Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-6643/2016 |
Datum: | 24.11.2016 |
Leitsatz/Stichwort: | Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl) |
Schlagwörter : | äufig; Vollzug; Wegweisung; Schweiz; Aufhebung; Vorinstanz; Somalia; Verfügung; Ausländer; Bundesverwaltungsgericht; Beziehung; Interesse; Alkohol; Freundin; Person; Richter; Entscheid; Verhalten; Sicherheit; Delikte; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 50 VwVG ; Art. 57 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-6643/2016
Besetzung Richterin Contessina Theis (Vorsitz),
Richter Hans Schürch, Richter Gérald Bovier, Gerichtsschreiberin Susanne Bolz.
Parteien A. , geboren am ( ), Somalia,
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl);
Verfügung des SEM vom 27. September 2016 / N ( ).
Der Beschwerdeführer hält sich - mit einer Unterbrechung von knapp zweieinhalb Jahren - seit Mitte 2005 in der Schweiz auf. Mit Abweisung seines ersten Asylgesuchs am 31. August 2005 wurde seine vorläufige Aufnahme angeordnet. Schon kurz nach der Einreise fiel der Beschwerdeführer wegen Trunkenheit und gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Unterkunft negativ auf, was jedoch keine strafrechtlichen Konsequenzen zeitigte. Im Einzelnen ist auf die Darstellung im angefochtenen Entscheid zu verweisen. Vom 11. Februar 2009 bis zum 22. Juni 2011 war der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts, weshalb mit Verfügung vom 5. Oktober 2009 das Erlöschen der vorläufigen Aufnahme festgestellt wurde.
Am 22. Juni 2011 reichte der Beschwerdeführer ein zweites Asylgesuch ein. Auf dieses trat das BFM am 3. April 2012 gemäss dem damals geltenden aArt. 32 Abs. 2 Bst. e AsylG nicht ein, ordnete jedoch erneut eine vorläufige Aufnahme an, da es den Vollzug nach Somalia auch weiterhin als nicht zumutbar erachtete.
Seit seiner zweiten Einreise in die Schweiz ist der Beschwerdeführer zahlreiche Male strafrechtlich in Erscheinung getreten, unter anderem wegen Tätlichkeiten gegen seine damals hochschwangere Freundin. Er war bei seinen Delikten stets stark alkoholisiert. Wiederholt befand er sich auch für kürzere Zeit in Haft. Im Einzelnen wird auf die Darstellung im angefochtenen Entscheid (Bst. E) verwiesen.
Mit Schreiben vom 28. Januar 2016 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zu einer geplanten Aufhebung der vorläufigen Aufnahme. Da dieser sich zwischenzeitlich in Haft befand und danach den Wohnort wechselte, verliefen drei Zustellversuche erfolgslos. Am 23. Februar 2016 teilte das zuständige Migrationsamt mit, der Beschwerdeführer befinde sich stationär im therapeutischen Alkoholentzug, weshalb darum gebeten werde, vorerst auf die Einleitung eines Aufhebungsverfahrens betreffend die vorläufige Aufnahme zu verzichten. Das SEM kam diesem Ersuchen nach. Am 13. Juni 2016 drohte der Beschwerdeführer in stark alkoholisiertem Zustand im Rehabilitationszentrum mit Suizid und wurde in Gewahrsam genommen. Aufgrund zweier noch nicht vollzogener Strafbefehle wurde er in der Folge in Strafhaft gesetzt.
