Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | BVGE 2010/49 |
Datum: | 08.07.2010 |
Leitsatz/Stichwort: | Energie (Übriges) |
Schlagwörter : | StromVG; Endverbraucher; StromVV; Netznutzung; Übertragung; Übertragungs; Übertragungsnetz; Rechnung; Kraftwerk; Endverbrauchern; Netznutzungsentgelt; Überwälzung; Kraftwerke; Netzbetreiber; Regel; Verteilnetz; Energie; Netze; Verteilnetzbetreiber; Leistung; Verordnung; Elektrizität; Spannung; Spannungs; Regelung; Kraftwerken; Vorinstanz; Tarif; Schweiz |
Rechtsnorm: | Art. 164 BV ;Art. 182 BV ;Art. 190 BV ; |
Referenz BGE: | 106 Ia 254; 106 Ia 256; 128 I 113; 130 I 26; 130 II 202; 131 III 33 |
Kommentar: | - |
7 Öffentliche Werke - Energie - Verkehr Travaux publics - Energie - Transports et communications
Lavori pubblici - Energia - Trasporti e comunicazioni
Auszug aus dem Urteil der Abteilung I
S. Gommerkraftwerke AG
gegen Eidgenössische Elektrizitätskommission
und swissgrid AG
A-2607/2009 vom 8. Juli 2010
Mit Datum vom 23. Mai 2008 veröffentlichte die nationale Netzgesellschaft swissgrid AG (swissgrid) als Betreiberin des schweizerischen Übertragungsnetzes für elektrische Energie (Netzebene 1) die Kosten und Tarife 2009 für die Netzebene 1.
Am 26. Juni 2008 gab die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom, Vorinstanz) bekannt, sie überprüfe die Tarife des Übertragungsnetzes von Amtes wegen. Vorgängig hatten bereits verschiedene Netzbetreiber und Endverbraucher gegen diese Tarife Gesuche um Absenkung bei der ElCom eingereicht.
In der Folge legte die ElCom mit Verfügung vom 6. März 2009 insbesondere die Tarife 2009 für die Netznutzung der Netzebene 1, für allgemeine Systemdienstleistungen (SDL) für Netzbetreiber und direkt am Übertragungsnetz angeschlossene Endverbraucher und für allgemeine SDL für Kraftwerke mit einer elektrischen Leistung von mindestens 50 Megawatt (MW) neu fest. Die Verfügung wurde der swissgrid und den übrigen beteiligten Parteien (Übertragungsnetzeigentümer, Netzbetreiber und Endverbraucher mit Ausspeisepunkten vom Übertragungsnetz sowie Betreiber von Kraftwerken mit einer elektrischen Leistung von mindestens 50 MW) eröffnet.
Mit Eingabe vom 22. April 2009 erhebt die Gommerkraftwerke AG (Beschwerdeführerin) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Sie beantragt die Aufhebung der Ziffern 2, 3 und 13 des Dispositivs der Verfügung der ElCom vom 6. März 2009. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, die Verfügung der ElCom leide an gravierenden Verfahrensmängeln. In materieller Hinsicht bringt die Beschwerdeführerin vor, Art. 31b Abs. 2 der Stromversorgungsverordnung vom
14. März 2008 (StromVV, SR 734.71) sei gesetzund verfassungswidrig und könne folglich nicht als Grundlage für eine Belastung der Kraftwerke mit Kosten für SDL herangezogen werden.
In ihrer Vernehmlassung vom 18. Juni 2009 beantragt die ElCom die Abweisung der Beschwerde. Das BVGer heisst die Beschwerde teilweise gut und erklärt Art. 31b Abs. 2 (sowie teilweise Abs. 1) StromVV als verfassungsund gesetzwidrig und damit nicht anwendbar.
Aus den Erwägungen:
In materieller Hinsicht bringt die Beschwerdeführerin vor, Art. 31b Abs. 2 StromVV sei verfassungsund gesetzwidrig, weshalb Dispositiv-Ziffer 3 der Verfügung der Vorinstanz aufzuheben sei. Diese Verordnungsbestimmung, wonach Kraftwerke mit einer elektrischen Leistung von mehr als 50 MW mit den Kosten für SDL belastet werden sollten, greife massiv in ihre Rechtsstellung ein und habe erhebliche finanzielle Konsequenzen für sie. Ein derart schwerer Eingriff müsse gemäss Art. 164 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) in einem formellen Gesetz geregelt sein. Sie sei zudem durch die finanzielle Belastung in ihrer Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) eingeschränkt. Dem Bundesrat (BR) komme nur eine ausführende Kompetenz zu. Art. 31b Abs. 2 StromVV widerspreche zudem Sinn und Zweck des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 2007 (StromVG, SR 734.7). Gemäss Art. 14 StromVG sei ausschliesslich die Belastung der Endverbraucher zu einem einheitlichen Tarif vorgesehen. Schliesslich sei die Schwelle von 50 MW willkürlich und verstosse gegen das Gebot der Rechtsgleichheit.
Die Vorinstanz hält in ihrer Verfügung dagegen, aus Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG ergebe sich, dass es zulässig sei, Kosten individuell in Rechnung zu stellen. Das StromVG gehe nicht davon aus, dass die gesamten Betriebsund Kapitalkosten eines Netzes den Endverbrauchern angelastet würden. Die individuelle Anlastung von Kosten an Kraftwerke verstosse demzufolge nicht gegen das in Art. 14 Abs. 2 StromVG vorgesehene Ausspeiseprinzip. Schon Art. 15 Abs. 1 StromVV sehe vor, gewisse Kosten individuell in Rechnung zu stellen. Diese individuelle Zuordnung der Kosten sei im Rahmen der Vernehmlassung weitgehend unbestritten gewesen. Die individuelle Anlastung von Kosten an Kraftwerke widerspreche auch nicht dem Prinzip der Aufgliederung der Elektrizitätstarife in einen Anteil für die Netznutzung und in einen solchen für die Energielieferung. Kraftwerke hätten ebenfalls Einfluss auf einen sicheren Netzbetrieb. Falle ein Kraftwerk aus, müsse Regelenergie ins Elektrizitätsnetz eingespiesen werden. Art. 4 Abs. 1 Bst. g
StromVG nenne als SDL zum Beispiel ausdrücklich die Schwarzstartund Inselbetriebsfähigkeit von Erzeugern. Es entspreche dem Grundsatz der Verursachergerechtigkeit, dass diese Kosten individuell angelastet würden. Dieser Grundsatz sei in der Stromversorgungsgesetzgebung zentral und werde verschiedentlich genannt.
