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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-1201/2012

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-1201/2012
Datum:07.03.2012
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch (Safe Country) und Wegweisung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführenden; Wegweisung; Vollzug; Asylgesuch; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Schweiz; Ausländer; Wird; Staat; Verfolgung; Recht; Nichteintreten; Asylgesuche; Akten; Hinweise; Vorinstanz; Bundesamt; Sinne; Vorinstanzliche; Gewährung; Unentgeltlichen; Verfahren; Gesuch; Geboren; Heimatstaat; Person; Begründung; Beschwerdeführer
Rechtsnorm: Art. 48 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-1201/2012

U r t e i l  v o m  7.  M ä r z  2 0 1 2

Besetzung Einzelrichter Robert Galliker,

mit Zustimmung von Richterin Gabriela Freihofer; Gerichtsschreiberin Daniela Brüschweiler.

Parteien A. , geboren ( ), dessen Ehefrau

  1. , geboren ( ), sowie deren Kind

  2. , geboren ( ), Mazedonien,

( ),

Beschwerdeführende,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 24. Februar 2012 / N ( ).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass die Beschwerdeführenden ihren Heimatstaat eigenen Angaben zufolge am 15. oder 16. September 2011 verliessen und am 17. September 2011 in die Schweiz gelangten, wo sie gleichentags um Asyl nachsuchten,

dass sie anlässlich der Befragungen zur Person im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) D. am 4. Oktober 2011 sowie der direkten Anhörungen vom 21. Februar 2012 zur Begründung der Asylgesuche im Wesentlichen geltend machten, sie seien von Dritten bedroht worden, nachdem der Beschwerdeführer einen ausgeliehenen Geldbetrag nicht habe zurückzahlen können,

dass die Beschwerdeführerin sogar einmal von drei Männern beinahe beziehungsweise tatsächlich vergewaltigt worden sei,

dass zudem die Tochter C. an einem ( ) leide, dessen Behandlung verweigert worden sei, nachdem die Beschwerdeführenden nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt hätten,

dass für den Inhalt der weiteren Aussagen auf die Akten verwiesen wird, dass das BFM mit Verfügung vom 24. Februar 2012 - eröffnet am

27. Februar 2012 - in Anwendung von Art. 34 Abs. 1 des Asylgesetzes

vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf die Asylgesuche nicht eintrat und die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug anordnete,

dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, der Bundesrat habe Mazedonien mit Beschluss vom 25. Juni 2003 als verfolgungssicheren Staat (safe country) im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. a AsylG bezeichnet,

dass deshalb auf Asylgesuche mazedonischer Staatsangehöriger nicht eingetreten werde, ausser es gebe Hinweise auf Verfolgung,

dass die Aussagen der Beschwerdeführenden etliche Widersprüche aufwiesen, so dass massive Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Vorbringen aufkämen,

dass diese Widersprüche insbesondere die Fälligkeit des ausgeliehenen Geldbetrages sowie den Zeitpunkt des sexuellen Übergriffes auf die Beschwerdeführerin betreffen würden,

dass die Beschwerdeführenden auch hinsichtlich der Vergewaltigung unterschiedliche Angaben zu Protokoll gegeben hätten,

dass es ihnen entsprechend nicht gelungen sei, die Vermutung fehlender Verfolgung zu widerlegen,

dass bezüglich des weiteren Inhalts auf die vorinstanzliche Verfügung zu verweisen ist,

dass die Beschwerdeführenden mit Eingabe vom 2. März 2012 gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben und dabei beantragten, die Verfügung des BFM sei aufzuheben und auf die Asylgesuche sei einzutreten,

dass sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ersuchten,

dass sie überdies die Aufhebung der Wegweisung aus der Schweiz oder zumindest die vorläufige Aussetzung des Wegweisungsvollzuges beantragten,

dass für die Begründung der Beschwerde auf die Akten zu verweisen und

  • soweit entscheidwesentlich - nachfolgend darauf Bezug zu nehmen ist,

    dass die vorinstanzlichen Akten am 5. März 2012 beim Bundesverwaltungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),

    und zieht in Erwägung,

    dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]) des BFM entscheidet, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 - 33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom

    17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesge-

    richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),

    dass eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG nicht vorliegt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet,

    dass die Beschwerdeführenden am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen haben, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt sind, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung haben und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert sind (Art. 105 AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),

    dass somit auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 52 VwVG),

    dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),

    dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 32 - 35 AsylG), die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2011/9 E. 5 S. 116),

    dass sich demnach die Beschwerdeinstanz - sofern sie den Nichteintretensentscheid als unrechtmässig erachtet - einer selbstständigen materiellen Prüfung enthält, die angefochtene Verfügung aufhebt und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist (vgl. BVGE 2007/8 E. 2.1 S. 73 m.H.a. Entscheidungen und Mitteilungen der vormaligen Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 34 E. 2.1.

