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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-4304/2010

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-4304/2010

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-4304/2010
Datum:24.08.2012
Leitsatz/Stichwort:Einreiseverbot
Schlagwörter : Bundes; Einreise; Verfügung; Schweiz; Ausländer; Schengen; Einreisesperre; Urteil; Recht; Bundesverwaltungsgericht; Freiheitsstrafe; Richter; Vorinstanz; Vollzug; Fernhaltemassnahme; Verfahren; Bundesgesetz; Assoziierung; Staat; Richterin; Migration; Massnahme; Informationssystem; Botschaft; Hinweis; Bundesgesetzes
Rechtsnorm: Art. 126 BV ;Art. 19 BetmG;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;
Referenz BGE:125 II 521
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-4304/2010

U r t e i l  v o m  2 2.  A u g u s t  2 0 1 2

Besetzung Richterin Ruth Beutler (Vorsitz),

Richterin Marianne Teuscher, Richter Blaise Vuille, Gerichtsschreiberin Barbara Giemsa-Haake.

Parteien X. ,

vertreten durch Rechtsanwältin Bojana Tadic, Kroatien, Zustelladresse: [...],

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Einreisesperre.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass der 1972 geborene X. _, serbischer Staatsangehöriger, mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 21. März 2007 wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde,

dass die für den Strafvollzug zuständige Behörde des Kantons Zürich am

  1. August 2007 seine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug per

  2. Dezember 2007 verfügte,

dass das Bundesamt für Migration (BFM) gegen ihn mit Verfügung vom

15. November 2007 eine ab 31. Dezember 2007 gültige Einreisesperre auf unbestimmte Dauer verhängte,

dass das BFM diese Massnahme damit begründete, dass das Verhalten von X. zu schweren Klagen Anlass gegeben habe, weshalb seine Anwesenheit unerwünscht sei,

dass diese Verfügung vorerst nicht eröffnet werden konnte,

dass das BFM nachträglich - infolge des Schengen-Beitritts der Schweiz

  • die Ausschreibung von X. im Schengener Informationssystem (SIS) veranlasste,

    dass die Verfügung vom 15. November 2007 am 4. Mai 2010 via schweizerische Botschaft an Bojana Tadic, die Rechtsvertreterin von X. , übermittelt wurde,

    dass der Beschwerdeführer diese Verfügung mit Rechtsmitteleingabe vom 28. Mai 2010 (bei der Schweizer Botschaft in Zagreb eingetroffen am

    1. Juni 2010) beim Bundesverwaltungsgericht angefochten hat,

    dass er zur Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend macht, die Einreisesperre verletze seine Grundrechte und diskriminiere ihn, der nun nicht mehr beliebig EU-Länder bereisen könne, gegenüber den dortigen Staatsangehörigen,

    dass er sich weiterhin auf seine gute Führung während des Strafvollzugs beruft sowie darauf, dass er sein Leben vollständig geändert habe und nunmehr als voll Erwerbstätiger für eine Familie mit zwei Kindern verantwortlich sei,

    dass die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung vom 26. August 2010 die Abweisung der Beschwerde beantragt und unter Hinweis auf die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers betont, dieser habe die gesundheitliche Gefährdung oder nachhaltige Schädigung einer unbestimmt grossen Anzahl von Personen zumindest in Kauf genommen, weshalb eine Wiedererwägung der verhängten Massnahme nicht schon jetzt, sondern erst nach langjähriger Bewährung in Betracht komme,

    dass der Beschwerdeführer zur vorinstanzlichen Vernehmlassung keine Stellung mehr genommen hat,

    und zieht in Erwägung,

    dass Verfügungen des BFM über eine Fernhaltemassnahme der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht unterliegen (Art. 31, 32 und

    33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR

    173.32]),

    dass sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) richtet, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG),

    dass der Beschwerdeführer als Verfügungsadressat legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG) und auf die fristund formgerechte Beschwerde einzutreten ist (vgl. Art. 50 und 52 VwVG),

    dass am 1. Januar 2008 das Ausländergesetz vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) in Kraft trat und das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) ablöste (vgl. Art. 125 AuG i.V.m. Ziffer I des Anhangs 2 zum AuG),

    dass auf Verfahren (betreffend Anordnung eines Einreiseverbots nach Art. 67 AuG), die vor diesem Zeitpunkt eingeleitet wurden, das bisherige materielle Recht anwendbar bleibt (Art. 126 Abs. 1 AuG; BVGE 2008/1 E. 2),

    dass die angefochtene Verfügung vor dem Inkrafttreten des Ausländergesetzes erging und somit für die materielle Beurteilung der vorliegenden

    Beschwerde auf die altrechtlichen Regelungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer abzustellen ist,

    dass mit Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin (SR 362) genehmigt wurde und aufgrund dessen die entsprechenden Assoziierungsabkommen (darunter das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands [SAA, SR 0.360.268.1]) für die Schweiz am 12. Dezember 2008 definitiv in Kraft getreten sind,

    dass durch die Übernahme des Schengen-Besitzstands auch der Beitritt der Schweiz zum SIS erfolgte (vgl. Art. 92 ff. des Übereinkommens vom

