Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-6686/2018 |
Datum: | 30.08.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrwertsteuer |
Schlagwörter : | MWSTG; Vorinstanz; Steuer; Urteil; Recht; Verfahren; Leistung; Zahlung; Mehrwertsteuer; Entgelt; Ermessen; BVGer; Leistungen; Gericht; Zahlungen; Konto; Verfahren; Schätzung; Höhe; Beschwerdeführer; Verbeiständung; Beschwerdeführers; Bezug; Bundesverwaltungsgericht; VN-act; Einsprache; Buchhaltung; Steuerperiode |
Rechtsnorm: | Art. 10 MWSTG ;Art. 103 MWSTG ;Art. 112 MWSTG ;Art. 113 MWSTG ;Art. 18 MWSTG ;Art. 24 MWSTG ;Art. 29 BV ;Art. 37 MWSTG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 66 MWSTG ;Art. 70 MWSTG ;Art. 81 MWSTG ;Art. 84 MWSTG ;Art. 86 MWSTG ; |
Referenz BGE: | 112 Ia 14; 115 Ib 216; 130 I 180; 131 V 222; 137 II 136; 140 II 202 |
Kommentar: | Geiger, Schluckebier, Kommentar, Art. 103 MWSTG, 2012 |
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Abteilung I
6/2018, A-6691/2018
Besetzung Richter Daniel Riedo (Vorsitz), Richterin Sonja Bossart Meier, Richterin Annie Rochat Pauchard, Gerichtsschreiberin Susanne Raas.
Parteien A.
vertreten durch Dr. iur. Yves Waldmann, Advokat, , Beschwerdeführer,
gegen
3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand MWST; Ermessenseinschätzung (2009-2012); Solidarhaft.
A. war vom [ ] 1999 bis zum [ ] 2013 einziger Gesellschafter und einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der B. GmbH [ ].
Am 15. Juli 2011 reichte er der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV, nachfolgend auch: Vorinstanz), den «Fragebogen zur Abklärung der Mehrwertsteuerpflicht» ein und beantragte, die B. GmbH sei per 1. September 2012 (recte: 2011) freiwillig in das Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen einzutragen. Der voraussichtliche Umsatz betrage ca. Fr. 40'000.-- in den ersten zwölf Monaten. Beantragt wurde die Anwendung der Saldosteuersatzmethode (Beilage zur Vernehmlassung [nachfolgend: VN-act.] 1).
Die B. GmbH war vom 1. September 2011 bis zum 31. Dezember 2012 im Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen eingetragen. Sie rechnete nach der Saldosteuersatzmethode ab.
Im [ ] 2013 übernahm eine Drittperson die Gesellschaft. Die B. GmbH wurde per [ ] 2014 im Handelsregister gelöscht, nachdem sie per [ ] 2013 aufgelöst und die Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet worden war. Das Konkursverfahren war per [ ] 2013 mangels Aktiven eingestellt worden (Auszug aus dem Handelsregister, letztmals eingesehen am 6. August 2019).
Anlässlich der Kontrolle bei einem Drittunternehmen, der C. AG, im Jahr 2013 stellte die ESTV fest, dass dieses in den Jahren 2008 und 2009 Leistungen im Umfang von Fr. 71'845.-- bzw. Fr. 90'173.-- von der B. GmbH bezogen hatte (VN-act. 2). Die entsprechenden Zahlungen waren auf ein Postcheckkonto geflossen, das in der Buchhaltung der B. GmbH nicht bilanziert war.
Darauf eröffnete die ESTV mit Verfügung vom 10. Januar 2014 eine Strafuntersuchung gegen A. , was ihm am 28. November 2014 mitgeteilt wurde (VN-act. 4).
Im Rahmen des Strafverfahrens beschlagnahmte die ESTV verschiedene Unterlagen und holte weitere Informationen ein.
A. brachte ebenfalls im Rahmen des Strafverfahrens vor, er habe die Rechnungen an die Firma C. AG ohne Mehrwertsteuerzuschlag ausgestellt und er sei sicher, dass die damals zuständige Treu-
handfirma D.
die Buchungen korrekt vorgenommen habe. Die
B. GmbH habe damals noch nicht über ein Konto verfügt. Er habe alles richtig machen wollen, sonst hätte er sich nicht im Jahr 2011 bei der ESTV gemeldet.
Am 20. November 2015 erliess die ESTV das Schlussprotokoll, am
14. Dezember 2015 den Strafbescheid und - nachdem sich A. über seinen Rechtsvertreter dagegen zur Wehr gesetzt hatte - am 28. November 2016 eine Strafverfügung (VN-act. 7-10).
Einen Tag später, also am 29. November 2016, erliess die ESTV zwei Verfügungen über die Leistungspflicht, eine betreffend die Steuerperiode 2009, eine weitere betreffend die Steuerperioden 2010-2012 (VN-act. 11
und 12).
Gegen beide Verfügungen erhob A. am 16. Januar 2017 Einsprache (VN-act. 13 und 14). Im Verlauf des Verfahren verlangte die ESTV zusätzliche Unterlagen ein und erhob selbst weitere Informationen.
Am 23. Oktober 2018 erliess die ESTV zwei Einspracheentscheide betreffend die Ermessenseinschätzung. Zusammengefasst gelangte sie zum Schluss, in der Buchhaltung der B. GmbH seien diverse Umsätze nicht verbucht worden. Die Aufrechnung derselben würde dazu führen,
dass die Steuerpflicht der B.
GmbH bereits für das Jahr 2009
[frühere Jahre sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens] und ebenso für die Jahre 2010 bis 2012 bestanden hätte. Gegenüber den Verfügungen vom 29. November 2016 reduzierte die ESTV die steuerbaren Umsätze um mehrere Positionen, bei denen sie entweder aufgrund der von
eingereichten Unterlagen oder aufgrund eigener Nachfor-
schungen nunmehr davon ausging, dass es sich nicht um steuerbare Um-
sätze handle. Sie hielt weiter fest, A.
hafte solidarisch mit der
GmbH. Schliesslich kam sie zum Schluss, A. könne
die unentgeltliche Rechtspflege (recte: Prozessführung) gewährt werden, da im Einspracheverfahren in der Regel keine Kosten erhoben würden, die unentgeltliche Verbeiständung sei jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht zu gewähren.
Die Nachforderung setzte sie für die Steuerperiode 2009 auf Fr. 6'421.-- zuzüglich Verzugszins ab 15. Oktober 2009 (mittlerer Verfall) und für die Steuerperioden 2010 bis 2012 auf Fr. 18'486.-- zuzüglich Verzugszins ab
31. Dezember 2011 (mittlerer Verfall) fest.
Gegen die beiden Einspracheentscheide vom 23. Oktober 2018 erhob A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) am 23. November 2018 je separat Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Er beantragt, die Einspracheentscheide aufzuheben und die Vorinstanz zu verpflichten, ihm für das Beschwerdeverfahren rückwirkend die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren. Eventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung im Einspracheverfahren neu zu entscheiden - unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Vorinstanz. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz berufe sich auf eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen, obwohl sie dies zuvor nicht erwähnt habe. Er kritisiert diverse Zahlungen, die die Vorinstanz zu Unrecht aufgerechnet habe. Die Vorinstanz habe somit den Sachverhalt ungenügend festgestellt. Der Beschwerdeführer bestreitet weiter, persönlich haftbar zu sein. Schliesslich habe die Vorinstanz die unentgeltliche Verbeiständung zu Unrecht verweigert. Das entsprechende Recht fliesse direkt aus der Bundesverfassung.
Das Bundesverwaltungsgericht eröffnete zwei Verfahren. Mit Zwischenverfügungen vom 20. Dezember 2018 gewährte der Instruktionsrichter dem Beschwerdeführer in beiden Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und setzte den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers als unentgeltlichen Rechtsbeistand ein.
In ihren Vernehmlassungen vom 21. Januar 2019 beantragt die Vorinstanz, die Beschwerden im Umfang von insgesamt Fr. 2'244.-- (Fr. 104.-- für die Steuerperiode 2009; Fr. 2'140.-- für die Steuerperioden 2010-2012) ohne Kostenfolge gutzuheissen, im Übrigen jedoch abzuweisen. Sie anerkannte
in Bezug auf einige wenige Zahlungen die nunmehr vorgebrachten Erklärungen des Beschwerdeführers und damit zusätzlich einige der Zahlungen als nicht mehrwertsteuerpflichtig. Im Übrigen hielt sie aber an ihren Ausführungen fest.
Die Vernehmlassungen wurden dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom
24. Januar 2019 zugestellt.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die Akten wird - sofern dies entscheidwesentlich ist - im Rahmen der folgenden Erwägungen eingegangen.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), soweit das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Vorliegend stellen die angefochtenen Einspracheentscheide vom 23. Oktober 2018 in Bezug auf Festlegung der Höhe der Abgabeforderung sowie die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung solche Verfügungen dar. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt diesbezüglich nicht vor. Zudem ist die Vorinstanz eine Behörde im Sinne von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerden zumindest in Bezug auf die Höhe der Abgaben sowie die Frage, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zu Recht die unentgeltliche Rechtsverbeiständung verweigert hat, zuständig.
