Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Rechtshilfe |
Fallnummer: | SN.2023.15 |
Datum: | 18.08.2023 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Recht; Rechtshilfe; Apos;; Verfahren; Beschwerde; Staat; Schweiz; Sachverhalt; Verfahren; Entscheid; Verfahrens; Interesse; Staats; Herausgabe; Gericht; Beschwerdekammer; Staatsanwaltschaft; Sachen; Belfort; Rechtshilfeersuchen; Schlussverfügung; Schweizer; Steuerunterlagen; Behörde; Unterlagen; Tribunal; Basel-Landschaft; ührt |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 11 DBG ;Art. 146 StGB ;Art. 251 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 306 StGB ;Art. 382 StPO ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 84 BGG ; |
Referenz BGE: | 117 Ib 88; 121 II 176; 123 II 161; 126 II 258; 132 II 81; 133 V 188; 136 I 184; 137 IV 134; 139 II 451; 141 III 28; 141 IV 249; 145 IV 294; 146 II 150; 148 IV 314; 99 Ib 129; ; |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
RR.2022.189
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: RR.2022.189 |
Entscheid vom 18. August 2023 Beschwerdekammer | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Roy Garré, Vorsitz, Giorgio Bomio-Giovanascini und Felix Ulrich, Gerichtsschreiber Martin Eckner | |
Parteien | A., vertreten durch Advokat Oliver Borer Beschwerdeführerin | |
gegen | ||
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Frankreich Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG) |
Sachverhalt:
A. Das Tribunal Judiciaire Belfort (Frankreich) führte ein Ermittlungsverfahren gegen A. wegen Betrugs gemäss Art. 313-1, 313-7, 313-8 und 131-26-2 des französischen Strafgesetzbuchs. Es ging dabei im Wesentlichen darum, dass A. das Familiengericht Belfort im Scheidungsverfahren irregeführt habe, insbesondere durch falsche Angaben in einer eidesstattlichen Erklärung zu ihrem Vermögen. Das Gericht habe mit Urteil vom 28. September 2017 B. verpflichtet, seiner Ex-Frau A. einen Unterhaltsbeitrag für die beiden Kinder von monatlich EUR 2'000.-- zu bezahlen und seinen Antrag auf Ausgleichszahlungen abgewiesen.
B. Die französische Ermittlungsrichterin gelangte mit Rechtshilfeersuchen vom 2. November 2020 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend «StA BL») und ersuchte um verschiedene Rechtshilfehandlungen: den Wert der Güter von A. in der Schweiz zu ermitteln und Steuererklärungen zu erhalten.
C. Mit Eintretensverfügung vom 2. Februar 2021 holte die StA BL bei der Steuerverwaltung des Kantons die Steuerunterlagen von A. für die Jahre 2013 bis 2018 und die Stände ihrer Bankkonten in der Schweiz der Jahre 2013 bis 2018. Am 4. Oktober 2021 liess sich A. zum französischen Rechtshilfeersuchen vernehmen.
D. Mit Schlussverfügung vom 2. September 2022 ordnete die StA BL die Herausgabe der Steuerunterlagen von A. an (act. 1.1).
E. Dagegen gelangt A., vertreten durch Advokat Oliver Borer, mit Beschwerde vom 5. Oktober 2022 (Postaufgabe: 6. Oktober 2022) an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt (act. 1):
1. Es sei in Gutheissung der vorliegenden Beschwerde der Antrag des Tribunal Judiciaire de Belfort vom 16. November 2020 auf Einholen der Steuerunterlagen der Beschwerdeführerin für die Jahre 2013–2018 und das Einholen der Kontostände der von der Beschwerdeführerin in der Schweiz geführten Bankkonten für die Jahre 2013 bis 2018 abzuweisen und die Schlussverfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft vom 2. September 2022 vollumfänglich aufzuheben.
2. Eventualiter sei in Gutheissung der vorliegenden Beschwerde die Schlussverfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft vom 2. September 2022 vollumfänglich aufzuheben und der Antrag des Tribunal Judiciaire Belfort vom 16. November 2020 zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
3. Verfahrensantrag: Der Beschwerdeführerin sei ein Replikrecht zu allfälligen Beschwerdeantworten und Stellungnahmen der Vorinstanz zur vorliegenden Beschwerde einzuräumen.
