Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-5671/2015 |
Datum: | 19.07.2017 |
Leitsatz/Stichwort: | Familienzusammenführung (Asyl) |
Schlagwörter : | Familie; Familien; Ehefrau; Flucht; Vorinstanz; Kontakt; Familienasyl; Akten; Heimatstaat; Familiengemeinschaft; Person; Verfahren; Beweis; Beschwerdeführers; Zeitpunkt; Verfügung; Umstände; Familiennachzug; Heirat; Stellung; Personen; Anspruch; Sachverhalt; Einreise; Ausreise; Identität; Schweiz; Heiratsurkunde |
Rechtsnorm: | Art. 27 IPRG ; Art. 29 IPRG ; Art. 43 IPRG ; Art. 48 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 III 8 |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-5671/2015
pjn
Besetzung Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz),
Richter Daniele Cattaneo, Richter Simon Thurnheer, Gerichtsschreiberin Constance Leisinger.
Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not, Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
geboren am ( ), Eritrea;
Verfügung des SEM vom 13. August 2015 / N ( ).
Der Beschwerdeführer - Staatsangehöriger von Eritrea - ersuchte am
15. März 2012 um Asyl in der Schweiz. Mit Verfügung vom 26. März 2014 anerkannte die Vorinstanz seine Flüchtlingseigenschaft und gewährte ihm Asyl.
Am 14. August 2014 ersuchte der Beschwerdeführer um Bewilligung der Einreise zu Gunsten seiner Ehefrau B. und um Familienzusammenführung.
Mit Schreiben vom 25. August 2014 forderte die Vorinstanz den Beschwerdeführer auf, zum Zwecke der Feststellung des Sachverhalts nähere Angaben zur Person seiner Ehefrau zu machen und allfällige Beweismittel, namentlich sie betreffende Identitätspapiere, nachzureichen. Der Aufforderung kam er am 20. September 2014 schriftlich nach. Zum Beweis der mit B. geschlossenen Ehe reichte er die Kopie einer eritreischen Heiratsurkunde zu den Akten.
Am 5. August 2015 hörte die Vorinstanz den Beschwerdeführer zum Gesuch um asylrechtlichen Familiennachzug an.
Mit Verfügung vom 13. August 2015 - eröffnet am 15. August 2015 - lehnte die Vorinstanz das Gesuch um Bewilligung des asylrechtlichen Familiennachzugs ab und verweigerte B. die Einreise in die Schweiz.
Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer - handelnd durch seine Rechtsvertreterin - am 14. September 2015 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, B. die Einreise in die Schweiz zur Durchführung des Asylverfahrens zu bewilligen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Befreiung von der Kostenvorschusspflicht. Mit seiner Beschwerde reichte der Beschwerdeführer sodann das Original der bisher in Kopie vorgelegten Heiratsurkunde zu den Akten.
Mit Zwischenverfügung vom 13. Oktober 2015 wurde das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gutgeheissen und auf die Einforderung eines Kostenvorschusses verzichtet. Gleichzeitig wurde die Vorinstanz zum Schriftenwechsel eingeladen.
In seiner Vernehmlassung vom 20. Oktober 2015 hielt die Vorinstanz an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte unter Verweis auf seine bisherigen Erwägungen die Abweisung der Beschwerde.
Mit Eingabe vom 5. November 2015 replizierte der Beschwerdeführer auf die ihm am 22. Oktober 2015 zur Kenntnis gebrachte Vernehmlassung.
Mit Eingabe vom 6. April 2017 wurde darüber informiert, dass der Beschwerdeführer wieder im Kontakt zu seiner Ehefrau stehe, welche eine lange Haftstrafe wegen illegaler Ausreise im Heimatstaat verbüsst habe.
Mit Verfügung vom 13. April 2017 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, eine entsprechende dezidierte Stellungnahme zu seiner Ehefrau und allfällige Beweismittel einzureichen.