Die vorinstanzliche Verfügung stellt jedoch auch fest, dass der Beschwerdeführer solidarisch im Sinne von Art. 12 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, 313.0) für die Steuerforderung gegenüber der (liquidierten) B. GmbH hafte (neurechtlich explizit Art. 15 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [MWSTG, SR 641.20]; altrechtlich: Art. 88
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [aMWSTG; AS 2000 1300], der das VStrR ganz allgemein für anwendbar erklärte).
Gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR haftet für den nachzuentrichtenden oder zurückzuerstattenden Betrag solidarisch mit den nach Art. 12 Abs. 2 VStrR Zahlungspflichtigen, wer vorsätzlich die Widerhandlung begangen oder an ihr teilgenommen hat. Ohne hier weiter auf die Frage einzugehen, wer zu den nach Art. 12 Abs. 2 VStrR Zahlungspflichtigen gehört, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 3 VStrR, dass eine Solidarhaftung gestützt auf diesen Artikel nur in Frage kommt, wenn eine Widerhandlung mit Vorsatz begangen wurde. Bei der Frage, ob eine Widerhandlung vorsätzlich begangen wurde, handelt es sich um eine Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die allein durch die Straf(verfolgungs)behörden zu beantworten ist. Auf Ebene der Verwaltung ist oftmals die gleiche Behörde (allenfalls eine andere Abteilung) sowohl für die Festlegung der Abgabeforderung als auch die Strafverfolgung zuständig. Spätestens im gerichtlichen Verfahren teilt sich der Weg jedoch. Das Bundesverwaltungsgericht ist nur für die Festsetzung der Abgabeforderung zuständig, während die Klärung strafrechtlicher Aspekte (grundsätzlich) den kantonalen Strafgerichten, allenfalls dem Bundesstrafgericht, überlassen ist. In Bezug auf die Solidarhaftung von Art. 12 Abs. 3 VStrR wurde entschieden, dass die Verwaltungsbehörde nur eine Feststellungsverfügung über die Höhe der Abgaben treffen kann und die Frage der auf strafrechtlichem Verschulden beruhenden Solidarhaftung der Strafbehörde überlassen muss. Die Verwaltungsbehörde fixiert so lediglich den Maximalbetrag in Bezug auf welchen die Strafbehörde über die Solidarhaftung entscheiden muss (BGE 115 Ib 216 E. 3a, 114 Ib 94 E. 5c; Urteil des BGer 2C_363/2010, 2C_405/2010 und 2C_406/2010 vom 6. Oktober 2010 E. 7.1; Urteil des BVGer A-3899/2012 vom 27. Juni 2013 E. 2.4.3; Urteil der Eidgenössischen Zollrekurskommission vom 19. April 1999 (publiziert in: Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 64.42 E. 2c; VALÉRIE PARIS, in: Zweifel/Beusch/ Glauser/Robinson [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015 [nachfolgend: Kommentar MWSTG], Art. 103 N. 4).
Das MWSTG nimmt in Art. 103 Abs. 1 diverse Artikel des VStrR von der Anwendung aus. Sinn dieser Änderungen gegenüber dem aMWSTG ist, dass der Strafentscheid erlassen werden kann, ohne dass (wie dies im VStrR vorgesehen ist; vgl. Art. 69 Abs. 2 VStrR) das verwaltungs- (bzw. abgabe-)rechtliche Verfahren abgewartet werden müsste. Auch ist das
Strafgericht nicht (mehr) an den Entscheid des Verwaltungsgerichts gebunden (Art. 103 Abs. 1 MWSTG bezeichnet auch Art. 77 Abs. 4 VStrR als nicht anwendbar). Als problematisch erweisen kann sich nämlich insbesondere, dass eine betroffene Person im Verwaltungsverfahren zur Mitwirkung verpflichtet ist, während sie sich im Strafverfahren auf das Verbot des Selbstbelastungszwangs berufen kann. Letztlich ist aber der Verwaltung überlassen, wie sie vorgeht (PARIS, a.a.O., Art. 103 N. 3 ff.; DIEGO CLAVADETSCHER, in: Geiger/Schluckebier [Hrsg.], MWSTG Kommentar, 2012, Art. 103 MWSTG N. 3; IVO P. BAUMGARTNER/DIEGO CLAVADETSCHER/MAR-
TIN KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 11 Rz. 125).
Demgegenüber gilt in Bezug auf das alte Recht, unter dessen Geltung das VStrR noch integral anwendbar war (vgl. E. 1.1.2), dass zuerst die Steuerforderung festzustellen ist, bevor über die strafrechtliche Verantwortlichkeit entschieden wird (zum Ganzen: PARIS, a.a.O., Art. 103 N. 2).
Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht befugt ist, über die Frage, ob der Beschwerdeführer mit der (liquidierten) B. GmbH nach Art. 12 Abs. 3 VStrR solidarisch haftbar ist, zu entscheiden. Es kann diesbezüglich lediglich die Höhe einer allfälligen Forderung feststellen. Damit ist auf die Frage der Solidarhaftung mangels Zuständigkeit nicht einzutreten. Ebenso wenig war die Vorinstanz befugt, im nichtstrafrechtlichen Steuerverfahren über die Solidarhaftung zu befinden. Die Ziffer 3 des Dispositivs der beiden Einspracheentscheide ist jeweils aufzuheben und die Sache ist in diesem Punkt an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese dannzumal im (derzeit sistierten; VN-act. 17) Verwaltungsstrafverfahren entscheidet.
Auf die Beschwerden ist daher - unter Vorbehalt des in E. 1.1.2 f. Festgehaltenen - einzutreten.
Grundsätzlich bildet jeder vorinstanzliche Entscheid bzw. jede Verfügung ein selbständiges Anfechtungsobjekt und ist deshalb einzeln anzufechten. Es ist gerechtfertigt, von diesem Grundsatz abzuweichen und die Anfechtung in einem gemeinsamen Verfahren mit einem einzigen Urteil zuzulassen, wenn die einzelnen Sachverhalte in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen und sich in allen Fällen gleiche oder ähnliche Rechtsfragen stellen. Unter den gleichen Voraussetzungen können separat eingereichte Beschwerden in einem Verfahren vereinigt werden. Die Frage der Vereinigung von Verfahren steht im Ermessen des Gerichts. Sie hängt mit dem Grundsatz der Prozessökonomie zusammen, wonach ein Verfahren im Interesse aller Beteiligten möglichst einfach, rasch und zweckmässig zum Abschluss gebracht werden soll (vgl. anstelle vieler: BGE 131 V 222 E. 1, 128 V 124 E. 1; Urteil des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 1.1.1 m.w.Hw.; ANDRÉ MOSER/
MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 3.17).
Der Beschwerdeführer hat vorliegend zwei Beschwerden gegen zwei Einspracheentscheide der Vorinstanz erhoben. Die beiden Beschwerden werfen dabei im Wesentlichen vergleichbare Rechtsfragen auf, zumal es jeweils um die Fragen geht, ob die Vorinstanz eine Ermessenseinschätzung vornehmen durfte, ob der Beschwerdeführer der Solidarhaftung unterliegt und ob ihm die unentgeltliche Verbeiständung vor der Vorinstanz hätte gewährt werden müssen. Der blosse Umstand, dass sich der Sachverhalt teilweise unter dem aMWSTG und teilweise unter dem MWSTG (vgl. dazu sogleich E. 1.4.1) verwirklicht hat, steht in der vorliegenden Konstellation einer Verfahrensvereinigung nicht entgegen (vgl. Urteil des BGer 2C_1077/2012 und 2C_1078/2012 vom 24. Mai 2014 E. 1.1; Urteil des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017
E. 1.1.2 m.w.Hw.). Auch die Frage der Bindung der Strafbehörden an das vorliegende Urteil, die nach altem und neuem Recht allenfalls unterschiedlich zu handhaben ist (E. 1.1.2 und 1.4.1-1.4.3), steht einer Vereinigung nicht im Weg, zumal die allenfalls geschuldeten Beträge separat im Dispositiv ausgewiesen werden können. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus prozessökonomischen Gründen als angezeigt, die beiden Beschwerdeverfahren A-6686/2018 und A-6691/2018 zu vereinigen.
Am 1. Januar 2010 ist das (neue) MWSTG in Kraft getreten. Das MWSTG löste das vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2009 in Kraft gewesene aMWSTG ab. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben grundsätzlich weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar (Art. 112 Abs. 1 MWSTG).
Die materielle Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts richtet sich demnach, soweit die Steuerperiode 2009 betroffen ist, nach dem aMWSTG. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2010 bzw. die Steuerperioden 2010 bis 2012 ist das MWSTG anwendbar.
Demgegenüber ist gemäss Art. 113 Abs. 3 MWSTG das neue mehrwertsteuerliche Verfahrensrecht im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich auf sämtliche im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MWSTG hängigen Verfahren anwendbar (vgl. aber zur restriktiven Handhabung von Art. 113 Abs. 3 MWSTG anstelle vieler: Urteil des BVGer A-5098/2016 vom 4. Juli 2017 E. 1.3.2 m.Hw.).
