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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-2549/2008

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-2549/2008

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-2549/2008
Datum:12.09.2008
Leitsatz/Stichwort:Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl)
Schlagwörter : Wegweisung; Vollzug; Aufhebung; Verfügung; Schweiz; Beschwerdeführers; Recht; Entscheid; Vollzug; Akten; Bundesverwaltungsgericht; Begründung; Betäubungsmittelgesetz; Verfahren; Provinz; Urteil; Flüchtlingseigenschaft; Wegweisungsvollzug; Urteil; Behandlung; EMARK; Verfahrens; Kanton
Rechtsnorm: Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 75 StGB ;
Referenz BGE:124 I 231
Kommentar:
-, Kommentar Migrationsrecht, Zürich, Art. 62 AuG; Art. 83 AuG ; Art. 84 AuG, 2008

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-2549/200 8

U r t e i l  v o m  1 2.  S e p t e m b e r  2 0 0 8

Besetzung

Parteien

Gegenstand

Einzelrichter Robert Galliker,

mit Zustimmung von Richter Bendicht Tellenbach, Gerichtsschreiber Martin Maeder.

  1. ._______, geboren (...), Irak,

    (...),

    Beschwerdeführer, gegen

    Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

    Aufhebung der vorläufigen Aufnahme; Verfügung des BFM vom 26. März 2008 / N (...).

    Sachverhalt:

    A.

    1. Der Beschwerdeführer verliess sein Heimatland nach eigenen Angaben am 25. Februar 2003 und reiste am 6. März 2003 in die Schweiz ein. Gleichentags suchte er in der Empfangsstelle (heute: Empfangsund Verfahrenszentrum [EVZ]) (...) um Asyl nach, wobei er ein Dokument zu seiner Identifizierung schuldig blieb und die rubrizierten Angaben in das Personalienblatt eintrug. Das BFF befragte ihn am

      7. März 2003 summarisch zum Reiseweg und zu den Gründen des Asylgesuchs. Anschliessend wies es den Beschwerdeführer für die weitere Dauer des Verfahrens dem Kanton (...) zu, wo die zuständige Migrationsbehörde am 16. Mai 2003 die Anhörung zu den Asylgründen durchführte. Zu deren Beginn gab der Beschwerdeführer seine Identitätskarte ab und führte als Erklärung an, seine Eltern hätten das Dokument an einen hierzulande lebenden Landsmann geschickt.

    2. Zu seiner Person gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der kurdischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus der Stadt B._______ (gleichnamiger Distrikt, Provinz Erbil, heutige föderale Region Kurdistan-Irak), wo er seit seiner Geburt gelebt und in den letzten Jahren mit seinen Eltern und beiden Schwestern einen Haushalt geteilt habe. Zur Begründung seines Asylgesuchs machte er im Wesentlichen geltend, er sei seit dem Jahre 1999 beziehungsweise 2001 Mitglied der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans [Kurdisch: Partiya Karkerên Kurdistan]) und fürchte sich vor Behelligungen aus diesen Kreisen, weil er den ihm am 20. Februar 2003 erteilten Befehl, sich den Kämpfern der PKK in den Kandil-Bergen anzuschliessen, ignoriert habe.

    3. Mit Verfügung vom 4. Februar 2005 stellte das BFM mit Bezug auf den Beschwerdeführer das Nichterfüllen der Flüchtlingseigenschaft fest, lehnte das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug an. Als Begründung für die Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Ablehnung des Asylgesuchs führte das BFM zusammenfassend an, die Vorbringen des Beschwerdeführers hätten sich in wesentlichen Punkten als widersprüchlich erwiesen oder liefen der allgemeinen Erfahrung oder der Logik des Handelns zuwider. Insoweit vermöge der Beschwerdeführer die Vorbedingung des Glaubhaftmachens nicht zu erfüllen, weshalb sich eine Prüfung des betreffenden Sachverhalts auf seine Relevanz für das Erfül-

len der Flüchtlingseigenschaft hin erübrige. Namentlich habe der Beschwerdeführer in den beiden Befragungen unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt des Erwerbs der Mitgliedschaft bei der PKK gemacht. Ausserdem sei seine Schilderung, wonach er noch auf der Flucht von (...) nach (...) die Mitgliederkarte der PKK auf sich getragen habe, angesichts der dadurch unnötigerweise eingegangenen Risiken als realitätsfremd zu werten. Weil der Beschwerdeführer eine Mitgliedschaft bei der PKK und eine damit zusammenhängende Verfolgung durch Exponenten dieser Partei nicht glaubhaft dargetan habe, erweise sich auch sein Vorbringen, wegen Aktivitäten für die PKK eine Verfolgung durch die KDP (Kurdistan Democratic Party) und die PUK (Patriotic Union of Kurdistan) befürchten zu müssen, als unglaubhaft.