Mit Eingabe vom 17. Mai 2017 nahm der Beschwerdeführer Stellung und reichte nochmals die bereits bei den Akten befindliche Heiratsurkunde in Kopie ein.
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser - was vorliegend nicht der
Fall ist - bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht (Art. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 52 Abs. 1 VwVG). Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG oder das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG; Art. 6 und 105 ff. AsylG).
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG werden Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen. Wurden die anspruchsberechtigten Personen nach Absatz 1 durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihre Einreise auf Gesuch hin zu bewilligen (Art. 51 Abs. 4 AsylG).
Die Vorinstanz führte zur Begründung ihres abweisenden Entscheids im Wesentlichen aus, ein asylrechtlicher Familiennachzug falle vorliegend bereits ausser Betracht, weil nicht von einer im Heimatstaat vorbestandenen Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und
B.
ausgegangen werden könne. Der Beschwerdeführer und
B. hätten nicht in einem eigenen gemeinsamen Haushalt gelebt. Das gemeinsame Leben habe sich vielmehr auf die Militärdiensturlaube des Beschwerdeführers zwischen September 2008 und November 2010 beschränkt, wobei der Beschwerdeführer die Anzahl und Dauer der in diesem Zeitraum erfolgten Wiedersehen mit B. widersprüchlich angegeben habe. Der Beschwerdeführer sei eigenen Angaben gemäss sodann vom Militärdienst desertiert und habe seinen Heimatstaat verlassen, ohne B. vorgängig darüber zu informieren. Es bestünden zudem auch an sich bereits begründete Zweifel an der behaupteten Heirat des Beschwerdeführers mit B. , da der Beschwerdeführer lediglich eine Kopie der Heiratsurkunde eingereicht habe, auf welcher handschriftliche Angaben eingefügt worden seien. Entsprechende Blankoformulare seien in grosser Zahl in Umlauf und könnten käuflich erworben werden. Dem Papier komme daher kein relevanter Beweiswert zu.
Im Rahmen der Beschwerde wurde den vorinstanzlichen Erwägungen im Wesentlichen entgegengehalten, die Vorinstanz verkenne vorliegend, dass der auf Art. 51 Abs. 4 AsylG gestützte Familiennachzug zwar eine zum Zeitpunkt der Flucht bestandene Familiengemeinschaft voraussetze, hingegen das Führen eines gemeinsamen Haushalts nicht erforderlich sei. Die Gründung eines eigenen Haushalts sei den Eheleuten im Heimatstaat unmöglich gewesen, da der Beschwerdeführer nach Abschluss seines Studiums im Jahr 2008 im Rahmen des Militärdienstes in ein Militärcamp in Sawa abkommandiert worden sei, wo er bis zu seiner Flucht als Lehrer gearbeitet habe. Das Ehepaar habe mithin gezwungenermassen getrennt gewohnt, sich aber bis zur Flucht des Beschwerdeführers aus dem Heimatstaat wann immer es möglich gewesen sei, gesehen.
In der Vernehmlassung hielt die Vorinstanz an ihren Erwägungen fest und führte ergänzend aus, dass mit dem eingereichten "Marriage Certificate" weder eine vorbestandene Familiengemeinschaft noch deren Trennung durch die Flucht belegt werde. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass aus den in der angefochtenen Verfügung bereits genannten Gründen zum Zeitpunkt der Flucht gerade keine Familiengemeinschaft im erforderlichen Sinn bestanden habe.
In der Replik wurden die Beschwerdeausführungen nochmals bekräftigend darauf hingewiesen, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit B. bis zum Zeitpunkt der Ausreise bereits drei Jahre angedauert habe und nichts darauf hinweise, dass die Ehegemeinschaft jemals aufgegeben worden sei.
Im vorliegenden Fall wird um Bewilligung der Einreise von B. gestützt auf Art. 51 Abs. 4 AsylG ersucht. Bei B. soll es sich um
die Ehefrau des Beschwerdeführers handeln, welche sich weiterhin im Ausland aufhält.
