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Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | BVGE 2019 V/3 |
Datum: | 16.07.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Zulassung von Spitälern (Kanton) |
Schlagwörter : | Spital; Patient; Aufnahmepflicht; Kanton; Mindestanteil; Spitalplanung; Patienten; Leistungsauftrag; Patientin; Patientinnen; Recht; Zusatzversicherte; Kantone; Zusatzversicherten; Listenspitäler; OKP-Versicherte; Empfehlung; Leistungen; Vorgabe; OKP-Versicherten; Abteilung; Mindestanteils; Spitäler; Bundesgericht; Grundversicherte; Vorinstanz; Auflage; Prozent; Planung |
Rechtsnorm: | Art. 25 KVG ;Art. 35 KVG ;Art. 39 KVG ;Art. 41 KVG ;Art. 41a KVG ;Art. 49a KVG ; |
Referenz BGE: | 138 II 398; 145 V 128 |
Kommentar: | - |
Auszug aus dem Urteil der Abteilung III
i. S. Klinik Hirslanden gegen Regierung des Kantons St. Gallen
C-4231/2017 vom 16. Juli 2019
Mit Beschluss vom 20. Juni 2017 erliess die Regierung des Kantons St. Gallen (nachfolgend: Vorinstanz) eine neue Spitalliste Akutsomatik. Der Klinik Hirslanden in Zürich (nachfolgend: Klinik) wurde ein bis Ende 2018 befristeter Leistungsauftrag im Leistungsbereich Herz für sechs Leistungsgruppen erteilt. Zur Begründung der Befristung wurde insbesondere ausgeführt, das Kriterium der Aufnahmepflicht gelte als erfüllt, wenn der Anteil von ausschliesslich grundversicherten St. Galler Patientinnen und Patienten mindestens 57,2 % respektive der Zusatzversicherten-Anteil höchstens 42,8 % betrage. Da die Klinik das Kriterium deutlich nicht erfülle, werde der Leistungsauftrag « befristet bis Ende des Jahres 2018 mit der Auflage, bis Mitte 2018 den Zusatzversichertenanteil auf den kantonalen Schwellenwert zu reduzieren » erteilt. Falls dieses Ziel nicht erreicht werde, erlösche der Leistungsauftrag per Ende des Jahres 2018.
Mit Beschwerde vom 26. Juli 2017 beantragt die Klinik (nachfolgend auch: Beschwerdeführerin) insbesondere, der Leistungsauftrag für die sechs Leistungsgruppen sei ihr bis zum 30. Juni 2022 zu erteilen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht heisst die Beschwerde im Eventualantrag gut.
Aus den Erwägungen:
E. 7.4.2 m.H.). Sodann ändert Art. 39 KVG und insbesondere dessen Abs. 2ter (Planungskriterien) nichts daran, dass die - bundesrechtlich vorgeschriebene - Spitalplanung (für OKP-Leistungen) gemäss verfassungsrechtlicher Kompetenzausscheidung in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt. Die Spitalplanung wird durch das kantonale Recht geregelt; dieses muss jedoch den bundesrechtlichen Vorgaben entsprechen (GEBHARD EUGSTER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG,
2. Aufl. 2018, Art. 39 N. 8, nachfolgend: Rechtsprechung; vgl. auch BGE
138 II 398 E. 3.3.3.5; BVGE 2018 V/3 E. 7.6.1-7.6.4.2). Der Bundesge-
setzgeber hat deshalb darauf verzichtet, in Art. 39 Abs. 2ter KVG als weiteres Planungskriterium die Versorgungssicherheit aufzuführen, weil hierfür
gemäss Verfassung die Kantone zuständig seien (vgl. dazu die Zusammenfassung der parlamentarischen Debatte im Urteil des BVGer C-6266/2013
vom 29. September 2015 E. 4.4.5 sowie BGE 138 II 398 E. 3.3.3.4, je
m.H.). In Art. 39 Abs. 2ter KVG sollten nur die zentralen Kriterien der Systemsteuerung, welche die KVG-Revision vorsehe, aufgeführt werden (Urteil C-6266/2013 E. 4.4.5).
