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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-2227/2015

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-2227/2015

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-2227/2015
Datum:21.03.2016
Leitsatz/Stichwort:nach Auflösung der Familiengemeinschaft
Schlagwörter : Bundes; Urteil; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Recht; Wiedererwägung; Gesuch; Beschwerdeführers; Schweiz; Sorge; Entscheid; Tochter; BVGer; Vorinstanz; Akten; Verfahren; Aufenthalts; Bundesgericht; Sachverhalt; Migration; Aufenthaltsbewilligung; Beziehung; Zustimmung; Erteilung; Rechtsmittel; Tatsache; Kanton
Rechtsnorm: Art. 133 ZGB ;Art. 29 BV ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 66 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:127 I 133; 130 II 39; 136 I 229; 136 II 177
Kommentar:
-, Praxis VwVG, Art. 61 VwVG, 2009

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 04.05.2016 (2C_379/2016)

Abteilung III C-2227/2015

U r t e i l  v o m  2 1.  M ä r z  2 0 1 6

Besetzung Richter Antonio Imoberdorf (Vorsitz),

Richter Blaise Vuille, Richterin Marianne Teuscher, Gerichtsschreiberin Susanne Stockmeyer.

Parteien X. ,

vertreten durch

Dr. iur. Marcel Buttliger, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM, Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung / Wiedererwägung.

Sachverhalt:

A.

Der aus der Türkei stammende Beschwerdeführer (geb. 1973) heiratete am 7. Oktober 2004 in seinem Heimatland eine in der Schweiz niedergelassene Landsfrau (geb. 1970). Am 24. Juni 2005 reiste er im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz ein und erhielt in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Ehefrau. Aus dieser Verbindung ging die Tochter Z. (geb. 2006) hervor. Eine weitere Tochter des Beschwerdeführers (geb. 2000) lebt in der Türkei.

B.

Ein Gesuch des Beschwerdeführers um Erteilung der Niederlassungsbewilligung wurde von der kantonalen Migrationsbehörde mit Verfügung vom

8. August 2012 wegen der vorhandenen Verlustscheine und der noch laufenden Betreibungsverfahren sowie wegen Bezugs von Sozialhilfe abgelehnt.

C.

Am 5. Oktober 2012 wurde die Ehe des Beschwerdeführers rechtskräftig geschieden.

D.

Mit Verfügung vom 8. März 2013 verweigerte die Vorinstanz die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Gleichzeitig wies sie den Beschwerdeführer aus der Schweiz weg und räumte ihm eine Ausreisefrist von acht Wochen ab Eintritt der Rechtskraft dieser Verfügung ein. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel an das Bundesverwaltungsgericht und an das Bundesgericht blieben erfolglos, so dass die vorinstanzliche Verfügung mit Urteil des Bundesgerichts vom 19. Januar 2015 rechtskräftig wurde.

E.

Nachdem der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 11. März 2015 um Revision des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts ersucht hatte, trat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. März 2015 auf das Gesuch nicht ein (vgl. C-1585/2015). Auch das Bundesgericht trat auf ein entsprechendes Revisionsgesuch nicht ein (Urteil 2F_6/2015 vom 21. März 2015).

F.

Mit Verfügung vom 12. März 2015 wies das SEM ein Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers vom 11. März 2015 in Bezug auf die vorinstanzliche Verfügung vom 8. März 2013 ab, soweit darauf eingetreten wurde. Weiter stellte die Vorinstanz fest, die Verfügung vom 8. März 2013 sei rechtskräftig und vollziehbar; eine allfällige Beschwerde gegen die vorliegende Verfügung habe keine aufschiebende Wirkung.

G.

Mit Beschwerde vom 8. April 2015 beantragt der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung vom 12. März 2015. Er machte geltend, das SEM sei anzuweisen, auf das Wiedererwägungsgeruch vom 11. März 2015 einzutreten und dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu erteilen. In formeller Hinsicht ersuchte er um Durchführung einer Parteibefragung. Zudem sei der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und auf seine Wegweisung aus der Schweiz sei zu verzichten.

H.

Mit Zwischenverfügung vom 21. April 2015 lehnte das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Erlass einer aufenthaltssichernden vorsorglichen Massnahme ab und gab dem Beweisantrag auf Durchführung einer Parteibefragung nicht statt. Es wurde dem Beschwerdeführer hingegen die Möglichkeit eingeräumt, anstatt der Befragung eine schriftliche Stellungnahme einzureichen.

