Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-1246/2012 |
Datum: | 30.05.2013 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Schweiz; Wegweisung; Beschwerde; Grosseltern; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Vollzug; Freiheit; Herkunft; Vorinstanz; Vater; Freiheitsstrafe; Sinne; Verfahren; Akten; Beschwerdeführern; Person; Verfahrens; Ausländer; Kosovo; Montenegro; Heimatstaat; Identität; Zumutbarkeit; Staat; Sicherheit |
Rechtsnorm: | Art. 139 StGB ;Art. 147 StGB ;Art. 172t StGB ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 II 377 |
Kommentar: | - |
Abteilung V E-1246/2012
Besetzung Richter Markus König (Vorsitz),
Richter Walter Lang, Richterin Gabriela Freihofer, Gerichtsschreiber Nicholas Swain.
Parteien A. ,
B. ,
angeblich Kosovo, ( ),
Beschwerdeführer,
gegen
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 8. Februar 2012 / N ( ).
Die Beschwerdeführer - nach eigenen Angaben der Ethnie der Roma angehörende kosovarische Staatsangehörige - reisten am 30. Dezember 2011 in die Schweiz ein und suchten am 3. Januar 2012 im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) Basel um Asyl nach. Am 12. Januar 2012 fanden im EVZ summarische Befragungen und am 27. Januar 2012 direkte Anhörungen zu den Asylgründen gemäss Art. 29 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) statt.
Die Beschwerdeführer brachten zur Begründung ihres Asylgesuchs im Wesentlichen vor, sie stammten aus C. im Kosovo, hätten aber seit dem Jahre 1999 mit ihrer Familie in D. _, Montenegro, gelebt. Ihre Mutter sei verstorben als sie noch klein gewesen seien und der Aufenthaltsort ihres Vaters sei ihnen nicht bekannt. Sie hätten sich hauptsächlich in der Obhut ihrer Grosseltern befunden. Im Jahre 2006 oder 2007 seien sie zusammen mit ihrem Vater, ihren Grosseltern und ihren
jüngeren Schwestern beziehungsweise Halbschwestern E.
und
F. nach Frankreich ausgereist, wo sie um Asyl ersucht hätten. In Frankreich seien sie etwa ( ) Jahre lang zur Schule gegangen. Nachdem ihr Asylgesuch von den französischen Behörden abgewiesen worden sei, sei die ganze Familie im Jahre 2010 nach D. zurückgekehrt, wo sie in einem Flüchtlingslager gelebt hätten. Dort habe sich ihr Vater mit seiner neuen Ehefrau von ihnen getrennt. Nachdem ihre Grosseltern und die jüngeren Schwestern in die Schweiz ausgereist seien, hätten sie bei einem Verwandten in Montenegro gelebt und als Erntehelfer gearbeitet. Der Beschwerdeführer 2 sei dabei von Albanern zusammengeschlagen und am Kopf und an einem Bein so schwer verletzt worden, dass er 20 Tage lang im Koma gelegen habe und im Spital habe behandelt werden müssen. Er leide seither unter Gedächtnisstörungen und Schwindelattacken. Der Verwandte, welcher sich nach der Ausreise der Grosseltern um sie gekümmert habe, sei schliesslich ebenfalls weggegangen. Zuvor habe er ihre Ausreise in die Schweiz zu den Grosseltern organisiert. Sie könnten nicht in den Kosovo zurückkehren, da die Roma dort malträtiert würden und sie dort keine Unterkunft und keine Bezugspersonen hätten. Zum Beleg ihrer Vorbringen reichten die Beschwerdeführer Mitgliederausweise und ein Bestätigungsschreiben der RomaVereinigung "( )" vom 28. Dezember 2011 in Kopie sowie Schülerausweise einer Schule in G. , Frankreich, zu den Akten.
Mit Verfügung vom 8. Februar 2012 - eröffnet am 10. Februar 2012 - stellte das BFM fest, dass die Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllen würden, wies ihre Asylgesuche ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug an. Auf die detaillierte Begründung wird - soweit entscheidwesentlich in den Erwägungen eingegangen.
Mit Eingabe vom 3. März 2012 (Poststempel: 5. März 2012) beantragten die Beschwerdeführer, es sei festzustellen, dass sie die Flüchtlingseigenschaft erfüllen, und es sei ihnen Asyl zu gewähren. Eventualiter seien sie in der Schweiz vorläufig aufzunehmen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchten sie darum, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und ihnen zu erlauben, den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abzuwarten. Ferner sei ihnen die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und auf die Einforderung eines Kostenvorschusses zu verzichten. Auf die Begründung wird - soweit entscheidwesentlich in den Erwägungen eingegangen
Mit Instruktionsverfügung vom 8. März 2012 stellte der Instruktionsrichter fest, dass die Beschwerdeführer den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten könnten und auf die weiteren Verfahrensanträge zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekommen werde.
