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Bundesverwaltungsgericht Urteil F-5865/2014

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts F-5865/2014

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-5865/2014
Datum:11.07.2016
Leitsatz/Stichwort:Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung
Schlagwörter : Einbürgerung; Recht; Schweiz; Bürger; Schweizer; Bürgerrecht; Nichtigerklärung; Ehefrau; Scheidung; Behörde; Gemeinschaft; Urteil; Vorinstanz; Beschwerdeführers; Trennung; Person; Zeitpunkt; Beweis; Vermutung; Sachverhalt; Bürgerrechts; Kanton; Ehegatten; Beziehung; Familie; Verfügung
Rechtsnorm: Art. 13 VwVG ;Art. 26 B?G;Art. 27 B?G;Art. 41 B?G;Art. 42 ZGB ;Art. 48 VwVG ;Art. 51 B?G;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;
Referenz BGE:128 I 225; 130 II 482; 135 II 161; 138 III 217; 140 II 65
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 07.11.2016 (1C_419/2016)

Abteilung VI F-5865/2014

U r t e i l  v o m  1 1.  J u l i  2 0 1 6

Besetzung Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz), Richter Andreas Trommer,

Richter Yannick Antoniazza-Hafner, Gerichtsschreiber Daniel Brand.

Parteien B. (früher: A. ),

vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Baeriswyl, Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.

Sachverhalt:

A.

Der aus dem Irak stammende Beschwerdeführer kurdischer Abstammung reiste am 8. August 1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle in die Schweiz, wo er tags darauf unter der Identität A. , geb. x.x. 1978, ein Asylgesuch stellte. Mit Verfügung vom 10. August 2001 lehnte das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (BFF; heute: Staatssekretariat für Migration [SEM]) das Asylgesuch ab, verfügte gleichzeitig die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz, wobei ihm Frist bis zum 8. November 2001 zur Ausreise gesetzt wurde. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

B.

Noch vor Ablauf der Ausreisefrist, am 29. August 2001, verheiratete sich der Beschwerdeführer in Bern mit der ursprünglich aus Brasilien stammenden Schweizer Bürgerin C. (geb. 1982) und erhielt daraufhin im Kanton Bern eine Aufenthaltsbewilligung. Am 1. September 2002 kam der gemeinsame Sohn D. zur Welt.

C.

Gestützt auf seine Ehe mit einer Schweizer Bürgerin stellte der Beschwerdeführer am 7. März 2006 ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (BüG, SR 141.0). Im Rahmen dieses Einbürgerungsverfahrens unterzeichneten die Eheleute am 1. Oktober 2007 eine gemeinsame Erklärung, wonach sie in einer tatsächlichen, ungetrennten, stabilen ehelichen Gemeinschaft an derselben Adresse zusammenlebten und weder Trennungsnoch Scheidungsabsichten bestünden. Gleichzeitig nahmen sie unterschriftlich zur Kenntnis, dass die erleichterte Einbürgerung nicht möglich sei, wenn vor oder während des Einbürgerungsverfahrens einer der Ehegatten die Trennung oder Scheidung beantragt hat oder keine tatsächliche eheliche Gemeinschaft mehr besteht, und dass die Verheimlichung solcher Umstände zur Nichtigerklärung der Einbürgerung nach Art. 41 BüG führen kann.

Am 23. Oktober 2007, in Rechtskraft erwachsen am 24. November 2007, wurde der Beschwerdeführer erleichtert eingebürgert. Er erwarb dadurch neben dem Schweizer Bürgerrecht das Bürgerrecht des Kantons Bern und das Gemeindebürgerrecht von Köniz.

D.

Am 3. Oktober 2008 liess die Ehefrau durch ihren damaligen Rechtsvertreter ein Eheschutzgesuch beim Gerichtskreis VIII Bern-Laupen einreichen, worauf der Beschwerdeführer zwei Tage später die eheliche Wohnung verliess. Am 7. Mai 2009 wurde die zwischen den Parteien abgeschlossene Trennungsvereinbarung gerichtlich genehmigt. Darin wurde festgehalten, dass der gemeinsame Haushalt seit dem 5. Oktober 2008 auf unbestimmte Zeit aufgehoben sei und der gemeinsame Sohn - unter Beibehaltung der bereits bestehenden Erziehungsbeistandschaft - für die Dauer der Aufhebung unter die Obhut der Mutter gestellt werde. Bereits mit Schreiben vom

23. Oktober 2007 an die Vormundschaftsbehörde Köniz hatte die dortige Sozialberatung Köniz in einer "Gefährdungsmeldung" auf die prekäre Lage des gemeinsamen Kindes hingewiesen.

E.

Am 21. Mai 2013 stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beim Regionalgericht Bern-Mittelland, Zivilabteilung, ein Begehren um Berichtigung einer Eintragung seines Mandanten im Zivilstandsregister gemäss Art. 42 Abs. 1 ZGB. Zur Begründung wurde ausgeführt, Letzterer habe anlässlich seiner Flucht aus dem Irak den Behörden einen falschen Vornamen und Namen sowie ein falsches Geburtsdatum angegeben, um sich vor möglichen Repressalien des irakischen Staates zu schützen. Solange die Angelegenheit nicht bereinigt sei, könne er seine (neue) Lebenspartnerin E. (geb. 1989, irakische Staatsangehörige), mit welcher er im Irak zwei gemeinsame Kinder, Sohn F. (geb. 9. Februar 2011) sowie Tochter G. (geb. 14. Dezember 2012) habe, nicht heiraten.

