E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Bundesverwaltungsgericht Urteil A-5757/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-5757/2015
Datum:19.02.2016
Leitsatz/Stichwort:Mehrwertsteuer
Schlagwörter : "; Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Forderung; Einbarung; Vereinbarung; Träge; Zahlung; Recht; Vertrag; Forderungen; Leistung; Factor; Gruppe; Steuer; Zahlungs; Akten; Mehrwertsteuer; MWSTG; Vorinstanz; Factoring; Zahlungsregulierung; Zahlungsregulierung"; Urteil; Lieferant; "Vereinbarung; Gesellschaft; Leistungen
Rechtsnorm: Art. 112 MWSTG ; Art. 113 MWSTG ; Art. 114 OR ; Art. 13 MWSTG ; Art. 164 OR ; Art. 165 OR ; Art. 18 MWSTG ; Art. 21 VwVG ; Art. 22 MWSTG ; Art. 26 VwVG ; Art. 28 MWSTG ; Art. 29 BV ; Art. 29 MWSTG ; Art. 30 MWSTG ; Art. 48 VwVG ; Art. 50 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:113 II 163; 115 V 297; 118 II 145; 126 II 275; 128 III 271; 129 III 264; 130 II 473; 130 III 321; 131 I 153; 137 II 182; 140 II 202; 140 II 248; 84 II 355; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-5757/2015

U r t e i l  v o m  1 9.  F e b r u a r  2 0 1 6

Besetzung Richter Daniel Riedo (Vorsitz), Richterin Marie-Chantal May Canellas, Richter Michael Beusch, Gerichtsschreiber Beat König.

Parteien A. B.V., B. Branch, vertreten durch Dr. oec. Ivo P. Baumgartner, Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Vorinstanz,

Gegenstand MWST; Steuerobjekt; Vorsteuerabzug (2010-2012).

Sachverhalt:

A.

Die "MWST-Gruppe A.

    1. ." (im Folgenden: Mehrwertsteuer-

      gruppe A. ) wurde auf Antrag vom 30. März 2010 rückwirkend per

      1. Januar 2010 als neues Steuersubjekt im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. Als Vertreterin der Gruppe bezeichnet wurde das vor dem 1. Januar 2010 als selbständiges Mehrwertsteuersubjekt im genannten Register eingetragen gewesene Gruppenmitglied A. B.V., B. Branch. Nebst diesem Mitglied verfügt die Mehrwertsteuergruppe A. über drei weitere Gruppenmitglieder, nämlich die C. AG (mit Sitz in

        D. ), die E.

        AG (mit Sitz in F. ) und die

        G. AG (mit Sitz in H. ).

        Zwischen dem 14. Februar und 20. März 2013 führte die ESTV an den Domizilen der vier Gruppenmitglieder eine Kontrolle betreffend die Steuerperioden 2010 bis 2012 (Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2012) durch. Gestützt auf das Ergebnis der Kontrolle und nach Korrespondenz sowie Besprechungen mit der Mehrwertsteuergruppe A. machte die ESTV am 19. August 2013 mit "Einschätzungsmitteilung Nr. [ ] / Verfügung" gegenüber der Mehrwertsteuergruppe A. eine Mehrwertsteuerkorrektur zugunsten der ESTV in der Höhe von Fr. 524'799.- zuzüglich des gesetzlich geschuldeten Verzugszinses ab dem 31. Dezember 2011 (mittlerer Verfall) geltend.

        B.

        Mit Eingabe vom 18. September 2013 liess die A.

        B.V.,

        B. Branch, "Einsprache" gegen die vorerwähnte "Einschätzungsmitteilung Nr. [ ] / Verfügung" erheben.

        C.

        Am 5. August 2015 erliess die ESTV (nachfolgend auch: Vorinstanz) einen "Einspracheentscheid" und wies die "Einsprache" vom 18. September 2013 ab. Sie bestätigte sodann, dass die Steuerforderungen gegenüber

        der Mehrwertsteuergruppe A.

        in der "Einschätzungsmitteilung

        Nr. [ ] / Verfügung" richtig auf Fr. 610'520.- für die Steuerperiode 2010, Fr. 527'848.- für die Steuerperiode 2011 und Fr. 753'904.- für die Steuerperiode 2012 festgesetzt wurden und diese Mehrwertsteuergruppe der ESTV für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2012 somit die fraglichen Mehrwertsteuern im Betrag von Fr. 524'799.- zu Recht bezahlt habe. Ferner ordnete die Vorinstanz an, dass die Mehrwertsteuergruppe A. ihr für die Steuerperioden 2010 bis 2012 einen Verzugszins von 4 % ab dem 31. Dezember 2011 (mittlerer Verfall) bis zum 9. Oktober 2013 (Zahlungsdatum) auf dem Betrag von Fr. 524'799.- zu bezahlen habe.

        Zur Begründung führte die ESTV im Wesentlichen aus, die A. B.V. sei die Finanzgesellschaft der A. -Gruppe. Diese Finanzgesellschaft und ihre Zweigniederlassung in der Schweiz würden eng mit der Konzernleitung sowie den operativen Gesellschaften zusammenarbeiten und insbesondere dafür sorgen, dass die Konzerngesellschaften stets über die erforderliche Liquidität verfügen. Wie sich bereits vor Erlass der "Einschätzungsmitteilung Nr. [ ] / Verfügung" herauskristallisiert habe, sei im Fall der Mehrwertsteuergruppe A. die Frage zentral und streitig,

        ob die von der A.

          1. durch ihre Zweigniederlassung in

            B. mit den Lieferanten der weltweiten A. -Gesellschaften abgeschlossenen "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" aus mehrwertsteuerlicher Sicht steuerbare Inkassodienstleistungen oder von der Steuer ausgenommene Geschäfte mit Geldforderungen seien. Nach Auffassung der ESTV sei Letzteres der Fall, weil es sich bei den fraglichen "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" um Forderungskaufverträge unter Übernahme des vollen Delkredererisikos durch die A. B.V. und damit um feste Forderungsabtretungen bzw. um echte Factoringverträge im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung handle. Infolgedessen sei zu Recht eine Vorsteuerabzugskorrektur aufgrund gemischter Verwendung vorgenommen worden und sei die "Einsprache" unbegründet.

            D.

            Gegen den "Einspracheentscheid" der Vorinstanz vom 5. August 2015 liess die A. B.V., B. Branch (nachfolgend: Beschwerdeführerin), am 14. September 2015 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Sie stellt den Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen "Einspracheentscheids" sowie Kostenund Entschädigungsfolgen sei die für die Steuerperioden vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 noch gesamthaft zu zahlende Mehrwertsteuer auf Fr. 12'156.80 nebst Verzugszins seit dem 31. Dezember 2011 festzusetzen. Im Sinne von Beweisofferten hält sich die Beschwerdeführerin die Einreichung verschiedener Ver-

            träge und die Befragung ihres Angestellten I. schwerde, N. 44 ff. und N. 83).

            vor (vgl. BeZur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Beschwerdeführerin insbesondere aus, die Vorinstanz habe zu Unrecht Leistungen aus den "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" nicht als Inkassoleistungen, sondern als von der Steuer ausgenommene Forderungskäufe eingestuft und damit diesbezüglich den Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die ESTV verkenne, dass die streitbetroffenen Verträge weder eine gültige Forderungsabtretung zur Folge hätten noch eine Übernahme der Haftung für den Ausfall der Forderungen vorsehen würden. Indem die Vorinstanz die Leistungen aus den "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" nicht als steuerbare Leistungen qualifiziere, setze sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Praxisverlautbarungen. Es komme hinzu, dass die Vorinstanz der Beschwerdeführerin mit einem Schreiben vom 27. November 2003 die verbindliche und vertrauensbegründende Auskunft bzw. Zusicherung gegeben habe, dass die (im Inland erbrachten) Leistungen aus den "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" der Steuer unterlägen und in diesem Zusammenhang von einem vollen Vorsteuerabzugsrecht auszugehen sei.

            E.

            Mit Vernehmlassung vom 30. Oktober 2015 beantragt die ESTV, die Beschwerde sei unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin abzuweisen.

            F.

            Auf die weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten und die eingereichten Akten wird - sofern erforderlich - in den folgenden Erwägungen eingegangen.

            Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

            1.

            Angefochten ist ein "Einspracheentscheid" der ESTV und damit eine Verfügung nach Art. 5 VwVG. Das Bundesverwaltungsgericht ist die zuständige Beschwerdeinstanz (Art. 31 , Art. 32 e contrario und Art. 33 Bst. d VGG; vgl. zur funktionalen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Behandlung von Beschwerden gegen "Einspracheentscheide" der ESTV, die im Zuge von "Einsprachen" gegen Einschätzungsmitteilungen ergangen sind: Urteile des BVGer A-6437/2012 vom 6. November 2013 E. 1.2.2 f., A-6180/2012 vom 3. September 2013 E. 1.2.2 f., sowie [erstmals] A-707/2013 vom 25. Juli 2013 insbesondere E. 1.2.3 und 4.2 f., dieses bestätigt durch BGE 140 II 202). Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

            Die Beschwerdeführerin als Vertreterin der Mehrwertsteuergruppe

            A.

            ist zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt

            (Art. 48 Abs. 1 VwVG; vgl. zur Legitimation bei einer Mehrwertsteuergruppe Urteil des BGer 2C_124/2009 vom 10. März 2010 E. 1.2), hat diese fristund formgerecht eingereicht (Art. 22a Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 VwVG; Art. 52 Abs. 1 VwVG) und den einverlangten Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet (vgl. Art. 21 Abs. 3 VwVG).

            Auf die Beschwerde ist einzutreten.

            2.

            2.1 Auf den 1. Januar 2010 wurden das neue Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20) und die Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV, SR 641.201) in Kraft gesetzt. Das MWSTG trat an die Stelle des Mehrwertsteuergesetzes vom

      2. September 1999 (aMWSTG, AS 2000 1300), in Kraft ab 1. Januar 2001. Auf die vor dem 1. Januar 2010 eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse bleibt das bisherige Recht anwendbar (Art. 112 Abs. 1 und 2 MWSTG, Art. 93 Abs. 1 und 2 aMWSTG).

Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt betrifft grundsätzlich die Steuerperioden 2010 bis 2012, weshalb insoweit in materieller Hinsicht das MWSTG gilt. Indes beschlägt die vorliegende Streitsache gemäss dem Beiblatt zur "Einschätzungsmitteilung Nr. [ ] / Verfügung" vom 19. August 2013 auch die Position "Storno der nachträglichen Ermittlung von Vorsteuern für die Geschäftsjahre 2005 - 2009" bzw. "nachträgliche Vorsteuerabzüge" dieser Geschäftsjahre, weshalb diesbezüglich materiell-rechtlich noch das aMWSTG zur Anwendung gelangt.

Demgegenüber gilt vorliegend ausschliesslich das neue mehrwertsteuerliche Verfahrensrecht im Sinne von Art. 113 Abs. 3 MWSTG.

2.2

      1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann das Beweisverfahren geschlossen werden, wenn die noch im Raum stehenden Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind, etwa weil ihnen die Beweiseignung an sich abgeht oder umgekehrt die betreffende Tatsache aus den Akten bereits genügend ersichtlich ist und angenommen werden kann, dass die Durchführung bzw. Abnahme des Beweises im Ergebnis nichts ändern wird (sog. antizipierte Beweiswürdigung; statt vieler: BGE 131 I 153 E. 3; ALFRED KÖLZ et al., Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, N. 153, 457 und

        537).

      2. Im Steuerrecht gilt grundsätzlich, dass die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen trägt, während die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und -mindernden Tatsachen beweisbelastet ist (statt vieler: BGE 140 II 248 E. 3.5; Urteil des BGer 2C_232/2012 vom 23. Juli 2012 E. 3.5, veröffentlicht in: ASA 81 S. 422; statt vieler: Urteile des BVGer A-2473/2014 vom 13. März 2015 E. 2.6.3, A-2900/2014 vom 29. Januar 2015 E. 1.4).

Liegen Beweisschwierigkeiten vor, die typischerweise bei bestimmten Sachverhalten auftreten, werden Beweiserleichterungen vorgesehen, zum Beispiel indem das Beweismass herabgesetzt wird (vgl. BGE 128 III 271

E. 2b/bb). Diese sog. "Beweisnot" liegt aber nicht schon darin begründet, dass eine Tatsache, die ihrer Natur nach ohne weiteres dem unmittelbaren Beweis zugänglich wäre, nicht bewiesen werden kann, weil der beweisbelasteten Partei die Beweismittel fehlen. Solche blossen Beweisschwierigkeiten im konkreten Einzelfall können nicht zu einer Beweiserleichterung führen (BGE 130 III 321 E. 3.2, mit Hinweisen).

    1. Verwaltungsverordnungen (wie MWST-Infos, MWST-Branchen-Infos, Merkblätter, Richtlinien, Kreisschreiben etc.) sind nur, aber immerhin, Meinungsäusserungen der Verwaltung über die Auslegung der anwendbaren Gesetzesbestimmungen. Sie dienen der Sicherstellung einer einheitlichen, gleichmässigen und sachrichtigen Praxis des Gesetzesvollzugs (BVGE 2010/33 E. 3.3.1, 2007/41 E. 4.1; MICHAEL BEUSCH, Was Kreis-

      schreiben dürfen und was nicht, in: Der Schweizer Treuhänder 2005,

      S. 613 ff.). Als solche sind sie für die als eigentliche Adressaten figurierenden Verwaltungsbehörden verbindlich, wenn sie nicht klarerweise einen verfassungsoder gesetzeswidrigen Inhalt aufweisen (MICHAEL BEUSCH, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Teil I/Bd. 2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], 2. Aufl. 2008, Art. 102 N 15 ff.). Die Gerichtsbehörden sollen Verwaltungsverordnungen bei ihrer Entscheidung denn auch mitberücksichtigen, sofern diese eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen.

      Dies gilt umso mehr, als es nicht Aufgabe der Gerichte ist, als Zweitinterpreten des der Verwaltungsverordnung zugrunde liegenden Erlasses eigene Zweckmässigkeitsüberlegungen an die Stelle des Vollzugskonzepts der zuständigen Behörde zu setzen (BGE 126 II 275 E. 4c, 123 II 16 E. 7a; BVGE 2010/33 E. 3.3.1, 2007/41 E. 3.3).

    2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich aus Art. 29 Abs. 2 BV und verleiht den von einem zu fällenden Entscheid Betroffenen verschiedene Mitwirkungsrechte. Das rechtliche Gehör umfasst diverse Teilgehalte, so namentlich das Recht auf Akteneinsicht (Urteil des BVGer A-5078/2012 vom 15. Januar 2014 E. 2.2, mit Hinweisen). In gesetzlicher Konkretisierung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sieht Art. 26 Abs. 1 VwVG vor, dass die Partei oder ihr Vertreter Anspruch darauf hat, die Akten in ihrer Sache einzusehen. Die Akteneinsicht ist auf Gesuch der Partei zu gewähren, sofern nicht wesentliche öffentliche oder private Interessen eine Geheimhaltung erfordern (vgl. Art. 27 VwVG).

      Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich das Akteneinsichtsrecht im Allgemeinen nicht auf interne Akten. Verwaltungsinterne Papiere, die ausschliesslich den internen Willensbildungsprozess der entscheidenden Behörde betreffen, wie Entwürfe, Anträge oder Hilfsbelege usw., unterliegen der Einsicht grundsätzlich nicht (MICHELE ALBERTINI, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, 2000, S. 228). Dieser Grundsatz wird indessen relativiert. Die Abgrenzung zwischen Verfahrensakten und der Einsicht nicht unterliegenden, internen Akten soll demnach nicht nach äusserlichen Merkmalen erfolgen. Abzustellen ist auf die Funktion des Akteneinsichtsrechts als Instrument zur Verwirklichung des rechtlichen Gehörs (ALBERTINI, a.a.O.,

      S. 229). Verwaltungsintern erstellte Dokumente unterliegen dem Grundsatz des Einsichtsrechts nach Art. 26 Abs. 1 VwVG, wenn die fraglichen Dokumente den Ausgang des Verfahrens beeinflussen können, mithin dann, wenn sie zur Feststellung des für die Verfügung wesentlichen Sachverhalts von objektiver Bedeutung sind (Urteil des BVGer A-5754/2008 vom 5. November 2009 E. 2.2.1). Eine Verweigerung der Einsicht in solche Dokumente muss sich deshalb auf die in Art. 27 VwVG genannten Gründe stützen (BGE 115 V 297 E. 2g/bb; BERNHARD WALDMANN/MAGNUS OESCH-

      GER, in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2009, Art. 26 N. 64; siehe zum Ganzen Urteil des BVGer A-5078/2012 vom 15. Januar 2014 E. 2.3).

    3. Die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts durch den von einer Verfügung Betroffenen setzt eine Aktenführungspflicht der Verwaltung voraus. Die Behörden haben alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört und entscheidwesentlich sein kann (BGE 130 II 473 E. 4.1). Die Akten sind grundsätzlich von Beginn weg in chronologischer Reihenfolge abzulegen und müssen bei Vorliegen eines Gesuchs um Akteneinsicht bzw. spätestens im Zeitpunkt des Entscheids durchgehend paginiert werden. Ausserdem ist in der Regel ein Aktenverzeichnis zu erstellen, welches eine chronologische Auflistung sämtlicher in einem Verfahren gemachter Eingaben enthält (Urteil des BGer 2C_327/2010 und 2C_328/2010 vom

      19. Mai 2011 E. 3.2). Hierzu gehört auch eine kurze Beschreibung der Dokumentart bzw. des Inhalts des jeweiligen Dokuments (Urteil des BGer 8C_319/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 2.2.2; Urteil des BVGer A-5275/2015 und A-5278/2015 vom 4. November 2015 E. 8.7.4; PATRICK L.

      KRAUSKOPF/KATRIN EMMENEGGER, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], a.a.O., Art. 12 N. 43).

    4. Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden (Art. 9 BV). Nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes haben die Privaten Anspruch darauf, in ihrem berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden geschützt zu werden (ULRICH HÄFELIN et al., Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, N. 627). Allerdings wird der Vertrauensschutz im Abgaberecht, das von einem strengen Legalitätsprinzip beherrscht wird, nur zurückhaltend gewährt (Urteile des BVGer A-7148/2010 vom 19. Dezember 2012 E. 7.1, A-1374/2011 vom 5. Januar 2012 E. 3.4).

Für die erfolgreiche Geltendmachung des Vertrauensschutzprinzips bedarf es zunächst eines Anknüpfungspunktes; es muss eine Vertrauensgrundlage vorhanden sein. Darunter ist das Verhalten eines staatlichen Organs zu verstehen, das bei den betroffenen Privaten bestimmte Erwartungen auslöst (Urteile des BVGer A-525/2013 vom 25. November 2013 E. 2.5.3, A-1374/2011 vom 5. Januar 2012 E. 3.2, A-2925/2010 vom 25. November 2010 E. 4.2.2). Mündliche oder schriftliche Auskünfte und Zusicherungen einer Verwaltungsbehörde bilden eine Vertrauensgrundlage, wenn sie sich auf eine konkrete, den betroffenen Privaten berührende Angelegenheit beziehen (vgl. BGE 137 II 182 E. 3.5.2, 131 II 627 E. 6.1; RENÉ WIEDER-

KEHR/PAUL RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. I, 2012

N. 2057, mit Hinweisen). Schriftliche Auskünfte allgemeiner Art bilden hingegen in der Regel keine Vertrauensgrundlage, wobei es sich ausnahmsweise anders verhält, wenn sich diese Auskünfte auf die ständige Praxis der betreffenden Behörde beziehen, sie zumindest auch konkreter Natur sind oder die betroffene Person zu einer bestimmten, sie betreffenden konkreten Frage eine Auskunft verlangt hat (WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O.,

N. 2059, mit Rechtsprechungshinweisen).

Auf die weiteren Voraussetzungen des Vertrauensschutzes muss im vorliegenden Verfahren nicht eingegangen werden.

3.

