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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-7049/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-7049/2015
Datum:06.04.2016
Leitsatz/Stichwort:Zölle
Schlagwörter : Einfuhr; Urteil; Bundes; Schätzung; Zuckerrüben; Ertrag; BVGer; Recht; Abgabe; Bundesverwaltungsgericht; Ertragsausweis; Gewicht; Verfahren; Abgaben; Voranmeldung; Ermessen; Zollanmeldung; Zollstelle; Beweis; Person; Landwirt; Fläche; Menge; Vertrauen; Mehrwertsteuer
Rechtsnorm: Art. 118 MWSTG ; Art. 118 ZG ; Art. 18 ZG ; Art. 19 ZG ; Art. 21 ZG ; Art. 25 ZG ; Art. 32 ZG ; Art. 33 ZG ; Art. 43 ZG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 54 MWSTG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 79 MWSTG ;
Referenz BGE:106 Ib 218; 118 Ib 312; 119 V 347; 130 II 482; 131 II 627; 134 II 142; 135 IV 217
Kommentar:
Martin Kocher, Diego Clavadetscher, Hand Zollgesetz [nachfolgend: Zoll], Art. 8 ZG, 2009
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-7049/2015

U r t e i l  v o m  6.  A p r i l  2 0 1 6

Besetzung Richterin Salome Zimmermann (Vorsitz),

Richterin Marie-Chantal May Canellas, Richter Jürg Steiger, Gerichtsschreiberin Monique Schnell Luchsinger.

Parteien A. ,

vertreten durch lic. iur. Raphael J.-P. Meyer, Beschwerdeführer,

gegen

Oberzolldirektion (OZD), Hauptabteilung Verfahren und Betrieb, Monbijoustrasse 40, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Zoll (Landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsverkehr).

Sachverhalt:

A.

  1. (nachfolgend Landwirt) betreibt seit dem 1. Januar 2005 den familieneigenen Landwirtschaftsbetrieb (Name) in (Ort). Zum Hof gehören heute ca. (Grössenangaben) Hektaren Ackerund Wiesland (Eigentum und Pacht). Der Landwirt betreibt in der Hauptsache Ackerbau im Inwie auch im grenznahen Ausland.

    B.

    Im Rahmen einer zollstrafrechtlichen Untersuchung kam die Zollkreisdirektion Schaffhausen (nachfolgend ZKD SH) zum Schluss, dass der Landwirt im Jahr 2010 für folgende Waren zu Unrecht eine abgabenfreie Einfuhr im landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsverkehr (nachfolgend LBV) erwirkt habe:

    • 29'000 kg Heu und Welkheu,

    • 3'800 kg Dinkel und Dinkelstroh,

    • 240'000 kg Zuckerrüben,

    • 4'860 kg Kartoffeln.

      Für das Jahr 2011 seien folgende Waren zu Unrecht abgabenfrei im LBV eingeführt worden:

    • 7'500 kg Heu,

    • 5'000 kg Grassilage,

    • 54'255 kg Silomais,

    • 85'000 kg Saatkartoffeln,

    • 8'100 kg Zuckerrüben.

C.

Mit Verfügung vom 3. November 2014 forderte die ZKD SH Einfuhrabgaben in der Höhe von Fr. 65'330.90 (Zoll) und Fr. 3'609.40 (Mehrwertsteuer) nach. Zudem wurde dem Landwirt ein Verzugszins in der Höhe von Fr. 7'836.25 auferlegt.

D.

Mit Schreiben vom 14. November 2014 beantragte der Landwirt eine Reduktion der nachgeforderten Abgaben.

E.

Die Oberzolldirektion (nachfolgend OZD) wies die Beschwerde mit Verfügung vom 30. September 2015 kostenpflichtig ab.

F.

Mit Eingabe vom 2. November 2015 erhob der Landwirt (nachfolgend auch Beschwerdeführer) dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er stellt - entsprechend seinen früheren Standpunkten - hierbei folgende Anträge:

  1. Es sei der Beschluss der Vorinstanz vom 30. September 2015 aufzuheben.

  2. Es sei die Verfügung über die Leistungspflicht der Zollkreisdirektion Schaffhausen vom 3. November 2014 auf Fr. 59'836.55 (Zoll) und Fr. 3'394.55 (Mehrwertsteuer) anzupassen.

  3. Eventualiter sei die Verfügung über die Leistungspflicht vom 3. November 2014 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin anzuweisen, die geschuldeten Beträge für die Jahre 2010 und 2011 neu abzuklären.

  4. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8 % MWSt) zulasten der Staatskasse.

Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die im Rahmen des LBVs abgegebene Voranmeldung nachträglich gestützt auf Art. 18 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG, SR 631) bzw. Art. 32 ZG noch korrigiert werden können müsse. Der Zollverwaltung stehe diesbezüglich ein Ermessen zu, welches sie vorliegend nicht wahrgenommen habe. Im Jahr 2010 seien von einer Fläche von 448,97 Aren

(326.85 Aren und 122.12 Aren) 294'010 kg Zuckerrüben (brutto) importiert worden. Für einen Teil der Fläche (Kat.-Nr. [Nummern]) sei keine korrekte Deklaration erfolgt. Von der gesamten Einfuhrmenge würden anteilsmässig 214'039.20 kg auf die nicht korrekt angemeldeten Flächen entfallen. Damit seien die im Umfang von 240'000 kg Zuckerrüben nachgeforderten Einfuhrabgaben um Fr. 1'817.25 (Zoll) und um Fr. 80.05 (MWST) herabzusetzen und der Verzugszins anzupassen.

