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Bundesverwaltungsgericht Urteil BVGE 2019 IV/3

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts BVGE 2019 IV/3

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:BVGE 2019 IV/3
Datum:21.05.2019
Leitsatz/Stichwort:Arbeitnehmerschutz
Schlagwörter : Arbeit; Tarbeit; Unentbehrlichkeit; Bewilligung; Verkehr; Urteil; Verfügung; Verkehrs; Betrieb; Unfall; Arbeitnehmende; äumlich-persönlich; Spurabbau; Strassenbau; Verzweigung; Anschluss; Arbeitsgesetz; Arbeitnehmenden; Gesundheit; BVGer; Hinsicht; Strassenerneuerungs; Kanalsanierungsarbeiten; Unfallgefahr; Sonntag
Rechtsnorm: Art. 16 ArG ;Art. 17 ArG ;Art. 18 ArG ;Art. 28 ArG ;Art. 40 ArG ;Art. 41 ArG ;Art. 42 ArG ;Art. 49 ArG ;
Referenz BGE:120 Ib 332; 131 II 200; 136 II 427
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

2019 IV/3

Auszug aus dem Urteil der Abteilung II

i.S. Gewerkschaft A. gegen

B. AG und Staatssekretariat für Wirtschaft

B-5341/2018 vom 21. Mai 2019

Bewilligung für Nachtarbeit im Strassenbau. Systematisierung der bisherigen Rechtsprechung sowie Prüfprogramm für die Beurteilung der materiellen Bewilligungsvoraussetzungen. Bejahung der technischen Unentbehrlichkeit.
Art. 16 f., Art. 49 ArG. Art. 28 Abs. 1, Art. 41 f. ArGV 1.
  1. Materielle Bewilligungsvoraussetzungen: Unentbehrlichkeit der Nachtarbeit als sachliches Erfordernis, räumlich-persönlich beschränkte sowie zeitlich befristete Notwendigkeit (E. 2.2 f.).
  2. Die technische Unentbehrlichkeit ist bei zwingenden Arbeiten gegeben, soweit deren Erledigung infolge enger Platzverhältnisse einen Spurabbau erforderlich macht (E. 6.2).
Autorisation du travail de nuit dans le cadre de la construction des routes. Systématisation de la jurisprudence valable jusqu'à présent et schéma d'examen pour l'appréciation des conditions matérielles d'autorisation. Admission de l'indispensabilité technique.
Art. 16 s., art. 49 LTr. Art. 28 al. 1, art. 41 s. OLT 1.
  1. Conditions matérielles d'autorisation: indispensabilité du travail de nuit comme exigence objective, nécessité temporaire et limitée quant aux personnes et aux lieux (consid. 2.2 s.).
  2. Pour des travaux impératifs, l'indispensabilité technique est démontrée lorsque leur exécution nécessite la fermeture d'une voie en raison d'un espace restreint (consid. 6.2).
Autorizzazione per il lavoro notturno nell'ambito di lavori di costruzione stradali. Sistematizzazione della giurisprudenza finora applicata e programma d'esame per la valutazione delle condizioni materiali d'autorizzazione. Ammissione dell'indispensabilità tecnica.
Art. 16 seg., art. 49 LL. Art. 28 cpv. 1, art. 41 seg. OLL 1.
  1. Condizioni materiali d'autorizzazione: nozione di indispensabilità del lavoro notturno come esigenza oggettiva, bisogno limitato in termini territoriali, personali e temporali (consid. 2.2 seg.).
  2. L'indispensabilità tecnica è data nel contesto di lavori assolutamente necessari se la loro esecuzione richiede la chiusura di una corsia a causa dello spazio ristretto (consid. 6.2).

Mit Gesuch um Arbeitszeitbewilligung vom 14. Februar 2018 beantragte die B. AG (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO, nachfolgend: Vorinstanz) eine Bewilligung für Nachtarbeit, Sonntagsarbeit sowie ununterbrochenen Betrieb auf der Baustelle ARGE Z. (Personal B. AG) für die Betriebsdauer vom 10. März 2018 bis

15. Dezember 2020.

Mit Verfügung vom 19. August 2018 bewilligte die Vorinstanz Nachtarbeit für maximal 25 Strassenbauer für den beantragten Zeitraum auf dem Betriebsteil Baustelle Instandsetzung N01 zwischen der Verzweigung X. und dem Anschluss Y., jeweils für die Nächte Sonntag auf Montag bis Freitag auf Samstag. Sie begründete die Bewilligung mit der technisch unentbehrlichen Betriebsweise und schränkte sie weiter auf « Arbeiten [ein], die aus Sicherheitsgründen ausserhalb der Hauptverkehrszeit ausgeführt werden müssen ».