Am 23. Mai 2013 erhielt der Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern vom Regionalgericht Bern-Mittelland die Möglichkeit zur Stellungnahme, wovon diese Behörde - als Aufsichtsbehörde - am 21. Juni 2013 Gebrauch machte.

F.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 brachte der Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern der Vorinstanz zur Kenntnis, dass die Scheidung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schweizer Ehefrau erfolgt und seit dem 18. April 2013 rechtskräftig sei. Gleichzeitig wurde die Vorinstanz aufgefordert, diesen neuen Sachverhalt bei der Prüfung eines Nichtigkeitsverfahrens zu berücksichtigen.

G.

Aufgrund dieser Umstände eröffnete die Vorinstanz am 3. Juni 2013 ein Verfahren auf Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung gemäss Art. 41 BüG. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung nahm die Vorinstanz mit Einverständnis des Beschwerdeführers Einsicht in die Eheschutzbzw. Scheidungsakten des Regionalgerichts Bern. Ferner befragte sie die Ehefrau als Auskunftsperson zu bestimmten Sachverhaltselementen schriftlich (vgl. die diesbezügliche Stellungnahme vom 5. September 2013).

Der Beschwerdeführer seinerseits machte von seinem Äusserungsrecht am 11. Juli 2013, 24. Juli 2013 sowie 22. Juli 2014 Gebrauch.

H.

Am 22. August 2014 erteilte der Kanton Bern als Heimatkanton des Beschwerdeführers seine Zustimmung zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.

I.

Mit Verfügung vom 10. September 2014 erklärte die Vorinstanz die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers für nichtig und hielt gleichzeitig fest, dass sich die Nichtigkeit auf alle Familienmitglieder erstrecke, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruhe.

J.

Mit Rechtsmitteleingabe vom 10. Oktober 2014 beantragt der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben und ihm sowie allen Familienmitgliedern, deren Schweizer Bürgerrecht auf der rechtskräftig erleichterten Einbürgerung vom 24. November 2007 beruhe, sei das Schweizer Bürgerrecht zu belassen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung ersucht.

K.

Mit Instruktionsverfügung vom 22. Oktober 2014 wurde die Vorinstanz aufgefordert, ihre Akten zu vervollständigen und in diesem Zusammenhang insbesondere die vollständigen Eheakten (Eheschutz-, Trennungsund Scheidungsakten) - erneut - beizuziehen.

L.

In ihrer Vernehmlassung vom 11. Dezember 2014 hält die Vorinstanz an der Begründung ihrer ablehnenden Verfügung fest und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

M.

Replikweise lässt der Beschwerdeführer am 20. Januar 2015 an seinen Anträgen und deren Begründung festhalten.

N.

Mit Entscheid vom 11. Februar 2015 wies das Regionalgericht Bern-Mittelland den Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern an, den

Familiennamen des Beschwerdeführers auf B.

(anstatt:

A. ), dessen Vornamen auf K. (anstatt: L. ) sowie das Geburtsdatum auf y.y. 1978 (anstatt: x.x. 1978) zu bereinigen.

O.

Durch die Anerkennung ihres Vaters vom 2. Dezember 2015 in Bern wurden die beiden im Irak geborenen Kinder des Beschwerdeführers Schweizer Bürger und erwarben das Bürgerrecht von Köniz/BE.

P.

Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Verfügungen der Vorinstanz über die Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 51 Abs. 1 BüG i.V.m. Art. 31 ff. VGG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG (Art. 37 VGG).

    2. Der Beschwerdeführer ist zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert. Auf seine fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 48 ff. VwVG).

2.

Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Recht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4

VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.

    1. Gemäss Art. 27 Abs. 1 BüG kann eine ausländische Person nach der Eheschliessung mit einem Schweizer Bürger ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat (Bst. a), seit einem Jahr hier wohnt (Bst. b) und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit einem Schweizer Bürger lebt (Bst. c). In allgemeiner, für alle Formen der erleichterten Einbürgerung geltenden Weise setzt Art. 26 Abs. 1 BüG voraus, dass die ausländische Person in der Schweiz integriert ist (Bst.a), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (Bst. b) und die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (Bst. c). Sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen müssen sowohl im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch anlässlich der Einbürgerungsverfügung erfüllt sein. Fehlt es in den fraglichen Zeitpunkten an der ehelichen Gemeinschaft, darf die erleichterte Einbürgerung nicht ausgesprochen werden (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.1 m.H.).

