Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Berufungskammer |
Fallnummer: | BG.2024.7 |
Datum: | 18.03.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Beschuldigte; Urteil; Freiheit; Freiheitsstrafe; Berufung; Bundes; Neftenbach; Verfahren; Sevelen; Apos;; Verfahren; Delikt; Bankomat; Recht; Beschuldigten; Bankomaten; Spreng; Diebstahl; Verteidigung; Tatverschulden; Kammer; Ziffer; Sachbeschädigung; Verfahrens; Entschädigung; Gefährdung; Schweiz; Absicht; Dänemark; Einzelstrafe |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 107 StPO ;Art. 13 StGB ;Art. 13 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 144 StGB ;Art. 178 StPO ;Art. 18 StGB ;Art. 21 StPO ;Art. 224 StGB ;Art. 23 StPO ;Art. 26 StPO ;Art. 264 StGB ;Art. 29 StPO ;Art. 3 StPO ;Art. 32 BV ;Art. 36 BV ;Art. 382 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 4 StGB ;Art. 40 StGB ;Art. 401 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 405 StPO ;Art. 41 StGB ;Art. 42 StGB ;Art. 42 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 5 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 6 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 113 IV 56; 115 IV 17; 127 IV 106; 136 IV 119; 137 II 297; 138 IV 113; 141 IV 236; 141 IV 61; 142 II 161; 142 IV 265; 142 IV 329; 144 IV 217; 144 IV 313; 147 IV 241; 148 IV 89; ; |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
CA.2023.30
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: CA.2023.30 |
Urteil vom 18. März 2024 Berufungskammer | ||
Besetzung | Richterin Andrea Blum, Vorsitzende Richter Olivier Thormann und Thomas Frischknecht Gerichtsschreiber Franz Aschwanden | |
Parteien | Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Nils Eckmann, Berufungsführerin / Anschlussberufungsgegnerin / Anklagebehörde und als Privatklägerschaft: 1. B. Bank, 2. C. AG, 3. D. Versicherung, 4. E. Versicherung, 5. F. Bank, 6. G, | |
gegen | ||
A., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Andrea Janggen, Anschlussberufungsführer / Berufungsgegner / Beschuldigter
| ||
Gegenstand | Berufung (teilweise) der Bundesanwaltschaft vom 9. Januar 2024 und Anschlussberufung (teilweise) des Beschuldigten vom 1. Februar 2024 gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2023.36 vom 16. November 2023 Mehrfache Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB); mehrfacher qualifizierter Diebstahl (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB); mehrfache qualifizierte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB); Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) |
Sachverhalt:
A. Prozessgeschichte und erstinstanzliches Urteil
A.1 Am 12. Dezember 2019 wurde ein Bankomat der B. Bank in Sevelen SG aufgesprengt und daraus Geld entwendet. Am 20. Dezember 2019 wurde in Neftenbach ZH ein weiterer Geldautomat der F. Bank gesprengt und daraus Geld entwendet. Die unbekannte Täterschaft war in beiden Vorfällen flüchtig. Es bestand der Verdacht, dass es sich aufgrund der räumlichen und zeitlichen Nähe zu den Tatorten, desselben Modus Operandi, der gleichen Anzahl Täter und des verwendeten Sprengstoffs in beiden Fällen um die gleiche Täterschaft handelt (vgl. BA pag. 10-01-0003; 10-02-0035).
A.2 Im Rahmen der kriminaltechnischen Ermittlungen konnten in Sevelen an zwei in Tatortnähe sichergestellten Brecheisen («Geissfüssen») DNA-Spuren gesichert werden, die mit den DNA-Profilen von A. (nachfolgend: Beschuldigter) und I. übereinstimmten. Am Tatort in Neftenbach konnte an einem der zwei sichergestellten Brecheisen eine DNA-Spur gesichert werden, welche wiederum dem Beschuldigten zugeordnet werden konnte (BA pag. 10-01-0023; 11-01-0001, -0024; 10-02-0035).
A.3 Am 21. Januar 2020 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Altstätten, eine Gerichtsstandsanfrage an die Bundesanwaltschaft (nachfolgend: BA) (BA pag. 02-02-0001), worauf Letztere am 3. März 2020 die Weiterführung des Verfahrens in Bundeskompetenz bestätigte (BA pag. 02-02-0005). Mit Verfügungen vom 29. Mai 2020 eröffnete die BA ein Verfahren (SV.20.0092 [ATM Sevelen SG] betreffend den Vorfall in Sevelen) gegen den Beschuldigten, I. und unbekannte Täterschaft wegen Gefährdung durch Spreng—stoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), Diebstahls (Art. 139 StGB), Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 StGB) und Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB) und vereinigte es gestützt auf Art. 26 Abs. 2 StPO in der Hand der Bundesbehörden (BA pag. 01-01-0003; 02-01-0004 f.).
A.4 Am 25. Februar 2020 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Winterthur / Unterland eine Gerichtsstandsanfrage zu Handen der BA (BA pag. 02-03-0001 f.), worauf Letztere am 3. März 2020 die Weiterführung des Verfahrens in Bundeskompetenz bestätigte (BA pag. 02-03-0003). Mit Verfügung vom 29. Mai 2020 vereinigte die BA das Verfahren (SV.20.0202 [ATM Neftenbach ZH] betreffend den Vorfall in Neftenbach) gegen den Beschuldigten, eine Drittperson und unbekannte Täterschaft wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), Diebstahls (Art. 139 StGB), Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 StGB) und Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB) gestützt auf Art. 26 Abs. 2 StPO in der Hand der Bundesbehörden (BA pag. 02-03-0007 f.). Mit Verfügung vom 17. Juni 2020 integrierte die BA das Verfahren Nr. SV.20.0092 (ATM Sevelen SG) in das Verfahren SV.20.0202 (ATM Neftenbach ZH). Sie ordnete an, dass die beiden Verfahren gestützt auf Art. 29 Abs. 1 StPO gemeinsam zu verfolgen und beurteilen sind (BA pag. 01-01-0004).
A.5 Am 15. Juni 2020 liess die BA den Beschuldigten zur Anhaltung und Vorführung international ausschreiben. Er wurde am 16. Juni 2020 in V. (Dänemark) im Zusammenhang mit einer Bankomatensprengung in Dänemark verhaftet. Diesbezüglich wurde er mit Urteil des dänischen U. Landsret (Landesgericht U.) vom 17. Juni 2022 letztinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig und wird derzeit vollzogen. Gestützt auf ein Ersuchen des Bundesamts für Justiz wurde der Beschuldigte am 11. Januar 2023 zwecks Durchführung des vorliegenden Strafverfahrens von den dänischen Behörden vorübergehend an die Schweiz ausgeliefert. Anschliessend befand er sich bis zum Urteilszeitpunkt in Haft (Auslieferungs-, Untersuchungshaft) bzw. ab dem 29. März 2023 im vorzeitigen Strafvollzug (BA Rubrik 06.02).
A.6 Mit Verfügung vom 17. Juni 2021 trennte die BA das Verfahren gegen den Beschuldigten und unbekannte Täterschaft vom Strafverfahren gegen I. (Hauptverfahren SV.20.0202) ab, da der Beschuldigte aufgrund des damals gegen ihn in Dänemark hängigen Strafverfahrens (siehe oben Sachverhalt [SV] lit. A.5) nicht an die Schweiz ausgeliefert werden konnte. Alle für den Abschluss der Untersuchung gegen den Beschuldigten und Unbekannt relevanten Akten wurden in elektronischer Kopie aus dem Hauptverfahren in das neu eröffnete Verfahren SV.21.0837 übernommen (BA pag. 03-01-0014 ff.).
A.7 Die BA erhob am 5. September 2023 bei der Strafkammer des Bundesstraf—gerichts (nachfolgend: Strafkammer, Erst- oder Vorinstanz) Anklage gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), mehrfachen qualifizierten Diebstahls (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB), mehrfacher qualifizierter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB; TPF pag. 18.100.001, -023).
A.8 Die erstinstanzliche Hauptverhandlung fand am 16. November 2023 vor der Strafkammer in Anwesenheit der BA sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am Sitz des Bundesstrafgerichts statt (TPF pag. 18.720.001, -009), während sämtliche Privatkläger auf eine Teilnahme verzichtet hatten.
A.9 Mit Urteil vom 16. November 2023 (gleichentags mündlich eröffnet) sprach die Strafkammer den Beschuldigten der mehrfachen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), des mehrfachen qualifizierten Diebstahls (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB), der mehrfachen qualifizierten Sachbeschädigung (Ar. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und des Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB) schuldig, bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 64 Monaten und sprach eine Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren aus (TPF pag. TPF pag. 18.930.001 ff.).
A.10 Mit Eingabe vom 17. November 2023 (Versand: 20. November 2023) meldete die BA fristgerecht Berufung gegen das Urteil SK.2023.36 an (Art. 399 Abs. 1 i.V.m. Art. 398 Abs. 1 StPO [TPF pag. 18.940.001 f., CAR pag. 1.100.078 ff.]). Das schriftlich begründete Urteil wurde am 19. Dezember 2023 an die Parteien versandt; von der BA wurde es am 22. Dezember 2023 postalisch entgegengenommen (TPF pag. 18.930.085; CAR pag. 1.100.077, -081 ff., -083).
B. Verfahren vor der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts
B.1 Im Nachgang zur Übermittlung des erstinstanzlichen Urteils inkl. Berufungsanmeldung und sämtlichen Verfahrensakten an die Berufungskammer stellte die BA mit Berufungserklärung vom 9. Januar 2024, unter expliziter Beschränkung der Berufung auf die Bemessung der Strafe, folgenden Antrag (CAR 1.100.095 f.):
«A. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 75 Monaten.»
B.2 Nach Übermittlung der Berufungserklärung an die Verteidigung sowie an die Privatklägerschaft erklärte die Verteidigung innert gesetzlicher Frist die Anschlussberufung und stellte folgenden Antrag (CAR pag. 1.400.001 f., -003 f.):
«Herr A. sei zu verurteilen zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten als Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgericht U. von Dänemark, vom 24. Februar 2022 – unter Kosten- und Entschädigungsfolge».
B.3 Nach Übermittlung der Anschlussberufungserklärung an die BA sowie an die Privatklägerschaft (CAR pag. 1.400.004 f.) liessen sich diese innert Frist nicht vernehmen.
B.4 Im Hinblick auf die Hauptverhandlung wurden ein Strafregisterauszug sowie Führungsberichte des Regionalgefängnisses X. und der Justizvollzugsanstalt WWW. betreffend den Beschuldigten eingeholt und an die Parteien weitergeleitet (CAR pag. 2.300.001 f., 4.401.001 ff., 6.100.005 ff.).
B.5 Anlässlich der Berufungsverhandlung, die am 14. März 2024 in Anwesenheit der BA und des Beschuldigten samt Verteidigung am Sitz des Bundesstrafgerichts in Bellinzona stattfand, wurde der Beschuldigte einvernommen. Die BA stellte folgende Anträge (CAR pag. 5.200.017 f.):
«1. A. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 75 Monaten.
Es sei zu vermerken, dass die ausgestandene Haft in der Schweiz nicht an die Strafe angerechnet wird, sondern an die mit Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 gegen A. ausgesprochene Strafe und zwar bis zu seiner Entlassung aus dem Strafvollzug durch die dänischen Behörden.
2. Es sei festzustellen, dass das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2023.36 vom 16. November 2023 bezüglich den Dispositiv-Ziffern 1 (Schuldspruch gemäss Anklage), 3 (Bestimmung Vollzugskanton), 4 (Landesverweisung), 5.1 bis 5.2 (Zivilklagen C. AG, D. Versicherung und E. Versicherung), 6 (Festsetzung und Auferlegung Verfahrenskosten Vorverfahren und erstinstanzliches Hauptverfahren), 7.1 (Entschädigung Privatklägerschaft), 7.2 (Entschädigung und Genugtuung beschuldigte Person), 8.1 (Festsetzung Entschädigung amtliche Verteidigung durch Rechtsanwalt Andrea Janggen) und 8.2 (Rückforderungsvorbehalt betreffend Entschädigung amtliche Verteidigung) in Rechtskraft erwachsen ist.
3. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien A. aufzuerlegen.
4. Rechtsanwalt Andrea Janggen sei für die amtliche Verteidigung von A. im oberinstanzlichen Verfahren nach gerichtlichem Ermessen zu entschädigen, unter Festlegung einer entsprechenden Rückerstattungspflicht von A..»
Die Verteidigung wiederholte sinngemäss ihren Antrag bezüglich Strafzumessung gemäss Anschlussberufungserklärung («Freiheitsstrafe von 36 Monaten als Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgericht U. von Dänemark, vom 24. Februar 2022 – unter Kosten- und Entschädigungsfolge», vgl. CAR pag. 5.200.021 f. und -026 f.). Eventualiter beantragte sie eine Freiheitsstrafe von 58 Monaten und 20 Tagen (CAR pag. 5.200.022 ff., insbesondere -025).