Mit Schreiben vom 1. Juli 2016 gewährte das SEM dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zur geplanten Aufhebung der vorläufigen Aufnahme gestützt auf Art. 83 Abs. 7 Bst. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG, SR 142.20) wegen erheblichen und wiederholten Verstössen gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
In seiner Stellungnahme vom 21. Juli 2016 räumte der Beschwerdeführer ein, er habe in der Schweiz Probleme gehabt, namentlich habe er immer in Asylunterkünften leben müssen und auch im Berufsleben nie richtig Fuss fassen können. Seine Straftaten seien jedoch keine schweren Delikte gewesen. Er sei sich sicher, zukünftig nicht mehr gegen die Gesetze verstossen zu wollen. Die Rückkehr nach Somalia würde für ihn eine Katastrophe bedeuten. Seit fast vier Jahren führe er in der Schweiz eine Beziehung zu einer Landsfrau, sie hätten eine gemeinsame Tochter. Er wolle die Beziehung zu seiner Partnerin und der Tochter aufrechterhalten. Er plane die Anerkennung der Vaterschaft und wolle beruflich Fuss fassen.
Mit Verfügung vom 27. September 2016 hob das SEM die vorläufige Aufnahme auf, setzte dem Beschwerdeführer eine Ausreisefrist und beauftragte den Kanton B. mit dem Vollzug der Wegweisung. Die Vorinstanz begründete den Entscheid damit, dass der Beschwerdeführer wiederholt erheblich gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen habe. Nebst neun rechtskräftigen Verurteilungen lägen noch rund 18 Polizeiberichte vor, die sein konstant aggressives und gewaltbereites Verhalten dokumentierten. Im Sinne einer Gesamtschau könne für die Zukunft keine positive Prognose gegeben werden. Er sei gewalttätig geworden und habe sogar seine schwangere Freundin angegriffen, welche vor ihm habe geschützt und an einem geschützten Ort fremdplatziert werden müssen. Da sich die Gewalt zunehmend gegen höhere Rechtsgüter gerichtet habe, erscheine die Anwendung von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG angezeigt und auch verhältnismässig, da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sich sozial oder beruflich zu integrieren; er habe sich auch nicht darum bemüht. Auch die von ihm geltend gemachte Beziehung zu Partnerin und Kind spreche nicht gegen den Vollzug, der Beschwerdeführer habe sich nie erkennbar um die Beziehung bemüht. Da dem Vollzug der Wegweisung nach Somalia grundsätzlich als zulässig erachtet werden könne und der Beschwerdeführer keine individuellen Gründe darlegen konnte, welche in
seinem Fall dem Vollzug der Wegweisung entgegen stehen würden, sei der Vollzug zulässig und zumutbar. Die Verfügung wurde am 28. September 2016 eröffnet.
In der Beschwerde vom 27. Oktober 2016 wurde die Aufhebung der Verfügung vom 27. September 2016 beantragt, es sei die vorläufige Aufnahme weiter aufrecht zu erhalten, beziehungsweise sei der Widerruf aufzuheben. In prozessualer Hinsicht wurde die unentgeltliche Prozessführung beantragt, einhergehend mit dem Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Ausserdem wurde beantragt, dem Beschwerdeführer einen amtlichen Rechtsbeistand seiner Wahl gemäss Art. 110a AsylG beizuordnen. In der Begründung räumte der Beschwerdeführer ein, er habe sich aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit in einer Abwärtsspirale befunden und sich schlecht verhalten, wolle sich aber bessern und werde ein entsprechendes Arztzeugnis einreichen. Auch habe er sich um Arbeit bemüht und sei seit Mitte September 2016 erstmals in Anstellung. Er pflege die Beziehung zu seiner Partnerin und dem gemeinsamen Kind. Seine Freundin sei nun mit dem zweiten Kind schwanger. Es sei ungerecht, dass die Vorinstanz ihm auch die Vorfälle während seines ersten Aufenthalts in der Schweiz vorhalte. Insgesamt sei die Annahme eines wiederholten Verstosses gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gerechtfertigt. Ausserdem bereue er seine Taten sehr. Der Entzug der vorläufigen Aufnahme sei daher weder gerechtfertigt noch verhältnismässig. Er lebe schon lange in der Schweiz und habe Frau und Kind, in Somalia kenne er niemanden mehr. Darüber hinaus sei eine Wegweisung nach Somalia aufgrund der dortigen Bürgerkriegsverhältnisse weder zulässig noch zumutbar.