I.

Mit vom SEM übermittelten Schreiben vom 16. Mai 2015 reichte der Beschwerdeführer eine Kopie des Entscheids des Bezirksgerichts Zofingen vom 22. April 2015 zu den Akten, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer nun gemeinsam mit der Kindsmutter die elterliche Sorge über die Tochter Z. ausübe.

J.

Das Bundesverwaltungsgericht gab mit Zwischenverfügung vom 21. Mai 2015 einem erneuten Gesuch um Erlass einer aufenthaltssichernden vorsorglichen Massnahme nicht statt.

K.

In ihrer Vernehmlassung vom 5. Juni 2015 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.

L.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 macht der Beschwerdeführer - nach

mehrmaliger Fristerstreckung - von seinem Replikrecht Gebrauch. Ergänzend reicht er mit schriftlicher Eingabe vom 21. Oktober 2015 weitere Beweismittel zu den Akten.

M.

Der Beschwerdeführer beantragte mit schriftlicher Eingabe vom 4. Februar 2016 den Erlass einer vorsorglichen Massnahme. Er führt aus, es sei dem Migrationsamt des Kantons Aargau die Weisung zu erteilen, von Vollzugsmassnahmen abzusehen. Mit Zwischenverfügung vom 9. Februar 2016 lehnte das Bundesverwaltungsgericht den entsprechenden Antrag ab.

N.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2016 beantragte der Beschwerdeführer die Beschleunigung des Verfahrens. Am 11. März 2016 reichte er eine als "Noveneingabe" betitelte Stellungnahme sowie weitere Beilagen ein, welche aufzeigen würden, dass er ein effektives Familienleben führe und eine intakte Beziehung zu seiner Tochter habe. Gleichentags reichte er beim Bundesgericht eine Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 2016 ein.

O.

Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 beurteilt das Bundesverwaltungsgericht unter Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, welche von einer in Art. 33 VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Darunter fallen Verfügungen des SEM, bei denen es um die Zustimmung zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung geht. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet endgültig, soweit nicht die Beschwerde an das Bundesgericht offen steht (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 2 BGG; vgl. nachfolgend E. 5.3).

    2. Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.

    3. Als Adressat des Wiedererwägungsentscheids vom 12. März 2015 ist der Beschwerdeführer zu dessen Anfechtung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

2.

Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.

    1. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer als Beweismassnahme beantragten Parteibefragung ist Folgendes festzuhalten: Der Behörde kommt grundsätzlich die Pflicht zu, den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Art. 12 VwVG). Die Behörden sind verpflichtet, die von den Parteien angebotenen Beweise abzunehmen, sofern diese geeignet sind, den rechtserheblichen Sachverhalt zu erhellen. Kommt die Behörde bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung, die Akten erlaubten die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder die behauptete Tatsache sei für die Entscheidung der Streitsache nicht von Bedeutung, kann sie auf die Erhebung weiterer Beweise verzichten, ohne durch diese antizipierte Beweiswürdigung den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV zu verletzen (vgl. zum Ganzen BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 m.H.).

    2. Der entscheiderhebliche Sachverhalt erschliesst sich, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, in hinreichender Weise aus den Akten. Aus diesem Grund wird dem Antrag auf Einholung der Akten betreffend Ehescheidung beim Bezirksgericht Zofingen nicht stattgegeben (vgl. Beschwerde vom

8. April 2015). Auch von der beantragten Parteibefragung kann in antizipierter Beweiswürdigung ohne Verletzung des Anspruchs auf rechtliches

Gehör abgesehen werden (vgl. zum Ganzen BGE 136 I 229 E. 5.3 m.H. oder Urteile des BGer 1C_179/2014 vom 2. September 2014 E. 3.2 und 1C_193/2010 vom 4. November 2010 E. 2.8). Das Bundesverwaltungsgericht lehnte aus diesem Grund mit Zwischenverfügung vom 21. April 2015 ein entsprechendes Gesuch des Beschwerdeführers ab, hingegen wurde ihm die Möglichkeit geboten, anstelle der mündlichen Befragung eine schriftliche Stellungnahme einzureichen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach.

4.