Gemäss Art. 12 Abs. 1 Bst. g des Gesetzes über die Spitalplanung und -finanzierung vom 31. Januar 2012 (sGS 320.1, nachfolgend: SPFG) kann der Leistungsauftrag mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden, « insbesondere [ ] Festlegung eines Mindestanteils an Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz im Kanton, für deren stationären Behandlungen keine Zusatzleistungen in Rechnung gestellt werden ». Aufgrund des Wortlauts dieser Norm und der Systematik erscheint nicht ohne Weiteres klar, ob das kantonale Recht eine gesetzliche Grundlage für die Festlegung des umstrittenen Mindestanteils (resp. eine diesbezügliche Kompetenzdelegation an den Regierungsrat) oder für die Nebenbestimmungen von Leistungsaufträgen bilden soll (zur Bedeutung des Gesetzmässigkeitsprinzips von Nebenbestimmungen vgl. BVGE 2018 V/3 E. 7.2 m.H.). Die Art. 10-15 SPFG stehen unter dem Titel « Leistungsauftrag ». Art. 12
SPFG trägt den Untertitel « Auflagen und Bedingungen »; die Voraussetzungen (für die Erteilung) eines Leistungsauftrags werden hingegen in Art. 11 Abs. 2 SPFG geregelt. Art. 12 Abs. 1 Bst. g SPFG statuiert sodann keine Pflicht der Listenspitäler, einen (bestimmten oder bestimmbaren) Mindestanteil an nur Grundversicherten (wobei hier nur Patientinnen und Patienten ohne Zusatzversicherung für die halbprivate oder private Abteilung gemeint sind) zu behandeln.
Die vorliegend umstrittenen Nebenbestimmungen lassen sich daher, zumal das SPFG diesbezüglich keine weiteren Vorschriften enthält, zumindest nicht allein auf kantonales Recht stützen. Nachfolgend ist deshalb zu prüfen, ob sich die Vorgabe betreffend Mindestanteil aus dem KVG und dessen Ausführungsbestimmungen ableiten lässt.
Die Vorinstanz erachtet die Vorgabe betreffend Mindestanteil von nur Grundversicherten als Konkretisierung der in Art. 41a KVG verankerten Aufnahmepflicht. In der « Spitalplanung Akutsomatik 2017 » des Gesundheitsdepartements (nachfolgend: Spitalplanung 2017) führt sie dazu Folgendes aus: « Die Aufnahmepflicht für Listenspitäler bedeutet, dass eine Selektion auf Grund des Versichertenstatus oder des individuellen Risikos der zu behandelnden Person nicht gestattet ist. Die Spitäler haben sich im Rahmen des Evaluationsverfahrens schriftlich verpflichtet, keine Patientenoder Risikoselektion zu betreiben. Die Einhaltung dieses Kriteriums wird retrospektiv überprüft. Dabei gilt das Kriterium als erfüllt, wenn der Anteil von ausschliesslich grundversicherten St. Galler Patientinnen und Patienten mindestens 57.2 Prozent respektive der ZusatzversichertenAnteil höchstens 42.8 Prozent betragen » (S. 66 m.H. auf Art. 12 Bst. g SPFG). In der Fussnote wird ergänzend festgehalten: « Der Mindestanteil berechnet sich aus der Differenz zwischen 100 Prozent und der doppelten durchschnittlichen Anzahl stationär behandelten zusatzversicherter St. Galler Patientinnen und Patienten, welcher im Jahr 2015 21.4 Prozent betrug (ohne gesunde Neugeborene) .»
Art. 41a Abs. 3 KVG verpflichtet die Kantone, für die Einhaltung der Aufnahmepflicht zu sorgen. Wie sie diese zu gewährleisten haben, gibt das Bundesrecht nicht vor.
