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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-3391/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-3391/2018
Datum:30.12.2019
Leitsatz/Stichwort:Asylwiderruf
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Recht; Verwerflich; Sinne; Asylwiderruf; Taten; Bundesverwaltungsgericht; Verwerfliche; Handlung; Bedingte; Flüchtling; Mehrfachen; Bedingten; Vorinstanz; Verfügung; Begangen; Amtliche; Schweiz; Urteil; Rechtsbeistand; Verfahren; Interesse; Beschwerdeführers; Betrug; Freiheit; Gericht; Verletzung; Freiheitsstrafe; Geldstrafe
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 14 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 25 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-3391/2018

U r t e i l  v o m  3 0.  D e z e m b e r  2 0 1 9

Besetzung Richterin Muriel Beck Kadima (Vorsitz),

Richterin Barbara Balmelli, Richter Grégory Sauder, Gerichtsschreiberin Alexandra Püntener.

Parteien A. , geboren am ( ), Irak,

vertreten durch MLaw Johannes Mosimann, Advokat, ( ),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asylwiderruf;

Verfügung des SEM vom 17. April 2018.

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer wurde am 9. Juli 2009 in der Schweiz als Flüchtling anerkannt und ihm wurde Asyl gewährt.

B.

Mit Urteil des Strafgerichts B. vom ( ) 2014 wurde der Beschwerdeführer der fahrlässigen Körperverletzung, der groben Verletzung von Verkehrsregeln, des mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung, des Fahrens ohne Fahrzeugausweis, des mehrfachen Missbrauchs von Kontrollschildern, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, der mehrfachen einfachen Verletzung von Verkehrsregeln, des Nichttragens der Sicherheitsgurte und der fahrlässigen Widerhandlung gegen das Waffengesetz schuldig erklärt und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten - davon 9 ½ Monate unbedingt - sowie einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt. Für den Teil der bedingten Strafe wurde eine Probezeit von drei Jahren ausgesprochen.

Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft B. vom ( ) 2015 wurde der Beschwerdeführer des mehrfachen, teilweise versuchten Betrugs - begangen in der Zeit vom 7. bis 21. August 2014 - schuldig befunden und zu einer bedingten Geldstrafe (120 Tagessätze) sowie zu einer Busse verurteilt. Die Probezeit wurde auf drei Jahre festgelegt.

C.

Im Hinblick auf einen eventuellen Asylwiderruf lud das SEM den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 ein, zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen.

D.

In seiner Stellungnahme vom 27. November 2017 hielt der Beschwerdeführer fest, bei den zwei strafrechtlichen Verurteilungen aus den Jahren 2014 und 2015 handle es sich mit Ausnahme des Betrugs ausschliesslich um Vergehensund Übertretungstatbestände. Hinsichtlich der Körperverletzung sei ihm nur Fahrlässigkeit zur Last gelegt worden. Die letzte ihm vorgeworfene Tathandlung vom ( ) 2014 würde bereits mehr als drei Jahre zurückliegen, innert derer er sich wohlverhalten habe. Aus den lediglich zwei schon mehrere Jahre zurückliegenden Verurteilungen zu teilbedingten Strafen lasse sich keine Renitenz ableiten. Es seien ihm zudem keine vorsätzlichen Verletzungsdelikte gegen Leib und Leben vorgeworfen worden. Die für einen Asylwiderruf notwendige besondere Verwerflichkeit

der Straftaten seien nicht gegeben. Sollte diese Voraussetzung als erfüllt gelten, wäre ein allfälliger Widerruf unverhältnismässig, insbesondere da keine legitimen öffentlichen Interessen ersichtlich seien. Zudem sei nicht sicher, ob er seine Arbeitsstelle behalten könnte.

Der Beschwerdeführer reichte als Beweismittel einen Arbeitsvertrag ein.

E.

Mit Verfügung vom 17. April 2018 widerrief das SEM das Asyl.

F.

