Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-8277/2008 |
Datum: | 19.06.2009 |
Leitsatz/Stichwort: | Staatshaftung (Bund) |
Schlagwörter : | ässig; Vorinstanz; Entscheid; Schaden; Beschwerde; Recht; Fahrlässigkeit; Person; Panzerhaubitze; Personen; Bundesverwaltungsgericht; Umstände; Gerichts; Höhe; Personenschaden; Verletzung; Beschwerdeführers; Regress; Gehör; Grobfahrlässig; Unfall; Verfügung; Grobfahrlässigkeit; Schadens; Mandat; Sinne; Verwaltungs; Geschwindigkeit; Gehörs; ätzlich |
Rechtsnorm: | Art. 29 BV ;Art. 30 VwVG ;Art. 31 SVG ;Art. 32 SVG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 73 MStG ;Art. 90 SVG ; |
Referenz BGE: | 111 Ib 192; 119 Ib 158; 119 Ib 192; 127 V 431; 130 IV 32; 132 II 485; 132 V 387 |
Kommentar: | - |
Abteilung I
A-8277/200 8
Besetzung
Parteien
Gegenstand
Richterin Marianne Ryter Sauvant (Vorsitz),
Richter André Moser, Richter Beat Forster, Gerichtsschreiberin Jana Mäder.
gegen
Vorinstanz. Staatshaftung (Regress).
Am 3. August 2006, um ca. 16.45 Uhr, fuhren im Rahmen einer militärischen Übung sechs Panzerhaubitzen M109 auf einer öffentlichen, asphaltierten Landwirtschaftsstrasse von Ballens Richtung Bière. Die Gruppe der sechs Panzerhaubitzen hatte diese Strecke an diesem Tag bereits ca. 10 Mal zurückgelegt. Bei der Kreuzung Richtung L'Isle/Montricher musste eine 90°-Linkskurve gefahren werden. Die fünf ersten Panzerhaubitzen bewältigten die Kurve problemlos. Die sechste Panzerhaubitze rutschte über den Strassenbelag hinaus ins Gelände und kippte um. Im Unfallfahrzeug befanden sich nebst dem Fahrer A._______ noch fünf weitere Personen. Durch den Unfall wurde die Panzerhaubitze stark beschädigt und die fünf Mitinsassen des Fahrers wurden unterschiedlich stark verletzt.
Dieser Vorfall zog ein Militärstrafverfahren nach sich, in welchem das Militärgericht 4 A._______ mit Strafmandat vom 9. Juli 2008 der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 124 Ziff. 1 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927 (MStG, SR 321.0) sowie des fahrlässigen Verschleuderns von Material im Sinne von Art. 73 Ziff. 1 MStG schuldig sprach. Dieses Strafmandat erwuchs am 26. Juli 2008 in Rechtskraft.
Mit Entscheid vom 20. November 2008 verfügte das Schadenzentrum des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), dass A._______ dem Bund Fr. 3'189.- zu bezahlen habe. Zur Begründung führte es aus, dass der Bund ein Rückgriffsrecht auf Angehörige der Armee habe, die einen Schaden grobfahrlässig verursacht hätten. A._______ habe den entstandenen Schaden in der Höhe von insgesamt Fr. 318'923.30 (Sachund Personenschaden) grobfahrlässig verursacht. Weiter rechtfertige sich unter Würdigung aller Umstände eine Regressforderung von 1 % der Schadenssumme.
Am 22. Dezember 2008 erhebt A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführer) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragt die Aufhebung der Verfügung des VBS vom 20. November
2008. Zur Begründung bringt er vor, dass der Entscheid des VBS vom
20. November 2008 sein Handeln als grobfahrlässig darstelle, obwohl das Militärgericht 4 im Strafmandat vom 9. Juli 2008 nur auf Fahrlässigkeit entschieden habe. Das VBS habe sich bei seinem Entscheid auf das Strafmandat abzustützen. Aufgrunddessen sei der geschuldete Betrag entsprechend anzupassen oder auszusetzen.