Kein Verfahrensrecht in diesem engen Sinn stellen etwa Themen wie die Buchführungspflicht, das Selbstveranlagungsprinzip, die Ermessensveranlagung oder gar der Verzugszins dar, so dass vorliegend für die Steuerperiode 2009 noch altes Recht anwendbar ist (Urteile des BVGer A-7215/2014 vom 2. September 2015 E. 2.1.3, A-1113/2009 vom 23. Feb-
ruar 2010 E. 1.3; RALF IMSTEPF, in: Kommentar MWSTG, Art. 113 Rz. 25).
Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid in vollem Umfang überprüfen. Der Beschwerdeführer kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG).
Im Beschwerdeverfahren gilt die Untersuchungsmaxime, wonach die entscheidende Behörde den rechtlich relevanten Sachverhalt von sich aus abklären und darüber ordnungsgemäss Beweis führen muss (teilweise eingeschränkt durch Mitwirkungspflichten der Verfahrensbeteiligten). Die Beschwerdeinstanz nimmt jedoch nicht von sich aus zusätzliche Sachverhaltsabklärungen vor oder untersucht weitere Rechtsstandpunkte, für die
sich aus den vorgebrachten Rügen oder den Akten nicht zumindest Anhaltspunkte ergeben (BVGE 2010/64 E. 1.4.1; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, a.a.O., Rz. 1.49 ff., 1.54 f., 3.119 ff.).
Ist ein Sachverhalt nicht erstellt bzw. bleibt ein Umstand unbewiesen, ist zu regeln, wer die Folgen der Beweislosigkeit trägt. Im Steuerrecht gilt grundsätzlich, dass die Steuerbehörde die (objektive) Beweislast für Tatsachen trägt, welche die Steuerpflicht als solche begründen oder die Steuerforderung erhöhen (steuerbegründende und -erhöhende Tatsachen). Demgegenüber ist die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und steuermindernden Tatsachen beweisbelastet, das heisst für solche Tatsachen, welche eine Steuerbefreiung oder Steuerbegünstigung bewirken (anstelle vieler: Urteil des BGer 2C_715/2013 vom 13. Januar 2014
E. 2.3.3; Urteil des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 1.4 m.w.Hw.).
18. April 1999 [BV; SR 101], Art. 1 Abs. 1 aMWSTG sowie Art. 1 Abs. 1 MWSTG).
Nach altem Recht unterlagen der Mehrwertsteuer insbesondere die im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen (Art. 5 Bst. a und b aMWSTG). Sie waren steuerbar, soweit das Gesetz keine Ausnahme vorsah (Art. 18 f. aMWSTG). Als Dienstleistung galt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist (Art. 7 Abs. 1 aMWSTG).
Mehrwertsteuerpflichtig war, wer eine mit der Erzielung von Einnahmen verbundene gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübte, auch wenn dabei die Gewinnabsicht fehlte, sofern seine Lieferungen, seine Dienstleistungen und sein Eigenverbrauch im Inland jährlich gesamthaft Fr. 75'000.-- überstiegen (Art. 21 Abs. 1 aMWSTG). Steuerpflichtig waren namentlich natürliche Personen, Personengesellschaften, juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts, unselbstständige öffentliche Anstalten sowie Personengesamtheiten ohne Rechtsfähigkeit, die unter gemeinsamer Firma Umsätze tätigen (Art. 21 Abs. 2 aMWSTG). Von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen war gemäss Art. 25 Abs. 1 Bst. a
aMWSTG ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz nach Art. 21 Abs. 3 aMWSTG bis zu Fr. 250'000.--, sofern die nach Abzug der Vorsteuer verbleibende Steuer (sogenannte Steuerzahllast) regelmässig nicht mehr als Fr. 4'000.-- im Jahr betragen würde (Urteil des BVGer A-7215/2014 vom
2. September 2015 E. 2.3).
Gemäss Art. 28 Abs. 1 aMWSTG begann die Steuerpflicht nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der massgebende Umsatz erzielt worden war.
Nach neuem Recht unterliegen der Mehrwertsteuer die im Inland von steuerpflichtigen Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen; sie sind steuerbar, soweit das MWSTG keine Ausnahme vorsieht (Inlandsteuer, Art. 18 Abs. 1 MWSTG). Als Leistung gilt die Einräumung eines verbrauchsfähigen wirtschaftlichen Wertes an eine Drittperson in Erwartung eines Entgelts (Art. 3 Bst. c MWSTG). Sie besteht in einer Lieferung oder einer Dienstleistung (vgl. Art. 3 Bst. d und e MWSTG).
Steuerpflichtig ist demnach, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht von der Steuerpflicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt (Art. 10 Abs. 1 Bst. a und b MWSTG in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung gemäss AS 2009 5203). Befreit ist ein Steuerpflichtiger unter anderem, wenn er im Inland innerhalb eines Jahres weniger als Fr. 100'000.-- Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt, sofern er nicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichtet (Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG).
Die Mehrwertsteuer wird vom tatsächlich empfangenen Entgelt berechnet (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 MWSTG).
Im aMWSTG wurde zwar für die Entgeltsbemessung an die Aufwendung des Leistungsempfängers angeknüpft (Art. 33 aMWSTG), über die Korrekturmöglichkeit von Art. 44 Abs. 2 aMWSTG aber letztlich in der Regel das gleiche Ergebnis wie im neuen Recht erreicht (BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, a.a.O., § 6 Rz. 4).
Nach dem früheren Recht erfolgte die Veranlagung und Entrichtung der Mehrwertsteuer nach dem Selbstveranlagungsprinzip (vgl. Art. 46 f. aMWSTG; BGE 137 II 136 E. 6.2; Urteil des BGer 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.1). Bei festgestellter Steuerpflicht (vgl. Art. 56 Abs. 1 aMWSTG) hatte der Leistungserbringer selbst und unaufgefordert über seine Umsätze sowie Vorsteuern abzurechnen und innert 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode den geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag an die ESTV abzuliefern.
Grundsätzlich gilt das hiervor (in E. 2.3.1) Gesagte auch unter dem Regime des MWSTG: Auch hier erfolgen Veranlagung und Entrichtung der Inlandsteuer nach dem Selbstveranlagungsprinzip. So hat die steuerpflichtige Person eigenständig festzustellen, ob sie die Voraussetzungen der subjektiven Steuerpflicht (Art. 10) erfüllt (vgl. Art. 66 Abs. 1 MWSTG), die Steuerforderung selber zu ermitteln (vgl. Art. 71 MWSTG) und diese innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode zu begleichen (Art. 86 Abs. 1 MWSTG). Das Selbstveranlagungsprinzip wurde zwar leicht gelockert (Urteil des BGer 2C_678/2012 vom 17. Mai 2013 E. 2.1; Urteil des BVGer A-361/2017 vom 30. Oktober 2018 E. 4.2.2), bedeutet jedoch weiterhin, wie bereits nach dem alten Recht, dass der Leistungserbringer selbst für die Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht bzw. -forderung verantwortlich ist (BGE 140 II 202 E. 5.4; Urteile des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.4.1, A-3821/2017 vom 24. April 2019 E. 2.1).
Gemäss Art. 58 Abs. 1 aMWSTG hatte der Mehrwertsteuerpflichtige seine Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und so einzurichten, dass sich aus ihnen die für die Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht sowie für die Berechnung der Steuer und der abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln lassen.
Art. 70 Abs. 1 MWSTG verpflichtet den Mehrwertsteuerpflichtigen zur ordnungsgemässen Buchführung nach handelsrechtlichen Grundsätzen.
Die Buchführung ist das lückenlose und planmässige Aufzeichnen sämtlicher Geschäftsvorfälle einer Unternehmung auf der Grundlage von Belegen. Sie schlägt sich in den Geschäftsbüchern und den zugehörigen Aufzeichnungen nieder (vgl. [zum aMWSTG und MWSTG] Urteil des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.3.2; [zum MWSTG] Urteile des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.4.2,
A-3821/2017 vom 24. April 2019 E. 2.2.1; BEATRICE BLUM, in: Gei-
ger/Schluckebier, a.a.O., Art. 70 N. 3 ff.).
Liegen keine oder nur unvollständige Aufzeichnungen vor (Verstoss gegen die formellen Buchführungsvorschriften) oder stimmen die ausgewiesenen Ergebnisse mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht überein (Verstoss gegen die materiellen Buchführungsregeln), nimmt die ESTV eine sog. Ermessenseinschätzung vor (vgl. Art. 60 aMWSTG, Art. 79 MWSTG).