B.

    1. Mit Beschwerde vom 11. März 2005 liess der Beschwerdeführer die Verfügung des BFM vom 4. Februar 2005, soweit darin der Vollzug der Wegweisung angeordnet wurde, bei der damals zuständigen Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) anfechten. Als Begehren brachte er ein, es sei die Unzulässigkeit und die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und ihm die vorläufige Aufnahme zu erteilen.

    2. Im Rahmen der vom Instruktionsrichter der ARK angeordneten Vernehmlassung hob das BFM mit Verfügung vom 26. Oktober 2005 den ursprünglichen Entscheid vom 4. Februar 2005 im Umfang der den Wegweisungsvollzug betreffenden Dispositivziffern wiedererwägungsweise auf und ordnete die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers an. Als Begründung führte es an, in Würdigung aller Umstände, namentlich aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage im Irak und unter Berücksichtigung der Aktenlage werde vom Vollzug der Wegweisung abgesehen, weil ein solcher im aktuellen Zeitpunkt nicht zumutbar sei.

    3. Mit Beschluss des zuständigen Einzelrichters vom 1. November 2005 schrieb die ARK die Beschwerde vom 11. März 2005 als gegenstandslos geworden ab.

C.

    1. Am 19. September 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 1951 (BetmG, SR 812.121) gemäss Art. 19 Ziff. 1 Satz 2 und Ziff. 2 BetmG erhoben und die Verhängung einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren beantragt. Zur Begründung führte der

      zuständige Untersuchungsrichter in der Anklageschrift an, der Beschwerdeführer werde angeschuldigt, in den Monaten Juni 2005 bis September 2005 im Raum (...) Handel mit Heroin und Kokain betrieben und dabei mindestens 1,8 Kilogramm Heroin und 1 Kilogramm Kokain abgesetzt zu haben.

    2. Mit Entscheid des Kreisgerichts (...) vom 19. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführer des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetzes sowie der Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig gesprochen und zu einer Zuchthausstrafe von 5 ½ Jahren verurteilt.

    3. Mit Verfügung des zuständigen Untersuchungsrichters vom

22. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführer - dem Antrag seines Verteidigers entsprechend - in den vorzeitigen Strafvollzug versetzt.

D.

    1. Am 1. Oktober 2007 unterbreitete das Ausländeramt des Kantons (...) dem BFM unter Hinweis auf das Strafurteil vom 19. Dezember 2006 einen schriftlichen Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Aufnahme des Beschwerdeführers.

    2. Das BFM informierte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom

      8. Oktober 2007, angesichts der Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe von 5 ½ Jahren wegen qualifizierter und privilegierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und des vorzeitigen Antritts des Vollzugs dieser Strafe ziehe es in Erwägung, die verfügte vorläufige Aufnahme aufzuheben und den Vollzug der Wegweisung anzuordnen. Im Sinne des rechtlichen Gehörs werde ihm deshalb die Möglichkeit geboten, bis zum 29. Oktober 2007 schriftlich Stellung zu nehmen und allfällige Gründe darzulegen, die gegen eine Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und den Vollzug der Wegweisung sprächen.

    3. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 (Eingangsstempel BFM:

      26. Oktober 2007) bezog der Beschwerdeführer Stellung und ersuchte das BFM darum, von der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme abzusehen. Zur Begründung machte er geltend, er habe am 3. Oktober 2007 durch seinen Verteidiger beim Kantonsgericht (...) Berufung gegen das Urteil vom 19. Dezember 2006 einlegen lassen. Das Urteil sei deshalb noch nicht rechtskräftig, und wegen der geltenden Unschuldsvermutung sei die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme verfrüht. Er gehe davon aus, dass er nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils nochmals eingeladen werde, auch in materieller Hinsicht zur geplanten Aufhebungsverfügung Stellung zu nehmen.