Mit Instruktionsverfügung vom 29. März 2012 hiess der Instruktionsrichter das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) gut und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Gleichzeitig wurde das BFM zur Einreichung einer Vernehmlassung innert Frist eingeladen.
Die Vorinstanz hielt in ihrer Vernehmlassung vom 5. April 2012 an ihrer Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die Vernehmlassung wurde den Beschwerdeführern mit Zuschrift vom
17. April 2012 zur Kenntnis gebracht.
Mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft H. vom ( ) 2012 wurde dem Beschwerdeführer 1 wegen geringfügigen Diebstahls gemäss Art. 139 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu einer bedingten Busse von Fr. ( ).- unter Festsetzung einer Probezeit von ( ) Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer 2 wurde mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft
H.
vom ( ) 2012 wegen Diebstahls und betrügerischen Miss-
brauchs einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 139 Ziff. 1 StGB und Art. 147 Abs. 1 StGB sowie Art. 34 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (JStG; SR 311.1) zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von ( ) Tagen verurteilt, unter Ansetzung einer Probezeit von ( ) Monaten.
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Die Beschwerdeführer haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind
durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG).
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
Das BFM stellte sich zur Begründung seiner Verfügung auf den Standpunkt, die Vorbringen der Beschwerdeführer vermöchten den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit nicht zu genügen. Ihre Angaben zu ihrer Biographie und ihren familiären Verhältnissen seien unsubstanziiert und widersprüchlich und damit fehle den von ihnen dargelegten Asylgründen die nötige Plausibilität. So hätten sie keine genauen Angaben zu den Umständen des Todes ihrer Mutter, der Beziehung ihres Vaters zu seiner zweiten Frau und der Anzahl seiner Kinder sowie zu dessen Verbleib und dazu, wann und unter welchen Umständen sie ihn zuletzt gesehen hätten, machen können. Es sei ferner nicht nachvollziehbar,
dass sie nicht in der Lage seien, eindeutig anzugeben, mit welchen Angehörigen sie sich in Frankreich respektive Montenegro aufgehalten hätten. Ihre Aussagen zur Dauer und der zeitlichen Einordnung dieser Aufenthalte seien zudem widersprüchlich und ungenau und stünden in klarem Gegensatz zu den entsprechenden Angaben ihrer Grosseltern in deren Asylverfahren (N [ ]). Schliesslich seien auch ihre Angaben zu den Umständen ihrer jüngsten Ausreise aus Montenegro widersprüchlich und vermöchten daher nicht zu überzeugen. Ihren Vorbringen sei demnach nicht zu entnehmen, dass ihnen in ihrem Herkunftsstaat in irgendeiner Hinsicht Gefahr drohe beziehungsweise sie einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt seien. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass es sowohl ihren Grosseltern als auch ihrem Vater und dessen Ehefrau (N [ ]) in deren Asylverfahren nicht gelungen sei, die behauptete Identität und Herkunft aus dem Kosovo glaubhaft zu machen. Die Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Möglichkeit des Wegweisungsvollzugs seien grundsätzlich von Amtes wegen zu prüfen. Diese Untersuchungspflicht finde aber ihre Grenzen an der Mitwirkungspflicht der gesuchstellenden Person, welcher auch die Substanziierungslast zukomme. Es sei nicht Sache der Asylbehörden, nach allfälligen Wegweisungshindernissen zu forschen, wenn asylsuchende Personen ihre Herkunft und Staatsangehörigkeit verschleiern würden. Es würden sich aus den Akten keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass den Beschwerdeführern im Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) verbotene Strafe oder Behandlung drohe, und es könne aus der Verheimlichung der wahren Staatsangehörigkeit geschlossen werden, dass weder die im tatsächlichen Heimatstaat herrschende politische Situation noch andere Gründe gegen die Zumutbarkeit der Rückführung sprechen würden. Eine abschliessende Prüfung der Behandelbarkeit der gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers 2 im Heimatstaat sei wegen der Grenzen des Untersuchungsgrundsatzes nicht möglich. Immerhin sei er nach eigener Darstellung bereits vor der Einreise in die Schweiz ärztlich behandelt worden und es könne daher davon ausgegangen werden, dass eine adäquate medizinische Versorgung im Herkunftsland möglich sei. Schliesslich sei der Wegweisungsvollzug grundsätzlich auch dann möglich, wenn eine gesuchstellende Person ihre wahre Identität oder Nationalität verheimliche.