Mit Beschwerde vom 15. September 2018 beantragt die Gewerkschaft A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin) beim Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2.
    1. Das Arbeitsgesetz bezweckt vornehmlich den Arbeitnehmerschutz vor Sicherheitsund Gesundheitsgefährdungen. Die gesetzliche Regelung der Arbeitsund Ruhezeiten (Art. 9 ff. des Arbeitsgesetzes vom

      13. März 1964 [ArG, SR 822.11]) soll einerseits dazu beitragen, mit einer übermässigen Müdigkeit verbundene Unfallund Krankheitsrisiken zu reduzieren, und andererseits den Arbeitnehmenden ein Sozialund Familienleben sichern, das sich positiv auf ihre Gesundheit auswirkt (Gesundheitsschutz im weiteren Sinne; vgl. Urteil des BGer 2C_344/2008 vom

      26. März 2009 E. 4.4; Urteil des BVGer B-3526/2017 vom 21. Juni 2018

      E. 3.3.2; Botschaft vom 30. September 1960 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel [Arbeitsgesetz], BBl 1960 II 910, 977; MARTIN FARNER, in: Kurzkommentar ArG, 2018,

      Einleitung N 44; MÜLLER/MADUZ, Kommentar ArG, 8. Aufl. 2017, Einleitung N 2; SCHEIDEGGER/PITTELOUD, in: Handkommentar Arbeitsgesetz, 2005, Art. 6 N 9).

      Gemäss Art. 16 ArG (Verbot der Nachtarbeit) ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern ausserhalb der betrieblichen Tagesund Abendarbeitszeiten nach Art. 10 ArG untersagt. Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit bedürfen der Bewilligung (Art. 17 Abs. 1 ArG). Die Bewilligung dauernder oder regelmässig wiederkehrender Nachtarbeit setzt in sachlicher Hinsicht eine Unentbehrlichkeit aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen voraus (Art. 17 Abs. 2 ArG). Die Verordnung 1 vom

      10. Mai 2000 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1, SR 822.111) konkretisiert die Voraussetzungen (Art. 40 Abs. 1 Bst. b ArG; s. E. 2. 2).

      Die Nachtarbeit soll entsprechend dem gesetzgeberischen Grundgedanken möglichst eingeschränkt werden, und Ausnahmen davon sind grundsätzlich eng auszulegen. Blosse Zweckmässigkeitsüberlegungen genügen nicht, um das Nachtarbeitsverbot aufzuweichen (vgl. BGE 136 II 427

      E. 3.2 mit Verweis auf die im Gesetzestext enthaltene Tatbestandsvoraussetzung der Unentbehrlichkeit; Urteil des BGer 2C_475/2017 vom 15. Dezember 2017 E. 2.2 und 3.3.1 m.H.; Urteile des BVGer B-5340/2017 vom 28. März 2018 E. 7.1 und B-3578/2014 vom 15. Juli 2015 E. 4.2; DANIEL

      SOLTERMANN, Die Nacht aus arbeitsrechtlicher Sicht, 2004, S. 179).

    2. Eine technische Unentbehrlichkeit im Sinne von Art. 17 Abs. 2 ArG liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsverfahren oder Arbeiten nicht unterbrochen oder aufgeschoben werden können, weil mit der Unterbrechung oder dem Aufschub erhebliche und unzumutbare Nachteile für die Produktion und das Arbeitsergebnis oder die Betriebseinrichtungen verbunden sind (Art. 28 Abs. 1 Bst. a ArGV 1), andernfalls die Gesundheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oder die Umgebung des Betriebs gefährdet werden (Art. 28 Abs. 1 Bst. b ArGV 1). Die Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen wird in Art. 28 Abs. 1 ArGV 1 nicht abschliessend geregelt (vgl. S OLTERMANN, a.a.O., S. 179). Als unbestimmter Rechtsbegriff ist sie im konkreten Anwendungsfall auszulegen. Die Bestimmungen von Bst. a und Bst. b bilden jedoch diejenigen Gründe, an denen sich andere, aber gleichwertige Ausnahmen ausweisen lassen müssen (vgl. Urteil des BVGer B-6642/2018 vom 21. März 2019 E. 4.3 und 6.5). Immerhin hat das Bundesgericht mit Bezug auf das grundsätzliche