    4. Mit Verfügung vom 26. März 2008 - eröffnet am 31. März 2008 - hob das BFM die mit Verfügung vom 26. Oktober 2005 angeordnete vorläufige Aufnahme auf und forderte den Beschwerdeführer auf, die Schweiz nach Entlassung aus dem Strafvollzug unverzüglich zu verlassen. In der Entscheidbegründung führte das BFM zusammenfassend aus, aufgrund des mit seinem ausdrücklichen Einverständnis und auf Antrag seines Verteidigers verfügten vorzeitigen Vollzugs der im Urteil vom 19. Dezember 2006 ausgesprochenen Zuchthausstrafe von 5 ½ Jahren wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der gesamten Aktenlage erscheine die Voraussetzung von Art. 83 Abs. 7 Bst. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über Ausländerinnen und Ausländer [AuG; SR 142.20]) als hinreichend erfüllt. Sodann bestehe angesichts der zu erwartenden Verurteilung zu einer längeren unbedingten Freiheitsstrafe wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens von vornherein ein erhöhtes Interesse der Schweiz am Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers. Dieser halte sich erst seit dem Jahre 2003 in der Schweiz auf und habe hier eine Straftat begangen, deren Schwere die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme nicht als unverhältnismässig erscheinen lasse. Das BFM schätze nach einer Analyse der Situation in den Provinzen Dohuk, Erbil und Suleimaniya den Vollzug der Wegweisung in diese drei Provinzen seit dem 1. Mai 2007 inbesondere für junge, gesunde und alleinstehende Männer grundsätzlich als zumutbar, zulässig und möglich ein. Nach den gesamten Umständen erweise sich die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme somit als angemessen. Aus den Akten ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK, SR 0.101) verbotene Strafe oder Behandlung drohe. Der Vollzug der Wegweisung sei deshalb zulässig.

E.

Mit Beschwerde vom 21. April 2008 (Poststempel) focht der Beschwerdeführer die Verfügung des BFM vom 26. März 2008 beim Bundesverwaltungsgericht an und beantragte deren vollumfängliche Aufhebung sowie die Aufrechterhaltung seiner vorläufigen Aufnahme. Im Weiteren

stellte er in prozessualer Hinsicht das Begehren, es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren.

F.

Der Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts bestätigte mit Zwischenverfügung vom 7. Mai 2008 die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Anwesenheit in der Schweiz während des hängigen Verfahrens. Gleichzeitig wies er das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerdebegehren ab und forderte den Beschwerdeführer unter Androhung des Nichteintretens auf, bis zum 22. Mai 2008 einen Kostenvorschuss von Fr. 600.-- zu leisten.

G.

Der Beschwerdeführer zahlte am 20. Mai 2008 einen Betrag von Fr. 600.-- in die Gerichtskasse ein.

H.

Das Kantonsgericht (...) sprach den Beschwerdeführer mit Entscheid vom 2. Juli 2008 der schweren Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie des Drogenkonsums schuldig und verurteilte ihn zu einer Zuchthausstrafe von 4 ½ Jahren.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden, zu welchen auch das BFM (Art. 33 Bst. d VGG) zählt. Art. 32 VGG sieht für Verfügungen auf dem Gebiet des Asyls keine Ausnahme vor, womit die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als Beschwerdeinstanz im Asylverfahren gegeben ist (Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]). Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom

      17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110]) bestätigt diese Zuständigkeit und schliesst gleichzeitig die Weiterzugsmöglichkeit an das Bundesgericht

      aus. Das Bundesverwaltungsgericht ist demzufolge in letzter Instanz zuständig für die Beurteilung der Beschwerde vom 21. April 2008 gegen einen Entscheid des BFM betreffend Aufhebung einer im Rahmen eines Asylverfahrens angeordneten vorläufigen Aufnahme.

    2. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

    3. Die Beschwerde wurde innert der gesetzlichen Frist von 30 Tagen in gültiger Form eingereicht (Art. 108 Abs. 1 AsylG und 6 AsylG i.V.m. Art. und 52 VwVG). Der Beschwerdeführer hat den Verfahrenskostenvorschuss innert richterlicher Frist in vollem Umfang geleistet. Er hat ausserdem am Verfahren vor dem Bundesamt teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Damit ist er zur Einreichung einer dagegen gerichteten Beschwerde legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Demzufolge ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

    1. Gemäss Art. 111 Bst. e AsylG wird im Asylbeschwerdeverfahren unter anderem über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden. Bei der vorliegenden handelt es sich, wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, um eine offensichtlich unbegründete Beschwerde, weshalb der Entscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).

