Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung II |
Dossiernummer: | B-6081/2016 |
Datum: | 10.12.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Arbeitslosenversicherung |
Schlagwörter : | Arbeitgeber; Arbeitgeberin; Vorinstanz; Ansprüche; Verfügung; Schaden; Kasse; Arbeitslosenversicherung; Rückforderung; Einsprache; Urteil; Subrogation; Geltendmachung; Träger; Recht; Pflicht; Gesuch; Verschulden; Verfahren; Vergleich; Bundesverwaltung; Leistung; Handlung; Entscheid; Betrag; Leistungen; ührt |
Rechtsnorm: | Art. 11 AVIG;Art. 128 OR ;Art. 23 KG ;Art. 25 ATSG ;Art. 29 AVIG;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 77 AVIG;Art. 82 AVIG;Art. 83 AVIG;Art. 95 AVIG; |
Referenz BGE: | 132 III 359; 135 V 98; 137 V 362 |
Kommentar: | - |
Abteilung II B-6081/2016
Besetzung Richter Ronald Flury (Vorsitz),
Richter Pascal Richard, Richterin Eva Schneeberger; Gerichtsschreiber Davide Giampaolo.
Beschwerdeführerin,
gegen
Gegenstand Trägerhaftung.
Am 14. Juli 2016 stellte die Arbeitslosenkasse X.
(nachfol-
gend: Beschwerdeführerin) beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO (nachfolgend: Vorinstanz) ein Gesuch um Befreiung von der Ersatzpflicht
(i.S.v. Art. 115 der Arbeitslosenversicherungsverordnung [AVIV; zitiert in
E. 2.2]) betreffend die Rückforderung der gegenüber der versicherten Person V. (nachfolgend: Versicherter) im Zeitraum vom 24. Mai 2012 bis 31. Juli 2012 erbrachten Versicherungsleistungen.
Die Beschwerdeführerin führte an, das Bezirksgericht Y. habe mit Entscheid vom 16. August 2012 die ehemalige Arbeitgeberin des Versicherten, die A. AG, dazu verpflichtet, dem Versicherten „per Saldo aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ den Lohnbetrag von netto Fr. 12‘000.- zu bezahlen. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin mit Verfügung Nr. 223/2013 vom 26. August 2013 die während der Dauer der (durch die ehemalige Arbeitgeberin nicht eingehaltenen) Kündigungsfrist ausgerichtete Arbeitslosenentschädigung inkl. Kinderzulagen im Betrag von Fr. 1‘849.35 vom Versicherten zurückgefordert, da in diesem Umfang die arbeitsvertraglichen Ansprüche des Versicherten infolge der am 5. Juni 2012 [recte: 11. Juni 2012] angezeigten Subrogation auf die Beschwerdeführerin übergegangen seien. Gegen die Rückforderungsverfügung habe der Versicherte Einsprache erhoben, welche die Einspracheinstanz des KIGA Baselland (nachfolgend: Einspracheinstanz) mit Entscheid vom
9. Februar 2016 gutgeheissen habe. In Ermangelung eines Rückforderungstitels sei die Rückforderung demnach uneinbringlich.
Mit Verfügung Nr. V-BEGE-2016-1483 vom 30. August 2016 schrieb die Vorinstanz, in teilweiser Gutheissung des Gesuchs der Beschwerdeführerin vom 14. Juli 2016, den Betrag von Fr. 451.60 (in Höhe der ausgerichteten Kinderzulagen) zulasten des Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung ab. Im Übrigen verpflichtete sie die Beschwerdeführerin, dem Ausgleichsfonds den Betrag von Fr. 1‘397.75 (in Höhe der ausgerichteten Taggelder) zu ersetzen.
Die Vorinstanz hielt im Wesentlichen fest, dass, wie aus dem Entscheid der Einspracheinstanz vom 9. Februar 2016 (E. t) hervorgehe, die Subrogation nach Art. 29 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; zitiert in E. 1.1) der Beschwerdeführerin keinen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Versicherten, sondern gegenüber dessen ehemaligen Arbeitgeberin verschaffe. Weshalb gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin keine Rückforderung erfolgt sei, sei aus den Fallunterlagen nicht ersichtlich. Eine entsprechende (telefonische und schriftliche) Nachfrage habe die Beschwerdeführerin unbeantwortet gelassen. Auch könne das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht als leicht bewertet werden.