Am 3. November 2016 reichte der Beschwerdeführer ein Arztzeugnis vom
29. Oktober 2016 ein. Aus diesem geht hervor, dass seine Leberwerte normal sind, jedoch deutet der deutlich erhöhte CDT-Wert auf eine Alkoholabhängigkeit hin. Jedoch wolle der Beschwerdeführer - wie im Begleitschreiben ausgeführt - an seiner Abhängigkeit arbeiten.
Am 15. November 2016 ging ein weiterer Polizeirapport vom 7. November 2016 ein, wonach der Beschwerdeführer am 5. November 2016 erneut in der Unterkunft mit Suizid gedroht habe, er sei stark alkoholisiert gewesen.
Das Verfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege (Art. 37 VGG und Art. 112 AuG).
Mit der Beschwerde gegen die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des Ermessens), die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 49 VwVG).
Die Abteilungen des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden in der Regel in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen (Spruchkörper; vgl. Art. 21 Abs. 1 VGG). Da die Beschwerde sich, wie nachfolgend dargelegt, als offensichtlich unbegründet erweist, wurde gestützt auf Art. 57 Abs. 1 VwVG (e contrario) auf einen Schriftenwechsel verzichtet.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob weiterhin Wegweisungsvollzugshindernisse im Sinne von Art. 83 Abs. 1 AuG bestehen und mithin die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufnahme noch gegeben sind.
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder in einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG).
Es darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]). Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 Folter Üb. und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf sodann niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Der Grundsatz der Nichtrückschiebung schützt nur Personen, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Der Beschwerdeführer hat keine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Sein Asylgesuch wurde mit Verfügung vom 31. August 2005 abgewiesen, auf das zweite Gesuch mit Verfügung vom 3. April 2012 nicht eingetreten. Das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulements kann daher im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden, weshalb ein Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach Somaila unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig ist.
Sodann ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Ausschaffung nach Somalia dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 Folter Üb. verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. In BVGE 2013/27 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Vollzug der Wegweisung nach Mogadischu trotz der dort herrschenden Bürgerkriegssituation nicht generell unzulässig sei. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. EGMR, [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom 28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124-127, mit weiteren Hinweisen). Entsprechendes wird von ihm jedoch weder vorgebracht noch ergeben sich diesbezüglich konkrete Anhaltspunkte aus den Akten.
Gesamthaft ist daher festzustellen, dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach Somalia sich sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen als zulässig erweist.
Auch in Hinblick auf den Schutz des Familienlebens hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen, was darauf hindeuten könnte, dass ein Anspruch aus Art. 8 EMRK der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme entgegenstehen könnte. Zum einen liegen keine Beweise vor, dass der Beschwerdeführer sich in einer gelebten Beziehung mit der Mutter seines Kindes befindet. Zum anderen - was noch schwerer wiegt - deutet vieles darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer nicht nur wenig um das Familienleben gekümmert hat, sondern vielmehr mit seinem Verhalten die Freundin und die Tochter sogar gefährdet hat.
Der Vollzug kann für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG).
Gemäss Art. 84 AuG prüft das SEM periodisch, ob die Voraussetzungen für die vorläufige Aufnahme noch gegeben sind (Abs. 1); es hebt sie auf und ordnet den Vollzug der Wegweisung an, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (Abs. 2). Die Voraussetzungen der vorläufigen Aufnahme fallen weg, wenn der Vollzug der rechtskräftig angeordneten Wegweisung zulässig ist und es der ausländischen Person zumutbar und möglich ist, sich rechtmässig in ihren Heimat-, in den Herkunftsoder in einen Drittstaat zu begeben (Art. 83 Abs. 2-4 AuG). Die sich auf die Unmöglichkeit und die Unzumutbarkeit beziehende Ausnahmeklausel von Art. 83 Abs. 7 AuG ist auch bei der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme anwendbar; die Aufhebung erfolgt unter anderem, wenn die wegoder ausgewiesene Person erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG; identisch mit den allgemeinen Voraussetzungen des Widerrufs von ausländerrechtlichen Bewilligungen gemäss Art. 62
Bst. b und c AuG). Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen.