Eine bundesrechtlich vorgeschriebene Aufnahmepflicht der Listenspitäler war im Entwurf vom 15. September 2004 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; Spitalfinanzierung [BBl 2004 5593]) noch nicht vorgesehen; Art. 41a KVG wurde erst im Differenzbereinigungsverfahren vom Ständerat eingefügt.
Die Kommissionssprecherin führte dazu insbesondere aus, der Nationalrat sei offenbar davon ausgegangen, dass alle Spitäler einer Aufnahmepflicht unterstellt seien. Da nun einerseits die freie Spitalwahl eingeführt werde und andererseits die Kantone zur Planung verpflichtet würden, sei es nach Ansicht der Kommission notwendig zu definieren, wann die Spitäler zur Aufnahme eines Patienten oder einer Patientin verpflichtet seien (AB 2007 S 759 f.). Art. 41a KVG lege die aus dem Bundesrecht fliessenden Pflichten fest; im Rahmen ihrer Kompetenz könnten die Kantone die Aufnahmepflicht weiterhin regeln (AB 2007 S 760; vgl. auch Kommissionsprotokoll der Sitzung der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [SGK] vom 2./3. Juli 2007 S. 12 ff.). In der SGK des Ständerats wurde namentlich betont, dass bisher in der Regel nur den öffentlichen Spitälern durch das kantonale Recht eine Aufnahmepflicht auferlegt worden sei. Nun gehe es darum klarzustellen, welche Voraussetzungen ein Leistungserbringer erfüllen müsse, wenn er im Rahmen des KVG tätig sein wolle (vgl. S. 15 f.). Der neue Art. 41a KVG führte im Ständerat zu keiner Diskussion. Im Nationalrat wurden Art. 41 und Art. 41a KVG gemeinsam behandelt; eine Minderheit wollte an der weitergehenden Spitalwahlfreiheit (Prinzip « Cassis de Dijon ») festhalten und keine Aufnahmepflicht vorsehen. In der Debatte stand die Frage der freien Spitalwahl im Vordergrund (vgl. AB 2007 N 1770 ff.). Nur die Sprecherin der SP-Fraktion äusserte sich zu Art. 41a KVG und kritisierte, dass die Kommissionsminderheit auf einen Aufnahmezwang verzichten wolle. Dies würde dazu führen, dass Listenspitäler, namentlich Privatspitäler, zwar von den Vorteilen (d.h. von kantonalen Steuergeldern) profitieren könnten, aber nicht an einen Aufnahmezwang gebunden wären. Dies sei aus gesundheitspolitischer Sicht nicht vertretbar (AB 2007 N 1771).
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) hat am 14. Mai 2009 Empfehlungen zur Spitalplanung verabschiedet, diese am 18. Mai 2017 zunächst teilweise und am 25. Mai 2018 vollständig revidiert (nachfolgend: GDK-Empfehlungen [2009, 2017 oder 2018]). Die GDKEmpfehlungen sind für die Kantone nicht bindend (GDK-Empfehlungen 2017, S. 2) und enthalten auch keine verbindliche Auslegung des KVG und der KVV (BVGE 2018 V/3 E. 9.8 m.H. auf BGE 138 II 398 E. 2.3.5).
Vielmehr sollen sie « eine gemeinsame Sicht auf die kantonale Aufgabe der Spitalplanung anregen und verstehen sich damit auch als einen Beitrag zur interkantonalen Koordination der Spitalplanung im Sinne von Art. 39 Abs. 3 KVG » (GDK-Empfehlungen 2017, S. 2). Die Empfehlung (ab
2009 Nr. 5, ab 2017 Nr. 9) betreffend Aufnahmepflicht wurde erst mit der zweiten Revision (2018) erneuert. Bis zur Revision lautete sie wie folgt:
« a) Die Kantone können punktuell Ausnahmen von der allgemeinen Aufnahmepflicht gemäss Art. 41a KVG im kantonalen Leistungsauftrag vorsehen.
