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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-5835/2012

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-5835/2012
Datum:24.01.2013
Leitsatz/Stichwort:Asylverfahren (Übriges)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Vorinstanz; Flüchtling; Verfügung; Bundesverwaltungsgericht; Verfahren; Parteien; Flüchtlingseigenschaft; Einschluss; Vater; Richter; Zwischenverfügung; Mutter; Einbezug; Beantragte; Vernehmlassung; Reisedokument; Beziehung; Kinder; Umstände; Kindes; Entscheidung; Minderjährige; Zusteht; Vorliegende; Verfahrens; Parteientschädigung; Daniel; Willisegger
Rechtsnorm: Art. 298 ZGB ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-5835/2012

U r t e i l  v o m  2 4.  J a n u a r  2 0 1 3

Besetzung Richter Daniel Willisegger (Vorsitz),

Richter Kurt Gysi, Richterin Gabriela Freihofer; Gerichtsschreiberin Barbara Balmelli.

Parteien A. ,

Eritrea, ( ),

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Asylverfahren

(Einbezug von B. in die vorläufige Aufnahme); Verfügung des BFM vom 25. Oktober 2012 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

Mit Urteil vom 26. September 2011 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, der Beschwerdeführer erfülle aufgrund subjektiver Nachfluchtgründe die Flüchtlingseigenschaft. Es wies die Vorinstanz an, den Beschwerdeführer als Flüchtling anzuerkennen und ihn vorläufig aufzunehmen.

B.

Am 22. April 2012 ersuchte der Beschwerdeführer die Vorinstanz, seinen Sohn in die vorläufige Aufnahme als Flüchtling mit einzubeziehen. Zur Begründung führte er aus, er benötige Reisedokumente für seine Familie.

C.

Mit Verfügung vom 25. Oktober 2012 lehnte die Vorinstanz das Gesuch um Einbezug in die vorläufige Aufnahme als Flüchtling ab.

D.

Mit Eingabe vom 7. November 2012 reichte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein und beantragte sinngemäss die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung.

E.

Mit Zwischenverfügung vom 29. November 2012 setzte der Instruktionsrichter dem Beschwerdeführer Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses.

F.

Am 5. Dezember 2012 ersuchte der Beschwerdeführer sinngemäss um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Gesuch hiess der Instruktionsrichter mit Zwischenverfügung vom 7. Dezember 2012 gut und verzichtete in Wiedererwägung der Ziffern 1 und 2 der Zwischenverfügung vom 29. November 2012 auf die Erhebung des Kostenvorschusses.

G.

Die Vorinstanz beantragte in der Vernehmlassung vom 13. Dezember 2012 die Abweisung der Beschwerde. Am 17. Dezember 2012 wurde dem Beschwerdeführer die Vernehmlassung zur Kenntnisnahme gebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom

20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - wie auch vorliegend - endgültig (vgl. Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]; Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]). Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 VwVG) ist einzutreten.

2.

Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtene Verfügung auf Verletzung von Bundesrecht, unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Unangemessenheit hin (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

3.

    1. Die Vorinstanz lehnte den Einbezug des Sohnes B.

      in die

      vorläufige Aufnahme des als Flüchtling anerkannten Vaters (Beschwerdeführer) ab. Zur Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer lebe seit 2005 getrennt von seiner ehemaligen Partnerin (Mutter von B. ) und seinem Sohn. Am 17. September 2010 habe die Vorinstanz der neuen Lebensgefährtin und zwei Kindern des Beschwerdeführers den Kantonswechsel bewilligt. Der Beschwerdeführer und B. würden demnach seit 2005 nicht mehr in einer Familiengemeinschaft leben.

    2. In der Rechtsmitteleingabe führt der Beschwerdeführer aus, in den

      Ferien verreise er für ein paar Tage ins Ausland. Da B.

      den

      Flüchtlingsstatus nicht besitze und somit über kein Reisedokument verfüge, könne ihn sein Sohn nicht begleiten. Er habe eine enge Beziehung zu seinem Sohn, welcher ihn drei bis vier Mal im Monat besuche.

