Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2023.169 |
Datum: | 22.05.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Massnahme; Kammer; Beschwerde; Sicherheit; Urteil; Sicherheitshaft; Töchter; Beschwerdeführers; Verfahren; Bundesstrafgericht; Anordnung; Gutachterin; Kontakt; Bundesstrafgerichts; Bundesgericht; Person; Sucht; Berufung; Massnahmenvollzug; Vollzug; Beschluss; Vorinstanz; Kinder; Risiko; önnte |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 BGG ;Art. 132 StPO ;Art. 18 StGB ;Art. 212 StPO ;Art. 22 StPO ;Art. 221 StPO ;Art. 229 StPO ;Art. 31 BV ;Art. 36 StPO ;Art. 363 StPO ;Art. 364 StPO ;Art. 365 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 388 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 48 BGG ;Art. 5 EMRK ;Art. 5 StGB ;Art. 6 StGB ;Art. 62 StGB ; |
Referenz BGE: | 126 I 172; 137 IV 215; 137 IV 92; 142 III 138; 143 IV 9; 145 IV 179; 146 I 115; ; |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
BH.2024.5, BP.2024.36
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BH.2024.5 Nebenverfahren: BP.2024.36 |
Beschluss vom 22. Mai 2024 Beschwerdekammer | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Roy Garré, Vorsitz, Nathalie Zufferey und Felix Ulrich, Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia | |
Parteien | A., vertreten durch Advokatin Angela Agostino-Passerini, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Vorinstanz | Bundesstrafgericht, Strafkammer, | |
Gegenstand | Anordnung der Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil (Art. 364b Abs. 4 i.V.m Art. 231 Abs. 1 i.V.m. Art. 222 StPO); amtliche Verteidigung im Beschwerdeverfahren (Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO) |
Sachverhalt:
A. Mit Urteil vom 7. September 2021 sprach die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts A. der strafbaren Vorbereitungshandlungen gemäss Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG schuldig und von den weiteren Anklagevorwürfen frei. Damit bestätigte sie die mit Urteil vom 5. März 2021 gefällten Schuld- und Freisprüche der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als Vorinstanz.
Die Berufungskammer erachtete es als erstellt, dass A. am 11. Februar 2020 unterwegs nach Z. zu seinen Kindern war, die er einer Sekte zugehörig betrachtete und Misshandlungen ausgesetzt befürchtete. Er führte die folgenden, im Zeitraum ca. Mitte Januar 2020 bis 11. Februar 2020 (zum Teil) selbst angefertigten, (zum Teil) gekauften oder sich bereits im seinem Besitz befindlichen bzw. bereit gestellten Gegenstände mit sich: Vier unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen (USBV), zwei geschliffene Dolche, einen Nothammer/Glasbrecher, ein Küchenmesser/Rüstmesser, einen Feldstecher, ein Kunststoffseil, sieben Kunststoffkabelbinder, eine Stirnlampe, ein Notizbuch und diverse handschriftliche (undatierte) Notizen, darunter ein Dokument mit dem Titel «Testament», welche einen (in) direkten Bezug zu seinen Kindern bzw. seiner geschiedenen Ehefrau aufweisen. Für die Berufungskammer stand fest, dass A. seine Kinder gewaltsam befreien wollte.
Die Berufungskammer verurteilte A. zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 440 Tagen und der Ersatzmassnahmen von 135 Tagen im Umfang von 534 Tagen. Wie die Vorinstanz ordnete auch sie des Weiteren eine Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB an und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten der Massnahme auf. Als Vollzugskanton wurde der Kanton Basel-Stadt bestimmt (CA.2021.7, pag. 11.100.001 ff.; pag. 11.100.006 ff.).
Das Bundesgericht wies die gegen das Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts von A. erhobene Beschwerde mit Urteil 6B_188/2022 vom 17. August 2022 ab, soweit es darauf eintrat (CA.2021.7, pag. 11.200.054 ff.).
B. A. hatte sich seit dem 11. Februar 2020 bis am 5. März 2021 in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft befunden, wobei die Haft vom 28. Mai bis 10. Oktober 2020 durch Ersatzmassnahmen, d.h. ambulante sowie stationäre Behandlungen, substituiert worden war. Die Sicherheitshaft war letztmals auf Antrag der Strafkammer mit Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern vom 19. Februar 2021 bis zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils bzw. längstens bis zum 12. März 2021 verlängert worden (SK.2020.56, pag. 6.231.7.063 ff.). Mit Beschluss SN.2021.6 vom 5. März 2021 hatte die Strafkammer des Bundesstrafgerichts zufolge Ausführungsgefahr nach Art. 221 Abs. 2 StPO die Fortsetzung der Sicherheitshaft bis zum 4. Juni 2021 angeordnet (SK.2020.56, pag. 6.912.2.001 ff.). Auf Gesuch von A. war mit Verfügung der Strafkammer SN.2021.7 vom 22. März 2021 der vorzeitige Antritt der Massnahme gemäss Art. 60 StGB bewilligt worden (SK.2020.56, pag. 6.912.1.001 ff.).
C. Mit Eingabe an den Präsidenten der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 7. November 2023 beantragte das Amt für Justizvollzug des Kantons Basel-Stadt (nachfolgend «AJV») gestützt auf Art. 62c Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 363 Abs. 1 sowie Art. 364 Abs. 1 StPO die Aufhebung der mit Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2021.7 vom 7. September 2021 angeordneten stationären Suchtbehandlung gemäss Art. 60 StGB und stattdessen die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB (SK.2023.48, pag. 3.100.011 ff.).
Zum bisherigen Massnahmenvollzug führte das AJV aus, dass das Massnahmenzentrum B. am 4. November 2021 und die Klinik C. am 14. April 2022 eine Aufnahme von A. zum Vollzug der angeordneten stationären Suchtbehandlung abgelehnt haben. Am 30. November 2022 habe das AJV A. in die suchttherapeutische Einrichtung D. eingewiesen. A. habe sich zuvor im Gefängnis E. befunden. A. sei am 11. März 2023 aus der Einrichtung D. geflüchtet und gleichentags in Basel intoxikiert (Konsum von Alkohol und Heroin) in lebensbedrohlichem Zustand aufgefunden worden. Nach einer notfallmässigen Behandlung im Spital F. sei er am 11. März 2023 zwecks Timeouts im Untersuchungsgefängnis Basel-Stadt untergebracht worden und am 28. März 2023 in die Einrichtung D. zurückversetzt worden. Am 1. April 2023 sei A. erneut aus der Einrichtung D. geflüchtet. Nach seiner Festnahme am 3. April 2023 sei seine Platzierung im Untersuchungsgefängnis und am 11. April 2023 dessen Versetzung in das Gefängnis E. erfolgt. Am 15. Mai 2023 habe die Einrichtung D. über den Massnahmenverlauf berichtet und am 21. Juni 2023 habe das AJV A. in die Justizvollzugsanstalt G. versetzt. Im Auftrag des AJV habe Dr. med. H. am 8. September 2023 ein psychiatrisches Gutachten über A. erstellt, welche sich für eine Massnahme nach Art. 59 StGB ausgesprochen habe. Gemäss dem AJV habe der bisherige Massnahmenverlauf gezeigt, dass eine stationäre Suchtbehandlung angesichts der bei A. diagnostizierten Störungen völlig unzureichend sei. Die Weiterführung der Massnahme sei aussichtslos. A. sei auf das Setting einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB angewiesen, um sein Zustandsbild langfristig zu stabilisieren und damit das Rückfallrisiko zu minimieren.