Die Einhaltung der Aufnahmepflicht wird nachträglich anhand der Patientenstruktur ermittelt. Sie kann als erfüllt gelten, wenn die Leistungen gemäss Leistungsauftrag für mindestens 50 % der Patienten ausschliesslich über die obligatorische Krankenpflegeversicherung finanziert werden.
Als ausschliesslich allgemein versichert gelten Patienten, für welche die stationären Leistungen bei vollem Tarifschutz einzig über die obligatorische Krankenpflegeversicherung fakturiert werden, d.h. ohne Zuzahlung für erhöhten Hotelleriestandard und / oder erweiterte Wahlfreiheit betreffend Arzt oder Termin.
Vorbehalten bleiben Meldungen über Vorkommnisse, welche auf eine Verletzung der Aufnahmepflicht hindeuten.
Der Kanton definiert im Leistungsauftrag die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Aufnahmepflicht.
Es wird empfohlen, die kantonalgesetzliche Verankerung dieser Regelung zu prüfen.»
In der Begründung wird zu Bst. b unter anderem ausgeführt, der Wert von 50 % sei bewusst tief angesetzt; er beinhalte eine grosse Sicherheitsmarge. Die Erfüllung einer solchen Auflage sei anhand des empirischen Wertes von 50 % allgemeinversicherten Patientinnen und Patienten zu prüfen. Basis seien die gemäss dem jeweiligen kantonalen Leistungsauftrag erbrachten Leistungen (GDK-Empfehlungen 2017, S. 15).
In der revidierten (und stark gekürzten) Empfehlung wird in Bst. b keine Prozentangabe mehr aufgeführt: « Zur Gewährleistung des Zugangs der allgemeinversicherten Patientinnen und Patienten zu den vorhandenen Spitalkapazitäten der Listenspitäler kann der Kanton einen Mindestanteil an ausschliesslich Grundversicherten Patientinnen und Patienten formulieren, den alle Listenspitäler erfüllen müssen » (GDK-Empfehlungen 2018, S. 18).
In BGE 138 II 398 hat das Bundesgericht erkannt, dass eine kantonale Norm, wonach die Aufnahmepflicht als erfüllt gilt, wenn der Anteil von nur OKP-versicherten Patientinnen und Patienten 50 % beträgt, nicht
bundesrechtswidrig ist und insbesondere nicht gegen Art. 41a KVG verstösst. Dabei hat das Bundesgericht namentlich in Erwägung gezogen, dass die Spitalplanung einerseits der Vermeidung von Überkapazitäten und den daraus resultierenden Mehrkosten dient, andererseits - und vor allem - aber die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Spitalversorgung für die Kantonsbevölkerung (vgl. Art. 39 Abs. 1 Bst. d KVG; Art. 58a KVV [SR 832.102]) bezweckt, insbesondere für den grösseren Teil der Bevölkerung, der über keine Zusatzversicherung (für die private oder halbprivate Abteilung) verfügt. Die Spitalplanung müsse daher dafür sorgen, dass genügend Spitalleistungen in der allgemeinen Abteilung angeboten werden. Dies könne vereitelt werden, wenn die Listenspitäler ausschliesslich oder mehrheitlich Patientinnen und Patienten mit Zusatzversicherungen aufnähmen. Die streitige Norm betreffend Mindestanteil Allgemeinversicherter verfolge daher ein legitimes Ziel der Spitalplanung (BGE 138 II 398 E. 5.3).
Weiter hielt das Bundesgericht fest, dass die Bestimmungen des KVG zur Spitalplanung nur für den Bereich der OKP gelten und nur die Spitalbehandlungen in der allgemeinen Abteilung unter den Leistungskatalog des KVG fallen, nicht aber diejenigen in der halbprivaten und privaten Abteilung. Weil aber jede in der Schweiz wohnhafte Person, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen hat, gleichzeitig obligatorisch in der Grundversicherung versichert ist (Art. 3 KVG) und demnach Anspruch auf die Leistungen der OKP hat, betrifft die Planungskompetenz des Kantons auch die Leistungen der Grundversicherung, die in der halbprivaten und privaten Abteilung erbracht werden. Ein Privatspital könne sich den Anordnungen der Planungsbehörden jedoch entziehen, indem es als Nicht-Listenspital (z.B. als Vertragsspital im Sinne von Art. 49a Abs. 4 KVG) tätig sei (BGE 138 II 398 E. 5.4).
Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin ging es in diesem Fall somit nicht (nur) um die Frage einer mengenmässigen Steuerung, sondern wie vorliegend um die Konkretisierung der Aufnahmepflicht gemäss Art. 41a KVG (vgl. auch BGE 138 II 398 E. 5.1).
BERNHARD RÜTSCHE (Spitalplanung und Spitalfinanzierung: Grundsatzurteil des Bundesgerichts, hill Zeitschrift für Recht und Gesundheit 50/2012) pflichtet dem Bundesgericht darin bei, dass sich die kantonale Planungskompetenz auch auf Zusatzversicherte erstreckt. Das könne aber nicht bedeuten, dass die Kantone deshalb die Aufnahme zusatzversicherter Personen auf einen bestimmten Prozentsatz beschränken dürften.
Eine Begrenzung der Aufnahme von Personen bestimmter Versicherungskategorien sei etwas völlig anderes als eine Begrenzung der Leistungsmenge. Die Begrenzung der Leistungsmenge diene dem legitimen Zweck, medizinisch nicht indizierte Behandlungen (Überarztung) zu vermeiden, und beruhe auf entsprechendem statistischem Zahlenmaterial. Demgegenüber habe eine Begrenzung der Aufnahme von Zusatzversicherten überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Anliegen, nicht notwendigen Mengenausweitungen zu begegnen. Vielmehr führe eine solche Begrenzung dazu, dass ein Listenspital notwendige Behandlungen von zusatzversicherten (und damit auch grundversicherten) Patienten nicht durchführen dürfe, wenn in diesem Spital die gesetzte Obergrenze überschritten sei. Dies stehe in Widerspruch zur Aufnahmepflicht gemäss Art. 41a KVG und sei auch kaum mit der Rechtsgleichheit vereinbar (Rz. 38). Wie das Bundesgericht zu Recht betone, müssten die Kantone als Verantwortliche für die Spitalversorgung sicherstellen, dass für die Bevölkerung genügende Spitalkapazitäten vorhanden seien. Dies müsse gleichermassen für alle Personen gelten, unabhängig davon, ob sie zusatzversichert seien oder nicht. Die Art der Versicherung dürfe für die Spitalplanung keine Rolle spielen (Rz. 39; vgl. auch BERNHARD RÜTSCHE, Spitalplanung und Privatspitäler, 2016, Rz. 5 ff., nachfolgend: Privatspitäler). Schliesslich führt der Autor aus, das Bundesverwaltungsgericht müsse sich bei der Beurteilung einer (konkreten) Spitalplanung nicht zwingend dem Bundesgericht anschliessen, denn die auf die Tessiner Regelung bezogenen Erwägungen des Bundesgerichts bewirkten keine Veränderung der Rechtslage. Auch gehe von diesen Erwägungen keine faktische Bindungswirkung aus, da das Bundesverwaltungsgericht im Bereich Spitallisten letztinstanzlich entscheide und in seiner Rechtsprechung unabhängig sei (RÜTSCHE, Privatspitäler, a.a.O., Rz. 28).
