Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | CA.2023.29 |
Datum: | 01.02.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Entschädigung; Kammer; Verfahren; Verfahrens; Genugtuung; Entschädigungs; Beschwerdekammer; Verfügung; Bundesstrafgericht; Bundesstrafgerichts; Urteil; Beschluss; Bestechung; Geldwäscherei; Apos;; Entschädigungsfolge; Entscheid; Bundesanwaltschaft; Einstellung; Amtsträger; Höhe; Verfahren; Dispositivziffer; Erwägung; Dispositivziffern; Erwägungen; Staatskasse; Beschwerdeführers; Honorar |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 251 StGB ;Art. 305 StGB ;Art. 322 StGB ;Art. 397 StPO ;Art. 42 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 7 BGG ; |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
BB.2023.175
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2023.175 |
Beschluss vom 1. Februar 2024 Beschwerdekammer | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Roy Garré, Vorsitz, Miriam Forni und Felix Ulrich, Gerichtsschreiberin Inga Leonova | |
Parteien | A., vertreten durch Rechtsanwalt Manuel Bader, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Kostentragungspflicht und Entschädigung der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens (Art. 426 Abs. 2 StPO; Art. 429 ff. StPO) |
Die Beschwerdekammer hält fest, dass:
- die Bundesanwaltschaft (nachfolgend «BA») am 18. August 2016 unter dem Verfahrenszeichen SV.16.1003 eine Strafuntersuchung eröffnete und diese am 27. Februar 2017 und 17. Oktober 2019 auf A. wegen des Verdachts der Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies Abs. 1 StGB), der qualifizierten Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2 StGB) und der Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) ausdehnte;
- die Strafkammer des Bundesstrafgerichts A. mit Urteil SK.2020.58 vom 11. Juni 2021 wegen Urkundenfälschung verurteilte, ihm Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 31'398.33 auferlegte und keine Entschädigung zusprach;
- die BA das gegen A. geführte Strafverfahren in Bezug auf die Straftatbestände der Bestechung fremder Amtsträger und qualifizierten Geldwäscherei mit Verfügung vom 22. August 2022 einstellte (Dispositivziffer 1; s. Akten BB.2022.113, act. 1.2); unter Bezugnahme auf das gegen A. wegen Urkundenfälschung ergangene Urteil der Strafkammer SK.2020.58 vom 11. Juni 2021 in den Dispositivziffern 2 und 3 über die Kosten- und Entschädigungsfolgen Folgendes entschied:
«2. Es wird festgestellt, dass mit Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2020.58 vom 11.06.2021 A. Verfahrenskosten von CHF 31'398.33 und damit auch diejenigen Untersuchungskosten auferlegt worden sind, die im Zusammenhang mit den eingestellten Bestechungs- und Geldwäschereivorwürfen angefallen sind.
Die rechtskräftige Kostenauflage gemäss Urteil SK.2020.58 bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Verfahrenseinstellung.
3. Es wird keine Entschädigung und keine Genugtuung ausgerichtet»;
- A. am 5. September 2022 gegen die Dispositivziffern 2 und 3 der Einstellungsverfügung vom 22. August 2022 verfügte Kosten- und Entschädigungsfolge bei Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhob;
- die Beschwerdekammer die Beschwerde mit Beschluss BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 guthiess, die Dispositivziffern 2 und 3 der Einstellungsverfügung vom 22. August 2022 aufhob und die Sache zum Entscheid über Entschädigung und Genugtuung an die BA zurückwies (s. Akten BB.2022.113, act. 13);
- die BA in der Folge am 26. September 2023 erneut über die Kosten- und Entschädigungsfolgen der Verfahrenseinstellung vom 22. August 2022 entschied und Folgendes verfügte:
«1. Es wird im Sinne der Erwägungen festgestellt, dass die Bundesanwaltschaft für den an sie zurückgewiesenen Entscheid über Entschädigung und Genugtuung an den materiell rechtskräftigen Kostenentscheid des Urteils der Strafkammer SK.2020.58 vom 11. Juni 2021 gebunden ist.