Das AJV wies abschliessend darauf hin, dass die Höchstdauer der mit Urteil des Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vom 7. September 2021 angeordneten Massnahme am 23. März 2024 erreicht sein werde (SK.2023.48, pag. 3.100.017).
D. Die Strafkammer leitete in der Folge die Eingabe des AJV der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts weiter (s. SK.2023.48, pag. 3.100.004).
Die Berufungskammer stellte mit Beschluss CA.2023.24 vom 4. Dezember 2023 die Zuständigkeit der Strafkammer für die Beurteilung des Antrags fest und leitete diesen zuständigkeitshalber an die Strafkammer weiter (SK.2023.48, pag. 3.100.001 ff.).
E. Mit Urteil SK.2023.48 vom 20. März 2024 hob die Strafkammer des Bundesstrafgerichts die mit Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2021.7 vom 7. September 2021 angeordnete stationäre Suchtbehandlung gemäss Art. 60 StGB in Anwendung von Art. 62c Abs. 6 StGB auf. An deren Stelle ordnete sie eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB an und befristete die Massnahme auf zwei Jahre. Als Vollzugskanton wurde wiederum der Kanton Basel-Stadt bestimmt (SK.2023.48, pag. 3.930.001 ff.).
Gegen das Urteil der Strafkammer SK.2023.48 vom 20. März 2024 liess A. am 25. März 2024 Berufung anmelden (SK.2023.48, pag. 3.940.001).
F. Mit Beschluss SN.2024.1 vom 20. März 2024 ordnete die Strafkammer über A. die Sicherheitshaft bis 19. Juni 2024 an (SK.2023.48, pag. 9.912.2.001 ff.).
G. Gegen den Beschluss SN.2024.1 vom 20. März 2024 lässt A. durch Advokatin Angela Agostino-Passerini mit Eingabe vom 2. April 2024 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erheben (act. 1). Er beantragt die Aufhebung des Beschlusses der Strafkammer vom 20. März 2024, seine umgehende Entlassung aus der Sicherheitshaft, eventualiter unter Auferlegung von Ersatzmassnahmen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Bundesanwaltschaft als Beschwerdegegnerin (act. 1 S. 2).
In prozessualer Hinsicht beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege mit Advokatin Agostino-Passerini als seine unentgeltliche Rechtsvertreterin (BP.2024.36).
H. Die Bundesanwaltschaft beantragt mit Beschwerdeantwort vom 8. April 2024 die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, unter Kostenfolge (act. 3).
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts teilte der Beschwerdekammer mit Schreiben vom 27. Dezember 2023 mit, dass sie auf die Einreichung einer Stellungnahme unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verzichte (act. 4).
Mit Eingabe vom 12. April 2024 liess der Beschwerdeführer seine Replik einreichen (act. 6), welche in der Folge der Gegenseite zur Kenntnis übermittelt wurde (act. 7).
I. Die Strafkammer reichte der Beschwerdekammer mit Schreiben vom 3. Mai 2024 das Hauptverhandlungsprotokoll, das Protokoll der Verhandlung betreffend die Sicherheitshaft inklusive Anhang, die Einvernahmeprotokolle von A. sowie von Dr. med. H., alle jeweils vom 26. Februar 2024, und das aktualisierte Aktenverzeichnis nach (act. 8).
J. Mit Schreiben vom 3. Mai 2024 wurden der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin eingeladen, bis zum 10. Mai 2024 zu den von der Strafkammer nachgereichten Akten Stellung zu nehmen (act. 9).
K. Die Bundesanwaltschaft reichte mit Schreiben vom 7. Mai 2024 ihre Stellungnahme ein (act. 10), welche mit Schreiben vom 8. Mai 2024 allseits zur Kenntnis gebracht wurde (act. 11). Dem Beschwerdeführer wurde mit gleichem Schreiben zusätzlich eine Frist bis am 13. Mai 2024 für eine allfällige separate Stellungnahme dazu eingeräumt (act. 11).
Der Beschwerdeführer ersuchte am 9. Mai 2024 um Fristerstreckung bis am 17. Mai 2024 für seine Stellungnahme zu den von der Strafkammer nachgereichten Akten (act. 12). Am 13. Mai 2024 ersuchte er um Fristerstreckung bis am 17. Mai 2024 für seine Replik zur Stellungnahme der Bundesanwaltschaft (act. 13). Beiden Fristerstreckungsgesuchen wurde entsprochen (act. 12 und 13).
Am 17. Mai 2024 reichte der Beschwerdeführer seine Stellungnahme ein (act. 14).
L. Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die verhaftete Person kann Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Sicherheitshaft während des selbständigen gerichtlichen Nachverfahrens bei der Beschwerdeinstanz anfechten (Art. 364b Abs. 4 i.V.m. Art. 222 StPO). Die Zuständigkeit der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen Beschlüsse der Strafkammer als erstinstanzliches Gericht ergibt sich aus Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG. Voraussetzung zur Beschwerdeerhebung ist auf Seiten der Partei ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit ihr gerügt werden können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c).
1.2 Angefochten ist vorliegend ein Beschluss der Strafkammer als erstinstanzliches Gericht betreffend die Anordnung der Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil im selbständigen gerichtlichen Nachverfahren. Der angefochtene Beschluss vom 20. März 2024 wurde der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers am Folgetag zugestellt (SK.2023.48, pag. 3.912.2.011). Damit wurde die Beschwerde vom 2. April 2024 fristgerecht erhoben. Auf die formgerecht erhobene Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1 Im selbständigen nachträglichen Gerichtsverfahren kann die verurteile Person nach Art. 364b Abs. 1 StPO unter den Voraussetzungen von Art. 364a Abs. 1 StPO festgenommen werden. Im Übrigen gelten die Artikel 222 und 230-233 sinngemäss (Art. 364b Abs. 4 StPO).
Gemäss Art. 364a Abs. 1 i.V.m. Art. 364b Abs. 1 StPO setzt die Anordnung von Sicherheitshaft im selbständigen nachträglichen Gerichtsverfahren voraus, dass ernsthaft zu erwarten ist, dass:
a. gegen die Person der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet wird; und
b. die Person:
1. sich deren Vollzug entzieht, oder
2. erneut ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begeht.