Art. 60 aMWSTG und Art. 79 MWSTG unterscheiden nach dem Ausgeführten zwei voneinander unabhängige Konstellationen, welche zu einer Ermessenseinschätzung führen:
Zum einen ist eine Ermessenseinschätzung bei ungenügenden Aufzeichnungen vorzunehmen. Eine Schätzung hat damit insbesondere auch dann zu erfolgen, wenn - bei feststehender Steuerpflicht - die Verstösse gegen die formellen Buchhaltungsvorschriften als derart gravierend zu qualifizieren sind, dass sie die materielle Richtigkeit der Buchhaltungsergebnisse in Frage stellen ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteile des BVGer A-3141/2015 und A-3144/2015 vom 18. Januar 2017 E. 8.1, A-6390/2016
und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.4.2; [zum MWSTG] Urteil des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.5.2, A-3821/2017 vom 24. April 2019 E. 2.3.2).
Zum anderen kann selbst eine formell einwandfreie Buchführung die Durchführung einer Schätzung erfordern, wenn die ausgewiesenen Ergebnisse mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht übereinstimmen ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteile des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.4.2, A-3141/2015 und A-3144/2015 vom 18. Januar 2017 E. 8.1; [zum MWSTG] Urteile des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.5.2, A-3821/2017 vom 24. April
2019; [zum aMWSTG] Urteil des BGer 2C_311/2016 vom 23. Mai 2016 E. 2.2.1).
Sind die Voraussetzungen für eine Ermessenstaxation erfüllt, so ist die ESTV nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen. Die Fälle, in denen die Steuerpflichtigen ihre Mitwirkungspflichten nicht wahrnehmen bzw. keine, unvollständige oder ungenügende Aufzeichnungen über ihre Umsätze führen, dürfen keine Steuerausfälle zur Folge haben ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteil des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.5.1; [zum MWSTG] Urteile des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.6.1, A-3821/2017 vom 24. April 2019 E. 2.4.1; [zum
aMWSTG] Urteil des BGer 2A.552/2006 vom 1. Februar 2007 E. 3.2).
Hat die ESTV eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen, hat sie dabei diejenige Schätzungsmethode zu wählen, die den individuellen Verhältnissen im Betrieb der steuerpflichtigen Person soweit als möglich Rechnung trägt, auf plausiblen Annahmen beruht und deren Ergebnis der wirklichen Situation möglichst nahe kommt ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteil des BGer 2C_1077/2012 und 2C_1078/2012 vom
24. Mai 2014 E. 2.3; [zum MWSTG] Urteil des BVGer A-5892/2018 vom
4. Juli 2019 E. 2.6.2; [zum aMWSTG] Urteile des BGer 2C_950/2015 vom 11. März 2016 E. 4.5, 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.1). In Betracht kommen Schätzungsmethoden, die auf eine Ergänzung oder Rekonstruktion der ungenügenden Buchhaltung hinauslaufen, aber auch Umsatzschätzungen aufgrund unbestrittener Teil-Rechnungsergebnisse in Verbindung mit Erfahrungssätzen. Die brauchbaren Teile der Buchhaltung und allenfalls vorhandene Belege sind soweit wie möglich bei der Schätzung zu berücksichtigen. Sie können durchaus als Basiswerte der Ermessenstaxation fungieren (vgl. [zum aMWSTG und MWSTG] Urteile des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.5.2, A-3141/2015 und A-3144/2015 vom 18. Januar 2017 E. 8.2; [zum MWSTG] Urteile des BVGer A-3821/2017 vom 24. April 2019, A-3050/2015 vom 6. Oktober 2015 E. 2.7.2; [zum aMWSTG] Urteil des BGer 2C_831/2013 vom 26. Februar 2014 E. 6.4; JÜRG STEIGER, in: Kommentar MWSTG, Art. 79 N. 25; PASCAL MOLLARD, TVA et taxation par estimation, in: Archiv für schweizerisches Abgaberecht [ASA] 69 (2010/2011) 511 ff., S. 530 f.).
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme einer Ermessenstaxation - als Rechtsfrage - uneingeschränkt (vgl. E. 1.5 f.). Als ausserhalb der Verwaltungsorganisation und Behördenhierarchie stehendes, von der richterlichen Unabhängigkeit bestimmtes Verwaltungsgericht auferlegt es sich trotz des möglichen Rügegrundes der Unangemessenheit bei der Überprüfung von zulässigerweise erfolgten Ermessensveranlagungen jedoch eine gewisse Zurückhaltung und reduziert dergestalt seine Prüfungsdichte. Grundsätzlich setzt das Bundesverwaltungsgericht nur dann sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Vorinstanz, wenn dieser bei der Schätzung erhebliche Ermessensfehler unterlaufen sind ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteil des BGer 2C_1077/2012 und 2C_1078/2012 vom 24. Mai 2014 E. 2.5; Urteile des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.6.2, A-3141/2015 und A-3144/2015 vom 18. Januar 2017 E. 8.3.2.3;
[zum MWSTG] Urteile des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.8.1, A-5523/2015 vom 31. August 2016 E. 4.6.3; [zum aMWSTG] Urteile des BGer 2C_950/2015 vom 11. März 2016 E. 4.5, 2C_970/2012 vom 1. April
2013 E. 4.3; Urteil des BVGer A-7215/2014 vom 2. September 2015
E. 2.8.6).
Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ermessenseinschätzung ist nach der vorn genannten Beweislastregel (vgl. E. 1.7) die ESTV beweisbelastet. Sind die Voraussetzungen einer Ermessenseinschätzung erfüllt («erste Stufe») und erscheint die vorinstanzliche Schätzung nicht bereits im Rahmen der durch das Bundesverwaltungsgericht mit der gebotenen Zurückhaltung (E. 2.7.1) vorzunehmenden Prüfung als pflichtwidrig («zweite Stufe»), obliegt es - in Umkehr der allgemeinen Beweislast - der steuerpflichtigen Person, den Nachweis für die Unrichtigkeit der Schätzung zu erbringen («dritte Stufe»; vgl. anstelle vieler: [zum aMWSTG und MWSTG] Urteil des BVGer A-3141/2015 und A-3144/2015 vom 18. Januar 2017 E. 8.3.1 ff.; [zum MWSTG] Urteil des BVGer A-3821/2017 vom
24. April 2019 E. 2.5; [zum aMWSTG] Urteil des BGer 2C_970/2012 vom
1. April 2013 E. 4.2; Urteil des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019
E. 2.8.2). Weil das Ergebnis der Ermessensveranlagung selbst auf einer Schätzung beruht, kann sich die steuerpflichtige Person gegen eine zulässigerweise durchgeführte Ermessenseinschätzung nicht mit allgemeiner Kritik zur Wehr setzen. Vielmehr hat sie darzulegen, dass die von der ESTV vorgenommene Schätzung offensichtlich fehlerhaft ist, und hat sie auch den Beweis für ihre vorgebrachten Behauptungen zu erbringen ([zum aMWSTG und MWSTG] Urteile des BVGer A-6390/2016 und A-6393/2016 vom 14. September 2017 E. 2.6.3, A-3141/2015 und A-3144/2015 vom
18. Januar 2017 E. 8.3.3; [zum MWSTG] Urteil des BVGer A-5892/2018 vom 4. Juli 2019 E. 2.8.2; [zum aMWSTG] Urteil des BGer 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.3).
Wer als Mehrwertsteuerpflichtiger jährlich nicht mehr als Fr. 3 Mio. steuerbaren Umsatz tätigte und im gleichen Zeitraum nicht mehr als Fr. 60'000.-- Mehrwertsteuer - berechnet nach dem massgebenden Saldosteuersatz - zu bezahlen hatte, konnte gemäss Art. 59 Abs. 1 aMWSTG nach der Saldosteuersatzmethode abrechnen. Nach der im Jahr 2010 gültig gewesenen Fassung von Art. 37 Abs. 1 MWSTG waren die Grenzen auf Fr. 5 Mio. steuerbaren Umsatz und Fr. 100'000.-- Mehrwertsteuer festgesetzt (vgl. AS 2009 5203 5225). In der seit dem 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung dieser Bestimmung betrugen die entsprechenden Schwellenwerte Fr. 5,02 Mio. und Fr. 109'000.-- (AS 2010 2055 f.). Bei Anwendung der Saldosteuersatzmethode ist die Steuerforderung durch Multiplikation des Totals aller in einer Abrechnungsperiode erzielten steuerbaren Entgelte, einschliesslich Steuer, mit dem von der ESTV bewilligten Saldosteuersatz zu ermitteln (Art. 59 Abs. 2 aMWSTG; Art. 37 Abs. 2 MWSTG). Die Saldosteuersätze berücksichtigen die branchenübliche Vorsteuerquote ([zum aMWSTG] vgl. Parlamentarische Initiative Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer [Dettling], Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 28. August 1996, BBl 1996 V 71 3, S. 786). Sie werden von der ESTV nach Konsultation der betroffenen Branchenverbände festgelegt (Art. 37 Abs. 3 MWSTG). Mit der Anwendung der Saldosteuersätze soll nur der administrative Aufwand der steuerpflichtigen Person hinsichtlich Buchhaltung und Steuerabrechnung vereinfacht werden. Die Steuerleistung soll mit oder ohne Erleichterung prinzipiell die gleiche sein ([zum MWSTG] Urteil des BVGer A-2323/2018 vom 13. August 2018 E. 2.2 auch zum Folgenden; [zum aMWSTG] Urteil des BVGer A-5384/2014 vom 3. März 2015 E. 4.3.1 f. m.Hw. auch zum Folgenden).