    2. Der Begriff der ehelichen Gemeinschaft im Sinne des Bürgerrechtsgesetzes bedeutet mehr als nur das formelle Bestehen einer Ehe. Verlangt wird vielmehr eine tatsächliche Lebensgemeinschaft, getragen vom beidseitigen Willen, die Ehe auch künftig aufrecht zu erhalten (BGE 135 II 161

E. 2 m.H.). Mit Art. 27 BüG wollte der Gesetzgeber ausländischen Ehepartnern von Schweizer Bürgern die erleichterte Einbürgerung ermöglichen, um die Einheit des Bürgerrechts der Ehegatten im Hinblick auf ihre gemeinsame Zukunft zu fördern (vgl. Botschaft des Bundesrats zur Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 26. August 1987, BBl 1987 III 310). Zweifel am Willen der Ehegatten, die eheliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten bzw. eine tatsächliche Lebensgemeinschaft weiterzuführen, sind beispielsweise angebracht, wenn kurze Zeit nach der erleichterten Einbürgerung die Trennung erfolgt oder die Scheidung eingeleitet wird (vgl. BGE 135 II 161 E. 2 m.H.), der Gesuchsteller während der Ehe ein aussereheliches Kind zeugt (vgl. Urteil des BGer 1C_27/2011 vom 21. März 2011 E. 6.4.1) oder eine Zweitehe schliesst, der Prostitution nachgeht oder sich in einer anderen Weise verhält, die in grobem Widerspruch steht zum traditionellen Bild der Ehe als einer ungeteilten, von Treue und Beistand getragenen Geschlechtergemeinschaft zwischen Mann und Frau (vgl. Urteil des BVGer C-3912/2008 vom 8. Juni 2009 E. 3.2 m.H).

4.

    1. Die erleichterte Einbürgerung kann mit Zustimmung des Heimatkantons innert der vom Gesetz vorgesehenen Frist für nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen "erschlichen" (Art. 41 Abs. 1 BüG), d.h. mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt wurde. Arglist im Sinne des strafrechtlichen Betrugstatbestandes ist nicht erforderlich. Es genügt, dass der Betroffene bewusst falsche Angaben macht bzw. die mit dem Einbürgerungsbegehren befasste Behörde bewusst in einem falschen Glauben lässt und so den Vorwurf auf sich zieht, es unterlassen zu haben, über eine erhebliche Tatsache zu informieren (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.).

    2. Weiss die betroffene Person, dass die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung auch im Zeitpunkt der Verfügung vorliegen müssen, so muss sie die Behörde unaufgefordert über eine nachträgliche Änderung in ihren Verhältnissen orientieren, von der sie weiss oder wissen muss, dass sie einer Einbürgerung möglicherweise entgegensteht. Die Pflicht dazu ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und aus der verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht gemäss Art. 13 Abs. 1 Bst. a VwVG. Die Behörde darf sich ihrerseits darauf verlassen, dass die vormals erteilten Auskünfte bei passivem Verhalten der gesuchstellenden Person nach wie vor der Wirklichkeit entsprechen (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.).

    3. Die Täuschungshandlung der gesuchstellenden Person muss sich auf einen erheblichen Sachverhalt beziehen. Erheblich im Sinne von Art. 41 Abs. 1 BüG ist ein Sachverhalt nicht nur, wenn seine pflichtgemässe Offenlegung dazu geführt hätte, dass die mit der Einbürgerung befasste Behörde das Vorliegen einer Einbürgerungsvoraussetzung verneint und die Einbürgerung verweigert hätte. Es genügt, wenn der Sachverhalt, wäre er der Behörde bekannt gewesen, begründete Zweifel am Vorliegen einer solchen Voraussetzung geweckt und die Einbürgerung ernsthaft in Frage gestellt hätte bzw. eine solche nicht ohne weitere Beweismassnahmen hätte verfügt werden können (vgl. Urteil des BVGer C-4576/2013 vom 12. Juni 2014 E. 5.3 m.H.).

5.

    1. Das Verfahren betr. Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung untersteht dem Verwaltungsverfahrensgesetz (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. a VwVG). Es gilt namentlich der Untersuchungsgrundsatz (Art. 12 VwVG), wobei die betroffene Person verpflichtet ist, bei der Sachverhaltsabklärung mitzuwirken (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 und 135 II 161 E. 3 je

      m.H.). Die Behörde hat im Anwendungsbereich des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes wegen zu prüfen, ob der betroffenen Person die Täuschung über eine Einbürgerungsvoraussetzung vorgeworfen werden kann, wozu insbesondere die Existenz eines beidseitig intakten und gelebten Ehewillens gehört. Da die Nichtigerklärung in die Rechte der betroffenen Person eingreift, liegt die Beweislast bei der Behörde. Allerdings geht es in der Regel um innere, dem Kern der Privatsphäre zugehörende Sachverhalte, die der Behörde nicht bekannt und einem Beweis naturgemäss kaum zugänglich sind. Sie kann sich daher veranlasst sehen, von bekannten Tatsachen (Vermutungsbasis) auf unbekannte Tatsachen (Vermutungsfolge) zu schliessen. Solche sogenannt natürlichen bzw. tatsächlichen Vermutungen können sich in allen Bereichen der Rechtsanwendung ergeben, namentlich auch im öffentlichen Recht. Es handelt sich um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die aufgrund der Lebenserfahrung gezogen werden (vgl. dazu BGE 135 II 161 E. 3 m.H.). Dazu gehört der Erfahrungssatz, dass der Zerfall einer zuvor intakten Ehe einen Prozess darstellt, der gewisse Zeit in Anspruch nimmt.

