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Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-5359/2017 |
Datum: | 06.12.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Befreiung Versicherungspflicht |
Schlagwörter : | Schweiz; Versicherung; Versicherungspflicht; Mitgliedstaat; Krankenversicherung; Befreiung; Recht; Gesuch; Person; Rente; Vorinstanz; Wohnsitz; Rentner; Italien; Rechtsvorschriften; Personen; Staat; BVGer-act; Akten; Einsprache; Mitgliedstaats; Gemeinsame; Beilage; Frist; Krankheit; EUGSTER |
Rechtsnorm: | Art. 13 ATSG ;Art. 18 KVG ;Art. 23 ZGB ;Art. 48 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 61 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 85b AHVG ;Art. 90 KVG ;Art. 95 KVG ; |
Referenz BGE: | 131 V 164; 132 V 215; 136 V 295; 138 V 206; 141 V 246; 143 V 52; 144 V 127 |
Kommentar: | -, Kommentar zur [EG] Nr. 883,, Art. 24 V [EG, 2004 |
Abteilung III C-5359/2017
Besetzung Richter Christoph Rohrer (Vorsitz),
Richterin Viktoria Helfenstein, Richter David Weiss, Gerichtsschreiber Michael Rutz.
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Krankenversicherung,
Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz, Einspracheentscheid vom 16. August 2017.
Mit undatiertem Schreiben (Eingang: 27. Oktober 2015) ersuchten A. (geboren 1945) und seine Ehefrau B. (geboren 1958) bei der Gemeinsamen Einrichtung KVG zwecks Anmeldung bei der italienischen Krankenversicherung um eine Bestätigung, dass sie von der schweizerischen Versicherungspflicht befreit seien. Sie wiesen in diesem Schreiben darauf hin, dass sie seit einiger Zeit in Italien wohnhaft seien und ihre Krankenversicherung in der Schweiz vor ihrer Abreise gekündigt hätten (Beilage 2 zu BVGer-act. 3).
Die Gemeinsame Einrichtung KVG teilte A.
mit Schreiben
vom 15. Mai 2017 bezugnehmend auf das Gesuch um Befreiung von der Krankenversicherungspflicht mit, dass er die verlangten Unterlagen bisher nicht eingereicht habe. Sie forderte ihn auf, bis 14. Juni 2017 den italienischen Versicherungsnachweis einzureichen, ansonsten sein Gesuch als gegenstandslos betrachtet werde (Beilage zu BVGer-act. 1; actorum liegt nicht bei den Akten der Vorinstanz). A. ersuchte daraufhin auf dem amtlichen Formular, unterzeichnet am 6. Juni 2017, erneut um Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz. Er legte seinem Gesuch eine Bestätigung der Einwohnerkontrolle C. vom 26. März 2012 bei, wonach er und seine Ehefrau sich per 31. März 2012 nach Italien abgemeldet haben. Er bat zudem um Ausstellung des Formulars E120 (Beilage 3 zu BVGer-act. 3). Mit Verfügung vom 30. Juni 2017 wies die Gemeinsame Einrichtung KVG das Gesuch von A. um Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz ab, weil es nicht innert der Frist von drei Monaten ab Wohnsitznahme in der EU/EFTA eingereicht worden sei (Beilage 4 zu BVGer-act. 3).
Dagegen erhoben A. und B. am 25. Juli 2017 Einsprache und brachten vor, dass die Krankenkasse Groupe Mutuel damals für die Kündigung neben der Abmeldung von der Gemeinde C. keine weiteren Unterlagen verlangt habe. Es habe auch keine Informationen gegeben. Er wies unter Beilage der entsprechenden Versicherungskarten («Tessera Sanitaria») zudem darauf hin, dass er und seine Ehefrau nun seit 24. Juli 2017 in Italien krankenversichert seien (Beilage 5 zu BVGer-act. 3). Die Gemeinsame Einrichtung KVG wies die Einsprache mit Entscheid vom 16. August 2017 ab. Zur Begründung hielt sie im Wesentlichen fest, dass der Nachweis einer Versicherungsdeckung in Italien bereits zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs innert der gesetzlichen Frist
von drei Monaten hätte vorliegen müssen. A. bleibe daher weiterhin in der Schweiz für das Risiko Krankheit versicherungspflichtig. Sollte er nicht innert einer Frist von 30 Tagen eine Versicherung nach KVG nachweisen, werde das Verfahren der Zwangszuweisung an einen KVG-Versicherer eingeleitet (Beilage 6 zu BVGer-act. 3).