    2. Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durchführung des Schriftenwechsels verzichtet.

3.

Erweist sich der Vollzug einer infolge Asylverweigerung angeordneten Wegweisung als nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so verfügt das BFM die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 1 AuG). Nach Dahinfallen der Umstände, derentwegen es die Voraussetzungen als erfüllt erachtet hatte, hebt das BFM die vorläufige Aufnahme wieder auf und ordnet den Vollzug der Wegweisung an (Art. 84 Abs. 2 AuG). Darüber hinaus kann es auf Antrag der kantonalen Behörden oder des Bundesamtes für Polizei eine wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Vollzuges (Art. 83 Abs. 2 und 4 AuG) angeordnete vorläufige Aufnahme aufheben und gleichsam den Vollzug der Wegweisung anordnen, wenn Gründe nach Art. 83 Abs. 7 AuG gegeben sind. Gemäss letztgenannter Bestimmung wird die vorläufige Aufnahme nach Art. 83 Abs. 2 und 4 nicht verfügt, wenn die wegoder ausgewiesene Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Inoder Ausland verurteilt oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Artikel 64 oder 61 des Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) angeordnet wurde (Bst. a), wenn sie erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Bst. b), oder wenn sie die Unmöglichkeit des Vollzugs der Wegoder Ausweisung durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat (Bst. c).

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet die Frage, ob das BFM zu Recht eine vorläufige Aufnahme aufgehoben hat, die es seinerzeit in Anknüpfung an die Feststellung der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs angeordnet hatte.

4.

    1. Einem Entscheid auf dem Gebiet des Ausländerrechts und damit auch einem solchen über die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und das Vorliegen von Vollzugshindernissen ist der aktuell bestehende Sachverhalt zugrunde zu legen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 1997 Nr. 27

      E. 4f S. 211). Vorliegend wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des von ihm angestrengten Berufungsverfahrens mit Entscheid des Kantonsgerichts (...) vom 2. Juli 2008 der schweren Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie des Drogenkonsums schuldig gesprochen und zu einer Zuchthausstrafe von 4 ½ Jahren verurteilt. Hierbei handelt es sich um ein rechtskräftiges Urteil. Damit ist im Falle des Beschwerdeführers unzweifelhaft eine Verurteilung zu einer längerfristigen (vgl. hierzu MARC SPESCHA und PETER BOLZLI in MARC SPESCHA/ HANSPETER THÜR/ANDREAS ZÜND/PETER BOLZLI, Kommentar Migrationsrecht, Zürich 2008, Nr. 6 zu Art. 62 AuG, Nr. 22 zu Art. 83 AuG und N. 5 zu Art. 84 AuG) Freiheitsstrafe gegeben, wie sie in Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG als Tatbestandsvariante für den Ausschluss von einer vorläufigen Aufnahme wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs und - über den Verweis in Art. 84 Abs. 3 AuG - für die Aufhebung der aus denselben Gründen angeordneten

      vorläufigen Aufnahme festgeschrieben ist. Es braucht deshalb nicht erörtert zu werden, ob der Beschwerdeführer gleichzeitig auch den Ausschlussbeziehungsweise Aufhebungsgrund von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG erfüllt. Desgleichen wird eine nähere Prüfung der Frage obsolet, ob der Beschwerdeführer in Bezug auf das erstinstanzliche Urteil vom 19. Dezember 2006 zu Recht mit der Unschuldsvermutung argumentiert. Immerhin kann diesbezüglich ohne vertiefte Prüfung in Bestätigung der Einschätzungen in der Zwischenverfügung des Instruktionsrichters vom 7. Mai 2008 und in der angefochtenen Verfügung des BFM festgehalten werden, dass das Gestatten des vorzeitigen Strafvollzugs durch den zuständigen Untersuchungsrichter nach entsprechender Zustimmung und Antragstellung seitens des Beschwerdeführers jedenfalls als dessen Eingeständnis zu werten ist, in einer Weise delinquiert zu haben, die eine Bestrafung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe erwarten lässt (Art. 75 Abs. 2 StGB). Das BFM war dementsprechend entgegen der Sichtweise in der Beschwerde nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer aufgrund dessen Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Erlass der Aufhebungsverfügung zu einer

      „materiellen“ Stellungnahme einzuladen.