Der Ausfall eines Kraftwerks mit höherer elektrischer Leistung verursache in der Regel höhere Kosten für Regelenergie als der Ausfall eines Kraftwerks mit kleinerer Leistung. Aus diesem Grund sei es angebracht, nur grössere Kraftwerke mit SDL-Kosten zu belasten. Die Grenze von 50 MW erscheine damit als sachlich gerechtfertigt. Selbst wenn Art. 31b Abs. 2 StromVV gegen den Grundsatz des staatlichen Handelns nach Treu und Glauben verstossen würde, hätte dies nicht zur Folge, dass diese Verordnungsbestimmung nicht anwendbar wäre.
Bei der Festlegung der Rechtsetzungsstufe (Gesetz oder Verordnung) seien die Wichtigkeit, das Flexibilitätsbedürfnis und die Eignung der rechtsetzenden Behörde zu beachten. Das Flexibilitätsbedürfnis lasse eine Regelung auf Verordnungsstufe zu. Bei Art. 31b Abs. 2 StromVV handle es sich um eine Übergangsbestimmung, welche nur für die Jahre 2009 bis 2013 gelte. Betroffen seien etwa 70 Kraftwerke. Die finanzielle Bedeutung sei zwar nicht gering, aber mit 0,45 Rappen/kWh im Verhältnis zu den aktuellen schweizerischen und europäischen Grosshandelspreisen, den mit der Produktion erzielten Erlösen und den Energiepreisen der Endverbraucher mit Grundversorgung von durchschnittlich 8 Rappen/kWh vertretbar. Hinzu komme, dass beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung die Exekutive kraft ihrer Kompetenz zur Regelung des Inkrafttretens auch das Übergangsrecht umfassend ordnen könne. Der politische Wille des Parlaments sei gewesen, die Tariferhöhungen rückgängig zu machen, insbesondere im Bereich der SDL. Um diesen politischen Willen umzusetzen, habe der BR am 12. Dezember 2008 eine Revision der StromVV verabschiedet. Art. 31b Abs. 2 StromVV beruhe auf einem breiten Konsens.
Nach dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit bedarf jedes staatliche Handeln einer gesetzlichen Grundlage (Art. 5 Abs. 1 BV). Werden Rechtsetzungskompetenzen des Gesetzgebers auf den Verordnungsgeber (im Bund insbes. an den BR) übertragen, spricht man von Gesetzesdelegation. Der Gesetzgeber ermächtigt damit im formellen Gesetz die Exekutive zum Erlass von gesetzesvertretenden Verordnungen. Reine Vollziehungsverordnungen sind dagegen kein Delegationsfall, denn für den Erlass solcher Vorschriften verfügt der BR über eine verfassungsunmit-
telbare Kompetenz (vgl. Art. 182 Abs. 2 BV; PIERRE TSCHANNEN, in: Bernhard Ehrenzeller/Philippe Mastronardi/Rainer J. Schweizer/Klaus A. Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar,
2. Aufl., Zürich 2008, Rz. 34 zu Art. 164; THOMAS SÄGESSER, in: Bernhard Ehrenzeller/Philippe Mastronardi/Rainer J. Schweizer/Klaus A. Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar,
2. Aufl., Zürich 2008, Rz. 17 zu Art. 182).
Die Gesetzesdelegation gilt als zulässig, wenn sie nicht durch die Verfassung ausgeschlossen ist, in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten ist, sich auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet beschränkt und die Grundzüge der delegierten Materie, das heisst die wichtigen Regelungen, im delegierenden Gesetz selbst enthalten sind (Art. 164 Abs. 1 und 2 BV; BGE 128 I 113 E. 3c; Urteil des BVGer A-1751/2006 vom 25. März 2009 E. 2.2). Delegiert das Gesetz beispielsweise die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlagen der Abgabe selber festlegen (Urteil des Bundesgerichts [BGer] 2C_729/2008 vom 3. März 2009
E. 3.1 mit Hinweisen, veröffentlicht in: Schweizerisches Zentralblatt für Staatsund Verwaltungsrecht [ZBl] 5/2010, S. 280 ff.).
Das BVGer kann auf Beschwerde hin vorfrageweise Verordnungen des BR auf ihre Gesetzund Verfassungsmässigkeit prüfen (konkrete Normenkontrolle). Der Umfang der Kognitionsbefugnis hängt dabei davon ab, ob es sich um eine unselbständige oder aber um eine selbständige Verordnung handelt (ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 2.177). Bei unselbständigen Bundesratsverordnungen, die sich wie hier auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft das BVGer, ob sich der BR an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse gehalten hat. Soweit das Gesetz ihn nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen beziehungsweise seine Regelung nicht lediglich eine bereits im Gesetzesrecht angelegte Verfassungswidrigkeit übernimmt, beurteilt es auch deren Verfassungsmässigkeit. Wird dem BR durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach Art. 190 BV für das BVGer verbindlich. Es darf in diesem Fall nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen des BR setzen, sondern hat sich auf die Kontrolle zu beschränken, ob dessen Regelung den Rahmen der ihm im Gesetz delegierten Kompetenzen offensichtlich
sprengt oder aus anderen Gründen gesetzoder verfassungswidrig ist. Dabei kann es namentlich prüfen, ob sich eine Verordnungsbestimmung auf ernsthafte Gründe stützt oder Art. 9 BV widerspricht, weil sie sinnoder zwecklos ist, rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen fehlt, oder Unterscheidungen unterlässt, die richtigerweise hätten getroffen werden sollen. Für die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahme trägt der BR die Verantwortung; es ist nicht Aufgabe des BVGer, sich zu deren wirtschaftlicher oder politischer Sachgerechtigkeit zu äussern (Urteil des BGer 2C_246/2009 vom 22. März 2010 E. 7.1, Urteil des BGer 2C_735/2007 vom 25. Juni 2008 E. 4.2 und Urteil des BGer 2A.142/2005 vom
24. November 2005 E. 3.1; BGE 130 I 26 E. 2.2.1, je mit weiteren Hinweisen; Urteil des BVGer A-1751/2006 vom 25. März 2009 E. 2.4).