4. Verfahrensantrag: Es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
5. Verfahrensantrag: Es seien sämtliche Akten des Verfahrens der Vorinstanz beizuziehen.
6. Unter o/e-Kostenfolge zu Lasten des Staates.
Das Bundesamt für Justiz (nachfolgend «BJ») beantragt am 16. November 2022, die Beschwerde sei abzuweisen (act. 8). Mit Beschwerdeantwort vom 16. November 2022 beantragt die StA BL ebenfalls, die Beschwerde sei abzuweisen (act. 9). Sie reichte zugleich die Verfahrensakten ein. A. hält mit Beschwerdereplik vom 20. Dezember 2022 an ihren Anträgen fest (act. 15). Die StA BL wie auch das BJ verzichteten am 22. bzw. 23. Dezember 2022 auf eine weitere Stellungnahme (act. 17 und 18), was A. mit Schreiben vom 27. Dezember 2022 zur Kenntnis gebracht wurde (act. 19).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Für die Rechtshilfe zwischen Frankreich und der Schweiz sind primär folgende Rechtsgrundlagen massgebend: das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1), das hierzu ergangene zweite Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 (ZP II EUeR; SR 0.351.12), der Vertrag vom 28. Oktober 1996 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik zur Ergänzung des EUeR (SR 0.351.934.92) und die Bestimmungen der Art. 48 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen [SDÜ]; CELEX-Nr. 42000A0922(02); Abl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19–62; Text nicht publiziert in der SR, jedoch abrufbar auf der Website der Schweizerischen Eidgenossenschaft unter «Rechtssammlung zu den sektoriellen Abkommen», 8.1 Anhang A; https://www.fedlex.admin.ch/de/sector-specific-agreements/EU-acts-register/8).
1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, ist das schweizerische Landesrecht anwendbar, namentlich das Bundesgesetz vom 20. März 1981 (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) und die Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11; vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG). Dasselbe gilt nach dem «Günstigkeitsprinzip», wenn das schweizerische Landesrecht geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt (BGE 148 IV 314 E. 2.1; 147 II 432 E. 3.1). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 145 IV 294 E. 2.1; 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c).
1.3 Auf Beschwerdeverfahren in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten sind zudem die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) anwendbar (Art. 39 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 StBOG), wenn das IRSG nichts anderes bestimmt (Art. 12 Abs. 1 IRSG).
2.
2.1 Die Verfügung der ausführenden Behörde, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, unterliegt zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 80e Abs. 1 IRSG). Die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage (Art. 80k IRSG).
Die vorliegend angefochtene Schlussverfügung stellt ein zulässiges Anfechtungsobjekt dar. Die Beschwerdekammer ist für die Behandlung der Beschwerde zuständig. Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht erhoben.
2.2
2.2.1 Zur Beschwerdeführung ist berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 80h lit. b IRSG). Personen, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet, können Verfügungen nur anfechten, wenn eine Rechtshilfemassnahme sie persönlich und direkt betrifft und sie ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung haben (Art. 21 Abs. 3 IRSG).
Diese Bestimmung übernahm für den Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sinngemäss die frühere Regelung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 103 lit. a OG; BGE 126 II 258 E. 2d S. 259). Danach war zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt war und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hatte. Die beiden Kriterien mussten nicht kumulativ vorliegen, da sie im Wesentlichen das Gleiche verlangten und letztlich ineinander aufgingen (BGE 133 V 188 E. 4.3.1 S. 192 mit Hinweisen; zum Ganzen BGE 137 IV 134 E. 5.1.1). Erforderlich ist eine vom einschlägigen Bundesrecht erfasste «spezifische Beziehungsnähe» des Rechtsuchenden zur angefochtenen Schlussverfügung. Eine blosse mittelbare Betroffenheit genügt hingegen nicht (BGE 137 IV 134 E. 5.2.1; 129 II 268 E. 2.3.3 S. 269; 128 II 211 E. 2.2 S. 216 f.; 127 II 104 E. 3 S. 107 ff.; 198 E. 2d S. 205; 126 II 258 E. 2d S. 259; 125 II 356 E. 3b/aa S. 361 f.; 123 II 153 E. 2b S. 156).