      Verbot der Sonntagsarbeit (Art. 18 ff. ArG) festgehalten, dass bei der technischen Unentbehrlichkeit weniger strenge Anforderungen gelten als bei den Erfordernissen der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit und der besonderen Konsumbedürfnisse (vgl. Urteil 2C_344/2008 E. 5.2 m.H.; siehe sogleich). Insofern ist auch an die Ausnahmen vom Nachtarbeitsverbot kein ungebührlich strenger Massstab anzulegen; dies umso mehr, als das Nachtarbeitsverbot nach dem gesetzgeberischen Willen in der Tendenz etwas weniger restriktiv zu handhaben ist (vgl. BGE 120 Ib 332 E. 4b m.H.; MARRO/FRUNZ/GROSS, Kurzkommentar ArG, a.a.O., Art. 19 N 1, je m.H.).

      Die Unentbehrlichkeit aus wirtschaftlichen Gründen wird in Art. 28 Abs. 2 ArGV 1 mittels eines abschliessenden Alternativkatalogs umschrieben (vgl. HURNI/GRAF, Kurzkommentar ArG, a.a.O., Art. 17 N 16 m.H.). Darüber hinaus stellt die Verordnung der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit die besonderen Konsumbedürfnisse gleich, deren Befriedigung im öffentlichen Interesse liegt und nicht ohne Nachtoder Sonntagsarbeit möglich ist. Solche Konsumbedürfnisse sind täglich notwendige und unentbehrliche Waren oder Dienstleistungen, deren Fehlen von einem Grossteil der Bevölkerung als wesentlicher Mangel empfunden würde (Art. 28 Abs. 3 Bst. a ArGV 1) und bei denen das Bedürfnis dauernd oder in der Nacht oder am Sonntag besonders hervortritt (Art. 28 Abs. 3 Bst. b ArGV 1).

    3. Wer geltend macht, dass die Ausnahmebedingungen erfüllt sind, hat dies nachzuweisen (Art. 8 ZGB analog; vgl. Urteil B-5340/2017

E. 7.4). Die Beweislast liegt beim Gesuchsteller (vgl. Urteil des BVGer B-2257/2010 vom 15. Oktober 2010 E. 5.4). Materielle Bewilligungsvoraussetzungen sind - nebst der Unentbehrlichkeit der Nachtarbeit aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen als sachlichem Erfordernis (vgl.

E. 2. 2) - deren räumlich-persönlich beschränkte sowie zeitlich befristete Notwendigkeit (Art. 49 Abs. 1 ArG i.V.m. Art. 17 Abs. 2 ArG sowie

Art. 41 Bst. a-d bzw. Art. 42 Abs. 1 Bst. b, d-g und Abs. 2 ArGV 1). Räumlich-persönlich oder zeitlich überschiessender Nachtarbeit ist nämlich gleichfalls die Unentbehrlichkeit im Sinne von Art. 17 Abs. 2 ArG abzusprechen (vgl. Urteil B-6642/2018 E. 6.2). Art. 49 ArG in Verbin-

dung mit Art. 41 beziehungsweise Art. 42 ArGV 1 enthält darüber hinaus

formelle Verfahrensanordnungen, welche insbesondere die Rechtzeitigkeit der schriftlichen Gesuchstellung sowie deren Dokumentation mit den erforderlichen Unterlagen, Bestätigungen und Erklärungen betreffen (vgl. Urteil des BVGer B-1967/2007 vom 28. März 2008 E. 3.2 m.H.). Sind die Ausnahmebedingungen erfüllt, besteht ein Anspruch auf Bewilligung

(Art. 42 Abs. 4 ArGV 1; vgl. Urteil des BVGer B-771/2009 vom

18. September 2009 E. 4.2). Der Mangel eines unvollständigen Gesuchs beziehungsweise einer ungenügenden Sachverhaltsabklärung oder Entscheidbegründung kann im Bewilligungsoder Rechtsmittelverfahren behoben werden (vgl. BGE 131 II 200 E. 4 und 6.4 m.H.).

3.5. ( )
6.
6.1 Sodann ist zu überprüfen, ob die materiellen Bewilligungsvoraus-

setzungen - sachliche Unentbehrlichkeit sowie räumlich-persönliche und zeitliche Erforderlichkeit - nachweislich erfüllt sind (s. E. 2).