Nach EUGSTER bezweckt Art. 41a KVG die Sicherung der spitalplanungskonformen Versorgung. Da die Listenspitäler von steuerfinanzierten Leistungen profitierten, sollten sie auch den ihnen in der Spitalplanung zugedachten medizinischen Versorgungsanteil erbringen und diese Pflicht nicht durch Aufnahmeverweigerungen unterlaufen können, insbesondere nicht durch die Selektion profitabler oder die Abwehr unrentabler Behandlungsfälle (GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR, Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 666 Rz. 843, nachfolgend: SBVR; vgl. auch derselbe, Rechtsprechung, a.a.O., Art. 41a N. 1). Die Regelung einiger Kantone, wonach die Aufnahmepflicht als erfüllt gilt, wenn der Anteil von Patientinnen und Patienten, die nur über eine OKP beziehungsweise über keine Zusatzdeckung für die private oder halbprivate Spitalklasse verfügen, mindestens 50 % beträgt, sei zulässig. Solche Bestimmungen dienten der Sicherstellung einer ausreichenden Spitalkapazität für die allgemeine Spitalabteilung (EUGSTER, SBVR, a.a.O., S. 666 Rz. 844).
Die Kantone haben nicht nur die Kompetenz, sondern auch die Pflicht, eine bedarfsgerechte Spitalversorgung für OKP-Versicherte zu gewährleisten und für die Einhaltung der Aufnahmepflicht im Sinne von Art. 41a KVG zu sorgen. Die Spitalplanung hat - wie RÜTSCHE zu Recht ausführt - grundsätzlich unabhängig von der Versicherungsklasse zu erfolgen. Da sich die Spitalplanung jedoch auf die Leistungen der OKP zu beschränken hat, welche sich nach dem Standard der allgemeinen Abteilung richtet (Art. 25 Abs. 2 Bst. e KVG), muss primär eine bedarfsgerechte Versorgung für Grundversicherte gewährleistet sein. Ein Kanton hat mithin nicht dafür zu sorgen, dass ausreichende Kapazitäten in der Privatoder Halbprivatabteilung zur Verfügung stehen, denn für diese Versicherungsklassen verfügt der Kanton über keine Planungskompetenz (vgl. BVGE 2012/30 E. 4.8; BGE 138 II 398 E. 5.4; Botschaft vom 15. September 2004 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [Spitalfinanzierung], BBl 2004 5551, 5567). Die Behandlung von Zusatzversicherten ist für Spitäler zweifellos finanziell attraktiver als diejenige von nur Grundversicherten. Ein Kanton hat gemäss Art. 41a Abs. 3 KVG jedoch dafür zu sorgen, dass auch die weniger rentablen Fälle
- wie die ausschliesslich Grundversicherten - von den Spitälern aufgenommen werden. Wenn er hierfür einen Mindestanteil von nur OKP-Versicherten vorgibt, entspricht dies grundsätzlich einer bundesrechtskonformen Konkretisierung von Art. 41a KVG. Der maximale Anteil von Zusatzversicherten (oder von Selbstzahlenden) ist eine unvermeidliche (mathematische) Folge des Mindestanteils von nur OKP-Versicherten, bedeutet aber nicht, dass der Kanton eine (unzulässige) Planung für den Bereich der Zusatzversicherten vornimmt und zusatzversicherte Leistungen steuert.
Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin auch darin, dass die Vorgabe eines Mindestanteils von nur OKP-Versicherten dazu führen würde, dass sie gegenüber Zusatzversicherten ihrer Aufnahmepflicht nicht mehr nachkommen könnte und die Zusatzversicherten in der freien Spitalwahl beeinträchtigt würden. Die im KVG verankerte Aufnahmepflicht und die freie Spitalwahl im Sinne von Art. 41 Abs. 1bis KVG beziehen sich ebenfalls auf die Leistungen der OKP entsprechend dem
Standard der allgemeinen Abteilung. Die darüber hinausgehende Spitalwahlfreiheit von Zusatzversicherten richtet sich nach dem entsprechenden Versicherungsvertrag und ist vorliegend nicht von Belang. Die Vorgabe eines Mindestanteils von nur OKP-Versicherten kann nicht zur Folge haben, dass ein Patient oder eine Patientin von einem Spital allein deshalb nicht aufgenommen werden darf, weil er oder sie auch über eine Zusatzversicherung verfügt. Die Regelung betreffend Mindestanteil kann nur vorgeben, dass bei einem bestimmten Prozentsatz der behandelten Patientinnen und Patienten nur die für die OKP-Versicherten massgebende Vergütung verlangt werden darf (vgl. auch die in E. 4.4.2 zitierte Empfehlung der GDK). Der Mindestanteil von nur OKP-Versicherten soll wie erwähnt gewährleisten, dass auch finanziell weniger attraktive Patientinnen und Patienten ungehinderten Zugang zur Spitalversorgung haben. Dass verdeckte Zugangshindernisse für nur OKP-Versicherte - wie die Vorinstanz geltend macht ([ ]) - im Einzelfall nur schwer beweisbar sind, erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar, weshalb die Vorgabe eines Mindestanteils sachgerecht ist.