2.2.2 Das Bundesgericht hat den Begriff des schutzwürdigen Interesses in seiner Rechtsprechung allgemein näher umschrieben. Diese Rechtsprechung stammt aus der Praxis zu aArt. 48 lit. a VwVG (vgl. BGE 121 II 176 E. 2a; der heutige Art. 48 Abs. 1 VwVG enthält das Kriterium in lit. c) resp. aus der Praxis zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Beschwerdeführer muss eine genügend enge Beziehung zum Streitgegenstand haben (BGE 123 II 161 E. 1d/aa S. 164). Das Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein (während Art. 382 Abs. 1 StPO für das dortige Rechtsmittel der Parteien ein rechtlich geschütztes Interesse verlangt). Es muss nicht notwendigerweise von der im Beschwerdeverfahren angerufenen Norm geschützt sein. Hingegen muss ein Beschwerdeführer mehr als andere und mehr als die Allgemeinheit in einem wichtigen Interesse betroffen sein, das aus seiner Beziehung zum Beschwerdegegenstand resultiert. Ein schutzwürdiges Interesse besteht dann, wenn die rechtliche oder tatsächliche Situation des Beschwerdeführers vom Ausgang der Sache abhängt. Eine Gutheissung der Beschwerde muss ihm einen Vorteil wirtschaftlicher, materieller oder ideeller Natur verschaffen. Eine Popularbeschwerde, allein im Interesse des Rechts oder Dritter, ist demgegenüber ausgeschlossen (BGE 126 II 258 E. 2d S. 259 f.; 125 II 356 E. 3b/aa S. 361 f.; vgl. auch Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl. 2019, N. 524; TPF 2020 180 E. 4.5.1).
2.2.3 Es geht vorliegend um die Herausgabe von Steuerunterlagen der Beschwerdeführerin. Die Steuerunterlagen umfassen neben den Steuererklärungen insbesondere auch Bankkonto- und Depotauszüge. Die StA BL hat sämtliche Unterlagen, im Rechtshilfeverfahren, von der kantonalen Steuerverwaltung erhoben. Es liegt insoweit keine die Beschwerdeführerin oder Dritte betreffende Zwangsmassnahme vor. Jedoch stehen ihre Steuerunterlagen unter dem Schutz des Steuergeheimnisses (vgl. § 11 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Februar 1974 über die Staats- und Gemeindesteuern, SGS 331; Art. 110 DBG; Art. 39 Abs. 1 StHG). Die Herausgabe betrifft die Beschwerdeführerin damit mehr als die Allgemeinheit in einem wichtigen Interesse. Es ist keine andere Person ersichtlich, die von der Herausgabe stärker betroffen wäre (vgl. TPF 2020 180 E. 4.4.1, 2. Absatz). Damit ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde legitimiert.
2.3 Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
3.
3.1 Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG). Sie prüft die bei ihr erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier Kognition. Sie ist aber nicht verpflichtet, nach weiteren der Gewährung der Rechtshilfe allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde nicht hervorgehen (BGE 132 II 81 E. 1.4; 130 II 337 E. 1.4; Urteil des Bundesgerichts 1A.1/2009 vom 20. März 2009 E. 1.6; TPF 2011 97 E. 5).
3.2 Ebenso wenig muss sich die urteilende Instanz mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken, und es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 139 IV 179 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004 vom 16. Juli 2004 E. 5.2).
4.
4.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV im Verfahren vor der StA BL. Sie habe in ihrer Eingabe vom 4. Oktober 2021 diverse Einwendungen gegen die Rechtshilfe vorgebracht, auf welche die StA BL in ihrer Schlussverfügung vom 2. September 2022 in keiner Weise eingegangen sei (act. 1 S. 4; act. 15 S. 3 Ziff. 4).
