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Bundesverwaltungsgericht Urteil BVGE 2014/8

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts BVGE 2014/8

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:BVGE 2014/8
Datum:08.01.2013
Leitsatz/Stichwort:Mehrwertsteuer
Schlagwörter : Gruppe; Mehrwertsteuer; MWSTG; Recht; Steuer; Mehrwertsteuergruppe; Gruppenbesteuerung; Gesetz; Vorsorge; Voraussetzung; MWSTV; Verordnung; Urteil; Bundesrat; Mitglied; Gesetzes; Vorsorgeeinrichtung; Verselbstständigungspflicht; Rechtsträger; Leitung; Pensionskasse; Voraussetzungen; Auslegung; Wortlaut
Rechtsnorm: Art. 10 MWSTG ;Art. 107 MWSTG ;Art. 127 BV ;Art. 13 MWSTG ;Art. 130 MWSTG ;Art. 15 MWSTG ;Art. 16 BV ;Art. 164 BV ;Art. 182 BV ;Art. 19 BV ;Art. 48 BV ;Art. 67 MWSTG ;
Referenz BGE:123 II 433; 125 II 326; 128 I 113; 128 II 112; 129 V 95; 131 II 13; 131 II 562; 134 I 23; 136 I 29; 136 II 149; 136 II 337; 137 III 217; 138 II 251
Kommentar:
-, Hand zum BVG und FZG, Art. 48 BVG, 2010

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

8

Auszug aus dem Urteil der Abteilung I

i.S. A. und B. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung A3479/2012 vom 8. Januar 2013

Konkrete Normenkontrolle. Teilnahme von Pensionskassen an einer Mehrwertsteuergruppe.
Art. 5 Abs. 1, Art. 127 Abs. 1, Art. 164 BV. Art. 13 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG. Art. 16 Abs. 3 MWSTV.
Art. 16 Abs. 3 MWSTV verletzt das Legalitätsprinzip (E. 3).
Contrôle concret des normes. Participation de caisses de pensions à un groupe d'imposition TVA.
Art. 5 al. 1, art. 127 al. 1, art. 164 Cst. Art. 13 al. 1, art. 15 al. 1 let. c
LTVA. Art. 16 al. 3 OTVA.
L'art. 16 al. 3 OTVA viole le principe de la légalité (consid. 3).
Controllo concreto delle norme. Partecipazione di casse pensioni ad un gruppo d'imposizione IVA.
Art. 5 cpv. 1, art. 127 cpv. 1, art. 164 Cost. Art. 13 cpv. 1, art. 15 cpv. 1 lett. c LIVA. Art. 16 cpv. 3 OIVA.
L'art. 16 cpv. 3 OIVA viola il principio della legalità (consid. 3).

Die Mehrwertsteuergruppe « X. », Zürich (nachfolgend: Mehrwertsteuergruppe X.), bestehend aus der Vorsorgestiftung A. (Gruppenträger) und der B. AG (Gruppenmitglied), ist seit dem 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2011 teilte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) der Mehrwertsteuergruppe X. mit, dass die Gruppe per

31. Dezember 2011 aufgelöst werde. Zur Begründung stützte sich die ESTV auf Art. 16 Abs. 3 MWSTV (SR 641.201), wonach « Einrichtungen der beruflichen Vorsorge », im vorliegenden Fall also die A., nicht Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe sein können.

Am 21. Dezember 2011 verfügte die ESTV die Auflösung der Mehrwertsteuergruppe X per 31. Dezember 2011. Eine dagegen erhobene Einsprache wies die ESTV mit Einspracheentscheid vom 25. Mai 2012 ab.

Mit Beschwerde vom 28. Juni 2012 beantragen die A. sowie die B. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin 1 bzw. 2 oder Beschwerdeführerinnen) die Aufhebung dieses Einspracheentscheids.

Das Bundesverwaltungsgericht heisst die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten ist.

Aus den Erwägungen:

2.
    1. Nach dem in Art. 5 Abs. 1 BV statuierten Grundsatz der Gesetzmässigkeit bedarf jedes staatliche Handeln einer gesetzlichen Grundlage (sog. Legalitätsprinzip). Inhaltlich umfasst das Legalitätsprinzip einerseits das « Erfordernis des Rechtssatzes » und andererseits das « Erfordernis der Gesetzesform ».

      1. Nach dem « Erfordernis des Rechtssatzes » hat staatliches Handeln auf einem Rechtssatz (generell-abstrakter Struktur) von genügender Normstufe und genügender Bestimmtheit zu beruhen (vgl. Urteile des BVGer A4930/2010 vom 21. Oktober 2011 E. 2.1; A3454/2010 vom

        1. August 2011 E. 1.4 m.w.H.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allge-

          meines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, § 19 Rz. 2; HÄFELIN/MÜLLER/

          UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 381 ff.).

      2. Das « Erfordernis der Gesetzesform » bedeutet, dass alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in einem Bundesgesetz (sog. « Gesetz im formellen Sinn », das als solches vom Parlament im Verfahren der Gesetzgebung erlassen worden ist und dem fakultativen Referendum untersteht) enthalten sein müssen (Art. 164 Abs. 1 BV; HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, a.a.O., Rz. 393 ff.; THOMAS GÄCHTER, in: Staatsrecht, 2011,

        § 22 N. 19 ff.). Dazu gehören unter anderem die grundlegenden Bestimmungen über die Einschränkung verfassungsmässiger Rechte, über die

        Rechte und Pflichten von Personen sowie über den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessung von Abgaben (Art. 164 Abs. 1 Bst. bd BV). Diese dem formellen Gesetzgeber vorbehaltenen Regelungsbefugnisse dürfen nicht delegiert werden (vgl. Art. 164 Abs. 2

        BV; zum Ganzen: BGE 131 II 13 E. 6.3 mit zahlreichen Hinweisen).