Der Strompreis für die Stromabnehmer setzt sich aus den Kosten für die Stromproduktion, für die Netznutzung hinsichtlich der Stromübertragung, Stromverteilung und Stromeinspeisung (Stromtransport), den Abgaben an die Gemeinwesen sowie dem Unternehmensgewinn zusammen (ROLF H. WEBER/ANNJA MANNHART, Neues Strompreisrecht Kontrollkriterien und Kontrollmethoden für Elektrizitätstarife sowie Netznutzungstarife und -entgelte, veröffentlicht in: ZBl 2008, S. 457). Das Netznutzungsentgelt ist demnach ein Bestandteil des Strompreises. Die Stromgesetzgebung bestimmt, dass das Entgelt für die Netznutzung die anrechenbaren Kosten sowie die Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen nicht übersteigen darf (Art. 14 Abs. 1 StromVG; sog. Kostendeckungsprinzip). Es ist von den Endverbrauchern je Ausspeisepunkt zu entrichten (Art. 14 Abs. 2 StromVG; sog. Ausspeiseprinzip). Endverbraucher sind Kunden, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch kaufen. Ausgenommen hiervon ist der Elektrizitätsbezug für den Eigenbedarf eines Kraftwerks sowie für den Antrieb von Pumpen in Pumpspeicherkraftwerken (Art. 4 Abs. 1 Bst. b StromVG). Für die Festlegung der Netznutzungstarife ist gemäss Art. 14 Abs. 3 StromVG Folgendes zu beachten:
Sie müssen einfache Strukturen aufweisen und die von den Endverbrauchern verursachten Kosten widerspiegeln.
Sie müssen unabhängig von der Distanz zwischen Einund Ausspeisepunkt sein.
Sie müssen im Netz eines Netzbetreibers pro Spannungsebene und Kundengruppe einheitlich sein.
Individuell in Rechnung gestellte Kosten sind auszuschliessen.
Sie müssen den Zielen einer effizienten Elektrizitätsverwendung Rechnung tragen.
Als anrechenbare Kosten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 StromVG gelten die Betriebsund Kapitalkosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes. Sie beinhalten einen angemessenen Betriebsgewinn. Als Betriebskosten gelten die Kosten für die mit dem Betrieb der Netze direkt zusammenhängenden Leistungen. Dazu zählen insbesondere die Kosten für SDL sowie für den Unterhalt der Netze (Art. 15 Abs. 1 und 2 StromVG).
SDL sind die für den sicheren Betrieb der Netze notwendigen Hilfsdienste. Diese umfassen insbesondere Systemkoordination, Bilanzmanagement, Primärregelung, Schwarzstartund Inselbetriebsfähigkeit von Erzeugern, Spannungshaltung (inkl. Anteil Blindenergie), betriebliche Messungen und Ausgleich der Wirkverluste (Art. 4 Abs. 1 Bst. g StromVG). Gemäss Medienmitteilung des Bundesamtes für Energie (BFE) vom 5. Dezember 2008 zur revidierten StromVV handelt es sich bei den SDL vor allem um Energiereserven, die für Kraftwerksausfälle oder Konsumschwankungen bereitgehalten werden müssen.
Für eine transparente Zuweisung der Netzkosten werden die Übertragungsund Verteilnetze in vier Spannungsund drei Transformationsebenen und damit in sieben Netzebenen aufgeteilt (vgl. Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen [VSE], Branchenempfehlung Strommarkt Schweiz, Marktmodell für die elektrische Energie - Schweiz, Grundsatzdokument zur Regelung der zentralen Aspekte der Organisation des Strommarktes Schweiz, Ausgabe 2009 [MMEE-CH 2009], Ziff. 4.1.2 [1] und [2], abrufbar unter http://www.strom.ch). Das Übertragungsnetz umfasst die Netzebene 1 und wird als Elektrizitätsnetz definiert, das der Übertragung von Elektrizität über grössere Distanzen im Inland sowie dem Verbund mit den ausländischen Netzen dient und in der Regel auf der Spannungsebene 220/380 kV betrieben wird (Art. 4 Abs. 1 Bst. h StromVG). Das Verteilnetz umfasst die Netzebenen 2 bis 7 und ist gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. i StromVG ein Elektrizitätsnetz hoher, mittlerer oder niederer Spannung zum Zwecke der Belieferung von Endverbrauchern oder Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Art. 14 und Art. 15 StromVG enthalten Bestimmungen zur Berechnung der Netznutzungsentgelte sämtlicher Netzebenen (wenn der Gesetzgeber von den Netzbetreibern spricht, sind damit sowohl die Verteilnetzbetreiber wie auch die Übertragungsnetzbetreiberin gemeint; vgl. Botschaft des Bun-
desrates zur Änderung des Elektrizitätsgesetzes und zum Stromversorgungsgesetz vom 3. Dezember 2004, BBl 2005 1646 [nachfolgend: Botschaft zum StromVG] i. V. m. BBl 2005 1651 und ROLF H. WEBER/BRIGITTA KRATZ, Stromversorgungsrecht, Ergänzungsband Elektrizitätswirtschaftsrecht, Bern 2009, § 4 Rz. 25).
Nach Art. 15 Abs. 4 Bst. a und b StromVG legt der BR die Grundlagen fest zur Berechnung der Betriebsund Kapitalkosten und zur einheitlichen und verursachergerechten Überwälzung der Kosten sowie der Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen. Dabei ist der Einspeisung von Elektrizität auf unteren Spannungsebenen Rechnung zu tragen.
