Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-1962/2008 |
Datum: | 24.03.2011 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch (Papierlosigkeit) und Wegweisung |
Schlagwörter : | Verfügung; Wegweisung; Vorinstanz; Recht; Asylgesuch; Bundesverwaltungsgericht; Entscheid; Beschwerdeführers; Wegweisungsvollzug; Verfahren; Identität; Reise; Schweiz; Flüchtlingseigenschaft; Sinne; Verfahrens; Abklärungen; Nichteintreten; Bezug; Akten; Gehör; Knochenalters; Identitätspapier; Vernehmlassung; Geburtsregisterauszug; Einreichung; Mutter |
Rechtsnorm: | Art. 25 EMRK ;Art. 26 VwVG ;Art. 30 VwVG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-1962/2008
Besetzung Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz), Richter François Badoud, Richter Hans Schürch, Gerichtsschreiberin Milva Franceschi.
vertreten durch lic. iur. Emil Nisple, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,
gegen
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 14. März 2008 / N ( ).
Der Beschwerdeführer - ein Staatsangehöriger Algeriens - reiste eigenen Angaben gemäss am 24. April 2007 in die Schweiz ein, wo er am
25. April 2007 ein Asylgesuch stellte. Am 9. Mai 2007 wurde er im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) Kreuzlingen summarisch befragt. Am 12. Juli 2007 führte die kantonale Behörde eine Anhörung im Beisein einer dem Beschwerdeführer beigeordneten rechtskundigen Person durch.
Zur Begründung seines Asylgesuchs machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass seine Eltern und eine Tante bei einem Erdbeben im Mai 2003 umgekommen seien. In der Folge habe er ohne Papiere bei B. , dem Mann seiner verstorbenen Tante in C. gelebt. Dieser habe ihn gedrängt, einer Arbeit nachzugehen, woraufhin er (der Beschwerdeführer) eine Tätigkeit in einem Restaurant aufgenommen habe. Da der Onkel mehrere Male den Lohn (des Beschwerdeführers) weggenommen habe und ihn auch geschlagen habe, habe er fortan dieses Geld bei seinem Arbeitgeber versteckt. B. habe ihn im Sommer 2006 aus dem Haus gejagt, weshalb er (der Beschwerdeführer) anschliessend beim Arbeitgeber im Restaurant geschlafen habe.
Mit Verfügung vom 14. März 2008 trat das BFM in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 Bst. b des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf das Asylgesuch nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an.
Mit Eingabe vom 25. März 2008 reichte der Beschwerdeführer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen die Verfügung des BFM vom 14. März 2008 ein. Er beantragte, dass die vorinstanzliche Verfügung aufzuheben und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen sowie Asyl beziehungsweise der Schutz minderjähriger Asylsuchender zu gewähren sei. Weiter ersuchte er um Feststellung der Unzulässigkeit respektive Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges sowie um Anordnung der vorläufigen Aufnahme. In prozessrechtlicher Hinsicht stellte er das Gesuch um Verzicht der Erhebung eines Kostenvorschusses.
Mit Verfügung vom 28. März 2008 verzichtete das Bundesverwaltungsgericht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Gleichzeitig wurde das BFM zur Vernehmlassung eingeladen. Dabei hatte sich die Vorinstanz zur Frage des rechtlichen Gehörs in Bezug auf die Knochenaltersanalyse vom 3. Mai 2007 zu äussern beziehungsweise die Gründe anzugeben, warum das Aktenstück A20/1 (Protokoll der Vormundschaftsbehörde Oberbüren vom 2. Juli 2007) als "unwesentliche Akte" klassifiziert worden sei.
In seiner Vernehmlassung vom 2. April 2008 - welche dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme gebracht wurde - hielt das Bundesamt an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Beschwerdeführer reichte am 7. April 2008 eine Kopie seines Geburtsregisterauszuges vom 3. April 2008 zu den Akten.
Mit Zwischenverfügung vom 5. Mai 2008 forderte der Instruktionsrichter den Beschwerdeführer auf, Auskunft darüber zu geben, wann und wie beziehungsweise über welche Vermittlungspersonen er in den Besitz der Kopie des Geburtsregisterauszuges gekommen sei. Zudem wurde dem Beschwerdeführer eine Frist gewährt, den Geburtsregisterauszug im Original samt Zustellkuvert einzureichen.
Am 20. Mai 2008 ersuchte der Beschwerdeführer um Fristerstreckung zur Einreichung seines Geburtsregisterauszuges im Original. Ferner erklärte er, wie er zu der Kopie des genannten Dokumentes gekommen sei.