    1. Das Wiedererwägungsgesuch ist der formlose Rechtsbehelf, mit welchem eine betroffene Person die erstinstanzliche Verwaltungsbehörde darum ersucht, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen und diese abzuändern oder aufzuheben (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, 2010, Rz. 1828 ff.; TSCHANNEN/

      ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 2009, § 31 Rz. 46). Im Verwaltungsverfahren des Bundes ist die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen nicht ausdrücklich geregelt. Die Rechtsprechung leitet dieses Institut direkt aus Art. 29 BV sowie aus Art. 66 VwVG ab, welcher die Möglichkeit der Revision von Beschwerdeentscheiden vorsieht.

    2. Die Verwaltungsbehörden können ihre in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen unter bestimmten Voraussetzungen in Wiedererwägung ziehen. Für sie besteht die Pflicht, auf ein entsprechendes Gesuch einzutreten, wenn sich die Verhältnisse seit dem ersten Entscheid erheblich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel anführt, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (Art. 66 Abs. 3 VwVG analog; vgl. BGE 136 II 177 E. 2.1 S. 181 m.H.; siehe auch Urteil des BVGer C-1876/2012 vom 26. Oktober 2012 E. 4 in fine).

    3. Der Möglichkeit der Wiedererwägung sind Grenzen gesetzt. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist das Geltendmachen neuer Tatsachen oder Beweismittel an die gleich strengen Voraussetzungen zu knüpfen, wie sie in der Praxis bei der Bejahung eines Revisionsgrundes in den gesetzlich geregelten Fällen gelten (BGE 127 I 133 E. 6 S. 137 f.). Die Wiedererwägung darf insbesondere nicht dazu dienen, rechtskräftige Verwaltungsentscheide beliebig in Frage zu stellen oder Rechtsmittelfristen zu umgehen

      (BGE 136 II 177 E. 2.1 S. 181 und Urteil des BVGer A-7092/2009 vom 25. Mai 2010 E. 3, je m.H.).

    4. Auf ein Wiedererwägungsgesuch ist nur einzutreten bzw. ein solches Gesuch ist lediglich dann materiell zu behandeln, wenn sich der Sachverhalt in einer Art geändert hat, dass ein anderes Ergebnis ernstlich in Betracht fällt (vgl. dazu BGE 136 II 177 E. 2.2.1 sowie Urteil des BGer 2C_683/2012 vom 19. März 2013 E. 3.1 m.H.). Die Vorinstanz hat zwar - wie dem Dispositiv der Verfügung vom 12. März 2015 zu entnehmen ist - das Wiedererwägungsgesuch abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Aus der Begründung des Entscheids ergibt sich jedoch, dass sie bereits das Vorliegen eines wesentlich veränderten Sachverhalts verneint hat (vgl. dazu PHILIPPE WEISSENBERGER, in Praxiskommentar VwVG, 2009, Art. 61 N 43).

5.

    1. Mit Verfügung vom 8. März 2013 verweigerte die Vorinstanz in Bezug auf den Beschwerdeführer die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies ihn gleichzeitig aus der Schweiz weg. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil C-2208/2013 vom 11. März 2014 ab. Das Gericht sah es dabei als erwiesen an, dass im Falle des Beschwerdeführers aufgrund der verursachten Sozialhilfekosten, der Schulden und seinem strafrechtlich relevanten Verhalten nicht von einer erfolgreichen Integration ausgegangen werden könne (E. 6.9 des genannten Urteils). Zudem könne er auch aus Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG bzw. Art. 8 EMRK keinen Anspruch geltend machen. Zwar habe der Beschwerdeführer eine enge affektive und wirtschaftliche Beziehung zu seiner Tochter, hingegen habe er sich nicht tadellos verhalten (E. 8.1 - 8.3 des genannten Urteils). Im gleichen Urteil hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch damit auseinandergesetzt, ob Gründe zur Annahme eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles anzunehmen seien. Unter Beachtung des Kriterienkatalogs von Art. 31 Abs. 1 VZAE

      • welcher auch die Familienverhältnisse mitberücksichtigt (siehe Art. 31 Abs. 1 Bst. c VZAE) - konnte es dabei nicht auf einen Härtefall schliessen (E. 8.5).