Von Interesse ist im vorliegenden Fall die Überwälzung der Kosten für allgemeine SDL gemäss Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV (vgl. Ziff. 2 und 3 des Dispositivs sowie E. 4.3.4.3 und 4.3.4.4 der angefochtenen Verfügung) - im Gegensatz zur Überwälzung der Kosten für individuelle SDL gemäss Art. 15 Abs. 1 Bst. a StromVV (zur Abgrenzung vgl. hinten
E. 9.2). In den Jahren 2009-2013 ist bezüglich der Überwälzung der allgemeinen SDL die Übergangsbestimmung von Art. 31b StromVV zu beachten. Die fraglichen Bestimmungen lauten wie folgt:
Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV, « Anlastung von Kosten des Übertragungsnetzes » (in der Fassung vom 12. Dezember 2008, AS 2008 6467,
in Kraft seit 1. Januar 2009):
2 Sie [Anm.: die nationale Netzgesellschaft, d. h. die Beschwerdegegnerin] stellt den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern entsprechend der bezogenen
elektrischen Energie der Endverbraucher folgende Kosten in Rechnung:
a. die Kosten für Systemmanagement, Messdatenmanagement, Schwarzstartund Inselbetriebsfähigkeit von Erzeugern, Spannungshaltung, Primärregelung und die Anteile der Leistungsvorhaltung für die Sekundärund Tertiärregelung, welche nicht einer Bilanzgruppe zugeordnet werden können. Die ElCom legt jährlich den Höchstbetrag fest;
Art. 31b StromVV, « Systemdienstleistungen » (eingefügt mit der Revision vom 12. Dezember 2008, AS 2008 6467, in Kraft seit 1. Januar 2009):
2 Sie stellt in den Jahren 2009-2013 den Betreibern von Kraftwerken mit einer elektrischen Leistung von mindestens 50 MW den Teil der Kosten der Systemdienstleistungen, der mit dem nach Absatz 1 festgelegten Tarif von 0,4 Rappen pro kWh nicht gedeckt werden kann, gemäss ihrem Anteil an der Bruttoenergieerzeugung individuell in Rechnung.
Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass ihr gestützt auf Art. 31b Abs. 2 StromVV Kosten für allgemeine SDL angelastet werden können. Art. 14 StromVG biete hierfür keine genügende gesetzliche Grundlage. Nachfolgend ist deshalb zu untersuchen, wer in Bezug auf das Netznutzungsentgelt Zahlungspflichtiger ist, was unter den individuell in Rechnung gestellten Kosten gemäss Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG zu verstehen ist und was die Gesetzesdelegation gemäss Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG umfasst.
Das Netznutzungsentgelt ist die Vergütung für die Netznutzung durch Dritte (Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1651). Als Grundsatz wird in Art. 14 Abs. 2 StromVG festgehalten, dass das Netznutzungsentgelt von den Endverbrauchern je Ausspeisepunkt zu entrichten ist (vgl. auch Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1652; Art. 9 StromVV; MMEE-CH 2009, Ziff. 4.1.1 und 4.2.3.3). Wie bereits ausgeführt, sind die Kosten für SDL Teil des Netznutzungsentgelts (Art. 14 Abs. 1 i. V. m.
Art. 15 Abs. 2 StromVG). Bezüglich der kurzfristig vorgehaltenen Reserveleistung hält die Botschaft zum StromVG sodann ausdrücklich fest, dass die Kosten solidarisch von allen Endverbrauchern mit dem Entgelt für die Übertragungsnetznutzung getragen werden (Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1619). Zahlungspflichtiger des Netznutzungsentgelts und damit auch der Kosten für SDL ist somit grundsätzlich der Endverbraucher. Vorbehalten bleiben jedoch die individuell in Rechnung gestellten Kosten gemäss Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG.
Solche individuell angerechnete Kosten sind zum Beispiel die Kosten für den Netzanschluss und die Netzverstärkungen von Liegenschaftseigentümern sowie unabhängigen Produzenten und Kosten für bestimmte SDL, welche von den Netzbetreibern für unabhängige Erzeuger bzw. Einspeiser erbracht werden (vgl. Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1652). Aufgrund des Wortlauts der Bestimmung und der Ausführungen in der Botschaft zum StromVG (« Kosten für bestimmte SDL ») ist davon auszugehen, dass es sich bei den individuell in Rechnung gestellten Kosten im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG nur um solche Kosten handeln kann, die einem bestimmten Akteur eindeutig zugeordnet werden können. Die individuellen Kosten sollen somit demjenigen Akteur, der sie verursacht hat, jeweils direkt in Rechnung gestellt werden. Dies entspricht dem Verursacherprinzip, auf das Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG ausdrücklich Bezug nimmt. Der Zweck von Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG liegt darin, zu verhindern, dass die Kosten zweimal - einmal individuell und einmal pauschal über das Netznutzungsentgelt - berechnet werden (Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1652; WEBER/KRATZ, a. a. O., § 4 Rz. 62; Erläuternder Bericht zur StromVV zu Art. 8).
Aus Art. 15 Abs. 1 Bst. a StromVV geht hervor, was bezüglich der SDL als individuell anzulastende Kosten zu gelten hat. Demnach werden den Netzbetreibern und den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbrauchern die Kosten für den Ausgleich von Wirkverlusten und die Lieferung von Blindenergie, die sie verursacht haben, individuell in Rechnung gestellt. Gemäss Branchenempfehlung wird die Blindenergie aufgrund der über das tolerierte im Voraus festgelegte Mass bezogenen Menge pro Ausspeisepunkt direkt verrechnet. Die Kosten für den Ausgleich der Wirkverluste werden gemäss der gemessenen Nettoenergiemenge je Ausspeisepunkt weiterverrechnet. Die Referenzgrössen für die Verrechnung dieser individuellen Kosten sind also die gemessene Blindenergie bzw. die gemessene Nettoenergie. Aufgrund der angestrebten verursachergerechten Weiterverrechnung der Kosten (vgl. Art. 15 Abs. 4
Bst. b StromVG) werden die Kosten der Blindenergie und für den Ausgleich der Wirkverluste gesondert zu den übrigen SDL behandelt und verrechnet (vgl. VSE, MERKUR Access, Branchenempfehlung Strommarkt Schweiz, Netznutzungsmodell für das schweizerische Übertragungsnetz, Grundlagen zur Netznutzung und Netznutzungs-Entschädigung im Übertragungsnetz Schweiz, Ausgabe 2007, abrufbar unter http://www.strom.ch [NNMÜ-CH 2007], Ziff. 3 und 4). Obwohl die Lieferung von Blindenergie eigentlich Teil der Spannungshaltung ist (Art. 4 Abs. 1 Bst. g StromVG) und somit nach dem Wortlaut von Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV Bestandteil der allgemeinen SDL wäre, ist bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 Bst. a StromVV der Vorinstanz und somit dem Ansatz des NNMÜ-CH 2007 zu folgen ( ). Demnach müssen die Erträge, welche über die verursachergerechte Zuordnung der Kosten von Blindenergie erwirtschaftet werden, von den Kosten für die Spannungshaltung in Abzug gebracht und die verbleibenden Kosten für die Spannungshaltung über die allgemeinen SDL in Rechnung gestellt werden (NNMÜ-CH 2007, Ziff. 3.1 und 4).