Nach gewährter Fristerstreckung durch den Instruktionsrichter reichte der Beschwerdeführer am 5. Juni 2008 ein Original seines Geburtsregisterauszuges vom 6. April 2008 samt dem DHL-Zustellkuvert und einem Mannschaftsfoto seiner ehemaligen Fussballmannschaft ein.
Die Vorinstanz informierte am 25. November 2009 das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer beabsichtige
seine Partnerin, eine Staatsangehörige aus der Mongolei (N ), zu heiraten. Diese habe am 12. Oktober 2008 in der Schweiz ein Asylgesuch eingereicht. Seine Partnerin sei zudem die Mutter des gemeinsamen Sohnes, der am ( ) auf die Welt gekommen sei.
In diesem Zusammenhang lud der Instruktionsrichter mit Zwischenverfügung vom 30. November 2009 das BFM zu einem weiteren Schriftenwechsel ein.
Die Vorinstanz hielt in ihrer Vernehmlassung vom 27. Januar 2010 an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Mit Zwischenverfügung vom 8. Februar 2010 erhielt der Beschwerdeführer Gelegenheit, zur Vernehmlassung vom 27. Januar 2010 schriftlich Stellung zu nehmen. Von diesem Recht machte er keinen Gebrauch.
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom
20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Das Eröffnungsdatum der angefochtenen Verfügung ergibt sich nicht aus den Akten. Die Beschwerdefrist der am 14. März 2008 datierenden Verfügung lief jedoch frühestens am Tag nach Ostermontag, nämlich dem 25. März 2008, ab. Somit wurde die an diesem Datum der Post übergebene - im Übrigen formgerechte - Beschwerde rechtzeitig eingereicht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG). Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt der in Ziff. 3.4 vorgenommenen Ausnahme - einzutreten.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 32-35 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist. Erachtet die Beschwerdeinstanz den Nichteintretensentscheid als unrechtmässig, enthält sie sich einer selbständigen materiellen Prüfung; sie hebt die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück (vgl. Entscheide und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 34 E. 2.1. S.
240 f.).
Im Falle eines Nichteintretensentscheides auf ein Asylgesuch gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. a und Abs. 3 AsylG ist über das Nichtbestehen der Flüchtlingseigenschaft abschliessend materiell zu entscheiden, soweit dies im Rahmen einer summarischen Prüfung möglich ist (vgl. BVGE 2007/8 insb. E. 5.6.5 S. 90 f.). In einem diesbezüglichen Beschwerdeverfahren bildet dementsprechend ungeachtet der vorzunehmenden Überprüfung eines formellen Nichteintretensentscheides auch die Flüchtlingseigenschaft Prozessgegenstand (vgl. BVGE 2007/8 E. 2.1 S. 73).
Die Vorinstanz prüft die Frage der Wegweisung und des Vollzugs materiell, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt.
Die Vorinstanz hat es unterlassen, dem Beschwerdeführer die Ergebnisse der Knochenaltersanalyse, die sie beim Spital D. durchführen liess, zur Kenntnisnahme und Stellungnahme vorzulegen. Nachfolgend ist zu prüfen, ob damit das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt wurde.