4.2 Die Eintretensverfügung vom 2. Februar 2021 beurteilt den Sachverhalt des Rechtshilfeersuchens und hält namentlich fest, dass er den Erfordernissen entspreche. Sie gibt sodann wieder, um welche Rechtshilfemassnahmen ersucht wird und bejaht die beidseitige Strafbarkeit für den Tatbestand des Betruges. Die Schlussverfügung vom 2. September 2022 legt dar, es liege eine beidseitige Strafbarkeit vor, da die vorgeworfene Tat unter den Schweizer Tatbestand des Betruges (Art. 146 Abs. 1 StGB) subsumiert werden könne. Ausschlussgründe lägen keine vor (S. 2 Ziff. 2). Die StA BL stellt schliesslich fest, dass die herauszugebenden Unterlagen für die ausländische Strafuntersuchung potenziell erheblich seien (S. 4).
4.3 Die aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) fliessende Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen, verlangt nicht, dass diese sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt; vielmehr genügt es, wenn der Entscheid gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (BGE 136 I 184 E. 2.2.1; 134 I 83 E. 4.1; 133 III 439 E. 3.3). Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht oder Behörde hat leiten lassen und auf die sich der Entscheid stützt (BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 139 V 496 E. 5.1; 138 I 232 E. 5.1). Die Begründung muss nicht zwingend in der Verfügung selbst enthalten sein. Die Rechtsprechung hat als genügende Begründung auch den Verweis auf separate Schriftstücke, auf frühere Entscheide oder klare Angaben der Entscheidgründe in früheren oder späteren Schreiben an die Verfügungsadressatinnen oder -adressaten anerkannt (BGE 99 Ib 129 E. 2a).
4.4 Die Schlussverfügung ist zwar sehr knapp, unter Einbezug der Eintretensverfügung aber noch zureichend begründet. Sie bejaht die beidseitige Strafbarkeit nach Schweizer Recht gestützt auf den im Rechtshilfeersuchen geschilderten Sachverhalt. Die StA BL bejaht auch die potenzielle Erheblichkeit der ersuchten Steuerunterlagen für das ausländische Strafverfahren und ordnet ihre Herausgabe an. Die StA BL verwirft damit auch die Auffassung der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 4. Oktober 2021, wonach es sich um eine ausschliesslich zivilrechtliche Angelegenheit handle, für die keine Rechtshilfe in Strafsachen zulässig sei. Mit den in der Eingabe auch enthaltenen Darlegungen zur zivilrechtlichen Situation musste sich die StA BL im Rechtshilfeverfahren nicht näher auseinandersetzen, da sie für dessen Ausgang nicht ausschlaggebend sind. Sie hat bejaht, dass der geschilderte Sachverhalt die Leistung von Rechtshilfe erlaube. Eine Gehörsverletzung in Form einer mangelnden Begründung ist damit nicht auszumachen.
5.
5.1 Der Sachverhalt des Rechtshilfeersuchens gibt zunächst den Inhalt der Strafanzeige wieder, die B. gegen A. am 18. April 2018 bei der Staatsanwaltschaft Belfort wegen Irreführung des Gerichts eingereicht habe. Der Anzeige zufolge heirateten B. und A. am 21. Dezember 1991 im ehelichen Güterstand der Gütertrennung. Aus der Ehe seien zwei Kinder hervorgegangen. Nach Meinungsverschiedenheiten habe B. am 13. April 2010 vor dem Familiengericht Belfort ein Scheidungsverfahren eingeleitet. Am 13. Dezember 2010 sei in einem Nichtversöhnungsbeschluss entschieden worden, dass B. zu Unterhalt und Erziehung der beiden Kinder einen Beitrag von monatlich EUR 2'000.– an A. leisten müsse und dass A. die Wohnung der Familie kostenlos nutzen könne.