Nicht den Verursachern individuell in Rechnung gestellt werden die allgemeinen SDL gemäss Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV bzw. Art. 31b Abs. 1 StromVV ( ). Sie werden den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern entsprechend der bezogenen elektrischen Energie der Endverbraucher (Bruttoenergie) in Rechnung gestellt (vgl. auch NNMÜ-CH 2007, Ziff. 3.1, 3.3 und 4). Die allgemeinen SDL bilden mit andern Worten keine individuell in Rechnung zu stellende Kosten im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG.
Es ist somit zwischen dem Netznutzungsentgelt, worunter auch die allgemeinen SDL fallen, und den individuell in Rechnung gestellten Kosten, worunter die individuellen SDL fallen, zu unterscheiden.
In Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG wird der BR ermächtigt, die Grundlagen festzulegen zur « einheitlichen und verursachergerechten Überwälzung der Kosten » (sowie der Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen) auf die verschiedenen Spannungsebenen. Es fragt sich nun, was unter dem zitierten Begriff zu verstehen ist. Dieser bedarf somit der Auslegung.
Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung ist der Wortlaut einer Bestimmung (vgl. zu diesem auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz Art. 1 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom
10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]; HEINZ HAUSHEER/MANUEL JAUN,
Die Einleitungsartikel des ZGB. Art. 1-10 ZGB, Bern 2003, N. 6 zu
Art. 1). Ist der Text nicht ohne Weiteres klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden (grammatikalische, systematische, historische und teleologische) nach seiner wahren Tragweite gesucht werden; dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Im Sinne eines pragmatischen Methodenpluralismus ist es abzulehnen, einzelne Auslegungsmethoden einer hierarchischen Prioritätenordnung zu unterstellen (vgl. BGE 131 III 33 E. 2 und BGE 130 II 202 E. 5.1).
Die grammatikalische Auslegung stellt auf Wortlaut, Wortsinn und Sprachgebrauch ab. Bei der systematischen Auslegung wird der Sinn einer Rechtsnorm bestimmt durch ihr Verhältnis zu andern Rechtsnormen und durch den systematischen Zusammenhang, in dem sie sich in einem Gesetz präsentiert. Die historische Auslegung stellt auf den Sinn und Zweck ab, den man einer Norm zur Zeit ihrer Entstehung gab. Insbesondere bei jungen Erlassen - wie dem vorliegenden - muss dem Willen des Gesetzgebers ein grosses Gewicht beigemessen werden. Dabei ist eine Abgrenzung zur teleologischen Auslegung, die auf den Regelungszweck abstellt, wegen des erst vor kurzer Zeit in Kraft getretenen StromVG kaum möglich. Es gilt somit insgesamt, die mit der Norm verbundenen Zweckvorstellungen (ratio legis) zu ermitteln.
Gemäss Duden (http://www.duden.d e) bedeutet die Überwälzung von Kosten (oder Ähnlichem) auf jemanden deren Weitergabe an einen andern. Mit Überwälzung ist also die Weiterverrechnung beziehungsweise Weitergabe von Kosten an einen Dritten gemeint. Die Überwälzung hat gemäss Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG einheitlich und verursachergerecht zu erfolgen. Bereits Art. 14 Abs. 3 Bst. c StromVG hält fest, dass der Netznutzungstarif im Netz eines Netzbetreibers pro Spannungsebene und Kundengruppe einheitlich zu gestalten ist. Mit dem Wort
« verursachergerecht » wird betont, dass die Kosten - wenn immer möglich - dem jeweiligen Verursacher individuell anzulasten sind (vgl. Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG und vorne E. 9.2).
Legt man Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG unter Beizug weiterer Gesetze aus, so ist zu erwähnen, dass im Steuerrecht die sogenannte Steuerüberwälzung bei der Mehrwertsteuer und bei der Verrechnungssteuer vorkommt. Das im StromVG verankerte System der Kostenüberwälzung ist jedoch weder mit demjenigen der Verrechnungssteuer noch mit jenem der Mehrwertsteuer vergleichbar. Erstens handelt es sich beim
Netznutzungsentgelt gemäss StromVG nicht um eine Steuer. Zweitens ist die Überwälzung der Verrechnungssteuer im Gesetz zwingend vorgeschrieben (vgl. Art. 14 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer [VStG, SR 642.21]), während es im StromVG den Verteilnetzbetreibern grundsätzlich offen steht, ob sie die Netzkosten den Endverbrauchern in Rechnung stellen wollen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass das StromVG lediglich den überwälzbaren Höchstbetrag des Netznutzungsentgelts regelt (Art. 14 und Art. 15 StromVG), die Überwälzung jedoch nicht zwingend im Gesetz vorschreibt. Das Konzept der Stromversorgungsgesetzgebung geht immerhin davon aus, dass eine Überwälzung der Netzkosten auf den zahlungspflichtigen Endverbraucher stattfindet (Art. 14 Abs. 2 StromVG und Art. 16 StromVV). Auch bei der Mehrwertsteuer liegt die Überwälzung dem gesetzgeberischen Konzept zugrunde (ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 85). Hier ist aber nicht das letzte Glied in der Überwälzungskette, d. h. der Konsument, Steuerpflichtiger. Im StromVG ist dagegen ausdrücklich festgehalten, dass der Endverbraucher das Netznutzungsentgelt zu bezahlen hat (Art. 14 Abs. 2 StromVG).