Praxisgemäss handelt es sich bei der Bestimmung des Knochenalters um schriftliche Auskünfte im Sinne von Art. 49 BZP i.V.m. Art. 19 VwVG, die der Erstellung des Sachverhalts dient. Damit handelt es sich bei den entsprechenden Akten zweifellos um Beweismittel im Sinne von Art. 26 ff. VwVG. Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer ein Alter von ( ) Jahren und ( ) Monaten angegeben, während gemäss Befund der Knochenaltersanalyse - die im Übrigen in Art und Umfang den gestellten Anforderungen ohne Weiteres zu genügen vermag (vgl. EMARK 2004 Nr. 31) - der Beschwerdeführer
17 Jahre alt sei. Unter diesen Umständen wäre das BFM verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer die entsprechenden Akten vorgängig zur Stellungnahme zu unterbreiten (vgl. Art. 30 Abs. 1 VwVG), zumal im angefochtenen Entscheid letztlich von der Unglaubhaftigkeit der Altersangaben des Beschwerdeführers ausgegangen wurde. Unerheblich ist dabei, dass die Vorinstanz in seiner Verfügung nicht ausdrücklich auf die entsprechende Knochenaltersbestimmung Bezug nahm. Geheimhaltungsinteressen im Sinne von Art. 27 VwVG liegen entgegen einem entsprechenden Vermerk im Aktenverzeichnis des BFM offensichtlich nicht vor. Das BFM hat demnach das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, weshalb eine Verletzung grundsätzlich ohne Weiteres - das heisst ungeachtet der materiellen Auswirkungen - zur Aufhebung des daraufhin ergangenen Entscheides führt (vgl. BVGE 2008/47, BVGE 2008/14, BVGE 2007/30, und BVGE 2007/27). Ausgehend von einer entsprechenden Praxis des Bundesgerichts hat allerdings die Rechtsprechung aus prozessökonomischen Gründen Leitlinien für eine Heilung von Gehörsverletzungen auf Beschwerdeebene entwickelt, nach welchen sich eine Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz erübrigt, wenn das Versäumte nachgeholt wird,
der Beschwerdeführer dazu Stellung nehmen kann und der Beschwerdeinstanz im streitigen Fall die freie Überprüfungsbefugnis in Bezug auf Tatbestand und Rechtsanwendung zukommt, sowie die festgestellte Verletzung nicht schwerwiegender Natur ist und die fehlende Entscheidreife durch die Beschwerdeinstanz mit vertretbarem Aufwand hergestellt werden kann (vgl. BVGE 2008/47). Es bleibt zu prüfen, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.
Zunächst ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer Kenntnis vom Inhalt der besagten Knochenaltersbestimmung erlangte und hinreichend Gelegenheit hatte, sich zur Frage des Alters und zum Ergebnis der Knochenaltersbestimmung zu äussern (vgl. Beschwerdeeingabe vom
25. März 2008 und Eingabe vom 7. April 2008). Dem Bundesverwaltungsgericht obliegt weiter die volle Kognition in Bezug auf Tatbestand und Rechtsanwendung. Vor allem aber ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer unabhängig davon, von welchem Geburtsdatum man ausgeht, heute die Volljährigkeit erreicht hat und ihm während des Verfahrens auch sämtliche Rechte eines Minderjährigen zugestanden worden sind. Zumindest aus heutiger Sicht handelt es sich also bei der Gehörsverletzung nicht um eine schwerwiegende, vielmehr käme es einem prozessualen Leerlauf gleich, die angefochtene Verfügung im Zusammenhang mit einem Sachverhaltselement zu kassieren, der aktuell nicht mehr besteht und keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Beurteilung hat (vgl. dazu auch nachfolgend). Aufgrund dieser Erwägungen ist demnach von der Heilung des Verfahrensmangels auf Beschwerdeebenen auszugehen, zumal der rechtserhebliche Sachverhalt erstellt und die notwendige Entscheidreife gegeben ist. Nach dem Gesagten besteht keine Veranlassung, die angefochtenen Verfügung aus formellen Gründen aufzuheben. Der Umstand, dass die angefochtenen Verfügung im Zeitpunkt ihres Erlasses an einem Verfahrensmangel litt, wird indessen im Kostenund Entschädigungspunkt zu berücksichtigen sein (vgl. nachfolgend E.10).
Auf ein Asylgesuch wird nicht eingetreten, wenn Asylsuchende den Behörden nicht innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des Gesuchs Reiseoder Identitätspapiere abgeben (Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG).
Diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung, wenn Asylsuchende glaubhaft machen können, sie seien dazu aus entschuldbaren Gründen nicht in der Lage (Art. 32 Abs. 3 Bst. a AsylG), auf Grund der Anhörung sowie gestützt auf Art. 3 und 7 AsylG die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wird (Art. 32 Abs. 3
Bst. b AsylG) oder sich auf Grund der Anhörung erweist, dass zusätzliche Abklärungen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder eines Wegweisungsvollzugshindernisses nötig sind (Art. 32 Abs. 3 Bst. c AsylG).