Die Abrechnung nach Saldosteuersätzen ist bei der ESTV zu beantragen (vgl. Art. 37 Abs. 4 MWSTG) und bei gegebenen Voraussetzungen durch diese zu bewilligen (MICHAEL BEUSCH, in: Geiger/Schluckebier, a.a.O., Art. 37 N. 17 f.). Auf Verordnungsstufe ist ebenfalls festgehalten, dass die steuerpflichtigen Personen ihre Tätigkeiten zu den von der ESTV bewilligten Saldosteuersätzen abrechnen müssen (Art. 84 Abs. 1 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 [MWSTV, SR 641.201]).
Der Saldosteuersatz für Maler betrug 5.2 % in den Jahren 2008 und 2009 (Spezialbroschüre der ESTV Nr. 3: Saldosteuersätze, gültig vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009, Ziff. 15.1.6 und 15.2), 5.0 % im
Jahr 2010 (Verordnung der ESTV vom 8. Dezember 2009 über die Höhe der Saldosteuersätze nach Branchen und Tätigkeiten, AS 2009 6815 6823) und in den Jahren 2011 und 2012 wiederum 5.2 % (Anhang zur Verordnung der ESTV vom 6. Dezember 2010 über die Höhe der Saldosteuersätze nach Branchen und Tätigkeiten, SR 641.202.62 in der Fassung gemäss AS 2010 6105 6116).
Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist als Grundrecht in Art. 29 Abs. 3 BV verankert. In Bezug auf die Mehrwertsteuer ist zudem das VwVG im Verfügungsund Rechtsmittelverfahren anwendbar (Art. 81 Abs. 1 MWSTG; Art. 63 Abs. 2 aMWSTG), also auch auf das Verfahren vor der ESTV. Das VwVG regelt die unentgeltliche Rechtspflege in Art. 65.
Damit die unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden kann, muss die rechtssuchende Partei bedürftig sein, also nicht über die erforderlichen Mittel verfügen. Zudem darf das Verfahren nicht als aussichtslos erscheinen. Diese beiden Voraussetzungen müssen sowohl für die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung als auch die unentgeltliche Verbeiständung erfüllt sein. Soll Letztere gewährt werden, ist zudem erforderlich, dass die Verbeiständung für die Wahrung der Rechte des Betroffenen notwendig bzw. geboten ist und er sich selbst nicht sachgerecht und hinreichend wirksam vertreten kann (MARTIN KAYSER/RAHEL ALTMANN, in: Auer/Müller/ Schindler [Hrsg.], Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2019, Art. 65 Rz. 18, 31, 49 und 59 ff.; GEROLD STEINMANN, in: Ehrenzeller/ Schindler/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, Art. 29 BV Rz. 67 ff.).
Allein der Umstand, dass ein Verfahren von der Untersuchungsmaxime beherrscht ist, schliesst die Notwendigkeit der Verbeiständung nicht aus (STEINMANN, a.a.O., Art. 29 Rz. 71). Das Bundesgericht stellt dennoch bei solchen Verfahren strenge Anforderungen an die Notwendigkeit der Verbeiständung (vgl. BGE 130 I 180 E. 3.2; KAYSER/ALTMANN, a.a.O., Art. 65 Rz. 67, die strengere Anforderungen jedoch nicht für zwingend halten und auf BGE 112 Ia 14 E. 3b verweisen).
Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Vorinstanz die (mittlerweile liquidierte) B. GmbH zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen einschätzte (E. 4.1 ff.) und ob sie dem Beschwerdeführer zu Recht die unentgeltliche Verbeiständung verwehrte (E. 5). Wie erwähnt nicht Gegenstand
dieses Verfahrens ist hingegen die Frage, ob der Beschwerdeführer solidarisch haftet (E. 1.1.2 f.).
Vorliegend hat sich die B. GmbH erst per 1. September 2011 ins Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen eintragen lassen (Sachverhalt Bst. A.b). Die Vorinstanz stellte in ihrem Einspracheentscheid betreffend die Steuerperiode 2009 eine Steuerpflicht spätestens ab 1. Januar 2009 fest (frühere Steuerperioden stehen hier nicht im Streit).
Entscheidend für die Feststellung der subjektiven Steuerpflicht ab dem
1. Januar 2009 ist, ob die B.
GmbH die Umsatzgrenze von
Fr. 75'000.-- im Jahr 2008 erzielte (E. 2.2.1). Da die entsprechende Umsatzgrenze (E. 2.2.1 f.) nur erreicht wird, wenn die Ermessenseinschätzung zulässig war und die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen tatsächlich die Aufrechnung von Umsätzen in entsprechender Höhe erlaubt, ist im Folgenden für das Jahr 2008 auf die Fragen im Zusammenhang mit der von der Vorinstanz vorgenommenen Ermessenseinschätzung einzugehen. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob die B. GmbH für die Steuerperiode 2009 steuerpflichtig war. Da diese Prüfung einzig der Feststellung dient, ob die B. GmbH in der Steuerperiode 2009 steuerpflichtig war, erfolgt sie summarisch.
Die B. GmbH hat nachweislich Bücher geführt. Dies ist auch nicht bestritten. Ebenso wenig steht unter den Parteien im Streit, dass die Bücher die formellen Anforderungen erfüllen. Dennoch könnte sich bereits die Frage stellen, ob die erste Konstellation (Verstoss gegen formelle Buchführungsvorschriften) aufgrund dessen, dass nicht sämtliche Postbzw. Bankkonten (auch solche, welche auf die B. GmbH lauten) in der Buchhaltung aufgeführt sind (dazu insb. E. 4.2 ff.), vorliegen könnte (E. 2.5.2, 2. Absatz). Hier genügt es jedoch, das Vorliegen der zweiten Konstellation, nämlich eine zwar formell einwandfreie Buchführung, die jedoch mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht übereinstimmt, zu prüfen (E. 2.5.2, 3. Absatz).
Anlässlich der Kontrolle eines Drittunternehmens, der C.
AG,
stellte die Vorinstanz fest, dass dieses im Jahr 2008 Leistungen im Wert von Fr. 71'845.-- von der B. GmbH bezogen hatte (VN-act. 2), wobei - so die unbestrittene Darstellung der Vorinstanz sowie die dem Schlussprotokoll vom 20. November 2015 (VN-act. 7) beiliegende Liste - die entsprechenden Zahlungen auf ein nicht in der Buchhaltung der
B. GmbH bilanziertes Postcheckkonto flossen. Insgesamt war in der Buchhaltung ein Ertrag von lediglich Fr. 66'445.-- ausgewiesen (VNact. 3, Bilanz und Erfolgsrechnung 2008).
Schon allein aus dem Umstand, dass die von der C. AG an die B. GmbH bezahlten Entgelte die in der Buchhaltung der Letzteren zu entnehmenden Umsätze übertreffen, ist ersichtlich, dass die Buchhal-
tung der B.
GmbH nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten
übereinstimmen kann. Keine Rolle spielt dabei, ob die B. GmbH die Rechnungen an die C. AG mit oder ohne Mehrwertsteuer ausgestellt hat.
Aufgrund dieser Mängel in der Buchführung war die Vorinstanz nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (E. 2.6.1), den massgebenden Umsatz der B. GmbH für das Jahr 2008 ermessensweise zu ermitteln.
Dem Schlussprotokoll vom 20. November 2015 (VN-act. 7) sowie der Strafverfügung vom 20. November 2016 (VN-act. 10) liegt eine Liste mit Zahlungen bei, welche auf die verschiedenen, auf die B. GmbH und den Beschwerdeführer lautenden Konten eingingen. Aus dieser Liste ergibt sich, dass die C. AG im Jahr 2008 sämtliche Zahlungen in Höhe von insgesamt Fr. 71'845.-- auf das PC-Konto [ ] leistete, welches auf den Beschwerdeführer lautet und welches in der Buchhaltung der B. GmbH nicht aufgeführt ist (vgl. schon E. 4.1.2). Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz auch dieses Konto bei ihrer Schätzung mitberücksichtigte.
Dem einzigen, in der Buchhaltung 2008 angegebenen PC-Konto Nr. [ ], welches auf die B. GmbH lautet, entnahm die Vorinstanz Entgelte für steuerbare Leistungen im Umfang von Fr. 36'475.-- (Beilage zum Schlussprotokoll vom 20. November 2015 in VN-act. 7). Selbst wenn nur diese Entgelte mit jenen der C. AG von Fr. 71'845.-- zusammengezählt werden (insgesamt Fr. 108'320.--), ergibt sich, dass die entsprechende Umsatzgrenze von Fr. 75'000.-- im Jahr 2008 überschritten war. Wird auf diese Umsätze der für Maler geltende Saldosteuersatz von 5.2 % angewendet (E. 2.8.3), ergibt sich daraus eine Steuerzahllast von Fr. 5'632.64, also deutlich mehr als die Fr. 4'000.--, bei denen noch eine Ausnahme von der Steuerpflicht gelten könnte (E. 2.2.1).