      3. Im Steuerrecht wird das Legalitätsprinzip besonders streng gehandhabt, und es kommt ihm in diesem Bereich allgemein eine herausragende Bedeutung zu (vgl. etwa BGE 131 II 562 E. 3.1 und 3.4 m.H. auf die Lehre). Bereits auf Verfassungsebene ist festgehalten, dass die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln ist (Art. 127 Abs. 1 BV), wobei unter dem Terminus « Gesetz » ein Gesetz im formellen Sinn zu verstehen ist (vgl. statt vieler: BGE 128 II 112 E. 5; Urteil des BVGer A3974/2008 vom

  1. Mai 2009 E. 2.7; zum Legalitätsprinzip im Steuerrecht: HÄFELIN/ MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 2693 ff.). Demzufolge ist insbesondere auch für die Bestimmung der Steuersubjekte und Steuerobjekte auf deren im jeweiligen massgebenden Gesetz festgehaltene Definition abzustellen (vgl. zum Ganzen: BVGE 2007/41 E. 4.1; MICHAEL BEUSCH, Der

Untergang der Steuerforderung, 2012, S. 19 ff.).

2.2
      1. Werden im (formellen) Gesetz Rechtsetzungskompetenzen auf den Verordnungsgeber übertragen, spricht man von Gesetzesdelegation. Verordnungen, welche die bereits im entsprechenden Gesetz angelegte Regelung ergänzen oder ändern und damit Gesetzesfunktion übernehmen (sog. gesetzesvertretende Verordnungen), brauchen für ihren Erlass eine genügende Delegationsnorm im Gesetz. Der Gesetzgeber ermächtigt damit die Exekutive im Bund den Bundesrat zum Erlass von sogenannten unselbstständigen (d.h. nicht direkt auf der Verfassung beruhenden) Verordnungen. Die Gesetzesdelegation gilt grundsätzlich als zulässig (Art. 164 Abs. 2 BV; BGE 128 I 113 E. 3c; Urteil A4930/2010 E. 2.2.2; Urteil A3454/2010 E. 1.4.1 m.w.H.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 406 f.).

      2. Im Gegensatz zu gesetzesvertretenden Verordnungen sollen Vollziehungsverordnungen die Bestimmungen des betreffenden Gesetzes lediglich verdeutlichen und soweit nötig das Verfahren regeln. Die Befugnis des Bundesrates zu ihrem Erlass stützt sich auf dessen allgemeine Kompetenz zum Gesetzesvollzug nach Art. 182 Abs. 2 BV (vgl. statt vieler: Urteile A4930/2010 E. 2.2.2 und A3454/2010 E. 1.4.1 m.H.). Vollziehungsverordnungen zählen daher zu den selbstständigen (d.h. direkt auf der Verfassung beruhenden) Verordnungen (vgl. statt vieler: BGE 129 V 95 E. 2.1; HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bun-

desstaatsrecht, 8. Aufl. 2012, N. 1857 und 1859; HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, a.a.O., Rz. 139; RHINOW/SCHEFER, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 2692; a.M.: PIERRE TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 3. Aufl. 2011, § 46 Rz. 13; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. 1,

2. Aufl. 2006, N. 1550). Eine Gesetzesdelegation im Sinn von Art. 164 Abs. 2 BV ist zu ihrem Erlass nicht notwendig.

    1. Beim Erlass von Vollziehungsverordnungen sind dem Bundesrat in verschiedener Hinsicht Grenzen gesetzt, deren Überschreitung eine Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips und des Legalitätsprinzips bedeuten würde: Eine Vollziehungsverordnung muss sich auf eine Materie beziehen, die Gegenstand des zu vollziehenden Gesetzes ist. Sie muss der Zielsetzung des Gesetzes folgen und darf dabei lediglich die Regelung, die in grundsätzlicher Weise bereits im Gesetz Gestalt angenommen hat, durch Detailvorschriften näher ausführen, jedoch weder aufheben noch abändern. Ansprüche, die aus dem Gesetz hervorgehen, darf sie nicht beseitigen. Sie darf auch keine neuen, nicht schon aus dem Gesetz folgenden Pflichten auferlegen, und zwar selbst dann nicht, wenn diese Ergänzungen mit dem Zweck des Gesetzes in Einklang stehen (vgl. zum Ganzen: BGE 136 I 29 E. 3.3; 130 I 140 E. 5.1 m.H.; Urteil

      A4930/2010 E. 2.2.2; Urteil des BVGer A1543/2006 vom 14. April 2009 E. 3.3; HÄFELIN/HALLER/KELLER, a.a.O., N. 1860; RHINOW/

      SCHEFER, a.a.O., Rz. 2700; TSCHANNEN, a.a.O., § 46 Rz. 18 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 14 Rz. 21 ff.; HÄFELIN/ MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 135 ff.; GIOVANNI BIAGGINI, in: Staats-

      recht, 2011, § 19 N. 33 ff.).