Mit Beschwerde vom 30. September 2016 wandte sich die Beschwerdeführerin an das Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt, die Verfügung der Vorinstanz Nr. V-BEGE-2016-1483 vom 30. August 2016 sei unter o/e Kostenfolge zulasten der Vorinstanz aufzuheben.
Zur Begründung bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihr Vorgehen unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Falls korrekt gewesen sei und dass sie die ihr obliegenden Pflichten erfüllt habe. So habe sie mit zwei vom 11. Juni 2012 datierenden Schreiben sowohl dem Versicherten als auch der ehemaligen Arbeitgeberin angezeigt, dass aufgrund der Legalzession (Art. 29 Abs. 2 AVIG) die arbeitsvertraglichen Ansprüche des Versicherten im Umfang der von der Beschwerdeführerin ausgerichteten Leistungen auf diese übergingen. Trotz dieser Subrogationsanzeigen sei die Beschwerdeführerin vonseiten des Bezirksgerichts Y. nicht in das arbeitsgerichtliche Verfahren miteinbezogen worden. In der Folge hätten der Versicherte und die ehemalige Arbeitgeberin anlässlich der am 16. August 2012 stattgefundenen Schlichtungsverhandlung einen Vergleich abgeschlossen, in dessen Rahmen die ehemalige Arbeitgeberin „per Saldo aller Ansprüche“ zur Zahlung von Fr. 12‘000.- an den Versicherten verpflichtet worden sei. Dieser Vergleich sei gleichentags in Rechtskraft erwachsen, womit für die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit mehr bestanden habe, den Rückforderungsanspruch gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin geltend zu machen. Es sei nämlich gerichtsnotorisch, dass kein Arbeitgeber „aus Kulanz“ bereit sei, den Lohn doppelt auszurichten. Insofern hätte eine nachträgliche Geltendmachung bei der ehemaligen Arbeitgeberin auch zu keinem Erfolg geführt. Der Beschwerdeführerin könne mithin nicht angelastet werden, dass das Bezirksgericht Y. sie ausser Acht gelassen habe. Sodann habe sie mit Verfügung vom 26. August 2013 versucht, den Betrag von Fr. 1‘849.35 vom Versicherten zurückzufordern, wobei die dagegen erhobene Einsprache des Versicherten mit Entscheid der Einspracheinstanz vom 9. Februar 2016 gutgeheissen worden sei. Vor diesem Hintergrund sei das Verschulden der Beschwerdeführerin, wenn überhaupt, lediglich als leicht zu qualifizieren.
Diese Sachlage habe die Beschwerdeführerin der Vorinstanz mit E-Mail vom 4. August 2016 aufgezeigt und somit ihre Fragen schlüssig beantwortet.
Mit Vernehmlassung vom 15. Dezember 2016 beantragt die Vorinstanz, die Beschwerde unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin abzuweisen.
Sie führt aus, dass die Beschwerdeführerin in keiner Weise bestreite, dass sie gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin irgendwelche Schritte unternommen habe, um die erbrachten Leistungen zurückzuerhalten. Es sei allgemein bekannt, dass sich die Parteien in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren nur hinsichtlich derjenigen Ansprüche vergleichen könnten, welche von der Arbeitslosenkasse nicht bereits vorschussweise abgegolten worden seien. Infolge der Subrogationsanzeigen vom 11. Juni 2012 sei der Vergleichsabschluss vom 16. August 2012 für die Beschwerdeführerin nicht verbindlich gewesen. Indem die Beschwerdeführerin es unterlassen habe, gegen die ehemalige Arbeitgeberin vorzugehen, habe sie ihre gesetzlichen Aufgaben mangelhaft erfüllt. Hinzu komme, dass, wie aus dem Einspracheentscheid vom 9. Februar 2016 (E. e) hervorgehe, die von der Beschwerdeführerin zurückzufordernden Leistungen vom Vergleich zwischen dem Versicherten und der ehemaligen Arbeitgeberin nicht erfasst gewesen seien. Gemäss Art. 29 Abs. 2 AVIG dürfe die Kasse auf die Geltendmachung der subrogierten Ansprüche nur bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung durch die Ausgleichsstelle verzichten. Es obliege somit nicht der Beschwerdeführerin, zu entscheiden, ob eine Forderung aus Art. 29 AVIG uneinbringlich sei oder nicht. Ein formelles Gesuch zur Ermächtigung zum Verzicht auf die weitere Geltendmachung habe die Beschwerdeführerin nicht gestellt. Die Beschwerdeführerin habe in schwerstwiegender Weise gegen die gesetzlichen Verpflichtungen verstossen.