Zur Begründung ihrer Beschwerde argumentierten die Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz ihre Vorbringen zu Unrecht als unglaubhaft erachtet habe. Dass sie keine genauen Angaben zu den Umständen des
Todes ihrer Mutter machen könnten, sei aufgrund ihres Alters zu diesem Zeitpunkt ([ ] bzw. [ ] Jahre) nachvollziehbar. Sie wüssten mit Bestimmtheit, dass ihre Eltern ( ) gemeinsame Kinder gehabt hätten und dass sie eine Halbschwester aus einer späteren Beziehung ihres Vaters hätten. Ob dieser noch weitere Kinder habe, entziehe sich ihrer Kenntnis, schliesslich habe ihr Vater in seinem Asylverfahren selber die Anzahl seiner Kinder nicht genau anzugeben vermocht. Ihre eigentlichen Bezugspersonen seien ihre Grosseltern. Da sie die zweite Ehefrau ihres Vaters nicht akzeptiert hätten, wüssten sie auch nichts über die Beziehung dieser beiden Personen. Ihr Vater habe sich in Frankreich von ihnen getrennt und sie hätten dessen zweite Ehefrau nur ein Mal in Montenegro getroffen. Dass ihre Angaben etwas widersprüchlich und unpräzise seien, liege im Übrigen am "Lebensstil, den [sie] als Roma führen [würden]" (vgl. Eingabe vom 3. März 2012). Die Verwandtschaft zwischen ihnen und ihren Grosseltern könne, falls nötig, mit einem DNA-Vergleich belegt werden und ihre Identität lasse sich durch die Akten der französischen Behörden bestätigen. Es sei im Übrigen notorisch, dass es im Kosovo trotz der Präsenz internationaler Truppen immer wieder zu Übergriffen der Albaner gegen die Minderheit der Roma komme, weshalb die Lage in ihrem Herkunftsland für sie nicht sicher sei. Sie wären dort auch aufgrund ihres jugendlichen Alters erheblichen Gefahren ausgesetzt und seien daher auf die Betreuung durch ihre Grosseltern angewiesen.
Vorab ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer keine Identitätsdokumente zu den Akten gereicht haben und ihre Aussagen zu ihrer Identität, Herkunft und ihrem familiären Hintergrund detailarm, vage und zum Teil widersprüchlich ausgefallen sind. Dementsprechend besteht Anlass zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit ihrer diesbezüglichen Angaben und es ist im Folgenden davon auszugehen, dass Identität und Herkunft der Beschwerdeführer nicht zweifelsfrei erstellt sind. Immerhin ergibt sich aus der Tatsache, dass der Grossvater der Beschwerdeführer die von ihm behauptete kosovarische Staatsangehörigkeit auf Beschwerdeebene mit Identitätsdokumenten belegt hat (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-2041/2012 vom heutigen Tag), ein konkreter Anhaltspunkt für die Richtigkeit der von den Beschwerdeführern angegebenen Herkunft aus dem Kosovo, zumal die familiären Beziehungen zwischen den Beschwerdeführern und ihren Grosseltern vom BFM nicht grundsätzlich bestritten werden.
In Übereinstimmung mit der Vorinstanz gelangt das Gericht zum Schluss, dass sich den Vorbringen der Beschwerdeführer keine glaubhaften und konkreten Hinweise für ihnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgungsmassnahmen im Sinne von Art. 3 AsylG entnehmen lassen. Insbesondere kommt dem geschilderten gewaltsamen Übergriff auf den Beschwerdeführer 2 keine asylrechtliche Relevanz zu, da es sich um eine (nicht-staatliche) Verfolgung durch Drittpersonen handelt und vorliegend von einer grundsätzlich funktionierenden und effizienten Schutzinfrastruktur in Montenegro, dem Staat, in dem die Übergriffe stattgefunden haben sollen, auszugehen ist, welche den Beschwerdeführern zur Verfügung steht respektive gestanden wäre. Zudem ereignete sich dieser Vorfall gemäss Darstellung der Beschwerdeführer anlässlich eines Aufenthalts in einem Drittstaat und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ihnen in ihrem Heimatstaat mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft vergleichbare gezielte Übergriffe drohen. Auch die von den Beschwerdeführern geltend gemachte generell schwierige Situation der Minderheit der Roma im Kosovo (sowie in Montenegro) und der Hinweis auf ihre prekären Lebensverhältnisse vermag die Flüchtlingseigenschaft nicht zu begründen, da Nachteile, welche auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, keine asylbeachtliche Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG darstellen. Einen anderen Schluss vermag auch das zu den Akten gereichte Unterstützungsschreiben einer Roma-Vereinigung nicht zu rechtfertigen, zumal es den Eindruck eines Gefälligkeitsschreibens ohne relevanten Beweiswert hinterlässt.