Art. 51 Abs. 4 AsylG verschafft bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Bewilligung der Einreise im Hinblick auf den Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft und das Asyl des sich in der Schweiz aufhaltenden Familienmitglieds. Der Anspruch auf Familienasyl knüpft an den Bestand der "Familiengemeinschaft". Art. 51 Abs. 4 AsylG verweist hinsichtlich der anspruchsberechtigten Personen, um deren Einbezug in das Familienasyl ersucht werden kann, auf Absatz 1 der genannten Bestimmung. Zum Personenkreis der Anspruchsberechtigten zählen insbesondere Eheleute. Sofern um Einbezug eines Ehegatten oder einer Ehegattin in das Familienasyl nach Art. 51 AsylG ersucht wird, erfordert dies das Bestehen einer gültigen Ehe; dies entweder nach schweizerischem Recht oder nach dem Recht des Staates, in dem die Eheschliessung erfolgte (vgl. Art. 43 ff. IPRG [SR 291]). Auch eine im Ausland geschlossene Ehe wird demnach in der Schweiz grundsätzlich anerkannt sofern sie anerkennungsfähig ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 IPRG) und nicht gegen den schweizerischen Ordre Public verstösst (Art. 27 Abs. 1 IPRG). Die Asylbehörden haben im Rahmen von Art. 51 AsylG über das Vorliegen der Voraussetzungen zur Anerkennung der Ehe vorfrageweise zu befinden, ohne dass sie ein selbständiges Anerkennungsverfahren durchführen oder das Anerkennungsverfahren mit ihrem Entscheid präjudizieren (Art. 29 Abs. 3 IPRG; vgl. auch EMARK 2006 Nr. 7 E. 4; EMARK 2006 Nr. 8 E. 3.1;
BGE 137 III 8 E. 3.3.1). Allein das Bestehen der rechtlichen Ehegemeinschaft genügt jedoch noch nicht, es bedarf anders als im Abs. 1 der gleichen Bestimmung ausserdem einer Trennung durch die Flucht; das heisst, die Familiengemeinschaft muss vor der Ausreise gelebt worden sein.
Entsprechend dem Wortlaut von Art. 51 Abs. 1 AsylG dürfen dem Einbezug in das Familienasyl sodann keine besonderen Umstände entgegenstehen. Dieses Erfordernis findet praxisgemäss auch auf Art. 51 Abs. 4 AsylG Anwendung, welcher hinsichtlich der anspruchsberechtigten Personen explizit auf Abs. 1 verweist. Ein gegen den Einbezug in das Familienasyl sprechender Umstand liegt unter anderem vor, wenn das Familienleben während einer längeren Zeit nicht mehr gelebt beziehungsweise aufgegeben wurde. Ist im Zeitpunkt der Ausreise von einer bestehenden Familiengemeinschaft auszugehen, ist daher regelmässig auch das Verhalten der Anspruchsberechtigten im Anschluss an die Flucht eines Familienangehörigen ein zu berücksichtigender Umstand. Der rechtliche Bestand der Ehe zwischen den Anspruchsberechtigten und die Trennung durch die
Flucht reichen als Tatsache allein nicht aus, um von einer gefestigten und bis zu Zeitpunkt des Entscheids bestehenden Beziehung auszugehen. (vgl. zum Ganzen BVGE 2012/32 E. 5.1 mit weiteren Hinweisen; BVGE 2015/29 E. 3.2).
