Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-7955/2009 |
Datum: | 17.02.2010 |
Leitsatz/Stichwort: | Asylwiderruf |
Schlagwörter : | Flüchtling; Flüchtlingseigenschaft; Ehefrau; Verfahren; Verfügung; Beschwerdeführers; Recht; Bundesverwaltungsgericht; Vorinstanz; Beschwerdeverfahren; Einbezug; Verfahrens; Widerruf; Schweiz; Verfahren; Frankreich; Prüfung; Rechtsvertreter; Rückzug; Asyls; Kostenvorschuss; Beschwerdeverfahrens; Gericht; Eingabe; Akten; Entscheid; Urteil |
Rechtsnorm: | Art. 48 VwVG ;Art. 51 VwVG ;Art. 63 VwVG ; |
Referenz BGE: | 135 II 1 |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-7955/200 9
{T 0/2}
Besetzung
Parteien
Gegenstand
Einzelrichter Fulvio Haefeli,
mit Zustimmung von Richterin Nina Spälti Giannakitsas; Gerichtsschreiber Gert Winter.
vertreten durch Guido Ehrler, Advokat, (...),
Beschwerdeführer, gegen
Widerruf des Asyls; Verfügung des BFM vom 20. November 2009 / N .
dass der Beschwerdeführer am 29. Oktober 2003 ein Asylgesuch einreichte, welches das BFM mit Verfügung vom 16. Dezember 2005 ablehnte, wobei es die Wegweisung aus der Schweiz anordnete, indessen den Vollzug der Wegweisung wegen Unzumutbarkeit zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme aufschob,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 25. Januar 2006 gegen diese Verfügung Beschwerde erheben liess (Verfahren D-5222/2006),
dass er den Akten zufolge am 25. April 2007 in der Schweiz eine türkische Staatsangehörige heiratete,
dass die Asylbeschwerde der Ehefrau des Beschwerdeführers gegen den abweisenden Entscheid der Vorinstanz mit Urteil vom
4. Dezember 2008 des Bundesverwaltungsgerichts gutgeheissen und das BFM angewiesen wurde, der Ehefrau des Beschwerdeführers Asyl zu erteilen,
dass der Beschwerdeführer tags darauf - am 5. Dezember 2008 - in Frankreich verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt wurde,
dass der Beschwerdeführer mit Zwischenverfügung des BFM vom
16. Dezember 2008 angefragt wurde, ob er auf die eigenständige Prüfung seiner Vorbringen verzichten oder ob er daran festhalten möchte,
dass ihm für den Fall der Bejahung dieser Frage der Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft seiner Ehefrau in Aussicht gestellt wurde,
dass der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter mit Eingabe vom 29. Dezember 2008 mitteilen liess, er sei mit dem Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft seiner Ehefrau einverstanden,
dass das Bundesverwaltungsgericht daraufhin mit Abschreibungsentscheid vom 8. Januar 2009 das Beschwerdeverfahren infolge Verzicht auf eigenständige Prüfung der Vorbringen und damit durch Rückzug als gegenstandslos geworden abschrieb sowie die Akten dem BFM zur Prüfung des Einbezugs in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau des Beschwerdeführers nach Art. 51 Abs. 1 VwVG überwies,
dass das BFM mit Verfügung vom 26. Januar 2009 feststellte, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Abs. 1 und 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) nicht, er werde gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG als Flüchtling anerkannt, und es werde ihm Asyl gewährt,
dass die Vorinstanz dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom
23. Oktober 2009 an den Rechtsvertreter das rechtliche Gehör zu einer Mitteilung vom 16. Februar 2009 des Amtes für Migration des Kantons Basel-Landschaft gewährte, wonach der Beschwerdeführer am 5. Dezember 2008 in Frankreich wegen Schleppertätigkeiten in grossem Umfang festgenommen worden sei, sich seither dort in Untersuchungshaft befinde und bei einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von rund zehn Jahren rechnen müsse,
dass der Beschwerdeführer ferner mindestens unter zehn verschiedenen Namen aufgetreten sei, in Deutschland beispielsweise unter dem Namen B._______ (geboren am [...]) einen Asylantrag gestellt habe, und seine Identität nicht geklärt sei,
dass weitere Abklärungen ergeben hätten, die Ehe werde seit Juni 2008 nicht mehr gelebt und der Beschwerdeführer befinde sich seit Dezember 2008 nicht mehr in der Schweiz,
dass diese Erkenntnisse dem BFM bei der Asylgewährung am
26. Januar 2009 noch nicht vorgelegen hätten, weshalb die Meinung vertreten werde, die Voraussetzungen für eine Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft und einen Widerruf des Asyls seien in Anwendung von Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG als gegeben zu erachten,
dass sich der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 11. November 2009 vernehmen liess,
dass das BFM in der Folge mit Verfügung vom 20. November 2009 - eröffnet am 24. November 2009 - dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft aberkannte und das Asyl widerrief,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21. Dezember 2009 gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben sowie die Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom
20. November 2009 beantragen liess, und eventualiter das Beschwerdeverfahren D-5222/2006 wieder aufzunehmen und dem Beschwerdeführer das Recht zur Beschwerdeergänzung einzuräumen sei,
dass er schliesslich in prozessualer Hinsicht die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beigabe eines Anwalts beantragen liess,
dass er zur Begründung seiner Beschwerdeschrift im Wesentlichen geltend machte, seine Ehe sei entgegen der Auffassung des BFM nicht endgültig gescheitert,
dass das Familienasyl an den formellen Bestand der Ehe anknüpfe und selbst nach Auflösung derselben weiter bestehe, weshalb in casu der Widerruf des Asyls nicht gerechtfertigt sei,
dass für den Fall des Widerrufs des Asyls der Beschwerdeführer so zu stellen sei, wie wenn er nicht in die Flüchtlingseigenschaft seiner Ehefrau einbezogen worden wäre,
dass der Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts mit Zwischenverfügung vom 15. Januar 2010 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) abwies und den Beschwerdeführer aufforderte, bis zum 1. Februar 2010 einen Kostenvorschuss von Fr. 600.-- zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen,