    1. Der Mehrwertsteuer unterliegen durch steuerpflichtige Personen im Inland gegen Entgelt erbrachte Lieferungen von Gegenständen bzw. im Inland gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen, sofern diese Umsätze nicht ausdrücklich von der Steuer ausgenommen sind (vgl. Art. 5 Bst. a und b aMWSTG bzw. Art. 18 Abs. 1 MWSTG).

    2. Im Bereich des Geldund Kapitalverkehrs von der Steuer ausgenommen sind insbesondere die Leistungen (mit Einschluss der Vermittlung) im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungsund Überweisungsverkehr sowie im Geschäft mit Geldforderungen, Checks und anderen Handelspapieren; steuerbar ist jedoch die Einziehung von Forderungen im Auftrag des Gläubigers ("Inkassoauftrag"; Art. 18 Ziff. 19 Bst. c aMWSTG bzw. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. c MWSTG). Zu diesen von der Steuer ausgenommenen Geschäften gehört der Forderungskauf unter Übernahme des vollen Risikos der Einbringlichkeit der abgetretenen Forderung bzw. der vollen Übernahme des sog. Delkredererisikos (echtes Factoring). Werden jedoch Forderungen ohne Übernahme des Delkredererisikos an einen Dritten abgetreten (unechtes Factoring) oder zieht ein Dritter Forderungen im Namen und auf Rechnung des Gläubigers ein, und hat der Dritte dabei über die vom Schuldner bezahlten Beträge Rechnung abzulegen, so liegt kein Finanzierungsgeschäft, sondern eine steuerbare Dienstleistung vor (BVGE 2007/14 E. 2.2.2; Urteile des BVGer A-5651/2013 vom 18. September 2014 E. 2.3.3, A-2632/2013 vom 26. Februar 2014 E. 2.2; vgl. ferner Urteil des BGer 2C_982/2014 vom 1. September 2015 E. 3.1; ALOIS CAMENZIND et al., Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], 3. Aufl. 2012, N. 1224 ff., 1249 ff. und 1514; PEER KÖ-

NING, Probleme bei der Einziehung von Mehrwertsteuerforderungen im Zusammenhang mit Zessionen, in: ASA 74 S. 368 ff.).

3.3

      1. Die ESTV hat die mehrwertsteuerliche Behandlung von Factoringgeschäften altrechtlich in ihren Wegleitungen zur Mehrwertsteuer und neurechtlich in ihrer MWST-Info 04 konkretisiert. Sie unterscheidet zwischen "Inkassoaufträgen" und der "festen Abtretung der Entgeltsforderung" bzw. "Forderungsabtretungen".

        Ein blosser "Inkassoauftrag" liegt gemäss ESTV vor, wenn der Erbringer der "Hauptleistung" einen Dritten (z.B. eine Bank oder ein Inkassobüro) mit dem Inkasso seiner Forderung gegenüber dem Leistungsempfänger beauftrage und der Dritte über jede einzelne Zahlung des Schuldners mit dem Leistungserbringer abrechne (wobei aber das Bundesverwaltungsgericht bereits in einem früheren Entscheid entgegen dieser Praxis der ESTV entschieden hat, dass das Kriterium der Einzelabrechnung grundsätzlich kein taugliches Abgrenzungskriterium bildet [vgl. ausführlich BVGE 2007/14

        E. 3.3.1; HARUN CAN, Mehrwertsteuer-Folgen der Abtretung von Geldforderungen, in: IFF Forum für Steuerrecht 2008, S. 202]). Der Dritte, welcher definitionsgemäss kein Delkredererisiko trage, müsse unter diesen Voraussetzungen lediglich das Entgelt für die Inkassoleistung versteuern; der Leistungserbringer hingegen den vollen Betrag, welchen der Dritte vom Schuldner vereinnahmt und an den Leistungserbringer weiterleitet, einschliesslich allfälliger Teilzahlungszuschläge, Vertragszinsen und Anrechnungswerte (vgl. zum Ganzen: Wegleitung 2001 zur Mehrwertsteuer [gültig vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2007], N. 266 und N. 646; Weglei-

        tung 2008 zur Mehrwertsteuer [gültig vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezem-

        ber 2009], N. 266; MWST-Info 04, Ziff. 2.3.3).

        Um eine "feste Abtretung der Entgeltsforderung" bzw. eine "Forderungsabtretung (Zession; Art. 164-174 OR)" an einen Dritten handelt es sich gemäss ESTV, wenn der Leistungserbringer die Entgeltsforderung gegenüber dem Leistungsempfänger schriftlich an den Dritten mit einer Einzeloder Globalzession zediert, der Dritte unabhängig vom Zahlungseingang ein Abtretungsentgelt leistet und nicht über jede Zahlung des Leistungsempfängers abgerechnet wird, der Dritte also die Zahlung für eigene Rechnung vereinnahmt. Unter diesen Voraussetzungen habe die Abtretung der Forderung mehrwertsteuerlich keine Auswirkungen auf das Leistungsverhältnis zwischen dem Leistungserbringer (Zedent) und dem Leistungsempfänger (Schuldner). Das bedeute, dass der Zedent nicht lediglich den vom Dritten (Zessionar) für den Erwerb der Forderung bezahlten Betrag, sondern das gesamte Entgelt zu versteuern habe, welches der Schuldner gemäss vertraglicher Vereinbarung entrichten müsse. Der Zessionar erbringe

        bezüglich der abgetretenen Forderung eine von der Steuer ausgenommene Leistung im Bereich des Geldund Kapitalverkehrs (vgl. zum Ganzen BVGE 2007/14 E. 2.2.1; Urteile des BVGer A-2632/2013 vom 26. Februar 2014 E. 2.5.2.3, A-2625/2013 vom 10. Februar 2014 E. 2.5.2.3 f.).

      2. In Ziff. 6.6 ihrer Branchen-Info 14 "Finanzbereich" umschreibt die ESTV für das MWSTG die Begriffe echtes und unechtes Factoring sodann wie folgt:

        "Echtes Factoring Feste Abtretung einer Kaufpreisforderung an einen Dritten (Factor), der die Zahlungen des Käufers für eigene Rechnung vereinnahmt und nicht verpflichtet ist, darüber Rechnung abzulegen. Ob und in welchem Umfang der Factor das Delkredere-Risiko übernimmt, spielt keine Rolle.

        Unechtes Factoring Inkassoauftrag an einen Dritten (Factor), der verpflichtet ist, die vom Schuldner bezahlten Beträge mit dem Leistungserbringer abzurechnen."

      3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die ESTV gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben an ihre eigene Praxisfestlegung (vgl. dazu vorn E. 3.3.1 f.) gebunden, wonach für die mehrwertsteuerliche Beurteilung von Factoringverhältnissen der zivilrechtliche Begriff der Zession von Art. 164 ff. OR massgebend ist (Urteile des BVGer A-2632/2013 vom 26. Februar 2014 E. 3.3.2, A-2625/2013 vom 10. Feb-

ruar 2014 E. 3.3.2).

3.4

      1. Das aMWSTG statuiert bezüglich des Vorsteuerabzuges - soweit hier interessierend - folgende Regelung:

        Verwendet die steuerpflichtige Person Gegenstände oder Dienstleistungen für steuerbare Ausgangsleistungen, so kann sie in ihrer Steuerabrechnung die ihr von anderen Steuerpflichtigen in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen und Dienstleistungen abziehen (Vorsteuerabzug; Art. 38 Abs. 1 und 2 aMWSTG). Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen - unter Vorbehalt einer Option - von der Steuer ausgenommene Umsätze (Art. 17 aMWSTG, Art. 38 Abs. 4 und Abs. 2 Bst. c aMWSTG). Für die Versteuerung der in Art. 18 Ziff. 19 Bst. c aMWSTG genannten Umsätze - namentlich aus dem Geschäft mit Geldforderungen (vgl. E. 3.2) - kann nicht optiert werden (Art. 26 Abs. 1 aMWSTG e contrario), weshalb ein Vorsteuerabzug bezüglich solcher Umsätze ausgeschlossen bleibt.

      2. Neurechtlich kann die steuerpflichtige Person gemäss Art. 28 Abs. 1 MWSTG Vorsteuern im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit abziehen.

        Kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht bei Leistungen und bei der Einfuhr von Gegenständen, die für die Erbringung von Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde, verwendet werden (Art. 29 Abs. 1 MWSTG). Die Option ist unter anderem für Leistungen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 MWSTG - also namentlich für Umsätze aus dem Geschäft mit Geldforderungen gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. c MWSTG - ausgeschlossen (Art. 22 Abs. 2 Bst. a MWSTG).

      3. Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände, Teile davon oder Dienstleistungen innerhalb seiner unternehmerischen Tätigkeit sowohl für Leistungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Leistungen, die vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, muss er den Vorsteuerabzug nach dem Verhältnis der Verwendung kürzen bzw. korrigieren (vgl. Art. 41 Abs. 1 aMWSTG bzw. Art. 30 Abs. 1 MWSTG). Eine detaillierte Regelung zum Vorgehen bei der entsprechenden Korrektur lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen (vgl. zum früheren Recht Urteile des BVGer A-6898/2014 vom 21. Mai 2015 E. 2.7.1, A-1595/2006 vom 2. April 2009

E. 2.7; zum neuen Recht BÉATRICE BLUM, in: Felix Geiger/Regine Schluckebier [Hrsg.], MWSTG Kommentar, Schweizerisches Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer mit den Ausführungserlassen sowie Erlasse zum Zollwesen, 2012, Art. 30 N. 7; CAMENZIND et al., a.a.O., N. 1737). Die Kürzung bzw. Korrektur muss jedoch jedenfalls sachgerecht sein (vgl. zum neuen Recht Art. 68 Abs. 1 MWSTV, wonach die Berechnung der Korrektur des Vorsteuerabzuges zu einem sachgerechten Ergebnis führen muss; zum früheren Recht vgl. Urteile des BVGer A-6898/2014 vom 21. Mai 2015 E. 2.7.1, A-1595/2006 vom 2. April 2009 E. 2.7).