Es besteht demnach für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, die Frage der Zulässigkeit eines Mindestanteils von nur OKP-Versicherten abweichend zu BGE 138 II 398 zu beurteilen, weshalb auf die Frage nach der Bindungswirkung der bundesgerichtlichen Erwägungen nicht weiter einzugehen ist.
Weiter ist zu prüfen, ob auch die von der Vorinstanz vorgenommene Konkretisierung der Aufnahmepflicht vor Bundesrecht standhält.
Bei der Überprüfung der Aufnahmepflicht ist den Kantonen mangels bundesrechtlicher Vorgaben ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zutreffend festhält. Dass der Kanton St. Gallen den geforderten Mindestanteil von nur OKPVersicherten nicht (wie der Kanton Tessin) in einem kantonalen Gesetz verankert hat, ist aus bundesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, lässt sich eine solche Anforderung an die Listenspitäler auf Art. 41a KVG stützen. Der Erlass einer spezifischen gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht (namentlich zur Gewährleistung der demokratischen Legitimation) ist zwar zulässig, jedoch nicht zwingend erforderlich (vgl. auch BVGE 2018 V/3 E. 7 [betreffend Einführung von Mindestfallzahlen pro Operateurin oder Operateur]). Wesentlich ist jedoch, dass die Vorgaben betreffend Mindestanteil - wie die übrigen (leistungsgruppenspezifischen und weiteren) Anforderungen - generell für alle Listenspitäler gelten und den Spitälern, welche sich um
einen Listenplatz bewerben, bekannt sind (vgl. auch FANKHAUSER/RUTZ, Spitalplanung und Spitalfinanzierung, Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge [SZS] 3/2018 S. 293).
Grundsätzlich ist eine kantonale Regelung, die für die Bestimmung eines Mindestanteils am tatsächlichen Verhältnis zwischen nur OKP-Versicherten und Zusatzversicherten anknüpft, nicht unzulässig. Auch die vom Kanton St. Gallen angewendete Regel, welche den Mindestanteil aufgrund des doppelten Prozentsatzes der durchschnittlichen Anzahl Zusatzversicherter bestimmt, ist an und für sich nicht zu beanstanden, weil damit der weite Ermessensspielraum nicht überschritten wird. Die Konkretisierung und Anwendung dieser Regel auf den vorliegenden Fall erweist sich jedoch als bundesrechtwidrig, wie in den nachfolgenden Erwägungen aufzuzeigen ist.
Bei ausserkantonalen Spitälern ist dem mit einem Mindestanteil von nur OKP-Versicherten verfolgten legitimen Ziel, die Aufnahmepflicht der Listenspitäler durchzusetzen, besondere Beachtung zu schenken.
Die Aufnahmepflicht der Listenspitäler gilt gemäss Art. 41a KVG (von Notfällen abgesehen) nur insoweit, als sie vom betreffenden Kanton einen Leistungsauftrag für das entsprechende Leistungsspektrum erhalten haben. Bei ausserkantonalen Wahlbehandlungen besteht hingegen keine Aufnahmepflicht (vgl. auch EUGSTER, Rechtsprechung, a.a.O., Art. 41a N. 2 f.).