Mit Replik vom 27. Januar 2017 hält die Beschwerdeführerin an ihren in der Beschwerde vom 30. September 2016 gestellten Anträgen und der darin enthaltenen Begründung fest. Sie bekräftigt ihre Argumentation, dass sich ein Vorgehen gegen die ehemalige Arbeitgeberin als aussichtsloses Unterfangen bzw. Leerlauf erwiesen hätte, und macht ergänzend geltend, dass aufgrund der Erwägungen im Einspracheentscheid vom 9. Februar 2016 (E. e) nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass der Vergleich vom 16. August 2012 die Leistungen der Beschwerdeführerin
nicht erfasse. Zudem werfe die Vorinstanz der Beschwerdeführerin im Nachhinein eine neue Pflichtverletzung vor, wenn sie sich auf den Standpunkt stellt, die Beschwerdeführerin hätte ein formelles Gesuch zur Ermächtigung zum Verzicht auf die weitere Geltendmachung stellen müssen. Dieser Vorwurf sei weder im Vorfeld der angefochtenen Verfügung noch in dieser selbst thematisiert worden.
Mit Duplik vom 28. Februar 2017 bestätigt die Vorinstanz den gestellten Abweisungsantrag und ihre vorgebrachte Argumentation.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Unterlagen wird, soweit entscheidrelevant, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen gemäss Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), die unter anderem von der Bundeskanzlei, den Departementen und den ihnen unterstellten oder administrativ zugeordneten Dienststellen der Bundesverwaltung erlassen werden (Art. 33 Bst. d VGG). Darunter fällt auch die vorliegende, von der Vorinstanz erlassene Verfügung vom 30. August 2016 (vgl. Art. 101 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIG, SR 837.0]). Eine Ausnahme im Sinn von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit zur Behandlung der vorliegenden Streitsache zuständig.
Zur Beschwerde ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung
hat. Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin der angefochtenen Verfügung durch diese auch materiell beschwert. Sie ist deshalb zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde legitimiert.
Die Eingabefrist sowie die Anforderungen an Form und Inhalt der Beschwerdeschrift sind gewahrt (Art. 50 Abs. 1 und 52 Abs. 1 VwVG), der Kostenvorschuss wurde fristgemäss bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
Gemäss Art. 82 Abs. 1 AVIG haftet der Träger einer Arbeitslosenkasse im Sinn von Art. 77 ff. AVIG dem Bund für Schäden, die seine Kasse durch mangelhafte Erfüllung ihrer Aufgaben absichtlich oder fahrlässig verursacht hat. Die Schadenersatzansprüche werden durch die Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung, welche durch die Vorinstanz geführt wird (Art. 83 Abs. 3 AVIG), mittels Verfügung geltend gemacht (Art. 82 Abs. 3 AVIG). Die vom Träger geleisteten Zahlungen werden dem Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung gutgeschrieben (Art. 82 Abs. 4 AVIG).
Bei der Trägerhaftung im Sinn von Art. 82 AVIG handelt es sich um eine Verschuldenshaftung aus dem öffentlichen Recht für Vermögensschäden (vgl. THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, Schweizerisches Bundesverwaltungsgrecht [SBVR] Bd. XIV,
3. Aufl. 2016, Rz. 879 [S. 2531]). Der Haftungstatbestand setzt - kumulativ
eine mangelhafte Erfüllung von Kassenaufgaben (Pflichtwidrigkeit), den Eintritt eines Schadens, einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden sowie ein Verschulden voraus.