Die Parteien verzichteten auf eine mündliche Eröffnung des Urteils (Art. 84 Abs. 3 Satz 2, Art. 351 Abs. 3 i.V.m. Art. 379 und Art. 405 Abs. 1 StPO). Das Urteilsdispositiv vom 18. März 2024 wurde inkl. Kurzbegründung am 18. März 2024 per Post an die Parteien versandt (CAR pag. 9.100.001 ff.).
Auf die Ausführungen der Parteien wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die Berufungskammer erwägt:
I. Formelle Erwägungen
1. Eintreten / Fristen
Die Berufungsanmeldung und -erklärung der BA sowie die Anschlussberufungserklärung des Beschuldigten erfolgten jeweils fristgerecht (Art. 399 Abs. 1-3 und Art. 401 Abs. 1 StPO). Die Bundesgerichtsbarkeit ist vorliegend gestützt auf Art. 23 Abs. 1 lit. d und Art. 26 Abs. 2 StPO gegeben. Die Berufung und die Anschlussberufung richten sich je gegen das Urteil der Strafkammer SK.2023.36, mit welchem der Beschuldigte der mehrfachen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), des mehrfachen qualifizierten Diebstahls (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB), der mehrfachen qualifizierten Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und des Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB) für schuldig befunden, zu einer Freiheitsstrafe von 64 Monaten verurteilt und für 10 Jahre des Landes verwiesen wurde. Die BA obsiegte in erster Instanz zwar im Schuldpunkt, unterlag jedoch bezüglich des Strafmasses (Antrag: Freiheitsstrafe von 74 Monaten Jahren sowie eine Geldstrafe von 30 Tagessätze à CHF 30.--) teilweise, womit sie zur Berufung legitimiert ist (Art. 104 Abs. 1 lit. c, Art. 382 Abs. 1 StPO). Der erstinstanzlich verurteilte Beschuldigte ist zur Anschlussberufung ebenfalls legitimiert (Art. 104 Abs. 1 lit. a, Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Berufungskammer ist in der Besetzung mit drei Richterpersonen für die Beurteilung der vorliegenden Berufungen örtlich, sachlich und funktionell zuständig (Art. 21 Abs. 1 lit. a StPO, Art. 33 lit. c, Art. 38a und Art. 28b StBOG [SR 173.71]). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Verfahrenshindernisse liegen keine vor. Auf die Berufung und die Anschlussberufung ist jeweils einzutreten.
2. Kognition (kein Verbot der reformatio in peius)
Die Berufungsinstanz hat das erstinstanzliche Urteil im Rahmen der angefochtenen Punkte umfassend zu überprüfen (Art. 398 Abs. 2 und Art. 404 Abs. 1 StPO). Die BA und der Beschuldigte fechten das Urteil der Vorinstanz je bezüglich der Strafzumessung an (CAR pag. 1.100.095 f.; 1.400.003 f.; 5.200.017 f.; -021 f. und -026 f.), womit dieser Punkt nicht in Rechtskraft erwachsen und im vorliegenden Berufungsverfahren zu überprüfen ist. Bei einer Anfechtung der Strafzumessung sind zudem die Entschädigungsfolgen (d.h. in welchem Umfang dem Beschuldigten die Kosten des Vorverfahrens und erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt werden bzw. er der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren und erstinstanzlichen Verfahren Ersatz zu leisten hat), zwangsläufig mitangefochten und damit ebenfalls zu prüfen. Die übrigen Ziffern des erstinstanzlichen Urteils sind entsprechend in Rechtskraft erwachsen. Die erstinstanzlichen Schuldsprüche (Urteilsdispositiv Ziffer I. 1) sind zudem von Amtes wegen mit Datum und Ort der begangenen Handlungen zu ergänzen.
Die Rechtsmittelinstanz verfügt im Berufungsverfahren über volle Kognition (Art. 398 Abs. 3 StPO). Aufgrund der selbständigen Berufung der BA bezüglich der Strafzumessung ist die Berufungskammer nicht an das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) nach Art. 391 Abs. 2 StPO gebunden und darf das angefochtene Urteil auch zum Nachteil des Beschuldigten abändern.
3. Bezugnahme der BA auf das Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2022.28 vom 12. Mai 2023
Die BA bezog sich in ihrem Parteivortrag zur Strafzumessung anlässlich der Berufungsverhandlung vom 14. März 2024 bezüglich des konkreten Vorgehens bei der Strafzumessung schwerpunktmässig auf das Urteil CA.2022.28 der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vom 12. Mai 2023, mit dem ebenfalls eine Bankomatensprengung zu beurteilen war. Die BA bezeichnete dieses Urteil, welches ihr am 14. Februar 2024 zugestellt, jedoch bis zur Berufungsverhandlung nicht auf der Website des Gerichts anonymisiert publiziert worden war, entsprechend als «Referenzurteil» (CAR pag. 5.200.002 ff.). Sie unterliess es jedoch – sowohl im Vorfeld der Berufungsverhandlung als auch im Rahmen derselben – dieses Urteil CA.2022.28 selber einzureichen bzw. zu den Akten erkennen zu lassen. Somit hatte die Verteidigung weder Kenntnis vom besagten Urteil noch Einblick in dieses und konnte sich dazu nicht äussern (vgl. Plädoyer der Verteidigung, CAR pag. 5.100.006). Entsprechend können das besagte Urteil CA.2022.28 – welches so nicht als bekannt gelten kann – bzw. die darin enthaltenen Ausführungen und die Vergleichsüberlegungen vorliegend nicht berücksichtigt werden (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV; Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 107 Abs. 1 lit. a StPO).
4. Verwertbarkeit der vom Beschuldigten als Auskunftsperson im Berufungsverfahren CA.2022.2 getätigten Aussagen
Im Hinblick auf die Berufungsverhandlung CA.2023.30 wurde das Protokoll der Einvernahme von A. als Auskunftsperson vom 3. März 2023 im Berufungsverfahren CA.2022.2 gegen I. beigezogen (CAR pag. 2.100.001 ff.). Die betreffenden Aussagen wurden – anders als von der Vorinstanz angenommen (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 1.2 - 1.2.3) – in Anwesenheit der Verteidigung von A. getätigt, nachdem dieser gemäss Art. 180 Abs. 1 i.V.m. Art. 178 lit. b-g StPO korrekt belehrt worden war (CA.2022.2: VP II S. 2 [pag. 5.304.002]) und sind vorliegend entsprechend verwertbar. Zu erwähnen ist zudem, dass diese Aussagen A.s als Auskunftsperson inhaltlich mit den Aussagen übereinstimmen, die er in der Folge als Beschuldigter vor der Vorinstanz (Verfahren der Strafkammer SK.2023.36) und im vorliegenden Berufungsverfahren CA.2023.30 getätigt hat.
II. Materielle Erwägungen
1. Strafzumessung
1.1 Grundsätze der Strafzumessung
1.1.1 Die Vorinstanz hat die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung ausführlich und sorgfältig dargelegt (Bemessung der Strafe / Bestimmung des Verschuldens gemäss Art. 47 Abs. 1 und 2 StGB; Strafschärfungsregel / Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung von Art. 49 Abs. 1 StGB; methodisches Vorgehen bei der Strafzumessung), inkl. Hinweise auf die relevante Rechtsprechung und Lehre (Urteil SK.2023.36 E. 8.1 - 8.1.4). Diese grundsätzlichen Ausführungen sind unter den Parteien auch unbestritten geblieben. Auf sie kann im Sinne der Prozessökonomie verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO).
1.1.2 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei der Bemessung der Gesamtstrafe das Verhältnis der einzelnen Taten untereinander, ihr Zusammenhang, ihre grössere oder geringere Selbstständigkeit sowie die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und Begehungsweisen zu berücksichtigen sind. Der Gesamtschuldbeitrag des einzelnen Delikts wird dabei geringer veranschlagt, wenn die Delikte zeitlich, sachlich und situativ in einem engen Zusammenhang stehen. Die Formulierung des Verschuldens und die Festsetzung des Strafmasses haben dabei begrifflich in Einklang zu stehen (vgl. Urteile des BGer 6B_196/2021 vom 25. April 2022 E. 5.4.3; 6B_1397/2019 vom 12. Januar 2022 E. 3.4, nicht publ. in: BGE 148 IV 89; 6B_496/2020 vom 11. Januar 2021 E. 3.7; je mit Hinweisen; CAR pag. 5.200.007 und -009; Ackermann, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 49 StGB N. 122 und 122a; vgl. Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl. 2019, S. 186 ff. N. 500 f., bzw. N. 502 ff. mit Leitlinien, in welchem Umfang die Strafen für die einzelnen Delikte als Erhöhungsstrafen heranzuziehen sind).
1.1.3 Gemäss Änderungsentscheid des Bundesgerichts vom 28. September 2016 (BGE 142 IV 329 E. 1.4.1) kann eine Zusatzstrafe nach Art. 49 Abs. 2 StGB nur noch zu einem inländischen Urteil ausgesprochen werden. Mit diesem bundesgerichtlichen Urteil, bzw. mit den entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 8.1.5 und 8.8 - 8.8.5) zeigte sich der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung nicht einverstanden (CAR pag. 5.200.021 f.; Urteil SK.2023.36 E. 8.8.6). Darauf ist unten (E. II. 1.5.5) näher einzugehen.
1.2 Strafrahmen
1.2.1 Der Beschuldigte hat vorliegend mehrere Straftatbestände verwirklicht. Abstrakt schwerste Tat ist die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB; die Strafandrohung für dieses Delikt lautet Freiheitsstrafe von einem bis zwanzig Jahren (Art. 224 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB). Qualifizierter Diebstahl wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 StGB), qualifizierte Sachbeschädigung mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und Hausfriedensbruch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 186 StGB).
1.2.2 Wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird (unten E. II. 1.4.4.3 und 1.4.5.3), hält die Berufungskammer für sämtliche Delikte, also auch für die (mehrfache) qualifizierte Sachbeschädigung, nach der sogenannten «konkreten Methode» (vgl. hierzu BGE 144 IV 217 E. 2.2, 3.3 und 3.4) eine Freiheitsstrafe für schuldadäquat. Ebenso wird aufzuzeigen sein, dass bei der Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs aus Zweckmässigkeitsgründen und mit Blick auf die Präventionswirkung der Sanktion ebenfalls eine Freiheitsstrafe zu verhängen ist (unten E. II. 1.4.6.3), sodass für sämtliche Delikte die gleiche Strafart auszufällen ist.
1.2.3 Die Tat- und Deliktsmehrheit wirkt sich strafschärfend aus (Art. 49 Abs. 1 StGB). Die Anwendung des Asperationsprinzips führt innerhalb des Strafrahmens von Art. 224 Abs. 1 StGB zu einer Strafschärfung. Infolge Bindung an das gesetzliche Höchstmass der Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren (Art. 49 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB) darf diese Grenze nicht überschritten werden.
1.3 Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG (AKZ 1.1.2) / Bestimmung der gedanklichen Einsatzstrafe
Ausgangspunkt der Strafzumessung bildet die (mehrfache) Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB. Der Beschuldigte hat zwei Bankomatensprengungen verursacht. Das Spreng—stoffdelikt in Sevelen SG (vgl. Anklageziffer [AKZ] 1.1.2) war die gefährlichere Tat, zumal nebst Sachschaden auch Personen konkret gefährdet wurden (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 4.1.2.2). Entsprechend ist zunächst für dieses Sprengstoffdelikt, gestützt auf eine Würdigung der objektiven und subjektiven Tatkomponenten (respektive des objektiven / subjektiven Tatverschuldens) und eine Bewertung des Gesamt- bzw. Tatverschuldens, eine gedankliche Einsatzstrafe festzulegen (nachfolgend E. II. 1.3.1 - 1.3.3).