Im asylrechtlichen Verfahren sind anspruchsbegründende Sachverhaltsmomente zu beweisen, sofern der strikte Beweis möglich ist und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (Art. 7 AsylG). Im Gegensatz zum strikten Beweis erfordert die Glaubhaftmachung lediglich ein reduziertes Beweismass. Abgestellt auf eine objektive Sichtweise ist jeweils im Sinne einer Gesamtwürdigung entscheidend, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht (vgl. BVGE 2010/57 E. 2.2 ff.). Dieser Beweisstandard nach Art. 7 AsylG gilt nicht nur für die Frage der Flüchtlingseigenschaft und das Bestehen allfälliger Wegweisungsvollzugshindernisse; er hat vielmehr auch im Verfahren betreffend den asylrechtlichen Familiennachzug gestützt auf Art. 51 Abs. 4 AsylG zu gelten.
Zunächst obliegt es der Vorinstanz, ihrer behördlichen Untersuchungspflicht, den Sachverhalt umfassend abzuklären, in geeigneter Weise nachzukommen. Eine - wie für das Asylverfahren in Art. 29 AsylG gesetzlich vorgesehene - Pflicht zur Anhörung der gesuchstellenden Personen, die um Familiennachzug gestützt auf Art. 51 AsylG ersuchen, ergibt sich aus den asylgesetzlichen Bestimmungen allerdings nicht. Gleichwohl muss gewährleistet sein, dass die gesuchstellenden Personen die Möglichkeit haben, zum Vorliegen der Voraussetzung von Art. 51 AsylG umfassend Stellung zu nehmen.
Die gesuchstellenden Personen haben aber ihrerseits der Mitwirkungspflicht Genüge zu tun. Die Mitwirkungspflicht bestimmt sich auch im Verfahren um Familienasyl nach Art. 8 AsylG. Insbesondere besteht die Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes aktiv mitzuwirken. Der Mitwirkungspflicht kommt naturgemäss dann ein besonderes Gewicht zu, wenn die gesuchstellenden Personen - wie auch im Falle des Familienasyls - von entscheidwesentlichen Tatsachen bessere Kenntnis als die Behörden haben, welche ohne Mitwirkung der Parteien gar nicht oder jedenfalls nicht mit vernünftigem Aufwand erhoben werden könnten (vgl. BVGE 2007/30 E. 5.2.2 mit weiteren Hinweisen).
Dem Beschwerdeführer wurde im vorinstanzlichen Verfahren zunächst Gelegenheit gegeben, schriftlich nähere Angaben zu seiner im Heimatstaat verbliebenen Ehefrau zu machen (vgl. vorinstanzliche Akten zum Familienasyl Z 3). Dieser Aufforderung kam er mit Schreiben vom 20. September 2014 nach. Die Informationen beziehen sich auf Angaben zur Familie und Angaben zur Identität von B. (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 4). Identitätspapiere sowie aktuelle Passfotos von B. vermochte der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren jedoch nicht einzureichen. Er führte hierzu aus, dass der Kontakt zu seiner Ehefrau abgebrochen sei und er entsprechende Unterlagen nachreiche, sobald er den Kontakt wieder hergestellt habe (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 4). Dem Beschwerdeführer wurde sodann am 5. August 2015 im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit gegeben, zur Ehegemeinschaft mit B. Stellung zu nehmen (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 7). Im Rahmen dieser Anhörung wurde er zunächst dazu aufgefordert, detailliert zu berichten, wie er seine Ehefrau kennengelernt habe und wie die Vorbereitungen zum Eheschluss verlaufen seien. Das Hauptaugenmerk der Anhörung lag sodann auf der Situation der Eheleute nach der erfolgten Hochzeit bis zur Flucht. Dem Beschwerdeführer wurden gezielte Fragen zur Gestaltung des ehelichen Lebens gestellt, insbesondere auch dahingehend, in welcher Form er während seines Aufenthalts im Militärcamp Sawa im Kontakt zu seiner Ehefrau gestanden habe und wie er in Bezug auf seine Ehefrau mit der plötzlich erforderlichen Flucht umgegangen sei (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 7). Dem Protokoll der Anhörung lassen sich ernsthafte Bemühungen des zuständigen Sachbearbeiters erkennen, ein umfassendes Bild von der Situation, in welcher die eheliche Gemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und B. eingegangen und bis zur Flucht des Beschwerdeführers gelebt wurde, zu erstellen. Dem Beschwerdeführer wurde zudem Gelegenheit gegeben, sich zur aktuellen Situation, namentlich dazu zu äussern, ob und in welcher Form er mit seiner Ehefrau im Kontakt stehe und wann der letzte Kontakt gewesen sei. Er konnte sich sodann zu widersprüchlichen Aussagen äussern (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 7 S. 3 F. 20 ff.). Insgesamt ist der Sachverhalt vorliegend als genügend erstellt zu erachten.