Mit Eingabe vom 18. Mai 2018 erhob der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht durch seinen Rechtsvertreter dagegen Beschwerde und beantragte, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Asyl zu belassen, eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde um Einräumung eines Replikrechts zu Stellungnahmen der Vorinstanz, um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beiordnung des Unterzeichnenden als unentgeltlicher Rechtsbeistand ersucht.

Gleichzeitig wurde ein Schreiben des Amts für Migration B. vom

24. April 2017 (rechtliches Gehör betreffend Niederlassungsbewilligung) eingereicht.

G.

Mit Zwischenverfügung der damals zuständigen Instruktionsrichterin vom

14. Juni 2018 wurden die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie um amtliche Rechtsverbeiständung unter Vorbehalt der fristgerechten Nachreichung eines Bedürftigkeitsnachweises gutgeheissen und Advokat Johannes Mosimann als amtlicher Rechtsbeistand beigeordnet. Der Beschwerdeführer wurde dazu aufgefordert, einen Bedürftigkeitsbeleg nachzureichen oder einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 750.- einzuzahlen.

H.

Mit Eingabe vom 29. Juni 2018 (Postaufgabe) reichte der Beschwerdeführer Lohnabrechnungen, einen Lehrvertrag sowie Unterlagen zu Wohnund Krankenkassenkosten ein. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass er vorsorglich einen Gerichtskostenvorschuss von Fr. 750.- einzahle.

Innert Frist ging bei der Gerichtskasse kein Kostenvorschuss ein.

I.

Mit Verfügung vom 12. Juli 2018 wurden aufgrund der eingereichten Unterlage die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um amtliche Rechtsverbeiständung gutgeheissen. Auf die Erhebung eines Kostenvorschusses wurde verzichtet und Rechtsanwalt Johannes Mosimann als amtlicher Rechtsbeistand eingesetzt. Die Vorinstanz wurde zur Einreichung einer Vernehmlassung eingeladen.

J.

Die Vorinstanz reichte am 17. Juli 2018 eine Vernehmlassung ein.

K.

Der Beschwerdeführer verzichtete am 13. August 2018 auf eine Replik.

L.

Mit Verfügung vom 12. Juni 2019 wurde der Beschwerdeführer - durch die neu zuständige Instruktionsrichterin - zur Einreichung eines Berichts seines aktuellen Arbeitgebers (Lehrvertrag) und einer Stellungnahme aufgefordert.

M.

Mit Eingabe vom 26. Juli 2019 reichte der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend seine Arbeitsstellen und eine entsprechende Stellungnahme sowie eine Kostennote zu den Akten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

    2. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).

    3. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    4. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG.

3.

    1. Gemäss Art. 63 Abs. 2 AsylG widerruft das SEM das Asyl, wenn Flüchtlinge die innere oder die äussere Sicherheit der Schweiz verletzt haben oder wenn sie besonders verwerfliche strafbare Handlungen begangen haben.

    2. Art. 53 AsylG bestimmt, dass Flüchtlingen kein Asyl gewährt wird, wenn sie wegen verwerflicher Handlungen dessen unwürdig sind oder die innere oder die äussere Sicherheit der Schweiz verletzt haben oder gefährden (ursprüngliche Asylunwürdigkeit). Nach der Rechtsprechung gelten als "verwerfliche Handlungen" im Sinne von Art. 53 AsylG grundsätzlich solche Delikte, die dem abstrakten Verbrechensbegriff des Strafrechts nach Art. 10 Abs. 2 StGB entsprechen, das heisst mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (vgl. dazu BVGE 2012/20 E. 4 und statt vieler das Urteil des BVGer E-4824/2014 vom 16. Februar 2016 E. 5.1 m.w.H.).