        Dieser Entscheid wurde vom Bundesgericht letztinstanzlich bestätigt (Urteil 2C_385/2015 vom 19. Januar 2015). Auf ein dagegen gerichtetes Revisionsgesuch trat das Bundesgericht mit Urteil 2F_6/2015 am 21. März 2015 nicht ein. Es machte im Wesentlichen geltend, das erst anfangs März 2015

        eingereichte Gesuch um Erteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge könne als nach dem bundesgerichtlichen Urteil eingetretenes Ereignis von vornherein keine Berücksichtigung finden. Was an den Vorbringen im Revisionsgesuch sonst als neue erhebliche Tatsache gelten könnte, deren Geltendmachung im ursprünglichen Verfahren nicht möglich gewesen wäre, sei nicht erkennbar (vgl. E. 2.3 des genannten Urteils).

    2. Am 11. März 2015 reichte der Beschwerdeführer alsdann bei der Vorinstanz ein Gesuch um Wiedererwägung der Verfügung vom 8. März 2013 ein. Das SEM verneinte in der Folge das Vorliegen einer seit dem ordentlichen Zustimmungsverfahren wesentlich veränderten Sachlage. Des Weiteren führte es in seinem Entscheid vom 12. März 2015 aus, die entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers seien in Bezug auf den rechtskräftig beurteilten Anspruchstatbestand von Art. 50 AuG als offensichtlich irrelevant zu betrachten. Es stelle sich lediglich die Frage einer Wiedererwägung im Hinblick auf die Zustimmung für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach freiem Ermessen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 Bst. b AuG. Hierbei sei festzuhalten, dass das Gesuch vom 2. März 2015 betreffend das gemeinsame Sorgerecht an das Bezirksamt Zofingen erst nachträglich eingereicht worden sei (vgl. Verfügung vom 12. März 2015).

    3. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, geht es in casu lediglich um die wiedererwägungsweise zu beurteilende Frage einer Härtefallsituation, nicht aber darum, ob der im vorhergehenden Aufenthaltsverfahren verneinte nacheheliche Härtefall gemäss Art. 50 Abs. Bst. b AuG ein weiteres Mal zu prüfen ist. Letzterer knüpft ausdrücklich an den aus der ehelichen Gemeinschaft abgeleiteten Anwesenheitsanspruch an und spricht von dessen Weiterbestehen (vgl. Urteil des BVGer C-5176/2013 vom 1. September 2014 E. 4 in fine m.H.). Ein solcher Anspruch besteht vorliegend gerade nicht mehr. Der Beschwerdeführer selbst beruft sich denn auch in seiner Rechtsmitteleingabe auf Art. 30 Abs. 1 Bst. b AuG (S. 14).

6.

    1. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe vom 8. April 2015 auf seine Lebensumstände, insbesondere seine Wohnsituation sowie auf seine beruflichen und finanziellen Verhältnisse verweist, gilt es zu erwähnen, dass diese bereits im ordentlichen Rechtmittelverfahren bekannt waren und dort beurteilt wurden. Sie sind somit nicht neu im Sinne von Art. 66 Abs. 2 Bst. a und b VwVG. Auch sein strafrechtlicher Leumund

      wurde dort bereits abgehandelt, wobei seine Aussage, er habe keine Vorfälle mehr mit der Polizei gehabt bzw. er habe sich immer korrekt verhalten (vgl. Beschwerde vom 8. April 2015) nachweislich nicht den Tatsachen entspricht. So erliess die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm am 9. Februar 2015 gegen den Beschwerdeführer einen Strafbefehl wegen Betruges und verurteilte ihn - bei einer Probezeit von zwei Jahren - zu einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 800.- (Akten des Amts für Migration und Integration des Kantons Aargau [kant. act.] S. 320321). Am 18. November 2015 erging ein weiterer Strafbefehl wegen rechtswidrigen Aufenthalts und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung, wobei der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 100 Tagen verurteilt wurde. Wie dem Entscheid zu entnehmen ist, hielt sich der Beschwerdeführer vom 18. März 2015 bis zum 29. Oktober 2015 in der Schweiz auf, obwohl ihn das Migrationsamt des Kantons Aargau mit Schreiben vom

      6. Februar 2015 aufgefordert hatte, die Schweiz bis zum 17. März 2015 zu verlassen. Zudem habe er weiterhin gearbeitet, ohne im Besitz der dafür notwendigen Arbeitsbewilligung gewesen zu sein (vgl. Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer act.] 24).