    2. Das Bundesverwaltungsgericht kann eine Verordnungsbestimmung des Bundesrates auf Beschwerde hin vorfrageweise auf ihre Gesetzmässigkeit prüfen (konkrete Normenkontrolle; statt vieler: Urteil des BVGer A8057/2010 vom 6. September 2011 E. 1.3.2). Im Rahmen der konkreten Normenkontrolle kann das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich auch die Verfassungsmässigkeit der Bestimmung beurteilen. Es kann namentlich prüfen, ob sie sich auf ernsthafte Gründe stützt oder Art. 9 BV widerspricht, weil sie sinnoder zwecklos ist, rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt, oder Unterscheidungen unterlässt, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen (vgl. BGE 134 I 23 E. 8 und 9.1; 133 V 42 E. 3.1, jeweils m.H.). Soweit das Gesetz den Bundesrat jedoch ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen beziehungsweise seine Regelung lediglich eine bereits im Gesetzesrecht angelegte Verfassungswidrigkeit übernimmt, fällt die Verordnungsbestimmung trotz allenfalls festgestellter

Verfassungswidrigkeit unter das Anwendungsgebot von Art. 190 BV (vgl. HÄFELIN/HALLER/KELLER, a.a.O., N. 2098). Für die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahme trägt im Übrigen der Bundesrat die Verantwortung; es ist nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, sich zu deren wirtschaftlichen oder politischen Sachgerechtigkeit zu äussern (vgl. BGE 136 II 337 E. 5.1 mit zahlreichen Hinweisen; Urteil A8057/2010 E. 1.3.2).

  1. Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob die gestützt auf Art. 16 Abs. 3 MWSTV verfügte Auflösung der Mehrwertsteuergruppe X. zulässig ist. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten dies. Sie machen geltend, die Verordnungsbestimmung finde keine kompetenzmässige Stütze im MWSTG, sei mithin gesetzund im Übrigen auch verfassungswidrig.

    1. Vorab ist in Übereinstimmung mit den Parteien festzuhalten, dass sich der Bundesrat beim Erlass von Art. 16 Abs. 3 MWSTV nicht auf eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen stützen konnte (E. 2.2.1). Vielmehr hat er dabei Gebrauch von seiner allgemeinen verfassungsrechtlichen Kompetenz zum Gesetzesvollzug gemacht (E. 2.2.2). In Art. 107 Abs. 3 MWSTG wird die entsprechende Zuständigkeit für den Bereich der Mehrwertsteuergesetzgebung lediglich wiederholt. Die Bestimmung räumt dem Bundesrat keine über Art. 182 Abs. 2 BV hinausgehende, insbesondere keine gesetzesvertretenden, Kompetenzen ein. Bei Art. 16 Abs. 3 MWSTV handelt es sich somit zumindest formell um eine Vollziehungsverordnungsbestimmung (E. 2.2.2).

    2. Wie vorstehend erwähnt (E. 2.3), dürfen ohne spezifische Ermächtigung im Gesetz in einer Vollziehungsverordnung keine gesetzlich vorgesehenen Ansprüche der Adressaten beseitigt werden. Mit Blick darauf gilt es vorliegend zu berücksichtigen, dass Art. 13 Abs. 1 MWSTG (zusammen mit dem hier nicht weiter interessierenden Art. 67 Abs. 2 MWSTG) einen Rechtsanspruch auf Teilnahme an einer Mehrwertsteuergruppe einräumt, sofern die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer vom 25. Juni 2008, BBl 2008 6885, 6954; BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER,

      Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 3 Rz. 76; vgl. ferner Art. 18 Abs. 1 MWSTV, der unter dem Titel « Bewilligung der Gruppenbesteuerung » mit Verweis auf Art. 13 und Art. 67 Abs. 2 MWSTG festhält, die ESTV erteile auf Gesuch hin die Bewilligung, sofern die massgebenden Voraussetzungen erfüllt seien). Es stellt sich demnach die Frage, ob sich aus dieser Bestimmung ein Anspruch auch der Beschwerdeführerin 1 als Stiftung und Vorsorgeeinrichtung auf Teilnahme an der

      Mehrwertsteuergruppe X. ableiten lässt. Wäre dies der Fall, erwiese sich Art. 16 Abs. 3 MWSTV im vorliegenden Anwendungsakt als gesetzwidrig und die darauf gestützte Auflösung der Mehrwertsteuergruppe der Beschwerdeführerinnen als unrechtmässig. Nachfolgend ist daher mittels Gesetzesauslegung zu prüfen, ob sich der Bundesrat beim Erlass dieser Verordnungsbestimmung beziehungsweise gestützt darauf die ESTV im vorliegenden Fall an die Grenzen seiner ihm im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 MWSTG zustehenden Vollzugskompetenz gehalten hat.

    3. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung (sog. grammatikalische Auslegung; dazu E. 3.4). Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden unter Hinzuziehung aller Auslegungselemente (sog. « Methodenpluralismus »; vgl. BGE 136 II 149 E. 3; Urteil des BGer 1C_156/2011 vom 15. Juli 2011

      E. 3.5.1; statt vieler: Urteil des BVGer A1265/2011 vom 3. Juli 2012

      E. 2.6; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 217). Zu berücksichtigen sind namentlich die Entstehungsgeschichte der Norm (sog. historische Auslegung; dazu E. 3.5), der Zusammenhang, in dem sie mit anderen Gesetzesbestimmungen steht (sog. systematische Auslegung; dazu

      E. 3.6) sowie ihr Sinn und Zweck (sog. teleologische Auslegung; dazu

      E. 3.7). Von einem klaren Wortlaut darf abgewichen werden, wenn sich im Lichte der übrigen Auslegungselemente triftige Gründe für die Annahme ergeben, dass er nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt (vgl. BGE 131 II 562 E. 3.5; 125 III 57 E. 2b; BVGE 2007/41 E. 4.2).

      Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die der Verfassung am besten entspricht (vgl. zum Ganzen: BGE 137 III 217 E. 2.4.1 mit zahlreichen Hinweisen; BVGE 2007/24 E. 2.3 und 2.4; Urteil A1265/2011 E. 2.6).

    4. Art. 13 Abs. 1 MWSTG hat folgenden Wortlaut:

      « Rechtsträger mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz, die unter einheitlicher Leitung eines Rechtsträgers miteinander verbunden sind, können sich auf Antrag zu einem einzigen Steuersubjekt zusammenschliessen (Mehrwertsteuergruppe). In die Gruppe können auch Rechtsträger, die kein Unternehmen betreiben, und natürliche Personen einbezogen werden. »

      Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung (in allen drei Amtssprachen) lässt sich für die vorliegende Frage nichts Eindeutiges gewinnen. Weder ergibt sich daraus ein klarer Anspruch von Vorsorgeeinrichtungen, Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe zu sein, noch lässt die Bestimmung ihrem

      Wortlaut nach darauf schliessen, dass solche Einrichtungen von der Gruppenbesteuerung ausgeschlossen werden können.

      1. Die zitierte Norm statuiert die folgenden massgebenden Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Mehrwertsteuergruppe: Die Mitglieder müssen erstens « Rechtsträger » sowie, zweitens, « unter einheitlicher Leitung eines Rechtsträgers miteinander verbunden » sein. Drittens müssen sie ihren « Sitz oder ihre Betriebsstätte in der Schweiz » haben und schliesslich, viertens, einen « Antrag » stellen. Die zwei letztgenannten Voraussetzungen können Vorsorgeeinrichtungen ohne Weiteres erfüllen, weshalb hier nicht weiter darauf einzugehen ist. Ein Ausschluss von Vorsorgeeinrichtungen aus der Gruppenbesteuerung könnte sich also nur noch daraus ergeben, dass solche Einrichtungen nicht unter den Begriff des « Rechtsträgers » fallen oder aber aus bestimmten Gründen nicht « unter einheitlicher Leitung eines Rechtsträgers miteinander verbunden » (also nicht Gruppenkopf oder Mitglied) sein können.

        Die Beschwerdeführerinnen bringen in diesem Zusammenhang vor, nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 MWSTG könnten « Rechtsträger » generell, das heisst ohne irgendwelche Einschränkungen in Bezug auf die Rechtsform, und sogar natürliche Personen Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe sein. Die Beschwerdeführerin 1, die als Stiftung organisiert sei, falle zweifellos unter den Begriff des « Rechtsträgers » und könne daher auch Mitglied der Mehrwertsteuergruppe X. sein.

        Die Beschwerdeführerinnen verkennen bei dieser Argumentation indessen, dass die Vorinstanz (zu Recht) überhaupt nicht bestreitet, dass die Beschwerdeführerin 1 als Stiftung grundsätzlich unter diesen Begriff fällt (vgl. dazu etwa ROBINSON/GANTENBEIN/ELSENER, Die Gruppenbesteuerung im neuen Schweizer Mehrwertsteuergesetz, ASA 78 S. 852 f.). Die Fähigkeit, Mitglied der Mehrwertsteuergruppe X. zu sein, wird ihr nicht aufgrund ihrer Rechtsform abgesprochen, sondern weil sie als registrierte Vorsorgeeinrichtung der sozialversicherungsrechtlichen Verselbstständigungspflicht nach Art. 48 Abs. 2 BVG (SR 831.40) unterliege, welche mit der solidarischen Haftung in einer Mehrwertsteuergruppe nach Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG unvereinbar sei. In der Tat schliesst der Bundesrat mit Art. 16 Abs. 3 MWSTV denn auch keinen bestimmten

        « Rechtsträger » von der Gruppenbesteuerung aus, sondern eben aufgrund von Haftungsüberlegungen (vgl. BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/ KOCHER, a.a.O., § 3 Rz. 75) « Einrichtungen der beruflichen Vorsorge » generell und damit unabhängig von ihrer Rechtsform.

      2. Die Voraussetzung, ein « Rechtsträger » zu sein, steht der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin 1 in der Mehrwertsteuergruppe X. demnach ebenfalls nicht entgegen. Nachfolgend bleibt somit einzig noch zu prüfen, ob die Eigenschaft, eine (registrierte) Vorsorgeeinrichtung zu sein, mit der weiteren Voraussetzung « unter einheitlicher Leitung verbunden » (bzw. des Ausübens dieser einheitlichen Leitung) in unlösbarem Widerspruch steht. Bereits festgehalten werden kann, dass sich diesbezüglich aus dem Wortlaut des MWSTG ebenfalls nichts Eindeutiges in die eine oder andere Richtung ergibt und zur Klärung der Frage daher die weiteren Auslegungselemente heranzuziehen sind.