Das SEM erachtete die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme unter dem Aufhebungstatbestand von Art. 84 Abs. 3 AuG in Verbindung mit Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG als gerechtfertigt. Im Entscheid legte er ausführlich dar, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit konstant mit dem Gesetz in Konflikt geriet und auch therapeutische Massnahmen erfolglos waren. Der Beschwerdeführer sei neunmal verurteilt worden, darüber hinaus sei er in weiteren 18 Fällen bei der Polizei auffällig geworden. Die Gesamtschau ergebe ein negatives Bild und es könne dem Beschwerdeführer keine positive Prognose ausgestellt werden. Zudem habe die Schwere der Delikte über die Jahre zugenommen und er sei sogar gegenüber seiner schwangeren Freundin tätlich geworden. Diese Angriffe auf besonders hohe Rechtsgüter seien zusätzliche Argumente für die Rechtmässigkeit der Anwendung von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG. Jedoch sei die Ausschlussklausel nach Art. 83 Abs. 7 AuG nur unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips anzuwenden, wobei die öffentlichen Interessen der Schweiz am Vollzug der Wegweisungsverfügung den privaten Interessen der betroffenen Person an einem weiteren Verbleib in der Schweiz gegenüberzustellen seien. Vorliegend sei die Massnahme jedoch verhältnismässig, da der Beschwerdeführer sich in der Schweiz weder gesellschaftlich noch auf dem Arbeitsmarkt habe integrieren können und mit der schweizerischen Rechtsordnung offensichtlich Mühe habe. Auch der Umstand, dass er eine Beziehung pflege, aus der ein gemeinsames Kind hervorgegangen sei, ändere an dieser Einschätzung nichts, da er sich um das Familienleben nicht bemüht habe und aufgrund seines aggressiven Verhaltens für Mutter und Kind sogar eine akute Bedrohung war, so dass diese fremdplatziert werden mussten. Da auch davon auszugehen sei, dass es dem Beschwerdeführer gelingen könne, sich in Somalia wieder einzugliedern, sei der Vollzug zumutbar.
Der Beschwerdeführer berief sich in der Beschwerde darauf, dass ihn die schwierige Unterkunftssituation in den Alkohol getrieben habe, dass seine Delikte nicht so schwerwiegend gewesen seien und die Vorinstanz teilweise falsche Schlüsse aus den Vorakten betreffend die Dauer seiner Verurteilungen gezogen habe. Es sei auch nicht fair, dass die Vorinstanz auch auf seine Taten vor der zweiten Einreise abgestellt habe. Er bereue
sein Verhalten in jedem Fall und wolle nun für seine Familie da sein, er habe sich mit der Freundin versöhnt und sie sei von ihm zum zweiten Mal schwanger. Auch sei seit September 2016 zum ersten Mal in einer Anstellung und hoffe, sein Leben in den Griff zu bekommen. In Somalia kenne er niemanden mehr und der Wegweisungsvollzug sei weder zulässig noch zumutbar.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet vorliegend die Argumentation der Vorinstanz aus folgenden Gründen für zutreffend.