1.3.1 Objektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte brachte zusammen mit seinem Mittäter am 12. Dezember 2019 um ca. 01:33 Uhr nachts an einem Bankomaten, der in die Fassade eines mehrstöckigen Geschäfts- und Wohnhauses mit mindestens 12 Bewohnern eingebaut war, eine unkonventionelle Spreng- und Bandvorrichtung (USBV) bzw. ein Selbst—laborat (d.h. einen explosionsgefährlichen Stoff, der nicht nach zugelassenen Vorschriften hergestellt wurde) mit Triacetontriperoxid (nachfolgend: TATP) zur Explosion. Es entstand ein grosser Sachschaden von ca. Fr. 107'000.--. Die körperliche Integrität der sich im Wohnhaus befindenden Personen wurde konkret und erheblich gefährdet. TATP gilt als nicht handhabungssicher und hochexplosiv. Wegen seiner Instabilität, verminderten Kontrollierbarkeit und hohen Sprengkraft birgt es eine grosse Gefahr für Leib und Leben von Personen. Das TATP explodierte in unmittelbarer Nähe zu einer Vielzahl von schlafenden, schutzlosen Personen. Die Sprengung eines Bankomaten schräg unterhalb von Wohnungen zeugt von exemplarischer Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber frem—den Rechtsgütern. Der Umgang mit einem Selbstlaborat wie TATP bzw. den hierfür notwendigen Vorläuferstoffen wurde – anders als bei kommerziellen Spreng—stoffen – im Tatzeitpunkt weniger intensiv überwacht, weshalb diese erst seit relativ kurzer Zeit vermehrt zur Begehung von Straftaten verwendet werden (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe vom 20. November 2019, BBl 2020 161, S. 166 f.). Die Verwendung von TATP zeigt eine gewisse Professionalität und Dreistigkeit in der Tatausführung auf, was strafschärfend zu werten ist. Das Sprengstoffpaket mit einer Breite von ca. 12 cm passte exakt in das Geldausgabefach des Bankomaten, was auf eine minuziöse Tatplanung schliessen lässt. Aufgrund ihrer professionellen Vorgehensweise dürfte der Täterschaft bekannt gewesen sein, dass die Bankomaten der B. Bank von Sevelen SG und Neftenbach ZH vom gleichen Geräte—hersteller stammten und nicht nachgerüstet waren, was das Delikt in dieser Form erst ermöglichte. Als Fluchtweg wählten die Täter einen Fussweg von rund 10 bis 13 km abseits von polizeilichen Strassenkontrollen. Auch dies spricht für eine durchdachte und professionelle Tatplanung. Eine gewisse Nachlässigkeit zeigten die Mittäter nur, indem sie die Brecheisen (Geissfüsse) mit den DNA-Spuren auf dem Fluchtweg zurückliessen. Das objektive Tatverschulden ist als erheblich zu qualifizieren.
1.3.2 Subjektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte kritisiert, dass im erstinstanzlichen Urteil der Umstand, dass die Beschädigung der Immobilie und die Gefährdung der sich darin befindlichen Personen nicht das eigentliche Ziel gewesen sei, zu wenig berücksichtigt worden sei, ebenso wie das eigentliche Motiv (vgl. CAR pag. 5.200.022 f.). Hierzu ist Folgendes festzuhalten: Der Beschuldigte beging die Tat gezielt, um den Bankomaten zu zerstören und an das sich darin befindliche Bargeld zu gelangen, d.h. diesbezüglich lag direkter Vorsatz (ersten Grades) vor. Der Beschuldigte recherchierte nachweislich bereits vor der Tat den Standort des Bankomaten im Internet (CAR pag. 5.300.008 Rz. 7 f; -014 Rz. 9 und 14 ff.). Zudem war er bereits ca. 20 Minuten vor der Tat am Standort des Bankomaten (CAR pag. 5.300.012 f. Rz. 43 ff.). Für das Gericht wurde durch eine Internetrecherche (Google Maps / Google Street View) auf den ersten Blick deutlich, dass sich insbesondere schräg oberhalb des Bankomaten der B. Bank an der J. Strasse in Sevelen SG Wohnungen befinden, wobei in den Fenstern auch Vorhänge ersichtlich sind. Da der Beschuldigte, wie erwähnt, bereits ca. 20 Minuten vor der Tat am Standort des Bankomaten war, war für ihn klar erkennbar und musste er wissen, dass im entsprechenden Haus am Tatort Personen wohnten. Seine Aussage, dass er das nicht getan hätte, wenn er gewusst hätte, dass dort Menschen leben würden (vgl. CAR pag. 5.300.008 Rz. 7 ff.), ist insofern nicht glaubhaft. Die mit der Verwendung von TATP einhergehende Gefahr für fremdes Eigentum sowie für die körperliche Integrität von Personen bezog er somit als notwendige Folge der Erreichung seines Ziels in seinen Entschluss mit ein, womit in dieser Hinsicht mindestens Eventualvorsatz vorlag (vgl. zur Differenzierung zwischen direktem Vorsatz [ersten bzw. zweiten Grades] und Eventualvorsatz Stratenwerth, Schweizerisches Straf——recht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, S. 201 ff. N. 93 ff.). Die Intensität des deliktischen Willens war beträchtlich, da der Beschuldigte seinem Ziel, die Aufsprengung des Bankomaten zwecks Diebstahls, alle anderen, tatsächlich oder potenziell auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter – fremdes Eigentum sowie Leib und Leben Dritter – unterordnete, auch wenn die Beschädigung der Liegen—schaft und die Gefährdung der sich darin befindenden Personen nicht das von ihm primär erstrebte Ziel war. Der Tatplan und die Tatausführung lassen insgesamt auf eine professionelle Vorbereitung schliessen, was eine beträchtliche kriminelle Energie offenbart.
Schliesslich bringt der Beschuldigte vor, dass die Verzweiflung ihn dazu gedrängt habe, illegal rasch an Geld zu kommen, um damit die notwendige Behandlung seines Stiefvaters zeitnah zu finanzieren (vgl. CAR pag. 5.200.023). Er betonte jedoch auch, immer gearbeitet zu haben und jeder Arbeit nachgehen zu können (CAR pag. 5.300.004 Rz. 11 ff.). Zudem verfügt er gemäss Strafregisterauszug über Erfahrung mit Diebstählen und Einbrüchen (vgl. CAR pag. 4.401.002 f.). Selbst wenn er sich aufgrund der Krankheit seines Stiefvaters gedrängt gesehen haben sollte, erneut kriminell zu werden, hätte es andere Möglichkeiten gegeben, ohne skrupellos zusätzlich die körperliche Integrität von Personen zu gefährden. Die Intensität des deliktischen Willens war auch unter diesen Gesichtspunkten beträchtlich. Der Beschuldigte hätte die Tat und deren Folgen durchaus vermeiden können. Auch das subjektive Tatverschulden ist nach dem Gesagten als erheblich zu werten.
1.3.3 Tatverschulden; gedankliche Einsatzstrafe
Innerhalb des vorliegenden Strafrahmens (ein bis zwanzig Jahre Freiheitsstrafe; Art. 224 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB) kommt nur eine Freiheitsstrafe in Betracht. Aufgrund des insgesamt erheblichen Tatverschuldens ist die gedankliche Einsatzstrafe auf 48 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4 Bestimmung der hypothetischen Einzelstrafen für die weiteren Delikte
Die gedankliche Einsatzstrafe ist infolge Tat- und Deliktsmehrheit angemessen zu asperieren. Dabei ist in Ergänzung zum vorgenann—ten Delikt das zweite Sprengstoffdelikt, der mehrfache qualifizierte Diebstahl (in Sevelen SG bzw. Neftenbach ZH), die mehrfache qualifizierte Sachbeschädigung (in Sevelen SG bzw. Neftenbach ZH) sowie der Hausfriedensbruch (in Neftenbach ZH) zu bewerten. In einem ersten Schritt ist für diese Delikte nachfolgend je die hypothetische Einzelstrafe zu bestimmen, unter Berücksichtigung des jeweils eigenen ordentlichen Strafrahmens des betreffenden Delikts (unten E. II. 1.4.1 - 1.4.6.4). Gestützt auf die gedankliche Einsatzstrafe (oben E. II. 1.3.3) und die hypothetischen Einzel—strafen ist sodann mittels Asperation die hypothetische Gesamtstrafe zu bemessen (E. II. 1.4.7).
1.4.1 Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.2)
1.4.1.1 Objektive Tatkomponenten
Bei der Bankomatensprengung in Neftenbach ZH handelte es sich (im Vergleich mit jener in Sevelen SG) um einen selbständigen, räumlich und zeitlich abgegrenzten Sachverhalt. In Neftenbach ZH entstand durch die Explosion ein grosser Sachschaden von insgesamt Fr. 167'000.--. Die körperliche Integrität von Personen wurde jedoch nicht konkret gefährdet. Das Argument der BA, wonach es letztlich dem Zufall überlassen gewesen sei, dass im Moment der Detonation keine Personen in der Nähe gewesen seien (CAR pag. 5.200.010 f., bzw. TPF pag. 18.100.011), ändert daran nichts. Im Übrigen kann in Bezug auf die objektiven Tatkomponenten entsprechend auf das zur Bankomatensprengung von Sevelen SG Gesagte verwiesen werden (oben E. II. 1.3.1). Das objektive Tatverschulden ist etwas weniger erheblich zu werten als dasjenige bei der Bankomatensprengung in Sevelen SG.
1.4.1.2 Subjektive Tatkomponenten
In Bezug auf die subjektiven Tatkomponenten ist entsprechend zu berücksichtigen, dass keine Gefährdung der körperlichen Integrität von Personen (als notwen—dige Folge der Erreichung des Ziels) in den Tatentschluss miteinbezogen war.
Der Beschuldigte bringt vor, in der Verzweiflung wegen der dringlichen Finanzierung der Behandlung seines kranken Stiefvaters den Wunsch gehabt zu haben, illegal rasch an Geld zu kommen (vgl. CAR pag. 5.200.023; oben E. II. 1.3.2 Abs. 2). Dieses Argument überzeugt hinsichtlich des in Neftenbach begangenen Sprengstoffdelikts jedoch nicht, wie nachfolgend ausgeführt wird. Anlässlich der Einvernahme als Auskunftsperson vom 2. März 2022 (im Berufungsverfahren CA.2022.2 gegen I.) sagte A. in Bezug auf die Bankomatensprengung vom 12. Dezember 2019 in Sevelen SG aus, dass sie (die Mittäter) das Geld hälftig aufgeteilt hätten (S. 12 Rz. 37; vgl. CAR pag. 5.300.007 f. Rz. 44 ff.). 80 % der Banknoten seien kaputt gewesen (S. 10 Rz. 46). Einen Teil habe er den Ärzten bezahlt, mit dem Rest habe er seine Schulden zurückbezahlt (S. 19 Rz. 41 f.). Es seien zwischen Fr. 7'000 und Fr. 10'000 gewesen (S. 20 Rz. 5). Die aus der Bankomatensprengung in Sevelen SG resultierende Diebesbeute betrug unbestrittenermassen Fr. 126'600.--. Gemäss Angaben des Beschuldigten (80 % zerstörte, bzw. 20 % intakte Banknoten) ergibt dies im Ergebnis einen verwertbaren Gesamtbetrag von rund Fr. 25'320.-- bzw., bei hälftiger Aufteilung unter den beiden Mittätern je einen Anteil von Fr. 12'660.--, was mit der Bezahlung der Spitalbehandlung des Stiefvaters durch den Beschuldigten im Umfang von Fr. 7'000.-- bis Fr. 10'000.-- vereinbart ist (vgl. S. 20 Rz. 5; bzw. CAR pag. 5.300.005 Rz. 34 ff.). Der Beuteanteil des Beschuldigten von ca. Fr. 12'660.-- aus der ersten Bankomatensprengung in Sevelen SG hätte somit bereits ausgereicht, um die Kos—ten für die Spitalbehandlung seines Stiefvaters zu bezahlen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass der Beschuldigte gemäss eigenen Angaben mit dem Rest, d.h. nach Abzug der Kosten für die Spitalbehandlung seines Stiefvaters, seine Schulden zurückbezahlt habe (S. 19 Rz. 41 f.). Der Beschuldigte hätte die Tat in Neftenbach ZH und deren Folgen auch unter diesen Gesichtspunkten ohne Weiteres vermeiden können. Wenn es ihm tatsäch—lich (ausschliesslich) um die Finanzierung der Spitalbehandlung des kranken Stiefvaters gegangen wäre, so wäre die zweite Bankomatensprengung in Neftenbach nicht nötig gewesen.
Das subjektive Tatverschulden, inkl. der offenbarten kriminellen Energie, ist insgesamt leicht weniger erheblich zu werten als dasjenige bei der Bankomatensprengung in Sevelen SG.
1.4.1.3 Tatverschulden; hypothetische Einzelstrafe
Insgesamt ist das Tatverschulden leicht weniger erheblich zu werten als dasjenige bei der Bankomatensprengung in Sevelen SG. Die hypothetische Einzelstrafe für dieses Delikt ist unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte auf 32 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4.2 Qualifizierter Diebstahl (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB) am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG (AKZ 1.1.3)
Der qualifizierte Diebstahl zum Nachteil der B. Bank in Sevelen SG ist aufgrund der höheren Deliktssumme (Fr. 126'600.-) das schwerere Vermögensdelikt als dasjenige zum Nachteil der F. Bank in Neftenbach ZH (Fr. 103'200). Im Hinblick auf die Vermögendelikte ist somit zuerst betreffend jenes in Sevelen SG eine hypothetische Einzelstrafe festzusetzen.