2.2 Die Bestimmungen von Art. 364a und Art. 364b StPO traten am 1. März 2021 in Kraft und entsprechen der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Anordnung von Sicherheitshaft während der Dauer des gerichtlichen Nachverfahrens von Art. 363 ff. StPO auch ohne gesetzliche Grundlage in analoger Anwendung von Art. 221 und Art. 229 ff. StPO zulässig ist (statt vieler: BGE 146 I 115 E. 2.3 ff. m.w.H.; vgl. zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 1B_375/2022 vom 4. August 2022 E. 3.4). Der Botschaft zur Änderung der Strafprozessordnung vom 28. August 2019 ist zu entnehmen, dass vorab die diesbezügliche bundesgerichtliche Rechtsprechung kodifiziert und entsprechend Haftgründe analog zu Art. 221 Abs. 1 lit. a und c StPO (Fluchtgefahr bzw. Wiederholungsgefahr) geschaffen werden sollten (BBl 2019 6717 f. und 6765).
3.
3.1 Zur Voraussetzung gemäss Art. 364a Abs. 1 lit. a StPO führte die Vorinstanz aus, sie habe mit Urteil vom 20. März 2024 eine freiheitsentziehende Massnahme gemäss Art. 59 StGB angeordnet, womit – unter der Voraussetzung des Eintritts der Rechtskraft jenes Urteils – der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion zu erwarten sei (SK.2023.48, pag. 3.912.2.004).
3.2 Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, er habe gegen das Urteil Berufung angemeldet und es sei davon auszugehen, dass die Umwandlung in eine Massnahme nach Art. 59 StGB aufgehoben werde (act. 1 S. 3). Nach seiner Ansicht sei die Grundlage für die Anordnung einer Massnahme von Art. 59 StGB offensichtlich nicht gegeben (act. 1 S. 5). So seien keine neuen Tatsachen eingetreten und insbesondere liege keine neue Diagnose vor. Die Anordnung einer Massnahme nach Art. 59 StGB sei eine Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer einer Massnahme zur Suchttherapie gemäss Art. 60 StGB (act. 1 S. 3). Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb plötzlich die angebliche psychische Erkrankung im Vordergrund stehen soll (act. 1 S. 3 f.). Alles in allem fehle es an einem öffentlichen Interesse, welches gegenüber dem gewichtigen Freiheitsinteresse des Beschwerdeführers überwiegen würde (act. 1 S. 4). Die Tatsache, dass die Vollzugsbehörde so lange untätig geblieben sei bzw. die meisten Institutionen die Aufnahme des Beschwerdeführers abgelehnt hätten und er insgesamt einzig vier Monate therapiert worden sei, dürfe nicht zulasten des Beschwerdeführers gehen (act. 1 S. 4 f.).
In der Replik bringt er vor, eine Suchttherapie mit dem Therapieziel der kontrollierten Substitution oder dem einzigen Konsum von weichen Drogen sei nicht versucht worden, was die mildere Massnahme gewesen wäre. Eine Verlängerung der Massnahme gemäss Art. 60 StGB um ein weiteres Jahr wäre nach seiner Ansicht die verhältnismässige Lösung gewesen (act. 6 S. 2 f.).
3.3 Vorab ist festzuhalten, dass die schriftliche Begründung des Urteils der Strafkammer noch nicht vorliegt. Allein gestützt auf die Vorbringen des Be-schwerdeführers steht nicht offensichtlich fest, dass das Berufungsgericht die vorinstanzliche Anordnung einer Massnahme gemäss Art. 59 StGB aufheben wird (s. mutatis mutandis Urteil des Bundesgerichts 1B_329/2020 vom 15. Juli 2020 E. 2.2 m.H.). Zusammenfassend kann deshalb bei dieser Ausgangslage die Anordnung einer freiheitsentziehenden Massnahme nach wie vor ernsthaft erwartet werden, womit die Voraussetzung gemäss Art. 364a Abs. 1 lit. a StPO zu bejahen ist.
4.
4.1 Die Vorinstanz bejahte den Haftgrund von Art. 364a lit. b Ziff. 2 und damit die Gefahr beim Beschwerdeführer der Begehung eines schweren Vergehens mit folgender Begründung (SK.2023.48, pag. 3.912.2.005 f.):
Der Beschwerdeführer sei wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen gemäss Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB hinsichtlich einer Freiheitsberaubung oder Entführung zum Nachteil seiner Kinder, eventuell auch seiner ehemaligen Ehefrau, rechtskräftig verurteilt worden. Das Bundesgericht habe in seinem Urteil dazu festgehalten, dass es im Zeitraum von 2010 bis 2019 zu dreizehn Einträgen wegen Delikten gekommen sei, welche sowohl direkt als auch indirekt mit Suchtmitteln und der familiären Problematik gestanden seien. Das Bundesgericht habe weiter festgehalten, auch aus dem Gutachten von PD Dr. med. I. vom 27. Juni 2020 habe sich schlüssig ergeben, dass der problematische familiäre Kontext und die diagnostizierten psychischen Störungen des Beschwerdeführers nicht losgelöst voneinander betrachtet werden könnten. Die Vorinstanz wies sodann auf das Gutachten von Dr. med. H. vom 8. September 2023 hin. Danach zeige der Strafregisterauszug, dass der Beschwerdeführer nach der Trennung von seiner Ehefrau in die schwere Drogenabhängigkeit zurückgefallen sei, sehr häufig und ohne grosse Hemmungen gegen Regeln verstosse. Die Gutachterin habe erklärt, dass die Gleichgültigkeit gegenüber den gesetzlichen Regeln und sozialen Normen vermutlich einerseits mit Persönlichkeitsstörungen als Folge der langjährigen Sucht in Zusammenhang stehe, aber vermutlich «durch die schizotype DD schizophrene Störung» zusätzlich verstärkt werde. Daher sei nach der Gutachterin das Risiko hoch, dass der Beschwerdeführer auch zukünftig mit Delikten in Erscheinung treten werde. Sie habe sich als Zeugin etwas skeptisch über die Einschätzung der Wiederholungsgefahr durch den Vorgutachter geäussert. Sie habe erklärt, dass der Beschwerdeführer die Töchter beschützen wolle, aber diese den Kontakt zu ihm ablehnen würden. Nach der Gutachterin habe der Umstand, dass die Töchter inzwischen erwachsen seien und nicht mehr in der Evangelischen Gemeinde J. in Z. leben würden, möglicherweise einen Einfluss. Aber wenn jemand wahnhaft von einer Vorstellung überzeugt sei, sei es schwierig, dass das einzig aufgrund neuerer äusserer Umstände wieder weggehe. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der Umstand, dass die beiden Töchter zwar nicht mehr, wie zurzeit des Strafverfahrens, in der Evangelischen Gemeinde wohnen aber weiterhin jeglichen Kontakt zum Vater ablehnen, somit ohne Einfluss auf die Beurteilung der Wiederholungsgefahr sei und sich diese nach wie vor in unveränderter Weise präsentiere. Sie berücksichtigte dabei, dass verbale Drohungen und körperliche Gewaltandrohung unter erhöhtem Alkoholeinfluss im Rahmen des Massnahmenvollzugs aktenkundig seien. Sie bejahte zumindest die Gefahr einer schweren Drohung gemäss Art. 180 StGB gegenüber seinen Töchtern und seiner ehemaligen Ehefrau angesichts des unkontrollierten Verhaltens im Massnahmenvollzug und der aktenkundigen Suchtmittelproblematik, in Kombination mit den diagnostizierten psychischen Störungen, wobei die Gefahr unter einem Suchtmitteleinfluss in Freiheit umso grösser sei.