    2. Nicht weniger eindeutig präsentiert sich die Aktenlage hinsichtlich der vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. EMARK 2006 Nr. 23 E. 8.3. S. 247 ff.; BVGE 2007/32 E. 3.7 S. 390 ff.; PETER BOLZLI, a.a.O.

Nr. 6 zu Art. 84 und Nr. 23 zu Art. 83). Der Beschwerdeführer hat durch den Handel mit erheblichen Mengen von Heroin und Kokain in qualifizierter Weise gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen und dadurch hochrangige Rechtsgüter verletzt. Sein Verschulden relativierende Umstände wie eine eigene Rauschmittelabhängigkeit oder eine im Verlauf des Strafverfahrens gezeigte Reue sind in den Akten nicht zu erkennen. Damit ist - ohne überhaupt die Frage nach dem Risiko zukünftiger Straftaten zu beleuchten (vgl. BVGE 2007/32 E. 3.7.3 S. 391)

  • ein erhöhtes öffentliches Interesse am Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers klar zu bejahen. Im Vergleich dazu wiegt das Interesse des Beschwerdeführers an einer Fortsetzung seines Aufenthalts in der Schweiz nur leicht. Unter Angabe von Gründen, die sich im Rahmen einer Prüfung durch das Bundesamt als unglaubhaft herausgestellt haben (vgl. sogleich E. 5.2), suchte er hierzulande im Jahre 2003 um Asyl nach. Eine besonders starke Integration in der Schweiz während der seither verstrichenen Zeit ist selbstredend zu verneinen. Aus den Akten sind keine gesundheitlichen Gebrechen eruierbar. Ebenso kann eine mit dem Wegweisungsvollzug verbundene persönliche oder

    familiäre Härte ausgeschlossen werden, zumal keine Hinweise auf besonders enge Beziehungen zu Personen in der Schweiz vorliegen und nach Aussage des Beschwerdeführers dessen Eltern und beide Schwestern in B._______ (Provinz Erbil) leben. Die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme erweist sich demnach als verhältnismässig.

    5.

    Weil eine Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe vorliegt und mithin der Ausschlussgrund von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG erfüllt ist, kann die Frage der Möglichkeit des Wegweisungsvollzug ausgeklammert werden. Zu prüfen bleibt hingegen, ob der Vollzug der Wegweisung zulässig ist (vgl. Art. 83 Abs. 1 AuG; EMARK 2006 Nr. 6

    E. 4.2. S. 55).

      1. Der Vollzug der Wegweisung ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder in einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG).

        So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom

        28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).

        Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

      2. Der Grundsatz der Nichtrückschiebung gemäss Art. 5 Abs. 1 AsylG und Art. 33 Abs. 1 FK schützt nur Personen, welche die in Art. 3 AsylG beziehungsweise in Art. 1 A FK definierte Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Vorliegend wurde dem Beschwerdeführer mit Verfügung des BFM vom 4. Februar 2005 die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt und sein Asylgesuch folgerichtig abgelehnt, weil die Asylgründe als nicht glaubhaft erachtet wurden. Die betreffende Verfügung erwuchs in diesen Teilen am Tag nach Ablauf der nicht genutzten Rechtsmittelfrist in Rechtskraft (Bst. B.a hiervor). Diese Tatsache verkennt der Beschwerdeführer, insoweit er in der Beschwerde geltend macht, aus den Akten der Vorinstanz ergebe sich, dass ihm bei einer Rückkehr in den Irak sehr wohl politische Verfolgung drohe. Damit rekapituliert er rechtskräftig als unglaubhaft beurteilte Sachvorbringen oder knüpft an ebensolche an, so dass konsequenterweise auch im vorliegenden Verfahren von unglaubhaften Vorbringen auszugehen ist (res iudicata, materielle Rechtskraft). Somit erfüllt er die Bedingungen der Flüchtlingseigenschaft nach der Definition von Art. 3 AsylG nicht

  • nur schon deswegen nicht, weil er den im Hinblick darauf behaupteten Sachverhalt (Verfolgungsgefahr wegen Desertion aus der PKK beziehungsweise Unterstützung derselben) weder nachzuweisen noch glaubhaft zu machen vermag (Art. 7 Abs. 1 AsylG). Aus diesem Grund kommt das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulements im vorliegenden Verfahren gar nicht zum Tragen. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat erweist sich demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG und Art. 33 FK als rechtmässig.