1.4.2.1 Objektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte hat nach der Bankomatensprengung in Sevelen SG die B. Bank durch qualifizierten Diebstahl im Umfang von Fr. 126'600.-- geschädigt, was einen beträchtlichen Deliktsbetrag darstellt. Zur Art und Weise der Tatausführung, namentlich zur offenbarten Gefährlichkeit im Sinne von Art. 139 Ziffer 3 Abs. 4 StGB, kann einerseits auf die Ausführungen zur Strafzumessung zu Art. 224 Abs. 1 StGB (oben E. II. 1.3.1) verwiesen werden. Ergänzend ist zu erwähnen, dass der Beschuldigte und sein Mittäter nicht nur TATP einsetzten, sondern auch zwei Brech—eisen (Geissfüsse) mitführten, mit welchen sie allfällig anzutreffende Menschen, insbesondere auf dem Fluchtweg, schwer hätten verletzen können. Das objektive Tatverschulden war auch unter diesem Gesichtspunkt erheblich.
1.4.2.2 Subjektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz (ersten Grades), war es doch sein Ziel, das sich im Geldautomaten befindende Geld zu stehlen. Auch wenn er und der Mittäter nicht wissen konnten, welcher Geldbetrag im Bankomaten tatsächlich lagerte, war das Handlungsziel auf das Erlangen einer möglichst grossen Geldsumme gerichtet. Bezüglich des Arguments des Beschuldigten, zwecks Finanzierung der Spitalbehandlung seines kranken Stiefvaters möglichst rasch illegal an Geld zu kommen (vgl. CAR pag. 5.200.023) kann im Wesentlichen auf die obigen Ausführungen zu Art. 224 Abs. 1 StGB (E. II. 1.3.2) verwiesen werden, da sich Handlungsziel und Motivlage mit jenem Tatbestand überlagern. Das subjektive Tatverschulden, inkl. der offenbarten kriminellen Energie, ist ebenfalls als erheblich zu qualifizieren.
1.4.2.3 Tatverschulden; hypothetische Einzelstrafe
Insgesamt ist das Tatverschulden als erheblich zu werten. Beim erwähnten Strafrahmen von 6 Monaten bis 10 Jahren Freiheitsstrafe erscheint für dieses Delikt unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte eine hypothetische Einsatzstrafe von 24 Monaten Freiheitsstrafe angemessen.
1.4.3 Qualifizierter Diebstahl (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB) am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.3)
1.4.3.1 Objektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte schädigte die F. Bank durch qualifizierten Diebstahl im Umfang von Fr. 103'200.--, was wiederum eine beträchtliche, wenn auch etwas geringere Deliktssumme als in Sevelen SG darstellt. Was das übrige objektive Tatverschulden anbelangt, kann grundsätzlich auf die Ausführungen zum Vermögensdelikt in Sevelen SG (oben E. II. 1.4.2.1) verwiesen werden, da sich Handlungsziel und Motivlage mit jenem Delikt decken. Das objektive Tatverschulden ist aufgrund der etwas geringere Deliktssumme leicht weniger erheblich zu werten als jenes beim Vermögensdelikt in Sevelen SG.
1.4.3.2 Subjektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz (ersten Grades), war es doch sein Ziel, das sich im Geldautomaten befindende Geld zu stehlen. Auch wenn er und der Mittäter nicht wissen konnten, welcher Geldbetrag im Bankomaten tatsächlich lagerte, war das Handlungsziel auf das Erlangen einer möglichst grossen Geldsumme gerichtet. Was die Argumentation des Beschuldigten bezüglich Verzweiflung aus Geldnot bzw. dringenden Finanzierungsbedarfs für die Spitalbehandlung des kranken Stiefvaters betrifft (vgl. CAR pag. 5.200.023; oben E. II. 1.3.2), ist diese im Hinblick auf den qualifizierten Diebstahl in Neftenbach ZH erst recht nicht stichhaltig (vgl. oben E. II. 1.4.1.2). Der Beschuldigte hätte die Tat auch unter diesen Gesichtspunkten ohne Weiteres vermeiden können. Wenn es ihm tatsächlich (ausschliesslich) um den Stiefvater gegangen wäre, hätte es den zweiten qualifizierten Diebstahl ohnehin nicht gebraucht. Das subjektive Tatverschulden, inkl. der offenbarten kriminellen Energie, ist als erheblich zu qualifizieren.
1.4.3.3 Tatverschulden; hypothetische Einzelstrafe
Insgesamt ist das Tatverschulden leicht weniger erheblich zu werten als beim qualifizierten Diebstahl in Sevelen SG. Die hypothetische Einzelstrafe für dieses Delikt ist demgemäss unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte auf 22 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4.4 Qualifizierte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.4)
Die qualifizierte Sachbeschädigung im Zusammenhang mit der Bankomatensprengung in Neftenbach ZH ist im Vergleich zu derjenigen von Sevelen SG aufgrund des höheren Sachschadens (Fr. 167'000.- bzw. Fr. 107'000.-) die schwerere Tat. Im Hinblick auf die qualifizierten Sachbeschädigungen ist somit zuerst betreffend jene in Neftenbach ZH eine hypothetische Einzelstrafe festzusetzen.
1.4.4.1 Objektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte verursachte zusammen mit seinem Mittäter aufgrund der Spren—g—ung des Bankomaten der F. Bank in Neftenbach ZH einen grossen Sachschaden von insgesamt ca. Fr. 167'000.--. Das objektive Tatverschulden ist somit als erheblich zu gewichten.
1.4.4.2 Subjektive Tatkomponenten
Die Beschädigung des Bankomaten erfolgte gezielt bzw. mit direktem Vorsatz zweiten Grades, um an das sich darin befindende Bargeld zu gelangen. Die mit der Verwendung von TATP einhergehende Beschädigung der Liegenschaft (in welcher der Bankomat eingebaut war) sowie der im Verkaufsgeschäft L. Shop im Innern der Liegenschaft lagernden Verkaufsgegenstände wiederum bezog der Beschuldigte als notwendige Folge der Erreichung seines Ziels in seinen Entschluss mit ein, womit er zumindest eventualvorsätzlich handelte (vgl. Stratenwerth, a.a.O., S. 201 ff. N. 93 ff., bzw. oben E. II. 1.3.2). Der Beschuldigte hätte die Tat ohne Weiteres vermeiden können. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen zum in Neftenbach ZH verübten Sprengstoffdelikt bzw. zum dort begangenen qualifizierten Diebstahl verwiesen wer—den (E. II. 1.4.1.2 und 1.4.3.2). Das subjektive Tatverschulden, inkl. der offenbarten kriminellen Energie, ist demnach als erheblich zu werten.
1.4.4.3 Tatverschulden; Wahl der Sanktionsart
Das (Gesamt-)Tatverschulden ist als erheblich zu gewichten. Deshalb und unter Berücksichtigung, dass die qualifizierte Sachbeschädigung in einem engen Zusammenhang zu den vorgenannten Delikten steht, kann dem dadurch begangenen Unrecht nur mit einer Freiheitsstrafe begegnet werden. Zu beachten ist allerdings, dass das (Gesamt-)Tatverschulden teilweise durch die für die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Neftenbach ZH auszusprechende Strafe (vgl. oben E. II. 1.4.1 - 1.4.1.3) abgegolten ist. Trotz dieses Umstands vermöchte eine Geldstrafe – deren Höchstmass von 180 Tagessätzen einem Äquivalent von 6 Monaten Freiheitsstrafe entspricht – dem begangenen Unrecht nicht hinreichend Rechnung zu tragen. Denn die Grenze des grossen Schadens von Fr. 10'000.--, bei welchem bereits ein Jahr Freiheitsstrafe ausgesprochen werden kann (vgl. BGE 136 IV 119 E. 4.3.1; Urteil des BGer 6B_699/2018 vom 7. Februar 2019 E. 3.3.1), ist vorliegend bei Weitem überschritten. Folglich ist auf eine Freiheitsstrafe zu erkennen.
1.4.4.4 Hypothetische Einzelstrafe
Die hypothetische Einzelstrafe für dieses Delikt ist unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte auf 14 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4.5 Qualifizierte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG (AKZ 1.1.4)
1.4.5.1 Objektive Tatkomponenten
In Bezug auf die qualifizierte Sachbeschädigung im Zusammenhang mit der Bankomatensprengung in Sevelen SG kann in objektiver Hinsicht auf das bei der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Sevelen SG Ge—sagte verwiesen werden (oben E. II. 1.3.1). Vorliegend hat der Beschuldigte zu—sam—men mit seinem Mittäter einen Sachschaden von ca. Fr. 107'000.-- verursacht, was einen grossen, wenn auch vergleichsweise etwas geringeren Schaden als in Neftenbach ZH darstellt. Das objektive Tatverschulden ist aufgrund der geringeren Schadenssumme als leicht weniger erheblich zu werten als jenes bei der qualifizierten Sachbeschädigung in Neftenbach ZH.
1.4.5.2 Subjektive Tatkomponenten
Die Beschädigung des Bankomaten erfolgte gezielt bzw. mit direktem Vorsatz zweiten Grades, um an das sich darin befindende Bargeld zu gelangen. Die mit der Verwendung von TATP einhergehende Beschädigung des Gebäudes an der J. Strasse in Sevelen SG (in welches der Bankomat eingebaut war) wiederum bezog der Beschuldigte als notwendige Folge der Erreichung seines Ziels in seinen Entschluss mit ein, womit in dieser Hinsicht zumindest Eventualvorsatz vorlag (vgl. Stratenwerth, a.a.O., S. 201 ff. N. 93 ff., bzw. oben E. II. 1.3.2). Bezüglich der Argumentation des Beschuldigten, wonach er in der Verzweiflung bzw. Geldnot zwecks Finanzierung der Spitalbehandlung für seinen kranken Stiefvater rasch illegal an Geld habe kommen müssen (vgl. CAR pag. 5.200.023). und betreffend weitere Aspekte der subjektiven Tatkomponenten kann im Wesentlichen auf die obigen Ausführungen (E. II. 1.3.2 und 1.4.2.2) verwiesen werden, da sich Handlungsziel und Motivlage mit jenen weiteren Tatbeständen überlagern. Das subjektive Tatverschulden, inkl. der offenbarten kriminellen Energie, ist leicht weniger erheblich zu werten als bei der qualifizierten Sachbeschädigung in Neftenbach ZH.
1.4.5.3 Tatverschulden; Wahl der Sanktionsart
Das Tatverschulden ist insgesamt leicht weniger erheblich einzuschätzen als bei der qualifizierten Sachbeschädigung in Neftenbach ZH. Was die Wahl der Strafart anbelangt, kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zur qualifizierten Sach—beschädigung im Zusammenhang mit der Bankomatensprengung von Neftenbach ZH verwiesen werden (oben E. II. 1.4.4.3). Demnach ist auch beim vorliegenden Delikt auf eine Freiheitsstrafe zu erkennen.
1.4.5.4 Hypothetische Einzelstrafe
Die hypothetische Einzelstrafe für dieses Delikt ist unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte auf 12 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4.6 Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.5)
1.4.6.1 Objektive Tatkomponenten
Der Beschuldigte betrat im Hinblick auf die Bankomatensprengung am 20. Dezember 2019 an der K. Strasse in Neftenbach unrechtmässig den Bankomatenraum und das Verkaufsgeschäft L. Shop vom Vorplatz der Liegenschaft her durch die in Folge der Explosion ent—stan—dene Öffnung in der südlichen Fassade der Liegenschaft und behändigte dort das Bargeld. Es handelt sich um ein Begleitdelikt im Bagatellbereich. Das Ausmass des verschuldeten Erfolgs bzw. das objektive Tatverschulden ist daher als gering zu werten.
1.4.6.2 Subjektive Tatkomponenten
Auch die Intensität des deliktischen Willens und die kriminelle Energie, bzw. das subjektive Tatverschulden sind in Bezug auf dieses Delikt als gering zu qualifizieren.
1.4.6.3 Tatverschulden; Wahl der Sanktionsart
Gemäss Art. 41 Abs. 1 StGB kann das Gericht statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (lit. a); oder eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (lit. b). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Abs. 2).