Er habe im Jahre 2010 4'816 kg Kartoffeln ab dem Grundstück (Bezeichnung) eingeführt, bei dessen Deklaration im Ertragsausweis eine Fläche von 16,2 Aren nicht berücksichtigt worden sei. Auslöser für die unterlassene Anmeldung dieser Teilfläche sei jedoch ein Fehler auf Seiten der Zollbehörden gewesen. Diese hätten die kultivierbare Ackerfläche auf der fraglichen Parzelle im vorgedruckten Ertragsausweis für die Jahre 2010 und 2011 fälschlicherweise mit 20,25 Aren, anstatt korrekt mit 36,45 Aren (insgesamt 48,25 Aren inkl. 10,6 Aren Wiesland und 1,2 Aren Gehölz) angegeben. Er habe auf die Richtigkeit der Angaben seitens der ZKD SH abstellen dürfen; zumindest wäre es stossend, ihm die alleinige Verantwortung für den Fehler aufzubürden. Deshalb seien die auf der Differenzfläche von 16,2 Aren angebauten Kartoffeln steuerfrei einführbar, und es sei der Zollbetrag um Fr. 3'110.40 und die Mehrwertsteuer um Fr. 108.70 herabzusetzen sowie der Verzugszins anzupassen.

Im Jahr 2011 seien von dieser Parzelle 8'100 kg Zuckerrüben zu Unrecht im LBV abgabenfrei eingeführt worden. Entsprechend seien die Einfuhrabgaben um Fr. 567.- (Zoll) und um Fr. 26.10 (MWST) herabzusetzen sowie der Verzugszins anzupassen.

G.

Mit Vernehmlassung vom 14. Dezember 2015 beantragt die OZD (nachfolgend auch Vorinstanz), die Beschwerde unter Kostenfolge abzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, die Zollanmeldung könne nicht mehr korrigiert werden. Bei der Annahme der Zollanmeldungen (hier Ertragsausweise) habe die Zollstelle keine Mängel festgestellt und folglich auch keine Berichtigung von Amtes wegen initiiert. Seitens des Beschwerdeführers seien ebenfalls keine Korrekturen beantragt worden. Die Unstimmigkeiten seien erst im Laufe der Strafuntersuchung aufgedeckt worden. Diesbezüglich fehle es am vom Beschwerdeführer angerufenen Ermessensspielraum gemäss Art. 18 ZG. Selbstredend könnten im Ertragsausweis nur Schätzgewichte deklariert werden, weil zu diesem Zeitpunkt erst die Art der anzubauenden Erzeugnisse feststehe. Wie hoch dann die tatsächliche Ernte ausfalle, namentlich die einzuführende Menge, sei von verschiedenen nicht beeinflussbaren Faktoren wie z.B. dem Wetter abhängig. Weil bei ordnungsgemässem Verfahrensablauf die Erzeugnisse abgabenfrei eingeführt werden könnten, seien Abweichungen zwischen dem deklarierten und angemeldeten Gewicht sowie der effektiv importierten Menge zweitrangig. Bedeutung komme dem Gewicht hingegen zu, wenn Unregelmässigkeiten festgestellt worden seien. Diesfalls seien die Angaben in der Zollanmeldung verbindlich.

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird nachfolgend insoweit eingegangen, als dies für die Entscheidfindung wesentlich ist.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG (Art. 31 VGG). Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften des VwVG (Art. 37 VGG).

      Der Beschwerdeführer ficht einen Beschwerdeentscheid der OZD betreffend Nachforderung von Zollabgaben und Einfuhrsteuern an. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung dieser Beschwerde sachlich und funktionell zuständig (Art. 32 VGG e contrario sowie Art. 31 in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG).

    2. Anfechtungsobjekt im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bildet einzig der vorinstanzliche Entscheid; dieser ersetzt allfällige Entscheide unterer Instanzen (sog. Devolutiveffekt; vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4; Urteil des BVGer A-2771/2015 vom 17. Oktober 2015 E. 1.2, A-235/2014 vom 26. Mai 2014 E. 1.2; ANDRÉ MOSER et al., Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, N. 2.7).

      Soweit der Beschwerdeführer verlangt, es sei die Verfügung vom 3. November 2014 anzupassen (Rechtsbegehren Ziff. 2) sowie eventualiter aufzuheben, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

    3. Der Beschwerdeführer ist Adressat des angefochtenen Entscheides und hat ein Interesse an dessen Änderung. Er ist somit zur Beschwerdeerhebung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerde wurde im Übrigen formund fristgerecht eingereicht (vgl. Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist somit unter Vorbehalt von E. 1.2 einzutreten.

2.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen. Der Beschwerdeführer kann

      neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Rüge der Unangemessenheit erheben (Art. 49 Bst. c VwVG; vgl. aber nachfolgend E. 6 .9).

    2. Im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, auf den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligen festgestellten Sachverhalt die richtigen Rechtsnormen und damit jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutreffenden erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (M OSER et al., a.a.O.,

      N. 1.54 unter Verweis auf BGE 119 V 347 E. 1a). Aus der Rechtsanwendung von Amtes wegen folgt, dass das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz nicht an die rechtliche Begründung der Begehren gebunden ist (Art. 62 Abs. 4 VwVG) und eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen (teilweise) gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen kann (sog. Motivsubstitution; vgl. Urteile des BVGer A-5962/2014 vom 14. Januar 2016 E. 2.2, A-675/2015 vom 1. Sep-

      tember 2015 E. 1.4, A-1080/2014 vom 2. Oktober 2014 E. 1.3 mit weiteren Hinweisen).

    3. Die Entscheidfindung (Rechtsanwendung) setzt voraus, dass die Sachlage korrekt und vollständig ermittelt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht als entscheidende Behörde hat den rechtlich relevanten Sachverhalt grundsätzlich von sich aus abzuklären und darüber ordnungsgemäss Beweis zu führen (sog. Untersuchungsgrundsatz (Urteil des BVGer A-5216/2014 vom 13. April 2015 E. 1.4; MOSER et al.; a.a.O., N. 1.49 ff.).