    Sodann ergeben sich weder aus seinen Vorbringen im abgeschlossenen Asylverfahren noch aus den Akten des vorliegenden Aufhebungsverfahrens Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Rückschiebung in den Heimatstaat daselbst mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss konstanter Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. EMARK 2001 Nr. 16 E. 6a S. 122, mit weiteren Hinweisen; statt vieler: Urteil des EGMR vom 27. Mai 2008

    i.S. N. gegen Grossbritannien [Beschwerde-Nr. 26565/05], § 30). Dies gelingt ihm jedoch nicht, weil seine Bedenken auf nicht plausiblen Behauptungen beruhen. Zur Begründung kann hier auf die Erwägungen zur Flüchtlingseigenschaft im vorstehenden Absatz beziehungsweise in der rechtskräftigen Verfügung des BFM vom 4. Februar 2005 verwiesen werden (vgl. EMARK 2006 Nr. 4 E. 5.1. S. 45 3. Absatz). Gleich wie Art. 3 FoK geht im Übrigen Art. 7 des Internationalen Pakts vom

    16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2) in seiner Tragweite nicht über Art. 3 EMRK hinaus (vgl. dazu BGE 124 I 231 E. 2a S. 235 f.). Alleine aus der allgemeinen Menschenrechtssituation im Nordirak schliesslich lässt sich kein reales Risiko von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung herleiten (vgl. dazu auch das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2008 [BVGE 2008/4]). Selbst das Vorliegen einer allgemein schlechten Menschenrechtslage genügt nämlich noch nicht für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK (vgl. EMARK 2001 Nr. 16 E. 6a S. 122, mit zahlreichen Hinweisen). Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.

      1. Entgegen der Einschätzung in der Beschwerde hat das BFM in der angefochtenen Verfügung die Feststellung der Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs ausreichend begründet. So macht es in den diesbezüglichen Erwägungen transparent, dass es die entsprechende Prüfung entlang seiner seit dem 1. Mai 2007 befolgten Praxis durchgeführt hat, gemäss welcher nach einer Analyse der aktuellen Situation in den drei nordirakischen Provinzen Dohuk, Erbil und Suleimaniya der Vollzug der Wegweisung in diese drei Provinzen inbesondere für junge, gesunde und alleinstehende Männer grundsätzlich als zumutbar, zulässig und möglich sei. Gleichzeitig wird dadurch für den Beschwerdeführer erkennbar, dass das BFM ihn zur Kategorie jener jungen, gesunden und alleinstehenden Männer gezählt und in seinem Fall keine Veranlassung für ein Abweichen von der erwähnten Praxis gesehen hat. Dass der Beschwerdeführer „ausgerechnet in diese drei Provinzen zurückkehren sollte“ (vgl. Beschwerde, S. 4), ist mit dessen Aussage zu erklären, aus der Provinz Erbil zu stammen und seit seiner Geburt stets dort gelebt zu haben. Des Weiteren gibt das BFM in seiner Begründung zu verstehen, dass es in den Akten keine Anhaltspunkte für eine Art. 3 EMRK zuwiderlaufende Strafe oder Behandlung im Falle einer Rückkehr erkannt hat. Mit seiner Begründung hat es dem Beschwerdeführer ermöglicht, den Aufhebungsentscheid vom 26. März 2008 einschliesslich der darin getroffenen Feststellung, wonach der Vollzug der Wegweisung zulässig sei, sachgerecht anzufechten (vgl. EMARK 2006 Nr. 4 E. 5.1. S. 44 und S. 45 3. Absatz). Die Rüge der Verletzung der Begründungspflicht erweist sich somit als unbegründet.

    6. Damit lässt sich als Fazit festhalten, dass das BFM die vorläufige Aufnahme zu Recht aufgehoben hat. Es erübrigt sich bei dieser Sachlage, auf weitere Einwendungen in der Beschwerde näher einzugehen, da diese nicht geeignet sind, einen anderen Entscheid herbeizuführen.

    In Berücksichtigung der gesamten Umstände ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Diese ist folgerichtig zu bestätigen, und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.

    7.

    Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Sie sind auf insgesamt Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 1, 2 und 3 Bst. a des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und mit dem am 20. Mai 2008 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen.

    (Dispositiv nächste Seite)

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2.

    Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 600.- verrechnet.

    3.

    Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben)

  • das BFM, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten Ref.-Nr. N (...) (per Kurier; in Kopie)

  • das (...) des Kantons (...) ad (...) (in Kopie)

Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Robert Galliker Martin Maeder

Versand:

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