Der Beschwerdeführer hält sich mit Unterbrechung seit rund zehn Jahren in der Schweiz auf. Er hat offensichtlich ein Alkoholproblem und alle Therapieversuche sind bisher gescheitert. Es ist ihm nie gelungen, sich zu integrieren oder sein Suchtverhalten so in den Griff zu bekommen, dass er eine Arbeit hätte finden können. Auch der Vorhalt, er habe unter der Unterkunftssituation gelitten, ändert nichts an der Einschätzung, dass der Beschwerdeführer immer wieder in kurzen Abständen „ausrastete“ und mehr oder weniger schwer deliktisch handelte, was aus der detaillierten Auflistung im Entscheid der Vorinstanz deutlich hervorgeht. Die diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Es spielt letztlich keine Rolle, ob der Beschwerdeführer 80 oder 90 Tage inhaftiert war, oder ob es sich um Bussen und Tagessätze mit Ersatzfreiheitsstrafe oder angeordnete Hafttage handelt. Vielmehr ist ausschlaggebend, dass der Beschwerdeführer seit seiner erneuten Einreise im Jahr 2011 immer wieder auffällig wurde und zunehmend straffällig. Dabei ist die Berücksichtigung des Verhaltens zwischen 2005 und 2009 gar nicht ausschlaggebend, die diesbezüglichen Ausführungen im Entscheid komplettieren vielmehr das Gesamtbild. Der Beschwerdeführer präsentiert sich als Person, die sich in die Rechtsund Gesellschaftsordnung der Schweiz nicht einzufügen vermag, wofür die zahlreichen Einträge in den Vorakten deutlich Zeugnis ablegen. Es fehlen darüber hinaus jegliche konkreten Hinweise, dass sich der Beschwerdeführer aktiv und glaubhaft einerseits um soziale Integration bemüht und andererseits Strategien zur Verhinderung von Rückfällen betreffend seiner Alkoholsucht und den Einsatz von Gewalt entwickelt hätte. Es zeigt sich mithin, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, sich straffrei zu verhalten. Aus diesem Grund erachtet das Gericht die Anwendung von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG vorliegend für gerechtfertigt.
Im Rahmen der vorzunehmenden Verhältnismässigkeitsprüfung sind die privaten Interessen der vorläufig aufgenommenen Person an einem
Verbleib in der Schweiz und das Interesse des Staates an der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und des Vollzugs der Wegweisung gegeneinander abzuwägen (vgl. dazu BVGE 2007/3 2), wobei keine schematische Betrachtungsweise vorzunehmen, sondern auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist. Zu berücksichtigen sind Faktoren wie Dauer der Anwesenheit in der Schweiz, Grad ihrer Integration, die mit dem Vollzug der Wegweisung allenfalls drohenden persönlichen und familiären Nachteile, bei Straffälligkeit die Schwere begangener Delikte beziehungsweise die Art der verletzten Rechtsgüter, das Verschulden des Betroffenen und das Verhalten des Ausländers in dieser Periode zu beachten sind. Diese Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. Er ist zwar schon lange in der Schweiz ansässig, hat sich aber in all den Jahren nicht integrieren können. Erst als ihm die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme angedroht wurde, hat er erstmalig eine Arbeitsstelle angetreten. Vorherige Bemühungen sind nicht aktenkundig. Er hat seine Alkoholsucht nicht überwinden können, obwohl er Therapieangebote der zuständigen Behörden erhalten hat, diese jedoch nie durchhielt. Auch seine Ausführungen betreffend seine Beziehung und sein Familienleben sind als Versuch zu werten, die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme zu verhindern. Der Beschwerdeführer hat bisher nicht gezeigt, dass er sich um die Freundin oder das gemeinsame Kind bemüht, jedenfalls ist dies nie aktenkundig geworden. Die zu treffende Abwägung fällt daher nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers aus. Es wird nicht in Abrede gestellt, dass der Vollzug der Wegweisung in den Heimatstaat für den Beschwerdeführer mit Härten verbunden ist. Als junger Mann dürfte er im Heimatstaat jedoch sein Auskommen, zumindest durch Hilfstätigkeiten, finden.
Der Antrag auf unentgeltliche Verbeiständung und die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird abgewiesen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Anträge auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie der amtlichen Verbeiständung werden abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Contessina Theis Susanne Bolz
Versand:
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