Gegen diesen Einspracheentscheid erhoben A. und B. mit Eingabe vom 17. September 2017 (Poststempel) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragten sinngemäss, dass der angefochtene Entscheid aufzuheben sei und sie von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz zu befreien seien (BVGer-act. 1).
Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 18. Oktober 2017 die Abweisung der Beschwerde (BVGer-act. 3).
A. und B. machten von der Gelegenheit zur Einreichung einer Replik keinen Gebrauch.
Auf den weiteren Inhalt der Akten sowie der Rechtsschriften ist - soweit erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 90a Abs. 1 KVG [SR 831.10] i.V.m. Art. 18 Abs. 2bis KVG sowie Art. 31, 32 und 33 Bst. d VGG). A. ist als Adressat des angefochtenen Einspracheentscheides durch diesen besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Abänderung, weshalb er zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstandes des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bildet der Einspracheentscheid vom 16. August 2017, mit dem die Vorinstanz in Bestätigung ihrer Verfügung vom 30. Juni 2017 das Gesuch von A. um Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz abgewiesen hat. Obwohl sich das bei der Vorinstanz eingereichte Gesuch um Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz sowie die in diesem Zusammenhang geführte Korrespondenz auf beide Ehegatten beziehen, hat die Vorinstanz nur bezüglich des Ehemanns verfügt. Über das Gesuch der Ehefrau wird die Vorinstanz ebenfalls noch zu verfügen haben. Soweit aber mit der Beschwerde auch die Befreiung der Ehefrau von der Versicherungspflicht in der Schweiz beantragt wird, liegt dies ausserhalb des Anfechtungsobjekts, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Prozessthema ist lediglich das Gesuch des Ehemanns (nachfolgend: Beschwerdeführer).
Zu beurteilen ist ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit Bezug zur EU, weshalb das am 1. Juni 2002 in Kraft getretene Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) zu beachten ist. Im Rahmen des FZA ist auch die Schweiz als «Mitgliedstaat» im Sinne der Koordinierungsverordnungen zu betrachten (Art. 1 Abs. 2 Anhang II FZA; vgl. BGE 141 V 246 E. 2.1). Nach Art. 1 Abs. 1 des auf der Grundlage von Art. 8 FZA ausgearbeiteten und Bestandteil des Abkommens bildenden (Art. 15 FZA) Anhangs II FZA in Verbindung mit Abschnitt A dieses Anhangs wenden die Vertragsparteien untereinander insbesondere die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zuund abwandern (AS 2004 121), und (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (AS 2005 3909; nachfolgend: V [EWG] Nr. 1408/71) oder gleichwertige Vorschriften an. Mit Wirkung auf 1. April 2012 sind diese beiden Rechtsakte durch die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1; nachfolgend: V [EG] Nr. 883/2004) sowie (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.11) abgelöst worden (BGE 143 V 52 E. 6.1).
Nach Art. 3 Abs. 1 KVG muss sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz innert drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern oder von ihrem gesetzlichen Vertreter beziehungsweise ihrer gesetzlichen Vertreterin versichern lassen. Für die gesamte Schweiz gilt somit ein Versicherungsobligatorium (BGE 143 V 52 E. 4). Art. 1 der vom Bundesrat erlassenen KVV (SR 832.102) präzisiert, dass Personen mit Wohnsitz im Sinn von Art. 23 bis 26 ZGB in der Schweiz der Versicherungspflicht nach Art. 3 KVG unterstehen (Abs. 1).
Der Bundesrat kann die Versicherungspflicht gemäss Art. 3 Abs. 3 KVG auf Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz ausdehnen, insbesondere auf solche, die in der Schweiz tätig sind oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 Abs. 2 ATSG [SR 830.1]) haben (Bst. a) oder die im Ausland von einem Arbeitgeber mit einem Sitz in der Schweiz beschäftigt werden (Bst. b). Zudem erklärt Art. 1 Abs. 2 Bst. d KVV - neben den Personen mit einem zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz - unter anderem Personen, welche in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnen und nach dem in Art. 95a Bst. a KVG genannten FZA sowie seinem Anhang II der schweizerischen Versicherung unterstellt sind. Nach Art. 7 Abs. 8 KVV sind versicherungspflichtige Personen nach Art. 1 Abs. 2 Bst. d KVV verpflichtet, sich innert drei Monaten nach Entstehung der Versicherungspflicht in der Schweiz zu versichern. Versichern sie sich innert dieser Frist, so beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Unterstellung unter die schweizerische Versicherung.
