Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung II |
Dossiernummer: | B-5339/2017 |
Datum: | 27.03.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Arbeitslosenversicherung |
Schlagwörter : | Person; Vorinstanz; Kasse; Träger; Schaden; Bundes; Urteil; Trägerhaftung; Anspruch; Verfügung; Dokumente; Frist; Verfahren; Frist; Revision; Kontrollperiode; Auszahlung; Bundesverwaltungsgericht; Verfahrens; Geltendmachung; Anspruchs; Unterlagen; Fälle; Auszahlungen; Arbeitslosenentschädigung; Zeitraum |
Rechtsnorm: | Art. 20 AVIG;Art. 50 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 AVIG; |
Referenz BGE: | 114 V 123; 117 V 244; 142 III 23 |
Kommentar: | - |
Abteilung II B-5339/2017
Besetzung Richter Daniel Willisegger (Vorsitz),
Richter Pietro Angeli-Busi, Richter Stephan Breitenmoser, Gerichtsschreiberin Astrid Hirzel.
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Trägerhaftung.
Im Mai 2017 führte das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO (nachfol-
gend: Vorinstanz) in der Zahlstelle Y.
der Arbeitslosenkasse
X. (nachfolgend: Beschwerdeführerin, Kasse) die Revision für den Zeitraum April 2015 bis März 2017 durch und prüfte dabei 67 Dossiers. Mit Revisionsbericht vom 15. Juni 2017 machte die Vorinstanz in sieben Fällen Trägerhaftungsansprüche gegen die Beschwerdeführerin geltend. Mit Stellungnahme vom 17. Juli 2017 bestritt diese die dargelegten Trägerhaftungsanprüche in sechs Fällen. Schliesslich erliess die Vorinstanz am
18. August 2017 die Revisionsverfügung und verfügte gegenüber der Beschwerdeführerin (u.a.) Trägerhaftungen in sieben Fällen im Umfang von insgesamt Fr. 40'021.05 (Ziff. 5.1-5.7 der Verfügung).
Mit Eingabe vom 20. September 2017 erhob die Beschwerdeführerin dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt, die Revisionsverfügung vom 18. August 2017 sei in den Ziff. 5.1, 5.2, 5.3 sowie
5.7 vollumfänglich aufzuheben.
Mit Eingabe vom 30. Oktober 2017 teilte die Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht neue Sachverhaltselemente zu den in Ziff. 5.2 und
5.3 der angefochtenen Verfügung angeordneten Trägerhaftungen mit.
Mit Vernehmlassung vom 8. Dezember 2017 beantragt die Vorinstanz, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Hinsichtlich der in Ziff. 5.2, 5.3 und 5.7 der angefochtenen Verfügung angeordneten Trägerhaftungen erklärt die Vorinstanz, diese würden aufgehoben. Die Kosten dieser Verfahren seien jedoch von der Beschwerdeführerin zu tragen.
Mit Replik vom 25. Januar 2018 hält die Beschwerdeführerin an ihrem Antrag bezüglich Ziff. 5.1 der angefochtenen Verfügung fest und beantragt zudem, die Kosten der Verfahren betreffend Ziff. 5.2, 5.3 und 5.7 dürften ihr nicht auferlegt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 101 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom
uni 1982 [AVIG, SR 837.0] i.V.m. Art. 31 f. sowie Art. 33 Bst. e des
Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]). Die Beschwerdeführerin, ein Verein i.S.v. Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210), der eine private Arbeitslosenkasse nach Art. 78 AVIG führt, ist als Adressatin der Verfügung zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]). Sie hat das Vertretungsverhältnis durch schriftliche Vollmacht rechtsgenüglich ausgewiesen (Art. 11 VwVG), den Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und die Beschwerde fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 und 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Revisionsverfügung in Ziff. 5.1, Ziff. 5.2, Ziff. 5.3 und Ziff. 5.7 unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Vorinstanz. Die Vorinstanz stellt das Begehren, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Indessen hat sie mit der Vernehmlassung die in Ziff. 5.2, Ziff. 5.3 und Ziff. 5.7 verfügte Trägerhaftung im Umfang von insgesamt Fr. 7'839.- aufgehoben.