4.2 Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, das Urteil des Bundesgerichts liege bereits mehr als eineinhalb Jahren zurück und er habe in der Zwischenzeit bewiesen, dass er keinen Kontakt mehr zu seiner Ex-Frau und den beiden Töchtern suche und er sich mit dieser Situation abgefunden habe. Die Legalprognose der Gutachterin, dass der Beschwerdeführer weitere «Drohungen» aussprechen könnte, erfülle nicht die notwendige Schwere für die Anordnung einer Massnahme (act. 1 S. 5). Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er sei im Massnahmenzentrum falsch behandelt worden. Die dortigen Rückfälle dürften ihm somit nicht negativ angelastet werden. Sodann fehle es an einem schweren Vergehen, welches die Sicherheitshaft rechtfertigen könne. Auch die Gutachterin vermute einzig Drohungen und eben nicht tatsächliche Ausschreitungen (act. 1 S. 6). In der Replik macht der Beschwerdeführer geltend, er werde inzwischen substituiert und habe seine Einstellung zum unkontrollierten Konsum erheblich verändert nach dem traumatischen Erlebnis, als er habe wiederbelebt werden müssen (act. 6 S. 3). In seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2024 betont er, dass die Gutachterin über ihre gesamte Befragung hinweg Vorbehalte angebracht und ihre Vermutungen auch als solche bezeichnet habe. Von einer klaren Diagnose könne nicht die Rede sein und es sei offen, ob er überhaupt und falls ja an welcher schweren psychischen Erkrankung er leide (act. 14 S. 2 f.). Zur Stellungnahme der Beschwerdegegnerin führt er aus, dass die Tatsache der Nichtverwirklichung eines «hohen Risikos» über Jahrzehnte hinweg das validere Entscheidkriterium sei, als ein statistischer «Erfahrungswert» (act. 14 S. 4).
4.3 Der Wortlaut des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist auf das ordentliche Untersuchungs- und Hauptverfahren (mit Vortaten und neu zu untersuchenden Delikten) zugeschnitten (Urteil des Bundesgerichts 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.2). Im gerichtlichen Nachverfahren mit bereits rechtskräftig beurteilten Straftaten ist aufgrund einer Rückfallprognose zu prüfen, ob weitere sicherheitsrelevante Verbrechen oder schwere Vergehen ernsthaft zu erwarten sind (Art. 364a Abs. 1 lit. b Ziff. 2 StPO). Ausschlaggebend ist damit die Frage der potentiellen Gefährlichkeit der im Nachverfahren inhaftierten oder zu inhaftierenden Person (Urteile des Bundesgerichts 1B_247/2023 vom 6. Juni 2023 E. 3.1; 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.2 mit zahlreichen Hinweisen). Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist restriktiv zu handhaben. In der Regel erscheint die Gefährdung der Sicherheit anderer umso höher, je schwerer die drohende Tat wiegt. Betreffend die Anforderungen an die Rückfallgefahr gilt hingegen eine umgekehrte Proportionalität. Je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Liegen die Tatschwere und die Sicherheitsrelevanz am oberen Ende der Skala, so ist die Messlatte zur Annahme einer rechtserheblichen Rückfallgefahr tiefer anzusetzen. Eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose ist zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend (BGE 143 IV 9 E. 2.8-2.10; Urteile des Bundesgerichts 1B_247/2023 vom 6. Juni 2023 E. 3.1; 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.2; je mit Hinweisen).
4.4 Was das Verhalten und die Einstellung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinen Kindern und seiner Ex-Frau während des Massnahmenvollzugs anbelangt, geht aus den Akten Folgendes hervor:
Dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom 26. Oktober 2022 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vor und nach der Erhebung der Beschwerde ans Bundesgericht gegen das zeitlich unlimitierte Kontakt- und Annäherungsverbot in Bezug auf seine Ex-Frau K. sowie die beiden Kinder verstossen hat. Er hat seiner Ex-Frau aus dem Gefängnis kurz vor dem 27./28. Januar 2022 einen handgeschriebenen Brief mit wirren Äusserungen gesandt. Am 12. März 2022 kontaktierte er seine Ex-Frau telefonisch aus dem Gefängnis. Er machte ihr Vorwürfe und beschuldigte sie, wegen ihr im Gefängnis zu sitzen. Er sprach später auch auf ihre Combox und sagte, er wolle wissen, wo die Kinder seien, machte klar, dass er ein Besuchsrecht habe und warf ihr vor, alles vorgetäuscht zu haben. Weiter teilte er ihr mit, dass er sie anzeigen werde. Zuletzt sagte er Folgendes «Wehe ihnen [den Kindern] geschieht etwas, dann bist du …». Danach beendete er das Telefonat (SV000588 f.). Eine weitere Kontaktaufnahme erfolgte im Februar 2023, als der Beschwerdeführer einen Brief an seine Mutter gesandt und diese den Brief anschliessend an die Ex-Frau abgegeben hat (SV000591). In der Folge erstattete die Ex-Frau eine Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer. Mit Einstellungsverfügung vom 23. Mai 2023 stellte das Statthalteramt des Bezirks Meilen die Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer mit der Begründung ein, das Vorgehen des Beschwerdeführers, seine Mutter zu bitten, die Kinder von ihm grüssen zu lassen, sollte sie sie sehen, könne noch nicht als eine Kontaktaufnahme durch Drittpersonen angesehen werden (SK.2023.48, pag. 3.721.001 f.)
Gemäss dem Behandlungsbericht der Klinik L. vom 19. Oktober 2022 (SV000526 f.) nahmen die Unschuldsbeteuerungen des Beschwerdeführers bezüglich der Delinquenz, die zu seiner Inhaftierung geführt hatte, in den Visiten mittlerweile weniger Raum ein, ausserdem schienen sie mittlerweile von weniger Affekt begleitet zu sein. Gespräche über die gegenständliche Delinquenz gestalteten sich nach dem Behandlungsbericht jedoch noch immer schwierig. Dem Schlussbericht der Einrichtung D. vom 15. Mai 2023 (SV000680 ff.) zufolge habe der Beschwerdeführer sein deliktisches Verhalten bagatellisiert und [das Verfahren] als gegen ihn gerichtete Manipulation des Systems betrachtet. Er habe sich von dieser Sichtweise nicht lösen können und es habe entsprechend keine Verantwortungsübernahme für sein Handeln respektive seine Taten stattgefunden (SV000689). Es wurde festgehalten, dass die nach wie vor bestehende Überzeugung bezüglich der Festhaltung seiner Töchter in einer evangelischen Gemeinde resp. das damit verbunden Fernhalten von ihm sein Handeln weiterhin prägen. Gedankliche Rigidität und damit verwobenes stark ausgeprägtes Gefühlserleben von Ungerechtigkeit und Beeinträchtigung sowie dem Drang dem ein Ende zu setzen und sich wie auch seine Kinder verteidigen zu müssen, seien nach wie vor gegeben (SV000690).