Die bisherige Auslegung führt somit zu keinem eindeutigen Ergebnis. Das Verständnis für den Begriff der Überwälzung gemäss StromVG muss deshalb dem Gesetz selber unter Beizug der StromVV und der einschlägigen Branchendokumente entnommen werden.
Die Botschaft zu Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG (Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1654) führt aus, dass der BR die Grundlagen zur einheitlichen und verursachergerechten Überwälzung der Kosten sowie der Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen festlegen muss, soweit eine direkte Zuordnung auf die Netznutzer (d. h. nach Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG individuell den Netznutzern in Rechnung gestellte Kosten) nicht möglich ist. Damit wird festgehalten, dass die Kosten - wenn möglich - den Verursachern individuell angelastet werden sollen (vgl. vorne E. 9.2). Die Botschaft zum StromVG geht davon aus, dass alle Netzbetreiber den gleichen Zuweisungsschlüssel anwenden, aber getrennt für die verschiedenen Spannungsebenen. Bei der Kostenzuordnung sollen die horizontal angespeisten Endverbraucher mit den Endverbrauchern der unteren Spannungsebenen gleich behandelt werden. Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG schreibt überdies vor, dass der Einspeisung von Elektrizität auf unteren Spannungsebenen bei der Kostenüberwälzung
Rechnung zu tragen ist (vgl. Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1654 f. und WEBER/KRATZ, a. a. O., § 4 Rz. 73 ff.).
Der Endverbraucher ist Zahlungspflichtiger des Netznutzungsentgelts und damit auch der Kosten für die nicht individuell anrechenbaren SDL, das heisst der allgemeinen SDL (vgl. vorne E. 9.2). Die Beschwerdegegnerin stellt die SDL sicher (Art. 20 Abs. 2 Bst. b StromVG und Art. 22 Abs. 1 StromVV). Die Kosten für allgemeine SDL stellt sie den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern in Rechnung (Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV). Zwischen der Beschwerdegegnerin als Übertragungsnetzbetreiberin und den Verteilnetzbetreibern, zwischen der Beschwerdegegnerin und den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbrauchern sowie zwischen den direkt miteinander verbundenen Verteilnetzbetreibern besteht im Zusammenhang mit der Netznutzung eine vertragliche Beziehung (Netznutzungsvertrag; vgl. MMEECH 2009, Ziff. 2.3, insbes. Ziff. 2.3.2.1, wobei die Ausnahmefälle der Endverbraucher, die am Übertragungsnetz angeschlossen sind, nicht aufgeführt sind). Zwischen der Beschwerdegegnerin und den Endverbrauchern, die nicht direkt ans Übertragungsnetz angeschlossen sind, besteht dagegen keine rechtliche Beziehung (vgl. MMEE-CH 2009, Ziff. 2.3). Die Beschwerdegegnerin kann deshalb den Endverbrauchern, die nicht direkt ans Übertragungsnetz angeschlossen sind, die Kosten für die allgemeinen SDL nicht direkt in Rechnung stellen. Hinzu kommt, dass sich die Höhe der von den Endverbrauchern zu bezahlenden allgemeinen SDL nach der Menge der von ihnen bezogenen elektrischen Energie bemisst (Art. 15 Abs. 2 StromVV bzw. Art. 31b Abs. 1 StromVV).
Die Endverbraucher, die nicht direkt ans Übertragungsnetz angeschlossen sind, sind an ein Verteilnetz angeschlossen (Netzebenen 2 bis 7, vgl. vorne E. 8.4.2). Gemäss Art. 9 StromVV stellt der Netzbetreiber die Rechnung für die Netznutzung auf Verlangen des Endverbrauchers dem Energielieferanten zu. Schuldner des Netznutzungsentgelts bleibt jedoch der Endverbraucher. Damit wird erreicht, dass der Endverbraucher die Rechnung für den gesamten Strompreis von einer Person - nämlich seinem Energielieferanten - zugestellt erhält. Wie bereits erwähnt, sind die Kosten für die Netznutzung ein Element des Strompreises (vgl. vorne E. 8.4.1).
Aus dem Konzept des StromVG ergibt sich somit, dass unter der Überwälzung im Sinne von Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG in Bezug auf die nicht individuell anrechenbaren Kosten lediglich eine Weiterverrechnung
der Kosten, die der Beschwerdegegnerin entstanden sind, über die Verteilnetzbetreiber auf die Endverbraucher verstanden wird. Im « Glossar für die Regeln des Schweizer Strommarktes » (Glossar Strommarkt, abrufbar unter http://www.swissgrid.ch; Merkur Access II, Branchenempfehlung Marktöffnung, 2. Aufl., 2008, V.1.1) wird die Kostenüberwälzung denn auch als Methode für die Zuweisung der Netzkosten auf einen der beiden Kostenträger « Endverbraucher einer Netzebene » oder
« nachgelagerte Netzebene » in Abhängigkeit der jeweiligen Energieund Leistungswerte definiert. Die Kostenüberwälzung hat gemäss Konzept des StromVG über die Verteilnetzbetreiber der verschiedenen Spannungsebenen auf den Endverbraucher als Zahlungspflichtigen (Art. 14 Abs. 2 StromVG) zu erfolgen (vgl. auch Art. 6 Abs. 3 und 4 StromVG und NNMÜ-CH 2007 Ziff. 3.3 und 4). Die Verteilnetzbetreiber, an deren Netz Endverbraucher angeschlossen sind, sind also nicht etwa Zahlungspflichtige, sondern lediglich als Inkassostelle tätig, die das gesamte Netznutzungsentgelt der verschiedenen Netzebenen und damit auch das Entgelt für die allgemeinen SDL von den Endverbrauchern einfordern. Wie bereits erwähnt, können die Kosten für die allgemeinen SDL nur den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbrauchern unmittelbar in Rechnung gestellt werden (Art. 15 Abs. 2 Bst. a StromVV bzw. Art. 31b Abs. 1 StromVV; Erläuternder Bericht zur StromVV zu Art. 14 Abs. 2). Ansonsten sind sie vorerst von den Verteilnetzbetreibern zu bezahlen, welche die Kosten jedoch dann auf die unteren Spannungsebenen und letztlich auf die nicht direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbraucher überwälzen können.