    2. Die natürliche Vermutung gehört zur freien Beweiswürdigung (vgl. Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 40 BZP [SR 273]). Sie stellt eine Beweislasterleichterung dar, indem eine bereits vorhandene, aber nicht mit letzter Schlüssigkeit mögliche Beweisführung unterstützt wird. Eine Umkehr der Beweislast hat sie nicht zur Folge. Wenn daher bestimmte Tatsachen - beispielsweise die Chronologie der Ereignisse - die natürliche Vermutung begründen, dass die erleichterte Einbürgerung erschlichen wurde, muss die betroffene Person nicht den Beweis für das Gegenteil erbringen. Es genügt, wenn sie einen Grund anführt, der es hinreichend möglich erscheinen lässt, dass sie die Behörde nicht getäuscht hat. Bei diesem Grund kann es sich um ein ausserordentliches, nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes Ereignis handeln, das zum raschen Scheitern der Ehe führte, oder die betroffene Person kann plausibel darlegen, weshalb sie die Schwere der ehelichen Probleme nicht erkannte und den wirklichen Willen hatte, mit dem Schweizer Ehepartner auch weiterhin in einer stabilen ehelichen Gemeinschaft zu leben (vgl. BGE 135 II 161 E. 3 m.H.).

6.

    1. Die Möglichkeit zur Nichtigerklärung geht durch Zeitablauf unter. Art. 41 Abs. 1 BüG in der Fassung vom 29. September 1952 (AS 1952 1087) statuierte hierfür eine Frist von fünf Jahren ab Einbürgerung. Mit der Teilrevision des Bürgerrechtsgesetzes vom 25. September 2009, in Kraft seit

      1. März 2011, erfuhr diese Regelung eine Änderung, indem Absatz 1 neu

      gefasst und ein Absatz 1bis eingefügt wurde. Neu gilt, dass die Nichtigerklärung innerhalb von zwei Jahren nach Kenntnisnahme vom rechtserheblichen Sachverhalt erfolgen muss, spätestens jedoch acht Jahre nach Erwerb des Schweizer Bürgerrechts (vgl. dazu Urteil des BVGer C-518/2013 vom 17. März 2015 E. 4.4 m.H.). Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Während eines Beschwerdeverfahrens stehen die Fristen still (Art. 41 Abs. 1bis BüG).

    2. Im vorliegenden Verfahren hat der Heimatkanton die von Art. 41 Abs. 1 BüG geforderte Zustimmung erteilt; die Fristen nach Art. 41 Abs. 1bis BüG wurden ebenfalls gewahrt. Die formellen Voraussetzungen für die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung sind demnach erfüllt.

7.

    1. Das SEM gelangte in der angefochtenen Verfügung gestützt auf den zeitlichen Ereignisablauf, die vorinstanzlichen Akten sowie die beigezogenen Eheschutzbzw. Scheidungsakten zur Überzeugung, die Ehegatten hätten bereits während des Einbürgerungsverfahrens nicht mehr in stabilen und zukunftsgerichteten ehelichen Verhältnissen gelebt. Bei den Spannungen, welche die fragliche Ehe belastet hätten, handle es sich nicht um Umstände, welche innert kurzer Zeit nach der Einbürgerung aufgetreten sein könnten und folglich zur Zerrüttung der Ehe geführt hätten. Vielmehr hätten die besagten Eheprobleme schon seit längerer Zeit bestanden. Die Voraussetzungen für die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung seien somit erfüllt.

    2. Aus den Akten ergibt sich, dass der aus dem Irak stammende Beschwerdeführer kurdischer Abstammung Anfang August 1999 in die Schweiz einreiste und hier unter der Identität A. , geb. x.x. 1978, ein Asylgesuch stellte. Dieses wurde am 10. August 2001 erstinstanzlich abgewiesen und erwuchs in der Folge unangefochten in Rechtskraft (Ausreisefrist: 8. November 2001). Vor dem Hintergrund seiner drohenden Wegweisung aus der Schweiz verheiratete sich der Beschwerdeführer am

      29. August 2001 und somit nur gerade 19 Tage nach Abweisung seines Asylgesuchs mit einer ursprünglich aus Brasilien stammenden Schweizer Bürgerin, worauf ihm im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Bern erteilt wurde. Ein Jahr später kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Am 7. März 2006 ersuchte der Beschwerdeführer um erleichterte Einbürgerung. Nachdem die Ehegatten am 1. Oktober 2007 die

      gemeinsame Erklärung zum Bestand der ehelichen Gemeinschaft abgegeben hatten, wurde er am 23. Oktober 2007 erleichtert eingebürgert (in Rechtskraft erwachsen am 24. November 2007).

      Bereits zehn Monate nach der rechtskräftig erleichterten Einbürgerung ihres Ehegatten liess die Ehefrau durch ihren damaligen Rechtsvertreter beim zuständigen Gericht ein Eheschutzgesuch einreichen, worauf der Beschwerdeführer kurze Zeit später die eheliche Wohnung verlassen musste. In der Folge ist es zu keiner Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mehr gekommen. Am 7. Mai 2009 wurde die zwischen den Parteien abgeschlossene Trennungsvereinbarung gerichtlich genehmigt. Darin wurde festgehalten, dass der gemeinsame Haushalt seit dem 5. Oktober 2008 auf unbestimmte Zeit aufgehoben sei und der gemeinsame Sohn - unter Beibehaltung der bereits bestehenden Erziehungsbeistandschaft - für die Dauer der Aufhebung unter die Obhut der Mutter gestellt werde. Bereits mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 an die Amtsvormundschaft Köniz hatte die dortige Sozialberatung mit einer "Gefährdungsmeldung" auf die prekäre Lage des gemeinsamen Kindes hingewiesen.