Im Hinblick auf die erste Voraussetzung, wonach die Zugehörigkeit der nachzuziehenden Person zur Familiengemeinschaft glaubhaft zu machen ist, lässt sich vorliegend Folgendes feststellen:
Die Vorinstanz äusserte in der angefochtenen Verfügung generelle Zweifel an der Eheschliessung des Beschwerdeführers mit B. und sprach der im vorinstanzlichen Verfahren lediglich in Kopie eingereichten Heiratsurkunde die Beweiskraft ab. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens reichte der Beschwerdeführer das Original der Heiratsurkunde ein. Zu dessen Beweiswert hat sich die Vorinstanz in der Vernehmlassung nicht geäussert. Nach Erkenntnissen des Gerichts entspricht das eingereichte Dokument in Bezug auf Form und Inhalt grundsätzlich den üblicherweise im Heimatstaat des Beschwerdeführers ausgestellten Heiratsurkunden. Dass auf der Urkunde handschriftliche Eintragungen erfolgt sind, spricht nicht gegen die Authentizität des eingereichten Dokuments. Es fällt jedoch auf, dass solche Zertifikate oft mit Fotos versehen sind, was vorliegend fehlt. Der Beschwerdeführer gab auf der anderen Seite bereits anlässlich der Befragung zur Person kurz nach der Einreise in die Schweiz an, verheiratet zu sein und nannte den Namen und das Geburtsdatum seiner Ehefrau. Auch das Datum der Hochzeit vermochte er übereinstimmend anzugeben. Der Beschwerdeführer berichtete sodann sowohl in seinem eigenen Asylverfahren, als auch im vorliegenden Verfahren betreffend Familiennachzug stringent und nachvollziehbar über die Umstände der Heirat mit B. . Seinen Ausführungen lässt sich beispielswiese entnehmen, dass es sich nicht ausschliesslich um eine Liebesheirat gehandelt haben soll, sondern die Heirat von beiden Familien angebahnt worden sei und relativ schnell habe erfolgen müssen, da B. die Einberufung in den Militärdienst bevorgestanden habe. Er machte sodann geltend, dass seine Ehefrau ihm zum Zeitpunkt der Vermittlung zwischen beiden Familien bereits bekannt gewesen sei, was seinen Entschluss zur Einwilligung in die Eheschliessung auch beeinflusst habe. Die geschilderten Umstände sind im gesellschaftlichen und politischen Kontext des Heimatstaates durchaus üblich. Insgesamt scheint es gestützt auf die Akten, namentlich in Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers als durchaus möglich, dass er und B. am 10. Januar 2007 im Heimatstaat die Ehe geschlossen haben.
Die Vorinstanz sieht im vorliegenden Fall das Erfordernis der „Trennung durch die Flucht“ im Sinne einer vorbestandenen und gelebten Familiengemeinschaft als nicht erfüllt an. Dies insbesondere, weil der Beschwerdeführer und seine Ehefrau vor der Flucht nicht in einem eigenen gemeinsamen Haushalt gelebt haben und sie die Aussagen des Beschwerdeführers zu den Umständen der Eheführung und des Kontakts während seiner Stationierung im Militärcamp Sawa als unglaubhaft erachtet. Der
Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, dass er und seine Ehefrau die Beziehung im Rahmen des ihnen Möglichen gepflegt hätten und er seine Ehefrau getroffen habe, wann immer es ihm möglich gewesen sei (vgl. Beschwerdedossier act. 1). Während seiner Stationierung in Sawa will er mit seiner Ehefrau zudem im brieflichen Kontakt gestanden haben (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 7 S. 2 F. 11 f.).