Bei leichtem Verschulden kann die Ausgleichsstelle auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten bzw. den Träger, auf dessen Gesuch hin, von der Ersatzpflicht befreien (Art. 82 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AVIG und Art. 115 Abs. 1 der Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIV, SR 837.02]; vgl. BGE 135 V 98 E. 4.2 m.w.H.; Urteil des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016 E. 4.3; THOMAS NUSSBAUMER, a.a.O.,
Rz. 879 [S. 2531 f.]; BORIS RUBIN, Commentaire de la loi sur l’assurancechômage, 2014, Art. 82 AVIG N. 15 ff.). Das Befreiungsgesuch ist dabei innert 90 Tagen zu stellen, nachdem die Kasse von der Uneinbringlichkeit
der Rückforderung Kenntnis erhalten hat (Art. 115 Abs. 2 AVIV). Laut Art. 115 Abs. 3 AVIV ist die Befreiung von der Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn die Kasse entgegen der Weisung der Ausgleichsstelle die zu Unrecht erfolgte Auszahlung nicht vom Empfänger zurückgefordert hat.
Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie - sinngemäss - eine falsche Anwendung von Art. 82 AVIG.
Sie stellt sich im Wesentlichen (sinngemäss) auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen für eine Trägerhaftung nach Art. 82 Abs. 1 AVIG, namentlich das Erfordernis der Pflichtverletzung, im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht
Y.
seien die vonseiten der Beschwerdeführerin rechtzeitig ver-
sandten Subrogationsanzeigen nicht beachtet worden, woraufhin der Versicherte und die ehemalige Arbeitgeberin am 16. August 2012 einen Vergleich „per Saldo aller Ansprüche“ abgeschlossen hätten. Dieser Vergleich sei ursächlich gewesen für die Unmöglichkeit, die Forderung bei der ehemaligen Arbeitgeberin geltend zu machen. Insofern hätte sich ein Vorgehen gegen die ehemalige Arbeitgeberin als aussichtsloses Unterfangen bzw. Leerlauf erwiesen, zumal gerichtsnotorisch sei, dass kein Arbeitgeber „aus Kulanz“ zur doppelten Lohnzahlung bereit sei. Das Handeln des Bezirksgerichts Y. könne jedoch der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden. Soweit die Vorinstanz im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend mache, die Beschwerdeführerin hätte ein formelles Gesuch zur Ermächtigung zum Verzicht auf die weitere Geltendmachung stellen müssen, werfe sie der Beschwerdeführerin im Nachhinein eine neue, in der angefochtenen Verfügung nicht thematisierte Pflichtverletzung vor. Ein solches Vorgehen könne nicht angehen.
Im Übrigen könne keine Rede davon sein, dass die Beschwerdeführerin nichts zur Rückforderung der erbrachten Leistungen im Umfang von Fr. 1‘849.35 unternommen habe. Mit Verfügung vom 26. August 2013 habe sie versucht, den betreffenden Betrag vom Versicherten zurückzufordern, was allerdings gemäss dem Entscheid der Einspracheinstanz vom 9. Februar 2016 deshalb nicht möglich gewesen sei, weil nach der Rechtsprechung die gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG ausbezahlte Arbeitslosenentschädigung nicht als unrechtmässig bezogene Leistung (i.S.v. Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1] i.V.m. Art. 95 Abs. 1 AVIG) gelte. Selbst wenn von einer Pflichtverletzung ausgegangen würde, treffe die Beschwerdeführerin nur ein leichtes Verschulden, weshalb die Vorinstanz keine Trägerhaftung hätte verfügen dürfen.
Eine mangelhafte Aufgabenerfüllung (Pflichtwidrigkeit) liegt dann vor, wenn die Kasse die rechtlich gebotenen Handlungen zur gesetzeskonformen Erfüllung ihrer Aufgaben nicht vollständig, nicht sorgfältig, nicht zweckentsprechend, nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht ausführt (vgl. Urteil des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016 E. 2 ; GERHARD GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. II, 1988, Art. 82 AVIG N. 16; BARBARA KUPFER BUCHER, Bundesgesetz
über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung, in: Murer/Stauffer [Hrsg.], Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, 4. Aufl. 2013, S. 309 ff.).