In seiner Vernehmlassung vom 2. März 2009 beantragt das VBS (nachfolgend: Vorinstanz) die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führt die Vorinstanz aus, dass die Verwaltungsbehörden und -gerichte nicht an strafrechtliche Entscheide gebunden seien. Die haftpflichtrechtliche Würdigung könne also von der strafrechtlichen abweichen, wenn unterschiedliche Normen anwendbar seien. Sie seien somit nicht an das Urteil des Militärgerichts gebunden. Weiter sei der Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht identisch mit demjenigen der groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG, SR 741.01). Deshalb könne sehr wohl haftpflichtrechtliche Grobfahrlässigkeit trotz strafrechtlicher Anwendung von Art. 90 Abs. 1 SVG vorliegen.
Der Beschwerdeführer reichte innert Frist keine Replik ein, weshalb der Schriftenwechsel mit Verfügung vom 21. April 2009 abgeschlossen wurde.
Auf die übrigen Ausführungen der Beteiligten wird - soweit entscheidrelevant - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Weil keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt und das VBS eine Vorinstanz nach Art. 33
Bst. d VGG ist, ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Zur Beschwerde ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Der Beschwerdeführer wurde im vorinstanzlichen Verfahren zur Bezahlung eines Betrages von Fr. 3'189.- verpflichtet. Er ist somit durch den angefochtenen Entscheid beschwert und zur Beschwerde legitimiert.
Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 und 52 VwVG) ist daher einzutreten.
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtene Verfügung auf Verletzungen von Bundesrecht - einschliesslich der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhalts und Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - sowie auf Angemessenheit hin (Art. 49 VwVG).
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm die Höhe des Personenschadens und die Tatsache, dass der Fall im Hinblick auf einen der Insassen noch nicht abgeschlossen gewesen sei, neu sei. Damit macht er sinngemäss die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) geltend.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verleiht den Parteien ein Recht auf vorgängige Orientierung und Äusserung (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 30 VwVG). Das Recht bezieht sich auf sämtliche entscheidrelevanten Sachfragen und Beweisergebnisse (BGE 132 II 485 E. 3.2). Die Art und Weise der Orientierung der Partei wird durch Art. 30 Abs. 1 VwVG nicht genauer umschrieben. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass sich die Partei im Rahmen der Anhörung in ausreichender Kenntnis des Sachverhalts äussern kann. D.h. der Sachverhalt, wie er sich aus Sicht der Behörde darstellt, muss im Mindesten derart detailliert unterbreitet werden, dass die Partei hierzu konkret ihre Einwände vorbringen kann (PATRICK SUTTER, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich 2008, Art. 30, N. 1 und 4; GEROLD STEINMANN, Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2008, Art. 29,
N. 23 ff.).
Die Vorinstanz informierte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Juni 2007 darüber, sie sei der Ansicht, dass der Beschwerdeführer den Unfall vom 3. August 2006 grobfahrlässig verursacht habe und er deshalb voraussichtlich 12 % des Schadens an der Panzerhaubitze in der Höhe von Fr. 65'000.-, ausmachend Fr. 7'800.-, zu bezahlen habe. Im selben Schreiben wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, innert 20 Tagen Stellung zu der Angelegenheit sowie zu seinen finanziellen Verhältnissen zu nehmen. Am 14. Juli 2007 bzw. 26. Juli 2007 reichte der Beschwerdeführer seine Stellungnahme bzw. seine Lohnabrechnung ein. In der Stellungnahme bestritt er in erster Linie das grobfahrlässige Handeln. Erst nach dieser Stellungnahme des Beschwerdeführers erhielt die Vorinstanz davon Kenntnis, dass neben dem Sachschaden an der Panzerhaubitze auch Personenschaden entstanden war. Aus den Vorakten geht nun aber hervor, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer nicht über diesen neuen Umstand informierte. Der Entscheid vom 20. November 2008 bezog sich sodann nicht nur auf den Sachschaden, sondern auch auf den bisher entstandenen Personenschaden.