Es ergeben sich aus den Akten durchaus Anhaltspunkte, gemäss welchen davon ausgegangen werden kann, dass die Familiengemeinschaft zwischen den Eheleuten nach der Eheschliessung und bis im Zeitpunkt der Flucht zeitweise in einem gemeinsamen Haushalt und im Übrigen im Rahmen des Möglichen gelebt worden ist. Was die Umstände der Flucht anbelangt, führt der Beschwerdeführer zwar aus, er habe sich zum Zeitpunkt der Flucht keine Gedanken über seine Ehefrau gemacht, was die Vorinstanz als wesentlich erachtet (vgl. act. Z 7 S. 4 F. 24 u 25). Diese Aussage allein ist aber noch kein ausreichendes Indiz darauf, dass die Familiengemeinschaft zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand, sie kann vielmehr durchaus auch im Zusammenhang mit der Dringlichkeit der Flucht zu sehen sein. Sofern die Vorinstanz sodann ausführt, ein Aspekt, welcher insbesondere gegen das Bestehen einer Familiengemeinschaft im Zeitpunkt der Flucht spreche, sei der Umstand, dass der Beschwerdeführer seinen Heimatstaat verlassen habe, ohne seine Ehefrau über die bevorstehende Flucht in Kenntnis zu setzen, kann den vorinstanzlichen Erwägungen ebenfalls nicht vorbehaltlos gefolgt werden. Für ein entsprechendes Verhalten können im eritreischen Kontext insbesondere mit Deserteuren und den im Heimatstaat verbliebenen Familienangehörigen durchaus plausible Gründe bestehen. Gegen die gelebte Familiengemeinschaft spricht aber, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, Fotos aus dieser Zeit vorzulegen. Nicht einmal von der angeblichen Hochzeit gibt es Bilder bei den Akten. Auch wirft ernsthafte Zweifel auf, dass keinerlei Dokumente der Ehefrau eingereicht werden konnten (vgl. dazu auch nachfolgend). Letztlich kann aber eine abschliessende Auseinandersetzung zur Frage der bestehenden Familiengemeinschaft vor der Ausreise aus den nachfolgenden Gründen unterbleiben.
Wie bereits ausgeführt, ist für die Beurteilung der Anspruchsberechtigung auf Familiennachzug auch das Verhalten der Eheleute nach der Flucht wesentlich. Auch wenn von einer zum Zeitpunkt der Flucht bestehenden Familiengemeinschaft auszugehen wäre, reicht dies und der fortwährende rechtliche Bestand der Ehe zwischen den Anspruchsberechtigten als Umstand allein nicht aus, um von einer gefestigten und bis zum Zeitpunkt des Entscheids bestehenden Familienbeziehung auszugehen. Das Verhalten der Eheleute nach der Flucht ist ebenfalls massgeblich für die Beurteilung der Anspruchsberechtigung und kann, wenn von einer zwischenzeitlichen Aufgabe der ehelichen Beziehung auszugehen ist, im Sinne besonderer Umstände gegen den Familiennachzug sprechen.
Im vorliegenden Fall ist aus den nachfolgenden Gründen vom Vorliegen solcher besonderer Umstände im genannten Sinn auszugehen.