Nach Art. 2 Abs. 6 KVV sind Personen auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnen, sofern sie nach dem Freizügigkeitsabkommen sowie seinem Anhang II von der Versicherungspflicht befreit werden können und nachweisen, dass sie im Wohnstaat und während eines Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union und in der Schweiz für den Krankheitsfall gedeckt sind. Weiter sind nach Art. 2 Abs. 8 KVV auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen Personen, für welche eine Unterstellung unter die schweizerische Versicherung eine klare
Verschlechterung des bisherigen Versicherungsschutzes oder der bisherigen Kostendeckung zur Folge hätte und die sich auf Grund ihres Alters und/oder ihres Gesundheitszustandes nicht oder nur zu kaum tragbaren Bedingungen im bisherigen Umfang zusatzversichern könnten. Dem Gesuch ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen ausländischen Stelle mit allen erforderlichen Angaben beizulegen. Die betreffende Person kann die Befreiung oder einen Verzicht auf die Befreiung ohne besonderen Grund nicht widerrufen.
Es ergibt sich aus den Akten und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer keinen Wohnsitz in der Schweiz hat. In seiner Beschwerde gibt er an, nach Italien ausgewandert zu sein, wohin er sich gemäss Bestätigung seiner früheren Wohnsitzgemeinde in der Schweiz per 31. März 2012 abgemeldet hat. Er korrespondiert zudem unter einer italienischen Adresse und hat mittlerweile in Italien eine Krankenversicherung abgeschlossen. Gestützt auf Art. 3 Abs. 1 KVG lässt sich damit mangels Wohnsitzes in der Schweiz keine Unterstellung des Beschwerdeführers unter das schweizerische Krankenversicherungsobligatorium begründen.
Zu prüfen ist, ob der sich im Rentenalter befindende Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des FZA sowie seinem Anhang II der Versicherungspflicht in der Schweiz untersteht.
Für die Prüfung der Frage, in welchem Mitgliedstaat der Beschwerdeführer ab 1. April 2012 der Krankenversicherung unterstellt ist, ist die V (EG) Nr. 883/2004 in sachlicher und zeitlicher Hinsicht anwendbar. In persönlicher Hinsicht gilt die V (EG) Nr. 883/2004 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, für Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen (Art. 2 Ziff. 1 V [EG] Nr. 883/2004). Die Vorinstanz geht implizit davon aus, dass die V (EG) Nr. 883/2004 auf den Beschwerdeführer auch in persönlicher Hinsicht anwendbar ist. In den Akten ist jedoch nicht dokumentiert, welche Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer besitzt. Auch wenn Anhaltspunkte darauf bestehen, dass er Schweizer Staatsbürger ist, bleibt es aufgrund der Akten unklar, ob er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist und überhaupt in den Anwendungsbereich der V (EG) Nr. 883/2004 fällt. Der rechtlich massgebenden Sachverhalt ist in dieser Hinsicht ungenügend abgeklärt. Dennoch ist im Folgenden zu prüfen, ob sich
in Anwendung der der V (EG) Nr. 883/2004 eine Unterstellung des Beschwerdeführers unter die Krankenversicherung in der Schweiz begründen lässt.