Unter Berücksichtigung des deliktspezifischen Strafrahmens (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe [Art. 186 StGB]) und des geringen (Gesamt-)Tatverschuldens erscheint eine Strafe von 30 Strafeinheiten angemessen. Eine solche Strafe liegt gemäss geltendem Sanktionsrecht im Bereich, in welchem sich die beiden Sanktionsarten Freiheitsstrafe und Geldstrafe überschneiden (vgl. Art. 34 Abs. 1 und Art. 40 StGB). Gemäss dem Prinzip der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2, Art. 36 Abs. 3 BV) soll bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, welche weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift (vgl. Urteil der Berufungskammer des BStGer CA.2020.22 vom 16. Dezember 2021 E. 4.3). Wie bereits die Vorinstanz zutreffend und eingehend ausgeführt hat (Urteil SK.2023.36 E. 8.4.5.2 Abs. 2), gilt der Grundsatz Geldstrafe vor Freiheitsstrafe nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung allerdings nicht absolut, sondern kennt Ausnahmen (vgl. BGE 147 IV 241 E. 3.2). So ist insbesondere die Schuld des Täters zu berücksichtigen, um die Art der Strafe zu bestimmen, die eine Straftat nach Art. 47 StGB sanktionieren soll (BGE 147 IV 241 E. 3.2; 144 IV 217 E. 3.3.1 S. 225). Die Schuld ist für die Wahl der Sanktion indes nicht stets (alleine) entscheidend (BGE 144 IV 313 E. 1.1.1 S. 317, insbesondere mit Verweis auf BGE 137 II 297 E. 2.3.4). Wenn verschiedene Arten von Strafen in Betracht kommen, kann die Schuld des Täters nicht das entscheidende Kriterium sein, sondern es müssen – neben der Angemessenheit der Strafe – die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, deren Auswirkungen auf den Täter und seine soziale Situation sowie ihre Wirkung im Hinblick auf die Prävention beurteilt werden (BGE 147 IV 241 E. 3.2; 144 IV 313 E. 1.1.1; 137 II 297 E. 2.3.4; 134 IV 97 E. 4.1).
Der Beschuldigte weist mehrere einschlägige Vorstrafen auf (vgl. CAR pag. 4.401.002 f.) und ist mittellos. Deshalb kann die präventive Wirkung einer monetären Sanktion auf ihn heute verneint werden. Mit Blick auf die Zweckmässigkeit der Sanktion und ihre spezialpräventive Wirkung erscheint daher, obwohl das Tatverschulden in Bezug auf das vorliegende Delikt bei isolierter Betrachtung gering ist, eine Freiheitsstrafe als gerechtfertigt, zumal zwischen den in Neftenbach ZH begangenen Delikten ein enger örtlicher und zeitlicher Sachkonnex besteht.
1.4.6.4 Hypothetische Einzelstrafe
Die hypothetische Einzelstrafe für dieses Delikt ist unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte auf 1 Monat Freiheitsstrafe festzusetzen.
1.4.7 Bestimmung der hypothetischen Gesamtstrafe mittels Asperation
Nachfolgend ist, ausgehend von der gedanklichen Einsatzstrafe (oben E. II. 1.3.3) und den jeweiligen hypothetischen Einzelstrafen (vgl. oben E. II. 1.4.1 - 1.4.6.4), mittels Asperation die hypothetische Gesamtstrafe zu bestimmen (Art. 49 Abs. 1 StGB).
1.4.7.1 Die gedankliche Einsatzstrafe betreffend die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) in Sevelen SG (AKZ 1.1.2) beträgt 48 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.3.3). Diese wird in Bezug auf die weiteren Delikte wie folgt asperiert (zur Methodik vgl. oben E. II. 1.1.2):
1.4.7.2 Die hypothetische Einzelstrafe für die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.2) beträgt 32 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.1.3). Bei diesem Delikt handelt es sich (im Vergleich mit jener in Sevelen SG) um einen selbständigen, räumlich, sachlich und zeitlich abgegrenzten Sachverhalt. Zwischen den beiden Delikten besteht Realkonkurrenz. Die Tatsache der zweifachen Tatbegehung (in Neftenbach ZH, nach der Bankomatensprengung in Sevelen SG) ist auch Ausdruck einer seriellen Delinquenz von ausgeprägter Professionalität (vgl. CAR pag. 5.200.008). Diese Aspekte sprechen je dafür, dass sich die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Neftenbach ZH tendenziell in einem erheblichen Mass straferhöhend auszuwirken hat. Unter den genannten Gesichtspunkten erscheint es angemessen, die gedankliche Einsatzstrafe diesbezüglich um 24 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
1.4.7.3 Die hypothetische Einzelstrafe für den qualifizierten Diebstahl (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB) in Sevelen SG (AKZ 1.1.3) beträgt 24 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.2.3). Dieses Delikt steht in einem unmittelbaren sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Sevelen SG. Deshalb ist der Beitrag des zusätzlichen Delikts zum Gesamtverschulden – obwohl der Diebstahl des Geldes das eigentliche Handlungsmotiv und die Höhe der gestohlenen Geldsumme beträchtlich war – nicht besonders ausgeprägt. Die Asperation darf nicht allzu stark ausfallen. Es erscheint angemessen, wegen des qualifizierten Diebstahls in Sevelen SG die gedankliche Einsatzstrafe um weitere 10 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
1.4.7.4 Die hypothetische Einzelstrafe für den qualifizierten Diebstahl (Art. 139 Ziffer 1 i.V.m. Ziffer 3 Abs. 4 StGB) in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.3) beträgt 22 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.3.3). Bei diesem Delikt handelte es sich (im Vergleich mit der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Sevelen SG) zwar um einen selbständigen, räumlich, sachlich und zeitlich abgegrenzten Sachverhalt. Wie erwähnt, ist die Tatsache der zweifachen Tatbegehung (in Neftenbach ZH, nach der Bankomatensprengung bzw. dem qualifizierten Diebstahl in Sevelen SG) zudem Ausdruck einer seriellen Delinquenz von ausgeprägter Professionalität. Diese Umstände wurden indes bereits in Bezug auf die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Neftenbach ZH (oben E. II. 1.4.7.2) stark straferhöhend gewichtet, welche ihrerseits zum selben Tatkomplex gehört wie der qualifizierte Diebstahl in Neftenbach ZH. Zudem war der in Neftenbach ZG entwendete Geldbetrag geringer als jener in Sevelen SG. Unter diesen Gesichtspunkten ist das Asperationsprinzip betreffend den qualifizierten Diebstahl in Neftenbach ZH eher moderat anzuwenden. Angemessen erscheint diesbezüglich eine Erhöhung der gedanklichen Einsatzstrafe um weitere 9 Monate Freiheitsstrafe.
1.4.7.5 Die hypothetische Einzelstrafe für die qualifizierte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.4) beträgt 14 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.4.4). Das betreffend den qualifizierten Diebstahl in Neftenbach ZH Gesagte (bereits zuvor erfolgte Berücksichtigung stark straf—erhöh——ender Umstände; vgl. oben E. II. 1.4.7.4) gilt überwiegend auch in Bezug auf die qualifizierte Sachbeschädigung in Neftenbach ZH. Letzteres Delikt war im Hinblick auf die verursachte Schadenssumme zwar gravierender als die qualifizierte Sachbeschädigung in Sevelen SG (vgl. oben E. II. 1.4.4.1 und 1.4.5.1). Der Anteil am Gesamtverschulden ist jedoch, auch unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Asperation im Zusammenhang mit der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Neftenbach ZH (oben E. II. 1.4.7.2) und des qualifizierten Diebstahls in Neftenbach ZH (oben E. II. 1.4.7.4), nicht sehr ausgeprägt. Zusätzlich zu beachten ist, dass im vorliegenden Berufungsverfahren eine erhebliche Zahl von Delikten zu beurteilen bzw. asperieren sind, weshalb sich diese im Einzelnen auf die Einsatzstrafe tendenziell weniger erhöhend auswirken. Das ergibt sich schon daraus, dass ab einem bestimmten Punkt der zur Verfügung stehende Strafrahmen ausgeschöpft ist und zusätzliche Delikte nicht mehr bestraft werden können (vgl. Mathys, a.a.O., S. 188 N. 506). Insgesamt ist es angemessen, die gedankliche Einsatzstrafe um weitere 5,7 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
1.4.7.6 Die hypothetische Einzelstrafe für die qualifizierte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) in Sevelen SG (AKZ 1.1.4) beträgt 12 Monate Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.5.3). Das betreffend den qualifizierten Diebstahl in Sevelen SG (oben E.II. 1.4.7.3) und die qualifizierte Sachbeschädigung in Neftenbach ZH (oben E II. 1.4.7.5) Ausgeführte gilt im Hinblick auf die Asperation, welche bezüglich der qualifizierten Sachbeschädigung in Sevelen SG vorzunehmen ist – in kombinierter Weise – entsprechend. Insbesondere gehört das letztgenann—te Delikt zum selben Sachverhaltskomplex wie die Gefährdung durch Spreng——stoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht in Sevelen SG. Zudem war die qualifizierte Sachbeschädigung in Sevelen SG weniger gravierend als jene in Neftenbach ZH (vgl. oben E. II. 1.4.4.1 und 1.4.5.1). Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es angemessen, die gedankliche Einsatzstrafe um weitere 5 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
1.4.7.7 Die hypothetische Einzelstrafe für den Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) in Neftenbach ZH (AKZ 1.2.5) beträgt 1 Monat Freiheitsstrafe (oben E. II. 1.4.6.4). Es handelt sich diesbezüglich nicht um einen typischen Hausfriedensbruch, sondern um ein Begleitdelikt im Bagatellbereich. Die gedankliche Einsatzstrafe ist deshalb abschliessend nur minimal um 0,3 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
1.4.7.8 Gemäss diesen Ausführungen (E. II. 1.4.7 - 1.4.7.7: 48 Monate + 24 Monate + 10 Monate + 9 Monate + 5,7 Monate + 5 Monate + 0,3 Monate) ergibt sich eine hypothetische Gesamtstrafe von 102 Monaten Freiheitsstrafe.
1.5 Täterkomponenten
1.5.1 Rechtliches
1.5.1.1 Im Gegensatz zu den Tatkomponenten, die sich auf den Zeitpunkt der Tatbegehung beschränken, umfassen die Täterkomponenten auch den Zeitraum vor oder nach der Tat. Bei der Würdigung des Täters sind jedoch die Umstände massgeblich, wie sie sich zur Zeit der Beurteilung ergeben (Mathys, a.a.O., S. 117 N. 313; BGE 113 IV 56 E. 4). Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann bloss ein hartnäckiges Bestreiten der Tatvorwürfe unter gewissen Umständen als fehlende Einsicht und Reue ausgelegt und straferhöhend berücksichtigt werden (vgl. Urteil des BGer 6B_1032/2017 vom 1. Juni 2018 E. 6.4.2; Wiprächtiger/Keller, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 47 StGB N. 173). Ein deliktfreies Verhalten während eines laufenden Strafverfahrens darf vorausgesetzt werden (Urteil des BGer 6B_882/2009 vom 30. März 2010 E. 2.5); Delinquenz während der Probezeit und der Strafuntersuchung wirkt sich hingegen straferhöhend aus (Mathys, a.a.O., S. 124 f. N. 329 f.).
1.5.1.2 Betreffend die straferhöhende Berücksichtigung von Vorstrafen kann im Wesentlichen auf die zutreffenden und unbestrittenen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden, ebenso wie bezüglich der differenzierten Ausführungen zu den strafmindernden Auswirkungen eines Geständnisses, des kooperativen Verhaltens eines Täters bei der Aufklärung von Straftaten, sowie von Einsicht und Reue (Urteil SK.2023.26 E. 8.5.1.2 bzw. 8.5.2.1 lit. a; Art. 82 Abs. 4 StPO; vgl. dazu ergänzend auch Mathys, a.a.O., S. 126 ff. N. 334 ff. und S. 136 f. N. 363).
1.5.2 Vorleben und persönliche Verhältnisse
1.5.2.1 Der […]-jährige Beschuldigte ist rumänischer Staatsangehöriger. Er wuchs in Rumänien (VV.) mit zwei Geschwistern und drei Halbgeschwistern auf (BA pag. 13-03-0006 ff.). Seine Mutter wird demnächst 71 Jahre alt und sein Stiefvater ist vor rund einem Jahr verstorben. Sein leiblicher Vater starb, als der Beschuldigte einjährig war. Gemäss eigenen Angaben ist der Beschuldigte verheiratet und hat eine ca. fünfzehnjährige Tochter. Seine Familie lebt in VV. in Rumänien. Der Beschuldigte besuchte 8 Jahre die Grundschule. Anschliessend absolvierte er während 3 Jahren die Berufsschule, in welcher er 1997 die Ausbildung als Landwirtschaftsmechaniker abschloss. Er arbeitete bis 2000 als Mechaniker. Danach arbeitete er in Italien und Frankreich auf Baustellen und in England als Chauffeur. Im Dezember 2019 wohnte er bei I. in Z. in Österreich und kehrte kurz vor Weihnachten nach VV. zu seiner Familie zurück. Ab Januar 2020 arbeitete er für wenige Monate in seiner Heimatstadt als Auto- und Lastwagenfahrer. Am 29. Mai 2020 reiste er zurück nach Z. und meldete den Einwohnerbehörden einen Nebenwohnsitz an, weil er dort in der Firma von I. beschäftigt war (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 8.5.1.1 Abs. 1; CAR pag. 5.300.002 ff.).