6.2
      1. In sachlicher Hinsicht begründet die angefochtene Verfügung die ausnahmsweise Bewilligung der Nachtarbeit mit deren technischer Unentbehrlichkeit ([...]). Wie nachfolgend dargelegt wird, ist diese vorinstanzliche Beurteilung bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Es kann demnach zugleich offenbleiben, ob vorliegend auch besondere Konsumbedürfnisse einen Rechtfertigungsgrund dargestellt hätten, wie die Vorinstanz in die-

        sem Verfahren hilfsweise vorgebracht hat ([...]).

      2. Im Zuge der Instandsetzung der N01 zwischen der Verzweigung

        X. und dem Anschluss Y. stellen der Strassenbau beziehungsweise die Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten einen zwingenden Prozess dar. Die angefochtene Verfügung bewilligt Nachtarbeit für Strassenbauarbeiten, welche aus Sicherheitsgründen ausserhalb der Hauptverkehrszeit ausgeführt werden müssen. Damit ist sie im Hinblick auf den auszuführenden Prozess hinlänglich bestimmt. Eine weitergehende, vorgängige Spezifizierung der im Gültigkeitszeitraum der Bewilligung jeweils pro Nacht und genauer Lokalität zulässigen Strassenbauarbeiten, wie sie die Beschwerdeführerin fordert, erwiese sich hingegen als impraktikabel. Eine Bewilligung für dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit gemäss Art. 17 Abs. 2 ArG könnte so kaum je erteilt werden. Die vorinstanzliche Auflage, wonach lediglich Arbeiten in der Nacht auszuführen sind, welche aus Sicherheitsgründen ausserhalb der Hauptverkehrszeit ausgeführt werden müssen, lässt sich hingegen in sachlicher Hinsicht unmittelbar aus dem gesetzlichen Tatbestandselement der Unentbehrlichkeit weiter konkretisieren (s. E. 6.2.5 und 6.2. 7).

        Zugleich ist es alternativlos, den gegenständlichen Nationalstrassenabschnitt grundsätzlich befahrbar zu halten. Eine vollständige Schliessung sämtlicher Fahrstreifen würde den Nationalstrassenverkehr zumindest in

        der Region Zürich tagsüber jedenfalls weitgehend zum Erliegen bringen sowie zu einer weiträumigen und erheblichen Beeinträchtigung des Hauptund Nebenstrassennetzes führen. Die hiermit verbundenen Nachteile für die Bevölkerung, insbesondere die resultierenden Emissionsbelastungen und anderen sozialen und volkswirtschaftlichen Schäden, lassen eine Schliessung als keinen gangbaren Weg erscheinen. Es ist mithin unumgänglich, die einzelnen Fahrstreifen jeweils bloss zeitweise zu sperren.

      3. Soweit enge Platzverhältnisse bei einer teilweisen Sperrung keine provisorischen, verengten Fahrstreifen (in derselben Anzahl wie bei ordentlicher Verkehrsführung) zulassen (neuralgische Bereiche), resultiert bei der Vornahme der notwendigen Arbeiten unweigerlich ein Spurabbau. Weiter ist offenkundig, dass ein Spurabbau die den Abschnitt passierende Verkehrsmenge (Personenwageneinheiten pro Zeiteinheit) beschränkt. Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich auch in nachvollziehbarer Weise, dass es in diesem hochfrequentierten Nationalstrassenabschnitt infolgedessen tagsüber mit hoher Wahrscheinlichkeit zu starkem, stockendem oder gar stauendem Verkehr kommen kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem keinen Anlass, an der eingängigen und empirisch belegten Expertenerkenntnis zu zweifeln, wonach starker, stockender oder stauender Verkehr eine schwerpunktmässige Unfallgefahr darstellt. Schliesslich werden, wenn sich die besagten Gefahren verwirklichen, unweigerlich sowohl die in erster Linie in den Unfall verwickelten Verkehrsteilnehmer als auch die in der Nähe tätigen Strassenarbeiter gefährdet; ferner sind Sachbeschädigungen zu erwarten.

      4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, in gewissen Streckenabschnitten zwischen der Verzweigung X. und dem Anschluss Y. sei das Staurisiko gemäss der eingereichten Zeitfensteranalyse kleiner. Es ist zutreffend, dass ein Spurabbau namentlich zwischen ( ) und ( ) sowie in der Gegenrichtung zu gewissen Tagesstunden unter dem Gesichtspunkt der Staubildung bloss als « kritisch » oder vereinzelt nicht beeinträchtigend beurteilt wurde. Dabei verfällt die Beschwerdeführerin indes in eine zu isolierte Betrachtungsweise. Sie verkennt, dass örtlich vorgelagert auftretender starker, stockender oder stauender Verkehr auf die fraglichen Streckenabschnitte mit grundsätzlich geringeren Risiken « rückstauen » kann, infolgedessen die Unfallgefahren auch dort zunehmen. Die angefochtene Verfügung ist in dieser Hinsicht demnach nicht unnötig weitgehend.