    3. Der Asylwiderruf im Sinne von 63 Abs. 2 AsylG setzt gemäss konstanter Rechtsprechung eine qualifizierte Asylunwürdigkeit im Sinne von Art. 53 AsylG voraus; mithin muss die "besonders verwerfliche Handlung" qualitativ eine Stufe über der im Sinne von Art. 53 AsylG "verwerflichen Handlung" stehen. Die in Frage stehende Straftat muss demnach mit einer erheblichen Strafe bedroht sein und eine gewisse Intensität aufweisen. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mehrfach festgehalten, dass bei der Beurteilung der besonderen Verwerflichkeit einer Straftat im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AsylG auch das konkrete Verschulden des Täters beziehungsweise das ausgefällte Strafmass relevant ist (vgl. BVGE 2012/20 E. 5.2; Urteil

      des BVGer E-4824/2014 vom 16. Februar 2016 E. 5.1). Zudem muss bei der Würdigung einer strafbaren Handlung als "besonders verwerflich" im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AsylG der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet werden (vgl. bereits Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2003 Nr. 11).

    4. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch eine Reihe von geringfügigeren Straftaten, welche für sich genommen das Kriterium der besonderen Verwerflichkeit nicht erfüllen, jedenfalls in Kombination mit einer verwerflichen Handlung, einen Asylwiderruf gemäss Art. 63 Abs. 2 AsylG rechtfertigen. Mit diesem Widerrufsgrund sollen Personen von den mit der Asylgewährung verbundenen Vorteilen ausgeschlossen werden, die gravierend und rücksichtslos gegen die Rechtsnormen der Schweiz verstossen und deren Verhalten mithin auf Renitenz oder eine schlechte Gesinnung schliessen lässt (Urteil des BVGer E-4824/2014 vom 16. Februar 2016 E. 6.2 f., D-2622/2017 vom 27. November 2018 E.

5.2).

4.

    1. Die Vorinstanz begründete ihren Entscheid damit, der Beschwerdeführer sei gemäss Strafbefehl vom ( ) 2015 des mehrfachen teilweise versuchten Betrugs schuldig erklärt worden. Der Strafrahmen von Art. 146 Abs. 1 StGB würde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht. Damit sei der geforderte Strafrahmen erfüllt und das vom Beschwerdeführer begangene Delikt offenkundig als verwerflich im Sinne von Art. 53 AsylG zu qualifizieren.

      Das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen sei mit einer erheblichen Strafe bedroht (Art. 146 StGB) und somit als besonders verwerfliche Handlung zu qualifizieren. Bezüglich der geforderten Intensität ergehe aus dem Strafbefehl, das Verschulden des Beschwerdeführers sei nicht zu bagatellisieren. Es habe sich dabei immerhin um eine Deliktsumme von mehr als Fr. 9'000.- gehandelt. In Anbetracht des Strafmasses - der Beschwerdeführer sei zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu einem Tagessatz von Fr. 30.- sowie einer Busse von Fr. 700.- verurteilt worden - sei die ausgesprochene Strafe mit Blick auf die abstrakte Höchststrafe milde ausgefallen. Jedoch könnten auch geringfügige, über einen längeren Zeitraum begangene Straftaten in der Summe eine besondere Intensität aufweisen. Der Beschwerdeführer habe wiederholt delinquiert und sei am ( ) 2014 wegen fahrlässiger Körperverletzung, grober Verletzung von Verkehrsregeln, mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung, Fahrens ohne Fahrzeugausweis, mehrfachen Missbrauchs von Kontrollschildern, mehrfachen Hausfriedensbruchs, mehrfacher einfacher Verletzung von Verkehrsregeln, Nichttragens der Sicherheitsgurte und fahrlässiger Widerhandlung gegen das Waffengesetz schuldig erklärt und zu einer teilbedingten vollziehbaren Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, wobei 9 ½ Monate unbedingt ausgesprochen worden seien und für den Teil der bedingten Strafe eine Probezeit von drei Jahren auferlegt worden sei. Es handle sich dabei zwar zumeist um Bagatelldelikte, jedoch lasse die grosse Anzahl der Straftaten eine kriminelle Energie erkennen. Insgesamt würden die Strafhandlungen nebst der Strafandrohung die von Art. 63 Abs. 2 AsylG geforderte Intensität aufweisen.