Am 4. November 2011 habe A. beantragt, dass die Scheidung wegen des alleinigen Verschuldens von B. ausgesprochen werde. Im Verlauf dieses Verfahrens habe sie dem Gericht mehrfach Angaben über ihre Einkommensverhältnisse gemacht. Der mit der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung befasste Richter habe die vorläufigen, im Nichtversöhnungsbeschluss getroffenen Massnahmen bestätigt. B. habe erklärt, dass sich seine wirtschaftliche Lage im Verlauf des Verfahrens zur Hauptsache auf Grund zweier aufeinander erfolgten Entlassungen verschlechtert habe, sodass er eine Ausgleichszahlung zu seinen Gunsten in Form einer Kapitalabfindung von EUR 500'000.– beantragt habe, ersatzweise, dass A. auf ihr Miteigentum an der ehemaligen gemeinschaftlichen Familienwohnung in Höhe von EUR 500'000.– verzichte. A. habe ihrerseits von B. einen Beitrag zum Unterhalt und der Erziehung der beiden Kinder von monatlich EUR 2'000.– beantragt. B. habe in der Strafanzeige angegeben, dass A. eine auf den 31. Mai 2017 datierte eidesstattliche Erklärung über ihr Vermögen vorgelegt hätte, wonach sie über ein Vermögen von EUR 3.86 Mio. verfügen würde.
5.2 Am 28. September 2017 habe der Familienrichter ein Urteil verkündet, demzufolge B. an A. einen Beitrag zum Unterhalt und der Erziehung der Kinder von monatlichen EUR 2'000.– bezahlen müsse. Auch habe der Richter den Antrag von B. auf eine Ausgleichszahlung abgewiesen. B. habe daraufhin Anzeige gegen A. erstattet, da sie nach seiner Einschätzung falsche Angaben gemacht habe, was zu einer Unterbewertung ihrer Einkünfte und ihres Vermögens geführt habe. Am 31. Mai 2017 habe die Staatsanwaltschaft Belfort ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Betrugs eröffnet. Am 8. Oktober 2018 habe sich B. als Nebenkläger dem Strafverfahren angeschlossen.
Am 19. November 2018 habe B. dem Ermittlungsrichter neue Unterlagen übergeben, die A. zuvor im Berufungsverfahren zur Ehescheidung vorgelegt habe. Eine Vermögenserklärung von A. aus dem Jahr 2016 für die Schweizer Behörden zeige, dass der Wert des Besitzes von A. den Wert übersteige, den sie angegeben, in die eidesstattliche Erklärung vom 31. Mai 2017 übernommen und dem Familienrichter vorgelegt habe. Weiter habe B. angegeben, dass selbst die Vermögenserklärung aus dem Jahr 2016 fragwürdig sei, da nach seinem Dafürhalten das Vermögen von A. auf EUR 4'863'076.92 zu schätzen sei, anstatt des in der Erklärung von 2016 festgehaltenen Betrags von EUR 1'907'116.– (resp. EUR 1'700'000.– in der eidesstattlichen Erklärung vom 31. Mai 2017). B. habe weitere, durch die Vorlage dieser neuen Unterlagen herausgestellte Verdachtsmomente vorgebracht. Insbesondere sollen die in den verschiedenen Erklärungen angegebenen Werte bezüglich Anteilen von A. an einer Immobiliengesellschaft sowie bezüglich ihrer Guthaben und ihres unbeweglichen Vermögens schwanken.
5.3 Im Jahr 2019 habe das Polizeikommissariat Belfort in Zusammenarbeit mit der Domänenverwaltung festgestellt, dass A. den Wert ihres gesamten Vermögens zu niedrig eingeschätzt habe. A. habe den Wert ihres gesamten Immobilienvermögens mit EUR 1'741'819.– angegeben, tatsächlich sei dieser im Jahr 2019 aber auf EUR 2'865'200.– geschätzt worden.
6.
6.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Sachverhalt auf von B. manipulierten Auskünften basiere. Ohnehin sei die Schilderung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen nicht genügend begründet und daher auch nicht nachvollziehbar (act. 1, S. 4 ff.; act. 15, S. 2 f.).