dass er schliesslich auch das sinngemässe Gesuch um Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeverbesserung abwies,
dass der einverlangte Kostenvorschuss am 1. Februar 2010 geleistet wurde,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM entscheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 - 33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundes-
gerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass nach Art. 63 Abs. 1 AsylG das Bundesamt das Asyl widerruft oder die Flüchtlingseigenschaft aberkennt, wenn die ausländische Person das Asyl oder die Flüchtlingseigenschaft durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat,
dass nach Art. 51 Abs. 1 AsylG Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt werden und Asyl erhalten, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen,
dass die Vorinstanz erst am 16. Februar 2009 erfuhr, der Beschwerdeführer sei am 5. Dezember 2008 in Frankreich wegen Schleppertätigkeiten in grossem Umfang festgenommen worden, befinde sich in Untersuchungshaft und habe im Falle einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von rund zehn Jahren zu rechnen,
dass die Vorinstanz zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom
26. Januar 2009 davon keine Kenntnis hatte, weshalb sich die Frage
stellt, ob die Vorinstanz bei Kenntnis dieses Sachverhalts gleich entschieden hätte,
dass die Frage, ob die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten bei Erfüllung des Tatbestands einem Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau bei Kenntnis der Vorinstanz entgegen gestanden hätten, zu bejahen wäre, zumal die Begehung besonders verwerflicher strafbarer Handlungen nach Art. 63 Abs. 2 AsylG einen besonderen Widerrufsgrund bildet,
dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen als besonders verwerfliche strafbare Handlungen zu werten wären (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2003 Nr. 11 S. 70 ff.),
dass der Beschwerdeführer zwar nicht rechtskräftig verurteilt ist und er sich auf die Unschuldsvermutung berufen kann, doch handelt es sich bei dem in Frankreich pendenten Strafverfahren in casu um einen besonderen Umstand im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG, welcher grundsätzlich bis zu einem allfälligen Freispruch oder einer allfälligen Einstellung des Strafverfahrens einem Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft entgegensteht,
dass deshalb das Verschweigen des Strafverfahrens als wesentliche Tatsache im Sinne von Art. 63 Abs. 1 Bst. a AsylG zu qualifizieren ist,
dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zudem seine Mitwirkungspflicht insofern verletzte, als er seinen Adresswechsel auch nach der Verhaftung in Frankreich nicht meldete (vgl. Art. 8 Abs. 3 AsylG),
dass bei dieser Sachlage davon auszugehen ist, das BFM hätte den Beschwerdeführer bei Kenntnis der Sachlage nicht in die Flüchtlingseigenschaft seiner Ehefrau einbezogen,
dass sich demnach die Beantwortung der Frage, ob die Ehe des Beschwerdeführers endgültig gescheitert ist oder nicht, in casu erübrigt,
dass der Beschwerdeführer einen Eventualantrag auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens D-5222/2006 stellte,
dass indessen in dem zur Untermauerung eines derartigen Anspruchs angeführten Bundesgerichtsentscheid (BGE 135 II 1 ff.) eine andere Sachund Rechtslage vorliegt, zumal es in diesem Urteil um die ausländerrechtlichen Auswirkungen der Nichtigerklärung einer Einbürgerung geht, wobei das Gericht im Wesentlichen schloss, eine aufgrund der Ehe mit einem Schweizer erworbene Niederlassungsbewilligung erlösche nicht automatisch mit dem Wegfall der Ehe, sondern falle nur dahin, wenn ein ausländerrechtlicher Untergangstatbestand vorliege,
dass es im vorliegenden Verfahren demgegenüber nicht um die Nichtigerklärung einer Einbürgerung geht, es sich bei der Ehefrau des Beschwerdeführers um eine türkische Staatsangehörige handelt, und es vorliegend um die Frage geht, welche Rechtsfolgen an einen Verzicht auf die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens beziehungsweise an einen Rückzug des Beschwerdeverfahrens anknüpfen,
dass der Eventualantrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens D-5222/2006 abzuweisen ist, weil gemäss Abschreibungsentscheid vom 8. Januar 2009 das Beschwerdeverfahren infolge Verzichts auf eigenständige Prüfung der Vorbringen nach Art. 3 AsylG und damit durch Rückzug als gegenstandslos geworden abgeschrieben wurde,
dass eine Rückzugserklärung bedingungsfeindlich und unwiderruflich ist und in casu keine Willensmängel seitens des Beschwerdeführers ersichtlich sind (vgl. EMARK 1993 Nr. 5),
dass der Beschwerderückzug unter der Bedingung des Einbezugs in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau praxisgemäss ausgeschlossen war,
dass auch ein Grundlagenirrtum nicht geltend gemacht werden kann, durfte doch der Beschwerdeführer angesichts der gegebenen Umstände - die er bewusst verheimlichte - nicht in guten Treuen damit rechnen, in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau einbezogen zu werden,
dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist darzutun, inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt
oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.-- (Art. 1 - 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem am 1. Februar 2010 geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen sind.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem am 1. Februar 2010 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Dieses Urteil geht an:
den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (Einschreiben)
das BFM, Abteilung Aufenthalt, mit den Akten Ref.-Nr. N (per Kurier; in Kopie)
(...) (in Kopie)
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Fulvio Haefeli Gert Winter
Versand:
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