Zusammenfassend ist es den Beschwerdeführern nicht gelungen, eine im Sinne von Art. 3 AsylG asylrelevante Verfolgungsgefahr nachzuweisen oder glaubhaft darzutun. Die Vorinstanz hat ihr Asylgesuch demzufolge zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
Die Beschwerdeführer verfügen weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (vgl. BVGE
2009/50 E. 9 S. 733 m.H.a. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21).
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20]).
Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den Herkunftsoder in den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht werden kann. Er ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise des Ausländers in seinen Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen. Der Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt (Art. 83 Abs. 2-4 AuG).
Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Nachdem beide Beschwerdeführer deliktisch in Erscheinung getreten sind, ist vorliegend vorab zu prüfen, ob sich eine Anwendung der Ausschlussbestimmung von Art. 83 Abs. 7 AuG rechtfertigt.
Der Beschwerdeführer 1 wurde mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft H. vom ( ) 2012 des geringfügigen Diebstahls gemäss Art. 139 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB schuldig erklärt und es wurde ihm in Anwendung von Art. 24 Abs. 1 und Art. 35 JStG
eine bedingte Busse von Fr. ( ).- auferlegt, unter Festsetzung einer Probezeit von ( ) Monaten.
Der Beschwerdeführer 2 wurde mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft H. vom ( ) 2012 des Diebstahls und des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 139 Ziff. 1 StGB und Art. 147 Abs. 1 StGB sowie Art. 34 JStG schuldig erklärt und in Anwendung von Art. 25 Abs. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 1 JStG zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von ( ) Tagen verurteilt, unter Ansetzung einer Probezeit von ( ) Monaten.
Gemäss Art. 83 Abs. 7 AuG wird die vorläufige Aufnahme nicht verfügt, wenn die wegoder ausgewiesene Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Inoder Ausland verurteilt wurde oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Artikel 64 oder 61 des Strafgesetzbuches angeordnet wurde (Bst. a), wenn sie erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Bst. b), oder wenn sie die Unmöglichkeit des Vollzugs der Wegoder Ausweisung durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat (Bst. c).
Der Ausschlussgrund (Ausschluss von der vorläufigen Aufnahme) von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG setzt voraus, dass eine Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Inoder Ausland verurteilt wurde. Das Bundesgericht hat den Begriff der "längerfristigen Freiheitsstrafe" im Sinne von Art. 62 Bst. b AuG (und damit auch den gleichlautenden Begriff von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG) dahingehend konkretisiert, dass darunter - im Sinne eines festen Grenzwertes - eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu verstehen ist (vgl. BGE 135 II 377 E. 4.2). Dieser Praxis folgt das Bundesverwaltungsgericht im Bereich seiner endgültigen Entscheidkompetenz (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts D-1972/2009 vom 11. August 2011 E. 4.4 und D-5522/2009 vom 17. No-
vember 2011 E. 4.1.1).
Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG kommt zur Anwendung, wenn eine Person erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet. Der Tatbestand von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG muss restriktiv ausgelegt werden. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass nicht jeder Verstoss gegen die gesetzliche Ordnung zur Aufhebung oder Verweigerung der vorläufigen
Aufnahme führt, es bedarf vielmehr einer gewissen Intensität. Die Handlungen müssen eine schwerwiegende Gefährdung oder Verletzung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen. Die Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe lässt beispielsweise in der Regel nicht auf eine solche schliessen, jedoch kann deren Strafmass oder der Umstand, dass durch das begangene Delikt besonders wertvolle Rechtsgüter betroffen sind, zum gegenteiligen Schluss führen. Die wiederholte Begehung von Delikten kann trotz bedingt ausgesprochener Freiheitsstrafe Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sein, stellt eine solche doch die vermutete günstige Prognose erheblich in Frage (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts D-3904/2006 vom 16. Februar 2010, E. 7.1 f. und D-5522/2006 vom 17. November 2011, E. 4.1.2).
Gegen den Beschwerdeführer 1 wurde nur eine Geldstrafe ausgesprochen und die gegen den Beschwerdeführer 2 verhängte Freiheitsstrafe liegt eindeutig unterhalb der in der Praxis festgelegten Grenze von einem Jahr für die Annahme einer längerfristigen Freiheitsstrafe (vgl.