    4. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung bildet sich das Bundesverwaltungsgericht unvoreingenommen, gewissenhaft und sorgfältig seine Meinung darüber, ob der zu erstellende Sachverhalt als wahr zu gelten hat (MOSER et al., a.a.O., N 3.140). Es ist dabei nicht an bestimmte förmliche Beweisregeln gebunden, die genau vorschreiben, wie ein gültiger Beweis zu Stande kommt und welchen Beweiswert die einzelnen Beweismittel im Verhältnis zueinander haben (BGE 130 II 482 E. 3.2; vgl. Urteile des BVGer A-5216/2014 vom 13. April 2015 E. 1.5.1, A-6660/2011 vom 29. Mai 2012 E. 4.2.1; MOSER et al., a.a.O., N 3.140).

3.

    1. Waren, die ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet verbracht werden, sind zollpflichtig und müssen nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) veranlagt werden (Grundsatz der allgemeinen Zollpflicht, vgl. Art. 7 ZG). Der Zollbetrag bemisst sich nach Art, Menge und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie der Zollstelle angemeldet wird (Art. 19 Abs. 1 Bst. a ZG), und nach den Zollansätzen und Bemessungsgrundlagen, die im Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld gelten (Art. 19 Abs. 1 Bst. b ZG). Einund Ausfuhrzölle werden nach dem Generaltarif festgesetzt (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit den Anhängen 1 und 2 des ZTG). Ausnahmen vom Grundsatz der allgemeinen Zollpflicht müssen sich ergeben aus Staatsverträgen, besonderen Gesetzesbestimmungen sowie Verordnungen des Bundesrates, die sich auf das ZTG abstützen (Art. 1 Abs. 2 ZTG; vgl. Urteil des BVGer A-3875/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 3.1).

    2. Art. 8 Abs. 2 Bst. j in Verbindung mit Art. 43 ZG erteilt dem Bundesrat (unter anderem) die Kompetenz, Waren des Grenzzonenverkehrs für zollfrei zu erklären, was dieser mit Erlass von Art. 23 der Zollverordnung vom

      1. November 2006 (ZV, SR 631.01) auch getan hat.

      Sowohl aus dem Wortlaut der fraglichen Bestimmungen wie aus der Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz (BBl 2004 596) ergibt sich, dass durch die Gesetzesrevision im Bereich des Grenzzonenverkehrs keine Praxisänderung beabsichtigt war (Urteil des BGer 2C_53/2011 vom 2. Mai 2011 E. 2.2; vgl. auch HEINZ SCHREIER, in: Martin Kocher/Diego Clavadetscher [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar Zollgesetz [nachfolgend: Zollkommentar], 2009, Art. 8 N. 13). Die unter dem alten Recht zum landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsverkehr entwickelte Rechtsprechung ist somit grundsätzlich auch für das neue Recht heranzuziehen (Urteil des BVGer A-2925/2010 vom 25. November 2010 E. 2.2). Unverändert blieb sodann auch das ebenfalls zur berücksichtigende schweizerisch-deutsche Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenzund Durchgangsverkehr (SR 0.631.256.913.61; vgl. Urteil des BVGer A-3875/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 3.2).

    3. Damit eine Tätigkeit als LBV qualifiziert wird und folglich die entsprechenden Einfuhren zollbefreit sind, müssen kumulativ grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. zum Ganzen: Art. 8 Abs. 2 Bst. j und Art. 43 ZG in Verbindung mit Art. 23 ZV, Art. 118 ZV; Urteil des BGer

      2C_53/2011 vom 2. Mai 2011 E. 2.3; Urteil des BVGer A-3875/2014 vom

      1. Dezember 2014 E. 3.3, ROLF WÜTHRICH, Zollkommentar, Art. 43 N. 8 ff.):

      • Diejenige Person, die Anspruch auf Zollbefreiung erhebt, muss ihren Wohnsitz in der schweizerischen Grenzzone haben,

      • sie muss Eigentümerin, Nutzniesserin oder Pächterin des betreffenden Grundstücks sein,

      • sie muss dieses Grundstück selber bewirtschaften,

      • bei den einzuführenden Ernteerträgen muss es sich um rohe Bodenerzeugnisse handeln,

      • das Grundstück, von welchem die einzuführenden Bodenerzeugnisse stammen, muss in der ausländischen Grenzzone liegen; die Grenzzone erstreckt sich auf beiden Seiten der Zollgrenze auf einen Gebietsstreifen von 10 Kilometern,

      • die Person muss die Erzeugnisse selbst oder durch Angestellte einführen,

      • bis am 30. April jedes Jahres muss die bewirtschaftende Person der Zollstelle eine Bescheinigung über das Eigentum am betreffenden Grundstück, dessen Nutzniessung oder Pacht und einen Etragsausweis über die mutmasslichen Erträge und Kulturen vorlegen,

      • jede Einfuhr muss bei der Zollstelle korrekt angemeldet werden.

    4. Aus der Entstehungsgeschichte der Befreiungsvorschrift für den LBV ergibt sich, dass der Gesetzgeber damit die Benachteiligung von Landwirten vermeiden wollte, die beidseitig der oft zufällig verlaufenden Zollgrenze Land bewirtschaften. Um Missbräuche zu verhindern, wurde die Privilegierung schon mit der Gesetzesrevision von 1924/25 erneut davon abhängig gemacht, dass die im Ausland gelegenen Grundstücke tatsächlich durch den schweizerischen Eigentümer, Nutzniesser oder Pächter bewirtschaftet werden. Die Zollfreiheit im Rahmen des landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsverkehrs ist daher nach der Rechtsprechung einschränkend zu verstehen und denjenigen Eigentümern, Nutzniessern und Pächtern vorbehalten, die diese Grundstücke selber bewirtschaften (Urteile des BVGer A-3875/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 3.3.1, A-5477/2013 vom 24. März

      2014 E. 2.5.1, A-2925/2010 vom 25. November 2010 E. 2.3.1 mit Hinweisen).

    5. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat kein Anspruch auf Zollbefreiung im LBV, wer hierfür innert der gesetzten Frist keine ordnungsgemässe Deklaration eingereicht hat. An einer solchen mangelt es, wenn rohe Bodenerzeugnisse (vgl. Art. 23 Abs. 3 ZV) von einem Grundstück stammten, das nicht auf dem eigenen Ertragsausweis aufgeführt ist (Urteil

      des BGer 2A.403/2001 vom 14. Januar 2002 E. 2b; vgl. auch Urteile des BVGer A-3875/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 3.3.3, A-5477/2013 vom 24. März 2014 E. 5.2.3).