Die Gesetzesdelegation ist in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten (Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG), beschränkt sich auf die Überwälzung der Kosten im soeben beschriebenen Sinn (vgl. insgesamt vorne
E. 9.3) und damit auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet. Sodann sind die wichtigen Regelungen - wie insbesondere die Bestimmung des grundsätzlich zahlungspflichtigen Endverbrauchers - im StromVG enthalten (Art. 14 und Art. 15 StromVG). Der Gesetzgeber hat somit nicht etwa in verfassungswidriger Weise dem Verordnungsgeber die Kompetenz übertragen, betreffend die nicht individuell anrechenbaren Kosten neue Zahlungspflichtige einzuführen, sondern an ihn lediglich die Aufgabe delegiert, die Überwälzung der Kosten auf den Endverbraucher zu regeln. Diese Gesetzesdelegation ist zulässig (vgl. vorne E. 8.3.1; Botschaft zum StromVG, BBl 2005 1681). Das BVGer kann deshalb die StromVV uneingeschränkt auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüfen (vgl. vorne E. 8.3.2).
Art. 31b Abs. 2 StromVV belastet die Betreiber von Kraftwerken mit einer elektrischen Leistung von mindestens 50 MW mit dem Teil der Kosten der SDL, der mit dem nach Art. 31b Abs. 1 StromVV festgelegten Tarif nicht gedeckt werden kann. Art. 31b Abs. 1 StromVV betrifft die allgemeinen SDL, weshalb den Betreibern von Kraftwerken mit Art. 31b Abs. 2 StromVV Kosten für allgemeine SDL auferlegt werden. Diese sind als nicht individuell anrechenbare Kosten Teil des Netznutzungsentgelts (vgl. vorne E. 9.2). Auch wenn Art. 31b Abs. 2 StromVV bestimmt, dass den Kraftwerken die Kosten für allgemeine SDL gemäss ihrem Anteil an der Bruttoenergieerzeugung individuell in Rechnung zu stellen sind, ändert dies nichts daran, dass es sich bei den Kosten für allgemeine SDL nicht um individuelle Kosten handelt. Gemäss dem Konzept des StromVG können aber nur direkt am Übertragungsnetz angeschlossene Endverbraucher oder in einem ersten Schritt Verteilnetzbetreiber, welche die Möglichkeit haben, die Kosten der allgemeinen SDL auf nicht direkt am Übertragungsnetz angeschlossene Endverbraucher (evtl. über einen weiteren Verteilnetzbetreiber) zu überwälzen, mit Kosten für allgemeine SDL belastet werden. Mit andern Worten ist eine Überwälzung der Kosten für allgemeine SDL jeweils nur dort gewährleistet und zulässig, wo vertragliche Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren betreffend die Netznutzung bestehen (Übertragungsnetzbetreiber und direkt am Übertragungsnetz angeschlossene Endverbraucher, Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber sowie Verteilnetzbetreiber und Endverbraucher; vgl. vorne E. 9.3.5).
Die Betreiber von Kraftwerken können die Kosten für die allgemeinen SDL - im Gegensatz zu den Verteilnetzbetreibern - nicht an die Endverbraucher überwälzen, da zwischen den Betreibern von Kraftwerken und den Endverbrauchern keine vertragliche Beziehung betreffend die Netznutzung besteht (vgl. MMEE-CH 2009, Ziff. 2.3, insbes. Ziff. 2.3.2). Indem Art. 31b Abs. 2 StromVV neu auch Betreiber von Kraftwerken mit einer elektrischen Leistung von mindestens 50 MW mit Kosten für allgemeine SDL individuell belastet, verstösst er somit gegen das Ausspeiseprinzip von Art. 14 Abs. 2 StromVG. Zudem ist die Bestimmung, wer das Netznutzungsentgelt letztlich zu entrichten hat, eine wichtige rechtsetzende Bestimmung im Sinne von Art. 164 Abs. 1 BV und muss beziehungsweise müsste (bei einer abweichenden Neuformulierung) zwingend im formellen Gesetz verankert sein. Art. 31b Abs. 2 StromVV
ist demnach gesetzund verfassungswidrig und kann nicht zur Anwendung gelangen.
Das Argument der Vorinstanz, es sei aufgrund von Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG zulässig, den Kraftwerken individuell Kosten anzulasten, ist nicht stichhaltig. Diese Aussage ist zwar korrekt, verkennt aber, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Anlastung von individuellen Kosten, sondern um die Belastung der Kraftwerke mit allgemeinen SDL im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Bst. a beziehungsweise Art. 31b StromVV geht. Diese allgemeinen SDL sind als Betriebskosten Teil des Netznutzungsentgelts (Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 15 Abs. 1 und 2 StromVG). Die von der Vorinstanz angeführten individuell in Rechnung gestellten Kosten gemäss Art. 14 Abs. 3 Bst. d StromVG sind dagegen gerade nicht Bestandteil des Netznutzungsentgelts (vgl. zum Ganzen vorne E. 9.2).
Weiter bringt die Vorinstanz vor, dass auch Kraftwerke einen Einfluss auf den sicheren Netzbetrieb hätten. Falle ein Kraftwerk aus, müsse Regelenergie ins Elektrizitätsnetz eingespeist werden. Es entspreche dem Grundsatz der Verursachergerechtigkeit, dass diese Kosten individuell angelastet würden. Werde die Regelleistung ausschliesslich von den Endverbrauchern bezahlt, habe der Kraftwerksbetreiber keinen Anreiz, Ausfälle zu vermeiden. Auch das Flexibilitätsbedürfnis lasse eine Regelung auf Verordnungsstufe zu. Da es sich bei Art. 31b Abs. 2 StromVV um eine befristete Übergangsbestimmung handle, sei der Eingriff weniger intensiv. Zudem beruhe er auf einem breiten Konsens.