Indem die Vorinstanz darauf verzichtete, den Beschwerdeführer vor Erlass der Verfügung darüber zu informieren, dass neben dem Sachschaden von Fr. 65'000.- auch ein Personenschaden von Fr. 253'923.30 angefallen war, unterliess sie es, den Beschwerdeführer über ein wesentliches Sachverhaltselement - nämlich die Zusammensetzung und Höhe des entstandenen Schadens - zu orientieren. Richtig ist zwar, dass der Beschwerdeführer als Fahrer der verunfallten Panzerhaubitze unmittelbar am Unfall vom 3. August 2006 beteiligt war und daher wusste, dass seine Mitinsassen verletzt wurden - mit andern Worten, dass auch Personenschaden entstanden war - , aber er wusste nicht, dass die Vorinstanz beabsichtigte, auch bezüglich des Personenschadens auf ihn zu regressieren. Des Weiteren kannte er die Höhe des bisher angefallenen Personenschadens nicht. Durch diese fehlende Orientierung des Beschwerdeführers verletzte die Vorinstanz den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Vorinstanz in ihrem Entscheid vom
20. November 2008 dem höheren Schaden Rechnung trug und die Beteiligung des Beschwerdeführers von 12 % des Sachschadens (Fr. 7'800.-) auf 1 % des Personenund Sachschadens (Fr. 3'189.-) senkte. Die Vorinstanz hätte den Beschwerdeführer in jedem Fall vor Erlass der Verfügung über den zusätzlichen Personenschaden und die Höhe des Schadens in Kenntnis setzen müssen.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, was bedeutet, dass eine Verletzung desselben grundsätzlich ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung führt. Nach der Rechtsprechung ist die Heilung einer - nicht besonders schwerwiegenden - Gehörsverletzung aber ausnahmsweise dann möglich, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann. Von einer Rückweisung der Sache ist jedoch selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1625/2008 vom 3. Februar 2009 E. 7.3 mit Verweis auf BGE 126 V
130 E. 2b, BGE 127 V 431 E. 3d/aa, BGE 132 V 387 E. 5.1 sowie BGE
133 I 201 E. 2.2).
Das Bundesverwaltungsgericht hat volle Kognition (vgl. E. 4 hiervor) und kann daher die Argumente des Beschwerdeführers im gleichen Umfang prüfen wie die Vorinstanz. Eine Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist somit grundsätzlich möglich, wenn die Verletzung nicht als besonders schwer zu qualifizieren ist.
Der Beschwerdeführer konnte sich zumindest zum Regress an sich, insbesondere zum Sachschaden und zum voraussichtlich geschuldeten Betrag (Fr. 7'800.-), sowie zu seinen finanziellen Verhältnissen äussern. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer im Entscheid vom
20. November 2008 zu einer weniger hohen Zahlung verpflichtet wurde, als ihm die Vorinstanz im Vorfeld der Verfügung angekündigt hatte. Die Gehörsverletzung ist deshalb zwar als schwer, jedoch nicht als besonders schwer zu betrachten. Gegen eine Rückweisung an die Vorinstanz spricht sodann die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 22. Dezember 2008 weder das Vorliegen noch die Höhe des Personenschadens bestreitet. Er möchte einzig, dass die
Haftungsvoraussetzung der Grobfahrlässigkeit überprüft wird (vgl. auch unten E. 6). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Vorinstanz bei einer allfälligen Rückweisung wieder von derselben Schadenshöhe ausgehen (Sachund Personenschaden) und mit grösster Wahrscheinlichkeit auch wieder auf Grobfahrlässigkeit erkennen würde. Eine Rückweisung würde folglich den Interessen des Beschwerdeführers an einer beförderlichen Behandlung der Streitangelegenheit zuwiderlaufen und wäre der Prozessökonomie nicht dienlich.
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist somit als im Beschwerdeverfahren geheilt zu betrachten.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Schaden verursacht zu haben. Es ist auch unbestreitbar, dass zwischen seinem Verhalten und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, das heisst, dass sein Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet war, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolges als durch die fragliche Tatsache allgemein begünstigt erscheint (HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 4. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2008, S. 124, N 525). Unbestritten geblieben ist auch, dass der Bund aufgrund der einschlägigen Haftpflichtbestimmungen verpflichtet war, den vom Beschwerdeführer verursachten Schaden primär zu decken. Im Weiteren ist weder die Höhe des Schadens noch die Tatsache, dass die Vorinstanz diesen gedeckt hat, umstritten. Indem der Beschwerdeführer aber eine Abänderung des Entscheides der Vorinstanz vom 20. November 2008 auf Fahrlässigkeit verlangt, ist er sinngemäss der Ansicht, ihm sei bloss leichte bzw. mittlere Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Der Beschwerdeführer will somit den gegen ihn erhobenen Vorwurf grobfahrlässigen Handelns - und damit die Voraussetzung zur Regressnahme - nicht gelten lassen. Zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren also, ob das Verhalten des Beschwerdeführers als grobfahrlässig zu qualifizieren ist.