Dem Beschwerdeführer wurde im vorinstanzlichen Verfahren zunächst mit Schreiben vom 25. August 2014 Gelegenheit gegeben, schriftlich nähere Angaben zu seiner im Heimatstaat lebenden Ehefrau zu tätigen und entsprechende Dokumente und Identitätspapiere einzureichen, namentlich ihre Geburtsurkunde, Taufbescheinigung, Identitätskarte, den Familienausweis sowie aktuelle Passfotos (vgl. vorinstanzliche Akten zum Familienasyl Z 3 S. 1). Im Rahmen seiner Stellungnahme vom 20. September 2014 führte er hierzu aus, er habe sich telefonisch mit seinen Eltern in Verbindung gesetzt. Weder diese noch die Schwiegereltern wüssten jedoch, wo sich seine Ehefrau gegenwärtig aufhalte. Er selbst habe ebenfalls keine Informationen über den Verbleib der Ehefrau. Sie habe ihm gegenüber in einem früheren Gespräch erwähnt, dass sie eine Flucht in eines der Nachbarländer (Sudan oder Äthiopien) plane (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 4). Auch anlässlich der Anhörung vom 5. August 2015 wusste der Beschwerdeführer nichts über den Verbleib seiner Ehefrau zu berichten (vgl. act. Z 7 S. 4). Auf die Frage, wann er das letzte Mal Kontakt zu ihr gehabt habe, antwortete er ohne nähere Konkretisierung, dies sei im Jahr 2014 gewesen (vgl. vorinstanzliche Akten Familienasyl act. Z 7 S. 5). Auf Beschwerdeebene blieb der Beschwerdeführer die von der Vorinstanz im vorinstanzlichen Verfahren geforderten Informationen zum Verbleib der Ehefrau und allfällige Identitätsdokumente oder andere Beweismittel, welche ihre Identität zu belegen geeignet sind, weiterhin schuldig. Weder in der Beschwerde noch in der Replik wurden sodann Ausführungen zum Aufenthalt der Ehefrau gemacht (vgl. Beschwerdeakten act. 1 und act. 6). Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und B. nach der Ausreise während Jahren unterbrochen war. Erst im Rahmen einer Eingabe vom 6. April 2017 machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Ehefrau mit ihm nach einer „langen Haftstrafe wegen versuchter illegaler Ausreise“ nun wieder Kontakt mit ihm
aufgenommen habe (vgl. Beschwerdeakten act. 7 S. 1). Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin mit Verfügung vom 13. April 2017 mitgeteilt, dass dieses Vorbringen für die Erstellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts beachtlich sein könnte, und er wurde aufgefordert, eine Stellungnahme einzureichen, welche sich zu den aktuellen Umständen der Ehefrau, ihren derzeitigen Aufenthalt, den Umständen zur Kontaktaufnahme und Kontaktpflege äussere. Zudem wurde der Beschwerdeführer zur Einreichung allfälliger Beweismittel zum geltend gemachten Sachverhalt aufgefordert.
Im Rahmen der letzten Stellungnahme blieb der Beschwerdeführer ein weiteres Mal konkrete Ausführungen zum Verbleib der Ehefrau während der vergangenen Jahre schuldig. Ausgeführt wurde lediglich, dass der Beschwerdeführer im Januar 2017 erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder im telefonischen Kontakt zu ihr gestanden habe und nunmehr alle ein bis zwei Wochen mit ihr telefoniere (vgl. Beschwerdeakten act. 9). Zu der von der Ehefrau angeblich erlittenen Haft äussert sich der Beschwerdeführer in der Stellungnahme nicht. Er führt in diesem Zusammenhang lediglich aus, seine Ehefrau habe Angst, am Telefon darüber zu sprechen. Ein solches Vorbringen erscheint bis zu einem gewissen Grad zwar nachvollziehbar. Jedoch konnte der Beschwerdeführer in keiner Weise plausibel machen, warum ihm die angebliche jahrelange Haft der Ehefrau nicht bekannt war, stand er doch offensichtlich mit seiner Familie und diese mit der Familie der Ehefrau im regelmässigen Kontakt. Dass auch die Familie im Heimatstaat in Unkenntnis der