Das BFM begründet seinen Entscheid damit, dass der Beschwerdeführer am 25. April 2007 schriftlich aufgefordert worden sei, innert 48 Stunden Ausweispapiere nachzureichen. Dieser Aufforderung sei er jedoch nicht nachgekommen. Er habe keine entsprechenden Identitätspapiere ins Recht gelegt, obwohl er angeblich versucht habe, an solche zu gelangen. Im Weiteren habe er unterschiedliche Namen seiner leiblichen Mutter und verschiedene Geburtsorte angegeben beziehungsweise ein bekanntes Gebäude in E. nicht benennen können. Demnach wolle der Beschwerdeführer seine Identität und seinen Herkunftsort nicht bekannt geben beziehungsweise lägen keine entschuldbaren Gründe vor, die es dem Gesuchsteller verunmöglichen würden, Reiseoder Identitätspapiere abzugeben. Ausserdem würden die persönlichen Schwierigkeiten mit seinen Verwandten im Heimatland keine flüchtlingsrelevante Verfolgung begründen und es seien in diesem Sinne keine weiteren Abklärungen zu tätigen.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, dass er vorab in Erfahrung habe bringen müssen, wie er Papiere in seinem Heimatland beschaffen könne. Sein ehemaliger Fussballclubpräsident, mit welchem er (der Beschwerdeführer) telefoniert habe, habe ihm schliesslich weitergeholfen. Die divergierenden Angaben zu seinem Geburtsort und dem Namen seiner leiblichen Mutter könnten im Übrigen mit "der Hitze des Gefechts der Befragungen" erklärt werden. Ferner seien aufgrund seiner Minderjährigkeit zusätzliche Abklärungen in Bezug auf den Wegweisungsvollzug notwendig. Sein Geburtstag sei der ( ) und somit sei er zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheides gute 16 Jahre alt gewesen. Warum die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung davon ausgehe, dass er nicht minderjährig respektive am 1. Januar 1990 geboren sei, sei nicht nachvollziehbar. Die radiologische Untersuchung vom 3. Mai 2007 habe ein Skelettalter von 17 Jahren ergeben. Da er das 18. Lebensjahr noch nicht überschritten habe, seien die Bestimmungen des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107) anwendbar. Zudem verfüge er in Algerien weder über ein tragfähiges soziales Netz noch über eine Schuloder Berufsausbildung, die ihm das Fortkommen in seiner Heimat ermögliche.
In der Vernehmlassung vom 27. Januar 2010 führt das BFM aus, der Beschwerdeführer habe ein Kind anerkannt, dessen Mutter aus der Mongolei stamme. Weiter sei angeblich ein Ehevorbereitungsverfahren eingeleitet worden. Es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, sich zusammen mit seinem Kind und seiner Partnerin in der Mongolei niederzulassen. Ausserdem bestehe auch die Möglichkeit, dass die Kindsmutter mit dem Sohn in Algerien Wohnsitz nehme. Die entsprechenden Vorkehrungen habe der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Partnerin zu treffen.
Vorliegend ist die Nichtabgabe von Reiseoder Identitätspapieren im Sinne von Art. 32 Abs. 2 a und Abs. 3 Bst. a AsylG innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des Asylgesuchs erstellt. Der Beschwerdeführer unterliess es nämlich, im Moment der Einreichung seines Asylgesuchs im Empfangsund Verfahrenszentrum Kreuzlingen beziehungsweise in den 48 Stunden nach der diesbezüglichen Aufklärung mittels eines Informationsblattes ein Dokument zu seiner zweifelsfreien Identifizierung (vgl. BVGE 2007/7 E. 5.1-5.2 S. 65 ff.) abzugeben. Somit ist die in Art. 32 Abs. 2 Bst a AsylG statuierte Grundvoraussetzung für ein Nichteintreten wegen fehlender Papiere erfüllt.