Die Vorinstanz führt zu Ziff. 5.2 und Ziff. 5.3 aus, die Beschwerdeführerin habe nachträglich die notwendigen Massnahmen getroffen und einen finanziellen Schaden vom Fonds abgewendet. Die Trägerhaftung werde aufgehoben, weshalb sich weitere Ausführungen - mit Ausnahme der Kosten, die der Beschwerdeführerin aufzuerlegen seien - erübrigen würden.
Zu Ziff. 5.7 hält die Vorinstanz fest, die Beschwerdeführerin bringe erstmals vor, die aufgegebene Arbeitsstelle sei der betroffenen Person unzumutbar gewesen, da der Arbeitsweg mehr als zwei Stunden betragen habe. Aufgrund dieser neuen Erkenntnis, die eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit ausschliesse, hebe sie die Trägerhaftung auf. Allerdings sei festzuhalten, dass die versicherte Person unter diesen Umständen überhaupt nicht hätte sanktioniert werden dürfen, weshalb die Beschwerdeführerin auch diesbezüglich die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.
Damit hat die Vorinstanz die Verfügung betreffend Ziff. 5.2, Ziff. 5.3 und Ziff. 5.7 in der Sache aufgehoben bzw. zurückgenommen, ohne sie verfahrensrechtlich aufzuheben. Mit anderen Worten ist sie insoweit auf die Verfügung zurückgekommen und hat sie teilweise in Wiedererwägung gezogen, ohne sie formell zu widerrufen (vgl. dazu PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Bern 2014, § 31 Rz. 19-62, insbes. Rz. 22; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FE-
LIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, Rz. 1213 ff, insbes. Rz. 1277; ANDREA PFLEIDERER, in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 58 Rz. 15; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER/MARTIN BERTSCHI, Verwaltungsver-
fahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, Rz. 714). Da sie während des hängigen Beschwerdeverfahrens keine neue Verfügung erlassen hat (Art. 58 VwVG), hat das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Verfügung - soweit sie in der Sache keinen Bestand mehr hat - ohne Weiteres aufzuheben. Abgesehen von den Kosten bleibt damit einzig die in Ziff. 5.1 verfügte Trägerhaftung von Fr. 10'000.- strittig (zur Höhe vgl. Art. 114 Abs. 2 der Arbeitslosenversicherungsverordnung vom 31. August 1983 [AVIV, SR 837.02], wonach der haftende Kassenträger oder Kanton pro Schadenfall mit höchstens Fr. 10'000.- belastet wird).
Gemäss Art. 82 AVIG haftet der Träger dem Bund für Schäden, die seine Kasse durch mangelhafte Erfüllung ihrer Aufgaben absichtlich oder fahrlässig verursacht (Abs. 1). Mehrere Träger einer Kasse haften solidarisch (Abs. 2). Die Ausgleichsstelle - die nach Art. 83 Abs. 3 AVIG durch die Vorinstanz geführt wird - macht Schadenersatzansprüche durch Verfügung geltend. Bei leichtem Verschulden kann sie auf das Geltendmachen ihrer Ansprüche verzichten (Abs. 3). Die vom Träger geleisteten Zahlungen werden dem Ausgleichsfonds gutgeschrieben (Abs. 4). Der Ausgleichsfonds vergütet dem Träger der Kasse das Haftungsrisiko angemessen. Der Bundesrat legt die Höhe der Haftungsrisikovergütung fest und bestimmt, in welchem Umfang der Träger der Kasse pro Schadenfall belastet wird (Abs. 5). Die Haftung erlischt, wenn die Ausgleichsstelle nicht innert eines Jahres seit Kenntnis des Schadens eine Verfügung erlässt, auf alle Fälle zehn Jahre nach der schädigenden Handlung (Abs. 6).