    5. Gemäss Botschaft (BBl 2008 6885, 6953) entsprechen die Voraussetzungen und der mögliche Gruppenkreis einer Mehrwertsteuergruppe der Regelung in Art. 22 des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG, AS 2000 1300). « Alle Personen » könnten sich zu einer Mehrwertsteuergruppe zusammenschliessen. Nötig sei allerdings, « dass diese Personen tatsächlich unter einheitlicher Leitung stehen, das heisst entweder beteiligungsrechtlich (kapitaloder vor allem auch stimmrechtsmässig) oder mittels Beherrschungsvertrag vom Inhaber oder der Inhaberin der einheitlichen Leitung (Gruppenkopf) beherrscht werden. Bei natürlichen Personen ist fraglich, ob sie im Einzelfall durch einen Beherrschungsvertrag als unter einheitlicher Leitung stehend betrachtet werden können, da sie in der Regel autonom handeln. In sehr engen Grenzen dürfte die Teilnahme natürlicher Personen und weiterer Rechtsträger wie heute unter diesem Gesichtspunkt möglich sein. Vorstellbar ist der Einbezug zum Beispiel eines für eine Versicherung tätigen Generalagenten oder einer Pensionskasse in die Gruppe. » (BBl 2008 6885, 6953 f.)

      In den Erläuterungen zu Art. 16 Abs. 3 MWSTV (Erläuterungen zur Mehrwertsteuerverordnung S. 10, abrufbar unter: http://www.news. admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/17547.pdf) steht dazu Folgendes:

      « Die Botschaft zum neuen Mehrwertsteuergesetz sagt, dass der Einbezug einer Pensionskasse in eine Gruppe vorstellbar sei. Da die Mitglieder einer Gruppe jedoch nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c MWSTG für sämtliche Mehrwertsteuerschulden der anderen Gruppenmitglieder solidarisch haften, würde die Aufnahme von Vorsorgeeinrichtungen in eine Gruppe einen Verstoss gegen die sozialversicherungsrechtliche Verselbständigungspflicht darstellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat sich folglich entschieden gegen die Möglichkeit einer Aufnahme von Vorsorgeeinrichtungen in Mehrwertsteuergruppen ausgesprochen, was nun in Absatz 2 [Abs. 3 in der endgültigen Fassung] ausdrücklich festgehalten wird. »

      Auf dieser Linie hält die Vorinstanz in ihrer aktuellen « MWST-Info 03, Gruppenbesteuerung » (Januar 2010, abrufbar unter: http://www.estv. admin.ch/mwst/dokumentation/00130/00947/00948/index.html?lang=de

      #sprungmarke0_12) fest, Vorsorgeeinrichtungen könnten deshalb nicht Teil einer Mehrwertsteuergruppe sein, weil der « Gesetzgeber ( ) von deren wirtschaftlicher Unabhängigkeit » ausgehe. Dazu ist Folgendes zu bemerken:

      1. Wie gesehen, wird der Einbezug einer Pensionskasse in eine Mehrwertsteuergruppe in der Botschaft als « vorstellbar » bezeichnet (BBl 2008 6885, 6954). Diese Bemerkung steht im Kontext der Frage, ob Pensionskassen, die wie die Beschwerdeführerin zumeist als Stiftungen organisiert sind und daher stimmenbeziehungsweise kapitalmässig nicht beherrscht werden können, die Voraussetzung « unter einheitlicher Leitung verbunden » gemäss Art. 13 Abs. 1 MWSTG erfüllen können. Der Bundesrat hielt es demnach für denkbar, dass Pensionskassen diese Voraussetzung (mittels « Beherrschungsvertrag » oder auf andere Weise) erfüllen können. Die einheitliche Leitung könnte nach der Botschaft also selbst bei Pensionskassen ohne Gruppenkopf-Funktion vorliegen. Ohne Weiteres denkbar muss zumindest unter diesem Aspekt damit auch die umgekehrte Konstellation sein, in der die Pensionskasse wie die Beschwerdeführerin 1 als Gruppenkopf fungiert und die anderen Mitglieder kapitalmässig oder auf andere Weise beherrscht. Die Verselbstständigungspflicht von Pensionskassen scheint dem Erfüllen dieser Voraussetzung der Gruppenbesteuerung nach der Botschaft nicht entgegenzustehen. Wie es sich damit genau verhält, kann hier indessen offen bleiben. Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, dass der Bundesrat, als er den Einbezug von Pensionskassen (lediglich) als « vorstellbar » bezeichnete, damit keinen Vorbehalt mit Blick auf die solidarische Haftung im Lichte der sozialversicherungsrechtlichen Verselbstständigungspflicht zum Ausdruck bringen wollte. Im Übrigen sind auch den Verhandlungen in den Eidgenössischen Räten keine Voten zu entnehmen, dass der Kreis der Gruppenmitglieder aus diesem Grund gegebenenfalls Einschränkungen erfahren könnte.