      5. In der Nacht ist das Verkehrsaufkommen notorisch geringer. Wenn die einzelnen Fahrstreifen zum Zweck der zwingenden Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten zu dieser Zeit gesperrt werden, besteht eine geringere Wahrscheinlichkeit von starkem, stockendem oder gar stauendem Verkehr. Infolgedessen verringern sich zwischen der Verzweigung X. und dem Anschluss Y. die Unfallgefahren. Die Gesundheit der Arbeitnehmenden sowie die Umgebung des Betriebs (Verkehrsteilnehmer, öffentliches und privates Eigentum) werden demnach besser geschützt. Damit sind nicht bloss zwei alternative Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 28 Abs. 1 Bst. b ArGV 1 gegeben; durch den Schutz der Arbeitnehmenden wird vielmehr zugleich dem vornehmlichen Zweck des Arbeitsgesetzes, dem Schutz vor Sicherheitsund Gesundheitsgefährdungen (s. E. 2. 1), Genüge getan. Notwendige Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Instandsetzung der N01 zwischen der Verzweigung X. und dem Anschluss Y. in der Nacht nicht vollständig unterbrochen wird beziehungsweise die hierbei durchzuführenden Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten nicht jeweils auf den nächsten Tag aufgeschoben werden müssen. Es ist entgegen der beschwerdeführerischen Auffassung gerade der Aufschub der zwingend durchzuführenden Arbeitsprozesse, welcher die Arbeitnehmenden sowie die weiteren Beteiligten in erhöhtem Masse gefährden würde. Insofern ist auch die zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung, wie sie sich im eingeschobenen Nebensatz von Art. 28 Abs. 1 ArGV 1 befindet, im Wortlaut erfüllt. Ob der zu beurteilende Sachverhalt zugleich von der Intention des Verordnungsgebers, wie sie besagter Tatbestandsvoraussetzung zugrunde lag, durchgängig erfasst wird, kann vorliegend aber offenbleiben. Denn es handelt sich - im Rahmen der nicht abschliessenden Verordnungsregelung - um eine gleichwertige Alternative (s. E. 2. 2): Es sind dieselben Schutzgüter (Arbeitnehmerund Betriebsumgebungsschutz), welche die ausnahmsweise Bewilligung rechtfertigen; normzweckfremde wie beispielsweise terminliche oder volkswirtschaftliche Überlegungen (vgl. Urteil B-5340/2017 E. 7.4 m.H.) bleiben hingegen aussen vor. Demnach wären etwa vertragliche Vorgaben des Bauherrn unbeachtlich gewesen. Auch das Interesse an einem tagsüber unbeeinträchtigten Verkehr beziehungsweise einem möglichst hindernisfrei befahrbaren Nationalstrassennetz hätte vorliegend an sich keine technische Unentbehrlichkeit zu begründen vermocht. Hauptziel ist nicht der freie Verkehr. Vielmehr sind es notabene einzig die erhöhten Unfallgefahren infolge starken, stockenden oder stauenden Verkehrs und die damit einhergehende Gefährdung der Arbeitnehmenden, der Verkehrsteilnehmenden

        und der übrigen Betriebsumgebung, welche vorliegend die technische Unentbehrlichkeit begründen.

      6. Unbehilflich ist schliesslich der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach in der vorinstanzlichen Verfügung keine Gegenüberstellung der verschiedenen Gefährdungslagen für Arbeitnehmende und Verkehrsteilnehmende mit beziehungsweise ohne Nachtarbeit erfolgt sei. Derartige Abwägungen haben der Gesetzund Verordnungsgeber bereits im Rahmen der Normsetzung vorgenommen, weshalb sie nicht mehr einzelfallweise zu erfolgen haben. Insofern hat die Vorinstanz den Sachverhalt ebenso wenig unvollständig erstellt, wenn sie keine weitergehenden Abklärungen und hypothetischen Annahmen getroffen hat. Nichtsdestotrotz ist die Beschwerdegegnerin auf ihre Ausführungen in der Duplik zu behaften, wonach sie sich der möglichen Auswirkungen von Arbeiten in der Nacht auf ihre Mitarbeiter bewusst und deswegen stets bemüht sei, die Nachteinsätze auf ein Minimum zu beschränken.