    6. Damit ein Bodenerzeugnis noch als "roh" im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gilt, ist eine Bearbeitung nur soweit erlaubt, als dies zur Gewinnung oder zum Abtransport des Erzeugnisses notwendig ist (vgl. Art. 23 Abs. 5 ZV). Mit "Abtransport" ist nur der Weg vom Feld zum Hof erfasst (Urteil des BVGer A-5477/2013 vom 24. März 2014 E. 2.5.2).

4.

    1. Das Zollveranlagungsverfahren ist in Art. 21 ff. ZG bzw. 72 ff. ZG geregelt. Gemäss Art. 21 Abs. 1 ZG hat derjenige, der Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, die Waren unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuzuführen oder zuführen zu lassen. Die anmeldepflichtige Person muss die der Zollstelle zugeführten, gestellten und summarisch angemeldeten Waren innerhalb der von der Zollverwaltung bestimmten Frist zur Veranlagung anmelden und die Begleitdokumente einreichen (Art. 25 Abs. 1 ZG). Die von der Zollstelle angenommen Zollanmeldung ist für die anmeldepflichtige Person verbindlich (Art. 33 Abs. 1 ZG).

    2. Diese allgemeinen Bestimmungen gelten im LBV nur insoweit, als die besonderen Bestimmungen des ZG oder dieses ergänzendes Verordnungsrecht keine eigenständigen Regelungen enthalten (REMO ARPAGAUS, Zollrecht, 2. Aufl. 2009, N. 741). Der Bundesrat hat im Bereich des Grenzzonenverkehrs, insbesondere für den LBV, eigene Verfahrensregeln aufgestellt (Art. 43 Abs. 4 ZG in Verbindung mit Art. 118 ZV). Für die Einfuhr auf Nichtzollstrassen sind sodann weitere Vorschriften erlassen worden (Art. 118 Abs. 4 ZV in Verbindung mit Art. 24a der Zollverordnung vom

      4. April 2007 der EZV, [ZV-EZV, SR 631.013]).

    3. Im LBV hat der Bewirtschafter die abgabenfreie Einfuhr vorab zu beantragen (Art. 118 Abs. 1 ZV). Er hat hierfür das Formular 13.15 (Ertragsausweis) auszufüllen und von der zuständigen ausländischen Ortsbehörde bescheinigen zu lassen. In diesem Formular hat er unter anderem die von ihm bewirtschafteten Grundstücke, die kultivierte Fläche, die Kulturart sowie das anzubauende Erzeugnis anzugeben und mit einer Erklärung über den mutmasslichen Bruttoertrag zu versehen. Das Formular ist bis zum

      30. April des Jahres bei der Zollstelle, über die die Einfuhr erfolgt, einzureichen. Diese unterbreitet es der zuständigen Kreisdirektion zur Genehmigung. Die tatsächliche Einfuhr ist grundsätzlich wiederum auf dem Formular 13.15 (vor)anzumelden (Art. 118 ZV; vgl. ROLF WÜTHRICH, Zollkommentar, Art. 43 N. 45 ff.).

      Für die Einfuhr auf Nichtzollstrassen besteht die Besonderheit, dass neben dem jährlichen Ertragsausweis jede Einfuhr jeweils mittels Formular 13.17 bei der zuständigen Zollstelle voranzumelden ist (Art. 24a Abs. 1 ZV-EZV; WÜTHRICH, Zollkommentar, Art. 43 N. 43). Hierbei hat die einführende Person die Art und Menge der Waren und die Zeit sowie den Ort des Grenzübertrittes voranzukündigen (vgl. Art. 24a Abs. 1 Bst. a und b ZVEZV). Die Voranmeldung kann per Fax oder elektronisch erfolgen oder direkt der Zollstelle übergeben werden. Sie gilt als Zollanmeldung (Art. 24a Abs. 2 ZV-EZV). Die Zollanmeldung gilt im Sinne von Art. 33 Abs. 2 ZG als angenommen, sobald sie vollständig bei der Zollstelle eingetroffen ist (vgl. Art. 24a Abs. 3 ZV-EZV).

    4. Das Zollverfahren wird vom Selbstdeklarationsprinzip bestimmt (Art. 21, Art. 25 und Art. 26 ZG). Von den Zollmeldepflichtigen wird die vollständige und richtige Deklaration der Ware gefordert. Hinsichtlich ihrer Sorgfaltspflichten werden hohe Anforderungen gestellt (BGE 135 IV 217

E. 2.1.1 und 2.1.3; Urteil des BVGer A-5962/2014 vom 14. Januar 2016

E. 3.3.3; BARBARA SCHMID, Zollkommentar, Art. 18 N. 2 ff.). Von den Zollpflichtigen wird verlangt, dass sie sich vorweg über die Zollpflicht sowie die jeweiligen Abfertigungsverfahren informieren. Unterlassen sie dies, haben sie dafür prinzipiell selber die Verantwortung zu tragen (zum Ganzen: vgl. Urteil des BVGer A-675/2015 vom 1. September 2015 E. 2.3.2).

5.