Gemäss Art. 29 Abs. 1 AVIG zahlt die Kasse Arbeitslosenentschädigung aus, wenn sie begründete Zweifel darüber hat, ob der Versicherte für die Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber Lohnoder Entschädigungsansprüche im Sinne von Art. 11 Abs. 3 AVIG hat oder ob sie erfüllt werden. Art. 29 Abs. 2 AVIG statuiert, dass mit der Zahlung alle Ansprüche des Versicherten samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten Taggeldentschädigung auf die Kasse übergehen. Diese darf auf die Geltendmachung nicht verzichten, es sei denn, das Konkursverfahren werde durch das Konkursgericht eingestellt (Art. 230 SchKG). Die Ausgleichsstelle kann die Kasse überdies ermächtigen, auf die Geltendmachung zu verzichten, wenn sich nachträglich zeigt, dass der Anspruch offensichtlich unberechtigt ist oder sich nur mit übermässigen Kosten durchsetzen lässt (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 AVIG). Die Subrogation gemäss Art. 29 Abs. 2 AVIG verschafft der Kasse keinen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Versicherten, sondern einzig gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber. Dies ergibt sich daraus, dass die gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG ausgerichteten Leistungen der Kasse nicht unrechtmässig bezogen worden sind, weshalb sie nicht nach Art. 25 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 95 Abs. 1 AVIG zurückgefordert werden können (vgl. BGE 137 V 362 E. 4.2.2; BARBARA KUPFER BUCHER, a.a.O., S. 153).
Vorliegend steht unbestrittenermassen fest, dass die Beschwerdeführerin weder konkrete Handlungen vornahm, um die gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG erbrachten Leistungen im Umfang von Fr. 1‘849.35 von der
ehemaligen Arbeitgeberin zurückzufordern, noch diesbezüglich bei der Vorinstanz ein (formelles) Gesuch zur Ermächtigung zum Verzicht auf die weitere Geltendmachung einreichte. Damit hat die Beschwerdeführerin gegen die in Art. 29 Abs. 2 AVIG ausdrücklich statuierten Handlungspflichten und die vorgesehene Kompetenzordnung verstossen, weshalb insofern von einer mangelhaften Aufgabenerfüllung auszugehen ist (vgl. auch BARBARA KUPFER BUCHER, a.a.O., S. 156). Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend macht, der Vorwurf der Nichteinreichung eines entsprechenden Gesuchs stelle eine unzulässige neue Beanstandung dar, ist sie nicht zu hören. Denn das vorinstanzliche Zustimmungserfordernis steht in direkter Relation zur gesetzlichen Pflicht, die subrogierten Ansprüche geltend zu machen, weshalb in streitgegenständlicher Hinsicht derselbe Themenkomplex betroffen ist.
Der Schaden besteht in der unfreiwilligen Vermögensverminderung und entspricht der Differenz zwischen dem gegenwärtigen - nach dem schädigenden Ereignis festgestellten - Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte (vgl. Urteil des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016 E. 4.3, wonach der zivilrechtliche Schadensbegriff massgeblich ist; Urteil des BVGer B-392/2014 vom
22. September 2014 E. 13.1 ; BORIS RUBIN, a.a.O., Art. 82 AVIG N. 16; zum
Schadensbegriff: BGE 132 III 359 E. 4; 127 III 73 E. 4a, je m.w.H.). Insofern ist von einem rechtlich relevanten Schaden erst dann auszugehen, wenn sich dieser im Vermögen des Geschädigten effektiv niederschlägt. Zudem muss der Schaden berechenbar und nachweisbar sein (vgl. Urteil des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016 E. 4.3).
Davon ausgehend, dass, in Ermangelung allfälliger verjährungsunterbrechender Handlungen gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin, hinsichtlich der subrogierten Ansprüche zwischen April und August 2017 die Verjährung (Art. 128 Ziff. 3 OR) eingetreten ist, liegt ein Schaden in Höhe von Fr. 1‘849.35 vor (wovon der Betrag von Fr. 1‘397.75 vorliegend streitgegenständlich ist).
Ein relevanter Kausalzusammenhang zwischen einer pflichtwidrig unterlassenen Handlung und dem Schaden ist dann zu bejahen, wenn bei Vornahme der gebotenen Handlung der Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (vgl. Urteil des BGer 4A_520/2007 vom 31. März 2008 E. 4; CLAIRE HUGUENIN, Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, 2. Aufl. 2014, Rz. 1924 m.w.H.).