      Bezugnehmend auf eine von ihnen am 14. Oktober bzw. 28. Oktober 2010 unterzeichnete Scheidungsvereinbarung reichten die Ehegatten am 1. November 2010 ein gemeinsames Scheidungsbegehren ein. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens holte das Gericht bezüglich des fremdplatzierten Sohnes einen Amtsbericht bei der Vormundschaftsbehörde der Gemeinde Köniz ein und liess bei der Kantonalen Erziehungsberatung Bern ein fachpsychologisches Gutachten erstellen. Mit Urteil vom 2. April 2013 schliesslich wurde die Ehe geschieden.

    3. Aktenmässig erstellt ist des Weiteren, dass der erst seit 18. April 2013 von seiner Schweizer Ehefrau rechtskräftig geschiedene Beschwerdeführer bereits am 19. Januar 2010 unter dem Namen B. im Irak eine 1989 geborene irakische Staatsangehörige geheiratet hatte, welche ein Jahr später den gemeinsamen Sohn sowie im Dezember 2012 die gemeinsame Tochter zur Welt brachte (vgl. die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Scheidungsverfahrens eingereichten irakischen Dokumente sowie die von der Schweizer Vertretung in Amman beglaubigten Kopien der beiden irakischen Geburtsurkunden samt entsprechender Eheakten).

    4. Die dargelegten Eckdaten, namentlich die Korrelation zwischen dem Asylverfahren und der Aufnahme einer Beziehung zu einer Schweizer Bür-

gerin mit nachfolgender Heirat keine drei Wochen nach negativem Asylentscheid, der kurzen Zeitspanne zwischen erleichterter Einbürgerung und Auflösung des gemeinsamen Haushaltes, der darauffolgenden Eheschliessung unter anderem Namen im Januar 2010 - zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer in der Schweiz noch verheiratet war - und Gründung einer zweiten Familie mit einer Landsfrau aus demselben Kulturkreis im Irak, der Absicht des Beschwerdeführers, diese im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz zu holen (vgl. etwa die Eingaben des Rechtsvertreters im Scheidungsverfahren an das Regionalgericht Bern Mittelland vom 22. November 2011 und 5. November 2012, das Gutachten der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Poliklinik Bern vom 1. Februar 2012 sowie das Protokoll der Hauptverhandlung im Scheidungsverfahren vom 5. März 2013) sowie nicht zuletzt die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seine wahre Identität während rund 14 Jahren nicht nur gegenüber den schweizerischen Asylbehörden, Zivilstandämtern und Einbürgerungsbehörden, sondern auch gegenüber seiner Schweizer Ehegattin und seinem Sohn verheimlicht hat, begründen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass im Zeitpunkt der persönlichen Erklärung des Ehepaars bzw. der erleichterten Einbürgerung keine stabile, auf die Zukunft gerichtete eheliche Gemeinschaft mehr bestanden haben kann und die erleichterte Einbürgerung somit erschlichen worden ist.

Die fragliche, auf der Chronologie der Ereignisse basierende Einschätzung gilt hier unabhängig von den (teilweise belastenden) Ausführungen zum Zustand der Ehe, welche die Ex-Ehefrau im Eheschutzbzw. Scheidungsverfahren vortragen liess und die sie in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 5. September 2013 ebenfalls in das vorinstanzliche Verfahren einbrachte (im Einzelnen vgl. E. 8.2.1 und 8.2.3 hiernach; vgl. dazu auch Urteil des BVGer C-1550/2011 vom 23. November 2012 E. 7.2 m.H.). Insoweit hilft es dem Beschwerdeführer wenig, wenn er die Glaubhaftigkeit bzw. den Beweiswert ihrer Aussagen in Frage zu stellen versucht (im Einzelnen vgl.

E. 8.2.2 hiernach). In diesem Zusammenhang bleibt ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung selbst bei wesentlich grösseren zeitlichen Abständen zwischen erleichterter Einbürgerung und Auflösung der Haushaltsgemeinschaft die obgenannte tatsächliche Vermutung anwendet, wenn die Ehegatten - wie in casu - nach der räumlichen Trennung nicht mehr zusammenfinden (vgl. beispielsweise Urteile des Bundesgerichts 1C_232/2012 vom 21. August 2012 E. 5.1 und 1C_155/2012 vom

26. Juli 2012 E. 2.3 m.H. oder Urteil des BVGer C-5819/2009 vom 23. Januar 2012 E. 8.2).

8.

