Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-1614/2019 |
Datum: | 14.06.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | nach Auflösung der Familiengemeinschaft |
Schlagwörter : | Akten; Migration; Vorinstanz; Verfügung; Migrationsbehörde; Aufenthalt; Aufenthalts; Bundes; Aufenthaltsbewilligung; Verfahren; Verlängerung; Rechtsvertreter; Vollmacht; Bundesverwaltungsgericht; Zustimmung; Kanzlei; Wyssen; Vertretungsverhältnis; Richter; Ausland; Verfahrens; Verwaltungsverfahren; Schweiz; Daraufhin; Entscheid; Kantons; Wallis; Absicht; Stellung |
Rechtsnorm: | Art. 11 VwVG ;Art. 20 VwVG ;Art. 24 VwVG ;Art. 33 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 61 AIG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung VI F-1614/2019
Besetzung Richter Martin Kayser (Vorsitz), Richter Yannick Antoniazza-Hafner, Richter Gregor Chatton, Gerichtsschreiberin Barbara Kradolfer.
Parteien A. ,
vertreten durch Fabian Williner, Rechtsanwalt und Notar, WYSSEN KUONEN MURMANN, Rechtsanwälte und Notare, Beschwerdeführer,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sowie Wegweisung.
Der Beschwerdeführer (geb. 1981, ägyptischer Staatsangehöriger) reiste am 20. April 2013 in die Schweiz ein und heiratete am 27. Mai 2013 eine Schweizer Staatsangehörige. Daraufhin wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt (Akten SEM S. 34). Die Ehegatten trennten sich am 8. Februar 2016 (vgl. Entscheid des Bezirksgerichts X. vom 7. März 2016, Akten SEM S. 20-23).
Mit Schreiben vom 2. September 2016 lud die Dienststelle für Bevölkerung und Migration des Kantons Wallis (nachfolgend: kantonale Migrationsbehörde) den Beschwerdeführer ein, zur Absicht, die Aufenthaltsbewilligung nicht zu verlängern, Stellung zu nehmen (Akten SEM S. 105).
Mit Eingabe vom 15. September 2016 teilte die Kanzlei Wyssen Kuonen Murmann (nachfolgend: Kanzlei Wyssen) der kantonalen Migrationsbehörde mit, den Beschwerdeführer anwaltlich zu vertreten, und nahm inhaltlich zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung Stellung (Akten SEM
S. 116-118). Am 23. Dezember 2016 forderte die kantonale Migrationsbehörde den Rechtsvertreter auf, eine Vollmacht einzureichen, was ihr gleichentags zugesichert wurde (Akten SEM S. 109). Soweit ersichtlich, kam der Rechtsvertreter dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Am 23. Mai 2017 ersuchte die Kanzlei Wyssen die kantonale Migrationsbehörde, dem Beschwerdeführer eine Bestätigung auszustellen, dass das Verfahren hängig sei (Akten SEM S. 96).
Am 2. August 2017 wandte sich die Sektion ( ) der UNIA unter Vorlage einer Vollmacht des Beschwerdeführers an die kantonale Migrationsbehörde und ersuchte um Auskunft über das Verfahren (Akten SEM
S. 120-121). Daraufhin gewährte die kantonale Migrationsbehörde dem Beschwerdeführer am 9. Oktober 2017 via UNIA das rechtliche Gehör zur Absicht, die Aufenthaltsbewilligung nicht zu verlängern (Akten SEM S. 124).
Am 26. Oktober 2017 teilte die kantonale Migrationsbehörde dem Beschwerdeführer mit, sie sei bereit, seine Unterlagen dem SEM zur Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuG; SR 142.20; heute: Ausländerund Integrationsgesetz [AIG]) zu unterbreiten (Akten SEM S. 17), was sie am
21. November 2017 auch tat (Akten SEM S. 18).
Mit Schreiben vom 15. Februar 2018 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zur Absicht, die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu verweigern (Akten SEM 3/S. 135136). Diese Sendung wurde von der Post mit dem Hinweis "nicht abgeholt" retourniert (Akten SEM 4/S. 139). Daraufhin wandte sich die Vorinstanz an die UNIA und erkundigte sich, ob das Vertretungsverhältnis nach wie vor bestehe. Dies verneinte die zuständige Person bei der UNIA; sie habe vom Beschwerdeführer nichts mehr gehört. Gleichzeitig teilte diese Person der Vorinstanz E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Beschwerdeführers mit und wies darauf hin, nicht zu wissen, ob diese noch aktuell seien (Akten SEM 5/S. 140-141).