Hat die ESTV eine Vorsteuerabzugskorrektur beispielsweise vorzunehmen, weil der Steuerpflichtige eine solche unterlassen hat, steht ihr bei der Wahl der anzuwendenden Methode ein weiter Ermessensspielraum zu. Vom Gericht ist nur zu prüfen, ob die gewählte Methode sachgerecht ist und ob sich die Verwaltung bei der vorgenommenen Vorsteuerabzugskorrektur innerhalb ihres Ermessensspielraums bewegt hat (vgl. zum früheren Recht Urteil des BVGer A-3527/2010 vom 7. Juni 2011 E. 4.4; zum neuen Recht Urteil des BVGer A-1382/2015 vom 11. August 2015 E. 7). Insbesondere setzt das Gericht nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des

Ermessens der ESTV (vgl. zum früheren Recht Urteil des BGer 2C_970/2012 vom 1. April 2013 E. 4.2 f.; Urteile des BVGer A-6898/2014 vom 21. Mai 2015 E. 2.7.4). Ist eine Vorsteuerabzugskorrektur durch die ESTV zu Recht erfolgt und erscheint diese nicht bereits im Rahmen der durch das Bundesverwaltungsgericht mit der gebotenen Zurückhaltung vorzunehmenden Prüfung als pflichtwidrig, obliegt es der steuerpflichtigen Person, darzutun und nachzuweisen, dass die vorgenommene Korrektur offensichtlich nicht sachgerecht ist (vgl. zum früheren Recht statt vieler Urteile des BVGer A-6898/2014 vom 21. Mai 2015 E. 2.7.4, A-1595/2006 vom 2. April 2009 E. 2.7.1).

3.5 Bei antragsgemäss bewilligter Gruppenbesteuerung bilden (neurechtlich) die beteiligten Gruppenmitglieder nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 MWSTG ein einziges Steuersubjekt, weshalb steuerpflichtige Person und damit vorsteuerabzugsberechtigt die Mehrwertsteuergruppe als solche ist (vgl. zum früheren Recht Urteil des BGer 2C_124/2009 vom 10. März 2010 E. 2.4 am Ende; Urteil des BVGer A-1662/2006 vom 14. Januar 2009 E. 6.3.1).

Weil bei einer Mehrwertsteuergruppe nicht das einzelne Mitglied, sondern die Mehrwertsteuergruppe als solche das Steuersubjekt bildet, begründen Leistungsbeziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern als sog. Innenumsätze keine mehrwertsteuerlichen Leistungsverhältnisse. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug auf Lieferungen und Dienstleistungen im Aussenverhältnis ist grundsätzlich aus Sicht jedes einzelnen Gruppenmitgliedes zu beurteilen, und zwar aufgrund der letztlich von der Gruppe und dem Empfänger ausserhalb der Gruppe erbrachten Leistungen, für welche die bezogenen Leistungen verwendet werden (siehe zum Ganzen MWStInfo 03 Gruppenbesteuerung, Ziff. 8.4; PHILIP ROBINSON et al., Die Gruppenbesteuerung im neuen Schweizer Mehrwertsteuergesetz, ASA 78,

S. 841 ff., S. 857). Jedes Gruppenmitglied hat mit anderen Worten aufgrund der selbst gegenüber Dritten (bzw. Nicht-Gruppenmitgliedern) erbrachten Aussenleistungen seine eigene Vorsteuerabzugsquote bzw. Vorsteuerkorrektur infolge gemischter Verwendung zu ermitteln (MWSt-Info 09 Vorsteuerabzug und Vorsteuerkorrekturen, Ziff. 8).

3.6

      1. Die Abtretung von Forderungen im Sinne von Art. 164 ff. OR bildet ein zweiseitiges Verfügungsgeschäft, aufgrund dessen der Zessionar in die Gläubigerstellung des Zedenten nachfolgt. Welche Bedeutung die Zession im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar hat, ergibt sich aus dem Grundgeschäft, welches das Motiv zur Abtretung bildet (pactum

        de cedendo). Die Übertragung der Forderung kann die Erfüllung eines Kaufvertrages oder einer Schenkung bilden oder an Erfüllungs statt, erfüllungshalber, sicherungshalber oder treuhänderisch zum Inkasso erfolgen (BGE 118 II 145 E. 1b; Urteil des BGer 4A_604/2011 vom 22. Mai 2012 E. 4.2.2).

        Ob die Wirksamkeit der Abtretung von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts bzw. des Grundgeschäfts, also einer gültigen causa abhängig ist, ist umstritten (vgl. anstelle vieler INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2009, N. 90.07, mit Hinweisen). Selbst wenn die kausale Natur der Abtretung verneint und dem Abstraktionsprinzip gefolgt würde, wonach die Wirksamkeit der Abtretung nicht von der Gültigkeit der causa abhängig ist, bedeutet dies nicht, dass eine causalose Zession möglich ist. Denn eine Abtretung bedarf als Verfügungsgeschäft stets einer causa (BENEDIKT FÄSSER, Der Factoringvertrag im schweizerischen Recht, 2010, N. 196 Fn. 295, mit Hinweis).

      2. Abgetreten werden können auch künftige Forderungen, und zwar nach der Praxis des Bundesgerichts soweit diese im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar sind. Das Bundesgericht lässt es demnach genügen, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung aufgrund der Vorschriften des Abtretungsvertrages klar ist, ob die jeweilige Forderung dem Zedent oder dem Zessionar zusteht (BGE 113 II 163 E. 2; SCHWENZER, a.a.O.,

        N. 90.28 f. [mit Hinweisen auf abweichende Lehrmeinungen]). Unter dieser Voraussetzung kann auch eine Globalzession, d.h. eine auf eine Gruppe von Forderungen des Gläubigers gerichtete Abtretung, künftige Forderungen mitumfassen (vgl. SCHWENZER, a.a.O., N. 90.31 [mit Hinweisen auf hier nicht interessierende Schranken einer Globalzession]).

      3. Nach Art. 165 Abs. 1 OR bedarf die Zession zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Schriftlichkeit bedeutet in diesem Kontext gemäss Art. 13 OR, dass der Vertrag die Unterschriften aller Personen tragen muss, die durch ihn verpflichtet werden. Art. 165 Abs. 1 OR setzt mangels Verpflichtung des Zessionars nicht voraus, dass dieser die Abtretungsurkunde ebenfalls unterzeichnet. Vielmehr genügt es, dass der Zedent als verpflichtete Partei die Urkunde unterzeichnet (vgl. statt vieler SCHWENZER, a.a.O., N. 90.13).

3.7

      1. Ein zwischen dem Klienten und dem Factor abgeschlossener Factoringvertrag kann bereits sämtliche Rechtsgrundabreden für die Zessionen

        enthalten, also nebst der Globalzession als Verfügungsgeschäft auch den definitiven Rechtsgrund für diese Zession (causa) umfassen. Andere Factoringverträge sind hinsichtlich des Rechtsgrundes der Zession lediglich Rahmenverträge und enthalten damit noch keine definitive causa für die Globalzession (vgl. zum Ganzen FÄSSLER, a.a.O., N. 47).

        Bei einem Factoring-Rahmenvertrag der erwähnten Art kommen die eigentlichen Kaufverträge über die Forderungen erst dann zustande, wenn der Klient (nach Abschluss des Rahmenvertrages) die Forderungen dem Factor zum Kauf anbietet und Letzterer das Kaufangebot annimmt. Wie ein Vorvertrag im Sinne von Art. 22 OR enthält auch ein entsprechender Rahmenvertrag regelmässig die Verpflichtung, eine Reihe von Einzelverträgen abzuschliessen (sog. Kontrahierungspflicht). Bei Factoring-Rahmenverträgen, welche (anders als Vorverträge) Dauerschuldverhältnisse bilden, sind in der Regel die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Falle des Ankaufs der Forderungen durch den Factor sehr detailliert geregelt (vgl. zum Ganzen FÄSSLER, a.a.O., N. 184).

        Bei einem Factoring-Rahmenvertrag mit Globalzession von nicht angekauften Forderungen und einer den Factor treffenden Kontrahierungspflicht kann der Klient nach einer überzeugenden Auffassung der Doktrin im Falle, dass der Factor vertragswidrig eine Forderung nicht ankauft, unmittelbar auf die Bezahlung des Forderungskaufpreises klagen (FÄSSLER, a.a.O., N. 189, auch zum Folgenden). Denn der Factoring-Rahmenvertrag enthält Elemente eines Vorvertrages und nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann bei einem Vorvertrag, welcher schon alle wesentlichen Elemente des Hauptvertrages enthält, direkt auf die Erbringung der nach dem Hauptvertrag geschuldeten Leistung geklagt werden (sog. Einstufentheorie; vgl. zu dieser Rechtsprechung BGE 129 III 264 E. 3.2.1, 118 II 32 E. 3c; SCHWENZER, a.a.O., N. 26.09).

      2. Eine Variante der Ausgestaltung eines Factoring-Rahmenvertrages ist die unbedingte Globalzession von nicht angekauften Forderungen an den Factor, sei es zur Sicherung oder zum Zwecke des Inkassos (Inkassozession). Weil bei einer solchen unbedingten Globalzession die Kaufverträge über die Forderungen im Zeitpunkt der Vornahme der Zession (also beim Abschluss des Factoring-Rahmenvertrages) noch nicht abgeschlossen wurden, bedarf diese Zession bis zum Zustandekommen des Forderungskaufvertrages eines anderen Rechtsgrundes. Primärer Rechtsgrund der Zession ist in einer solchen Konstellation eine fiduziarische Siche-

        rungsabrede, welcher zeitlich beschränkt bis zur Annahme des Kaufangebots namentlich die Funktion zukommt, die Pflicht des Klienten, dem Factor sämtliche unter den Factoringvertrag fallenden Forderungen zum Ankauf anzubieten (sog. Andienungspflicht), zu sichern. Bei Zustandekommen eines Forderungskaufvertrages erhalten die Abtretungen einen neuen Rechtsgrund (siehe zum Ganzen FÄSSLER, a.a.O., N. 194 ff., insbesondere N. 196).

        Angesichts des Umstandes, dass causalose Zessionen ausgeschlossen sind (vgl. E. 3.6.1), ist die Annahme nicht richtig, dass Zessionen bei Factoring-Rahmenverträgen bis zum Abschluss der Forderungskaufverträge ohne causa erfolgen (können) (so zutreffend FÄSSLER, a.a.O., N. 196 Fn. 295, mit Hinweis auf eine diesbezüglich abweichende Lehrmeinung).