Die Trägerhaftung setzt einen Schaden voraus, der durch mangelhafte Erfüllung kausal und schuldhaft verursacht worden ist. Der Schaden entspricht der ungewollten Verminderung des Reinvermögens des Geschädigten, d.h. der Differenz zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte (Differenztheorie; BGE 142 III 23 E. 4.1 m.w.H.). Mangelhaft ist die Erfüllung, wenn die Kasse die rechtlich gebotenen Handlungen zur gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung nicht vollständig, nicht sorgfältig, nicht zweckentsprechend, nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht ausführt. Tritt der Schaden als Folge der mangelhaften Erfüllung ein, besteht ein Kausalzusammenhang, wobei jedes Verschulden, mithin auch leichte Fahrlässigkeit, genügt (vgl. Urteile des BVGer B-522/2016 vom 26. Juli 2016 E. 2
m.H. sowie E. 4.3 und B-7909/2007 vom 21. August 2008 E. 7.2 in fine).
Die Vorinstanz führt aus, die Beschwerdeführerin habe der Arbeitslosenversicherung einen Schaden verursacht, indem sie unrechtmässig Leistungen entrichtet habe, obschon die versicherte Person für die Kontrollperioden März, Mai und August 2016 innert der dreimonatigen Verwirkungsfrist zur Geltendmachung ihres Anspruchs keine Dokumente eingereicht habe, sondern erst verspätet und nach einer entsprechenden Mahnung durch die Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei noch kein Schaden entstanden, solange der fragliche Betrag zurückbezahlt werden könne. Die Vorinstanz habe die beanstandeten Auszahlungen nach Art. 113 AVIV zuerst zu bezeichnen und könne erst im Fall, dass diese nicht zurückgefordert werden könnten, allfällige Schadenersatzansprüche geltend machen. Die Vorinstanz ignoriere die Tatsache, dass die versicherte Person im fraglichen Zeitraum sehr wohl Dokumente eingereicht habe: Am 6. Mai 2016 seien die Formulare AVP (Angaben der versicherten Person) der Monate Januar und April 2016 eingetroffen und am 6. September 2016 die AVP von März, Mai und Juni 2016. Im September 2016 habe die versicherte Person ein Schreiben eingereicht, wonach sie an einem Anspruch interessiert, aber mit der konkreten Geltendmachung überfordert sei. Zudem habe die versicherte Person im fraglichen Zeitraum die Kontrolltermine beim RAV wahrgenommen.
Die Beschwerdeführerin verkennt den Schadensbegriff. Der Schaden tritt im Vermögen des Bundes bereits dann ein, wenn die Arbeitslosenentschädigung ganz oder teilweise zu Unrecht ausbezahlt worden ist.
Nach Art. 20 Abs. 3 Satz 1 AVIG erlischt der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn er nicht innert dreier Monate nach dem Ende der Kontrollperiode, auf die er sich bezieht, geltend gemacht wird. Bei dieser für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs gesetzten Frist handelt es sich um eine Verwirkungsfrist (BGE 117 V 244 E. 3b; Boris Rubin, Commentaire de la loi sur l'assurance-chômage, Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 20 Rz. 15). Sie ist weder der Erstreckung noch der Unterbrechung zugänglich (Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 [ATSG, SR 830.1]), kann aber unter gewissen - vorliegend nicht zur Diskussion stehenden - Voraussetzungen wiederhergestellt werden (Art. 41 ATSG; BGE 114 V 123 E. 3b). Nach der Rechtsprechung tritt die Verwirkungsfolge auch dann ein, wenn der Anspruch zwar innert der Anmeldefrist geltend gemacht wird, die versicherte Person aber innerhalb dieses Zeitraums oder einer ihr allenfalls - gestützt auf Art. 29 Abs. 3 AVIV - gesetzten Nachfrist nicht alle für die Anspruchsbeurteilung erforderlichen Unterlagen beibringt. Dies gilt jedoch, da die Verweigerung der Leistungen im Säumnisfall eine für den Betroffenen schwerwiegende Rechtsfolge darstellt, nur, wenn die Arbeitslosenkasse die Antrag stellende Person ausdrücklich und unmissverständlich auf die Verwirkungsfolge bei verspäteter Einreichung der für die Beurteilung des Leistungsanspruchs wesentlichen Unterlagen hingewiesen hat (zum Ganzen vgl. Urteile des BGer 8C_935/2011 vom 25. Februar 2012 E. 2 und 8C_85/2011 vom 10. Mai 2011 E. 3 m.H.). Zweck der Dreimonatsfrist für die Geltendmachung des Taggeldanspruchs ist es, der Kasse die rechtzeitige Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und Bemessungsgrundlagen zu ermöglichen sowie allfällige Missbräuche zu verhindern (Urteil des BGer 8C_85/2011 vom 10. Mai 2011 E. 5.2).