      2. Als Zwischenfazit kann somit festgehalten werden, dass sich weder aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 MWSTG noch aus den Materialien ergibt, dass das MWSTG Raum für einen Ausschluss von Vorsorgeeinrichtungen aus der Gruppenbesteuerung lässt, weil deren Teilnahme einen Verstoss gegen die sozialversicherungsrechtliche Verselbstständigungspflicht darstellen würde. Im Gegenteil zeigt sich, dass die Mehrwertsteuergruppe nach dem gesetzgeberischen Willen ein Zusammenschluss beliebiger Mitglieder ist. Zentral ist im Grunde lediglich, dass diese Mitglieder unter einheitlicher Leitung stehen (oder diese allenfalls selbst ausüben) und was sich aus dem systematischen Zusammenhang mit Art. 10 Abs. 1 MWSTG ergibt (vgl. dazu etwa BAUMGARTNER/ CLAVADETSCHER/KOCHER, a.a.O., § 3 Rz. 78) ausserdem mindestens ein Mitglied ein Unternehmen betreiben muss. Zwar ist den Materialien auch nicht der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, Vorsorgeeinrichtungen als Gruppenmitglieder in jedem Fall zuzulassen, aber immerhin zeigt sich der klare Wille, dass bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung ein genereller Rechtsanspruch auf Teilnahme bestehen soll. Der Verordnungsgeber begründet den Erlass von Art. 16 Abs. 3 MWSTV nun aber nicht damit, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge könnten die (bzw. eine der) in Art. 13 Abs. 1 MWSTG genannten massgebenden Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung (E. 3.4.1) nicht erfüllen. Er bezieht sich vielmehr auf eine spezifische Folge der Gruppenbesteuerung, nämlich die solidarische Haftung gemäss Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG. Diese sei mit der sozialversicherungsrechtlichen Verselbstständigungspflicht nach Art. 48 Abs. 2 BVG unvereinbar. Der Verordnungsgeber leitet auf diese Weise ein zusätzliches, im Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 MWSTG und den Materialien nicht angelegtes, negatives Erfordernis für die Teilnahme in einer Mehrwertsteuergruppe ab: Das Gruppenmitglied darf nach Art. 16 Abs. 3 MWSTV keine « Einrichtung der beruflichen Vorsorge » sein.

        Es stellt sich demnach weiter die Frage, ob ein so begründetes zusätzliches Erfordernis wenn nicht im Wortlaut und in der Historie allenfalls in der Systematik (E. 3.6) oder Teleologie (E. 3.7) des MWSTG eine Stütze findet.

    6. Die betreffende Verordnungsbestimmung wurde mit der vorstehenden Begründung auf Anregung des Bundesamtes für Sozialversicherungen erlassen (vgl. Erläuterungen zur Mehrwertsteuerverordnung, a.a.O., S. 10). Bezugnehmend darauf macht die Vorinstanz zuvorderst das systematische Argument geltend, dass Art. 16 Abs. 3 MWSTV « die in Art. 13 und Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG angelegte Regelung in Verbindung mit der sozialversicherungsrechtlichen Verselbständigungspflicht für Einrichtungen der beruflichen Vorsorge » nach Art. 48 Abs. 2 BVG « umsetze und weiterführe ».

      1. Inwiefern ein derartiger (systematischer) Zusammenhang zwischen den drei genannten Bestimmungen tatsächlich gegeben sein soll, ist für das Bundesverwaltungsgericht indessen nicht ersichtlich und wird von der Vorinstanz auch nicht näher dargelegt. Zum einen lassen sich weder dem Wortlaut dieser Bestimmungen noch den Materialien entsprechende Bezüge entnehmen. Die Aufnahme von Pensionskassen in Mehrwertsteuergruppen wird in der Botschaft zwar lediglich als « vorstellbar » bezeichnet. Zentral ist jedoch, dass diese Bemerkung wie aufgezeigt (E. 3.5.1) nicht mit Blick auf die solidarische Haftung in der Gruppe oder die sozialversicherungsrechtliche Verselbstständigungspflicht, sondern (angesichts des gesetzlichen Anspruchs zu Recht nur) im Zusammenhang mit einer spezifischen gesetzlichen Voraussetzung der Gruppenbesteuerung (« unter einheitlicher Leitung verbunden ») gemacht wurde. Die Äusserung kann daher nicht so verstanden werden, als dass sie dem Verordnungsgeber Raum liesse, ausserhalb der gesetzlichen Voraussetzungen (bzw. des gesetzlichen Anspruchs) Ausnahmen von der Gruppenbesteuerung vorzusehen. Zum anderen betreffen die Bestimmungen des MWSTG und des BVG völlig unterschiedliche Rechtsgebiete und verfolgen dementsprechend ebenso unterschiedliche Ziele, sodass auch insofern ein Zusammenhang zwischen den fraglichen Bestimmungen nicht als gegeben betrachtet werden kann.

        Insoweit die Vorinstanz einen (systematischen) Bezug zwischen Art. 13 Abs. 1 MWSTG, Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG und Art. 48 Abs. 2 BVG geltend macht, beruft sie sich denn auch einzig auf ihre Behauptung, die solidarische Haftung in der Gruppe verstosse gegen die sozialversicherungsrechtliche Verselbstständigungspflicht von Vorsorgeeinrichtungen. Art. 15 Abs. 1 Bst. c MWSTG über die solidarische Haftung regelt nun aber keine Voraussetzung, sondern eine Folge der Gruppenbesteuerung. Die Verselbstständigungspflicht steht nach der Argumentation der Vorinstanz (wie auch der Begründung des Verordnungsgebers) demnach im Konflikt mit einer Folge und nicht mit einer Voraussetzung der Gruppenbesteuerung. Zwar trifft es grundsätzlich zu, dass Normen im weiteren Rahmen der systematischen Auslegung möglichst so zu interpretieren sind, dass sie nicht in Widerspruch zu anderen Bestimmungen der Rechtsordnung geraten. Abzulehnen ist jedoch die Ansicht, dass sich bereits aus dem behaupteten Konflikt der Verselbstständigungspflicht mit einer Folge der Gruppenbesteuerung eine zusätzliche, im Gesetz so nicht vorgesehene, (negative) Voraussetzung für dieselbe ableiten und begründen lässt. Zu diesem Schluss führen im Wesentlichen das im Steuerrecht besonders streng gehandhabte Legalitätsprinzip (E. 2.1.3) sowie die

        bereits mehrfach erwähnte Feststellung, dass Art. 13 Abs. 1 MWSTG beim Erfüllen der dort genannten massgebenden Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Teilnahme an einer Mehrwertsteuergruppe einräumt.