Auch Dr. med. H. stellte in ihrem Gutachten vom 8. September 2023 fest, dass beim Beschwerdeführer kein Problembewusstsein bestehe, was die Anlasstat angehe. Andererseits habe er sich im Gespräch von der Thematik, d.h. Misshandlung der Töchter durch die religiöse Gemeinschaft, deutlich weiter distanziert. Er habe klar den Vorsatz geäussert, in Zukunft keinen Kontakt mehr zu den Töchtern zu suchen und bestehende Kontaktverbote einzuhalten (SV000786).
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. Februar 2024 wurde der Beschwerdeführer gefragt, ob er Kontakt zu seinen Töchtern habe, was er verneinte. Er halte das Kontaktverbot immer ein. Ausser einmal, als er vielleicht etwa 80 m in der Nähe des Hauses gewesen sei. Der Beschwerdeführer wurde auch zu seinen Gefühlen zu seinen Töchtern befragt. Dazu erklärte er, dass er sie natürlich vermisse. Er habe sie 12 Jahre lang nicht mehr gesehen. Nach der Scheidung habe die Ex-Frau den Kontakt immer wieder sabotiert. Im Scheidungsurteil sei die Normalisierung des Besuchsrechts im Zentrum gewesen, aber das sei nie realisiert worden, durch die M., die Sekte, in welcher er früher auch gewesen sei (SK.2023.48, pag. 3.731.002). Die Frage, ob er weiterhin der Meinung sei, dass seine Töchter immer noch in Gefahr seien, beantwortete der Beschwerdeführer wie folgt: «Also in Gefahr: Jetzt, wo ich weiss, dass es ihnen gut geht, und dass sie in Ausbildung an der Uni sind bzw. dass sie arbeiten, das entlastet mich natürlich sehr. Ich hoffe einfach, für mich ist einfach die Hoffnung, dass es ihnen gut geht und dass ihnen nicht Gewalt angetan wird wie zu jener Zeit. Kurz bevor sie mich rausgeschmissen haben, habe ich das damals erfahren. Diese Sache haben sie 9 Jahre lang geheim gehalten vor mir, das finde ich schrecklich, so etwas Tiefgründiges. Die Kinder waren so verängstigt, dass niemals ein Kind darüber geredet hat. Das ist für mich schon lange Vergangenheit, ich bin schon 20 Jahre lang weg von dort» (SK.2023.48, pag. 3.731.004).
4.5 Gemäss dem Gutachten vom 8. September 2023 von Dr. med. H. scheint sich das Zustandsbild des Beschwerdeführers nach Wiederbeginn der Methadonsubstitution, Minimierung des Beikonsums durch das geschlossene Setting und neuroleptische Medikation, «wieder etwas stabilisiert» zu haben. Die Gutachterin erachtete eine substitutionsgestützte Suchtbehandlung für sinnvoll mit dem Therapieziel, das Ausmass von unkontrolliertem Beikonsum auch unter offenen Bedingungen zu minimieren bzw. zu kontrollieren. Sie erachtete es als grosse Herausforderung, den Beschwerdeführer aus dem aktuell hochgeschlossenen Setting der Justizvollzugsanstalt G.in das offene Setting zu platzieren, ohne dass es wieder zu einer Destabilisierung des Zustandbildes komme (SV000784 f.).
Der Gutachterin wurde sodann die Frage unterbreitet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Delikte mit einer schweren Beeinträchtigung der physischen, psychischen und / oder sexuellen Integrität von Dritten sei. Sie wurde dabei gefragt, wie hoch sie diese Wahrscheinlichkeit kurzfristig (unmittelbar, in den nächsten Tagen und wenigen Wochen, z.B. nach einer neuen Lockerung), mittelfristig (in den nächsten Monaten) und langfristig (in den nächsten ca. fünf Jahren, ev. darüber hinaus) einschätze. Dazu gab Dr. med. H. Folgendes zur Antwort (SV000789): «Kurzfristig ist das Risiko für Delikte mit einer schweren Beeinträchtigung der physischen, psychischen und/oder sexuellen Integrität von Dritten eher gering. Denn Herr A. äussert in meiner Exploration klar den Vorsatz, sich von den Töchtern fernzuhalten und keinen Kontakt zu suchen. Mittel- und langfristig könnte das Risiko wieder ansteigen, nämlich dann, wenn Herr A. in einem offenen Setting – trotz adäquater Therapie der Suchterkrankung – in einen unkontrollierten Substanzkonsum zurückfallen würde. Dies würde einerseits inhaltliche Denkstörungen (wahnhafte Ängste bzgl. Wohlergehen der Töchter) «anheizen». Andererseits kann es im Rahmen von mehr oder weniger schweren (Misch-)Intoxikationen natürlich zu Veränderungen von Stimmung und Impulskontrolle kommen, was z.B. das Risiko erhöhen würde, dass Konflikte tätlich eskalieren».
Zum Rückfallrisiko führte die Gutachterin Folgendes aus (SV000788 f.): «Günstig würde sich das Rückfallrisiko entwickeln, wenn es gelingen würde, das Zustandsbild des Expl. durch eine niederschwellige Behandlung (Stichwort «harm-reduction») soweit zu stabilisieren, dass er in der Lage wäre, einer sinnstiftenden Beschäftigung nachzugehen und einzelne Kontakte zu pflegen. Ungünstig im Hinblick auf das Rückfallrisiko wäre, wenn Herr A. durch einen vermehrten unkontrollierten Beikonsum häufige Intoxikationszustände erleben würde, in denen er – in Abhängigkeit von situativen Faktoren, begünstigt durch die enthemmende Wirkung psychotroper Substanzen – Konflikte erleben würde, die mehr oder weniger gewalttätig eskalieren könnten. Unkontrollierter Drogenkonsum würde ausserdem, angesichts der schizotypen DD schizophrenen Störung, psychotisches Erleben verstärken. Es würde wahrscheinlicher, dass die paranoiden Ängste um das Wohlergeben der Töchter wieder in den Vordergrund treten und den Expl. wieder zu deliktischem Verhalten motivieren würden. Zunächst würde er wohl wieder gegen das Kontaktverbot verstossen. Je ausgeprägter die Wahndynamik werden würde, umso eher müsste man damit rechnen, dass er wieder ein Tatverhalten zeigen könnte, entsprechend den Anlasstaten».