Die versicherte Person hatte in der Frist von Art. 20 Abs. 3 Satz 1 AVIG keine Dokumente für die Kontrollperioden März, Mai und August 2016 eingereicht: Für März und Mai 2016 wurden die Formulare AVP am 6. September 2016 eingereicht, für August 2016 laut Angaben der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung am 19. Dezember 2016, gemäss Akten am 24. April 2017. Die Beweislast für die Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung liegt bei der versicherten Person (Urteile des BVGer B-7908/2007 vom 21. August 2008
E. 3.1.5 und B-7909/2007 vom 21. August 2008 E. 5.1; vgl. BARBARA KUP-
FER BUCHER, Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014,
S. 116), weshalb sie bereits früher - sie war ab dem 1. August 2015 bei
der Kasse angemeldet - hätte erklären können, dass sie mit der Geltendmachung des Anspruchs überfordert sei, zumal sie in ihrem Schreiben darlegt, dass ihr gesundheitlicher Zustand seit rund 15 Jahren aufgrund eines damals erlittenen Hirnschlags beeinträchtigt sei. Deshalb greift das Argument der Beschwerdeführerin nicht, wonach das Untätigblieben der versicherten Person aus subjektiven Gründen entschuldbar gewesen sei. Aus den Protokollen der zuständigen regionalen Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) geht denn auch hervor, dass die versicherte Person wiederholt darauf hingewiesen wurde, die Formulare AVP einzureichen. Die Vorinstanz hat zutreffend dargelegt, dass die versicherte Person über die Verwirkungsfrist informiert war und in den übrigen Monaten in der Lage gewesen sei, ihre Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Zwar genügt nach der Rechtsprechung der Hinweis im Formular AVP auf die gesetzliche Verwirkungsfolge den Anforderungen an einen "ausdrücklichen und unmissverständlichen" Hinweis (vgl. E. 3.5.1) nicht (Urteil des BGer 8C_935/2011 vom 25. Februar 2012 E. 4.2). Zudem kann nach einem älteren Urteil nicht berücksichtigt werden, dass eine versicherte Person aufgrund früherer Mahnungen betreffend Einreichung der Dokumente um die Folgen der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs in einer späteren Kontrollperiode gewusst habe. Die versicherte Person müsse die Mahnungen betreffend früherer Kontrollperioden nicht in dem Sinne verstehen, dass bei Untätigbleiben der Anspruch automatisch auch in den nachfolgenden Kontrollperioden untergeht; eine solche Rechtsauffassung liefe dem Verhältnismässigkeitsprinzip zuwider (Urteil des eidg. Versicherungsgerichts C 7/03 vom 31. August 2004 E. 5.3.6). Aus dem zitierten Urteil geht aber gleichzeitig hervor, dass Art. 29 Abs. 3 AVIV dem Wortlaut entsprechend nur dann zum Tragen kommt und nötigenfalls eine Nachfrist einzuräumen ist, wenn es um die Vervollständigung der erforderlichen Dokumente geht (Urteil des eidg. Versicherungsgerichts C 7/03 vom 31. August 2004 E. 5.3.2). Greift die Bestimmung von Art. 29 Abs. 3 AVIV nicht, weil die versicherte Person überhaupt keine Unterlagen für die Kontrollperiode eingereicht hat (vgl. nachfolgend E. 3.6), kann die Kasse auf die Verwirkungsfolge nur über das Formular AVP hinweisen. Andernfalls müsste sie nämlich in jedem Fall und ohne jegliche Dokumente mahnen, was sich mit dem klaren Wortlaut der Bestimmung nicht vereinbaren lässt.
Ein Fristwiederherstellungsgrund ist vorliegend nicht ersichtlich. Dass die versicherte Person im fraglichen Zeitraum die Kontrolltermine beim RAV wahrgenommen hat, ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, mit Bezug auf die verspätete Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs unerheblich. Der Anspruch der versicherten Person ist demnach
verwirkt, was zur Folge hat, dass die Auszahlungen für die genannten Kontrollperioden zu Unrecht erfolgt sind.