2. Es werden keine Entschädigung und keine Genugtuung ausgerichtet»;
- A. gegen die Verfügung vom 26. September 2023 am 12. Oktober 2023 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts erheben liess; er zusammengefasst beantragt, dass die Verfügung vom 26. September 2023 aufzuheben und er mit einer Entschädigung und einer Genugtuung in der beantragten Höhe, nebst 5% Zins seit 1. Dezember 2019 zu entschädigen sei; eventualiter die BA zur Ausrichtung der Entschädigung und Genugtuung zu verpflichten sei; jeweils unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Staatskasse.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass:
- die Beschwerdekammer mit Beschluss BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 über die Kosten- und Entschädigungsfolgen bei Einstellung des gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahrens wegen Bestechung fremder Amtsträger und qualifizierter Geldwäscherei entschied;
- das Gericht im Rückweisungsentscheid BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 u.a. umfassend ausführte, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Einstellung des Verfahrens wegen Bestechung fremder Amtsträger und qualifizierter Geldwäscherei grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung hat und dass die in der Verfügung vom 22. August 2022 genannten Verweigerungsgründe (so auch die Bezugnahme auf den von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts mit Urteil SK.2020.58 vom 11. Juni 2021 in einer anderen Sache getroffenen Kosten- und Entschädigungsentscheid) Bundesrecht verletzen; die Dispositivziffern 2 und 3 der Verfügung demzufolge aufgehoben wurden und die Sache zwecks neuem Entscheid über Entschädigung und Genugtuung an die BA zurückgewiesen wurde;
- der Rückweisungsentscheid BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 damit die verbindliche Anordnung an die Beschwerdegegnerin enthält, über die dem Beschwerdeführer grundsätzlich zustehende Entschädigung materiell zu befinden, ohne der Beschwerdegegnerin diesbezüglich Beurteilungsspielraum einzuräumen;
- die am 26. September 2023 von der Beschwerdegegnerin verfügte Kosten- und Entschädigungsfolge indessen inhaltlich jener vom 22. August 2022 entspricht, die mit Beschluss BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 wegen Bundesrechtswidrigkeit aufgehoben wurde;
- die Beschwerdegegnerin über den Entschädigungsanspruch des Beschwerdeführers materiell nicht befunden hat und sich über den gerichtlichen Rückweisungsentscheid vom 12. Juni 2023 offensichtlich hinwegsetzt;
- die Beschwerde daher gutzuheissen und die Verfügung vom 26. September 2023 wegen Rechtsverweigerung aufzuheben ist;
- das Verfahren wegen Bestechung fremder Amtsträger und qualifizierter Geldwäscherei am 27. Februar 2017 auf den Beschwerdeführer ausgedehnt wurde; die Entschädigungsansprüche des Beschwerdeführers somit einen Zeitraum von mehreren Jahren und grundsätzlich Aufwendungen und Auslagen im Zusammenhang mit einem von der Beschwerdegegnerin geführten Verfahren betreffen; die Beschwerdegegnerin als Leiterin des Vorverfahrens über umfassende Kenntnisse zur Beurteilung von Konnex und Angemessenheit der Aufwendungen und Auslagen verfügt; die Sache daher im Sinne der Erwägungen zum Entscheid über Entschädigung und Genugtuung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist;
- es unter den konkreten Umständen angezeigt ist, die Beschwerdegegnerin in Anwendung von Art. 397 Abs. 4 StPO ausdrücklich anzuweisen, die Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche des Beschwerdeführers in Berücksichtigung von Art. 429 StPO materiell zu prüfen und zu begründen; im Übrigen auf die Erwägungen im Beschluss BB.2022.113 vom 12. Juni 2023 verwiesen wird;
- ausgangsgemäss die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen sind und der Beschwerdeführer Anspruch auf Entschädigung hat (Art. 436 Abs. 1 i.V.m Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO);
- der Beschwerdeführer für das vorliegende Rechtsmittelverfahren eine Entschädigung von Anwaltskosten in der Höhe von insgesamt Fr. 4'109.70 beantragt, welche sich gemäss der eingereichten Honorarnote vom 12. Oktober 2023 aus einem 10.5 Stunden umfassenden Honorar und einer Kleinspesenpauschale von 3% bzw. Fr. 119.70 zusammensetzten (act. 1.11);
- gemäss Art. 12 und 13 BStKR der notwendige Zeitaufwand und die tatsächlichen Auslagen zu entschädigen sind; in Berücksichtigung der angefochtenen Verfügung, der Eingaben des Beschwerdeführers, der in der Honorarnote erfassten Positionen sowie des sich im ordentlichen Schwierigkeitsbereich bewegenden Verfahrens, bei welchem das Bundesstrafgericht praxisgemäss einen Stundenansatz von Fr. 230.-- anwendet (anstelle vieler s. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2023.181 vom 7. Dezember 2023 E. 5.2.1) Folgendes zu entschädigen ist: der Zeitaufwand von 10.5 Stunden à Fr. 230.-- pro Stunde (Total Fr. 2'415.--) und die geschätzten Kosten eines in der Honorarnote aufgeführten (mutmasslichen Auslands-) Telefonats (Fr. 10.--); demzufolge die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'425.-- auszurichten hat.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung SV.16.1003 vom 26. September 2023 wird aufgehoben, die Verfahrenskosten auf die Staatskasse genommen und die Sache wird zum Entscheid über Entschädigung und Genugtuung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf die Staatskasse genommen.
3. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'425.-- auszurichten.
Bellinzona, 2. Februar 2024
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Rechtsanwalt Manuel Bader
- Bundesanwaltschaft
- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug
Rechtsmittelbelehrung
Gegen den vorliegenden Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (Art. 79 BGG).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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