Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-7971/2015 |
Datum: | 10.12.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat 31a I a,c,d,e) und Wegweisung |
Schlagwörter : | Flüchtling; Wegweisung; Bundesverwaltungsgericht; Familie; Recht; Italien; Schweiz; Asylgesuch; Verfügung; Flüchtlingseigenschaft; Gesuch; Beschwerdeführers; Vorinstanz; Drittstaat; Verfahren; Einbezug; Kinder; Schutz; Wegweisungsvollzug; Nichteintreten; Beziehung; Urteil; Person; Behörde; Parteien |
Rechtsnorm: | Art. 44 EMRK ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-7971/2015
Besetzung Einzelrichterin Daniela Brüschweiler,
mit Zustimmung von Richterin Mia Fuchs; Gerichtsschreiberin Susanne Burgherr.
Parteien A. , geboren am ( ), Eritrea,
vertreten durch lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat) und Wegweisung sowie Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft und das Asyl von B. ;
Verfügung des SEM vom 25. November 2015 / N ( ).
Der Beschwerdeführer gelangte eigenen Angaben zufolge im Oktober 2006 nach Italien, wo ihm subsidiärer Schutz gewährt wurde.
Am 31. Mai 2012 suchte die eritreische Staatsangehörige B. in der Schweiz um Asyl nach. Sie gab an, seit Februar 2005 mit dem Beschwerdeführer nach Brauch verheiratet zu sein. Dieser sei 2006 desertiert, letztmals habe sie im Jahr 2007 über dessen Bruder gehört, ihr Ehemann halte sich in Libyen auf. Seither habe sie nichts mehr von ihm gehört.
Mit Verfügung vom 28. Februar 2014 anerkannte die Vorinstanz B. als Flüchtling und gewährte ihr Asyl. Das am ( ) geborene Kind wurde gestützt auf Art. 51 Abs. 1 AsylG (SR 142.31) ebenfalls - unter Asylgewährung - als Flüchtling anerkannt.
Am 15. September 2014 stellte der Beschwerdeführer in der Schweiz ein Asylgesuch. Er machte geltend, er habe seine Frau - zwei Monate nachdem sie in die Schweiz eingereist sei - erstmals in der Schweiz besucht und habe diese Besuche in der Folge auch wiederholt. Er verfüge über eine Aufenthaltsbewilligung in Italien und habe legal reisen können. Allerdings habe er in Italien keine Arbeit gefunden. Er wolle in der Schweiz mit seiner Frau und der zwischenzeitlich geborenen Tochter zusammenleben, für sie sorgen und arbeiten.
Mit Verfügung vom 16. Januar 2015 trat das SEM auf das Asylgesuch in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an, da der Beschwerdeführer in den sicheren Drittstaat Italien zurückkehren könne. Es sei nicht von einer tatsächlich gelebten und dauerhaften Beziehung zwischen ihm und B. auszugehen, die Vaterschaft zu deren Kind stehe nicht fest.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die vom Beschwerdeführer gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit Urteil D-656/2015 vom 5. Februar 2015 ab.
Am 4. März 2015 wurde der Beschwerdeführer nach Italien überstellt.
Das beim SEM am 17. April 2015 eingegangene Gesuch von B. um Familienvereinigung wurde von der Vorinstanz mit Verfügung vom 7. Mai 2015 negativ beantwortet, indem die Einreise des Beschwerdeführers nicht bewilligt und das Asylgesuch abgelehnt wurde. Diese Verfügung blieb unangefochten.
Mit Eingabe vom 21. August 2015 reichte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter beim SEM ein Mehrfachgesuch ein, mit welchem er beantragte, er sei in die Flüchtlingseigenschaft und das Asyl seiner Ehefrau einzubeziehen, eventualiter sei auf sein Asylgesuch einzutreten und er vertieft zu seinen Asylgründen anzuhören, eventualiter sei er als Flüchtling anzuerkennen und ihm Asyl zu gewähren, subeventualiter sei die vorläufige Aufnahme anzuordnen.
Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, er und seine Ehefrau B. seien mittlerweile Eltern von zwei gemeinsamen Kindern und seine Familie sei auf seine Unterstützung angewiesen. Es bestehe zweifellos eine tatsächlich gelebte Beziehung zwischen ihm und B. sowie den Kindern. Sowohl Art. 8 EMRK, Art. 3 des Übereinkommens vom
20. November 1989 über die Rechte des Kindes (nachfolgend: KRK, SR 0.107) als auch humanitäre Gründe würden den Verbleib des Beschwerdeführers bei seiner Familie in der Schweiz gebieten.