Sodann vermag der Beschwerdeführer keine entschuldbaren Gründe (vgl. hierzu BVGE 2010/2 S. 20 f.) für die Nichtabgabe eines rechtsgenüglichen Identitätsdokuments innerhalb der Frist von 48 Stunden nach Einreichung des Asylgesuchs namhaft zu machen. Zunächst vermochte der Beschwerdeführer die vom BFM aufgeführten Widersprüche zum Geburtsort und dem Verbleib seiner Mutter nicht restlos aufzuklären, auch wenn nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass mindestens die Widersprüche bezüglich der Aussagen zur Mutter aufgrund der speziellen Familiensituation des Beschwerdeführers zu relativieren sind. Vor allem aber vermag die Reise des Beschwerdeführers ohne jegliche Reisepapiere über Frankreich in die Schweiz nicht zu überzeugen. Zudem aber war der Beschwerdeführer in der Lage, innert kürzester Zeit nach Eröffnung des vorinstanzlichen Entscheides von der Schweiz aus einen Geburtsschein zu organisieren, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen zu jahrelangen Schwierigkeiten bezüglich Ausstellung von Identitätspapieren wegen fehlendem Familienbüchlein nicht zu überzeugen vermögen. Hinzu kommt, dass der in Kopie eingereichte Geburtsschein vom 3. April 2008
datiert, das eingereichte Original jedoch vom 6. April 2008. Dieser Unterschied von drei Tagen wirft Fragen auf und lässt sich auch nicht damit erklären, dass die ersten Sendung in die Schweiz verloren gegangen sei, hätte doch eine daraufhin erneute Ausstellung des Geburtsscheines viel später als dem 6. April 2008 erfolgen müssen. Schliesslich hat der Beschwerdeführer offensichtlich auch bezüglich der Modalitäten der Reisevorbereitung gelogen, war der doch wie das BFM zu Recht ausführte, unmöglich in der Lage, bei einem Verdienst von anfänglich 600'000 Dinar und später 900'000 Dinar pro Monat innert knapp zwei Jahren 12 Mio. Dinar zusammenzusparen, zumal er auch angegeben hatte, er habe seinen Verdienst dem Onkel abgeben beziehungsweise davon Essen und Kleider kaufen müssen. Im Übrigen hat er es offensichtlich auch unterlassen, sich während der Dauer des vorinstanzlichen Verfahrens um Identitätspapiere zu bemühen. Es ist damit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer über seine wahren Reiseumstände keine wahren Angaben machte und versucht, seine Reiseausweise den Asylbehörden vorzuenthalten. Dem Beschwerdeführer ist es damit insgesamt nicht gelungen, entschuldbare Gründe für das Nichteinreichen von Identitätsoder Reisepapieren vorzubringen. Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzustellen, dass der während des Beschwerdeverfahrens eingereichte Geburtsregisterauszug kein Reiseoder Identitätspapier gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG darstellt (vgl. BVGE 2007/7 E. 4-6).
Nach dem Gesagten bleibt nun zu prüfen, ob das BFM zu Recht vom offensichtlichen Nichtbestehen der Flüchtlingseigenschaft sowie davon ausgegangen ist, es seien aufgrund der Anhörung keine zusätzlichen Abklärungen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder eines Wegweisungsvollzugshindernisses nötig (Art. 32 Abs. 3 Bstn. b und c AsylG),
Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Der Beschwerdeführer erklärte, er habe die letzten zwei Monate vor seiner Ausreise aus Algerien im Geschäft seines Arbeitgebers übernachtet. Ferner sei er von seinem Onkel geschlagen worden, welcher zudem lediglich seinen Lohn habe erhalten wollen. Diese Vorbringen stellen offensichtlich keine asylrechtlich relevanten
Gründe dar und das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft kann ohne Weiteres ausgeschlossen werden, weshalb sich zusätzliche Abklärungen erübrigen. Zu einer anderen Beurteilung vermag auch die im Laufe des Beschwerdeverfahrens entstandenen Beziehung des Beschwerdeführers zu einer mongolischen Frau, deren Asylverfahren noch hängig ist, nicht zu führen, zumal die beiden nicht verheiratet sind und angesichts der verschiedenen Staatsangehörigkeiten der beiden, die Verfolgungssituation des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat und damit die Frage der originären Flüchtlingseigenschaft ohne Weiteres abschliessend beurteilt werden kann (vgl. dazu EMARK 1999 Nr. 1).
Der Beschwerdeführer macht auf Beschwerdeebene sodann geltend, aufgrund seiner damals bestehenden Minderjährigkeit, hätten weitere Abklärungen zum Wegweisungsvollzug im Sinne von Art. 32 Abs.
3 Bst. c AsylG vorgenommen werden müssen, weshalb ein Nichteintretensentscheid hätte ausgeschlossen bleiben müssen. Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass unter den in Bst. c des Art. 32 Abs. 3 AsylG erwähnten Wegweisungsvollzugshindernissen allein solche zu verstehen sind, die sich auf die Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs auswirken können, nicht aber solche, die die Zumutbarkeit betreffen (vgl. BVGE 2009/50). Der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers wäre vorliegend aber selbst bei bestehender Minderjährigkeit offensichtlich nicht unzulässig im Sinne von Art. 25 BV oder Art. 3 EMRK gewesen beziehungsweise waren diesbezüglich keine weiteren Abklärungen nötig. Beim Beschwerdeführer handelte es sich im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides selbst bei Glaubhaftigkeit seiner eigenen Altersangaben um einen gesunden, fast 17jährigen Jugendlichen, der mehrere Jahre Arbeitserfahrung erlangt hatte und selbständig in die Schweiz gereist war. Ausserdem verfügte er im Heimatstaat über nahe Verwandte und Bekannte. Weitere Abklärungen in Bezug auf die Zulässigkeit des Vollzugs der Wegweisungen waren demnach nicht nötig, weshalb an dieser Stelle offen bleiben kann, ob die Vorinstanz zu Recht von der Unglaubhaftigkeit der Altersangaben ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer stösst auch mit dieser Argumentation ins Leere.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG). Ob der Vollzug durchführbar ist, ist von Amtes wegen zu prüfen (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20]). Unter dem Begriff der "Einheit der Familie" ist zu verstehen, dass Familienmitglieder - namentlich Ehegatten und Konkubinatspartner - nicht voneinander getrennt werden, sondern faktisch zusammen leben können, und dass der Familie nach Möglichkeit ein einheitlicher Rechtsstatus eingeräumt wird (EMARK 1995 Nr. 24 E. 7 S. 228; BVGE 2008/47 E. 4.1.1 S. 677).