An dieser Stelle ist näher auf das Verhältnis zwischen Straf-, Verwaltungsund Zivilrecht einzugehen.
Das Bundesgericht geht davon aus, dass die Verwaltungsbehörden und -gerichte grundsätzlich nicht an strafrechtliche Entscheide gebunden sind. Im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit soll
aber von den sachverhaltlichen Feststellungen eines Strafgerichts nur abgewichen werden, wenn klare Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit bestehen. Die rechtliche Würdigung kann dagegen von der strafrechtlichen abweichen, wenn unterschiedliche Rechtsnormen anwendbar sind (Urteil des Bundesgerichts 2A.585/2004 vom 11. Januar 2005
E. 3.3 und BGE 119 Ib 158 E. 2c; PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI, All-
gemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern 2005, § 18 Rz. 18). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung der Rekurskommission VBS (als Vorgängerorganisation des Bundesverwaltungsgerichts), welche besagt, dass die Rekurskommission VBS nicht an in derselben Sache ergangene strafoder disziplinarrechtliche Entscheide gebunden ist (Entscheid des Einzelrichters der II. Abteilung der Rekurskommission des Eidgenössischen Militärdepartementes [EMD] vom
16. März 1994, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 61.88A E. 6.2 und Entscheid der Rekurskommission EMD vom 19. Juli 1993, veröffentlicht in VPB 59.7A E. 5.1).
Vorliegend beurteilt sich der Rückgriff auf den Beschwerdeführer nach Art. 138 f. des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG, SR 510.10). Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts stimmt der Begriff der Grobfahrlässigkeit im Sinne von Art. 138 f. MG mit jenem im zivilrechtlichen Haftpflichtrecht überein. Ein Abweichen vom zivilrechtlichen Begriff der Grobfahrlässigkeit ist denn auch von der Sache her nicht erforderlich (BGE 111 Ib 192 E. 3). Jedoch sind - falls vorhanden - die besonderen Umstände des militärischen Einsatzes wie ungewöhnliche Risiken und Entscheidungsdruck zu berücksichtigen (vgl. VPB 59.7A E. 4).
Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Zivilrechts liegt vor, wenn der Haftpflichtige unter Verletzung der elementarsten Vorsichtsgebote das ausser Acht gelassen hat, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen (KARL OFTINGER/EMIL W. STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Erster Band: Allgemeiner Teil, 5. Auflage, Zürich 1995, § 5 N 107). Das Verhalten des Schädigers lässt sich dann als "schlechthin unverständlich" bezeichnen (REY, a.a.O., S. 197, N 857).
Dagegen hält das Strafmandat vom 9. Juli 2008 fest, dass der Beschwerdeführer keine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG begangen habe. Art. 90 Ziff. 2 SVG ist nur dann erfüllt, wenn der Täter ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend regelwidriges Verhalten an den Tag gelegt hat, d.h. ihn ein schweres Verschulden, mindestens grobe Fahrlässigkeit trifft. Dies ist immer dann zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch vorliegen, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht, also unbewusst fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die Annahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung (BGE 130 IV 32 E. 5.1).