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. Februar 2024 wurde die Gutachterin als sachverständige Person sowie als Zeugin einvernommen. Zur Frage, wie sie das Rückfallrisiko bzw. das Risiko einer Gefährdung der Sicherheit Dritter bei einer Entlassung aus dem Massnahmenvollzug beurteile, gab Dr. med. H. folgende Antwort: «Man kann da am besten in verschiedene Szenarien denken. Man kann sich vorstellen, wenn Herr A. aus dem hoch strukturierten, geschlossenen Setting nach draussen kommt, er mit einer relativ grossen Wahrscheinlichkeit in einen mehr oder weniger regelmässigen Substanzbeikonsum zurückfällt, d.h. er wird wahrscheinlich regelmässig mit Alkohol intoxikiert sein, mit möglicher zusätzlicher Einnahme von Opiaten oder Ritalin. Das erhöht das Risiko, dass Herr A. immer wieder einmal aggressive Durchbrüche hat, wie es im ambulanten Behandlungssetting immer wieder beobachtet wurde. Das heisst so Drohungen oder im schlimmsten Fall auch Tätlichkeiten könnte man sich innerhalb einer kurzen Zeit allein durch den zu erwartenden Substanzkonsum vorstellen. Man kann sich aber auch vorstellen, dass durch den Substanzkonsum eben diese wahnhaften Denkinhalte, diese Befürchtungen bezüglich der Töchter, wieder in den Vordergrund treten und angeheizt werden, und man müsste mit einer Missachtung des Kontaktverbots und Kontaktversuchen zu den Töchtern rechnen. Auch Autofahrten unter Substanzkonsum, wie sie sich aus der Vorgeschichte ergeben, müsste man sich mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit vorstellen, weil Herr A. da nicht ein besonders entwickeltes Unrechtsbewusstsein hat, als er mir davon erzählte. Es gibt aber immer wieder auch Fälle, wo wahnhafte Denkinhalte ein ausgeprägt aggressives Verhalten motivieren. Das hat nicht zuletzt Herr I. in seiner Beurteilung beschrieben (risk retrospectiv). Man kann sich dann vielleicht retrospektiv vorstellen, wie etwas entstanden ist. Solche sind natürlich sehr schwierig zu prognostizieren. Man kann sagen, dass bei Personen, die eine schizophrene oder schizotype Störung sowie eine Substanzabhängigkeit (Konsum) haben, das Risiko für Gewalttaten viel grösser ist als wenn nur eine schizotype oder schizophrene Störung vorliegt. Im Einzelfall ist das aber immer schwierig zu prognostizieren» (SK.2023.48, pag. 3.771.015). Der Umstand, dass die Töchter nicht mehr in der Evangelischen Gemeinschaft J. leben und mittlerweile erwachsen sind, könnte nach Beurteilung von Dr. med. H. möglicherweise schon einen Einfluss auf das Risiko haben, ob der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang delinquieren könnte. Gleichzeitig stellte sie klar: «Aber nach allem, was man weiss, sind wahnhafte Gedanken sehr stabil. Wenn jemand einmal wahnhaft von etwas überzeugt ist, dass ist es schwierig, dass das einzig aufgrund einer neuen Realität wieder weggeht. Eine solche Person lässt sich nicht einfach so vom Gegenteil überzeugen. Unter einer geeigneten Medikation tritt das vielleicht in den Hintergrund und die Person ist nicht mehr so affektiv engagiert. Aber dass ein Wahn, der einmal da war, dann plötzlich wieder weggeht, das sieht man eigentlich nicht». Was die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen Töchtern anbelangt, führte die Dr. med. H. weiter aus, dass der Beschwerdeführer von einer ganz anderen Realität ausgehe als seine Töchter. Die Töchter würden sich ja gar nicht beeinträchtigt fühlen. Der Beschwerdeführer wolle die Töchter beschützen, aber diese lehnen den Kontakt zu ihm ab. Das sei das Krankhafte, das man in der Behandlung mit dem Beschwerdeführer managen müsste (SK.2023.48, pag. 3.771.010).
4.6 Demnach ist gestützt auf das Gutachten von Dr. med. H. aufgrund der schweren Suchterkrankung des Beschwerdeführers von einem ernst zu nehmenden Risiko auszugehen, dass er in einem offenen Setting – trotz adäquater Therapie der Suchterkrankung – in einen unkontrollierten Substanzkonsum zurückfallen würde. Mit anderen Worten ist der Zustand des Beschwerdeführers nicht ausreichend stabil. Die Gutachterin weist darauf hin, es sei durch den unkontrollierten Drogenkonsum in Kombination mit der psychischen Störung wahrscheinlicher, dass die paranoiden Ängste des Beschwerdeführers um das Wohlergeben der Töchter wieder in den Vordergrund treten und ihn wieder zu deliktischem Verhalten motivieren würden. Ähnlich äusserte sich die Gutachterin anlässlich ihrer Einvernahme als sachverständige Person und Zeugin. Dabei bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er im Rahmen des Massnahmenvollzugs unter erhöhtem Alkoholeinfluss verbale Drohungen und körperliche Gewaltandrohung ausgestossen hat. Gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen kann dabei das Risiko eines solchen Verhaltens auch bei adäquater Therapie nicht ausgeschlossen werden. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers weist die Gutachterin auch auf die Wahrscheinlichkeit tätlicher Eskalationen und eines Tatverhaltens entsprechend den Anlasstaten hin. Wie von der Gutachterin sowie seinen Betreuern und Therapeuten festgehalten, besteht beim Beschwerdeführer darüber hinaus auch kein Problembewusstsein bezüglich der Anlasstat, was seine Erklärungen relativiert, wonach er keinen Kontakt mehr zu seiner Ex-Frau und den beiden Töchtern suche und er sich mit dieser Situation abgefunden habe. An dem durch alle Instanzen hindurch gerichtlich festgestellten Präventionsbedarf hat sich demnach mit Ablauf der Höchstdauer der gerichtlich angeordneten Massnahme im Ergebnis nichts geändert. Daran vermögen die Vorbringen des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Namentlich ist sein Vorgehen, gewisse Aussagen der Gutachterin hervorzuheben unter Auslassung anderer Ausführungen und insbesondere in Verkennung der Schlussfolgerungen der Gutachterin (s. zum Beispiel act. 14 S. 2), nicht geeignet, eine andere Gesamtbeurteilung herbeizuführen. Die Vorinstanz ging somit zurecht von einem ernst zu nehmen Risiko einer schweren Drohung gemäss Art. 180 StGB durch den Beschwerdeführer gegenüber seinen Töchtern und seiner ehemaligen Ehefrau aus, welches die Anordnung der Sicherheitshaft rechtfertigt (zur Verhältnismässigkeit s. nachfolgend). So fällt hier insbesondere ins Gewicht, dass die Vorbereitungshandlungen des Beschwerdeführers gerade im Hinblick auf ein schweres Delikt zum Nachteil namentlich seiner Kinder erfolgten, weshalb sein Vorgehen auch strafbar war. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, ist dazu auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen. Würde der Beschwerdeführer umgehend aus der Sicherheitshaft entlassen, wie er dies zur Hauptsache beantragt, ist offensichtlich, dass er aufgrund seiner Krankheit und seiner schweren Polytoxikomanie überfordert wäre und nicht nur für seine Familie, sondern auch für die öffentliche Sicherheit und letztlich für sich selber potentiell gefährlich wäre.
5.