Titel II der V (EG) Nr. 883/2004 (Art. 11 ff.) enthält allgemeine Kollisionsregeln zur Bestimmungen der anzuwenden Rechtsvorschriften. Dabei legt Art. 11 Abs. 1 V (EG) Nr. 883/2004 den kollisionsrechtlichen Grundsatz der Einheitlichkeit der anwendbaren Rechtsvorschriften in dem Sinne fest, dass für jede betroffene Person die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats massgebend sind. Eine Person unterliegt stets der Versicherungspflicht eines einzigen Staats (Art. 11 Abs. 1 V [EG] Nr. 883/2004). Zweck ist die Vermeidung von doppelten Versicherungspflichten (vgl. BEAT MEYER, Krankenversicherung [Versicherte und Finanzierung], in: Recht der Sozialen Sicherheit, Handbücher für die Anwaltspraxis, Band XI, 2014,
S. 439 Rz. 12.23; GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenpflegeversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Band XIV, 3. Aufl. 2016, S. 435 Rz. 85 mit Hinweisen). Eine Versicherungspflicht in zwei oder mehr Staaten ist nicht vorgesehen (vgl. Leitfaden der Gemeinsamen Einrichtung KVG über die Krankenversicherung mit Bezug zur EU/EFTA und über die Leistungsaushilfe für Personen mit einer Grundversicherung in der Schweiz [Stand: 8. Mai 2018], S. 22, abrufbar unter www.kvg.org). Nichterwerbstätige sind ebenfalls den Rechtsvorschriften (nur) eines Mitgliedstaats unterstellt. Nach Art. 11 Abs. 3 Bst. e V (EG) Nr. 883/2004 unterliegen sie den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern nichts anderes bestimmt ist (vgl. BGE 143 V 52 E. 6.2.2). Die allgemeinen Vorschriften gemäss Titel II V (EG) Nr. 883/2004 gelten jedoch nur insoweit, als die besonderen Bestimmungen für die einzelnen Leistungsarten, die Titel III bilden ("Besondere Bestimmungen über die verschiedenen Arten von Leistungen" [Art. 17-70]), nicht etwas anderes bestimmen (vgl. BGE 144 V 127
E. 4.2.2 mit Hinweisen).
Titel III der V (EG) Nr. 883/2004 (Art. 23 ff.) regelt den Sachleistungsanspruch von Rentnerinnen und Rentnern und deren Familienangehörigen bei Krankheit. Danach erhält eine Person, die eine Rente nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats bezieht und die keinen Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats hat, dennoch Sachleistungen für sich und ihre Familienangehörigen, sofern nach den Rechtsvorschriften des für die Zahlung ihrer Rente zuständigen Mitgliedstaats Anspruch auf Sachleistungen bestünde, wenn sie in diesem Mitgliedstaat wohnte (Art. 24 Abs. 1 V [EG] Nr. 883/2004). Hat die Rentnerin oder der Rentner nur Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats, so übernimmt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats die Kosten für die Sachleistungen (Art. 24 Abs. 2 Bst. a V [EG] Nr. 883/2004). Art. 24 V (EG) Nr. 883/2004 umfasst den Fall, dass Rentnerinnen und Rentner mangels hinreichender Beziehungen zum Rentensystem des Wohnortstaats keinen originären Anspruch auf Sachleistungen bei Krankheit im Wohnortstaat haben. Beim Bezug nur einer Rente ist der Träger für Leistungen bei Krankheit desjenigen Staats kostenpflichtig, der die Rente leistet. Der Rentnerin oder dem Rentner wird ein Anspruch auf Sachleistungsaushilfe gegenüber dem Träger des Wohnortstaats gewährt (FRANK SCHREIBER, in: Kommentar zur V [EG] Nr. 883/2004, 2012, N. 1 und 7 zu Art. 24 V [EG] Nr. 883/2004). Anknüp-
fungspunkt bei Art. 23 und 24 V (EG) Nr. 883/2004 ist ein tatsächlicher Rentenbezug, eine blosse Rentenberechtigung reicht nicht aus (EUGSTER, a.a.O., S. 441 f. Rz. 109; vgl. auch ROLF SCHULER, in: Kommentar zum europäischen Sozialrecht, 6. Aufl. 2013, Vorbemerkungen zu Art. 23 ff. Rz. 9; SCHREIBER, a.a.O. N 3 ff. zu Art. 23 V [EG] Nr. 883/2004).
Die Leistungsaushilferegeln und die Bestimmung des primär zuständigen Trägers in Art. 23 ff. V (EG) Nr. 883/2004 definieren bei Rentnerinnen und Rentnern das anzuwendende Recht bezüglich der Versicherteneigenschaft (vgl. BGE 143 V 52 E. 6.3.2; BGE 138 V 206 E. 2.3; EUGSTER,
a.a.O., S. 441 Rz. 109; Leitfaden, S. 32). Personen, für die nach den Artikeln 24, 25 und 26 der V (EG) Nr. 883/2004 die Schweiz die Kosten für Leistungen trägt, unterliegen den schweizerischen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherungspflicht, auch wenn sie nicht in der Schweiz wohnen (Ziffer 3 Bst. a, Schweiz, des Anhangs XI zur V [EG] Nr. 883/2004). Für Einfachrentnerinnen und Einfachrentner mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, nach dessen Vorschriften die Rente gewährt wird, gilt das KV-Recht dieses Staates. Ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der ausschliesslich eine schweizerische Sozialversicherungsrente bezieht, untersteht damit der Versicherungspflicht des KVG, auch wenn er seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hat (vgl. EUGSTER, a.a.O., S. 442 Rz. 110).