Wäre der Schaden hingegen trotz pflichtgemässer Vornahme der betreffenden Handlung eingetreten, entfällt der Kausalzusammenhang (rechtmässiges Alternativverhalten; vgl. CLAIRE HUGUENIN, a.a.O., Rz. 1924).
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass sich ein Vorgehen gegen die ehemalige Arbeitgeberin als aussichtslos erwiesen hätte (und der Schaden mithin unabhängig davon eingetreten wäre), zumal diese mit dem Versicherten einen Vergleich „per Saldo aller Ansprüche“ abgeschlossen habe und kein Arbeitgeber „aus Kulanz“ zur doppelten Lohnzahlung bereit sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Wie sich aus den Akten ergibt, wurde der ehemaligen Arbeitgeberin mit Schreiben vom 11. Juni 2012 die Subrogation der Ansprüche im Sinn von Art. 29 Abs. 2 AVIG angezeigt. Die Notifikation der Legalzession hat die Konsequenz, dass die ehemalige Arbeitgeberin (als Schuldnerin) nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Versicherten (als ursprünglicher Gläubiger) leisten konnte (vgl. CLAIRE HUGUENIN, a.a.O., Rz. 1379 und 1389). Die Gefahr der doppelten Zahlung fällt daher bei erfolgter Subrogationsanzeige in den Risikobereich der ehemaligen Arbeitgeberin. Insofern verkannte die Beschwerdeführerin die Wirkungen der Subrogationsanzeige. In Ermangelung konkreter Hinweise, welche die Uneinbringlichkeit der Forderung gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin indizieren würden, ist vorliegend der Kausalzusammenhang zu bejahen.
Schliesslich setzt der Haftungstatbestand von Art. 82 AVIG ein Verschulden voraus, wobei die Haftung des Trägers bereits bei leichter Fahrlässigkeit greift (vgl. vorn E. 2.2). Leichte Fahrlässigkeit liegt bei geringfügiger Verletzung der Sorgfaltspflicht dann vor, wenn vom Sorgfaltsmassstab, den ein gewissenhaftes und sachkundiges Personal der Kasse in einer vergleichbaren Lage bei der Erfüllung ihrer Aufgaben beachten würde, abgewichen wird (vgl. Urteil des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016
E. 4.3). Grobfahrlässig handelt, wer elementare Vorsichtsgebote ausser Acht lässt, die jeder verständige Mensch in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen befolgt hätte, um eine nach dem natürlichen Lauf der Dinge voraussehbare Schädigung zu vermeiden (vgl. Urteil des BVGer B-7908/2007 vom 21. August 2008 E. 4.2.1 m.w.H.).
Die Vorinstanz erachtete das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht als leicht, weil ihr Vorgehen in den wesentlichen Teilen gesetzeswidrig gewesen sei. Demgegenüber erblickt die Beschwerdeführerin in ihrem Verhalten höchstens eine leichte Fahrlässigkeit. Dadurch, dass die Beschwerdeführerin trotz mehrerer Hinweise (vgl. Entscheid der Einspracheinstanz
vom 9. Februar 2016 E. t) eine klare gesetzliche Handlungspflicht missachtete, ist die Einschätzung der Vorinstanz nicht zu beanstanden.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Trägerhaftung nach Art. 82 AVIG erfüllt sind. Die angefochtene Verfügung ist daher nicht zu beanstanden.
Insgesamt vermag die Beschwerdeführerin mit ihren Rügen nicht durchzudringen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien (vgl. Art. 63 Abs. 4bis VwVG; Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Bei Streitigkeiten mit Vermögensinteresse ist die Gerichtsgebühr in der Regel innerhalb des in Art. 4 VGKE vorgesehenen, durch den Streitwert determinierten Gebührenrahmens festzusetzen. Ausgehend von einem Streitwert von Fr. 1‘397.75 und unter Berücksichtigung des Verfahrensaufwands ist die Gerichtsgebühr im vorliegenden Fall auf Fr. 800.- festzusetzen.
Die Beschwerdeführerin hat als unterliegende Partei keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG; Art. 7 Abs. 1 VGKE).
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils wird dieser Betrag dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe entnommen.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde);
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde).
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Ronald Flury Davide Giampaolo
Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 85 Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]), kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand: 12. Dezember 2018
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