Diese unterschiedlichen Definitionen zeigen, dass der privatrechtliche Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht identisch ist mit dem der groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG, weshalb aus dem Umstand, dass ein Fahrer wegen einer groben (oder leichten) Verletzung von Verkehrsregeln belangt wurde, nicht zwingend folgt, dass auch eine grobe (oder eine leichte) Fahrlässigkeit im Sinne des Zivilrechts vorliegt (vgl. VPB 61.88A E. 6.1 und VPB 59.7A E. 5.1). Die Vorinstanz wendet mit andern Worten mit Art. 138 f. MG nicht dieselben Rechtsnormen an wie das Militärgericht 4 (Art. 90 Ziff. 1 SVG) und ist deshalb in ihrer rechtlichen Würdigung nicht an das Strafmandat des Militärgerichts 4 vom 9. Juli 2008 gebunden. Sie kann also trotz strafrechtlicher Anwendung von Art. 90 Abs. 1 SVG auf haftpflichtrechtliche Grobfahrlässigkeit erkennen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe sich in der Frage der Fahrlässigkeit auf das Strafmandat abzustützen, kann deshalb nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz darf zwar grundsätzlich nicht von den sachverhaltlichen Feststellungen des Strafgerichts abweichen, eine eigenständige rechtliche Würdigung kann sie jedoch ohne weiteres vornehmen.
Fahrlässigkeit besteht in einem Mangel an der unter den gegebenen Umständen erforderlichen Sorgfalt. Der Mangel an Sorgfalt wird festgestellt durch den Vergleich des tatsächlichen Verhaltens des Schädigers mit dem hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen in der Situation des Schädigers (sog. objektivierter Begriff der Fahrlässigkeit). Der objektivierte Fahrlässigkeitsbegriff hat zur Folge, dass die subjektiven Verhältnisse beim Schädiger weitgehend unberücksichtigt bleiben müssen. Ein Verschulden ist auch dann zu bejahen, wenn dem Schädiger persönlich kein Vorwurf zu machen ist, beispielsweise weil er sich wegen schwerwiegender persönlicher Probleme im Strassenverkehr unaufmerksam verhält. Die erforderliche Sorgfalt ist aber für die einer bestimmten Kategorie angehörenden Schädiger dieselbe. Subjektive Umstände werden insofern in die Betrachtung einbezogen, als das Alter des Schädigers, sein Beruf, seine Erfahrung oder unter Umständen auch sein Geschlecht zu berücksichtigen sind. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht richten sich im Übrigen nach der Art, Wichtigkeit und Gefährlichkeit der Tätigkeit (REY, a.a.O., S. 194 f., N 843 ff.). Grobfahrlässig handelt, wer elementarste Vorsichtsgebote verletzt, mithin wer sich "schlechthin unverständlich" verhält (vgl. E. 7.2.1).
Gemäss Strafmandat vom 9. Juli 2008 des Militärgerichts 4 ist erstellt, dass der Beschwerdeführer die 90°-Linkskurve mit 50-55 km/h angefahren ist, obwohl die Kurve mit Fahrzeugen dieser Art nur mit einer Geschwindigkeit von 30-35 km/h gefahrlos befahren werden kann. Der Beschwerdeführer überschritt die angemessene Geschwindigkeit mit 20-25 km/h also erheblich. Er unterliess es, die Geschwindigkeit den Umständen anzupassen, und war nicht mehr in der Lage, die Panzerhaubitze zu beherrschen. Damit verstiess er gegen Art. 31 Abs. 1 SVG (Beherrschen des Fahrzeugs) und Art. 32 Abs. 1 SVG (Anpassen der Geschwindigkeit) - mit andern Worten gegen grundlegende Verkehrsregeln, die für die Gewährleistung des Strassenverkehrs wesentlich sind. Negativ wirkt sich auch der Umstand aus, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag dieselbe Strecke bereits ca. 10 Mal zurückgelegt hatte und somit die örtlichen Begebenheiten kannte. Sodann war der Boden zum Unfallzeitpunkt feucht und leicht verschmutzt und dementsprechend rutschig. Zudem sind die Folgen einer Geschwindigkeitsüberschreitung bei einer Panzerhaubitze weit verheerender als bei einem gewöhnlichen Personenwagen.
Durch die massive Geschwindigkeitsüberschreitung in einer engen Linkskurve bei rutschigem Boden verletzte der Beschwerdeführer elementarste Sicherheitsgebote. Jedem verständigen Dritten in der Lage des Beschwerdeführers wäre klar gewesen, dass man diese enge Kurve unter den gegebenen Umständen niemals mit 50 km/h gefahrlos befahren kann. Weiter ist zu beachten, dass die Insassen der Panzerhaubitze, deren Plätze nicht mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, bei einem Unfall stark gefährdet werden können. Dies alles musste dem Beschwerdeführer als ausgebildetem Panzerhaubitzenfahrer klar sein. Es ist somit unverständlich, weshalb der Beschwerdeführer mit solch hoher Geschwindigkeit in die Kurve fuhr.