Bereits hieraus ergibt sich, dass die B. GmbH jedenfalls ab dem 1. Januar 2009 subjektiv mehrwertsteuerpflichtig war (E. 2.2.1 letzter Absatz).
Da vorliegend nur die Steuerperioden 2009 bis 2012 Gegenstand des Verfahrens sind, erübrigen sich weitere Ausführungen in Bezug auf das Jahr 2008. Es ist somit darauf einzugehen, ob die Vorinstanz (auch) für die Jahre 2009 bis 2012 die B. GmbH ermessensweise einschätzen durfte («erste Stufe»; vgl. E. 2.7.2; nachfolgend: E. 4.2). Ist dies der Fall, ist weiter zu prüfen, ob die Vorinstanz die Ermessensveranlagung pflichtgemäss vorgenommen hat («zweite Stufe» [E. 2.7.2], nachfolgend: E. 4.3) und, falls dies zu bejahen ist, ob es dem Beschwerdeführer gelingt, die Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schätzung nachzuweisen (sog. «dritte Stufe» [E. 2.7.2], dazu nachfolgend: E. 4.4).
Aus den Unterlagen ergibt sich, dass die C. AG im Jahr 2009 Leistungen im Umfang von Fr. 90'173.05 von der B. GmbH bezo- gen hatte (VN-act. 2). In der Erfolgsrechnung der B. GmbH wurden jedoch nur Umsätze im Betrag von insgesamt Fr. 78'803.70 ausgewiesen (VN-act. 3, Bilanz und Erfolgsrechnung 2009). Zudem war das Postcheckkonto, auf welches die C. AG die Zahlungen leistete und welches auf den Beschwerdeführer persönlich lautete, in der Bilanz der B. GmbH nicht aufgeführt.
Im Jahr 2009 waren also die Bücher der B. GmbH zumindest materiell unrichtig (vgl. E. 4.1.2).
Wie die Vorinstanz im entsprechenden Einspracheentscheid vom
23. Oktober 2018 ausführt, finden sich in den Jahren 2010 bis 2012 Zahlungseingänge auf dem privaten Postcheckkonto des Beschwerdeführers ([ ]), bei welchen es sich um die Begleichung von in Rechnung gestellten Leistungen handelt (Auszug in VN-act. 24):
23.11.2010 E.
[Adresse]
29.11.2010 F.
Rechn.Nr. [ ]
14.07.2011 G.
Balkon-Boden
Das Konto ist in der Buchhaltung der B. GmbH jeweils nicht bilanziert (VN-act. 3, Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Jahre 2010 bis 2012).
Hieraus ergibt sich, dass die Buchhaltung auch für die Jahre 2010 bis 2012 nicht vollständig ist.
Damit ist auch für die Jahre 2009 bis 2012 festzuhalten, dass die
Buchhaltung der B.
GmbH zumindest materiell unrichtig ist
(E. 4.1.2) und die Vorinstanz eine Ermessenseinschätzung vornehmen musste (E. 2.5.2 und 2.6.1). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen, und er sich gegen die damit verbundene Umkehr der Beweislast wehrt, irrt er.
Bei der Frage, ob die Vorinstanz die Ermessenseinschätzung pflichtgemäss vorgenommen hat, setzt das Bundesverwaltungsgericht - wie bereits in Erwägung 2.7.1 dargelegt - grundsätzlich nur dann sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Vorinstanz, wenn dieser bei der Schätzung erhebliche Ermessensfehler unterlaufen sind.
Die Vorinstanz hat nun eine Methode gewählt, die der Realität möglichst nahekommen soll, indem sie die entweder auf die B. GmbH oder den Beschwerdeführer lautenden Konten beigezogen hat, bei denen sie davon ausging, dass darauf Entgelt für steuerbare Leistungen geflossen ist (dazu E. 4.3.2 f.). Anschliessend hat sie die einzelnen Zahlungseingänge auf diesen Konten daraufhin kontrolliert, ob sie tatsächlich als Entgelt für steuerbare Leistungen zu betrachten sind oder nicht (dazu
E. 4.3.4 f. sowie E. 4.4) Die Buchhaltung der B. GmbH wurde entsprechend ergänzt bzw. rekonstruiert. Folgende Konten wurden dabei berücksichtigt:
Gegen die Anwendung dieser Methode ist im vorliegenden Fall grundsätzlich nichts einzuwenden. Soweit die Konten in der Bilanz der B. GmbH aufgeführt werden, sind sie zu berücksichtigen (also das PC-Konto der B. GmbH sowie das WIR-Konto). Auch das auf die B. GmbH lautende Konto bei der Migros-Bank, welches nicht in der Bilanz erscheint, muss dieser zugerechnet werden. Auf das PC-Konto des Beschwerdeführers flossen diverse Zahlungen, die der B. GmbH bzw. deren Umsätzen zuzurechnen wären. Bei einem Grossteil dieser Zahlungseingänge ist denn auch nicht bestritten, dass sie nicht der Privatsphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen sind, sondern Entgelt für
steuerbare Leistungen der B.
GmbH darstellen. Dass die Vor-
instanz dieses Konto in ihre Schätzung einbezogen und die einzelnen Zahlungseingänge daraufhin kontrolliert hat, ob sie der B. GmbH zuzurechnen sind oder der Privatsphäre des Beschwerdeführers, ist nicht zu beanstanden.
Anders verhält es sich mit dem Migros-Bankkonto, welches auf den Beschwerdeführer lautet. Zwar war es gerechtfertigt, dass die Vorinstanz dieses ebenfalls geprüft hat. In Bezug auf dieses Konto ergeben sich jedoch keine Hinweise, dass darauf Zahlungen flossen, die als Entgelt für steuerbare Leistungen der B. GmbH dieser zuzurechnen wären. Zwar wurden verschiedentlich Einzahlungen vorgenommen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht angegeben ist. Teilweise war aber davon auszugehen, dass sie aus Mitteln des Beschwerdeführers stammten, die dieser kurz zuvor von einem der anderen Konten bezogen hatte. Bei solchen Zahlungen hat auch die Vorinstanz anerkannt, dass es sich nicht um Entgelte für steuerpflichtige Leistungen handelt. Ob in Bezug auf die weiteren Einzahlungen das Argument des Beschwerdeführers richtig ist, dass das Geld aus dem Lohn seiner Ehefrau einbezahlt wurde, hat die Vorinstanz nicht detailliert abgeklärt, sondern lediglich auf eine schriftliche Aussage von Letzterer abgestellt, wonach sie dem Beschwerdeführer monatlich Fr. 1'300.-- bezahlt habe. Ob sie auch selbst Geld auf das Konto einzahlte, lässt sich dieser Aussage jedoch nicht entnehmen. Vom auf den Beschwerdeführer lautenden Migros-Bankkonto aus wurden regelmässig Zahlungen
nach [ ] - gemäss Betreff insbesondere an Privatpersonen - vorgenommen, also jenem Land, aus dem die Ehefrau des Beschwerdeführers ursprünglich kam. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass diese Zahlungen auf Veranlassung oder zumindest im Interesse der Ehefrau vorgenommen wurden, weshalb glaubhaft erscheint, dass (auch) sie das Konto äuffnete. Schliesslich erfolgten alle Einzahlungen in derselben Bankfiliale und auf Tausender gerundet, was, würde es sich um Zahlungen von
Kunden der B. wäre.
GmbH für deren Leistungen handeln, unüblich
Insgesamt gibt es damit - wie erwähnt - vorliegend keine Hinweise darauf, dass das hier erwähnte Konto für Zwecke der B. GmbH verwendet wurde. Es ist daher nicht in die Ermessenseinschätzung einzubeziehen und die Beschwerde insoweit teilweise gutzuheissen.
Damit erübrigt sich auch, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen, die Vorinstanz habe Kontoauszüge seiner Ehefrau beiziehen müssen. Da das Migros-Bankkonto nicht berücksichtigt wird, muss auch nicht - allenfalls unter Beizug der genannten Kontoauszüge - geklärt werden, woher die darauf eingezahlten Gelder stammen.
Nachdem geklärt ist, welche Konten die Vorinstanz in ihre Schätzung einbeziehen durfte, ist kurz auf die Art und Weise einzugehen, wie sie in Bezug auf die einzelnen Zahlungen entschieden hat, ob es sich um Entgelt für steuerbare Leistungen oder gerade nicht um solches Entgelt handelte. Den vorinstanzlichen Unterlagen (insbesondere den Beilagen zum Schlussprotokoll vom 20. November 2015 [VN-act. 7] sowie den Beilagen zu den Einspracheentscheiden vom 23. Oktober 2018 [VN-act. 21 und 22]
i.V.m. der Begründung der Einspracheentscheide) ist dabei zu entnehmen, welche Zahlungseingänge auf den Konten jeweils als Entgelt für steuerbare Leistungen oder nicht als solches Entgelt betrachtet wurden.