    1. Gegenstände, die gemäss Art. 7 ZG zollpflichtig sind, unterliegen grundsätzlich auch der Einfuhrsteuer (Art. 50 ff. des Bundesgesetzes vom

      12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [MWSTG; SR 641.20]).

    2. Das Objekt der Einfuhrsteuer ist ebenfalls dasselbe wie beim Zoll. Für das Auslösen der Steuer genügt es, dass der Gegenstand über die Zollgrenze verbracht wird. Ein (entgeltliches) Umsatzgeschäft ist nicht erforderlich (Urteile des BVGer A-1612/2006 vom 9. Juli 2009 E. 3.2, A-1751/2006 vom 25. März 2009 E. 3.3.2 mit weiteren Hinweisen). Vorbehalten bleiben Steuerbefreiungen gemäss Art. 53 MWSTG, insbesondere für zollfreie Waren gemäss dessen Abs. 1 Bst. d. Waren des LBVs sind im

Rahmen von Art. 23 ZV zollfrei (vgl. E. 3.2) und damit auch einfuhrsteuerbefreit.

6.

    1. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, SR 313.0) sind Abgaben, die infolge einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes zu Unrecht nicht erhoben worden sind, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer Person nachzuentrichten.

    2. Wer sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Zolloder Steuervorteil verschafft, insbesondere indem er vorsätzlich oder fahrlässig Waren bei der Einfuhr nicht oder falsch anmeldet, begeht eine Widerhandlung gegen die Zollbzw. Mehrwertsteuergesetzgebung (vgl. Art. 118 ZG, Art. 96 MWSTG). Sowohl die Zollals auch die Mehrwertsteuergesetzgebung gehören zur Verwaltungsgesetzgebung des Bundes (Urteil des BVGer A-667/2015 vom 1. September 2015 E. 4.3).

    3. Leistungspflichtig für die zu Unrecht nicht erhobene Abgabe ist, "wer in den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangt ist, insbesondere der zur Zahlung der Abgabe Verpflichtete" (Art. 12 Abs. 2 VStrR). Die Leistungspflicht hängt weder von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit noch von einem Verschulden oder gar der Einleitung eines Strafverfahrens ab (BGE 106 Ib 218 E. 2c; Urteil des BGer 2A.242/2006 vom 2. Februar 2007

      1. 2.1 mit Hinweisen). Vielmehr genügt es, dass der durch die Nichterhebung der entsprechenden Abgabe entstandene unrechtmässige Vorteil in einer objektiven Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes gründet (vgl. zum Ganzen auch: Urteil des BVGer A-667/2015 vom

        1. September 2015 E. 4.3).

    4. Die Nachleistungspflicht gründet auf dem ursprünglichen Anspruch, der dem Bund nach Massgabe der Steueroder Zollgesetzgebung zusteht. Es handelt sich um keine neue, sondern um eine zusätzliche Steueroder Zollschuld, die nach der Aufdeckung von Widerhandlungen zu den bereits geleisteten Abgaben hinzutritt (Urteil des BGer 2C_723/2013 vom 1. Dezember 2014 E. 2.6 mit Hinweisen).

    5. Die nachzuentrichtenden Abgaben etc. werden gemäss den Zuständigkeitsund Verfahrensvorschriften des betreffenden Verwaltungsgesetzes geltend gemacht (Art. 63 Abs. 1 VStrR). Das ZG enthält keine eigenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen für das Verfahren betreffend die

      nachträgliche Erhebung von Abgaben etc. Die allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Zollverfahrens können im Verfahren betreffend die nachträgliche Erhebung nur beschränkt angewendet werden. Hingegen erfolgt die Beurteilung der Frage über den Bestand und den Umfang der Abgabenforderung bzw. Einfuhrsteuer nach den materiellrechtlichen Bestimmungen des ZG bzw. MWSTG, soweit das VStrR keine eigenen Bestimmungen enthält.

    6. Gemäss Art. 18 Abs. 2 ZG kann die Zollanmeldung von der Zollstelle berichtigt werden. Offensichtliche Schreiboder Übertragungsfehler können von der Zollverwaltung im Einvernehmen mit der anmeldepflichtigen Person direkt berichtigt werden (Art. 32 Abs. 2 ZG). Andere Mängel unterliegen dagegen der alleinigen Berichtigung oder Ergänzung durch die anmeldepflichtige Person unter den Voraussetzungen von Art. 34 ZG (vgl. A RPAGAUS, a.a.O., N. 703). Diese Bestimmungen kommen jedoch nur zur Anwendung, wenn die Abgaben im Anschluss an eine Zollanmeldung erhoben werden, nicht jedoch bei der nachträglichen Erhebung von Abgaben nach Art. 12 VStrR.

    7. Nach der unter dem früheren Zollrecht ergangenen Rechtsprechung ist die Zollverwaltung beim Nachbezug von Einfuhrabgaben wegen falscher Gewichtsangaben nicht an die unzutreffende Deklaration gebunden und kann hinsichtlich der Nachleistungspflicht eine Schätzung vornehmen, da sich das effektive Gewicht nachträglich regelmässig nicht mehr feststellen lässt (vgl. Urteil des BGer 2C_366/2007 vom 3. April 2008 E. 7). Unter dem aktuellen Recht kann die bisherige Rechtsprechung gestützt auf Art. 118 Abs. 4 ZG und Art. 54 Abs. 4 MWSTG weitergeführt werden.

    8. Bei einer Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen, hat die Behörde diejenige Schätzungsmethode zu wählen, die den individuellen Verhältnissen im Betrieb der steuerpflichtigen Person soweit als möglich Rechnung trägt, auf plausiblen Annahmen beruht und deren Ergebnis der wirklichen Situation möglichst nahe kommt (statt vieler: Urteil des BGer 2C_82/2014 vom 6. Juni 2014 E. 3.1, 2C_1077/2012 vom 24. Mai 2014 E. 2.3). Diese für die Ermesseneinschätzung bei der Mehrwertsteuer (vgl. Art. 79 Abs. 1 MWSTG) entwickelten Grundsätze können auch bei der nachträglichen Erhebung von Zollabgaben und Einfuhrsteuern analog Anwendung finden.