Mit Verfügung vom 5. April 2018 verweigerte die Vorinstanz ihre Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers (Akten SEM 6/S. 142-147). Am 10. April 2018 teilte die kantonale Migrationsbehörde der Vorinstanz mit, der Beschwerdeführer habe sich per
12. April 2018 ins Ausland abgemeldet (Akten SEM 7/S. 154-156). Die Post retournierte die Sendung am 17. April 2018 mit dem gleichen Hinweis (Akten SEM 8/S. 158).
Am 13. Juni 2018 kehrte der Beschwerdeführer in die Schweiz zurück (Beschwerdebeilage 8) und ersuchte am 11. Juli 2018 um Verlängerung der Aufenthaltsund Arbeitsbewilligung (kantonale Akten, unpaginiert).
Die Kanzlei Wyssen erkundigte sich am 25. Januar 2019 und am 31. Januar 2019 bei der kantonalen Migrationsbehörde nach dem Stand des Verfahrens. Am 5. März 2019 übermittelte die kantonale Migrationsbehörde eine elektronische Kopie der vorinstanzlichen Verfügung vom 5. April 2018 (Akten SEM 9/S. 165-167).
Mit Beschwerde vom 4. April 2019 lässt der Beschwerdeführer die Aufhebung der Verfügung vom 6. April 2018 (recte: 5. April 2018) beantragen. Eventualiter sei die Beschwerde gutzuheissen und die Angelegenheit zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beantragt. Im Weiteren wird um Einsicht in die Verfahrensakten sowie um eine angemessene Frist zur Ergänzung der Beschwerde ersucht.
Der Beschwerdeführer ersuchte mit Eingabe vom 18. April 2019 darum, das Verfahren sei in Abweichung von dem in Art. 33a Abs. 2 VwVG statuierten Grundsatz auf Deutsch zu führen. Diesem Antrag wurde formlos entsprochen.
Neben den Vorakten zog das Bundesverwaltungsgericht auch die den Beschwerdeführer betreffenden Akten des Kantons Wallis bei.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Verfügungen des SEM betreffend Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (vgl. Art. 31 ff. VGG und Art. 5 VwVG).
Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG).
Zur Beschwerde legitimiert ist gemäss Art. 48 VwVG, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat (Bst. a), wer durch die vorinstanzliche Verfügung besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung hat (Bst. c).
Die ersten beiden Voraussetzungen sind vorliegend ohne Zweifel erfüllt. Fraglich ist jedoch, ob der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der Verfügung hat. Das Interesse an der Anfechtung der Verfügung ist dann schutzwürdig, wenn es aktuell und praktisch ist (vgl. ISABELLE HÄNER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2. Aufl. 2019, Rz. 22 zu Art. 48 m.H.; MARANTELLI/HU-
BER, in: Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Rz. 15 und 24 zu Art. 48 VwVG m.H.). Der Beschwerdeführer hat sich per 12. April 2018 ins Ausland abgemeldet (Bst. C.b), was gemäss Art. 61 Abs. 1 Bst. a AIG zum Erlöschen einer Bewilligung führt. Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, wo der Aufenthalt lediglich auf einem hängigen Bewilligungsverfahren beruht.
Mit der Abmeldung ins Ausland ist somit das aktuelle Rechtsschutzinteresse dahingefallen. Ob vorliegend die Voraussetzungen erfüllt sind, um auf dieses Kriterium zu verzichten (vgl. HÄNER, a.a.O., Rz. 23 zu Art. 48 m.H.; MARANTELLI/HUBER, a.a.O., Rz. 15 zu Art. 48 VwVG m.H.;
KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 340 m.H.), kann angesichts der nachfolgenden Erwägungen offen gelassen werden.