Die Aktivenverminderung durch die Auszahlung wird nicht etwa durch die Einsetzung eines Rückforderungsbzw. Schadenersatzanspruchs in gleicher Höhe neutralisiert, wie die Beschwerdeführerin geltend macht; deshalb ist die Frage, ob der Schadenersatzanspruch einbringlich gemacht werden kann, diesbezüglich unerheblich. Entscheidend ist allein, dass der Schaden durch die zu Unrecht ausgerichtete Auszahlung entstanden ist. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Bestimmung von Art. 113 AVIV bezieht sich auf die Durchführung der Revision bei den Kassen: Demnach bezeichnet die Ausgleichsstelle die beanstandeten Auszahlungen, die vom Empfänger zurückzufordern sind, und belastet gleichzeitig der Kasse die entsprechenden Beträge (Abs. 2). Für beanstandete Auszahlungen, die nicht zurückgefordert werden können, macht sie allfällige Schadenersatzansprüche gegenüber dem Träger geltend (Abs. 3). Wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, bleibt es ihr unbenommen, entstandene Schäden durch unrechtmässige Auszahlungen direkt beim Träger einzufordern. Nach Angaben der Vorinstanz wird davon in denjenigen Fällen Gebrauch gemacht, in denen den Kassen ein erhebliches bzw. ein grobfahrlässiges Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Art. 114 Abs. 1 AVIV widerspreche diesem Vorgehen nicht. Diese Bestimmung stelle vielmehr klar, dass bei zu Unrecht erfolgten Auszahlungen, die nicht eingebracht werden könnten, in jedem Fall der Kassenträger ersatzpflichtig sei. Ferner erklärt die Vorinstanz, sie hebe in Anwendung der Rechtsprechung (vgl. Urteil des BVGer B-522/2016 vom
uli 2016) bereits verfügte Trägerhaftungen wieder auf, wenn die Kasse im Nachgang zu einer Revision durch nachträgliche Abklärungen belegen könne, dass keine Schäden verursacht worden seien oder diese durch nachträgliche Handlungen behoben werden könnten. Entsprechend werde in den Revisionsverfügungen jeweils festgehalten, dass die Haftung wieder aufgehoben werde, wenn es der Kasse gelinge, die Beträge nachträglich einzubringen. Die Kasse könne auch Subrogationsverfahren durchführen und in der Folge darlegen, dass dem Fonds trotz unverhältnismässig spät getroffener Massnahme kein Schaden verursacht worden sei. Auch dann würde die Trägerhaftung aufgehoben. Diesen Ausführungen ist nichts beizufügen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die mangelhafte Erfüllung. Sie sei gehalten gewesen, die versicherte Person trotz Fehlens der Unterlagen ausdrücklich auf ihre Mitwirkungspflichten und die schwerwiegenden Rechtsfolgen der Anspruchsverwirkung im Säumnisfall aufmerksam zu
machen. Die Vorinstanz verweist zur Begründung auf die Praxis zu Art. 29 Abs. 3 AVIV: Diese Bestimmung finde keine Anwendung, wenn die versicherte Person innerhalb der Dreimonatsfrist keine Dokumente einreiche. In diesem Fall müsse die Kasse die versicherte Person weder mahnen noch ihr eine zusätzliche Frist gewähren. Eine Mahnfrist sei nach Art. 29 Abs. 3 AVIV nur zu gewähren, wenn innert Frist Dokumente eingereicht würden, die vervollständigt werden müssten.