Für die Frage, ob der Beschwerdeführer der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz untersteht, ist somit entscheidend, ob er nur eine Rente aus der Schweiz (Einfachrentner) oder zusätzlich noch eine Rente aus einem anderen Mitgliedstaat (Mehrfachrentner) bezieht. Hierzu ergibt sich ebenfalls nichts aus den Akten. Lediglich in der Beschwerde findet sich ein Hinweis, dass der Beschwerdeführer eine AHV-Rente aus der Schweiz beziehe («Sie seien ausgewandert, weil er nicht um Ergänzungsleistungen
habe betteln wollen [Fr. 1‘984.- AHV]»). Die Vorinstanz hat aber nicht abgeklärt, ob der Beschwerdeführer tatsächlich eine Altersrente aus der Schweiz bezieht und ob ihm insbesondere allenfalls auch von einem weiteren Mitgliedstaat eine Rente ausgerichtet wird. Es befindet sich insbesondere kein Nachweis über die Rentenbezüge des Beschwerdeführers in den Akten. Der rechtserhebliche Sachverhalt erweist sich damit auch in dieser Hinsicht als ungenügend abgeklärt. Es lässt sich damit nicht beurteilen, ob der Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des FZA und der V (EG) Nr. 883/2004 trotz Wohnsitzes in Italien in der Schweiz der Versicherungspflicht untersteht. Diese Frage muss aber zwingend geklärt werden, bevor über ein Gesuch des Beschwerdeführers um Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz entschieden werden kann.
Bevor über das Gesuch des Beschwerdeführers um Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz entschieden werden kann, ist somit zunächst zwingend zu klären, ob er überhaupt in den Anwendungsbereich der V (EG) Nr. 883/2004 fällt und gegebenenfalls gestützt auf Art. 24 V (EG) Nr. 883/2004 dem Krankenversicherungsobligatorium in der Schweiz untersteht. Für den Fall, dass diese Abklärungen ergeben, dass er der schweizerischen Krankenversicherung untersteht, richtet sich die Beurteilung des Befreiungsgesuchs nach den folgenden Grundsätzen.
Dem Anhang XI der V (EG) Nr. 883/2004 (Schweiz, Ziffer 3 Bst. b) lässt sich entnehmen, dass unter anderem die Personen, für die nach den Artikeln 24, 25 und 26 der V (EG) Nr. 883/2004 die Schweiz die Kosten für Leistungen trägt, und deren Familienangehörige, auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden können, wenn sie unter anderem in Italien wohnen und nachweisen, dass sie dort für den Krankheitsfall gedeckt sind. Dieser Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Entstehung der Versicherungspflicht in der Schweiz zu stellen; wird in begründeten Fällen der Antrag nach diesem Zeitraum gestellt, so wird die Befreiung ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Versicherungspflicht wirksam. Der Antrag schliesst sämtliche im selben Staat wohnenden Familienangehörigen ein. Dieses Optionsrecht war bereits in der V [EWG] Nr. 1408/71 (Anhang VI, Schweiz, Ziff. 3 Bst. b) vorgesehen.
Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer diese Dreimonatsfrist verpasst hat, weshalb sein Befreiungsgesuch abzuweisen sei. Der Beschwerdeführer macht dagegen sinngemäss geltend, dass es nicht
ihm anzulasten sei, dass man ihn im Jahr 2012 ohne Nachweis einer Versicherungsdeckung in Italien und ohne entsprechende Informationen aus dem Krankenversicherungsobligatorium entlassen habe.