      Schliesslich führe der Widerruf des Asyls vorliegend nicht automatisch zu einer Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, womit sich der Verlust des Asylstatus nicht unmittelbar auf die Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz auswirke. Der Entscheid über die Verlängerung der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers liege bei den kantonalen Migrationsbehörden. Weiter verfüge der Beschwerdeführer als Flüchtling weiterhin über den Non-Refoulement-Schutz. Demnach würden dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung und Prävention strafbaren Handelns keine überwiegenden privaten Interessen gegenüberstehen. Der Asylwiderruf erweise sich damit auch als verhältnismässig.

    2. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe die besondere Verwerflichkeit nur schematisch begründet und den gesetzlichen Strafrahmen des Betrugsdelikts in den Vordergrund gestellt. Er sei jedoch lediglich zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden, was sein Verschulden doch erheblich relativiere. Es handle sich höchstens um eine gewöhnliche Kleinkriminalität, weshalb das Delikt nicht als besonders verwerfliche Handlung gelte. Weiter handle es sich bei den weiteren Straftaten um solche, die mehr als drei Jahre zurückliegen und aus der Phase der Spätadoleszenz stammen würden. Der Vollzug der Strafen sei zudem bedingt beziehungsweise teilbedingt aufgeschoben und dem Beschwerdeführer damit eine gute Prognose attestiert worden. Selbst wenn die Straftaten als besonders verwerflich qualifiziert werden sollten, sei der Asylwiderruf doch unverhältnismässig. Mit dem Asylwiderruf bestehe das Risiko des Verlusts der Niederlassungsbewilligung, zumal die zuständigen Migrationsbehörden ihm zu einem Widerruf derselben bereits das rechtliche Ge-

hör gewährt hätten. Seine berufliche Situation würde sich bei einem solchen Verlust massiv schwieriger gestalten, da vorläufig aufgenommene Personen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt seien.

5.

    1. Gemäss Strafbefehl vom ( ) 2015 hat sich der Beschwerdeführer des mehrfachen teilweise versuchten Betrugs strafbar gemacht, die erst nach dem Urteil vom ( ) 2014 begangen wurden (7. - 21. August 2014). Der Tatbestand des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB sieht eine abstrakte Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor und stellt damit ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB dar. Diese Tat des Beschwerdeführers ist daher als "verwerfliche Handlung" im Sinne von Art. 53 AsyG zu werten, unbesehen der konkret ausgefällten Strafe. Die ausgesprochene bedingte Geldstrafe (120 Tagessätze zu Fr. 30.- sowie eine Busse von Fr. 700.-) ist zwar milde ausgefallen. Indessen hat sich der Beschwerdeführer bereits zuvor über einen längeren Zeitraum (vom 8. Mai 2013 bis 17. Oktober 2013) zahlreichen, wenn zum Teil auch nur geringfügigen Straftaten (fahrlässige Körperverletzung, diverse Verletzungen der Verkehrsregeln, mehrfacher Hausfriedensbruch, Vergehen gegen das Waffengesetz) schuldig gemacht, welche am ( ) 2014 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten geführt haben. Dabei wurden 9 ½ Monate unbedingt ausgesprochen und für den Teil der bedingten Strafe wurde eine Probezeit von drei Jahren auferlegt. Er war während 278 Tagen in Untersuchungshaft.

    2. Wie bereits erwähnt, ist ferner zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die zahlreichen Straftaten über einen längeren Zeitraum (Mai 2013 bis August 2014) begangen hat. Besonders schwer wiegt, dass er nach der ersten Verurteilung vom ( ) 2014 bereits im August 2014 und damit lange vor Ablauf der Probezeit von drei Jahren wieder straffällig geworden ist. Die von ihm begangenen Straftaten richteten sich unter anderem gegen die körperliche Integrität (Körperverletzung), das Vermögen (mehrfacher Betrug) und die Freiheit (Hausfriedensbruch). Unter Berücksichtigung aller Umstände gelangt das Gericht zum Schluss, dass die vom Beschwerdeführer begangenen zahlreichen geringfügigeren Straftaten in Kombination mit einer verwerflichen Handlung (Verbrechen) einen Asylwiderruf im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AsylG rechtfertigen können.