Nach Art. 29 Abs. 3 AVIV setzt die Kasse dem Versicherten nötigenfalls eine angemessene Frist für die Vervollständigung der Unterlagen und macht ihn auf die Folgen der Unterlassung aufmerksam. Nach der Rechtsprechung kommt die Schutznorm von Art. 29 Abs. 3 AVIV ihrem Wortlaut entsprechend nur dann zum Tragen, wenn es um die Vervollständigung der erforderlichen Dokumente geht. Nicht dem Zweck von Art. 29 Abs. 3 AVIV entspricht es dagegen, das Fehlen jeglicher Unterlagen zu verschleiern; diesfalls muss die Kasse die säumige Person weder mahnen noch ihr eine zusätzliche Frist einräumen. Dies soll einer rechtsmissbräuchlichen Berufung auf die Schutznorm des Art. 29 Abs. 3 AVIV in jenen Fällen Einhalt gebieten, in denen sich die leistungsansprechende Person gegenüber den ihr obliegenden Handlungspflichten völlig gleichgültig zeigt und entsprechend untätig bleibt. Tritt keinerlei Absicht zum (weiteren) Leistungsbezug und keinerlei Mitwirkungsbereitschaft zutage, wäre es stossend, dem Anspruchsuntergang allein unter Hinweis auf die Nichterfüllung der Informationspflichten der Kasse gemäss Art. 29 Abs. 3 AVIV - ohne sonstige entschuldbaren Gründe - entgehen zu können (Urteil des BGer 8C_439/2014 vom 29. Oktober 2014 E. 4.4; Urteil des eidg. Versicherungsgerichts C 7/03 vom 31. August 2004 E. 5.3.2). Da die versicherte Person in der jeweiligen Dreimonatsfrist keine Dokumente eingereicht hat, war die Beschwerdeführerin nicht gehalten, ihr eine Frist zur Vervollständigung der Unterlagen anzusetzen.
Die Beweislastregel von Art. 8 ZGB hat in Bezug auf das Trägerhaftungsverfahren zur Folge, dass der Kasse eine mangelhafte Aufgabenerfüllung vorzuwerfen ist, wenn sie Taggelder ausgerichtet hat, obwohl die versicherte Person den Nachweis, dass sie Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erfüllt, nicht erbracht hat. Massgeblich ist der Sachverhalt, wie er sich im Trägerhaftungsverfahren, insbesondere aufgrund der Kassenakten, darstellt (Urteil des BVGer B- 7908/2007 vom 21. August 2008 E. 3.1.5). Vorliegend ist der Beschwerdeführerin eine mangelhafte Aufgabenerfüllung vorzuwerfen, da sie Taggelder ausgerichtet hat, obwohl die versicherte Person innert Frist überhaupt
keine Dokumente eingereicht und damit ihren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht geltend gemacht hat.
Zusammenfassend ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit sie die Aufhebung der angefochtenen Verfügung in Ziff. 5.2, Ziff. 5.3 und Ziff. 5.7 beantragt; soweit weitergehend, ist sie abzuweisen.
Die Beschwerdeinstanz auferlegt gemäss Art. 63 VwVG die Verfahrenskosten in der Regel der unterliegenden Partei (Abs. 1). Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder unterliegenden Bundesbehörden, die Beschwerde führen, auferlegt (Abs. 2). Einer obsiegenden Partei dürfen Verfahrenskosten nur auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat (Abs. 3). Die Kosten sind ausgehend vom Streitwert von Fr. 17'839.- (Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und in Anwendung der Bemessungsfaktoren (Art. 2 Abs. 1 VGKE) auf Fr. 2'000.- festzusetzen. Die Beschwerdeführerin gilt als unterliegende Partei zu einem Viertel und hat in entsprechendem Umfang die Kosten zu tragen. Die Vorinstanz beantragt eine volle Kostenauflage. Da die zu drei Viertel obsiegende Beschwerdeführerin die darauf entfallenden Kosten nicht durch Verletzung einer Verfahrenspflicht vor Gericht verursacht hat, sind ihr aber keine weiteren Kosten aufzuerlegen. Die Vorinstanz trägt keine Kosten. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Bst. a VGKE).
Das vorliegende Urteil ist endgültig (Art. 85 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 [Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110]; vgl. Urteil des BGer 8C_667/2008 vom 25. Februar 2009 E. 2.2 m.H.).
Der Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die angefochtene Verfügung in Ziff. 5.2, Ziff. 5.3 und Ziff. 5.7 aufgehoben; im Übrigen wird sie abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Dieser Betrag wird dem Kostenvorschuss entnommen. Der Restbetrag von Fr. 1'500.- wird der Beschwerdeführerin aus der Gerichtskasse zurückerstattet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben;
Beilage: Rückerstattungsformular; Beschwerdebeilagen zurück)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Einschreiben; Vorakten zurück)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel Willisegger Astrid Hirzel
Versand: 27. März 2018
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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