    1. Nachfolgend ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in der Lage ist, die eben beschriebene tatsächliche Vermutung zu widerlegen. Dazu braucht er nicht den Nachweis zu erbringen, dass die Ehe zum massgeblichen Zeitpunkt intakt war, denn eine tatsächliche Vermutung führt nicht zur Umkehr der Beweislast. Es genügt, wenn der Beschwerdeführer eine plausible Alternative zur dargestellten Vermutungsfolge zu präsentieren vermag. Er kann den Gegenbeweis erbringen, indem er glaubhaft den Eintritt eines ausserordentlichen Ereignisses dartut, das geeignet ist, den nachträglichen Zerfall der ehelichen Bande zu erklären, oder indem er in nachvollziehbarer Weise darlegt, dass er die Ernsthaftigkeit ehelicher Probleme nicht erkannte und zum Zeitpunkt, als er die Erklärung unterzeichnete, den wirklichen Willen hatte, weiterhin eine stabile eheliche Beziehung aufrecht zu erhalten (vgl. BGE 135 II 161 E. 3 und BGE 130 II 482 E. 3.2). Angesichts der gewichtigen Indizien, auf die sich die tatsächliche Vermutung vorliegend stützt, sind indessen keine geringen Anforderungen zu stellen, wenn es darum geht, glaubhaft zu machen, dass die Ehe erst nach der erleichterten Einbürgerung in die Krise kam und scheiterte.

    2. Der Beschwerdeführer bestreitet, die Behörden im massgeblichen Zeitraum über den Zustand seiner Ehe getäuscht zu haben, zumal auch seine damalige Ehefrau angegeben habe, anlässlich der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung sei ihre Ehe „gerade noch gut gewesen“.

      1. In ihrer Stellungnahme vom 5. September 2013 führte die geschiedene Ehefrau aus, die Initiative zur Heirat sei nach halbjähriger Bekanntschaft von ihrem damaligen Ehegatten ausgegangen. Sie sei jedoch verliebt und mit ihrem ersten Kind (welches sie im fünften Schwangerschaftsmonat verloren hat) schwanger gewesen. Die eheliche Gemeinschaft sei jedoch nie gut verlaufen, sei doch der Beschwerdeführer immer fremdgegangen. Wegen ihres gemeinsamen Sohnes habe sie dies jedoch erduldet. Sie habe ihren Sohn alleine erzogen, da sein Vater, welcher regelmässig Geld nach Kurdistan geschickt habe, nie da gewesen sei. Während ihrer Ehe sei ihr Ex-Ehemann zweimal ohne ihre Begleitung in sein Heimatland gereist. Auf Druck ihres Anwaltes habe der ihr gegenüber immer gewalttätigere Ex-Ehemann die gemeinsame Wohnung verlassen müssen, nachdem es bereits zu einem früheren Zeitpunkt während eines Jahres sechsmal zu einer Trennung zwischen ihnen gekommen sei. Die eheliche Gemeinschaft sei anlässlich der gemeinsamen Erklärung vom 1. Oktober 2007 „gerade noch gut“ gewesen. Sein wahres Gesicht habe er erst nach

        erfolgter Einbürgerung gezeigt. Noch während ihrer Ehe habe ihr Ehemann im Heimatland erneut geheiratet.

      2. In seiner ersten Stellungnahme vom 11. Juli 2013 hatte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers demgegenüber geltend gemacht, eine aussereheliche Affäre von C. ungefähr im Jahr 2009 habe zur Zerstörung der Ehe mit anschliessender Scheidung geführt. Eine erneute Eheschliessung seines Mandanten mit einer anderen Partnerin habe nicht stattgefunden.

        In einer eigenen Eingabe vom 24. Juli 2013 wies der Beschwerdeführer gegenüber der Vorinstanz darauf hin, mit seiner früheren Ehefrau habe er über sieben Jahre in einer glücklichen und harmonischen Ehe gelebt, in welcher es lediglich vereinzelt zu kleineren Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Im Sommer/Herbst 2008 hätten sich die Auseinandersetzungen jedoch gehäuft und ihre Beziehung habe zu bröckeln begonnen. Ein grosser Einschnitt in seinem Leben mit starken Auswirkungen auf seine Ehe sei ein Vorfall gewesen, bei welchem er im Januar 2009 im Rahmen seiner Tätigkeit als Kassier und Sicherheitsangestellter einer Bar von Unbekannten angegriffen und durch einen Messerstich schwer verletzt worden sei. Dieses Ereignis und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die finanzielle Situation infolge seiner Arbeitsunfähigkeit hätten der bereits etwas instabilen Beziehung weiter zugesetzt, weshalb seine ExEhefrau in der Folge die gerichtliche Trennung verlangt hätte. Während des Einbürgerungsverfahrens habe er weder falsche Angaben gemacht noch erhebliche Tatsachen gegenüber der Einbürgerungsbehörde verschwiegen. Abschliessend bestätigte der Beschwerdeführer unterschriftlich, im heutigen Zeitpunkt nicht wieder verheiratet zu sein.

        In einer weiteren Stellungnahme vom 22. Juli 2014 machte der Rechtsvertreter schliesslich geltend, seinem Mandanten sei nie das rechtliche Gehör zum Kinderund Jugendpsychiatrischen Gutachten der Poliklinik Bern vom

        1. Februar 2012 gewährt worden. Die entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz entsprächen nicht den Tatsachen. Im Jahre 2006/2007 habe die Schwester seiner Ex-Ehefrau bei ihnen gewohnt. Weiter gelte es zu erwähnen, dass Letztere womöglich unter psychischen Problemen leide, was mitunter auch ein Grund sei, dass der gemeinsame Sohn fremdplatziert worden sei. Im Übrigen sei sein Mandant erst im Jahre 2010/2011 eine Beziehung mit einer Frau aus dem Irak eingegangen, nachdem C. ohnehin die Beziehung habe beendet haben wollen.