      2. Bei alledem ist am Rande zu bemerken, dass das BVG ohnehin ein eigenes Sanktionssystem im Fall eines Verstosses gegen die Verselbstständigungspflicht kennt: Mit Art. 48 Abs. 3 Bst. a BVG wurde eine Norm geschaffen, welche es der Aufsichtsbehörde im Sinn eines repressiven Aufsichtsmittels erlaubt, eine im Register für die berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung auch gegen ihren Willen aus dem Register zu streichen, wenn diese eine oder mehrere der Eintragungsbedingungen gemäss Art. 48 Abs. 2 BVG nicht mehr erfüllt und den Mangel trotz entsprechender Fristansetzung nicht beseitigt (GÄCHTER/GECKELER HUNZIKER, in: Handkommentar zum BVG und FZG, 2010, Art. 48 BVG N. 28 S. 730 ). Würde eine solche Massnahme ergriffen, fiele der vom Bundesrat mit Art. 16 Abs. 3 MWSTV anvisierte Hinderungsgrund weg, zumal die Verselbstständigungspflicht nur die registrierten Vorsorgeeinrichtungen betrifft (vgl. Art. 48 Abs. 2 BVG). Auch dies spricht gegen einen systematischen Zusammenhang im geltend gemachten Sinn. Es ist nicht primär Sache der Steuerbehörden oder des MWSTG, über die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Verselbstständigungspflicht zu wachen.

    7. Eine Einschränkung im Kreis der Gruppenmitglieder aufgrund der Verselbstständigungspflicht ist weiter auch nicht im Sinn und Zweck des Instituts der Gruppenbesteuerung angelegt. Dass die Wahrung dieser Pflicht weder eine Zielsetzung der Gruppenbesteuerung noch des MWSTG überhaupt darstellt, kann ohne Weiteres als unbestritten vorausgesetzt werden. Im Übrigen gilt das Folgende:

      1. Mittels konsequenter Ausgestaltung der Umsatzsteuer als Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (Art. 130 BV) soll das MWSTG bewirken, dass grundsätzlich nur der nicht unternehmerische Endverbrauch im Inland besteuert wird (Art. 1 Abs. 1 MWSTG). An den Unternehmen soll dagegen keine Steuer hängen bleiben (BBl 2008 6885, 6938; zum Endverbrauch als Steuergut der Mehrwertsteuer: BGE 138 II 251 E. 2.1; 123 II 295 E. 5a und 7a; CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER/JUNG/PROBST,

        Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 3. Aufl. 2012, Rz. 85). Dies bedeutet auch, dass die sogenannte « Schattensteuer » (oder « taxe occulte ») systemwidrig und daher möglichst konsequent zu beseitigen ist. Ein Instrument zur Beseitigung dieser Steuer ist die Gruppenbesteuerung: Da die erschaffenen und übertragenen Mehrwerte innerhalb einer

        Mehrwertsteuergruppe nicht versteuert werden müssen, fällt bei den (unecht) steuerbefreiten Umsätzen diese bleiben wegen des Vorsteuerabzugsverbots mit der im Preis enthaltenen Schattensteuer belastet auf den betreffenden Lieferungen und Leistungen keine zusätzliche Schattensteuer an (BGE 125 II 326 m.H. auf die Lehre). Die Beseitigung der

        « taxe occulte » bildete bereits einen wesentlichen Grund für den Übergang von der Warenumsatzsteuer zur Mehrwertsteuer (vgl. BGE 123 II 433 E. 10 mit weiteren Nachweisen, erneut bestätigt mit Urteil des BGer 2A.353/2001 vom 11. Februar 2002 E. 3; CAMENZIND/HONAUER/

        VALLENDER/JUNG/PROBST, a.a.O., Rz. 95). Die mangelhafte Umsetzung des Besteuerungsziels blieb jedoch eines der Kernprobleme des (alten) Mehrwertsteuerrechts. Entsprechend blieb der Abbau der Schattensteuer ein vorrangiges Ziel auch des neuen Rechts (BBl 2008 6885, 6889, 6904, 6909). Dieser Hintergrund deutet auf eine eher extensive Handhabung des nach Art. 13 Abs. 1 MWSTG möglichen Gruppenkreises, jedenfalls nicht in die Richtung einer Einschränkung. Die Gruppenbesteuerung dient nicht zuletzt der steuerlichen beziehungsweise wirtschaftlichen Optimierung (BBl 2008 6885, 6954).

      2. Weiter ist unter dem Gesichtspunkt der Teleologie zu bemerken, dass der Gesetzgeber beim Erlass des MWSTG ganz allgemein nicht auf eine Einschränkung, sondern auf eine Erweiterung und Flexibilisierung des Instituts der Gruppenbesteuerung zielte. So ist die Zusammensetzung der Gruppe nun frei wählbar und die fünfjährige Sperrfrist gemäss Art. 22 MWSTG 1999 wurde gestrichen (CAMENZIND/HONAUER/ VALLENDER/JUNG/PROBST, a.a.O., Rz. 487). Der Kreis der möglichen Gruppenmitglieder umfasst neben den juristischen Personen auch natürliche Personen und sogar nicht rechtsfähige Personengesellschaften. Die Gruppenmitglieder müssen auch nicht Unternehmen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 MWSTG sein. Damit geht die Lösung des MWSTG weiter als die Praxis zur Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (AS 1994 1464; CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER/JUNG/

        PROBST, a.a.O., Rz. 501 mit Verweis auf das Urteil des BGer 2A.42/2000 vom 20. September 2000 E. 6a in Fn. 697).