Der Beschwerdeführer hat zusammen mit seiner Konkubinatspartnerin - eine Staatsangehörige der Mongolei - einen gemeinsamen Sohn, der ( ) Monate alt ist. Zudem teilte das BFM in seiner Vernehmlassung mit, dass ein Ehevorbereitungsverfahren eingeleitet worden ist. Diese Sachverhaltsänderungen, die sich zwischen der angefochtenen Verfügung und dem Beschwerdeentscheid ereignet haben, sind im Beschwerdeentscheid grundsätzlich zu berücksichtigen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-499/2007 vom 20. September 2007 E. 4.2).
Da aufgrund der Erwägungen der Wegweisungsvollzug des Beschwerdeführers zusammen mit seiner Partnerin und seinem Sohn zu beurteilen und bei gegebenen Vorausaussetzungen zusammen zu vollziehen ist, das Asylverfahren der Konkubinatspartnerin des Beschwerdeführers jedoch noch vor dem BFM hängig ist, hat diese gemeinsame Prüfung das BFM vorzunehmen. Demnach ist der angefochtene Entscheid bezüglich der Anordnung der Wegweisung und des Wegweisungsvollzuges aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung in diesem Punkt zurückzuweisen (vgl. EMARK 1999 Nr. 1 E. 4).
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde insoweit gutzuheissen, als damit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 14. März 2008 im Wegweisungsvollzugspunkt beantragt wird. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen. Die Vorinstanz ist anzuweisen, im Sinne der Erwägungen in der Sache neu zu entscheiden.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären reduzierte Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG sowie Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 1-3 des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Wie obenstehend aufgezeigt, litt jedoch die angefochtene Verfügung im Zeitpunkt ihres Erlasses an einem Verfahrensmangel. Dieser Mangel wurde zwar im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt, aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nur durch das Ergreifen eines Rechtsmittels zu einem rechtskonformen Entscheid gelangt ist, darf ihm jedoch kein finanzieller Nachteil erwachsen, weshalb in Anwendung von Art. 63 Abs. 1 in fine VwVG i.V.m. Art. 6 Bst. b VGKE keine Kosten aufzuerlegen sind (vgl. BVGE 2008/47).
Dem rechtlich vertretenen Beschwerdeführer ist aufgrund seines teilweisen Obsiegens und mit Blick auf die Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs eine reduzierte Parteientschädigung für die ihm notwendigerweise erwachsenen Kosten (inkl. Vertretenskosten) zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1, Art. 8 u. 9 VGKE).
Der Rechtsvertreter hat keine Kostennote zu den Akten gereicht. Es kann jedoch verzichtet werden eine solche einzuholen, da der Aufwand für die Eingaben hinreichend zuverlässig abgeschätzt werden kann. Es ist von einem zu entschädigenden Vertretungsaufwand von Fr. 600.— (inklusive aller Auslagen und Mehrwertsteuer) auszugehen, welche die Vorinstanz zu entrichten hat (vgl. Art. 10 und 14 Abs. 2 VGKE).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde vom 25. März 2008 wird teilweise gutgeheissen. Die Ziffern 2 bis 4 der vorinstanzlichen Verfügung vom 14. März 2008 werden aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidfindung in Bezug auf die Wegweisung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
Die Vorinstanz wird angewiesen, eine Parteientschädigung im Betrag von Fr. 600.-- (inkl. Auslagen und MwSt) an den Beschwerdeführer zu entrichten.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Nina Spälti Giannakitsas Milva Franceschi
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