        Auch auf Beschwerdeebene bestreitet der Beschwerdeführer vehement, während seiner Ehe Affären gehabt zu haben und weist erneut darauf hin, erst im Zeitraum 2010/2011 - und somit erst während des gerichtlichen Trennungsverfahrens - eine Beziehung mit einer Frau aus seinem Kulturkreis eingegangen zu sein.

      3. Dem Scheitern der ehelichen Beziehung sollen laut Darstellung der früheren Ehegattin hingegen jahrelange Spannungen zwischen den Eheleuten vorausgegangen sein. Bereits in ihrem Eheschutzgesuch vom

        3. Oktober 2008 liess diese durch ihren Rechtsvertreter festhalten, dass es schon zu Beginn ihrer Ehe viel Streit gegeben habe, vor allem wegen des Fremdgehens ihres Ehemannes. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes habe dieser angefangen, sie öfters zu schlagen, was zu einer polizeilichen Anzeige im Jahre 2005 geführt habe (laut Erhebungsbericht der Berner Kantonspolizei vom 6. April 2007 soll der Beschwerdeführer als Täter wegen Tätlichkeiten, begangen im Jahre 2005 am ehelichen Wohnsitz, polizeilich verzeichnet sein). Auch danach habe sich an dieser Situation nichts geändert, werde der Beschwerdeführer immer noch gegen seine Ehefrau gewalttätig und zwinge sie auch gegen ihren Willen zum Beischlaf. Mit der Trennung von ihrem Ehemann wolle sie diesem unerträglich gewordenen Zustand ein Ende bereiten.

      4. Auch im Gutachten der Kinderund Jugendpsychiatrischen Poliklinik Bern vom 1. Februar 2012, welches auf Anordnung des Scheidungsgerichts erstellt wurde und bei welchem beide Ehegatten je einzeln zur Ehesituation angehört wurden, wies C. darauf hin, dass die Beziehung zu ihrem Ehemann, welcher auch immer wieder „Aussenbeziehungen“ gehabt hätte, von Anfang an belastet gewesen sei. Dieser habe hauptsächlich für sich geschaut und sei lieber in den Ausgang gegangen, als sich um seine Familie zu kümmern. Während der Ehe sei er auch gegen sie gewalttätig geworden. Sie habe sich ca. 2006/2007 zum ersten Mal von ihrem Ehemann getrennt und sei zu ihrer Schwester nach Thörishaus/BE gezogen. Der Beschwerdeführer habe sie jedoch in der Folge gebeten, es noch einmal „mit ihm zu probieren“, worauf er auch in die gemeinsame Wohnung eingezogen sei. Da sie gemerkt habe, dass ihr Ehemann wieder eine „Aussenbeziehung“ gehabt hätte, habe sie sich definitiv von ihm getrennt bzw. sei bei ihrer Schwester geblieben.

        Zur Ehesituation befragt, machte der Beschwerdeführer gegenüber besagter Fachbehörde geltend, sie seien sieben Jahre verheiratet gewesen und hätten eine glückliche Zeit gehabt. Sie hätten in Stettlen/BE gewohnt, wo

        auch ihr Sohn D. zur Welt gekommen sei. Für ihn gänzlich unerwartet sei seine Ehefrau mit dem Vorschlag gekommen, als Familie mit ihrer Schwester zusammen zu ziehen. Er sei mit dieser Idee nicht einverstanden gewesen, seine Ehefrau habe sich aber durchgesetzt und so seien sie nach Thörishaus umgezogen. Im Weitern gab der Beschwerdeführer zu, dass es wiederholt zu Streit zwischen ihnen gekommen sei, wobei er seine Ehefrau auch geschlagen habe. Dies mitzuerleben, sei für ihr Kind nicht gut gewesen. In der Folge hätten sie sich entschieden, getrennte Wege zu gehen. Ihr Sohn habe unter der Trennung gelitten, sei im Kindergarten auffällig geworden, was dazu geführt habe, dass er zuerst in die Kindernotaufnahmegruppe „Kinosch“, anschliessend in eine Kinderpsychiatrische Klinik und von dort ins Schulheim Ried in Bern fremdplatziert worden sei.

      5. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 11. Juni 2014 hielt der Be-

rufsbeistand von Sohn D.

  • auf entsprechende Anfrage des

    Rechtsvertreters des Beschwerdeführers hin - schliesslich fest, dass die Beziehung zwischen den Eheleuten während der Ehe durch grosse Spannungen und wechselseitige Vorwürfe geprägt gewesen sei. Die längeren Abwesenheit des Beschwerdeführers in Kurdistan habe die Ehefrau als unnötig und als verletzend für das Kind betrachtet.