Die vorinstanzliche Verfügung datiert vom 5. April 2018, die Beschwerde wurde am 4. April 2019, also erst ein Jahr später, eingereicht. Zu prüfen ist daher, ob vorliegend die Beschwerdefrist von 30 Tagen eingehalten wurde (vgl. Art. 50 Abs. 1 VwVG).
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihm die Verfügung zu einem Zeitpunkt zugestellt, als er sich im Ausland aufgehalten habe. Da er anwaltlich vertreten gewesen sei, habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Verfügung seinem Rechtsvertreter zugestellt werde. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung stelle dieses Vorgehen eine mangelhafte Eröffnung dar, aus der einer Partei gemäss Art. 38 VwVG kein Nachteil erwachsen dürfe. Weder er selbst noch sein Rechtsvertreter hätten somit die Verfügung erhalten. Vielmehr hätten sie frühestens am
März 2019 von ihr erfahren, weshalb die Rechtsmittelfrist frühestens am
März 2019 zu laufen begonnen habe. Mit der am 4. April 2019 eingereichten Beschwerde sei die 30-tägige Frist somit gewahrt.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar trifft es zu, dass eine Behörde ihre Mitteilung an den Rechtsvertreter zu machen hat, solange die Partei ihre Vollmacht nicht widerruft (vgl. Art. 11 Abs. 3 VwVG). Hierzu ergibt sich jedoch aus den Akten, dass die Kanzlei Wyssen trotz der entsprechenden Aufforderung der kantonalen Migrationsbehörde nie eine Vollmacht vorgelegt hat, findet sich eine solche doch weder in den kantonalen Akten noch in den Vorakten. Aber selbst, wenn sich die am 4. Januar 2017 unterschriebene Vollmacht (vgl. Beschwerdebeilage 1) bei den Akten befunden hätte, könnte der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, sie hätte diese nicht beachtet, da am 2. August 2017 ein neues Vertretungsverhältnis angezeigt wurde (Bst. B.c). Diesem trug die Vorinstanz Rechnung, indem sie, als die an den Beschwerdeführer selbst adressierte Einladung zur Stellungnahme von der Post retourniert wurde, bei der UNIA nachfragte, ob das Vertretungsverhältnis nach wie vor bestehe (Bst. C.a). Da dies verneint wurde, ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz keinen weiteren
Zustellversuch unternommen (vgl. Art. 20 Abs. 2bis VwVG) und auch die Verfügung vom 5. April 2018 an den Beschwerdeführer selbst adressiert hat. Eine Pflicht, sämtliche frühere Vertretungsverhältnisse zu erforschen, besteht nicht. Vielmehr durfte die Vorinstanz davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer mit der Anzeige eines neuen Vertretungsverhältnisses das frühere widerrufen hat. Die entsprechende Mitteilung an den Rechtsvertreter obliegt dabei dem Vollmachtgeber (vgl. RES NYFENEGGER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG]
2. Aufl. 2019, Rz. 31 zu Art. 11 m.H., MARANTELLI/HUBER, a.a.O., Rz. 24 zu
Art. 11 VwVG m.H.; vgl. Urteil des BGer 2C_865/2017 vom 22. März 2019 E. 2.3).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Eröffnung der vorinstanzlichen Verfügung vom 5. April 2018 rechtskonform erfolgt ist. Die Beschwerde vom 4. April 2019 ist somit nach Ablauf der Frist gemäss Art. 50 Abs. 1 VwVG eingereicht worden. Gründe, die zu einer Wiederherstellung der Beschwerdefrist führen könnten (vgl. Art. 24 Abs. 1 VwVG), werden weder geltend gemacht noch sind solche aus den Akten ersichtlich.
Auf die verspätet eingereichte Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.
Angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls wird gestützt auf Art. 63 Abs. 1 letzter Satz VwVG i.V.m. Art. 6 Bst. b des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) auf die Auferlegung von Verfahrenskosten verzichtet.
(Dispositiv nächste Seite)
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (gegen Empfangsbestätigung; Beilage: Akten Ref-Nr. [ ])
die Dienststelle für Bevölkerung und Migration des Kantons Wallis (Einschreiben; Beilage: Akten Ref-Nr. [ ])
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Martin Kayser Barbara Kradolfer
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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