    3. In der Vernehmlassung hält die Vorinstanz fest, es sei der Mutter von

B.

möglich und zumutbar, sich bei den zuständigen Behörden

des Heimatstaates um die Ausstellung eines heimatlichen Reisedokumentes für den Sohn zu bemühen. Damit könnte auch die Frage der tatsächlichen Staatsangehörigkeit von B. , von dem keine Identitätspapiere vorlägen, geklärt werden.

4.

    1. Gemäss Art. 51 AsylG werden Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.

    2. Die Vorinstanz begründet die Ablehnung des beantragten Einschlusses in die Flüchtlingseigenschaft einzig damit, dass der Beschwerdeführer und B. nicht mehr in einer Familiengemeinschaft leben würden. Dazu verweist sie auf die Trennung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner ehemaligen Lebenspartnerin sowie auf die Bewilligung des Kantonswechsels für seine neue Lebenspartnerin und die beiden gemeinsamen Kinder. Damit legt die Vorinstanz aber nicht dar, inwiefern dies ein besonderer Umstand im Sinne der genannten Bestimmung darstellen soll, der ausnahmsweise gegen die Anerkennung des minderjährigen Kindes als Flüchtling spricht. Solche Umstände sind aufgrund der Akten auch nicht ersichtlich.

      Der Umstand allein, dass die Obhut der Mutter zusteht, spricht noch nicht gegen den Einschluss in die Flüchtlingseigenschaft, zumal auch Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das unmündige Kind gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr haben (Art. 273 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

      10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]). Diesbezüglich ist vielmehr darauf abzustellen, ob das Rechtsverhältnis zwischen Vater und Sohn auch tatsächlich gelebt wird. Wenn es zutrifft, wie der Beschwerdeführer vorbringt, dass eine enge Beziehung zwischen ihm und dem Sohn besteht, spricht insoweit nichts gegen den grundsätzlichen Einschluss in die Flüchtlingseigenschaft. Ferner dürfen dem Einschluss weder das Kindeswohl und noch überwiegende öffentlichen Interessen entgegenstehen.

      Da die Vorinstanz sich dazu nicht äussert und die angefochtene Verfügung keine besonderen Umstände namhaft machen kann, verletzt sie Bundesrecht. Die Verfügung ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Nach der Rückweisung wird die Vorinstanz namentlich zu beachten haben, dass die anspruchsberechtigte Person im Sinne von Art. 51 AsylG das minderjährige

      Kind ist, das im vorliegenden Verfahren vom Vater (Beschwerdeführer) gesetzlich vertreten wird. Im Hinblick auf die Vater-Sohn-Beziehung wird die Vorinstanz weiter klären müssen, wem das Sorgerecht der unverheirateten Eltern zusteht (Art. 298 oder Art. 298a ZGB), was aus den Akten nicht hervorgeht. Schliesslich wird sie die obhutund sorgeberechtigte Mutter begrüssen müssen, um zu klären, ob dem Einschluss in die Flüchtlingseigenschaft des Vaters das Kindeswohl oder sonstige familiäre Gründe entgegenstehen. Bei einem allfälligen Interessenkonflikt ist in Erwägung zu ziehen, ob dem Kind für das vorliegende Verfahren ein Beistand zu bestellen ist.

    3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, die Verfügung vom 25. Oktober 2012 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

5.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Damit wird die mit Zwischenverfügung vom 7. Dezember 2012 gewährte unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos.

    2. Obsiegende und teilweise obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 und 4 VGKE). Dem nicht vertretenen Beschwerdeführer sind aus dem vorliegenden Verfahren keine verhältnismässig hohen Kosten erwachsen, weshalb ihm keine Parteientschädigung auszurichten ist.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des BFM vom 25. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer und das BFM.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Daniel Willisegger Barbara Balmelli

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