    9. In einem ersten Schritt prüft das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen für die Vornahme einer Schätzung uneingeschränkt. Beim zwei-

ten Schritt - der Überprüfung einer Schätzung - auferlegt es sich eine gewisse Zurückhaltung und setzt nur dann sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Vorinstanz, wenn dieser bei der Schätzung erhebliche Ermessensfehler unterlaufen sind. Als dritter Schritt obliegt es in Umkehr der allgemeinen Beweislast dem Steuerpflichtigen, den Nachweis für die Unrichtigkeit der Schätzung zu erbringen (vgl. zur Ermessenseinschätzung statt vieler: Urteile des BGer 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.2; Urteile des BVGer A-3292/2015 vom 8. Januar 2016 E. 3.5 mit weiteren Hinweisen A-665/2013 vom 10. Oktober 2013 E. 2.8.3 mit Hinweisen; zur Ermessenseinschätzung bei der Einfuhrsteuer vgl. auch BVGE 2014/7

E. 3.6). Weil das Ergebnis der Ermessenveranlagung selbst auf einer Schätzung beruht, kann sich die steuerpflichtige Person gegen eine zulässigerweise durchgeführte Ermessenseinschätzung nicht mit allgemeiner Kritik zur Wehr setzen. Vielmehr hat sie darzulegen, dass die von der Verwaltung vorgenommene Schätzung offensichtlich fehlerhaft ist, und sie hat auch den Beweis für ihre vorgebrachten Behauptungen zu erbringen (statt vieler: Urteil des BGer 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.3). Diese für die Mehrwertsteuer entwickelten Grundsätze zur Kognition und Beweislastumkehr können auch bei einer Schätzung von Zollabgaben und Einfuhrsteuern im Verfahren nach Art. 12 VStrR analog Anwendung finden.

7.

    1. Nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes haben die Privaten Anspruch darauf, in ihrem berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden, geschützt zu werden (Ulrich HÄFELIN et al., Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, N. 627). Als Folge der Bedeutung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht ist der Vertrauensschutz in diesem Bereich praxisgemäss nur mit Zurückhaltung zu gewähren (BGE 131 II 627 E. 6.1). Eine vom Gesetz abweichende Behandlung eines Abgabepflichtigen kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes klar und eindeutig erfüllt sind (so schon BGE 118 Ib 312 E. 3b; Urteil des BGer 2C_123/210 vom 5. Mai 2010 E. 4; Urteile des BVGer A-5962/2014 vom 14. Januar 2016 E. 7.1, A-5214/2014 vom 2. Juli 2015

      E. 3.2 mit weiteren Hinweisen).

    2. Für die erfolgreiche Geltendmachung des Vertrauensschutzprinzips bedarf es zunächst einer Vertrauensgrundlage, d.h. es muss ein behördliches Verhalten vorliegen, das bei den betroffenen Privaten bestimmte Erwartungen auslöst. Auf den Vertrauensschutz berufen kann sich indessen nur, wer berechtigterweise auf die Vertrauensgrundlage vertrauen durfte,

insbesondere ihre Fehlerhaftigkeit nicht erkannte und auch bei gehöriger Sorgfalt nicht hätte erkennen müssen. Dabei ist auf die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse der sich auf den Vertrauensschutz berufenden Person abzustellen (vgl. Urteil des BVGer A-4837/2015 vom 25. Januar 2016 E. 5.2).

8.

    1. Im vorliegenden Fall steht einzig noch die Höhe der Abgaben in drei Fällen zur Diskussion. Es ist hierbei unbestritten, dass in diesen drei Fällen die Voraussetzungen für die Abgabenbefreiung im LBV nicht vollständig erfüllt worden sind und damit Einfuhrabgaben (Zoll und MWST) grundsätzlich geschuldet und gestützt auf Art. 12 VStrR nachzuerheben sind. Umstritten ist jedoch der Umfang der Abgaben.

    2. Im einen Fall führte der Beschwerdeführer am 15. November 2010 diverse Ladungen Zuckerrüben von ausländischen Feldern ein, die nicht auf seinem eigenen Ertragsausweis aufgeführt worden waren, sondern auf demjenigen eines anderen Landwirts, weshalb unbestrittenermassen die Einfuhrabgaben geschuldet sind. Zu überprüfen ist die Rechtmässigkeit der Schätzung durch die OZD.

      1. Die zollstrafrechtliche Untersuchung wurde am 2. Mai 2014 eingeleitet. In diesem Zeitpunkt war eine zollamtliche Wägung der eingeführten rohen Bodenerzeugnisse nicht mehr möglich, weshalb eine Schätzung Platz greifen musste (E. 6.7). Die Zollverwaltung hat zu Recht für den Nachbezug eine Schätzung des Gewichts der Zuckerrüben durchgeführt (E. 6.9 [Schritt 1]). Für die Bemessung der Zollabgaben ist nämlich das Einfuhrgewicht massgeblich (Art. 19 Abs. 1 Bst. a ZG; E. 3.1).

      2. In einem zweiten Schritt (E. 6.9) geht es somit darum zu prüfen, ob diese Schätzung pflichtgemäss erfolgte.

        1. Die OZD hat für die Bestimmung des Gewichts (als Grundlage für die Berechnung der Einfuhrabgaben) auf die in der Voranmeldung vom

          14. November 2010 aufgeführten Gewichtsangaben abgestellt. Bei diesen Angaben handelt es um eine vom Beschwerdeführer vorgenommene Schätzung des Einfuhrgewichtes. Insoweit kann der Zollanmeldung zum Vornherein nur eine bedingte Genauigkeit zuerkannt werden.

          Dass die OZD für ihre Schätzung auf die Gewichtsangaben in der Voranmeldung vom 14. November 2010 abgestellt hat, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es sich um eigene Angaben des Beschwerdeführers

          handelt, auf welchen sich dieser behaften zu lassen hat. Auch dadurch, dass die OZD nicht auf die Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 abgestellt hat, kann ihr kein Ermessensfehler vorgeworfen werden, weist doch auch diese die in E.8.2.3.3 dargelegten Mängel auf.

        2. Weiter verlangt der Beschwerdeführer eine proportionale Aufteilung der eingeführten Menge auf die deklarierten und nicht deklarierten Felder. Auch damit rügt er die von der OZD verwendete Schätzungsmethode. Der Beschwerdeführer behauptet, dass die Ertragsmengen auf den einzelnen Feldern gleich hoch seien (vgl. amtliche Akten act. 8.2 S. 34). Dies ist jedoch nicht der Fall, wie sich bereits aus den Ertragsausweisen ergibt. Im Ertragsausweis 2-CH002171-1361 vom 10. März 2010 wurde eine Zuckerrübenmenge von brutto 120'000 kg für eine kultivierte Fläche von 122,12 Aren deklariert. Dies entspricht einem Ertrag von 983 kg/a. Im Ertragsausweis 2-CH002171-1281 vom 10. April 2010 wurde für die Fläche von 326 Aren (tatsächlich aber: 326,97 Aren) eine Bruttomenge von 250'000 kg angegeben. Dies entspricht rund 767 kg/a (amtliche Akten act. 11/1). Die Ertragsmengen auf diesen Flächen weichen demzufolge erheblich voneinander ab. Die Voranmeldung vom 13. November 2010 (amtliche Akten act. 24/19) weist eine Einfuhrmenge von 100'000 kg aus (819 kg/a) und die Voranmeldung vom 14. November 2010 eine solche 240'000 kg (736 kg/a). Die Ertragsmengen pro Are differieren damit immer noch beträchtlich. Demzufolge ist eine gleichmässige Aufteilung der gesamthaft der Zuckermühle gelieferten Menge entsprechend der Feldgrösse nicht sachgerecht; der OZD kann kein Ermessensfehler vorgeworfen werden, dass sie dies nicht getan hat.

        3. Mit der angewandten Methode hat die OZD ihr Schätzungsermessen somit pflichtgemäss ausgeübt (E. 6.8 und 6. 9).

      1. Zu prüfen bleibt in einem dritten Schritt die Frage, ob die Schätzung der OZD offensichtlich falsch ist. Hierfür ist der Beschwerdeführer beweisbelastet (E. 6. 9).

        1. Unbestrittenermassen wurden neben der zu Unrecht abgabefrei eingeführten Zuckerrübenmenge gleichentags noch weitere Zuckerrüben zulässigerweise abgabenfrei im LBV eingeführt. Der Beschwerdeführer macht hierzu geltend, dass sämtliche Zuckerrüben von einem Lohnunternehmer eingeführt und anschliessend direkt bei der Zuckermühle abgeliefert worden seien. Er will daher für die eingeführte Warenmenge auf die in

          der Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 aufgeführten Gewichtsangaben abstellen (und diese dann nach den entsprechenden Flächen in eine abgabefrei und eine abgabepflichtig einzuführende Menge aufteilen [dazu E. 8.2.2 .2]).

        2. Der Beschwerdeführer behauptet, bei den in der Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 aufgeführten 294'010 kg handle es sich um das zollrechtlich massgebliche Bruttogewicht. Die von der Zuckermühle erstellte Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 spricht zwar explizit von "netto Gewichten" (vgl. amtliche Akten, act. 21). Indessen ist es durchaus naheliegend, dass es sich hierbei entgegen dieser Bezeichnung um die effektiven Warengewichte (ohne Tara) handelt. Die Zuckermühle nimmt nämlich von den ausgewiesenen Nettomengen einen weiteren Einschlag für den Erdbesatz von durchschnittlich 7% des Gewichtes vor, was darauf schliessen lässt, dass die "netto" Gewichtsangaben zollrechtlich dem Bruttogewicht entsprechen. Zudem sind die Gewichtsangaben sämtlicher an diesem Tag gewogenen Fuhren auf 10 kg genau ausgewiesen, womit diese Angaben zwar immer noch mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet, indessen um einiges präziser sind als die Gewichtsangaben auf der Voranmeldung. Damit erscheinen die Angaben auf der Liste auf den ersten Blick verlässlicher als die Schätzung in der Zollanmeldung.

          Die Liste datiert zwar rund dreieinhalb Jahre nach der tatsächlichen Einfuhr. Sie wurde jedoch von der Zuckermühle nicht auf Veranlassung des Beschwerdeführers, sondern auf Anfrage der Zollverwaltung erstellt, was dennoch für ihre Korrektheit spricht. Die Liste wäre daher als Basis für die Nacherhebung trotz nachträglicher Erstellung nicht von vornherein ungeeignet.

          Auch der Umstand, dass die Zuckerrüben von einem Lohnunternehmer abgeerntet und der Zuckermühle zugeführt worden sind, spricht durchaus dafür, dass die eingeführten Zuckerrüben gesamthaft der Zuckermühle abgeliefert worden sind. Eine teilweise anderweitige Verwendung durch den Beschwerdeführer ist auch deshalb eher unwahrscheinlich, weil er gemäss seinen Aussagen in der Befragung keine Tiere hält.