      7. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Nachtarbeit insoweit sachlich unentbehrlich sowie - unter Vorbehalt ihrer räumlich-persönlichen und zeitlichen Notwendigkeit (s. E. 6.3 f.) - zu bewilligen ist, als sie in neuralgischen Bereichen zur Erledigung der zwingenden Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten erfolgt. Neuralgische Bereiche sind Streckenabschnitte, auf welchen infolge enger Platzverhältnisse deren teilweise Sperrung einen Spurabbau erforderlich machen (s.

E. 6.2. 3). Der Spurabbau bei Tag hätte nämlich - aus den dargelegten Gründen (erhöhte Unfallgefahren bei resultierendem starkem, stockendem oder gar stauendem Verkehr) - eine vermehrte Gefährdung der Arbeitnehmenden und der Betriebsumgebung (Verkehrsteilnehmer, öffentliches und privates Eigentum) zur Folge. Hingegen dürfen Arbeitnehmende nicht zur Nachtarbeit hinzugezogen werden, wenn die zwingenden Arbeitsprozesse auch ohne Spurabbau bei Tag ausgeführt werden können. Rein vertragliche Vorgaben und terminliche oder volkswirtschaftliche Überlegungen begründen ebenso wenig eine technische Unentbehrlichkeit, weswegen gestützt auf die vorliegende Bewilligung deswegen keine Nachtarbeit geleistet werden darf (s. E. 6.2. 5). Diese konkretisierenden Vorgaben ergeben sich unmittelbar aus der in der vorinstanzlichen Bewilligung verfügten Auflage in Verbindung mit dem gesetzlichen Tatbestandselement der Unentbehrlichkeit; sie sind von der Beschwerdegegnerin zwingend und ausnahmslos einzuhalten.

6.3
      1. In räumlich-persönlicher Hinsicht muss eine Ausnahmebewilligung für Nachtarbeit einerseits örtlich massvoll begrenzt und andererseits bezüglich des von der Gesuchstellerin maximal einzusetzenden Personals nachvollziehbar beschränkt sein (s. E. 2).

      2. Die angefochtene Verfügung lautet betreffend die N01 zwischen der Verzweigung X. und dem Anschluss Y. und ist demnach im Hinblick auf die sachliche Zielvorgabe (Instandsetzung dieses Nationalstrassenabschnitts) örtlich in zweckmässiger Weise begrenzt. Eine weitergehende räumliche Begrenzung erweist sich als unmöglich, weil die beschriebenen zwingenden Arbeitsprozesse auf dem gesamten Dispositiv ausgeführt werden müssen und andernfalls erhöhte Unfallgefahren bestehen würden

        (s. E. 6. 2).

      3. Die angefochtene Verfügung erlaubt, zur Nachtarbeit maximal 25 Strassenbauer beizuziehen. Es ist unersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin ebenso wenig geltend gemacht, dass diese Höchstzahl unangemessen wäre. Vielmehr erscheint sie angesichts der durchzuführenden Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten auf dem fraglichen Nationalstrassenabschnitt als nachvollziehbar.

6.4 Die Arbeitsbewilligungen sind nach ihrem Zweck zeitlich zu befristen (Art. 42 Abs. 2 ArGV 1; s. E. 2). Die angefochtene Verfügung benennt als Gültigkeitsdauer den Zeitraum vom 10. März 2018 bis 15. Dezember 2020. Es liegen wiederum keine Anhaltspunkte vor und wird von der Beschwerdeführerin ebenso wenig substanziiert behauptet, dass die in Nachtarbeit durchzuführenden Strassenerneuerungsund Kanalsanierungsarbeiten auf dem fraglichen Nationalstrassenabschnitt innerhalb eines beschränkteren Zeitrahmens erledigt werden könnten. Darüber hinaus besteht erwiesenermassen über die gesamte Gültigkeitsdauer ein konkreter Bedarf, und die Bewilligung wurde weder in zeitlicher noch in räumlich-persönlicher oder sachlicher Hinsicht bloss auf Vorrat beantragt (vgl. die hiervon abweichende Konstellation in Urteil B-6642/2018

E. 6.5). Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass die vorinstanzlich verfügte Gültigkeitsdauer unangemessen wäre.

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