1.5.2.2 Zurzeit verbüsst der Beschuldigte eine mehrjährige Haftstrafe im Zusammenhang mit einer Verurteilung in Dänemark (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 3.4.5; 8.8.4; oben SV lit. A.5). Aufgrund des Strafvollzugs hat er weder ein ordentliches Erwerbseinkommen noch Vermögen. Schulden hat er nach eigenen Angaben keine. Was seine gesundheitliche Verfassung anbelangt, bekommt er im Strafvollzug Medikamente für die Augen bzw. gegen Kopfschmerzen. Ansonsten ist er bei guter Gesundheit. Nach seiner Haftentlassung will er wieder bei seiner Familie in Rumänien leben und dort arbeiten (vgl. BA pag. 13.03-0007 f, -0075 f.; 16-02-0050; TPF pag. 18.731.006; CAR pag. 5.300.004).
1.5.2.3 Die Führungsberichte der Regionalgefängnisse W. vom 11. Oktober 2023 und X. vom 2. Oktober 2023 und 26. Februar 2024, des Gefängnisses Y. vom 3. Oktober 2023 sowie der Justizvollzugs—anstalt WWW. vom 4. März 2024 sind alle durchwegs positiv und bescheinigen dem Beschuldigten insgesamt eine gute bis sehr gute Führung (TPF 18.232.7.010, -013, -017; CAR pag. 6.100.012 f., -014 ff.).
1.5.2.4 Die Vorstrafen des Beschuldigten hat bereits die Vorinstanz detailliert unter Angabe der relevanten Aktenstellen aufgeführt (Urteil SK.2023.36 E. 8.5.1.1 Abs. 4; vgl. ergänzend auch CAR pag. 5.300.003 ff.). Der Übersicht halber werden diese nachfolgend in Kurzform und aufgeteilt nach Ländern nochmals aufgelistet.
Italien:
- bedingte Freiheitsstrafe von 4 Monaten und Busse von € 300.-- (Urteil des Tribunale di WW. vom 23. April 2007 wegen versuchten Diebstahls in Mittäterschaft);
- Freiheitsstrafe von 8 Monaten und Busse von € 400.-- (Urteil des Tribunale di XX. vom 24. Oktober 2007 wegen mehrfachen Einbruchdiebstahls in Mittäterschaft).
Frankreich:
- Bedingte Freiheitsstrafe von 3 Monaten (Strafentscheid des Tribunal Correctionnel de YY. vom 7. Juli 2008 wegen Hehlerei [Verkauf von Diebesgut]):
- Busse von € 400.-- (Strafentscheid des Tribunal Correctionnel de ZZ. vom 10. August 2011 wegen Lenkens eines Fahrzeugs ohne Versicherungsschutz);
- Freiheitsstrafe von 1 Monat und Busse von € 500.-- (Strafentscheid des Tribunal Correctionnel de UUU. vom 29. August 2011, wegen unberechtigten Aufenthalts, Verwendung von gefälschten Dokumenten und Lenkens eines Fahrzeugs ohne Versicherungsschutz);
- Freiheitsstrafe von 10 Monaten (Urteil des Tribunal Correctionnel d'VVV. vom 27. Januar 2012 wegen qualifizierten Diebstahls).
Schweiz:
- Freiheitsstrafe von 6 Monaten (Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons YYY. vom 4. Dezember 2012 wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Diebstahls, mehrfachen versuchten Diebstahls, mehrfachen Hausfriedensbruchs, mehrfachen rechts—widrigen Aufenthalts im Sinne des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Auslän—der, mehrfacher rechtswidriger Einreise im Sinne des Bundesgesetzes über die Auslän—derinnen und Ausländer, widerrechtlicher Aneignung von Kontrollschildern im Sinne des Strassenverkehrsgesetzes, Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch im Sinne des Strassenverkehrsgesetzes und der Fälschung von Ausweisen).
Luxemburg:
- Gefängnisstrafe von 36 Monaten, wovon 18 Monate unbedingt und 18 Monate bedingt vollziehbar, und Busse von € 1'000.-- (Urteil des Tribunal Correctionnel ZZZ. vom 21. März 2013, wegen mehrfachen Diebstahls und Hehlerei);
- Gefängnisstrafe von 30 Monaten (Urteil des Tribunal Correctionnel ZZZ. vom 16. Oktober 2014, wegen mehrfachen Diebstahls)
Dänemark:
- Freiheitsstrafe von 6 Jahren, sowie lebenslanges Einreiseverbot (Urteil des U. Landsret [Landesgericht U.] vom 17. Juni 2022, letztinstanzlich, im Zusammenhang mit einer Sprengstoffattacke auf einen Bankomaten wegen qualifizierten Diebstahls, unzulässigen Besitzes oder Gebrauchs von Waffen, Feuerwaffen, deren Teilen oder Komponenten, Munition und Sprengstoffen).
Wie die Vorinstanz sinngemäss bereits zutreffend festgehalten hat (Urteil SK.2023.36 E. 8.5.1.1 Abs. 4), gilt der Beschuldigte, da er die im vorliegenden Berufungsverfahren CA.2023.30 beurteilten Delikte vor der Verurteilung in Dänemark begangen hat, in Bezug auf Letztere als nicht vorbestraft.
1.5.2.5 Sämtliche Vorstrafen sind vorliegend mit 3 Monaten leicht straferhöhend zu berücksichtigen, da sie relativ lange zurückliegen. Der Beschuldigte ist mehrfach einschlägig in mehreren Ländern vorbestraft; durch die mehrfachen Verurteilungen innerhalb von rund 7 ½ Jahren zu – teilweise vollzogenen – Freiheitsstrafen und Bussen liess er sich nicht beeindrucken. Die langjährige Kriminalhistorie zeugt von einer Unbelehrbarkeit und fehlenden Bereitschaft, die Rechtsordnung einzuhalten. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass der Beschuldigte seine entsprechende Schuld durch den bereits erfolgten Vollzug der Strafen gesühnt hat (vgl. oben E. II. 1.5.1.2).
1.5.3 Nachtatverhalten und Verhalten im Strafverfahren
1.5.3.1 In erheblichem Ausmass ist vorliegend strafmindernd zu berücksichtigen, dass sich der Beschuldigte im Vorverfahren und vor Gericht relativ kooperativ verhielt bzw. ein relativ weitgehendes Geständnis ablegte und einsichtig ist. Da das Geständnis nicht vollumfänglich war, er insbesondere seinen mutmasslichen Mittäter erst anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nannte, hat er die Ermittlungen nur teilweise erleichtert. Auch anlässlich der Berufungsverhandlung zeigte sich, dass der Beschuldigte seine Taten in verschiedener Hinsicht eher verharmlost. Eine wirkliche Reue des Beschuldigten ist nach Auffassung der Berufungskammer nicht erkennbar, auch wenn er anlässlich der erst- und zweitinstanzlichen Hauptverhandlung mehrmals zu Protokoll gab, dass es ihm leidtue, was er gemacht habe (vgl. TPF pag. 18.720.007; CAR pag. 5.100.006 unten; 5.300.007 Rz. 27). So stellte der Beschuldigte eine Inkaufnahme der Gefährdung von Menschenleben in Sevelen SG konsequent in Abrede (vgl. CAR pag. 5.300.008 Rz. 9 f.; -012 Rz. 1 f.; -014 Rz. 28 ff.; 5.100.006). Die BA wertete anlässlich der Berufungsverhandlung das Aus—sageverhalten des Beschuldigten «insgesamt dennoch, trotz allem» als positiv und sprach sich dafür aus, ihm «letztlich den vollumfänglichen Geständnisrabatt zuzuerkennen» (CAR pag. 5.100.005 unten). Unter den erwähnten Gesichtspunkten erscheint es angemessen, die teilweise Kooperation bzw. das relativ weitgehende Geständnis im Umfang von 30 Monaten strafmindernd zu berücksichtigen.
1.5.3.2 Betreffend Nachtatverhalten ist zu erwähnen, dass sich der Beschuldigte während laufender Strafuntersuchung nicht wohlverhielt: Rund sechs Monate nach den Sprengstoffattacken auf die Bankomaten in Sevelen SG und Neftenbach ZH verübte er am 16. Juni 2020 eine weitere Bankomatensprengung in Dänemark. Zu berücksichtigen ist aber, dass er für diese Tat mit Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, welcher er zurzeit verbüsst (vgl. oben SV lit. A.5; E. II. 1.5.2.2). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dürfte erhebliche Auswirkungen auf sein Leben wie auch eine gewisse Warnwirkung haben. In der vorliegenden besonderen Fallkonstellation ist relevant, dass der Unrechtsgehalt der Tat in Dänemark bereits mit dem rechtskräftigen Urteil des dänischen Landgerichts abgegolten ist. Eine nochmalige Berücksichtigung des Fehlverhaltens in Dänemark unter dem Aspekt des Nachtatverhaltens würde gegen das Verbot der Doppelverwertung verstossen, zumal vorliegend, wie noch aufzuzeigen sein wird, eine Gesamtstrafenbildung – unter Anwendung des Asperationsprinzips – für die Taten in Dänemark und der Schweiz mangels rechtlicher Möglichkeit einer Zusatzstrafe nicht möglich ist (vgl. unten E. II. 1.5.5). Daher ist diesbezüglich von einer Straferhöhung abzusehen und das Nachtatverhalten insgesamt als neutral zu werten.
1.5.4 Auswirkung der Täterkomponenten auf die hypothetische Gesamtstrafe
Gemäss diesen Ausführungen ist, unter Würdigung aller Umstände und Strafzumessungsfaktoren, für die vorgenannten Delikte eine Freiheitsstrafe von 75 Monaten verschuldens- und täterangemessen (hypothetische Gesamtstrafe: 102 Monate [E. II. 1.4.7.8]; Vorstrafen [ohne Berücksichtigung des dänischen Urteils]: Erhöhung um 3 Monate Freiheitsstrafe [E. II. 1.5.2.4 f.]; Verhalten im Strafverfahren i.S.v. teilweiser Kooperation / teilweisem Geständnisrabatt: Reduktion um 30 Monate Freiheitsstrafe [E. II. 1.5.3.1]; Nachtatverhalten: neutrale Wertung [E. II. 1.5.3.2]). Weitere Strafmilderungsgründe liegen nicht vor.
1.5.5 Kein Fall von retrospektiver Konkurrenz / keine Zusatzstrafe zum Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022
1.5.5.1 Die Verteidigung brachte anlässlich der Berufungsverhandlung Folgendes vor: Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung könne eine Zusatzstrafe gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB nur noch zu inländischen Urteilen ausgesprochen werden (BGE 142 IV 329, 330 f.; siehe auch Urteil des BGer 6B_633/2019 vom 2. September 2019 E. 1.2). Demnach wäre das Urteil des Landesgerichts U. von Dänemark vom 17. Juni 2022 nicht zu berücksichtigen. Damit greife auch das in Art. 49 Abs. 1 StGB verankerte Asperationsprinzip im hier vorliegenden Fall der retro—spekti—ven Konkurrenz nicht. Die Begründung des Bundes—gerichts, wonach eine Zusatzstrafe zu einem ausländischen Urteil nur ausgefäIIt werden könne, wenn diese Taten betreffe, die in den räumIichen Geltungsbereich des StGB fielen, vermöge nicht zu überzeugen, weil die Strafzumessung nach dem neuen Entscheid von zu vielen Zufälligkeiten abhänge, durch stelIvertretende Strafverfolgung beeinflusst werden könnte oder sogar vom Beschuldigten selbst, der einem Selbst—belastungszwang ausgesetzt würde. Er müsste auf eine im Ausland ergehende Verurteilung für sämtliche Delikte hinwirken, denn nur so würde das Asperations—prinzip greifen (gemäss Kritik von Bacharach, AJP 2017, S. 409 f.). Deshalb sei nach Ansicht der Verteidigung das ausländische Urteil zu berücksichtigen und in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB eine Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgerichts U. von Dänemark vom 17. Juni 2022 zu fäIlen sei (CAR pag. 5.200.021 f.; vgl. auch TPF pag. 18.721.019 ff.).