Mit Schreiben vom 11. September 2015 gewährte das SEM dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zur Zuständigkeit Italiens beziehungsweise zu einer allfälligen Wegweisung nach Italien. Er machte von seinem Äusserungsrecht mit Eingabe vom 21. September 2015 Gebrauch.
Die italienischen Behörden bestätigten am 13. November 2015 den internationalen Schutzstatus des Beschwerdeführers in Italien sowie seine Legitimation, dorthin zurückzukehren.
Mit Verfügung vom 25. November 2015 - eröffnet frühestens am
2. Dezember 2015 - trat das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG nicht ein, wies das Gesuch um Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an. Es forderte den Beschwerdeführer auf, die Schweiz am Tag nach Eintritt der Rechtskraft dieser Verfügung zu verlassen, ansonsten er in Haft genommen und unter Zwang nach Italien zurückgeführt werden könne. Weiter verfügte es die Aushändigung der editionspflichtigen Akten und erhob eine Gebühr von Fr. 600.-.
Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das vom Bundesrat als sicherer Drittstaat bezeichnete Italien habe den Beschwerdeführer als Flüchtling anerkannt und sich bereit erklärt, ihn zurückzunehmen. Einem Begehren um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in der Schweiz sei nur zu entsprechen, wenn ein schutzwürdiges Interesse nachgewiesen werde. Dieser Nachweis könne offensichtlich nicht gelingen, wenn, wie vorliegend, bereits ein Drittstaat die Flüchtlingseigenschaft festgestellt und Schutz vor Verfolgung gewährt habe. Auf das Asylgesuch sei deshalb nicht einzutreten. Weiter führte das SEM aus, aufgrund der Akten könne beim Beschwerdeführer und B. nicht von einer Trennung durch Flucht gesprochen werden. Der Umstand, dass er mit B. mittlerweile zwei Kinder habe und gemäss eigenen Angaben seit drei Jahren eine enge Beziehung mit Besuchen, Telefonanrufen, Austausch von Fotos und Mail führe, vermöge nichts daran zu ändern, dass vorliegend weiterhin nicht von einer tatsächlichen, gelebten und dauerhaften Beziehung im Sinne von Art. 8 EMRK ausgegangen werden könne. Eine Berufung auf Art. 8 EMRK könne nicht stattfinden und es könne auch nicht von einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis gesprochen werden. Der Wegweisungsvollzug nach Italien sei zulässig. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen in Italien habe er sich an die italienischen Behörden zu wenden, der Wegweisungsvollzug sei zumutbar und möglich. Schliesslich sei in Bezug auf das Gesuch um Familienvereinigung darauf hinzuweisen, dass die nicht dauerhaft gelebte Familienbeziehung, die nicht durch die Flucht getrennte Beziehung und die Missachtung der abgelehnten Einreisebewilligung als besondere Umstände zu werten seien, die einem Einbezug entgegenstehen würden.
Mit Eingabe vom 8. Dezember 2015 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte die vollumfängliche Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Anweisung an die Vorinstanz, auf das Asylgesuch einzutreten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sowie um Beiordnung des Rechtsvertreters als unentgeltlicher Rechtsbeistand ersucht.
Auf die Beschwerdebegründung wird - soweit für den Entscheid wesentlich
in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Am 9. Dezember 2015 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.
Mit Zwischenverfügung vom 6. Januar 2016 stellte die Instruktionsrichterin fest, der Beschwerdeführer dürfe den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Gleichzeitig wurde das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung unter Vorbehalt des Nachreichens einer Fürsorgebestätigung gutgeheissen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wurde abgewiesen.
Am 15. Januar 2016 ging eine Unterstützungsbestätigung für B. und ihre Familie beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Eingabe vom 18. Januar 2016 reichte der Rechtsvertreter - nebst einer Kopie der bereits eingegangenen Unterstützungsbestätigung - einen Arztbericht vom 8. Dezember 2015 betreffend die Kinder und B. zu den Akten.
Mit Schreiben vom 10. Mai 2018 erkundigte sich der Beschwerdeführer nach dem Verfahrensstand. Diese Anfrage wurde mit Brief vom 14. Juni 2018 beantwortet.
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher
zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - und auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom
25. September 2015).
Am 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) teilrevidiert (AS 2018 3171) und in Ausländerund Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anwendbaren Gesetzesartikel sind unverändert ins AIG übernommen worden, weshalb nachfolgend die neue Gesetzesbezeichnung verwendet wird.
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 2 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Über offensichtlich unbegründete oder offensichtlich begründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Für die Prüfung der offensichtlichen Begründetheit oder Unbegründetheit (Art. 111 Bst. e AsylG) ist der Urteilszeitpunkt massgebend. Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um eine teilweise offensichtlich unbegründete und teilweise offensichtlich begründete Beschwerde, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen, ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2011/9 E. 5). Die Fragen der Wegweisung und des Vollzugs prüft die Vorinstanz materiell, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt.
Gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG tritt das SEM in der Regel auf ein Asylgesuch nicht ein, wenn der Asylsuchende in einen sicheren Drittstaat nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG zurückkehren kann, in welchem er sich vorher aufgehalten hat. Italien wurde vom Bundesrat am 14. Dezember 2007 als sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG bezeichnet.
Der Beschwerdeführer hat sich vor seiner Einreise in die Schweiz unbestrittenermassen in Italien aufgehalten. Er wurde dort als Flüchtling anerkannt beziehungsweise es wurde ihm internationaler Schutz gewährt, die italienischen Behörden haben seiner Rückübernahme am 13. November 2015 explizit zugestimmt. Er kann somit nach Italien zurückkehren. Bei einer Person, die bereits in einem sicheren Drittstaat als Flüchtling anerkannt wurde und dorthin zurückkehren kann, erfolgt in der Schweiz mangels Bestehens eines Rechtsschutzinteresses keine zusätzliche Anerkennung als Flüchtling und keine Asylgewährung. Dies gilt auch für den Beschwerdeführer.
Aus der Beschwerde ergibt sich nicht - und dies ist für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht ersichtlich - weshalb dem Beschwerdeführer die originäre Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen wäre. Vielmehr ist das SEM auf das Gesuch um Anerkennung der (originären) Flüchtlingseigenschaft gestützt auf Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG zu Recht nicht eingetreten.
Gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG werden Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegensprechen.
Der Vollständigkeit halber ist vorneweg festzuhalten, dass ein Einbezug gestützt auf Art. 51 Abs. 1 AsylG gemäss neuerer Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts auch dann möglich ist, wenn im Heimatstaat noch keine Familiengemeinschaft vorgelegen hat (vgl. BVGE 2017 VI/4). Die vom SEM in der angefochtenen Verfügung erwähnte gegenteilige Auffassung erweist sich damit als überholt.
Der Beschwerdeführer kehrte am 4. März 2015 nach Italien zurück, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid des SEM vom 16. Januar 2015 mit Urteil D-656/2015 vom 5. Februar 2015 abgewiesen hatte, und das (erste) Gesuch von B. um Einbezug des Beschwerdeführers in ihre Flüchtlingseigenschaft abgewiesen worden war. Angesichts dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bewusst in Umgehung der anwendbaren Gesetzesbestimmungen erneut in die Schweiz eingereist ist und einzig mit dem Ziel der Familienzusammenführung ein (als Mehrfachgesuch bezeichnetes) neuerliches Asylgesuch gestellt hat, begründete er dieses doch hauptsächlich mit dem Wunsch nach dem Zusammenleben mit der Familie. Dieses Vorgehen ist als Rechtsumgehung zu qualifizieren und kann nicht geschützt werden. Anders zu entscheiden würde bedeuten, die Umgehung der im AIG vorgesehenen Bestimmungen zum ausländerrechtlichen Familiennachzug zu schützen. Dass zwischenzeitlich das zweite Kind geboren wurde, ändert daran nichts.
Das Bundesverwaltungsgericht hat denn auch im Grundsatzurteil E-4639/2017 vom 25. September 2019 (zur Publikation vorgesehen) festgestellt, dass sich der Familiennachzug für eine bereits in einem sicheren Drittstaat als Flüchtling anerkannte Person nicht nach der asylrechtlichen Bestimmung von Art. 51 AsylG, sondern nach den ordentlichen ausländerrechtlichen Regeln (namentlich Art. 44 AIG und Art. 8 EMRK) richtet. Einer Person, die bereits in einem sicheren Drittstaat Schutz erhalten hat, kann
nachdem die derivative Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 51 AsylG subsidiär ist - nicht nach asylrechtlichen Regeln eine Familienzusammenführung gewährt werden (vgl. Grundsatzurteil E-4639/2017 vom
25. September 2019 E. 5.7).
Vorliegend hat das SEM das (zweite) Gesuch um Einbezug des Beschwerdeführers in die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG mit der angefochtenen Verfügung abgelehnt. Wenn die Voraussetzungen von Art. 51 Abs. 1 AsylG nicht erfüllt sind, kann die Bestimmung von Art. 8 EMRK nicht ergänzend angewendet werden, ebenso wenig vermögen die Bestimmungen der KRK oder humanitäre Überlegungen etwas zu ändern. Die Frage nach einem allfälligen Anspruch auf Regelung des Aufenthalts
des Beschwerdeführers in der Schweiz als Partner beziehungsweise Vater hier als Flüchtlinge anerkannter Personen ist von der zuständigen kantonalen Migrationsbehörde im Wege des ausländerrechtlichen Familiennachzugs zu beurteilen (vgl. Grundsatzurteil E-4639/2017 vom 25. September 2019 E. 5.7); dazu ist auch auf die nachfolgenden Ausführungen zu verweisen.