5.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Sicherheitshaft sei unverhältnismässig. Zur Begründung bringt er Folgendes vor (act. 1 S. 7 f.):
In Anbetracht der Tatsache, dass er schon über drei Jahre im Freiheitsentzug sei, für eine Tat, deren Sanktion 12 Monate schuldangemessen gewesen wäre und von ihm noch nicht einmal eine Gefahr für hochstehende Rechtsgüter ausgehe, sei vorliegend die Verhältnismässigkeit offensichtlich nicht gegeben. Unter Berufung auf das Urteil des Bundesgerichts 1B_95/2023 vom 8. März 2023 E. 4.3 macht der Beschwerdeführer geltend, von ihm gehe keine erhebliche Sicherheitsgefährdung aus. Obwohl er 60 Jahre alt sei und seit Jahrzehnten an einer erheblichen Suchtmittelerkrankung leide und die von den Gutachtern vermuteten psychischen Erkrankungen bereits ebenfalls seit mehreren Jahrzehnten besehen würden, habe er keine Tat begangen, bei denen er tatsächlich jemanden verletzt hätte. Wenn er dies somit bereits in jungen Jahren nicht getan habe, würde er es viel weniger im Alter tun. Sodann seien seine weiteren Interessen zu berücksichtigen. Er habe eine betagte, kranke Mutter. Er würde seine Mutter sehr gerne nochmals sehen und sie auch unterstützen können. So würde er im Falle einer Haftentlassung in ihre Nähe ziehen, damit er sie regelmässig im Pflegeheim besuchen könne, da sie seine nächste Bezugsperson sei. Selbst wenn die Wiederholungsgefahr und die Verhältnismässigkeit im engeren Sinne angenommen würde, so könne der Wiederholungsgefahr mit diversen Ersatzmassnahmen begegnet werden. So sei er vor seiner Inhaftierung bereits über Jahre hinweg freiwillig in einer Therapie in Basel gewesen, so dass er bereits bewiesen habe, dass er sich einer solchen unterziehen würde (act. 1 S. 7). Sodann sei er jetzt substituiert und nehme seine Medikamente regelmässig, so dass bei ihm kein Suchtdruck mehr bestehe. Der Beschwerdeführer wäre auch bereit in ein betreutes Wohnheim zu gehen, eine ambulante Therapie zu machen, sich Abstinenzkontrollen zu unterziehen oder auch eine Fussfessel zu tragen. Die Vorinstanz halte fest, dass keine Ersatzmassnahmen angeordnet werden könnten, weil er bereits gegen die am 18. Mai 2020 verfügten Ersatzmassnahmen verstossen habe. Dabei verkenne die Vorinstanz, dass dies bereits vier Jahre her sei und dem Beschwerdeführer zumindest eine zweite Chance zu geben sei. Der Beschwerdeführer habe sich vielleicht nicht an alle Auflagen gehalten, mal Drogen konsumiert oder einen Termin verpasst, er habe in dieser Zeit keine weiteren Straftaten verübt, so dass die nicht 100%-ige Einhaltung der Ersatzmassnahmen dennoch nicht zur Verwirklichung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr geführt hätten (act. 1 S. 8).
5.2 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt (vgl. auch Art. 212 Abs. 3 StPO). Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der fraglichen Straftaten Rechnung zu tragen. Das Gericht darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung bzw. eines nachträglichen Sanktionenentscheides) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1 und 3.5-3.6; 143 IV 168 E. 5.1; 139 IV 270 E. 3.1; 133 I 168 E. 4.1, 270 E. 3.4.2; je mit Hinweisen). Die Frage, ob eine Haftdauer als übermässig bezeichnet werden muss, ist aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falles zu beurteilen (BGE 137 IV 92 E. 3.1; 136 I 274 E. 2.3; 133 I 168 E. 4.1, 270 E. 3.4.2; je mit Hinweisen).
Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann nicht ohne weiteres von der Höhe einer ausgefällten schuldadäquaten Freiheitsstrafe auf die voraussichtliche Dauer einer gleichzeitig oder nachträglich angeordneten freiheitsentziehenden Massnahme geschlossen werden (BGE 126 I 172 E. 5d). Falls ein stationärer Massnahmenvollzug droht, ist die Fortdauer der strafprozessualen Haft verhältnismässig, wenn aufgrund der Aktenlage mit einer freiheitsentziehenden Massnahme ernsthaft zu rechnen ist, deren gesamter Vollzug deutlich länger dauern könnte als die bisherige strafprozessuale Haft (BGE 126 I 172 E. 5e; Urteil 1B_160/2020 vom 28. April 2020 E. 3.2; je mit Hinweisen). Die Anordnung und Fortdauer von Sicherheitshaft während des selbstständigen gerichtlichen Nachverfahrens setzt im Übrigen die ernsthafte Erwartung voraus, dass gegen die verurteilte Person der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet wird (Art. 364a Abs. 1 lit. a StPO).
5.3 Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 20. März 2024 in Sicherheitshaft. Beim davor absolvierten und am 20. März 2024 wegen Aussichtslosigkeit aufgehobenen stationären Massnahmenvollzug gemäss Art. 60 StGB handelte es sich nicht um strafprozessuale Haft, sondern um den Vollzug einer strafrechtlichen Sanktion nach rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung. Mit Urteil SK.2023.48 vom 20. März 2024 ordnete die Strafkammer des Bundesstrafgerichts eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB an und befristete die Massnahme auf zwei Jahre (s. supra lit. E). Der Beschwerdeführer muss derzeit ernsthaft mit dem Vollzug einer freiheitsentziehenden Massnahme rechnen, die deutlich länger dauern könnte als die vorläufig bis zum bis 19. Juni 2024 beschränkte Haftfrist. Damit ist die Sicherheitshaft noch lange nicht in grosse Nähe der freiheitsentziehenden Sanktion gerückt, die dem Beschwerdeführer im Falle einer rechtskräftigen Bestätigung des Massnahmenurteils vom 20. März 2024 droht.