6.2 Die Rechtsprechung stellt an die Schilderung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen keine hohen Anforderungen. Danach kann von den Behörden des ersuchenden Staates nicht verlangt werden, dass sie den Sachverhalt, der Gegenstand der Strafuntersuchung bildet, lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen. Das wäre mit dem Sinn und Zweck des Rechtshilfeverfahrens unvereinbar, ersucht doch ein Staat einen anderen gerade deswegen um Mithilfe, damit er die bisher im Dunkeln gebliebenen Punkte aufgrund von Unterlagen, die im Besitze des ersuchten Staates sind, klären kann (BGE 117 Ib 88 E. 5c). Die ersuchte Behörde hat sich beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhaltes im Ersuchen und dessen allfälligen Ergänzungen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (BGE 139 II 451 E. 2.2.1; 136 IV 4 E. 4.1; 133 IV 76 E 2.2; TPF 2011 194 E. 2.1). Einwände, die sich auf die Richtigkeit der Darstellung beziehen, Gegenbehauptungen, Beweiseingaben oder -offerten, die nur das ausländische Sachurteil betreffen, sind vom Rechtshilfegericht nicht zu hören (BGE 132 II 81 E. 2.1).
6.3 Die französische Strafbehörde untersucht ein Delikt des allgemeinen Strafrechts, wofür sie um Rechtshilfe ersucht. Der Schilderung des Sachverhalts muss kein Beweisdossier beigelegt werden. Aufgrund des zwischenstaatlichen Vertrauensprinzips (BGE 146 II 150 E. 7.1) ist von der Richtigkeit des geschilderten Sachverhalts auszugehen. Die obige Schilderung (vgl. Erwägung 5) ist nachvollziehbar und enthält keine offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche. Er schildert prima facie Handlungen, die in der Schweiz strafbar sind als Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) oder als Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306 Abs. 1 StGB; siehe aber Erwägung 6.4 unten).
Daran ändert auch nichts, dass strafbare Handlungen untersucht werden, die in einem gerichtlichen Scheidungsverfahren begangen und vom Ex-Mann der Beschwerdeführerin angezeigt worden sind. Auch die Sichtweise der Beschwerdeführerin zu den massgeblichen formellen und materiellen Fragen im französischen Scheidungsverfahren, wie kurz vorgebracht in ihrer Eingabe vom 4. Oktober 2021 an die StA BL, können die Sachverhaltsschilderung nicht entkräften. Ebenso wenig, wenn sie pauschal vorbringt (act. 1 S. 4 Ziff. 8), ein strafrechtlich relevantes Handeln von ihr könne in keiner Weise angenommen werden, jedoch habe sich ihr Ex-Mann strafbar gemacht.
6.4 Zur beidseitigen Strafbarkeit nach Schweizer Recht bringt die Beschwerdeführerin weder in der Beschwerde noch in der Replik Rügen vor. Dies ist insofern folgerichtig, als vorliegend keine Zwangsmassnahme angeordnet wurde: Die Staatsanwaltschaft erhob die Unterlagen rechtshilfeweise bei den Steuerbehörden, welche über die Herausgabe an sie entschieden (vgl. auch E. 2.2.3 oben). Ohne Zwangsmassnahme ist eine Strafbarkeit nach Schweizer Recht auch nicht Voraussetzung für die Herausgabe der Unterlagen (vgl. Art. 64 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 2 lit. c IRSG).
6.5 Insgesamt sind die Rügen der Beschwerdeführerin unbegründet. Weitere Rechtshilfehindernisse sind nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
7. Die drei Verfahrensanträge der Beschwerdeführerin sind gegenstandslos: Der Beschwerde kommt schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 80l Abs. 1 IRSG), die Beschwerdeführerin konnte eine Replik einreichen und das Gericht zog die Akten der Vorinstanz bei.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG). Für die Berechnung der Gerichtsgebühren gelangt das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) zur Anwendung (Art. 53 Abs. 2 lit. a, Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 65 Abs. 5 VwVG sowie Art. 22 Abs. 3 BStKR). Die Gerichtsgebühr ist vorliegend auf Fr. 5'000.– festzusetzen (vgl. Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 73 StBOG sowie Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. a BStKR) und der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 5'000.– (act. 3 und 6).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.– wird der Beschwerdeführerin auferlegt, unter Anrechnung des entsprechenden Betrages aus dem geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 5'000.–.
Bellinzona, 18. August 2023
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an
- Advokat Oliver Borer
- Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft
- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe II
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG). Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind (Art. 48 Abs. 2 BGG).
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG).
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