    2. Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nunmehr ein paar Monate länger in der Schweiz lebt als zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen Urteils und daher bemüht sei, seine Schulden beim Sozialamt B. zurück zu zahlen und angeblich keine neuen Betreibungen gegen ihn mehr eingeleitet worden seien, wie beschwerdeweise ausgeführt wird, kann nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden. Es ist denn auch nicht ersichtlich, dass durch den weiteren Zeitablauf eine neue Sachlage entstanden wäre, die nicht bereits im Rechtsmittelverfahren berücksichtigt worden ist. Zudem gilt es zu beachten, dass der Beschwerdeführer sich nunmehr illegal in der Schweiz aufhält. Analog zur Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, wonach rechtswidrige Aufenthalte bei der Härtefallprüfung nicht in gleicher Weise berücksichtigt werden können wie legale Aufenthalte (vgl. BGE 130 II 39 E. S. 41 f.; BVGE 2007/16

      E. 5.4), kann die Zeitspanne nach der Rechtskraft des besagten Urteils in Bezug auf eine dadurch fortschreitende Integration im Rahmen eines Wiedererwägungsverfahrens ohnehin nicht ohne Weiteres als neue und erhebliche Tatsache geltend gemacht werden, weil andernfalls die Missachtung der anzuwendenden ausländerrechtlichen Bestimmungen in gewisser Weise nachträglich belohnt bzw. eine Ungleichbehandlung gegenüber jenen ausländischen Personen geschaffen würde, die nach rechtskräftiger Abweisung ihres Gesuches um Aufenthaltsbewilligung das Land anstandslos verlassen.

    3. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, er habe zusammen mit der Kindsmutter am 2. März 2015 die Erteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge über das gemeinsame Kind Z._ beantragt (vgl. auch vorinstanzliche Verfügung vom 12. März 2015). Mit einem vom SEM übermittelten Schreiben des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2015 wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidskopie des Familiengerichts des Bezirksgerichts Zofingen zugestellt, worin festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer und seine Ex-Ehefrau die elterliche Sorge gemeinsam ausüben (vgl. BVGer act. 9, Beilage 2).

    4. Diesbezüglich gilt es auszuführen, dass per 1. Juli 2014 die in Kraft getretene Änderung des Rechts der elterlichen Sorge im Scheidungsfall die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall vorsieht (vgl. Art. 133 Abs. 1 ZGB). Schon nach bisheriger bundesgerichtlicher Rechtsprechung zu Art. 50 AuG, die im Übrigen auch bereits für eheschutzrichterliche Trennung galt, wurde hingegen nicht auf die rechtlich bestehende gemeinsame Sorge abgestellt, sondern auf die Obhutsregelung bzw. darauf, in welchem Umfang die Elternteile tatsächlich die affektive Bindung zum Kind pflegten. Unter Würdigung des Kindesinteresses kann hingegen auch weiterhin von der gemeinsamen Sorge abgewichen werden und insbesondere auch die Obhut abweichend von der allenfalls weiterhin gemeinsamen elterlichen Sorge geregelt werden (vgl. Urteil des BGer 2C_123/2015 vom 30. September 2015 E. 2.8 m.H.).

    5. In casu ist zwar mit der Erteilung der gemeinsamen Sorge das Kindesverhältnis zwischen Vater und Tochter zivilrechtlich neu geregelt worden; faktisch verändert sich die Beziehung der beiden jedoch nicht. Schon im ordentlichen Rechtsmittelverfahren führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es könne ohne Weiteres von einer engen affektiven Beziehung zwischen Vater und Tochter ausgegangen werden. Auch damals wurde es als erwiesen angesehen, dass sich Vater und Tochter täglich und auch am Wochenende sehen würden (vgl. Urteil des BVGer C-2208/2013 vom 11. März 2014 E. 8.1). In diesem Zusammenhang sind die diversen Beweismittel zur Illustration der intakten Vater-Tochter-Beziehung unbehelflich (vgl. Beilagen 1 bis 5 der Replik vom 19. Oktober 2015 [BVGer act. 22] sowie die mit schriftlicher Eingabe vom 21. Oktober 2015 eingereichten Schreiben von Nachbarn und Bekannten des Beschwerdeführers [BVGer act. 23]). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer gemäss den Akten auch nicht ständig am Wohnort seiner Ex-Partnerin und seiner Tochter aufhält. So erklärte der Beschwerdeführer anlässlich einer Einvernahme durch die Kantonspolizei Aargau vom 5. Mai 2015, er halte sich

      mehrheitlich am [ ] in B. auf oder im Wallis beim Arbeiten oder beim Bruder seines Arbeitgebers oder bei seinem Kind (vgl. kant. act.