5.4 Dem Beschwerdeführer kann auch mit seinen übrigen Einwendungen nicht gefolgt werden. Zwar führte auch Dr. med. H. (im Zusammenhang mit dem HCR-20) aus, dass sich beim Beschwerdeführer das höhere Lebensalter «eher protektiv» auswirke, da er in einem Alter sei, in dem generell weniger Leute Gewaltdelikte begehen würden (SK.2023.48, pag. 3.771.010). Dazu ist allerdings festzuhalten, dass im Falle des Beschwerdeführers die Gefährlichkeit des deliktischen Verhaltens bis zu seiner Festnahme im Februar 2020 mit den Jahren entgegen seiner Darstellung gerade zugenommen hat, weshalb er aus seinem Alter vorliegend nichts weiter zu seinen Gunsten ableiten kann. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, er habe während des Massnahmenvollzugs und nach seinen Fluchten aus dem Massnahmenvollzug keine weiteren Straftaten begangen, ist ihm entgegenzuhalten, dass seine Freiheit während des Massnahmenvollzugs gerade eingeschränkt war und seine Fluchten jeweils von kurzer Dauer waren, weshalb sich seine Vorbringen nicht als durchschlagend erweisen. Inwiefern Abstinenzkontrollen und Fussfesseln den Beschwerdeführer dazu bewegen könnten, nicht gegen die Regeln zu verstossen, ist nicht ersichtlich. Weder die während des bisherigen Massnahmenvollzugs durchgeführten Abstinenzkontrollen noch sein erklärter Wunsch, seine kranke Mutter unterstützen zu wollen, haben den Beschwerdeführer bisher davon abhalten können, unter erhöhtem Alkoholeinfluss verbale Drohungen und körperliche Gewaltandrohung auszustossen. Die Gutachterin führte aus, dass Ziel der Massnahme es sein müsste, im Rahmen der Massnahme den Übergang vom hochgeschlossenen Setting in ein niederschwelliges, offenes Setting, in dem der Beschwerdeführer langfristig leben könne, vorzubereiten und zu erproben. Um dieses – angesichts der Schwere der Erkrankung anspruchsvolle – Therapieziel umzusetzen, scheine ein Zeithorizont von ca. 2 bis 3 Jahren realistisch (SV000787). Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers sind zusammenfassend aktuell weder mildere Ersatzmassnahmen angezeigt noch wären sie sofort umsetzbar. Die Anordnung der Sicherheitshaft erweist sich somit als verhältnismässig.
6.
6.1 Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht eine Verletzung des Beschleunigungsgebots, weil die Strafkammer nach seiner Ansicht den Entscheid gemäss Art. 365 Abs. 2 StPO sofort mündlich hätte eröffnen müssen (act 1 S. 3).
6.2 Die Strafkammer hat im Rahmen des selbständigen nachträglichen Verfahrens gemäss Art. 363 ff. StPO die Akten ergänzt und am 26. Februar 2024 eine Verhandlung durchgeführt, an welcher die Bundesanwaltschaft, das AJV sowie der Beschwerdeführer und dessen amtlichen Rechtsbeiständin teilgenommen haben und die Gutachterin Dr. med. H. als sachverständige Person und als Zeugin einvernommen wurde (SK.2023.48, pag. 3.720.001 ff.). Unmittelbar im Anschluss an diese Verhandlung wurde in Anwesenheit der Parteien eine Verhandlung zur Frage der Anordnung von Sicherheitshaft durchgeführt (SK.2023.48, pag. 3.720.1.001 ff.). Das AJV äusserte sich dahingehend, dass über den Beschwerdeführer ab dem 24. März 2024 bis zum rechtskräftigen Abschluss des selbständigen nachträglichen Verfahrens Sicherheitshaft zu verfügen sei (SK.2023.48, pag. 3.721.038). Der Beschwerdeführer beantragte, die Massnahme sei gemäss Art. 60 StGB spätestens per 23. März 2024 aufzuheben; eventualiter sei eine bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug unter Auflagen zu verfügen (SK.2023.48, pag. 3.720.014 und 3.70.1.004).
6.3 In zeitlicher Hinsicht ist der angefochtene Beschluss vom 20. März 2024 demnach bereits mit Blick sowohl auf die Höchstdauer der mit Urteil des Berufungskammer angeordneten Massnahme als auch auf den vom Beschwerdeführer selber gestellten Antrag nicht zu beanstanden. Entsprechend bietet auch die schriftliche Eröffnung des Beschlusses keinen Anlass zur Kritik (zu Art. 365 Abs. 2 Satz 2 StPO als Ordnungsvorschrift s. auch Heer/Bernard/Studer, Basler Kommentar, 3. Aufl., 2023, Art. 365 StPO N. 7). Im Übrigen teilte der Vorsitzende dem Beschwerdeführer bereits an der Verhandlung vom 26. Februar 2024 betreffend die Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil mit, dass das Urteil in der Sache und der Beschluss zur Haft schriftlich eröffnet werde und die Dispositive bis spätestens am 22. März 2024 versandt würden (SK.2023.48/SN.2024.1, pag. 3.720.1.005). Dass der Beschwerdeführer oder seine Verteidigerin damals Einwände gegen das angekündigte Vorgehen erhoben hätten, ist dem Verhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen.
7. Die Anordnung der Sicherheitshaft durch die Vorinstanz erweist sich nach dem Gesagten als rechtmässig und die Beschwerde ist vollumfänglich abzuweisen.
8.
8.1 Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsvertretung (BP.2024.36, act. 1).
8.2 Die Beschwerdekammer ist als Beschwerdeinstanz im Sinne von Art. 20 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 222 und Art. 393 Abs. 1 lit. c StPO im vor ihr geführten Beschwerdeverfahren selbst zuständig für die Anordnung und Bestellung einer amtlichen Verteidigung (Art. 133 Abs. 1 i.V.m. Art. 388 lit. c StPO; für das erstinstanzliche Haftanordnungsverfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht vgl. BGE 137 IV 215 E. 2.3 S. 218). Die in der Strafuntersuchung eingesetzte amtliche Verteidigung wirkt im Haftbeschwerdeverfahren – jedenfalls wenn die beschuldigte Person beschwerdeführende Partei ist – nicht automatisch als unentgeltliche Rechtsvertretung mit und zwar auch dann nicht, wenn die beschuldigte Person im Hauptverfahren notwendigerweise verteidigt werden muss. Dies ergibt sich aus der nach dem Inkrafttreten der StPO beibehaltenen Rechtsprechung, wonach die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege bei Beschwerden gegen die Anordnung bzw. die Verlängerung von Untersuchungshaft von der Nichtaussichtlosigkeit der Beschwerde abhängig gemacht werden kann, und zwar auch dann, wenn die beschuldigte Person im Hauptverfahren die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung erfüllt (vgl. zum Ganzen zuletzt u.a. das Urteil des Bundesgerichts 1B_188/2022 vom 9. Mai 2022 E. 5.2 m.w.H.).
8.3 Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Prozessbegehren als aussichtslos anzusehen, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 142 III 138 E. 5.1 S. 139 f.; 140 V 521 E. 9.1).
8.4 Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, steht der angefochtene Entscheid im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung und den bestehenden anerkannten Grundsätzen im Haftrecht. Dass der Beschwerdeführer seine Inhaftierung (wie den Massnahmenvollzug an sich) als ein Übel empfindet, ist nachvollziehbar. Trotzdem muss der Hauptantrag auf umgehende Entlassung aus der Sicherheitshaft als aussichtslos bezeichnet werden. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen zielten von Beginn weg an der Sache vorbei. Damit mangelt es an einer materiellen Voraussetzung für die unentgeltliche Rechtspflege. Das entsprechende Gesuch des Beschwerdeführers ist unbesehen seiner finanziellen Verhältnisse abzuweisen.
9. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Beschwerdeführers rechtfertigt sich eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- (vgl. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsvertretung wird abgewiesen.
3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
Bellinzona, 22. Mai 2024
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Advokatin Angela Agostino-Passerini
- Bundesanwaltschaft
- Bundesstrafgericht, Strafkammer
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind (Art. 48 Abs. 2 BGG).
Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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