Zusammenfassend hat das SEM somit das Gesuch um Einbezug des Beschwerdeführers in die Flüchtlingseigenschaft von B. im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein solches hat in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge (Art. 44 AsylG). Die Wegweisung wird unter anderem dann nicht verfügt, wenn die asylsuchende Person im Besitz einer Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung ist (Art. 32 Abs. 1 Bst. a der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 [AsylV 1, SR 142.311]), oder wenn Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4, 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
Im heutigen Zeitpunkt kann nicht in Abrede gestellt werden, dass es sich beim Beschwerdeführer, seiner Ehefrau beziehungsweise Partnerin sowie den gemeinsamen Kindern um eine Familiengemeinschaft handelt. B. wurde als Flüchtling anerkannt und ihr wurde Asyl gewährt, die Kinder verfügen - von ihr abgeleitet - über denselben Status. Damit ist ihnen ein gefestigtes Aufenthaltsrecht zuzugestehen, welches ihnen erlaubt, sich auf den konventionsbzw. verfassungsrechtlich garantierten Schutz ihres Familienlebens zu berufen (vgl. ausführlich im bereits erwähnten Grundsatzentscheid des BVGer E-4639/2017 E. 6.2). Wie vom Bundesverwaltungsgericht im erwähnten Grundsatzentscheid dargelegt wurde, ist der Beschwerdeführer für die Frage der Wegweisung auf den ausländerrechtlichen Weg zu verweisen, da er prima facie einen Anspruch auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 EMRK geltend machen kann. Bei dieser Sachlage entfällt die Zuständigkeit des SEM für die Anordnung der Wegweisung im Rahmen eines Asylverfahrens. Die angefochtene Verfügung ist demnach in Bezug auf die Wegweisung und den Wegweisungsvollzug aufzuheben.
Nach dem Gesagten ergibt sich, dass das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers zu Recht nicht eingetreten ist und das Gesuch um Einbezug in das Familienasyl zu Recht abgewiesen hat. Diesbezüglich ist die Beschwerde abzuweisen. In Bezug auf die Anordnung der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs ist die Beschwerde indessen gutzuheissen.
Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass es sich nicht rechtfertigt, die von der Vorinstanz getroffene Gebührenregelung aufzuheben, nachdem der Beschwerdeführer mit seinen Hauptanliegen unterlegen ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wäre von einem hälftigen Obsiegen des Beschwerdeführers auszugehen. Angesichts der dem Beschwerdeführer gewährten unentgeltlichen Prozessführung sind keine Kosten aufzuerlegen.
Gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 37 VGG kann der obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten zugesprochen werden (vgl. für die Grundsätze der Bemessung der Parteientschädigung ausserdem Art. 7 ff. des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21. Februar 2008 [VGKE, SR 173.320.2]). Im vorliegenden Verfahren wurde keine Kostennote eingereicht. Auf die Nachforderung einer solchen wird indessen verzichtet (vgl. Art. 14 Abs. 2 VGKE), weil im vorliegenden Verfahren der Aufwand für die Beschwerdeführung zuverlässig abgeschätzt werden kann. Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden Bemessungsfaktoren (Art. 9-13 VGKE) und angesichts seines hälftigen Obsiegens ist die (reduzierte) Parteientschädigung pauschal auf Fr. 500.- (inklusive sämtlicher Auslagen) festzusetzen. Dieser Betrag ist dem Beschwerdeführer durch das SEM zu entrichten.
Im Umfang des Unterliegens ist keine Entschädigung zuzusprechen, da das Begehren um unentgeltliche Rechtsverbeiständung gemäss Art. 65 Abs. 2 VwVG mit Zwischenverfügung vom 6. Januar 2016 abgelehnt worden ist.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit die Aufhebung der DispositivZiffer 1 (Nichteintreten auf Asylgesuch und Abweisung des Gesuchs um Familienasyl) beantragt wird.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit die Aufhebung der angeordneten Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs nach Italien beantragt wird.
Die Dispositiv-Ziffern 2 bis 4 der Verfügung vom 25. November 2015 werden aufgehoben.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine reduzierte Parteientschädigung von insgesamt Fr. 500.- auszurichten.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Daniela Brüschweiler Susanne Burgherr
Versand:
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