Der Beschwerdeführerin wurde von der Vorinstanz ein Leistungsauftrag für ein sehr eingeschränktes Leistungsspektrum (für sechs Leistungsgruppen im Bereich Herzchirurgie) erteilt. Im Übrigen steht den Patientinnen und Patienten aus dem Kanton St. Gallen im Rahmen der Spitalwahlfreiheit nach Art. 41 Abs. 1bis KVG das breite Leistungsspektrum der Klinik (entsprechend der Zürcher Spitalliste Akutsomatik) offen für ausserkantonale Wahlbehandlungen. Im Jahr 2015 behandelte die Klinik 643 Versicherte aus dem Kanton St. Gallen, davon 145 aufgrund des Leistungsauftrags im Bereich Herzchirurgie (vgl. Spitalplanung 2017, S. 31, 67 und 109). Somit bestand für weniger als ein Viertel der behandelten Personen eine Aufnahmepflicht, weshalb es nicht angehen kann, für die Überprüfung der Aufnahmepflicht auf das Total aller Patientinnen und Patienten aus dem Kanton St. Gallen abzustellen. Dies anerkennt nunmehr auch die Vorinstanz, unter Hinweis auf die vom BAG vorgebrachten Einwände, in ihren Schlussbemerkungen ([ ]). Dass bei der Überprüfung der
Aufnahmepflicht nur die aufgrund des kantonalen Leistungsauftrags erbrachten Leistungen zu berücksichtigen sind, entspricht im Übrigen auch den GDK-Empfehlungen 2017 (vgl. E. 4.4.2).
Die in der Spitalplanung 2017 im Zusammenhang mit der Aufnahmepflicht getroffene Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin einen Zusatzversichertenanteil von 74,9 % (statt des zulässigen Maximums 42,8 %) aufweise, ist demnach unzutreffend und entsprechend zu korrigieren. In ihren Ausführungen ( ) sowie in den Schlussbemerkungen vertritt die Vorinstanz die Ansicht, dass es keine Rolle spiele, welche Berechnungsmethode zur Anwendung komme, da die Beschwerdeführerin den vorgegebenen Mindestanteil ohnehin nicht erreiche (vgl. Spitalplanung 2017 S. 110 [um 9 oder 22 % verfehlt], [ ; wobei hier auch die Daten für das Jahr 2016 herangezogen werden und gestützt darauf ein neuer Mindestanteil von 58,2 % berechnet wird]). Diese Folgerung könnte dann zutreffen, wenn einem Spital der Leistungsauftrag ganz zu verweigern wäre, wenn es den vorgegebenen Mindestanteil von nur OKP-Versicherten nicht erreicht. Wird aber wie hier der Leistungserbringer mittels Auflage dazu verpflichtet, den Zusatzversichertenanteil auf den kantonalen Schwellenwert zu reduzieren, und ihm bei Nichterfüllen der Auflage die Nichtverlängerung des Leistungsauftrags respektive dessen Erlöschen angedroht, kann sich die Behörde nicht auf die Feststellung beschränken, der Mindestanteil werde unabhängig von der Berechnungsmethode nicht erreicht.
Eine Auflage ist die mit einer Verfügung verbundene zusätzliche Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen (HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 919). Die in der Zwischenverfügung vom 28. November 2017 ([ ]) aufgeworfene Frage, ob es sich vorliegend tatsächlich um eine Auflage und eine Befristung oder allenfalls um eine Resolutivbedingung handle, kann offenbleiben. Unabhängig von der Qualifikation der hier infrage stehenden Nebenbestimmungen muss für die Beschwerdeführerin als Adressatin klar sein, was sie zu tun hat, um den Leistungsauftrag nicht zu verlieren. Deshalb muss ihr nicht nur der geforderte Mindestanteil (kantonaler Schwellenwert) bekannt sein; sie muss auch wissen, wie dessen Einhaltung überprüft wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weshalb die erlassenen Nebenbestimmungen an einem erheblichen Mangel leiden.
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