    3. Nach der Würdigung der betreffenden Delikte als besonders verwerflich im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AsylG ist das Kriterium der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen. Der mit einer behördlichen Anordnung verbundene Eingriff darf demnach für den Betroffenen im Vergleich zur Bedeutung des verfolgten öffentlichen Interesses nicht unangemessen schwer wiegen (vgl. EMARK 2003 Nr. 11 E. 7; Urteil des BVGer E-4824/2014 vom 16. Februar 2016 E. 8.1).

    4. Der Widerruf des Asyls führt nicht zu einer automatischen Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nachdem das SEM die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers in der hier zu beurteilenden Verfügung nicht widerrufen hat, wirkt sich der Verlust des Asylstatus' nicht unmittelbar nachteilig für den Beschwerdeführer aus. Er wird vorderhand weiterhin über ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz (zumindest eine vorläufige Aufnahme als Flüchtling) und über die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit verfügen. Als Flüchtling verfügt er nach wie vor unter dem Refoulement-Schutz gemäss Art. 33 des Abkommens vom 8. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) sowie Art. 25 Abs. 2 und 3 BV und ist zudem bessergestellt als andere vorläufig Aufgenommene. Daran würde auch das allfällige vom zuständigen Migrationsamt in Aussicht gestellte Erlöschen der Niederlassungsbewilligung nichts ändern. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach seine Delinquenz in die Spätadoleszenz falle und er seither verschiedene Anstrengungen unternommen habe, um sich beruflich und wirtschaftlich zu integrieren, vermögen keine andere Einschätzung zu rechtfertigen. In Anbetracht dieser Feststellungen sowie unter Berücksichtigung der Umstände der Tatbegehung der Delikte des Beschwerdeführers teilt das Gericht die Auffassung der Vorinstanz, dass dem öffentlichen Interesse an einem Asylwiderruf wegen der Verübung besonders verwerflicher Straftaten und damit der Bekämpfung und Prävention strafrechtlichen Verhaltens keine überwiegenden privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüberstehen. Da der Asylwiderruf nicht zur Folge hat, dass er die Schweiz verlassen muss, sind diese Argumente nicht ausschlaggebend.

    5. Der Widerruf des Asyls erweist sich daher als verhältnismässig.

6.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen.

7.

7.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Da indessen mit Instruktionsverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2018 beziehungsweise 12. Juli 2018 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG gutgeheissen wurde und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich seine finanzielle Lage seither entscheidrelevant verändert hätte, ist auf das Erheben von Verfahrenskosten zu verzichten.

7.2 Mit Instruktionsverfügung vom 14. Juni 2018 beziehungsweise 12. Juli 2018 wurde ausserdem das Gesuch um amtliche Verbeiständung (Art. 110a Abs. 1 Bst. b AsylG) gutgeheissen und dem Beschwerdeführer sein Rechtsvertreter als amtlicher Rechtsbeistand zugeordnet. Demnach ist diesem ein amtliches Honorar für seine notwendigen Aufwendungen im Beschwerdeverfahren auszurichten. Der Rechtsbeistand weist in seiner Kostennote vom 26. Juli 2019 einen Betrag von Fr. 2'183.10 aus. Der ausgewiesene Zeitaufwand von neun Stunden erscheint insbesondere hinsichtlich des zahlreichen Mailund Telefonverkehrs mit dem Beschwerdeführer (170 Min.) und des Aufwands für den Abschluss des Verfahrens (60 Minuten) überhöht und wird auf sieben Stunden gekürzt. Im Weiteren ist auf Auslagen keine Mehrwertsteuer geschuldet, weshalb der angegebene Betrag von Fr. 3.62 abzuziehen ist. Dem Rechtsbeistand ist demnach durch das Bundesverwaltungsgericht ein Honorar von Fr. 1'705.- (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag) auszurichten.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Dem amtlichen Rechtsbeistand wird zu Lasten der Gerichtskasse ein amtliches Honorar in der Höhe von Fr. 1'705.- ausgerichtet.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Muriel Beck Kadima Alexandra Püntener

Versand:

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