versuchten Flucht und damit zusammenhängenden Haftstrafe gewesen sein soll, ist nicht glaubhaft. Es fehlt sodann seitens des Beschwerdeführers an jeglicher zeitlicher Einordnung der geltend gemachten Haftstrafe. Dies scheint angesichts des beträchtlichen Einschnitts in die Lebensumstände für den Beschwerdeführer, aber vor allem für seine Ehefrau und deren Familie, ebenfalls nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass in der Stellungnahme vom 17. Mai 2017 zwar drei Fotographien einer dem äusseren Erscheinungsbild nach sehr jungen Frau eingereicht werden, welche nach der Haft im Haus der Eltern entstanden sein sollen. Es ist jedoch nicht erstellt, ob es sich dabei um B. handelt, welche entsprechend ihrem Geburtsdatum bereits 31 Jahre alt sein müsste. Schliesslich war der Beschwerdeführer eigenen Angaben gemäss vor seiner Ausreise mit B. bereits mehr als drei Jahre verheiratet. Trotzdem war es ihm bisher nicht möglich, entsprechende Fotos einzureichen, welche ihn im Heimatstaat zusammen mit seiner Ehefrau zeigen, was ebenfalls nicht plausibel ist. Zwar machte er geltend, dass aus der Zeit der Ehe entsprechende Fotos existieren würden, auf welchen sie
als Paar zu sehen seien, führte aber ohne weitere Substanziierung aus, dass ihm über den Verbleib der Fotos nichts bekannt sei (vgl. Beschwerdeakten act. 9 S. 2). Auch bleibt der Beschwerdeführer bis heute Identitätsdokumente schuldig, mit welchen sich ein Vergleich zulässt, ob es sich bei der auf dem Foto abgebildeten Person überhaupt um B. handelt. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, dass der Mitwirkungspflicht gerade dann ein besonderes Gewicht zukommt, wenn die betroffenen Personen von entscheidwesentlichen Tatsachen bessere Kenntnis als die Behörden haben, welche ohne Mitwirkung der Parteien gar nicht oder jedenfalls nicht mit vernünftigem Aufwand erhoben werden könnten. Es sind vorliegend auch keine Gründe erkennbar, aufgrund welcher es sich gebieten könnte, an die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers weniger hohe Anforderungen zu stellen. Entsprechend seinem Vorbringen stand und steht der Beschwerdeführer mit seinen im Heimatstaat lebenden Eltern und auch mit anderen Familienangehörigen im Kontakt. Es ist mithin nicht anzunehmen, dass es ihm unmöglich gewesen ist, mangels Kontakt zur Familie, relevante Beweismittel einzureichen. Vielmehr drängt sich angesichts dieser rudimentären und lediglich unsubstanziierten Angaben über die Beziehung zu seiner Ehefrau und deren Umstände nach der Flucht die Schlussfolgerung auf, dass die Familiengemeinschaft des Beschwerdeführers mit B. , wenn sie denn vor der Flucht bereits bestanden hat, seit mehreren Jahren aufgegeben war, da ohne nachvollziehbare Gründe seither kein Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau mehr erkennbar war. Dies steht einem Anspruch aus Art. 51 Abs. 4 AsylG jedoch entgegen (vgl. BVGE 2012/32 E. 5.2 und 5.4, insbes. 5.4.2), da das Institut des Familienasyls gerade nicht dazu dient, aufgegebene Familienbeziehungen wieder herzustellen.
Die Vorinstanz hat diesen Erwägungen gemäss das Gesuch um Familien-
nachzug respektive um Bewilligung der Einreise von B.
in die
Schweiz gemäss Art. 51 Abs. 4 AsylG zutreffend abgelehnt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Nachdem mit Zwischenverfügung vom 13. Oktober 2015 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gutgeheissen wurde, sind keine Verfahrenskosten zu erheben.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer und das SEM.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Nina Spälti Giannakitsas Constance Leisinger
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