1.5.5.2 Das Bundesgericht hat im erwähnten Änderungsentscheid BGE 142 IV 329 E. 1.4.1 auf die Kritik an seiner vorherigen Rechtsprechung (statt vieler: Riedo, Retrospektive Intransparenz, Bemerkungen zu Art. 49 Abs. 2 StGB, in: Droit pénal et diversités culturelles, Mélanges en l'honneur de José Hurtado Pozo, 2012, S. 344 mit zahlreichen Hinweisen) reagiert und entschieden, dass eine Zusatzstrafe generell nur zu inländischen Urteilen ausgesprochen werden kann (vgl. Ackermann, a.a.O., Art. 49 StGB N. 160). Es führt insbesondere aus, Art. 49 StGB sei eine Strafzumessungsnorm, die – wie die übrigen Normen des StGB – nur zur Anwendung gelange, wenn die zu beurteilende Straftat der schweizerischen Gerichtsbarkeit nach den Bestimmungen über den räumlichen Geltungsbereich unterliege. Art. 49 Abs. 2 StGB solle gewährleisten, dass das in Abs. 1 verankerte Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz zur Anwendung gelange (vgl. BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67; BGE 138 IV 113 E. 3.4.1 S. 115), erweitere hingegen den Anwendungsbereich des StGB nicht. Implizite Voraussetzung für eine Zusatzstrafe gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB sei, dass für die bereits beurteilten und noch zu beurteilenden Delikte im Falle gleichzeitiger gericht—licher Beurteilung eine Gesamtstrafe hätte ausgesprochen werden können (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.3.2). Komme jedoch eine gemeinsame gerichtliche Beurteilung und somit eine Gesamtstrafe nicht in Betracht, da die im Ausland begangenen Straftaten nicht in den (räumlichen) Geltungsbereich des StGB fallen, müsse dies auch im Rahmen retrospektiver Konkurrenz gelten. Von einer vom Gesetzgeber nicht gewollten zufälligen Ungleichbehandlung schweizerischer und ausländischer Täter könne aufgrund der umfassenden gesetzlichen Regelung der schweizerischen Strafhoheit (vgl. u.a. Art. 3-7, Art. 185 Ziffer 5, Art. 260ter Ziffer 3, Art. 264m StGB; Art. 19 Abs. 4 BetmG [SR 812. 121]; Art. 116 Abs. 1 lit. a AuG [SR 142.20]), entgegen BGE 115 IV 17 (E. II / 5a / cc), keine Rede sein. Zudem könne auf die bereits in BGE 127 IV 106 (E. 2e) angedeuteten Schwierigkeiten verwie—sen werden, die sich bei einer Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB auf Auslandsurteile ergeben könnten.
1.5.5.3 Die Argumentation des Bundesgerichts ist überzeugend. Es sind keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, weshalb es diesbezüglich zu seiner vorherigen Rechtsprechung zurückkehren sollte. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschuldigte anlässlich der Beru—fungs—verhandlung zu Recht nicht mehr auf das Weltrechts- und Universalitätsprinzip gemäss Art. 6 Abs. 1 StGB bzw. Art. 6 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs berief (vgl. CAR pag. 5.200.021 f. bzw. TPF pag. 18.721.019 ff.). Gemäss den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz ist das Römer Statut vorliegend nicht anwendbar, weil Sprengstoffdelikte im Zusammenhang mit Bankautomaten nicht in dessen Geltungsbereich fallen (vgl. Urteil SK.2023.36 E. 8.8.6.1 ff.).
1.5.5.4 Gemäss diesen Ausführungen liegt in casu kein Fall von retrospektiver Konkurrenz vor, weshalb keine Zusatzstrafe zum erwähnten Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 auszusprechen ist (vgl. unten E. II. 1.7 Abs. 2).
1.6 Vollzug
1.6.1 Unbedingte Freiheitsstrafe
Die Freiheitsstrafe ist unbedingt auszusprechen; aufgrund der Höhe des Straf-masses ist ein bedingter oder teilbedingter Vollzug objektiv ausgeschlossen (Art. 42 ff. StGB e contrario).
1.6.2 Zur Anrechenbarkeit des in der Schweiz ausgestandenen Freiheitsentzugs
1.6.2.1 Der Beschuldigte wurde anfangs des Jahres 2023, zwecks Durchführung des vorliegenden Strafverfahrens, vorübergehend von Dänemark in die Schweiz ausgeliefert (vgl. CAR pag. 18.100.018 sowie Urteil SK.2023.36 E. 8.8.3). Aufgrund des seither in der Schweiz ausgestandenen Freiheitsentzugs (Haft bzw. vorzei—ti—ger Straf—vollzug) stellt sich die Frage nach dessen Anrechenbarkeit auf die vorliegende Strafe.
1.6.2.2 Gemäss Art. 51 Satz 1 StGB rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Der vorzeitige Strafvollzug, welcher bundesrechtlich in Art. 236 StPO normiert ist, ist auf die ausgefällte Strafe ebenfalls vollumfänglich anzurechnen (Mettler/Spichtin, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 51 StGB N. 28). Nach dem Wortlaut von Art. 51 StGB ist für die Anrechnung der Haft weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich (BGE 141 IV 236 E. 3.3).
1.6.2.3 Die Auslieferung zwischen der Schweiz und Dänemark beurteilt sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1). Gemäss Art. 19 Ziffer 1 EAUe kann der ersuchte Staat, nachdem er über das Auslieferungsersuchen entschieden hat, die Übergabe des Verfolgten aufschieben, damit dieser von ihm gerichtlich verfolgt werden oder, falls er bereits verurteilt worden ist, in seinem Hoheitsgebiet eine Strafe verbüssen kann, die er wegen einer anderen Handlung als derjenigen verwirkt hat, derentwegen um Auslieferung ersucht worden ist. Statt die Übergabe aufzuschieben, kann der ersuchte Staat den Verfolgten dem ersuchenden Staat vorübergehend unter Bedingungen übergeben, die von beiden Staaten vereinbart werden (Ziffer 2).
1.6.2.4 Der Beschuldigte wurde mit Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 letztinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig und wird derzeit vollzogen (oben SV lit. A.5). Gestützt auf ein Ersuchen des Bundesamts für Justiz (nachfolgend: BJ) vom 31. August 2020 bewilligte die dänische Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 21. Juli 2022 auf Grundlage von Art. 19 Ziffer 2 EAUe die vorübergehende Auslieferung des Beschuldigten zwecks Durchführung des vorliegenden Strafverfahrens. Mit Schreiben vom 13. September 2022 bestätigte das BJ gegenüber den dänischen Behörden, dass der Beschuldigte während der gesamten Dauer der vor—übergehenden Auslieferung in Haft behalten werde und die Haftdauer, die er in der Schweiz verbüsse, an die mit dänischem Urteil des Landgerichts vom 17. Juni 2022 ausgesprochene Freiheitsstrafe angerechnet werde. Am 11. Januar 2023 wurde der Beschuldigte von den dänischen Behörden vorübergehend an die Schweiz ausgeliefert. Die Bundeskriminalpolizei (BKP) überführte den Beschuldigten am 11. Januar 2023 von Dänemark in die Schweiz. Anschliessend befand er sich bis zum Urteilszeitpunkt im Freiheitsentzug (Auslieferungs- bzw. Unter—suchungshaft, respektive ab dem 29. März 2023 bis zum zweitinstanzlichen Urteilsdatum vom 18. März 2024 im vorzeitigen Strafvollzug [BA pag. 18-06-0001 f., -0101 f., -0123 f.; Rubrik 06.02]).
1.6.2.5 Was die Anrechnung des vom Beschuldigten in der Schweiz ausgestandenen Freiheitsentzugs an die vorliegend ausgesprochene Strafe anbelangt (Art. 51 StGB), ist auf die von der Schweiz mit Erklärung vom 13. September 2022 gegenüber Dänemark eingegangene Verpflichtung im Sinne von Art. 19 Ziffer 2 EAUe hinzuweisen, wonach der Beschuldigte während der gesamten Dauer der vorübergehenden Auslieferung an die Schweiz – unter Anrechnung an die mit dänischem Urteil vom 17. Juni 2022 ausgesprochene Freiheitsstrafe von sechs Jahren – in Haft zu behalten ist (BA 18-06-0139 f.; 18-06-0144 f.). Es besteht somit eine unmittelbare völkerrechtliche Verpflichtung der Schweiz zur Inhaftierung des Beschuldigten zum Zweck des Vollzugs der in Dänemark gegen ihn ausgesprochenen Freiheitsstrafe (vgl. BGE 142 II 161 E. 4.5.1 zur direkten Anwendbarkeit völkerrechtlicher Verpflichtungen). Laut Auskunft des BJ, Direktionsbereich internationale Rechtshilfe, Fachbereich Auslieferung, vom 2. November 2022, kann trotzdem – in solchen Situationen wie der vorliegenden – während der Dauer der vorübergehenden Auslieferung ein Haftverfahren in der Schweiz durchgeführt werden, obwohl die Dauer an das ausländische Urteil angerechnet wird. Die Haft gilt nur subsidiär und ist nicht an eine in der Schweiz ausgesprochene Freiheitsstrafe anzurechnen (BA pag. 18-06-0144 f.). Die erwähnte Auskunft des BJ ist sachlogisch, kann es doch nicht angehen, die ausgestandene Haft in der Schweiz an zwei Freiheitsstrafen anzurechnen. Nach dem Gesagten dient der vom Beschuldigten in der Schweiz ausgestandene Freiheitsentzug aufgrund von dessen Subsidiarität einzig dem Vollzug der in Dänemark gegen ihn ausgesprochenen Freiheitsstrafe. Er kann somit nicht zusätzlich auf den Vollzug der vorliegend ausgesprochenen Freiheitsstrafe angerechnet werden.
1.6.3 Vollzugskanton
Als Vollzugskanton wurde gemäss vorinstanzlicher, in Rechtskraft erwachsener Dispositivziffer 3 der Kanton St. Gallen bestimmt (Art. 74 Abs. 2 StBOG i.V.m. Art. 31 StPO).
1.7 Fazit der Strafzumessung
Im Ergebnis ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 75 Monaten zu bestrafen.
Es ist davon Vormerk zu nehmen, dass der vom Beschuldigten in der Schweiz ausgestandene Freiheitsentzug (vom 11. Januar 2023 bis zum zweitinstanzlichen Urteilsdatum vom 18. März 2024: 432 Tage) nicht an die vorliegende Strafe anzurechnen ist, sondern gestützt auf die mit Erklärung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 13. September 2022 gegenüber Dänemark eingegangene Verpflichtung im Sinne von Art. 19 Ziffer 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) an die mit Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 gegen den Beschuldigten ausgesprochene Strafe.
2. Kosten und Entschädigungen
2.1 Anträge
2.1.1 Die BA stellte folgende Anträge: «3. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien A. aufzuerlegen. 4. Rechtsanwalt Andrea Janggen sei für die amtliche Verteidigung von A. im oberinstanzlichen Verfahren nach gerichtlichem Ermessen zu entschädigen, unter Festlegung einer entsprechenden Rückerstattungspflicht von A.» (oben SV lit. B.5).
2.1.2 Der Beschuldigte stellte diesbezüglich den Antrag «unter Kosten- und Entschädigungsfolge» (oben SV lit. B.2 und B.5).
2.2 Gesetzliche Grundlagen betreffend Verfahrenskosten
2.2.1 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obliegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Inwiefern eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt oder unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre in zweiter Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (Urteil des BGer 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015, E. 2.4.1.). Fällt die Rechtsmittel—instanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden (Art. 425 StPO). Diese Bestimmung ist auch bei der Festsetzung bzw. Auferlegung der Verfahrenskosten anwendbar.
2.2.2 Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement (a) die Berechnung der Verfahrenskosten, (b) die Gebühren, (c) die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeu—gin—nen und Zeugen (Art. 73 Abs. 1 StBOG). Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand (Art. 73 Abs. 2 StBOG; vgl. Art. 5 Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigun—gen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR. 173.713.162]). Es gilt ein Gebührenrahmen von Fr. 200.-- bis Fr. 100'000.-- für jedes der folgenden Verfahren: (a) Vor—verfahren, (b) erstinstanzliches Verfahren, (c) Rechtsmittelverfahren (Art. 73 Abs. 3 StBOG; vgl. Art. 6 - 7bis BStKR).
2.2.3 Art. 422 StPO statuiert, dass die Verfahrenskosten sich aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall zusammensetzen (Abs. 1). Auslagen sind namentlich: a. Kosten für die amtliche Verteidigung und unentgeltliche Verbeiständung; b. Kosten für Übersetzungen; c. Kosten für Gutachten; d. Kosten für die Mitwirkung anderer Behörden; e. Post-, Telefon- und ähnliche Spesen (Abs. 2). Gemäss Art. 1 BStKR umfassen die Verfahrenskosten die Gebühren und Auslagen (Abs. 1). Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der BKP und von der BA, im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer, im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren von der Berufungskammer und in Beschwerdeverfahren gemäss Artikel 37 StBOG von der Beschwerdekammer durchgeführt oder angeordnet worden sind (Abs. 2). Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Verbeiständung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Abs. 3). Die Auslagen werden entsprechend den dem Bund verrechneten oder von ihm bezahlten Beträgen festgelegt (Art. 9 Abs. 1 BStKR).
2.3 Kosten des Vorverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens
2.3.1 Die Rechtsmittelinstanz fällt vorliegend selber einen neuen Entscheid (vgl. Art. 428 Abs. 3 StPO). Der Beschuldigte wurde im erstinstanzlichen Verfahren betreffend alle Anklagepunkte schuldig gesprochen. Im Berufungsverfahren unterliegt er mit seinen Anträgen vollumfänglich, während die BA mit ihren Anträgen vollumfänglich obsiegt.
