober 2017 liess der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter ergänzend ausführen, dass die Ehegatten von einer stabilen, zukunftsgerichteten Ehe ausgegangen seien zeige auch der
von der Ex-Ehefrau angegebene Umstand, dass nach dem Aufkommen des Kinderwunsches beim Beschwerdeführer Mitte 2014 primär die Möglichkeit einer gemeinsamen Adoption ernsthaft und intensiv diskutiert worden sei. Der Beschwerdeführer habe seinen Kinderwunsch eigentlich immer zusammen mit seiner Ehefrau erfüllt haben wollen. Erst nachdem diese Lösung für die Ex-Ehefrau definitiv nicht in Betracht gekommen sei, sei die Auflösung der Ehe ins Auge gefasst worden. Es sei klarzustellen, dass der Beschwerdeführer seine zweite Frau erst im Februar 2015 kennengelernt habe. Der Brautvater habe dann nach tunesischer Sitte auf eine rasche zivile Heirat gedrängt. Die «richtige» Hochzeit habe erst am 28. Dezember 2015 stattgefunden (BVGer-act. 17).
Die Darstellungsweise der Ex-Ehefrau, aber auch des Beschwerdeführers selbst auf Beschwerdeebene zur zentralen Frage des Kinderwunsches steht in einem auffälligen Gegensatz zu derjenigen im erstinstanzlichen Verfahren. Während im Beschwerdeverfahren nunmehr bestritten wird, dass ein Kinderwunsch vor der Begegnung mit der Schwester im Jahre 2014 in der Ehe überhaupt ein Thema war, gingen die Aussagen insbesondere der Ex-Ehefrau, aber teilweise auch des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren eindeutig dahin, dass bei letzterem immer ein ausgeprägter Kinderwunsch bestanden und sich im Verlauf der Ehe noch akzentuiert habe.
So erklärte der Beschwerdeführer in seiner undatierten (am 5. April 2016 bei der Vorinstanz eingegangenen) Stellungnahme, seine damalige Ehefrau habe gemerkt, dass er Kinder sehr liebe und gerne eigene Kinder hätte (SEM-act. 9/50). In seiner Stellungnahme vom 3. August 2016 erwähnte er das Ableben seines Vaters im Jahr 1997 und einen seither bestehenden starken Kinderwunsch. Er gab an, immer den Wunsch nach eigenen Kindern verspürt zu haben, wenn er Kinder gesehen habe (SEM-act. 24/147148). Die Ex-Ehefrau bestätigte den permanent bestandenen Kinderwunsch ebenfalls wiederholt. In ihrem Schreiben vom 3. April 2016 erklärte sie, wenn ihr Ehegatte Kinder gesehen habe, sei er sehr traurig geworden. Er habe immer gesagt, dass er auch Kinder haben wolle (SEM-act. 10/57). Anlässlich ihrer Befragung vom 1. Juni 2016 gab die Ex-Ehefrau zudem zu Protokoll, immer wenn der Beschwerdeführer Kinder gesehen habe, sei bei ihm der Wunsch nach eigenen Kindern hochgekommen, in Tunesien und in der Schweiz. Er habe dann jeweils zu weinen begonnen. In den Jahren 2013/2014 sei das Thema Kinder vermehrt aufgekommen (SEM-act. 19/137-139).
Selbst wenn sich das Bedürfnis nach eigenen Kindern schliesslich durch den Besuch der Schwester mit ihrer Nichte im Jahr 2013 bzw. 2014 verstärkt haben soll bzw. aktuell geworden sein soll, so zeigen diese früheren Stellungnahmen deutlich auf, dass der Beschwerdeführer durchaus zuvor bereits einen starken Kinderwunsch hegte, ihn die Kinderlosigkeit schon vor der erleichterten Einbürgerung belastete, was sich in Traurigkeit äusserte. Da der Kinderwunsch bereits vor der erleichterten Einbürgerung bestand, ist unerheblich, ob sich der Vorfall mit der Schwester und deren Tochter im Jahr 2013 oder, wie vom Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren geltend gemacht, im Jahr 2014 abgespielt hat.
Vor diesem Hintergrund stellt das Bundesverwaltungsgericht zwar nicht grundsätzlich in Frage, dass die Begegnung mit der Schwester und ihrem Kind in der Zeit nach der erleichterten Einbürgerung beim Beschwerdeführer und seiner damaligen Ehefrau eine finale Diskussion über die Fortführung der Ehe ausgelöst haben kann. Es scheint aber offensichtlich, dass der Kinderwunsch in dieser Ehe schon lange vorher ein starkes Thema gewesen sein und die Gemeinschaft zumindest phasenweise belastet haben muss. Entsprechend kann die Begegnung mit der Schwester und deren Kind nicht als isoliertes Ereignis betrachtet werden, das völlig unerwartet eintrat und eine zuvor intakte Ehe rasch und endgültig zerstörte.
Damit ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, die bestehende Vermutung der erschlichenen erleichterten Einbürgerung zu entkräften bzw. zu widerlegen. Seinem klaglosen und vorbildlichen Verhalten während seines nunmehr über 10-jährigen Aufenthaltes in der Schweiz kann im vorliegenden Kontext keine entscheidende Bedeutung zukommen. Der Beschwerdeführer hat im Einbürgerungsverfahren für die Beurteilung wesentliche Umstände verschwiegen bzw. eine Erklärung unterschrieben, deren Inhalt nicht der Wahrheit entsprochen haben kann. Dadurch hat er die erleichterte Einbürgerung im Sinne von Art. 41 Abs. 1 aBüG erschlichen.
Die von der Vorinstanz verfügte Nichtigkeit erstreckt sich gemäss Art. 41 Abs. 3 aBüG auf alle Familienmitglieder, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruht, sofern nicht ausdrücklich anders verfügt wird. Mit erfasst ist somit grundsätzlich auch der am
22. Oktober 2016 geborene Sohn des Beschwerdeführers. Die Vorinstanz verneinte in der angefochtenen Verfügung Sachumstände, die es rechtfertigten, das Kind von den Folgen der Nichtigerklärung auszunehmen. Es
handle sich um ein Kleinkind, das die tunesische Staatsbürgerschaft seines Vaters von Gesetzes wegen durch Abstammung erworben habe, dem also keine Staatenlosigkeit drohe. Der solchermassen begründete Einbezug in den Nichtigkeitsentscheid des Vaters ist nicht zu beanstanden und wird denn auch vom Beschwerdeführer nicht gerügt.
Die angefochtene Verfügung ist als rechtmässig und verhältnismässig zu bestätigen (Art. 49 VwVG) und die Beschwerde demzufolge abzuweisen.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer die Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320]).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 1‘200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer ( )
die Vorinstanz ( )
- ( )
- ( )
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Andreas Trommer Giulia Santangelo
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
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