Entlastende besondere Umstände des militärischen Einsatzes liegen keine vor. Der Beschwerdeführer stand weder unter Zeitoder Entscheidungsdruck noch waren ungewöhnliche Risiken zu bewältigen. Zudem war ihm die Strecke nach mehrmaligem Befahren bekannt. Auch war das Unfallfahrzeug in einwandfreiem Zustand und wies keinerlei Mängel auf. Zu Gunsten des Beschwerdeführers spricht einzig sein junges Alter - er war erst 20 Jahre alt zum Unfallzeitpunkt - und dass er noch über keine langjährige Erfahrung im Fahren mit Panzerhaubitzen verfügte (der militärische Fahrausweis datiert vom 26. April 2006, also nur wenige Monate vor dem Unfall). Da jedoch auch ein noch nicht sehr erfahrener Panzerhaubitzenfahrer jederzeit sein Fahrzeug beherrschen und die Geschwindigkeit den Umständen anpassen können muss, vermögen diese erleichternden Faktoren nichts daran zu ändern, dass das Handeln des Beschwerdeführers als grobfahrlässig zu qualifizieren ist.
Obwohl der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 22. Dezember 2008 nicht die Höhe des verfügten Regresses bestreitet, sondern bloss eine Anpassung oder Aussetzung des geschuldeten Betrages im Hinblick auf die nicht vorliegende Grobfahrlässigkeit verlangt, ist die Höhe des Regresses kurz zu prüfen.
Nach Art. 141 Abs. 1 MG hat der Richter bei der Festsetzung der Haftungssumme die Bestimmungen von Art. 43 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 1 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220) sinngemäss anzuwenden. Massgebend sind deshalb neben der Art des Dienstes, der militärischen Führung und den finanziellen Verhältnissen des Haftenden (Art. 141 Abs. 2 MG) auch die sonstigen Umstände des Falles sowie das Verschulden. Bei sehr hohen Schäden kann der Regress selbst bei besonders grober Fahrlässigkeit nur wenige Prozente des Schadens betragen (BGE 119 Ib 192 E. 5).
Die Vorinstanz siedelte das Verschulden des Beschwerdeführers eher im unteren Rahmen der Grobfahrlässigkeit an. Dies ist nicht zu beanstanden. Da zudem kein negativer Führungsbericht bekannt ist und die Schadenssumme mit Fr. 318'923.30 sehr hoch ist, ist die Festlegung des Regressbetrages auf 1 % des Schadens gerechtfertigt. Schliesslich sind die vom Beschwerdeführer zu bezahlenden Fr. 3'189.- auch im Hinblick auf seinen Verdienst von monatlich Fr. 4'400.- (brutto) angemessen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz die Grobfahrlässigkeit zu Recht bejahte und auch die übrigen Regressvoraussetzungen erfüllt sind. Die festgelegte Höhe des Regressbetrages erscheint zudem den Umständen angemessen. Die erhobene Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang gilt der Beschwerdeführer als unterliegend, weshalb er grundsätzlich die gesamten Verfahrenskosten im Umfang von Fr. 1'500.- zu tragen hat (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Da jedoch die Vorinstanz das rechtliche Gehör verletzt hat (vgl. E. 5 ff. hiervor), rechtfertigt es sich, dem Beschwerdeführer bloss Fr. 800.- aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist keine zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 3 VGKE).
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 1'500.- werden im Umfang von Fr. 800.- dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 1'500.- verrechnet. Die verbleibenden Fr. 700.- werden dem Beschwerdeführer nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückerstattet. Hierzu hat der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht einen Einzahlungsschein zuzustellen oder seine Bankbzw. Postverbindung bekannt zu geben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. 313.2006.03921; Gerichtsurkunde)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Marianne Ryter Sauvant Jana Mäder
Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der Staatshaftung können beim Bundesgericht angefochten werden, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 85 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, kann sie innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheides beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Beschwerdefrist steht still vom
15. Juli 2009 bis und mit 15. August 2009. Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).
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