Die Vorinstanz hat zunächst geprüft, welche Einzahlungen auf den Konten klarerweise nicht als mehrwertsteuerlich relevant angesehen werden können. Die übrigen Zahlungseingänge hat sie als Entgelt für steuerbare Leistungen betrachtet. Nachdem sich der Beschwerdeführer gewehrt hatte, anerkannte die Vorinstanz bei weiteren Zahlungen, dass diese kein Entgelt für steuerbare Leistungen darstellten. Umstritten waren zunächst vor allem Zahlungen, die mittels Einzahlungsschein auf die Konten getätigt worden waren. Die Vorinstanz hat die dagegen vorgebrachten Einwände des Beschwerdeführers, soweit sie von diesem selbst oder durch eigene
Nachforschungen belegt wurden oder zumindest plausibel erschienen (insb. VN-act. 16 und 19), im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens bzw. (antragsweise) im vorliegenden Verfahren berücksichtigt. Soweit die Vorinstanz Einwände des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt hat, ist im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen (E. 4.4 ff.) die Frage zu beantworten, wie es sich damit verhält, ob nämlich dem Beschwerdeführer der Gegenbeweis gelingt, dass die Schätzung bzw. gewisse Teile der Schätzung falsch sind (E. 4.4).
Nicht bestritten ist die Anwendung der Saldosteuersätze auf die als Entgelt für steuerbare Leistungen geltenden Einzahlungen. Da der Be-
schwerdeführer selbst für die B.
GmbH ab dem 1. September
2011 die Anwendung derselben beantragte und die Anwendung vorliegend sachgerecht erscheint, ist darauf nicht weiter einzugehen.
Insgesamt ist hier festzuhalten, dass die Schätzung der Vorinstanz im Rahmen der vom Bundesverwaltungsgericht unter der gebotenen Zurückhaltung vorgenommenen Prüfung - mit Ausnahme des Einbezugs des auf den Beschwerdeführer lautenden Migros-Bankkontos - nicht als offensichtlich pflichtwidrig erscheint.
Nunmehr ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer der Gegenbeweis gelingt, also der Beweis, dass es sich nicht um Entgelte für steuerbare Leistungen handelt.
Zunächst ist auf das Jahr 2009 einzugehen.
In Bezug auf das PC-Konto, lautend auf den Beschwerdeführer,
bleiben nur noch die Entgelte der C.
AG für Leistungen der
B. GmbH, von deren Steuerbarkeit die Vorinstanz zu Recht ausgegangen ist, sowie eine Zahlung der K. (Rechnung [ ]), bei der auch von Seiten des Beschwerdeführers nicht angezweifelt wird, dass es sich um Entgelt für steuerbare Leistungen handelt, übrig. Damit verbleiben auf diesem Konto Entgelte, die für steuerbare Leistungen entrichtet wurden, von Fr. 85'131.70.
Da das auf den Beschwerdeführer lautende Migros-Bankkonto nicht in die Schätzung einzubeziehen ist (E. 4.3.3), ist darauf nicht weiter einzugehen.
Auf dem Migros-Bankkonto der B. GmbH, welches in der Buchhaltung dieser Gesellschaft nicht aufgeführt ist, gingen Fr. 12’780.-ein. Die Vorinstanz bezeichnet diesen Betrag nach wie vor als Entgelt für
steuerbare Leistungen der B.
GmbH. Der Beschwerdeführer
macht hingegen geltend, es habe sich um eine Privateinlage gehandelt. Den nun ihm obliegenden Gegenbeweis bleibt er jedoch schuldig, weshalb die Vorinstanz zu Recht davon ausging, dass es sich um Entgelt für eine steuerbare Leistung handelt.
Auf dem in der Bilanz angegebenen, auf die B. GmbH lautenden PC-Konto gingen Fr. 15'564.20 an Entgelten für steuerbare Leistungen ein. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Damit handelt es sich bei Zahlungen auf das PC-Konto des Beschwerdeführers in Höhe von Fr. 85'131.70, bei Zahlungen auf das MigrosBankkonto der B. GmbH in Höhe von Fr. 12'780.-- und das PCKonto der B. GmbH in Höhe von Fr. 15'564.20 um Entgelte für steuerbare Leistungen. Da die B. GmbH für das Jahr 2009 keine Mehrwertsteuern abrechnete, ist auf dem ganzen Betrag von Fr. 113'475.90 die Mehrwertsteuer zum Saldosteuersatz von 5,2 % (E. 2.8.3) zu erheben. Dies ergibt Mehrwertsteuern in Höhe von gerundet Fr. 5'900.70.
Nun ist auf die Jahre 2010 bis 2012 einzugehen.
In Bezug auf das PC-Konto, lautend auf den Beschwerdeführer, hat die Vorinstanz im Verlauf des Verfahrens diverse Zahlungen als Zahlungen der Ehefrau des Beschwerdeführers sowie Zahlungen einer Mitbewohnerin als mehrwertsteuerlich nicht relevant anerkannt. Übrig geblieben sind einige Zahlungen, bei denen aufgrund der die Einzahlung vornehmenden Person bzw. der Betreffzeile davon auszugehen ist, dass es sich um Entgelt für steuerbare Leistungen handelt, was auch vom Beschwerdeführer nicht substantiiert bestritten wird, sowie um Zahlungen, bei denen die Herkunft der Mittel nicht klar ist. Auf letztere ist im Folgenden einzugehen, soweit vom Beschwerdeführer bestritten wird, dass es sich um Entgelte für steuerbare Leistungen handelt.
Der Beschwerdeführer macht geltend, bei den Einzahlungen vom 25. Februar 2011 in Höhe von Fr. 2'000.--, vom 11. August 2011 in Höhe von Fr. 200.-- und vom 19. Dezember 2011 in Höhe von Fr. 600.-- handle es sich um bereits versteuerte Umsätze ab anderen Konten bzw. vom Konto der Ehefrau. Die Qualifizierung der übrigen Zahlungen bestreitet der Beschwerdeführer nicht.
Was die Zahlungen vom 11. August 2011 in Höhe von Fr. 200.-- und
19. Dezember 2011 in Höhe von Fr. 600.-- betrifft, hat die Vorinstanz bereits anerkannt, dass es sich nicht um Entgelt für steuerbare Leistungen handelt.
In Bezug auf die Einzahlung vom 25. Februar 2011 in Höhe von Fr. 2'000.-- gelingt dem Beschwerdeführer der Gegenbeweis, das heisst, dass es sich nicht um Entgelt für steuerbare Leistungen handelt, nicht. Auf diesem Betrag ist somit die Mehrwertsteuer zu erheben.
Insgesamt beläuft sich der Betrag, auf dem die Mehrwertsteuer zu erheben ist, in Bezug auf das PC-Konto des Beschwerdeführers auf Fr. 86’000.55 (Fr. 28'800.-- im Jahr 2010, Fr. 31'080.-- im Jahr 2011 und Fr. 26’120.55 im
Jahr 2012).
Auf das auf den Beschwerdeführer lautende Migros-Bankkonto ist nicht weiter einzugehen, da dieses Konto nicht in die Schätzung einzubeziehen ist (E. 4.3.3).
Das Migros-Bankkonto der B. GmbH, welches Ende 2010 saldiert wurde, hat die Vorinstanz in den Steuerperioden 2010 bis 2012 nicht mehr in die Ermessenseinschätzung einbezogen, dafür das neu eröffnete WIR-Konto mit der Nummer [ ], welches in der Bilanz der
B.
GmbH aufgeführt ist. Auf diesem gingen im Jahr 2010
Fr. 3'500.-- und im Jahr 2011 Fr. 3'000.-- ein, wobei auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird, dass es sich um Entgelt für steuerbare Leistungen handelt.
Auf dem in der Bilanz angegebenen PC-Konto der B. GmbH hat die Vorinstanz steuerlich relevante Zahlungseingänge von Fr. 84'077.60 (2010), Fr. 93'128.35 (2011) und Fr. 36'190.95 (2012) - ins-
gesamt also Fr. 213'396.90 - ausgemacht. Auch hiergegen macht der Beschwerdeführer keine Einwände geltend.
Damit handelt es sich in den Jahren 2010 bis 2012 bei Zahlungen im Betrag von insgesamt Fr. 305'897.45 um Entgelte für steuerbare Leistungen. Davon entfallen auf das Jahr 2010 Fr. 116’377.60 und die Jahre 2011 und 2012 Fr. 189'519.85 (Fr. 127'208.35 und Fr. 62'311.50). In An-
wendung der Saldosteuersätze von 5.0 % für das Jahr 2010 und von 5.2 % für die Jahre 2011 und 2012 (E. 2.8.3) beträgt die Mehrwertsteuer gerundet Fr. 15'673.90 (Fr. 5’818.90 im Jahr 2010, Fr. 6'614.80 im Jahr 2011 und
Fr. 3'240.20 im Jahr 2012).
über der B.
GmbH für die Steuerperioden 2009 bis 2012 auf
Fr. 21'574.60. Zur Berechnung der Zinsen ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Schliesslich ist zu prüfen, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Verbeiständung hätte gewähren müssen.
Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz besteht auch für das vorinstanzliche Verfahren eine Rechtsgrundlage, gestützt auf welche die unentgeltliche Rechtspflege (also unentgeltliche Prozessführung und unentgeltliche Verbeiständung) unter den gegebenen Voraussetzungen gewährt werden muss (dazu E. 3.1). Im von der Vorinstanz genannten Art. 84 Abs. 1 MWSTG ist nur festgehalten, dass im Verfügungsund Einspracheverfahren keine Parteientschädigung zugesprochen wird, was insofern eine Parallelität herstellt, als dieses (ebenfalls gemäss Art. 84 Abs. 1 MWSTG) in der Regel kostenfrei ist. Daraus lassen sich keine Schlüsse für die unentgeltliche Rechtsvertretung ziehen, die zunächst nichts mit einer Parteientschädigung zu tun hat, sondern unabhängig davon ist, ob die beschwerdeführende Partei obsiegt oder unterliegt.
Da die Vorinstanz in der Begründung der Einspracheentscheide dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung bewilligte, könnte sich die Frage stellen, ob die ersten beiden Voraussetzungen (Bedürftigkeit und fehlende Aussichtslosigkeit; E. 3.2) überhaupt geprüft werden müssen, weil sie sowohl für die unentgeltliche Prozessführung als auch die unentgeltliche Rechtsvertretung gleich zu beantworten sind. Im Dispositiv der Einspracheentscheide ist jedoch nicht festgehalten, dass die unentgeltliche Prozessführung gewährt wurde. Ausserdem wurde die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung einzig damit begründet, dass das Verfahren ohnehin kostenfrei sei. Daher sind hier sämtliche Voraussetzungen zu prüfen.
Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege (also unentgeltliche Prozessführung und unentgeltliche Verbeiständung) gewährt. Ob der Beschwerdeführer auch für die Zeit des vorinstanzlichen Verfahrens als bedürftig zu gelten hat, lässt sich den Akten nicht mit Sicherheit entnehmen. Diesbezüglich ist die Sache zum entsprechenden Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Hingegen deutet nichts darauf hin, dass sich die Frage nach der fehlenden Aussichtslosigkeit im vorinstanzlichen Verfahren anders dargestellt hätte als im vorliegenden Beschwerdeverfahren.
Damit bleibt (neben der Frage der Bedürftigkeit) zu prüfen, ob die Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren notwendig bzw. geboten war (tatsächlich war der Beschwerdeführer auch vor der Vorinstanz vertreten und es stellt sich daher noch die Frage, wer die Kosten dieser Vertretung zu tragen hat).
Im parallel geführten Strafverfahren wurde dem Beschwerdeführer nach unwidersprochener Darstellung in der Beschwerde die amtliche Verteidigung bewilligt. Dies allein ist kein Grund, dem Beschwerdeführer auch für das verwaltungsrechtliche Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen, zumal die Anforderungen im Verwaltungsund im Strafverfahren abweichen können (vgl. STEINMANN, a.a.O., Art. 29 Rz. 71). Allerdings hängen hier verwaltungsund strafrechtliche Fragen eng zusammen. Auch hat die Vorinstanz diesen strafrechtlichen Zusammenhang, indem sie die Solidarhaftung des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 12 Abs. 3 VStrR mit dessen Verschulden begründete, selbst ins verwaltungsrechtliche Verfahren eingebracht. Unabhängig davon, dass das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss kommt, dass diese Frage im strafrechtlichen Verfahren zu beurteilen sein wird (E. 1.1.2 f.), zeigt sich hierin, dass der Fall über eine gewöhnliche Ermessenseinschätzung, in dem der Beschwerdeführer insbesondere Unterlagen einzureichen hätte, hinausgeht und nicht nur relativ einfache Fragen zu beantworten sind. Unter diesen Umständen hätte auch die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Verbeiständung gewähren müssen, sofern dessen Bedürftigkeit gegeben war.
Somit ist die Sache in Bezug auf die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die Frage der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers im vorinstanzlichen Verfahren beantwortet und, im Falle der Bejahung, über die Höhe der Entschädigung befindet.
Gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG sind die Verfahrenskosten in der Regel der unterliegenden Partei aufzuerlegen.
Die Vorinstanz hat in den Einspracheentscheiden die Mehrwertsteuerforderungen für das Jahr 2009 auf Fr. 6'421.-- und für die Jahre 2010 bis 2012 auf Fr. 18'486.-- (insgesamt Fr. 24'907.--) festgesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht setzt die Forderungen hingegen für das Jahr 2009 auf Fr. 5'900.70 und für die Jahre 2010 bis 2012 auf Fr. 15'673.90 (insgesamt Fr. 21'574.60) fest. Unabhängig davon, dass die Vorinstanz in der Vernehmlassung eine Gutheissung der Beschwerde im Umfang von Fr. 104.-- bzw. Fr. 2'140.-- beantragt hat (Sachverhalt Bst. I), bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf die Höhe der Steuerforderung im Umfang von Fr. 3'332.40 (also über 10 %) obsiegt. Weiter wird auf die Beschwerde in Bezug auf die Frage der Solidarhaftung nicht eingetreten und diese Frage ins Strafverfahren verwiesen. Schliesslich wird die Vorinstanz angewiesen zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren ein unentgeltlicher Vertreter zu bestellen gewesen wäre, und allenfalls über die Höhe der Entschädigung zu befinden. In Bezug auf diese beiden Punkte obsiegt der Beschwerdeführer ebenfalls. Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zu 2/3 obsiegt.
Da dem Beschwerdeführer mit den Zwischenverfügungen vom 20. Dezember 2018 die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde (Sachverhalt Bst. H), ist er im vorliegenden Beschwerdeverfahren vollständig von der Bezahlung der Verfahrenskosten zu befreien (Art. 65 Abs. 1 VwVG).
Der Vorinstanz sind ebenfalls keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 2 VwVG).
Der - gemäss dem hiervor Dargelegten (E. 6.1) - zu 2/3 obsiegende Beschwerdeführer hat im entsprechenden Umfang Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Da der als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellte Rechtsvertreter des Beschwerdeführers keine Kostennote eingereicht hat, ist die Parteientschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2 VGKE). Wie aus Art. 12 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 1 VGKE hervorgeht, hat die Entschädigung für die Parteientschädigung (ebenso wie eine unentgeltliche Verbeiständung) nicht jeden erdenklichen, sondern nur den notwendigen Aufwand zu ersetzen (vgl. Urteile des BVGer A-3121/2017 vom 1. September 2017 E. 5.3, A-6903/2015 vom 25. April 2016 E. 10).
Die reduzierte Parteientschädigung wird vorliegend praxisgemäss auf Fr. 2'000.-- festgesetzt.
Rechtsanwalt Dr. iur. Yves Waldmann, der mit Zwischenverfügung vom
20. Dezember 2018 als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beschwerdeführers eingesetzt wurde, ist für den nicht durch die Parteientschädigung gedeckten Betrag aus der Gerichtskasse eine Entschädigung aus unentgeltlicher Rechtspflege auszurichten (vgl. Urteile des BVGer A-1131/2017 11. Januar 2018 E. 10.2, A-3121/2017 vom 1. September 2017 E. 5.3,
A-6903/2015 vom 25. April 2016 E. 10). Diese beträgt noch Fr. 1'000.--.
Der Beschwerdeführer wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass er nach Art. 65 Abs. 4 VwVG, sollte er als bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln gelangen, der Gerichtskasse für die erwähnte Entschädigung Ersatz zu leisten hat.
Die Verfahren A-6686/2018 und A-6691/2018 werden vereinigt.
In Bezug auf die Frage, ob der Beschwerdeführer solidarisch mit der liquidierten B. GmbH haftet, wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. Die jeweilige Ziff. 3 des Dispositivs der Einspracheentscheide wird aufgehoben und die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese darüber im Verwaltungsstrafverfahren befindet.
Im Übrigen wird die Beschwerde insofern teilweise gutgeheissen, als festgestellt wird, dass die Mehrwertsteuerforderung gegenüber der B. GmbH für die Steuerperioden 2009 Fr. 5'900.70 zuzüglich Zinsen und für die Steuerperioden 2010 bis 2012 Fr. 15'673.90 zuzüglich Zinsen beträgt. Zur Berechnung der Zinsen wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die Vorinstanz wird angewiesen, zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren als bedürftig zu gelten hatte. Bejaht sie dies,
hat sie über die Höhe der Entschädigung für den unentgeltlichen Rechtsbeistand zu befinden. Die Sache wird zur Klärung dieser Frage und allfälligen Berechnung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
Rechtsanwalt Dr. iur. Yves Waldmann wird darüber hinaus für die unentgeltliche Verbeiständung des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren eine Entschädigung von insgesamt Fr. 1’000.-- ausgerichtet, zahlbar aus der Gerichtskasse nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. ; Gerichtsurkunde)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel Riedo Susanne Raas
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen
Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
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