E. 8.5.4). Demnach sind die Kriterien von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG nicht erfüllt. Ferner sind die gegen die Beschwerdeführer verhängten Strafen gemessen am möglichen Höchstmass relativ milde und wurden zudem nur bedingt ausgesprochen, was darauf hindeutet, dass ihr Verschulden durch die Jugendanwaltschaft als nicht allzu schwer eingestuft wurde. Ebenso zu berücksichtigen ist die Minderjährigkeit der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Tatbegehung und der Umstand, dass keine weiteren Straftaten aktenkundig sind. In Anbetracht dieser Umstände rechtfertigt es sich nicht, von einem schwerwiegenden Verstoss oder einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz auszugehen. Es liegt kein gravierendes Fehlverhalten in einem Ausmass vor, welches die Anwendung von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG rechtfertigen würde. Es ist an dieser Stelle jedoch mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass bei weiterem deliktischem Verhalten der Beschwerdeführer eine erneute Beurteilung zu ihren Ungunsten ausfallen könnte.
Sind von einem allfälligen Wegweisungsvollzug Kinder betroffen, so bildet im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung das Kindeswohl einen Gesichtspunkt von gewichtiger Bedeutung. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 83 Abs. 4 AuG im Lichte von Art. 3 Abs. 1 der Konvention vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107). Unter dem Aspekt des Kindeswohls sind
demnach sämtliche Umstände einzubeziehen und zu würdigen, die im Hinblick auf eine Wegweisung wesentlich erscheinen. In Bezug auf das Kindeswohl können für ein Kind namentlich folgende Kriterien im Rahmen einer gesamtheitlichen Beurteilung von Bedeutung sein: Alter, Reife, Abhängigkeiten, Art (Nähe, Intensität, Tragfähigkeit) seiner Beziehungen, Eigenschaften seiner Bezugspersonen (insbesondere Unterstützungsbereitschaft und -fähigkeit), Stand und Prognose bezüglich Entwicklung/ Ausbildung, sowie der Grad der erfolgten Integration bei einem längeren Aufenthalt in der Schweiz (vgl. BVGE 2009/28 E. 9.3.2 S. 367 f., mit weiteren Hinweisen).
Die minderjährigen Beschwerdeführer lebten vor ihrer Einreise grösstenteils in der Obhut ihrer Grosseltern und leben auch in der Schweiz mit diesen zusammen. Gemäss ihren Aussagen ist ihre Mutter verstorben und der Vater unbekannten Aufenthalts. Zudem lassen sich den Akten keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sie ausserhalb der Schweiz über weitere Bezugspersonen verfügen, auf deren Unterstützung sie zählen könnten. Unter dem Aspekt des Kindeswohls kann die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs somit nur unter der Voraussetzung bejaht werden, dass die Beschwerdeführer zusammen mit ihren Grosseltern und Geschwistern in ihren Heimatstaat zurückkehren können. Mit Urteil heutigen Datums hat das Bundesverwaltungsgericht indessen die Beschwerde der Grosseltern und Schwestern der Beschwerdeführer (N [ ]; E-2041/2012), gegen die diese betreffende Verfügung des BFM vom 2. April 2012 gutgeheissen, soweit diese den Vollzug der Wegweisung betrifft, und die Sache zur vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur Neubeurteilung der Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Demnach ist es bei der derzeitigen Aktenlage nicht möglich, sich in Kenntnis der tatsächlichen persönlichen und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführer zur Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung - auch in Bezug auf die im Rahmen des Kindeswohls spezifisch zu berücksichtigenden Aspekte - zu äussern.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens (hälftiges Obsiegen) wären die reduzierten Verfahrenskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Da indessen mit Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2012 das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG gutgeheissen wurde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich ihre finanzielle Lage seither massgeblich verändert hätte, wird auf die Auferlegung von Verfahrenskosten verzichtet.
Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG; Art. 7 und 8 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Aufgrund der Aktenlage ist jedoch nicht davon auszugehen, dass den nicht vertretenen Beschwerdeführern durch das Beschwerdeverfahren notwendige und verhältnismässig hohe Kosten erwachsen sind. Daher ist ihnen keine Parteientschädigung zuzusprechen.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird soweit den Vollzug der Wegweisung und die diesbezügliche Aufhebung der angefochtenen Verfügung betreffend - gutgeheissen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Die Dispositivziffern 4 und 5 der Verfügung des BFM vom 8. Februar 2012 werden aufgehoben. Die Sache wird zur vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur Neubeurteilung der Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführer, das BFM und die kantonale Migrationsbehörde.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Markus König Nicholas Swain
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