        3. Gleichwohl ist es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht völlig ausgeschlossen, dass ein Teil der eingeführten Menge nicht der Zuckermühle zugeführt worden ist und demzufolge nicht im auf der Liste bescheinigten Gewicht enthalten ist. Die abgelieferte Menge gemäss Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 betrug insgesamt

          294'010 kg. Die Differenz zwischen der gesamthaft vorangemeldeten Einfuhrmenge (Bruttogewicht) und der gewogenen Bruttomenge beträgt somit 45'990 kg. Damit wurden effektiv rund 13,5% weniger Zuckerrüben abgeliefert, als in den beiden Voranmeldungen zur Einfuhr angekündigt worden waren. Die Differenz entspricht rund zwei Einzeleinfuhren (Wagenladungen) und ist damit erheblich. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als die auf den Voranmeldungen enthaltenen Schätzungen gegenüber den Mengenangaben im Ertragsausweis (des Beschwerdeführers und des weiteren Landwirts) bereits um 30'000 kg reduziert worden sind. Die Differenz zwischen den Voranmeldungen und der Zuckerrübenlieferungsliste beträgt somit fast einen Viertel. Demzufolge ist nicht zweifelsfrei erstellt, dass die auf der Zuckerrübenlieferungsliste vom 11. Juni 2014 aufgeführten Mengen der effektiven Einfuhrmenge entsprechen und der Beschwerdeführer konnte nicht darlegen, dass die von der OZD vorgenommene Schätzung offensichtlich fehlerhaft ist. Den ihm obliegenden Beweis hat er somit nicht erbracht.

      2. Bezüglich der weiteren Argumente des Beschwerdeführers gilt folgendes:

        1. Zu Recht liess der Beschwerdeführer seinen Einwand fallen, wonach ein Einschlag für den Erdbesatz zu gewähren sei. Ein solcher Einschlag käme einer unzulässigen Bearbeitung der rohen Bodenerzeugnisse vor der Einfuhr gleich (E. 3.6).

        2. Da es sich im vorliegenden Verfahren um die nachträgliche Erhebung von Einfuhrabgaben gestützt auf Art. 12 VStrR geht, stellt sich die Frage nach einer amtlichen Korrektur der Zollanmeldung gemäss Art. 18 Abs. 2 ZG nicht (E. 6.6).

      3. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Schätzung durch die OZD nicht zu beanstanden ist. Demzufolge ist die Beschwerde in diesem Punkt

  • mit geänderter Begründung - abzuweisen (E. 2.2).

    8.3

        1. In zwei weiteren Fällen beruft sich der Beschwerdeführer sinngemäss auf Treu und Glauben und verlangt eine Abgabenbefreiung für das Jahr 2010 im Umfang von Fr. 3'110.40 (Zoll), Fr. 108.70 (MWST) sowie der darauf entfallenden Verzugszinsen, und für das Jahr 2011 eine solche von Fr. 567.00 (Zoll), Fr. 26.10 (MWST) sowie der darauf entfallenden Verzugszinsen. Er habe auf die von der Zollverwaltung auf dem vorausgefüllten

          Ertragsausweis (Form. 13.15) verwendeten Angaben zur Grösse der Fruchtflächen vertraut und nicht bemerkt, dass ein Teil des Feldes nicht angemeldet worden war. Dieser von der Verwaltung verursachte Fehler dürfe nicht ihm allein angelastet werden.

        2. Nicht umstritten ist, dass die Angaben im Ertragsausweis (Form. 13.15) fehlerhaft sind. Die effektive Einfuhr erfolgte auch für die von diesen beiden Teilflächen stammenden Waren mittels Voranmeldungen (Form. 13.17). Die Voranmeldungen (Form. 13.17) stellen die jeweiligen Zollanmeldungen im Sinne von Art. 25 ZG dar (E. 4.3). Zu korrigieren wären jedoch die Flächenangaben im Ertragsausweis. In der Voranmeldung selbst sind keine Ertragsflächen mehr zu nennen, weshalb sich die - vom Beschwerdeführer aufgeworfenen - Frage nach der Korrektur derselben nicht stellt.

        3. Wie vorstehend erwähnt wurde, gilt im Zollund im Übrigen auch im Mehrwertsteuerrecht - das Selbstdeklarationsprinzip und auferlegt dieses dem Abgabepflichtigen eine grosse Verantwortung. Darüber hinaus bedingt die Geltendmachung des Vertrauensschutzes, dass die von der Verwaltung geschaffene Vertrauensgrundlage nicht offensichtlich falsch sein darf, und dies für den Beschwerdeführer als solches auch leicht zu erkennen gewesen ist (E. 7.2). Die von der Zollverwaltung im Ertragsausweis (Form. 13.15) berücksichtigten Flächen waren indessen offensichtlich falsch, entsprachen sie doch nicht den effektiven Massen der Felder. Dies hätte Beschwerdeführer mit der notwendigen Sorgfalt ohne weiteres Erkennen können. Er hat damit die mangelhafte Deklaration der bewirtschafteten Feldgrössen selber zu verantworten. Folglich hat er auch die Konsequenzen dafür zu tragen, dass die Voraussetzungen für die steuerfreie Einfuhr im LBV in einem Teilumfang nicht erfüllt waren und die Abgaben für eingeführte Mehrmengen nachzuentrichten.

        4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde auch mit Bezug auf die beiden weiteren Fälle abzuweisen ist.

    8.4 Bei dieser Sachlage erübrigt sich die Prüfung einer Rückweisung, selbst wenn der Beschwerdeführer sinngemäss einen entsprechender Antrag hätte stellen wollen. Weitere Einwände gegen die Höhe der Zollabgaben, Einfuhrsteuer und Verzugszinsen liegen nicht vor.

    9.

    Der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei die Verfahrenskosten

    im Umfang von Fr. 1'600.- zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Der einbezahlte Kostenvorschuss in derselben Höhe ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Entsprechend hat der Beschwerdeführer auch keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. Art. 64 in Verbindung mit Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

    (Für das Dispositiv wird auf die nächste Seite verwiesen.)

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

    2.

    Die Verfahrenskosten von Fr. 1'600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

    3.

    Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Salome Zimmermann Monique Schnell Luchsinger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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