      S. 384, Antwort auf Frage 11). Gleiches ist einem Bericht der Gemeinde B. vom 8. April 2015 zu entnehmen. Darin wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe für ca. drei bis vier Monate im Kanton Wallis gearbeitet und habe zeitweise auch bei einem Arbeitskollegen gewohnt. An den Wochenenden habe er bei seiner Exfrau gewohnt (vgl. Beilage 1 des Schreibens des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2015 [BVGer act. 9]). Dass der Beschwerdeführer aktuell noch am Wohnsitz seiner Ex-Partnerin angemeldet ist, entspricht wohl auch weniger den Wünschen der Ex-Ehegatten als dem Umstand, dass Beschwerdeführer Mühe hat, aufgrund seiner Betreibungen eine eigene Wohnung zu finden (vgl. Bericht der Gemeinde B. vom 8. April 2015 [BVG act. 9, Beilage 1]).

    6. Nebst der affektiven Beziehung zum Kind muss auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine besonders intensive Beziehung zwischen dem Kind und dem Gesuchsteller vorhanden sein. Weiter muss ein tadelloses Verhalten bestehen. Diese Praxis wird vom Bundesgericht auch weiterhin aufrechterhalten. Ausnahmen bestehen in speziellen Fällen, in denen es lediglich um untergeordnete Verstösse gegen die öffentliche Ordnung geht (vgl. Urteil des BGer 2C_123/2015 vom 30. September 2015 E. 2.3 m.H.). Das Bundesverwaltungsgericht hat im Rechtsmittelverfahren eine in wirtschaftlicher Hinsicht enge Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Tochter bejaht, hingegen das tadellose Verhalten wegen seiner strafrechtlichen Verfehlungen, seiner langjährigen Sozialhilfeabhängigkeit und seiner Schuldenwirtschaft klar verneint (vgl. Urteil des BVGer C-2208/2013 vom

      11. März 2014 E. 8.3; vgl. auch Urteil des BGer 2C_385/2014 vom 19. Januar 2015 E. 5.2.2). Dass sich der Beschwerdeführer gegenüber der hiesigen Rechtsordnung unbelehrbar und gleichgültig zeigt - wie das Bundesverwaltungsgericht im vorgenannten Urteil geltend machte - wird im vorliegenden Verfahren nunmehr bestätigt (vgl. E. 6.1). Geradezu als dreist muss auch das Verhalten des Beschwerdeführers im vorliegenden Verfahren bezeichnet werden. Der Aufforderung der kantonalen Behörde die Schweiz bis zum 17. März 2015 zu verlassen, kam er nicht nach (vgl. kant. act. S. 328-330). Selbst nachdem zwei Gesuche des Beschwerdeführers um Erlass von aufenthaltssichernden vorsorglichen Massnahmen vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurden (vgl. Zwischenverfügungen vom 21. April 2015 und 21. Mai 2015), verliess er die Schweiz nicht, sondern beantragte in einem Schreiben vom 24. September 2015 an die kantonale Migrationsbehörde erneut, es sei von Vollzugsmassnahmen abzusehen (vgl. BVGer act. 19). Mit schriftlicher Eingabe vom 4. Februar 2016

      stellte er den Antrag, es sei dem Migrationsamt des Kantons Aargau die Weisung zu erteilen, von Vollzugsmassnahmen abzusehen.

    7. In casu ist somit nicht davon auszugehen, der Sachverhalt habe sich mit der Erteilung des gemeinsamen Sorgerechts dahingehend geändert, dass nun ein anderes Ergebnis ernstlich in Betracht fiele. Die Vorinstanz ist somit zu Recht davon ausgegangen, eine seit Abschluss des ordentlichen Zustimmungsverfahrens wesentlich veränderte Sachlage sei zu verneinen; die geltend gemachten Tatsachen und Beweismittel könnten demnach nicht als wesentlich bzw. erheblich in dem Sinne erachtet werden, dass sie für die Herbeiführung eines materiell anderen Entscheides geeignet wären (vgl. Verfügung vom 12. März 2015).

7.

Zusammenfassend ergibt sich, dass keine qualifizierten Wiedererwägungsgründe vorliegen. Die angefochtene Verfügung erweist sich somit als rechtmässig (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

8.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 1'200.- festzusetzen (Art. 1, Art. 2 und Art. 3 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 1'200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben)

  • die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [ ] retour)

  • das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Antonio Imoberdorf Susanne Stockmeyer

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