    S. 240 f.),

    dass die Vorinstanz die Frage der Wegweisung und des Vollzugs materiell prüft, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt,

    dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt,

    weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),

    dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,

    dass auf Gesuche von Asylsuchenden aus verfolgungssicheren Staaten nach Art. 6a Abs. 2 Bst. a AsylG (sogenannte safe country-Regelung) nicht eingetreten wird, ausser es gebe Hinweise auf Verfolgung (Art. 34 Abs. 1 AsylG),

    dass der Bundesrat Mazedonien mit Beschluss vom 25. Juni 2003 als verfolgungssicheren Staat (safe country) im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. a AsylG (mit Wirkung ab 1. August 2003) bezeichnet hat,

    dass deshalb auf Asylgesuche mazedonischer Staatsangehöriger nicht eingetreten wird, ausser es gebe Hinweise auf Verfolgung,

    dass derartige Hinweise, welche die widerlegbare Vermutung der Verfolgungssicherheit umstossen könnten, im vorliegenden Fall nicht ersichtlich sind, zumal das Bundesverwaltungsgericht nach Prüfung der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Beschwerdeeingabe die vorinstanzlichen Erwägungen als zutreffend erachtet,

    dass in der Beschwerdeschrift lediglich die Sachdarstellung der Beschwerdeführenden wiederholt wird, womit sich die vorinstanzlichen Argumente jedoch nicht entkräften lassen,

    dass es den Beschwerdeführenden damit nicht gelungen ist, rechtserhebliche Hinweise auf Verfolgung ersichtlich zu machen, weshalb der Nichteintretensentscheid in Anwendung von Art. 34 Abs. 1 AsylG zu bestätigen ist,

    dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. BVGE 2009/50 E. 9 S. 733 m.H.a. EMARK 2001 Nr. 21), wes-

    halb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und demnach vom Bundesamt zu Recht angeordnet wurde,

    dass demzufolge die beantragte Aufhebung der Wegweisung nicht in Frage kommt,

    dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20]),

    dass bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und der vormaligen Schweizerischen Asylrekurskommission der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft gilt, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148),

    dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),

    dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]),

    dass sich aus den Akten und den Ausführungen in der Beschwerde keine Anhaltspunkte ergeben, aufgrund derer allenfalls zu schliessen wäre, das BFM habe den Vollzug der Wegweisung in Verletzung der landesund völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz als zulässig bezeichnet,

    dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumutbar erweist, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),

    dass weder die allgemeine Lage im Heimatstaat der Beschwerdeführenden noch individuelle Gründe auf eine konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr schliessen lassen, weshalb der Vollzug der Wegweisung vorliegend zumutbar ist,

    dass der diagnostizierte ( ) bei der Tochter C. daran nichts zu ändern vermag, der Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführenden allenfalls jedoch der gesundheitlichen Verfassung der Tochter anzupassen sein wird,

    dass der Vollzug der Wegweisung den Beschwerdeführenden in den Heimatstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse bestehen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es den Beschwerdeführenden obliegt, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12 S. 513 - 515),

    dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Vollzug der Wegweisung zu bestätigen ist und kein Anlass für eine vorläufige Aussetzung des Wegweisungsvollzuges besteht,

    dass es den Beschwerdeführenden demnach nicht gelungen ist darzutun, inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,

    dass mit vorliegendem Urteil das Gesuch um Erlass des Kostenvorschusses gegenstandslos wird,

    dass das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG abzuweisen ist, da die Begehren - wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt - als aussichtslos zu bezeichnen waren, weshalb die kumulativen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege - unabhängig von der belegten Fürsorgeabhängigkeit der Beschwerdeführenden

  • nicht erfüllt sind,

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.- (Art. 1 - 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) den Beschwerdeführenden aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG wird abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Robert Galliker Daniela Brüschweiler

Versand:

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