      3. Eine andere Form der Ausgestaltung des echten Factorings auf der Basis eines Forderungskaufes ist die sog. Bedingungsvariante, nach welcher die im Factoring-Rahmenvertrag vereinbarte Globalzession unter der Suspensivbedingung des Abschlusses eines Kaufvertrages über die einzelnen Forderungen erfolgt (FÄSSLER, a.a.O., N. 191 f., auch zum Folgenden). Diese Vertragsgestaltung ist zulässig, da eine aufschiebend bedingte Zession nach Rechtsprechung und herrschender Lehre möglich ist (vgl. zur Zulässigkeit aufschiebend bedingter Zessionen BGE 84 II 355 E. 1; Urteil des BGer 4A_96/2007 vom 26. Juni 2007 E. 3.5).

4.

4.1 Die Beschwerdeführerin macht - wie schon vor der Vorinstanz - geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. ihr Akteneinsichtsrecht sei verletzt worden. Zur Begründung führt sie aus, sie habe bei einer Einsichtnahme in die bei der Vorinstanz vorhandenen Unterlagen am 6. September 2013 feststellen müssen, dass die Akten der "letzten Revision" mangels Handakten unvollständig gewesen seien und kein Aktenverzeichnis vorgelegen habe (Beschwerde, N. 70).

Auf diese Rüge der Verletzung der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist vorab einzugehen.

4.2

4.2.1 Vorauszuschicken ist, dass sich das Vorbringen, die Akten der "letzten Revision" seien unvollständig gewesen, gemäss der insoweit unbestritten gebliebenen Darstellung im angefochtenen "Einspracheentscheid" auf

die Unterlagen zur im Jahre 2003 durchgeführten amtlichen Kontrolle bezieht (vgl. E. B./11 Abs. 1 des angefochtenen "Einspracheentscheids"). Aktenkundig und in tatsächlicher Hinsicht ebenso wenig in Abrede gestellt wird vorliegend, dass der Beschwerdeführerin am 6. September 2013 Einsicht in alle Dokumente (bzw. "Kontrollakten") gewährt wurde, welche anlässlich der im Jahr 2013 durchgeführten amtlichen Kontrolle erhoben worden sind (vgl. E. B./11 Abs. 3 des angefochtenen "Einspracheentscheids" sowie amtliche Akten, act. 25).

Vor diesem Hintergrund wird, was die angebliche Unvollständigkeit der Akten betrifft, einzig moniert, es seien keine der anlässlich der amtlichen Kontrolle im Jahr 2003 erstellten bzw. ins Dossier aufgenommenen "Handakten" vorhanden. Unter "Handakten" versteht die Beschwerdeführerin dabei anscheinend nicht nur die von den Revisoren der ESTV anlässlich der Kontrolle im Jahr 2003 angefertigten persönlichen Notizen, sondern auch die damals seitens der Beschwerdeführerin diesen Beamten abgegebenen Dokumente. Denn die Beschwerdeführerin macht unter Berufung auf eine angeblich von einer ihrer Angestellten erstellte, auf den 2. Februar 2004 datierende Aktennotiz (Beschwerdebeilage 20) geltend, bei der Kontrolle im Jahr 2003 verschiedene Dokumente - namentlich Kopien von Verträgen und eine Liste der Lieferanten, mit welchen "reine Inkassoverträge" abgeschlossen worden sein sollen - an die beiden zuständigen Revisoren der Vorinstanz ausgehändigt zu haben (vgl. Beschwerde, N. 42 f. und N. 51).

4.2.2

4.2.2.1 Die persönlichen Notizen, welche die Revisoren anlässlich der Mehrwertsteuerkontrolle bei der Beschwerdeführerin im Jahre 2003 angefertigt haben, sind - wie die Vorinstanz zutreffend ausführt - verwaltungsinterne Dokumente. Da ihnen keine objektive Bedeutung für die Feststellung des für den angefochtenen "Einspracheentscheid" wesentlichen Sachverhaltes zugemessen werden kann, unterliegen sie dem Akteneinsichtsrecht nicht (vgl. E. 2.4).

Es bleibt damit nur die Möglichkeit, dass die Vorinstanz die Aktenführungspflicht verletzt hat, indem sie anlässlich der Kontrolle im Jahre 2003 von der Beschwerdeführerin erhaltene Dokumente nicht aufbewahrt bzw. allenfalls nicht zu den Akten genommen hat. Wie es sich damit tatsächlich verhält, kann hier freilich - wie im Folgenden (vgl. E. 7.2) ersichtlich wird - dahingestellt bleiben.

4.3 Eine Verletzung der Aktenführungspflicht mangels Erstellung eines Aktenverzeichnisses ist vorliegend zu verneinen. Vorab ist diesbezüglich daran zu erinnern, dass ein Aktenverzeichnis nur in der Regel, nicht jedoch immer erstellt werden muss (vgl. E. 2.5). Im vorliegenden Fall war es nicht geboten, zu den am 6. September 2013 der Beschwerdeführerin vorgelegten "Kontrollakten" ein zusammenfassendes Aktenverzeichnis zu erstellen, da zu jedem der entsprechenden, zahlenmässig überschaubaren Ordnern jeweils ein Aktenverzeichnis vorhanden war.

5.

    1. Im vorliegenden Fall im Streit ist die Frage, wie die von der Beschwerdeführerin im hier interessierenden Zeitraum abgeschlossenen "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" mehrwertsteuerlich zu qualifizieren sind: Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass diese Vereinbarungen als Inkassogeschäfte bzw. "Inkassoaufträge" zu betrachten sind, die von ihr im Rahmen dieser Verträge den Lieferanten erbrachten Leistungen folglich "steuerbar" sind und dementsprechend diesbezüglich keine Vorsteuerabzugskürzung bzw. keine Vorsteuerabzugskorrektur wegen gemischter Verwendung vorzunehmen ist. Demgegenüber ist die Vorinstanz der Auffassung, dass mit diesen Vereinbarungen im Sinne einer festen Forderungsabtretung bzw. eines echten Factorings Forderungen an die Beschwerdeführerin als Zessionarin abgetreten wurden und die Beschwerdeführerin damit bezüglich dieser Forderungen von der Steuer ausgenommene Leistungen im Bereich des Geldund Kapitalverkehrs (vgl. E. 3.2) erbracht hat. Demgemäss ist nach Auffassung der Vorinstanz eine Vorsteuerabzugskürzung bzw. eine Vorsteuerabzugskorrektur vorzunehmen.

    2. Nach der Darstellung in der Beschwerde kann der aktenkundigen "Ver-

einbarung über Zahlungsregulierung" mit der J.

GmbH vom

30. August/6. September 2010 grundsätzlich das von der Beschwerdeführerin betriebene Geschäftsmodell entnommen werden und unterscheiden sich die Verträge mit anderen Geschäftspartnern in Bezug auf die hier interessierenden Grundstrukturen nicht von dieser Vereinbarung (Beschwerde, N. 118; vgl. aber zu einer älteren, von der Beschwerdeführerin ins Recht gelegten Vertragsversion hinten E. 6.5). Folgerichtig hat die Vorinstanz ihrer Beurteilung diese Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 als Muster zugrunde gelegt. Auch bei der folgenden Würdigung der von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistungen ist von der seitens der Beschwerdeführerin für die Beurteilung der massgebenden

Fragen als einschlägig bezeichneten "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" mit der J. GmbH vom 30. August/6. September 2010 auszugehen.

6.

    1. Die Präambel der zwischen der Beschwerdeführerin und der J. GmbH abgeschlossenen "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010 hat folgenden Wortlaut (Beschwerdebeilage 26, S. 1):

      "Der Lieferant [bzw. die J._ GmbH] beliefert eine oder diverse Gesellschaften der A. Gruppe. Die A. [bzw. die Beschwerdeführerin] ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen der A. Gruppe. Gegenstand dieses Vertrages ist die zentrale Zahlungsregulierung aller Transaktionen (Rechnungen und Gutschriften) zwischen dem Lieferanten einerseits und den A. Gruppengesellschaften andererseits. Zu diesem Zweck erwirbt die A. die Forderungen des Lieferanten gegenüber den diversen Gesellschaften der A._ -Gruppe und vereinfacht ihm damit das CashManagement."

      Der Vertrag enthält insbesondere folgende Klauseln (Beschwerdebeilage 26, S. 2):

      "1.1Die A. verpflichtet sich, die bestehenden und zukünftigen Forderungen des Lieferanten aus Warenlieferungen und Leistungen gegenüber den Gesellschaften der A._ -Gruppe anzukaufen. Der Lieferant tritt mit Vertragsbeginn die bestehenden und zukünftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegenüber den A. -Gesellschaften an die A._ ab.

        1. Der Lieferant versendet alle Rechnungen/Gutschriften an die Gesellschaften der A. -Gruppe [ ]. Die Gesellschaften der A. -Gruppe übermitteln der A._ die Rechnungsinformationen. Innerhalb des Gutschriftsverfahrens im Rahmen der Konsignationslagerentnahmen senden die Gesellschaften der A._ - Gruppe dem Lieferanten die Gutschrift und der A._ die entsprechenden Gutschriftsinformationen zu. Der Kaufvertrag über die einzelne Forderung kommt durch Annahmeerklärung der A._ zustande. Die Annahme erklärt A. durch Mitteilung eines entsprechenden Zahlungsavis an den Lieferanten. Der Lieferant verzichtet auf den Zugang einer gesonderten Annahmeerklärung.

        2. Der Vertrag gilt für alle Gesellschaften der A._ -Gruppe. Die gegenwärtig gültige Liste der Gesellschaften der A._ -Gruppe liegt diesem Vertrag als Anlage 1 bei. Auf Anfrage stellt A. dem Lieferanten die jeweils gültige Liste zur Verfügung.

        3. Zahlungen durch A._

      an den Lieferanten erfolgen gemäss

      [den] den Lieferungen und Leistungen zugrunde liegenden Zahlungskonditionen unter Abzug der Vergütung nach Punkt 2 der Vereinbarung. [ ]"

      In "Punkt" bzw. Ziff. 2 des Vertrages vorgesehen ist eine vom Lieferanten an die Beschwerdeführerin zu leistende Vergütung "für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Forderungsabtretungen" von 0.5 % des Bruttobetrages.