Den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz muss eine Rentnerin oder ein Rentner schriftlich und innerhalb von drei Monaten nach Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland oder nach Beginn des Rentenbezugs bei der Gemeinsamen Einrichtung KVG stellen (Leitfaden, S. 77 und 79; Art. 18 Abs. 2bis KVG). Das Optionsrecht zugunsten einer Versicherung im Wohnstaat anstelle einer Krankenpflegeversicherung nach dem schweizerischen KVG kann nicht stillschweigend (konkludent) erfolgen (Urteil des BGer 9C_801/2014 vom 10. März 2015 E. 3.3). Die versäumte Optierung für den Wohnstaat kann grundsätzlich nicht nachgeholt werden, es sei denn, die Frist zur Ausübung des Optionsrechts habe unverschuldet nicht ausgeübt werden können («begründeter Fall»; EUGSTER, a.a.O., S. 440 Rz. 104). Wird in begründeten Fällen der Antrag nach diesem Zeitraum gestellt, so wird die Befreiung ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Versicherungspflicht wirksam. Die Verweisung auf begründete Ausnahmefälle zeigt, dass eine starre Verwirkungsfrist als unverhältnismässig erachtet wird. Auch wenn eine entschuldbare oder sonst wie auf achtenswerten Gründen beruhende Fristversäumnis nicht schadet, ist dennoch nicht von einer blossen, mehr oder weniger sanktionsfreien Ordnungsvorschrift zu sprechen, da eine Fristversäumnis ohne rechtfertigenden Gründe zum Erlöschen des Optionsrecht führt. Der Begriff «begründeter Fall» lässt aber einen grossen Interpretationsspielraum offen (EUGSTER, a.a.O., S. 429 Rz. 65, mit Hinweis auf BGE 136 V 295).
Im vorliegenden Fall lässt sich aufgrund der Akten nicht beurteilen, ob ein «begründeter Fall» vorliegt, der ein Gesuch auch nach Ablauf von drei Monaten nach Wohnsitznahme im Ausland rechtfertigen würde. Hierzu sind die Umstände abzuklären, weshalb der Beschwerdeführer im Jahr 2012 seine Krankenversicherung in der Schweiz ohne Weiteres auflösen konnte. Weiter ist zu klären, ob der zuständige Kanton damals seiner Informationspflicht gemäss Art. 6a Abs. 1 Bst. c KVG nachgekommen ist. Im Übrigen ist zu beachten, dass die V (EG) Nr. 883/2004 auch die im schweizerischen Recht weitergehenden Befreiungsmöglichkeiten zulässt, beispielsweise in Ausnahmefällen die Befreiung von der Versicherungspflicht durch Nachweis einer ausreichenden privaten Versicherung für den Krankheitsfall (EUGSTER, a.a.O., S. 441 Rz. 106). Daher ist gegebenenfalls auch
die Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art. 2 Abs. 8 KVV zu prüfen, zumal der Beschwerdeführer und seine Ehefrau mittlerweile eine Krankenversicherung in Italien abgeschlossen haben.
Aus dem Dargelegten folgt, dass der entscheidwesentliche Sachverhalt in mehrfacher Hinsicht nicht genügend abgeklärt wurde, weshalb die Streitsache nicht abschliessend materiell beurteilt werden kann. Die Beschwerde ist daher - soweit auf sie einzutreten ist - dahingehend gutzuheissen, dass der angefochtenen Einspracheentscheid vom 16. August 2017 aufzuheben und die Sache im Sinne der vorstehenden Erwägungen zur weiteren Abklärung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist (Art. 61 Abs. 1 VwVG).
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 18 Abs. 8 KVG i.V.m. Art. 85bis Abs. 2 AHVG [SR 831.10]), weshalb keine Verfahrenskosten zu erheben sind. Dem obsiegenden (vgl. BGE 132 V 215 E. 6), nicht vertretenen Beschwerdeführer, sind keine unverhältnismässig hohen Kosten entstanden, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 3 und 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die unterliegende Vorinstanz hat ebenfalls keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 VGKE, je e contrario; Art. 7 Abs. 3 VGKE).
Die Beschwerde wird - soweit darauf eingetreten wird - insoweit gutgeheissen, als der angefochtenen Einspracheentscheid vom 16. August 2017 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen weitere Abklärungen vornimmt und anschliessend über das Gesuch des Beschwerdeführers um Befreiung von der Versicherungspflicht in der Schweiz neu verfügt.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Einschreiben mit Rückschein)
die Vorinstanz (Gerichtsurkunde)
das Bundesamt für Gesundheit (Einschreiben)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Christoph Rohrer Michael Rutz
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss den Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) gegeben sind. Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG)
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