Diese Ausführungen der Vorinstanz sind zwar allesamt nachvollziehbar. So trifft es insbesondere zu, dass Sinn und Zweck von Art. 31b StromVV sein sollte, die Kosten für SDL verursachergerecht zu verrechnen, damit die angekündigten Strompreiserhöhungen gedämpft werden könnten (vgl. Neue Massnahmen gegen hohe Strompreise: Bundesrat revidiert Verordnung, Medienmitteilung des BFE vom 5. Dezember 2008). Sie ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass für neue Zahlungspflichtige beziehungsweise die Einführung einer neuen Kategorie von Zahlungspflichtigen des Netznutzungsentgelts gestützt auf Art. 164 Abs. 1 BV eine Grundlage im formellen Gesetz erforderlich ist (vgl. vorne E. 10.1). Ein Abweichen vom Erfordernis der Gesetzmässigkeit aus Gründen der Praktikabilität - das BFE hält in seiner Medienmitteilung vom
5. Dezember 2008 fest, die Massnahmen gemäss revidierter StromVV seien « einfach zu vollziehen » und würden zu einer « kurzfristig wirksamen Strompreisreduktion » führen - ist nicht zulässig. Wie bereits
erwähnt, hat der Gesetzgeber in Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG nicht etwa den Verordnungsgeber in verfassungswidriger Weise ermächtigt, in Bezug auf das Netznutzungsentgelt zusätzliche Zahlungspflichtige neben den Endverbrauchern gemäss Art. 14 Abs. 2 StromVG festzulegen. Zudem handelt es sich bei den allgemeinen SDL-Kosten, wie bereits mehrmals ausgeführt, gerade nicht um individuelle Kosten, die dem jeweiligen Verursacher angelastet werden könnten (vgl. vorne E. 10.2).
Da die Belastung von Kraftwerken mit Kosten für allgemeine SDL aufgrund der heutigen Gesetzesgrundlagen an sich nicht zulässig ist, erübrigt sich die Prüfung, ob die Grenze von 50 MW - wie die Vorinstanz anführt - sachlich gerechtfertigt ist.
Die Vorinstanz bringt weiter vor, die Exekutive könne beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung kraft ihrer Kompetenz zur Regelung des Inkrafttretens auch das Übergangsrecht umfassend ordnen und verweist dazu auf BGE 106 Ia 256 f. Auch daraus kann die Vorinstanz jedoch nichts zu ihren Gunsten ableiten, da der Verordnungsgeber im vorliegenden Fall über seine ihm übertragene Kompetenz zur Regelung der Überwälzung der Kosten in Art. 15 Abs. 4 Bst. b StromVG hinausgegangen ist und mit den Betreibern von Kraftwerken in der StromVV neue Zahlungspflichtige beziehungsweise eine neue Kategorie von Zahlungspflichtigen betreffend das Netznutzungsentgelt eingeführt hat. Dagegen enthält die Übergangsregelung in BGE 106 Ia 254 E. 2c keine grundsätzlichen Rechtssätze im Sinne von Art. 164 Abs. 1 BV.
Die Beschwerdeführerin beantragt auch die Aufhebung von Ziff. 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin den von der Vorinstanz für allgemeine SDL festgelegten Tarif von 0,77 Rappen/kWh ( ) nicht bestreitet. Sie rügt lediglich, dass von diesen 0,77 Rappen/kWh 0,4 Rappen/kWh den Netzbetreibern und den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbrauchern angelastet werden dürfen
(Ziff. 2 Satz 2 des Dispositivs). Nur insofern ist Ziff. 2 des Dispositivs deshalb nachfolgend auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen.
Anzumerken bleibt, dass Ziff. 2 Satz 2 des Dispositivs « die Endverbraucher » aufführt, welchen die 0,4 Rappen/kWh entsprechend der « bezogenen elektrischen Energie » angelastet werden sollen. Dabei handelt es sich um einen Redaktionsfehler. Gemeint sind Art. 31b Abs. 1 StromVV folgend die Netzbetreiber und die direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Endverbraucher, welchen die 0,4 Rappen/kWh entsprechend der « bezogenen Energie der Endverbraucher » angelastet werden.
Art. 31b Abs. 1 StromVV bestimmt, dass den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern die Kosten für allgemeine SDL zu höchstens 0,4 Rappen/kWh in Rechnung gestellt werden.
Die Beschränkung der Belastung der Netzbetreiber und der am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbraucher auf 0,4 Rappen/kWh erfolgte erst mit der Revision der StromVV vom 12. Dezember 2008 (vgl. vorne E. 8.5) und im Hinblick auf die Bestimmung von Art. 31b Abs. 2 StromVV, wonach auch Betreiber von Kraftwerken mit Kosten für allgemeine SDL belastet werden sollten. Wie bereits festgehalten, ist Art. 31b Abs. 2 StromVV gesetzund verfassungswidrig und kann nicht angewendet werden. Das StromVG sieht vor, dass das gesamte Netznutzungsentgelt und damit auch die gesamten Kosten für allgemeine SDL von den Endverbrauchern zu tragen sind (Art. 14 Abs. 2 StromVG; vorne E. 9.3.5). Zur Beschränkung der Belastung der Endverbraucher hat der Gesetzgeber im Gegenzug verbindliche Vorschriften zur Berechnung des Netznutzungsentgelts, insbesondere der anrechenbaren Kosten, erlassen (Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 15 StromVG). Die Vorinstanz hat die Kompetenz, zu überprüfen, welche Kosten anrechenbar im Sinne von Art. 15 Abs. 1 StromVG sind (Art. 22 Abs. 2 Bst. b StromVG).
Die von der Vorinstanz anerkannten Kosten für allgemeine SDL entsprechen einem Tarif von 0,77 Rappen/kWh ( ). Diese Kosten sind den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern entsprechend der bezogenen elektrischen Energie der Endverbraucher vollumfänglich in Rechnung zu stellen. Art. 31b Abs. 1 StromVV ist somit insofern gesetzwidrig und kann nicht zur Anwendung gelangen, als er bestimmt, dass den Netzbetreibern und den am Übertragungsnetz direkt angeschlossenen Endverbrauchern nur ein Tarif für allgemeine SDL zu höchstens 0,4 Rappen/kWh in Rechnung gestellt
werden kann. In diesem Sinne ist auch Ziff. 2 Satz 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung mit Bezug auf die Beschwerdeführerin aufzuheben.
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