    2. Der hiervor erwähnte Vertrag ist als Factoring-Rahmenvertrag im Sinne der vorstehenden E. 3.7.2 zu qualifizieren:

      Zum einen werden nach Ziff. 1.1 Satz 2 dieses Vertrages schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Sinne einer Globalzession die bestehenden und zukünftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen des Lieferanten gegenüber den A. -Gesellschaften an die Beschwerdeführerin abgetreten, und zwar unbedingt.

      Zum anderen gelten diese abgetretenen Forderungen allein durch diese "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" nicht als bereits an die Beschwerdeführerin verkauft. Stattdessen verpflichtet sich die Beschwerdeführerin lediglich dazu, die abgetretenen Forderungen anzukaufen (Ziff. 1.1 Satz 1 des Vertrages), und kommt der Kaufvertrag über die einzelne Forderung erst durch die (spätere) Annahmeerklärung der Beschwerdeführerin zustande (vgl. Ziff. 1.2 Satz 2 des Vertrages; aus der Präambel des Vertrages, nach welcher die Beschwerdeführerin die Forderungen des Lieferanten gegenüber den Gesellschaften der A. -Gruppe "erwirbt", lässt sich nichts betreffend den Zeitpunkt dieses Forderungserwerbes ableiten). Als Kaufpreis für die einzelne Forderung vorgesehen ist dabei - wie sich aus Ziff. 1.4 und 2 der Vereinbarung entnehmen lässt - der um 0.5 % (Vergütung zugunsten der Beschwerdeführerin) reduzierte Forderungsbetrag.

    3. Aufgrund des vorliegenden Factoring-Rahmenvertrages ist zivilrechtlich eine nach Art. 164 ff. OR rechtsgültige Globalzession der in diesem Vertrag erwähnten Forderungen des Lieferanten an die Beschwerdeführerin gegeben. Daran können die Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts ändern:

      1. Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, die Globalzession sei allein aufgrund der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" nicht gültig

        erfolgt, weil sich diese Vereinbarung darauf beschränke, die Beschwerdeführerin "zum Abschluss eines Abtretungsvertrags" zu verpflichten (Beschwerde, N. 127). Damit verkennt sie freilich zum einen, dass der Vertrag klar zwischen der Abtretung (als Verfügungsgeschäft) und dem Kauf der einzelnen Forderungen (Verpflichtungsgeschäft) unterscheidet. Zum anderen übersieht sie damit, dass der Vertrag die Abtretung unbedingt sowie mit Vertragsbeginn wirksam werden lässt und nur bezüglich des erwähnten Kaufs bloss eine Kontrahierungspflicht vorsieht. Eine derartige Vertragsgestaltung ist grundsätzlich zulässig (vgl. vorn E. 3.7.2).

        Im Übrigen liesse sich gegen die Gültigkeit der mit diesem Factoring-Rahmenvertrag vereinbarten unbedingten Globalzession - unabhängig davon, ob die Zession kausaler oder abstrakter Natur ist (vgl. dazu vorn E. 3.6.1)

            • nicht mit Recht einwenden, es fehle im Zeitraum bis zum Abschluss der Kaufverträge über die einzelnen Forderungen an einer rechtsgültigen causa. Denn dieser Vertrag kann entsprechend dem Dargelegten für diesen Zeitraum als gültige fiduziarische Sicherungsabrede qualifiziert werden (vgl. E. 3.7.2).

      2. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liegt auch mangels Bestimmtheit oder auch nur Bestimmbarkeit des Schuldners der abgetretenen Forderung (debitor cessus), des Rechtsgrundes und der Höhe der künftigen Forderungen keine in der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vorgesehene rechtsgültige Globalzession vor. Das Bestimmbarkeitserfordernis sei insbesondere deshalb nicht erfüllt, weil der Kreis der A. -Gesellschaften nach der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" mit der

        J.

        GmbH jederzeit eingeschränkt oder erweitert werden könne

        (vgl. Beschwerde, N. 128 f.).

        Dieses Vorbringen ist ebenfalls nicht stichhaltig:

        Zwar trifft es zu, dass die "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" mit der J. GmbH nicht nur für die Forderungen gegen die im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung zur A. -Gruppe zählenden Gesellschaften gilt. In den Vertrag miteinbezogen sind - wie die Beschwerdeführerin richtig erkannt hat - vielmehr sämtliche Forderungen des Lieferanten bzw. der J. GmbH aus Warenlieferungen sowie Leistungen gegenüber den jeweils aktuell zum Kreis dieser Gruppe gehörigen Gesellschaften (vgl. Ziff. 1.1 und 1.3 der Vereinbarung). Auch kann dieser Kreis zukünftig enger oder weiter gezogen werden. Zutreffend ist sodann, dass der

        Rechtsgrund und die Höhe der fraglichen künftigen Forderungen im Zeitpunkt des Abschlusses der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" mit der J. GmbH noch nicht bestimmt oder auch nur bestimmbar waren.

        Gleichwohl genügt die vorliegende Globalzession der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts geltenden Anforderung der Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen. Denn im Zeitpunkt der zukünftigen Entstehung von Forderungen der J. GmbH kann unbestrittenermassen gestützt auf die mit dieser Gesellschaft abgeschlossene "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" klar festgestellt werden, ob diese Forderungen zu den abgetretenen Forderungen zählen oder nicht (vgl. zum Bestimmbarkeitserfordernis vorn E. 3.6.2).

      3. Zu Recht macht die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht geltend, dass das Erfordernis der Schriftform nach Art. 165 Abs. 1 OR nicht erfüllt sei, sofern die "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010 als Vertrag betreffend eine Globalzession zu qualifizieren ist (vgl. dazu Beschwerde, N. 130 ff.). Denn dieser Vertrag ist von der Zedentin, der J. GmbH, unterzeichnet (vgl. zum Schriftformerfordernis vorn E. 3.6.2).

    4. Nach der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010 übernimmt die Beschwerdeführerin das volle Delkredererisiko für die abgetretenen Forderungen:

      Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang vorab, dass Ziff. 1.1 Satz 1 der Vereinbarung in Bezug auf die abgetretenen Forderungen eine die Beschwerdeführerin treffende Kontrahierungspflicht statuiert. Es steht damit nach dem Vertrag nicht im Ermessen der Beschwerdeführerin, die abgetretenen Forderungen dem Lieferanten bzw. der J. GmbH abzukaufen oder nicht. Auch kann Ziff. 1.2 Satz 3 der Vereinbarung nach Treu und Glauben nicht dahingehend verstanden werden, dass die Kontrahierungspflicht nur unter der aufschiebenden Bedingung greift, dass die als Schuldnerin der abgetretenen Forderung im Einzelfall involvierte Gesellschaft der A. -Gruppe der Beschwerdeführerin den Forderungsbetrag gutschreibt. Ebenso wenig kann - anders als dies die Beschwerdeführerin suggeriert (vgl. Beschwerde, N. 136) - Ziff. 1.4 der Vereinbarung im Sinne einer solchen Bedingung interpretiert werden. Denn mit dieser Klausel werden für die Zahlungen der Beschwerdeführerin an den Lieferanten

      bzw. die J. GmbH einzig die Zahlungskonditionen, welche im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und den leistungsbeziehenden Gesellschaften der A. -Gruppe vereinbart wurden, vorbehältlich der Vergütung nach Ziff. 2 der Vereinbarung für massgebend erklärt bzw. wird - wie ausgeführt (E. 6.2) - der Kaufpreis für die einzelne abgetretene Forderung bestimmt. Davon, dass mit Ziff. 1.4 der Vereinbarung die entsprechenden Zahlungen der Beschwerdeführerin von tatsächlich erfolgten Zahlungen der Gesellschaften der A. -Gruppe an die Beschwerdeführerin abhängig gemacht werden, kann keine Rede sein. Es verhält sich vielmehr so, dass der Lieferant bzw. die J. GmbH die Beschwerdeführerin bei Verletzung der Kontrahierungspflicht direkt auf Bezahlung des Forderungskaufpreises einklagen kann (vgl. E. 3.7.1 am Ende).

      Die vorstehende Würdigung wird entgegen der Beschwerde durch den Umstand nicht umgestossen, dass die Beschwerdeführerin in anderem Zusammenhang ein Vertragsmodell und Werbeunterlagen verwendet hat, in welchen im Unterschied zur vorliegenden "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010 ausdrücklich von einer Delkredere-Übernahme durch die Beschwerdeführerin oder eine Kreditversicherungsgesellschaft die Rede ist (anders jedoch Beschwerde, N. 135). Trotz fehlender ausdrücklicher Regelung ergibt sich nämlich - wie ausgeführt - aus der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010, dass die Beschwerdeführerin das volle Delkredererisiko übernimmt. Dementsprechend lässt sich auch nicht mit Recht behaupten, dass die Beschwerdeführerin nach dieser Vereinbarung im Wesentlichen nur weiterleitet, was sie von den Gesellschaften der A. - Gruppe erhält (so jedoch Beschwerde, N. 136).

      Da nach dem Gesagten bereits aus der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 30. August/6. September 2010 zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin das Delkredererisiko übernimmt, kann hier dahingestellt bleiben, ob - wie die Vorinstanz annimmt - die in den Zahlungsavis der Beschwerdeführerin für das Abtretungsentgelt verwendete Bezeichnung "I & D" bzw. "Inkasso & Delkredere" als Indiz für die Übernahme des Delkredererisikos zu werten ist.