2.3.2 Die Gebühr für das Vorverfahren von Fr. 10'000.--, die auferlegbaren Auslagen von Fr. 37'392.40, die erstinstanzliche Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- und die Auslagen der Vorinstanz von Fr. 50.-- ergeben zusammen Fr. 51'442.40 (Urteil SK.2023.36 E. 11.2.1 - 11.2.5; CAR pag. 1.100.070 f.). Diese Kosten, die von keiner Partei beanstandet wurden, liegen innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Rahmens. Es besteht insofern kein Anlass, diesbezüglich von Amtes wegen Änderungen vorzunehmen.
2.3.3 Die Vorinstanz auferlegte dem Beschuldigten angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Haftsituation die Verfahrenskosten nur zu einem Teil, im Betrag von Fr. 15'000.-- (Urteil SK.2023.36 E. 11.3). Im Sinne von Art. 425 StPO sind dem Beschuldigten die Verfahrenskosten des Vorverfahrens und erstinstanzlichen Verfahrens von insgesamt Fr. 51'442.40, in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, in reduziertem Umfang von Fr. 15'000.-- aufzuerlegen.
2.4 Kosten des Berufungsverfahrens
Die Kosten des Berufungsverfahrens bestehen vorliegend einerseits aus einer Gerichtsgebühr, die im Lichte der erwähnten Grundsätze (oben E. II. 2.2.1 ff.) auf Fr. 3'000.-- (inkl. Auslagen; vgl. Art. 73 Abs. 1 Iit. a und b sowie Abs. 3 lit. c StBOG; Art. 1, 5, 7bis und 9 BStKR) festgelegt wird und ausgangsgemäss vom Beschuldigten zu tragen ist.
2.5 Gesetzliche Grundlagen betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung
2.5.1 Gemäss Art. 135 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wird (Abs. 1). Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entscheidung am Ende des Verfahrens fest (Abs. 2). Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung Beschwerde führen: wenn der Entscheid von der Staatsanwaltschaft oder dem erstinstanzlichen Gericht gefällt wurde: bei der Beschwerdeinstanz (lit. a); wenn der Entscheid von der Beschwerdeinstanz oder dem Berufungsgericht des Kantons gefällt wurde: beim Bundesstrafgericht (lit. b). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet: dem Bund oder dem Kanton die Entschädigung zurückzubezahlen (lit. a); der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten (lit. b). Der Anspruch des Bundes oder des Kantons verjährt in 10 Jahren nach Rechtskraft des Entscheides (Abs. 5).
2.5.2 Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes – gemäss BStKR – festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.-- und höchstens Fr. 300.-- (Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stunden—ansatz gemäss ständiger Praxis der Be—ru—fungs—kammer sowie der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (Beschluss der Beschwerdekammer des BStGer BK.2011.21 vom 24. April 2012 E. 2.1; Urteil der Strafkammer des BStGer SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011 E. 4.1). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR). Bei besonderen Ver—hält—nissen kann ein Pauschalbetrag vergütet werden (Art. 13 Abs. 4 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.
2.6 Bestimmung des Stundenansatzes für die amtliche Verteidigung
Das vorliegende Verfahren stellte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine überdurchschnittlichen Anforderungen an die Verteidigung. Der Stundenansatz für die anwaltliche Tätigkeit ist daher praxisgemäss auf Fr. 230.--, für die Reisezeit auf Fr. 200.-- sowie für die Praktikantentätigkeit auf Fr. 100.-- festzusetzen.
2.7 Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren und erstinstanz—lichen Verfahren
2.7.1 Die vorinstanzliche Festsetzung der Entschädigung für die amtliche Verteidigung von insgesamt Fr. 30'128.40 (inkl. MWST; vorinstanzliches Urteil E. 13.3.2 und Dispositivziffer 8.1) blieb unangefochten und ist demzufolge in Rechtskraft erwachsen (oben E. I. 2).
2.7.2 Der Beschuldigte wurde im erstinstanzlichen Verfahren in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Im Berufungsverfahren unterliegt er mit seinen Anträgen zur Strafzumessung vollumfänglich, während die BA mit ihren Anträgen vollumfänglich obsiegt. Der Beschuldigte hat demnach der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren und erstinstanzlichen Verfahren im gesamten Umfang Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
2.8 Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Berufungsverfahren
2.8.1 Mit Honorarnote vom 14. März 2024 (CAR pag. 7.101.001 ff.) beziffert die amtliche Verteidigung ihren Honoraranspruch für das Berufungsverfahren wie folgt:
Zeitraum 22. November bis 31. Dezember 2023: Honorar Fr. 613.35.-- (2 h 40 min x Fr. 230.-- / h); Auslagen Fr. 2.10; Zwischentotal (exkl. MWST) Fr. 615.45; 7,7 % MWST von Fr. 615.45 = Fr. 47.40; Total Zeitraum 22. November bis 31. Dezember 2023 (inkl. MWST) Fr. 662.85.
Zeitraum 1. Januar bis 14. März 2024: Honorar, bestehend aus Fr. 5'520.00 (24 h x Fr. 230.-- / h) und Fr. 2'466.65 (12 h 20 min Reisezeit x Fr. 200.-- / h) = Fr. 7'986.65; Auslagen Fr. 612.80; Zwischentotal (exkl. MWST) Fr. 8'599.45; 8,1% MWST von Fr. 8'599.45 = Fr. 696.55; Total Zeitraum 1. Januar bis 14. März 2024 (inkl. MWST) Fr. 9'296.00.
Total beantragte Entschädigung für den Zeitraum vom 22. November 2023 bis 14. März 2024: Fr. 9'958.85.
2.8.2 Die Honorarnote kann grundsätzlich genehmigt werden. Die Berufungsverhandlung dauerte indes statt der geschätzten 6 Stunden nur 4 Stunden, weshalb 2 Stunden Arbeitszeit in Abzug zu bringen sind. Rechtsanwalt Andrea Janggen ist demgemäss für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im Berufungsverfah—ren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 9'461.60 (inkl. MWST) zu entschädigen.
2.8.3 Der Beschuldigte hat der Eidgenossenschaft für die Entschädigung seines amtlichen Verteidigers im Berufungsverfahren Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
Die Berufungskammer erkennt:
I. Feststellung der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils
Es wird festgestellt, dass das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2023.36 vom 16. November 2023 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
1. A. wird schuldig gesprochen:
- der mehrfachen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB, begangen am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG bzw. am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH;
- des mehrfachen qualifizierten Diebstahls gemäss Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 4 StGB, begangen am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG bzw. am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH;
- der mehrfachen qualifizierten Sachbeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB, begangen am 12. Dezember 2019 in Sevelen SG bzw. am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH;
- des Hausfriedensbruchs gemäss Art. 186 StGB, begangen am 20. Dezember 2019 in Neftenbach ZH.
2. […]
[…]
3. Der Kanton St. Gallen wird als Vollzugskanton bestimmt.
4. A. wird für die Dauer von 10 Jahren des Landes verwiesen.
5. Zivilklagen
5.1 Es wird davon Vormerk genommen, dass A. die folgenden Zivilansprüche anerkennt:
5.1.1 Die Zivilforderung der C. AG in der Höhe von Fr. 12'721.--;
5.1.2 Die Zivilforderung der D. Versicherung in der Höhe von Fr. 57'641.55 zuzüglich 5 % Zins seit dem 10. Dezember 2020;
5.1.3 Die Zivilforderung der E. Versicherung in der Höhe von Fr. 74'876.25.
5.2 Die Zivilklage der D. Versicherung im Zusammenhang mit dem Feuerwehreinsatz der Feuerwehr H. in der Höhe von Fr. 1'305.-- wird auf den Zivilweg verwiesen.
6. Die Verfahrenskosten betragen insgesamt Fr. 51'442.40 (inkl. Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- und Auslagen des Gerichts von Fr. 50.--) […].
7. Entschädigungen
7.1 Der Privatklägerschaft werden keine Entschädigungen zugesprochen.
7.2 […]
8. Amtliche Verteidigung
8.1 Rechtsanwalt Andrea Janggen wird für die amtliche Verteidigung von A. mit Fr. 30'128.40 (inkl. MWST) durch die Eidgenossenschaft entschädigt.
8.2 […]
II. Neues Urteil
1. A. wird mit einer Freiheitsstrafe von 75 Monaten bestraft.
2. Es wird davon Vormerk genommen, dass der von A. in der Schweiz ausgestandene Freiheitsentzug (vom 11. Januar 2023 bis zum zweitinstanz—lichen Urteilsdatum vom 18. März 2024: 432 Tage) nicht an die vorliegende Strafe angerechnet wird, sondern gestützt auf die mit Erklärung der Schweizer—ischen Eidgenossenschaft vom 13. September 2022 gegenüber Dänemark eingegangene Verpflichtung im Sinne von Art. 19 Ziffer 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) an die mit Urteil des dänischen U. Landsret vom 17. Juni 2022 gegen A. ausgesprochene Strafe.
3. Die Verfahrenskosten des Vorverfahrens und erstinstanzlichen Verfahrens von insgesamt Fr. 51'442.40 (inkl. Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- und Auslagen des Gerichts von Fr. 50.--) werden A. in reduziertem Umfang von Fr. 15'000.-- auferlegt.
4. A. hat der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren und erstinstanzlichen Verfahren Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
III. Kosten und Entschädigungen im Berufungsverfahren
1. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'000.-- (Gerichtsgebühr inkl. Auslagen) werden A. auferlegt.
2. Rechtsanwalt Andrea Janggen wird für die amtliche Verteidigung von A. im Berufungsverfahren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 9'461.60 (inkl. MWST) entschädigt.
3. A. hat der Eidgenossenschaft für die Entschädigung seines amtlichen Verteidigers im Berufungsverfahren Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
Im Namen der Berufungskammer
des Bundesstrafgerichts
Die Vorsitzende Der Gerichtsschreiber
Andrea Blum Franz Aschwanden
Zustellung an (Gerichtsurkunde):
- Bundesanwaltschaft, Herrn Nils Eckmann, Leitender Staatsanwalt des Bundes
- Herrn Rechtsanwalt Andrea Janggen
- B. Bank (Privatklägerin)
- C. AG (ad Schaden Nrn. 2 und 3; Privatklägerin)
- D. Versicherung (ad Schaden Nr. 1; Privatklägerin)
- E. Versicherung (ad Schaden Nr. 4; Privatklägerin)
- F. Bank (Privatklägerin)
- Frau G. (Privatklägerin)
- Amt für Justizvollzug des Kantons St. Gallen, Straf- und Massnahmenvollzug (vollständig; unter Beilage des Schreibens des Bundesamtes für Justiz BJ vom 31. Oktober 2023 [Zeichen B-20-2256-3])
- Justizvollzugsanstalt WWW.
Kopie an (brevi manu):
- Bundesstrafgericht, Strafkammer
Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:
- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung (zum Vollzug)
- Bundesanwaltschaft, Herrn Nils Eckmann, Leitender Staatsanwalt des Bundes
- Herrn Rechtsanwalt Andrea Janggen, Anwaltskanzlei Bürge & Janggen
- B. Bank (Privatklägerin)
- C. AG (ad Schaden Nrn. 2 und 3; Privatklägerin)
- D. Versicherung (ad Schaden Nr. 1; Privatklägerin)
- E. Versicherung (ad Schaden Nr. 4; Privatklägerin)
- F. Bank (Privatklägerin)
- Frau G. (Privatklägerin)
- Bundesamt für Polizei (vollständig; gestützt auf Art. 68 Abs. 1 StBOG und Art. 20 des Bundesgesetzes über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe vom 25. September 2020 [Vorläufergesetz, VSG; SR 941.42])
- Migrationsamt des Kantons St. Gallen (vollständig; gestützt auf Art. 68 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. gbis StBOG; Art. 82 VZAE)
- Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Bundesamt für Justiz BJ, Direktionsbereich Internationale Rechtshilfe, Fachbereich Auslieferung (vollständig; mit Hinweis auf das Schreiben des Bundesamtes für Justiz BJ vom 31. Oktober 2023 [Zeichen B-20-2256-3])
- Amt für Justizvollzug des Kantons St. Gallen, Straf- und Massnahmenvollzug (vollständig; unter Beilage des Schreibens des Bundesamtes für Justiz BJ vom 31. Oktober 2023 [Zeichen B-20-2256-3])
- Justizvollzugsanstalt WWW.
- Bundesamt für Justiz BJ, Direktionsbereich Internationale Rechtshilfe, Herrn Andreas Cina
- Bundesstrafgericht, Strafkammer
Rechtsmittelbelehrung
Beschwerde an das Bundesgericht
Dieses Urteil kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.
Die Fristeinhaltung bei Einreichung der Beschwerdeschrift in der Schweiz, im Ausland bzw. im Falle der elektronischen Einreichung ist in Art. 48 Abs. 1 und 2 BGG geregelt.
Versand: 18. April 2024
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