    19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen [Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ], Abl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19 - 62),

    dass ein im Inland verfügtes Einreiseverbot in der Regel zur Folge hat, dass die betroffene Person im SIS ausgeschrieben wird, sofern sie nicht einem durch die Schengen-Assoziierungsabkommen gebunden Staat angehört (Art. 94 Abs. 1 und Art. 96 SDÜ und Art. 16 Abs. 2 und 4 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes [BPI, SR 361]),

    dass gemäss Art. 13 Abs. 1 ANAG über unerwünschte Ausländerinnen und Ausländer die Einreisesperre verhängt werden kann,

    dass der Tatbestand der Unerwünschtheit typischerweise durch die Straffälligkeit einer ausländischen Person gesetzt wird,

    dass der Beschwerdeführer mit Urteil vom 21. März 2007 der Widerhandlungen gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4 und 5 BetmG in Verbindung mit dessen Ziff. 2 schuldig gesprochen wurde, wobei es sich bei der verhängten Freiheitsstrafe von 4 Jahren und drei Monaten um eine Zusatzstrafe handelte,

    dass Art. 19 Ziff. 2 BetmG Konstellationen aufführt, die für eine besondere Gefährlichkeit des Täters sprechen, und deshalb eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr vorsieht,

    dass im Einklang mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bei solchen Delikten ein strenger Massstab anzuwenden ist (BGE 125 II 521 E. 4a; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_768/2011 vom 4. Mai 2012 E. 4.3),

    dass unter diesem Aspekt selbst ein vergleichsweise geringes Restrisiko eines Rückfalls nicht hingenommen werden kann (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_833/2011 vom 6. Juni 2012 E. 3.2.1 mit Hinweisen),

    dass deshalb einer künftigen Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz ein bedeutendes öffentliches Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten entgegensteht und dass dieses Interesse selbst eine zeitlich unbefristete Einreisesperre rechtfertigt,

    dass eine auf unbestimmte Dauer verhängte Einreisesperre auch nicht im Widerspruch zur heutigen Regelung von Art. 67 Abs. 3 AuG stünde, zumal die frühere Praxis der Vorinstanz bei der Ansetzung der Dauer von Fernhaltemassnahmen mit den neuen Bestimmungen für vereinbar erachtet wurde (vgl. Botschaft vom 18. November 2009 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie [Richtlinie 2008/115/EG] [Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands] und über eine Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer [Automatisierte Grenzkontrolle, Dokumentenberaterinnen und Dokumentenberater, Informationssystem MIDES]; BBl 2009 S. 8881, 8896),

    dass die fehlende Befristung der Fernhaltemassnahme nicht bedeutet, dass diese für den Rest des Lebens Gültigkeit haben soll, sondern dass ein Anspruch auf Überprüfung der Massnahme im Allgemeinen etwa zehn Jahre nach Verbüssung der letzten Freiheitsstrafe besteht (vgl. BVGE 2008/24 E. 4.3 und E. 6.2 je mit Hinweisen),

    dass der Beschwerdeführer keine privaten Interessen dargelegt hat, welche die Verhältnismässigkeit und Angemessenheit des Einreiseverbots in Frage stellen könnten,

    dass er in seiner Rechtsmitteleingabe zwar geltend macht, die verhängte Fernhaltemassnahme verletze seine Grundrechte und beschneide seine Reisemöglichkeiten, dass ein Eingriff in sein allenfalls beeinträchtigtes Recht auf Achtung des Privatlebens jedoch zweifelsohne gerechtfertigt ist (vgl. Art. 8 Abs. 1 und 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK, SR 0.101]),

    dass vom Beschwerdeführer, der erst Ende 2007 aus dem Strafvollzug entlassen wurde, angesichts des öffentlichen Sicherheitsbedürfnisses und der erwähnten späteren Überprüfungsmöglichkeit der Einreisesperre verlangt werden kann, sich noch während geraumer Zeit im Ausland zu bewähren,

    dass auch die SIS-Ausschreibung in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen erfolgte, d.h. insbesondere von einer national zuständigen Behörde verfügt wurde, dies in Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind (vgl. Art. 96 Ziff. 1 und Ziff. 2 Bst. a SDÜ),

    dass der Beschwerdeführer auch die sich hieraus ergebenden Reisebeschränkungen hinnehmen muss,

    dass daher die angefochtene Verfügung im Lichte von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden und die Beschwerde demzufolge abzuweisen ist,

    dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind,

    dass das Urteil endgültig ist (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110).

    Dispositiv nächste Seite

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2.

    Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 900.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie werden mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

    3.

    Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. ZEMIS [...]; Akten retour)

  • das Migrationsamt des Kantons Zürich (ZH [...])

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Ruth Beutler Barbara Giemsa-Haake

Versand:

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