    5. Die Beschwerdeführerin erklärt zwar, eine aktenkundige, mit der K. AG abgeschlossene "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 9./16. März 2004 (Beschwerdebeilage 22) entspreche nach den greifbaren Informationen dem von ihr ab dem Jahr 2003 jeweils verwendeten

      Muster und erst spätere Ergänzungen am Vertragsmuster hätten zur Version des Vertrages mit der J. GmbH vom 30. August/6. September 2010 geführt (Beschwerde, N. 53). Indessen unterscheidet sich die "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" zwischen der Beschwerdeführerin und der K. AG vom 9./16. März 2004 (Beschwerdebeilage 22) - was das Ergebnis der mehrwertsteuerlichen Beurteilung betrifft - nicht rechtswesentlich von der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom

      30. August/6. September 2010 (davon scheint auch die Beschwerdeführerin selbst auszugehen, erklärt sie doch, der Vertrag mit der J. GmbH vom 30. August/6. September 2010 entspreche in Bezug auf die für das Vorliegen einer festen Forderungsabtretung praxisgemäss zu erfüllenden Voraussetzungen den von der Beschwerdeführerin mit anderen Geschäftspartnern abgeschlossenen Verträgen [vgl. Beschwerde, N. 118]). Dies gilt trotz gewisser Unterschiede zwischen diesen Verträgen:

      Anders als in der Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 ist in Ziff. 1.2 der Vereinbarung vom 9./16. März 2004 davon die Rede, dass die Beschwerdeführerin "berechtigt [ist], Rechnungen der A. Gruppe mit befreiender Wirkung für die betreffende Gesellschaft der A. Gruppe zu bezahlen". Ziff. 1.4 der letzteren Vereinbarung sieht sodann - im Unterschied zur Vereinbarung mit der J. GmbH - vor, dass "mit Eingang der Zahlung [der Beschwerdeführerin] bei der K. AG [bzw. beim Lieferanten] [ ] die entsprechende Forderung gegenüber der Gesellschaft der A. -Gruppe als an die A. [bzw. die Beschwerdeführerin] abgetreten gilt".

      Trotz der erwähnten Ziff. 1.2 der Vereinbarung vom 9./16. März 2004 ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach dieser Vereinbarung nicht nur berechtigt, sondern dazu verpflichtet ist, die Rechnungen des Lieferanten an die Gesellschaften der A. -Gruppe unter Abzug der für die Beschwerdeführerin vorgesehenen Vergütung "für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Forderungsabtretungen" (vgl. Ziff. 2 der Vereinbarung) zu bezahlen. Denn Ziff. 1.2 der Vereinbarung ist unter Berücksichtigung der im Vertrag enthaltenen Präambel zu interpretieren. Danach erbringt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit Lieferungen des Lieferanten an die Gesellschaften der A. -Gruppe verschiedene Dienstleistungen, und zwar unter anderem die "Zahlung der Rechnungen entsprechend den vereinbarten Zahlungskonditionen unter Abzug der Vergütungen gemäss Punkt 2".

      Die erwähnte Verpflichtung zur Zahlung der Rechnungen unter Abzug der Vergütung gemäss Ziff. 2 der Vereinbarung ist sodann als Kontrahierungszwang zu verstehen, wird doch mit dieser Vereinbarung sinngemäss festgelegt, dass die Beschwerdeführerin mit der jeweiligen Zahlung an den Lieferanten jeweils konkludent einen Kaufvertrag über die betreffende Forderung des Lieferanten gegen die leistungsempfangende Gesellschaft der A. -Gruppe akzeptiert (der Wendung "mit befreiender Wirkung für die betreffende Gesellschaft der A. Gruppe" in Ziff. 1.2 der Vereinbarung kann nach Treu und Glauben keine schuldrechtliche Wirkung zuerkannt werden, da ansonsten die jeweilige Forderung mit der Zahlung der Beschwerdeführerin an den Lieferanten infolge Erfüllung untergehen würde [vgl. Art. 114 Abs. 1 OR] und sich die Forderung damit nicht mehr an die Beschwerdeführerin abtreten liesse bzw. sie nicht als an die Beschwerdeführerin abgetreten gelten könnte, obschon nach dem Wortlaut [namentlich von Ziff. 2 des Vertrages] eindeutig Forderungsabtretungen gewollt sind). Der Kaufpreis für die einzelne Forderung beläuft sich dabei - wie bei der Vereinbarung mit der J. GmbH - auf den um die Vergütung zugunsten der Beschwerdeführerin reduzierten Forderungsbetrag.

      Mit Blick auf die genannten Eigenheiten des Vertrages vom 9./16. März 2004 ist dieser als Factoring-Rahmenvertrag mit Globalzession unter der suspensiven Bedingung des Abschlusses eines Kaufvertrages über die einzelnen Forderungen zu qualifizieren (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Ausgestaltung des Factoring-Rahmenvertrages vorn E. 3.7.3). Zwar wird die Zession der einzelnen Forderung nach dem Vertrag vom 9./16. März 2004 im Falle des Nichtankaufs infolge der Suspensivbedingung des Abschlusses des Forderungskaufvertrages nicht rechtswirksam. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Factoring-Rahmenvertrages eine - wenn auch suspensiv bedingte - Globalzession vorlag. Auch wenn es sich beim Vertrag vom 9./16. März 2004 um eine etwas andere Vertragsart als bei der Vereinbarung mit der J. GmbH handelt, sind deshalb die mehrwertsteuerlich entscheidenden Parameter bei beiden Verträgen im Ergebnis gleich, indem auch nach dieser Ausgestaltung des Geschäftsmodells der Beschwerdeführerin eine Globalzession vorliegt und das Delkredererisiko dabei von der Beschwerdeführerin übernommen wird.

    6. Für die hier vorzunehmende Beurteilung, ob im Zusammenhang mit den "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" mehrwertsteuerlich von festen Forderungsabtretungen bzw. von einem echten Factoring auszugehen ist, ist das vorinstanzliche Kriterium der Einzelabrechnung grundsätzlich kein taugliches Abgrenzungskriterium (vgl. vorn E. 3.3.1). Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob ein Abtretungsgeschäft unter die streitbetroffene Steuerausnahme fällt, ist vielmehr die Tragung des Delkredererisikos. Vorliegend braucht dementsprechend nicht (mehr) geprüft zu werden, ob Einzelabrechnungen vorliegen.

      Ebenso wenig muss hier näher darauf eingegangen werden, wie die Beschwerdeführerin die Entgelte aus den "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" verbucht hat. Denn nach dem Gesagten ist erstellt, dass die Beschwerdeführerin nach diesen Verträgen im Rahmen eines echten Factorings das volle Delkredererisiko zivilrechtlich und wirtschaftlich gesehen übernommen hat. Diese wirtschaftliche Realität kann durch eine allfällige abweichende buchhalterische Erfassung der in Frage stehenden Leistungen nicht geändert werden, selbst wenn die Verbuchungsweise rechtsprechungsgemäss ein Indiz für eine bestimmte mehrwertsteuerliche Qualifikation sein kann (vgl. Urteil des BVGer A-2464/2015 vom 11. November 2015 E. 2.2.3).

    7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen "Vereinbarungen über Zahlungsregulierung" mehrwertsteuerlich um Geschäfte mit Geldforderungen im Sinne der Steuerausnahmevorschrift von Art. 18 Ziff. 19 Bst. c aMWSTG bzw. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. c MWSTG handelt.

7.

Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass ihr hier in Frage stehendes Geschäftsmodell aufgrund einer entsprechenden vertrauensbegründenden Auskunft der Vorinstanz als steuerbares Inkassogeschäft zu behandeln sei. Sie legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben der ESTV vom

27. November 2003 ins Recht. Dieses Schreiben bildet ihrer Auffassung nach ein Ruling, das bei ihr ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründet habe, dass das von ihr gewählte Geschäftsmodell, wie es namentlich der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 9./16. März 2004 entspreche, nicht unter die fragliche Steuerausnahme falle.

Vor diesem Hintergrund ist mit Blick auf den Vertrauensschutz von Art. 9 BV (vgl. dazu vorn E. 2.6) zu klären, ob die ESTV mit dem erwähnten Schreiben eine unrichtige behördliche Auskunft erteilt hat, wonach das hier interessierende Geschäftsmodell der Beschwerdeführerin (entgegen den

vorstehenden Ausführungen [vorn E. 5 f.]) nicht als steuerausgenommenes Geschäft mit Geldforderungen, sondern als steuerbares Inkassogeschäft zu qualifizieren ist. Vorauszuschicken ist diesbezüglich, dass das Vorliegen eines Vertrauensschutztatbestandes in der hier zu beurteilenden Konstellation eine steueraufhebende bzw. steuermindernde Tatsache bildet und deshalb die Beschwerdeführerin die Beweislast für das Vorhandensein einer falschen Auskunft der ESTV trägt (vgl. E. 2.2.2).

    1. Das genannte Schreiben der Vorinstanz vom 27. November 2003, das sich an die Beschwerdeführerin richtet, hat formal betrachtet nicht die Erscheinungsform eines "Rulings" im Sinne einer Verständigung. Das Schreiben mit dem Betreff "Vom Steuerpflichtigen zu beachten" ist eine im Zuge der Steuerinspektion vom 23.-25. Juni sowie 8. und 9. Juli 2003 vor Ort bei der Beschwerdeführerin erteilte Weisung und enthält - soweit hier interessierend - einen Abschnitt, der wie folgt lautet (Beschwerdebeilage 21):

      "Bezugnehmend auf unsere Besprechungen vor Ort [ ] können wir Ihnen aufgrund der uns vorgelegten Verträge wie folgt mitteilen:

      Inkassoverträge (reine Zentralregulierung ohne Delkredereübernahme) Es handelt sich hier um steuerbare Leistungen zum Normalsatz.

      Inkassoverträge (Zentralregulierung mit Delkredereübernahme) Es handelt sich hier um ausgenommene Leistungen.

      Forderungsabtretungsverträge (Rahmenverträge)

      Es handelt sich hier um ausgenommene Leistungen."

      Aus dem Dokument geht nicht hervor, welche Verträge die ESTV im zitierten Abschnitt konkret meinte und ob damit überhaupt bestimmte, von der Beschwerdeführerin vorgelegte Verträge angesprochen wurden. Zwar wird im einleitenden Satz des zitierten Passus auf den Fall der Beschwerdeführerin, auf mit ihr durchgeführte Besprechungen und von ihr vorgelegte Verträge Bezug genommen. Gleichwohl ist der Rest dieses Passus als schriftliche Auskunft ausschliesslich allgemeiner Art zu qualifizieren, da darin keine konkreten, von der Beschwerdeführerin mit bestimmten Geschäftspartnern abgeschlossenen Verträge genannt sind bzw. keine entsprechende Zuordnung ableitbar ist. Der Rest dieses Passus lässt sich mangels Nennung bestimmter, von der Beschwerdeführerin abgeschlossener Verträge namentlich nicht als Auskunft allgemeiner Art zumindest auch konkreter Natur bezeichnen.