    8.3 Nach dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die gegen ihn sprechende tatsächliche Vermutung überzeugend in Frage zu stellen, wonach zwischen ihm und seiner damaligen Ehefrau im Zeitpunkt der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung zum Zustand der Ehe bzw. der erleichterten Einbürgerung keine intakte, auf die Zukunft gerichtete eheliche Gemeinschaft (mehr) bestand. Aufgrund der gesamten Umstände muss im Gegenteil davon ausgegangen werden, dass der Ehewille bereits geraume Zeit vor der erleichterten Einbürgerung erloschen war und an der Ehe letztendlich nur festgehalten wurde, um dem Beschwerdeführer zum Schweizer Bürgerrecht (sowie einem Schweizerpass) zu verhelfen. Indem dieser in der mit seiner damaligen Ehefrau gemeinsam unterzeichneten Erklärung den Bestand einer intakten und stabilen Ehe versicherte bzw. seine vorbestandenen ehelichen Probleme nicht erwähnte, hat er die Behörde über wesentliche Tatsachen getäuscht und die erleichterte Einbürgerung im Sinne von Art. 41 Abs. 1 BüG erschlichen. Damit sind die materiellen Voraussetzungen für die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung ebenfalls erfüllt.

    9.

    Art. 41 Abs. 1 BüG legt den Entscheid über die Nichtigerklärung in das pflichtgemässe Ermessen der Behörde. Die Rechtsprechung geht in diesem Zusammenhang allerdings davon aus, dass im Falle einer erschlichenen erleichterten Einbürgerung die Nichtigerklärung eine Regelfolge darstellt, von der nur unter ganz ausserordentlichen Umständen abzuweichen ist (vgl. etwa Urteil des BVGer C-1680/2013 vom 14. Dezember 2015 E. 8). Gründe, die es rechtfertigen würden, ermessensweise von der Regelfolge der Nichtigerklärung abzusehen, werden in casu keine geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

    Aus Art. 41 Abs. 3 BüG folgt zudem, dass sich die Nichtigkeit von Gesetzes wegen auf alle Familienmitglieder erstreckt, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruht, es sei denn, etwas anderes

    werde ausdrücklich verfügt. Sohn D.

    aus erster Ehe hat das

    Schweizer Bürgerrecht seiner Mutter mit der Geburt erworben und ist somit von der Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung seines Vaters nicht betroffen. Dies trifft hingegen nicht zu für Sohn F. sowie Tochter G. , welche die aktuelle Lebenspartnerin des Beschwerdeführers am 9. Februar 2011 bzw. 14. Dezember 2012 im Irak gebar. Durch die Anerkennung ihres Vaters vom 2. Dezember 2015 in Bern wurden beide Schweizer Bürger und erwarben das Bürgerrecht von Köniz/BE. Weder droht den Kindern die Staatenlosigkeit noch befinden sie sich mit fünf bzw. vier Jahren in einem Alter, das dem Einbezug in die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung entgegensteht (vgl. BGE 135 II 161 E. 5.3 und 5.4; Handbuch Bürgerrecht, publiziert auf der Webseite des Staatssekretariates für Migration <http://www.sem.admin.ch> Publikationen & Service > Weisungen und Kreisschreiben > V. Bürgerrecht > Kapitel 6: Nichtigerklärung der Einbürgerung, Ziff. 6.6; Seite besucht im Mai 2016). Die angefochtene Verfügung ist auch in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden. Die Erstreckung der Nichtigkeit der Einbürgerung ist somit verhältnismässig und mit Sinn und Zweck des Bürgerrechtsgesetzes vereinbar.

    10.

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung rechtmässig ist (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

    11.

    Bei diesem Verfahrensausgang würde der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Für den Fall des Unterliegens

    ersuchte der Beschwerdeführer jedoch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. In der Instruktionsverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 wurde der Entscheid über das Gesuch betreffend unentgeltliche Rechtspflege auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, weshalb dies nun nachzuholen ist.

    Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG kann eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Begehren nicht als aussichtslos erscheinen, auf Gesuch hin von der Bezahlung von Verfahrenskosten befreit werden. Ist es zur Wahrung der Rechte der Partei notwendig, wird ihr ein Anwalt bestellt (Art. 65 Abs. 2 VwVG). Eine Person gilt als bedürftig, wenn sie nicht in der Lage ist, für die Prozesskosten aufzukommen, ohne dass sie Mittel beanspruchen müsste, die zur Deckung des Grundbedarfs für sie und ihre Familien notwendig sind (BGE 128 I 225 E. 2.5.1 S. 232 m.H.). Als aussichtslos sind Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218).

    Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung samt Verbeiständung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG ist abzuweisen, da der Beschwerde bereits im Zeitpunkt ihrer Einreichung keine Aussicht auf Erfolg zugesprochen werden konnte (vgl. Art. 65 Abs. 1 VwVG). Dementsprechend sind die Verfahrenskosten, welche in Anwendung von Art. 1, Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) auf Fr. 1'200.- festzusetzen sind, dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

    (Dispositiv nächste Seite)

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2.

    Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird nicht stattgegeben

    3.

    Die Verfahrenskosten von Fr. 1‘200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen. Die Zustellung des Einzahlungsscheins erfolgt mit separater Post.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

    • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

    • die Vorinstanz (gegen Empfangsbestätigung; Akten Ref-Nr. K [ ] zurück [inkl. Originalakten des Zivilgerichts Bern-Mittelland])

    • den Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern

    • den Migrationsdienst des Kantons Bern (zur Kenntnisnahme)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Marianne Teuscher Daniel Brand

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

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