    8. Insgesamt ergibt die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 MWSTG, dass Art. 16 Abs. 3 MWSTV die in Art. 13 Abs. 1 MWSTG festgelegten massgebenden Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung nicht bloss umsetzt oder weiter ausführt, sondern diese vielmehr durch ein zusätzliches negatives Erfordernis erweitert (E. 3.43.7). Der nach Art. 13 Abs. 1 MWSTG angeordnete offene Kreis möglicher Gruppenmitglieder wird

dadurch eingeschränkt. Derlei ist in einer blossen Vollziehungsverordnungsbestimmung nicht zulässig (E. 2.3) und für eine gesetzesvertretende Verordnung, die den Bundesrat ermächtigen würde, Ausnahmen von der Gruppenbesteuerung zu regeln, fehlt es an einer Delegationsnorm im Gesetz.

Dem Bundesrat kommt demnach keine Kompetenz zu, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge generell aus der Gruppenbesteuerung auszuschliessen. Art. 16 Abs. 3 MWSTV verletzt daher das Legalitätsprinzip (E. 2.1, 2.3).

4.
    1. Zum gleichen Schluss führen im Übrigen die folgenden Überlegungen im Lichte der verfassungsmässig speziell verankerten Anforderungen an die Gesetzmässigkeit im Bereich des Steuerrechts, wonach die Ausgestaltung der Steuern in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln ist (E. 2.1.3):

      Die Gruppenbesteuerung als solche und damit auch der verordnete generelle Ausschluss von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge aus der Gruppenbesteuerung tangiert wesentliche Fragen im Bereich des Steuersubjekts und -objekts (E. 2.1.2, 2.1.3). Zunächst erweisen sich die an sich steuerbaren Dienstleistungen zwischen den Gruppenmitgliedern über die Fiktion ihrer Unselbstständigkeit als irrelevant, womit insofern die Eliminierung eines Steuerobjekts einhergeht. Sodann sind die grundsätzlich selbstständigen Mitglieder innerhalb der Gruppe als unselbstständig zu behandeln, was der Eliminierung eines Steuersubjekts gleichkommt. Wer Mitglied einer Gruppe wird, gibt sich selbst als Steuersubjekt auf und wird ein neues Steuersubjekt der eigenen Art (BAUMGARTNER/ CLAVADETSCHER/KOCHER, a.a.O., § 3 Rz. 68).

      Unter Berücksichtigung, dass sich der Gesetzgeber bewusst für die Gruppenbesteuerung beziehungsweise eine solche Wahlmöglichkeit mit Bezug auf die subjektive und objektive Steuerpflicht entschieden hat, kommt Art. 16 Abs. 3 MWSTV einem Eingriff in die (gesetzliche) Regelung des Steuersubjekts und -objekts nahe, der jedenfalls auf dem Weg einer blossen Vollziehungsverordnungsbestimmung mit dem im Steuerrecht besonders streng gehandhabten Legalitätsprinzip kaum zu vereinbaren ist (E. 2.1.3). Eine solche Vereinbarkeit wäre nach dem Kriterium der Wichtigkeit (E. 2.1.2) selbst dann noch zweifelhaft, wenn sich der Bundesrat beim Erlass von Art. 16 Abs. 3 MWSTV auf eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen im MWSTG hätte stützen können. Denn

      auch wenn das Gesetz gewisse Kompetenzen zur rechtssatzmässigen Festlegung einer Steuer an den Verordnungsgeber delegiert, müssen zumindest der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer sowie deren Bemessungsgrundlagen im Gesetz selbst geregelt sein (E. 2.1.3; BGE 136 II 337 E. 5.1; 132 II 371 E. 2.1; Urteil des BVGer

      A3123/2011 vom 17. Januar 2012 E. 5.1).

    2. Nachdem Art. 16 Abs. 3 MWSTV bereits aufgrund eines Kompetenzverstosses (E. 3.8) im vorliegenden Fall die Anwendung zu versagen ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Bestimmung das Willkürverbot (E. 2.4) oder wie die Beschwerdeführerinnen geltend machen die verfassungsrechtlichen Gebote der Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit sowie die Wirtschaftsfreiheit verletzt. Bei diesem Ausgang braucht weiter auch nicht auf die Frage nach den Verzugszinsfolgen (im Fall des Unterliegens der Beschwerdeführerinnen) eingegangen zu werden.

    3. Der Vollständigkeit halber sei schliesslich noch erwähnt, dass die Vorinstanz zu Recht keine echte Lücke geltend macht, die auf dem Vollziehungsverordnungsweg geschlossen werden könnte. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin 1 als Vorsorgeeinrichtung an einer Mehrwertsteuergruppe teilnehmen kann beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen, wird im Sinne der vorstehenden Ausführungen vom MWSTG durchaus lückenlos beantwortet. Zudem werden die Pensionskassen in der Botschaft ausdrücklich erwähnt. Die Vorinstanz macht weiter auch keine unechte Lücke geltend. Die als Rechtsfortbildung contra legem bezeichnete unechte Lücke, welche vorliegt, wenn das Gesetz zwar eine Regelung enthält, deren Anwendung aber in einem ganz bestimmten Fall zu einem sachlich unbefriedigenden Ergebnis führen würde, findet im Steuerrecht ohnehin keinen Platz (BGE 131 II 562 E. 3.5; BVGE 2007/41 E. 4.2).

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