      Das Schreiben der ESTV vom 27. November 2003 ist nach dem Gesagten

          • jedenfalls soweit es vorliegend relevant ist - als schriftliche Auskunft einzig allgemeiner Art zu qualifizieren. Deshalb könnte es nur dann eine Vertrauensgrundlage bilden, wenn sich der zitierte Passus auf die ständige Praxis der Vorinstanz beziehen würde oder wenn die Beschwerdeführerin vor Erhalt dieses Schreibens zu einer bestimmten, sie betreffenden konkreten Frage eine Auskunft verlangt hätte (vgl. E. 2.6). Ersteres ist nicht der Fall und wird denn auch zu Recht nicht geltend gemacht.

            Unter diesen Umständen könnte das erwähnte Dokument bei der Beschwerdeführerin nur dann ein schutzwürdiges Vertrauen darauf geweckt haben, dass im Zusammenhang mit von ihr verwendeten Verträgen, welche der erwähnten Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 oder der genannten Vereinbarung vom 9./16. März 2004 entsprechen, steuerbare Umsätze vorliegen, wenn die Beschwerdeführerin die ESTV vor Erhalt dieses Schreibens konkret um die Auskunft über die mehrwertsteuerliche Qualifikation eines solchen in den rechtswesentlichen Punkten identischen Vertrages ersucht hätte und aufgrund der Umstände klar wäre, dass die ESTV mit der Wendung "Inkassoverträge (reine Zentralregulierung ohne Delkredereübernahme)" einen solchen Vertrag meinte (vgl. vorn E. 2.6).

    2. Die hiervor genannten Voraussetzungen für eine Qualifikation des Schreibens der Vorinstanz vom 27. November 2003 als Vertrauensgrundlage im vorliegend interessierenden Sinne sind nicht erfüllt. Dies gilt schon deshalb, weil die Verträge, welche die Beschwerdeführerin nach dem erwähnten Schreiben der Vorinstanz vorgelegt haben soll, nicht mehr greifbar sind. Mangels Verfügbarkeit dieser Verträge kann nämlich nicht als erstellt gelten, dass die Beschwerdeführerin der Vorinstanz einen in den rechtswesentlichen Punkten mit der Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 oder der Vereinbarung vom 9./16. März 2004 identischen Vertrag zur mehrwertsteuerlichen Würdigung vorgelegt hat und dieser Vertrag dabei eindeutig der Kategorie "Inkassoverträge (reine Zentralregulierung ohne Delkredereübernahme)" zuzuordnen war.

      Einen Nachweis für letzteren Umstand kann auch nicht in der erwähnten, angeblich von einer früheren Angestellten der Beschwerdeführerin erstellten Aktennotiz vom 2. Februar 2004 (Beschwerdebeilage 20) erblickt werden, auch wenn die Beschwerdeführerin zu dieser Aktennotiz in der Beschwerde Erläuterungen machte und gestützt darauf behauptete, sie habe der Steuerverwaltung vor Erhalt des Schreibens vom 27. November 2003

      Verträge über drei verschiedene Geschäftsmodelle im Bereich Forderungen abgegeben (vgl. dazu Beschwerde, N. 42 ff.). Selbst wenn - wie in der Beschwerde geltend gemacht wird - I. , ein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, im Rahmen einer Befragung bestätigen würde, sich "genau" daran zu erinnern, dass anlässlich einer im Vorfeld des Schreibens der Vorinstanz vom 27. November 2003 durchgeführten Besprechung "den Mitarbeitenden der ESTV Muster der damals massgebenden Verträge abgegeben" worden sind (Beschwerde, N. 83), liesse sich daraus keineswegs schliessen, dass die Beschwerdeführerin die Vorinstanz um eine mehrwertsteuerliche Beurteilung eines mit der Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 oder derjenigen vom 9./16. März 2004 in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Vertrages ersucht hatte und namentlich deshalb von vornherein klar war, dass sich der Passus "Inkassoverträge (reine Zentralregulierung ohne Delkredereübernahme)" in diesem Schreiben auf Verträge dieser Art bezog. Denn die "damals massgebenden Verträge" entsprechen keineswegs zwingend jenen aus dem Jahre 2010 oder 2004.

      Die Beschwerdeführerin macht in diesem Kontext auch geltend, die von ihr bei der ESTV eingereichten Verträge seien von dieser Behörde zu Unrecht nicht aufbewahrt worden. Damit beruft sich die Beschwerdeführerin zwar sinngemäss auf einen (angeblich) von der Vorinstanz verschuldeten Beweisnotstand. Sie verkennt damit freilich, dass auch ein allfälliger Verstoss der Vorinstanz gegen die Aktenführungsund -aufbewahrungspflicht die Beschwerdeführerin als beweispflichtige Partei nicht von der Obliegenheit befreit, alle Umstände, die für die Verwirklichung des behaupteten Sachverhalts sprechen, soweit möglich und zumutbar zu behaupten und zu beweisen (vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2, 128 III 271 E. 2b/aa). In der vorliegenden Konstellation wäre es der Beschwerdeführerin ohne Rücksicht auf die bei der Vorinstanz (noch) vorhandenen Akten möglich und zumutbar gewesen, zumindest zu belegen, dass sie schon vor Erhalt des Schreibens vom 27. November 2003 über einen Vertrag verfügte, welcher in den rechtswesentlichen Punkten der Vereinbarung vom 30. August/6. September 2010 oder der Vereinbarung vom 9./16. März 2004 entsprach. Einen solchen Beleg, wie er unter den gegebenen Umständen für die Geltendmachung des Vertrauensschutzes hätte vorgelegt werden müssen, hat die Beschwerdeführerin aber nicht beigebracht. Vielmehr beschränkt sie sich im Wesentlichen auf die Behauptung, die Vereinbarung vom 9./16. März 2004 entspreche "dem Modell 2003" (Beschwerde, N. 52. Die Darstellung der Beschwerdeführerin, wonach bei ihr verschiedene Unterlagen "aus der

      Zeit zu Beginn der Nullerjahre" wegen zweimaligen Wechsels ihres Standortes und Organisationsänderungen in den letzten Jahren nicht mehr greifbar seien [Beschwerde, N. 53], ist nicht hinreichend substantiiert). Es kann vor diesem Hintergrund nicht mit Recht davon die Rede sein, dass ein Verschulden der Vorinstanz zum Untergang zweckdienlicher Beweismittel geführt hat und dies bei der Beurteilung des Nachweises der Voraussetzungen des Vertrauensschutzes zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden müsste.

    3. Das Schreiben der ESTV vom 27. November 2003 konnte nach dem Gesagten kein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführerin darauf begründen, dass die von ihr verwendeten, der "Vereinbarung über Zahlungsregulierung" vom 9./16. März 2004 oder derjenigen vom 30. August/6. September 2010 entsprechenden Verträge bzw. die daraus resultierenden Umsätze nicht unter die Steuerausnahme von Art. 18 Ziff. 19 Bst. c aMWSTG bzw. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. c MWSTG fallen. Denn insbesondere ist nicht erstellt, dass die Vorinstanz mit diesem Schreiben der Beschwerdeführerin eine für den vorliegenden Fall relevante falsche Auskunft erteilt hätte. Die Beschwerdeführerin stösst somit ins Leere, soweit sie sich gestützt auf dieses Schreiben auf den Vertrauensschutz beruft.

8.

Die Beschwerdeführerin behält sich im Sinne von Beweisofferten die Einreichung verschiedener Verträge und die Befragung ihres Angestellten I. vor (vgl. Beschwerde, N. 44 ff. und N. 83). Auf die Abnahme dieser Beweise kann jedoch in antizipierter Beweiswürdigung (vgl. vorn

E. 2.2.1) verzichtet werden, da der rechtserhebliche Sachverhalt aufgrund der vorhandenen Dokumente bereits hinreichend erstellt ist und nach dem Gesagten (vgl. insbesondere E. 7.2 Abs. 2) angenommen werden kann, dass die Erhebung dieser Beweise am Ergebnis der vorstehenden Würdigung nichts ändern würde.

9.

Die Beschwerdeführerin hat die bei Annahme von steuerausgenommenen Leistungen im Zusammenhang mit den hiervor genannten Factoring-Rahmenverträgen nach Auffassung der Vorinstanz resultierenden Steuerforderungen von Fr. 610'520.- für das Jahr 2010, Fr. 527'848.- für das Jahr 2011 und Fr. 753'904.- für das Jahr 2012 in rechnerischer Hinsicht nicht bestandet. Ebenso wenig in kalkulatorischer Hinsicht bemängelt wurde die vorinstanzliche Ermittlung des sich daraus für die Steuerperioden 2010 bis

2012 ergebenden Nachsteuerbetrages von Fr. 524'799.-, welchen die Mehrwertsteuergruppe A. nach dem angefochtenen Entscheid zu Recht bezahlt hat. Ferner unbestritten ist, dass die Mehrwertsteuergruppe A. auf diesem Nachsteuerbetrag, soweit dieser infolge Vorliegens steuerausgenommener Leistungen im Zusammenhang mit den in Frage stehenden Verträgen der Beschwerdeführerin geschuldet ist, Verzugszinsen von 4 % ab 31. Dezember 2011 (mittlerer Verfall) bis zum 9. Oktober 2013 (Zahlungsdatum) zu bezahlen hat.

Es sind bezüglich der in dieser Erwägung genannten Punkte keine offensichtlichen Mängel erkennbar. Damit erweist sich der vorinstanzliche Entscheid als rechtmässig. Die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.

10.

Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). In Anwendung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) werden diese auf Fr. 12'500.- festgesetzt. Der in gleicher Höhe einbezahlte Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).

(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Verfahrens werden auf Fr. 12'500.- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt. Der in gleicher Höhe einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

      • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde);

      • die Vorinstanz (Ref.-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde).

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Riedo Beat König

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz