Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | SK.2022.37 |
Datum: | 07.02.2023 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Gesuch; Verfahren; Verfahrens; Verfahrenskosten; Gesuchs; Erlass; Beschwerdekammer; Gesuchsteller; Verhältnisse; Beschwerdeverfahren; Verfügung; Einzelrichter; Bundesstrafgerichts; Gerichtsgebühr; Apos;; Stundung; Beschluss; Substantiierung; Verfügungen; Rechtspflege; Eingabe; Beschwerdeverfahrens; Bedürftigkeitsnachweises; Person; Gesuche; Offenlegung; Tribunal; Aussichtslosigkeit; StBOG; BStKR |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 395 StPO ;Art. 42 StPO ;Art. 428 StPO ; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
BB.2022.122
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2022.122
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Verfügung vom 7. Februar 2023 Beschwerdekammer | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Patrick Robert-Nicoud, als Einzelrichter, Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia | |
Parteien | A., Gesuchsteller | |
Gegenstand | Stundung und Erlass (Art. 425 StPO) |
Sachverhalt:
A. Mit Beschluss BB.2022.35 (BP.2022.30) vom 8. April 2022 wies die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts die Beschwerde von A. wegen Rechtsverweigerung durch die Bundesanwaltschaft ab, soweit sie darauf eintrat. Dabei wurde das Gesuch von A. um unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen und ihm gestützt auf Art. 428 StPO i.V.m. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 BStKR ausgangsgemäss eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.
Mit Beschluss BB.2021.217-218 (BP.2021.80-81) vom 8. April 2022 wies die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts die Beschwerde von A. und der B. AG, deren Verwaltungsratspräsident A. ist, wegen Rechtsverweigerung durch die Bundesanwaltschaft ab, soweit sie darauf eintrat. Dabei wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen und A. sowie der B. AG wurde gestützt auf Art. 428 StPO i.V.m. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 BStKR ausgangsgemäss eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.
B. Betreffend die beiden vorgenannten Beschlüsse gelangte A. mit einer einzigen Eingabe vom 13. April 2022 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und ersuchte in einem ersten Punkt um Erlass «aufgrund seiner Mittellosigkeit» der «augenscheinlich überhöht angesetzten» Verfahrenskosten aus dem Beschwerdeverfahren BB.2022.35 (BP.2022.30) sowie aus dem Beschwerdeverfahren BB.2021.217-218 (BP.2021.80-81). In einem zweiten Punkt beantragte er, die Gerichtsgebühr sei je auf Fr. 500.-- zu reduzieren (BB.2022.50 und BB.2022.51, je act. 1).
Für das Gesuch um Erlass oder Reduktion der Verfahrenskosten des Beschwerdeverfahrens BB.2022.35 (BP.2022.30) wurde das Verfahren BB.2022.50 und für das zweite Gesuch betreffend die Verfahrenskosten des Beschwerdeverfahrens BB.2021.217-218 das Verfahren BB.2022.51 eröffnet.
Mit Verfügung BB.2022.50 vom 5. September 2022 wurde das Gesuch betreffend die Verfahrenskosten des Beschwerdeverfahrens BB.2022.35 mangels ausreichender Substantiierung und Bedürftigkeitsnachweises abgewiesen und A. ausgangsgemäss eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.
Mit Verfügung BB.2022.51 vom 5. September 2022 wurde ebenfalls das Gesuch betreffend die Verfahrenskosten des Beschwerdeverfahrens BB.2021.217-218 mangels ausreichender Substantiierung und Bedürftigkeitsnachweises abgewiesen und A. ausgangsgemäss eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.
C. Betreffend die beiden vorgenannten Verfügungen BB.2022.50 und BB.2022.51 je vom 5. September 2022 gelangt A. mit einer einzigen Eingabe vom 14. September 2022 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und ersucht um Erlass «aufgrund seiner Mittellosigkeit» der «augenscheinlich überhöht angesetzten» Verfahrenskosten «im Umfang von Fr. 4000.--, d.h. 2 x Fr. 2000 und Fr. 2000, d.h. 2 x Fr.1000». Eventualiter seien die Verfahrenskosten auf je Fr. 500.-- zu reduzieren, d.h. auf einen Nettogesamtbetrag von Fr. 2'000.-- (BB.2022.122, act. 1). Mit Schreiben datiert vom 24. September 2022 reichte A. eine weitere Eingabe ein, welche nach seiner Darstellung eine Wiederholung seines Schreibens vom 14. September 2022 darstelle (act. 2). Von der Eröffnung von zwei separaten Verfahren wurde ausnahmsweise abgesehen.
Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1.
1.1 Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden (Art. 425 StPO). Die Beschwerdekammer ist zuständig zur Behandlung von Gesuchen um Erlass von Verfahrenskosten, welche ein rechtskräftig abgeschlossenes Beschwerdeverfahren betreffen (vgl. TPF 2019 35 E. 1.1 m.w.H.). Die Beschwerdeinstanz entscheidet als Einzelgericht über Gesuche um Erlass der Verfahrenskosten, sofern der Schwellenwert von 5000 Franken gemäss Art. 395 lit. b StPO nicht überschritten wird (vgl. TPF 2019 35 E. 1). Demnach entscheidet in casu grundsätzlich der Einzelrichter über das Gesuch.
1.2 Vorliegend ersucht der Gesuchsteller um Erlass von Verfahrenskosten, deren Auflage neun Tage zuvor in zwei Verfahren betreffend Erlass und Stundung von Verfahrenskosten gemäss Art. 425 StPO angeordnet wurde (s. supra lit. B f.). Es kann offensichtlich nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass die mit der Abweisung eines Gesuchs um Erlass oder Stundung von Verfahrenskosten einhergehende Kostenauflage umgehend wiederum Gegenstand eines Gesuchs um Erlass und Stundung dieser Verfahrenskosten ist. Entsprechend ist auf das Gesuch nicht einzutreten. Bei diesem Prüfungsergebnis ist auf die Frage, ob das Gesuch vorliegend allenfalls rechtsmissbräuchlich gestellt wurde, nicht weiter einzugehen.
Selbst wenn auf das Gesuch einzutreten wäre, wäre es aus den nachfolgenden Gründen abzuweisen (s. nachstehend E. 2).
2.
2.1 Stundungen und Erlass von Forderungen aus Verfahrenskosten dienen vorab der Resozialisierung der beschuldigten Person, denn die Kostenauflage kann sie in Anbetracht der mitunter sehr hohen Auslagen erheblich finanziell belasten und eine Rückkehr in geordnete Verhältnisse erschweren.
Die Anwendung von Art. 425 StPO setzt voraus, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person derart angespannt sein müssen, dass eine (ganze oder teilweise) Kostenauflage als unbillig erscheint. Das ist dann der Fall, wenn die Höhe der auferlegten Kosten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der kostenpflichtigen Person deren Resozialisierung bzw. finanzielles Weiterkommen ernsthaft gefährden kann (Urteil des Bundesgerichts 6B_610/2014 vom 28. August 2014 E. 3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.133 vom 15. Februar 2019 E. 2.1, nicht publiziert in TPF 2019 35; je m.w.H.). Mit der Konzipierung von Art. 425 StPO als Kann-Bestimmung belässt der Gesetzgeber der Strafbehörde beim Kostenentscheid einen grossen Ermessens- und Beurteilungsspielraum (Urteil des Bundesgerichts 6B_610/2014 vom 28. August 2014 E. 3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.133 vom 15. Februar 2019 E. 2.2, nicht publiziert in TPF 2019 35; je m.w.H.).
2.2 Wie in den verfahrensgegenständlichen Verfügungen des Einzelrichters der Beschwerdekammer BB.2022.50 und BB.2022.51 je vom 5. September 2022 im Einzelnen ausgeführt, ist dem Gesuchsteller das Verfahren um Erlass der Verfahrenskosten gemäss Art. 425 StPO bereits seit Jahren aus eigener Erfahrung bekannt. Ihm ist insbesondere bekannt, dass ihn – wie auch bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine amtliche Verteidigung – bei der Abklärung seiner finanziellen Verhältnisse eine gewisse Mitwirkungspflicht trifft. Namentlich im Zusammenhang mit Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege ist ihm bekannt, dass sein Gesuch mangels ausreichender Substantiierung oder mangels Bedürftigkeitsnachweises abgewiesen werden kann, wenn er der ihm obliegenden Pflicht zur Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse nicht nachkommt bzw. wenn die vorgelegten Urkunden und die gemachten Angaben kein kohärentes und widerspruchsfreies Bild seiner finanziellen Verhältnisse ergeben. Der Gesuchsteller kommt seit Jahren in den bisherigen Verfahren vor der Beschwerdekammer trotz wiederholter Aufforderungen zur Offenlegung der finanziellen Verhältnisse seinen Mitwirkungspflichten nicht nach. Der Gesuchsteller weiss, dass aufgrund dessen die Beschwerdekammer ihn nicht mehr zur Nachreichung von Unterlagen zur Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse auffordert.
2.3 Der Gesuchsteller macht vorliegend zwar zur Begründung seines Gesuchs um Erlass der Verfahrenskosten wiederum Mittellosigkeit geltend, er belegt aber die geltend gemachten finanziellen Verhältnisse wie bis anhin nicht (s. zuletzt Verfügungen des Einzelrichters der Beschwerdekammer BB.2022.50 und BB.2022.51 vom 5. September 2022). Dieses Vorgehen des Gesuchstellers, in Kenntnis der Entscheidgrundlagen des Gerichts (ausreichende Substantiierung/Bedürftigkeitsnachweis) und des Verzichts des Gerichts, von diesem Unterlagen nachzufordern, rechtfertigt mit Blick auf sein seit Jahren gleichförmiges Prozessverhalten auch in casu keine Weiterungen. Mit seinem Einwand, in den betreffenden Verfügungen werde nicht erwähnt, welche konkreten Bestätigungen einzureichen seien, scheint der Gesuchsteller die in den vergangenen Jahren wiederholten Aufforderungen zur Offenlegung der finanziellen Verhältnisse verkennen zu wollen. Er führt in seinem Gesuch aus: «Gemäss beiliegender Kopie der Betreibung und Zwangspfaendung vom 10.1.22 der Eidgenossenschaft fuer eine Ersatzforderung von rund Fr. 3.9 Mio. geht hervor, dass keinerlei pfaendbares Vermoegen oder Einkommen vorhanden ist und ein Verlustschein ausgestellt wird». Das genannte Dokument legte der Gesuchsteller seiner Eingabe entgegen seinen Ausführungen gerade nicht bei (s. act. 1.1 f.). Nach dem Gesagten erweist sich deshalb das Gesuch mangels ausreichender Substantiierung und Bedürftigkeitsnachweises als unbegründet und es müsste abgewiesen werden, wenn darauf einzutreten wäre.
3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsteller dessen Kosten zu tragen (vgl. Art. 428 Abs. 1 StPO; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.133 vom 15. Februar 2019 E. 5 m.w.H., nicht publiziert in TPF 2019 35). Das vorliegende Gesuch betrifft mehrere Verfahren. Unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ist die Gerichtsgebühr in casu gesamthaft auf Fr. 2'000.-- festzusetzen (vgl. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 BStKR). Dem Gesuchsteller sind die Kostenfolgen, welche mit einem abgewiesenen Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten einhergehen, bereits seit Jahren aus eigener Erfahrung bekannt (s. zuletzt Verfügungen des Einzelrichters der Beschwerdekammer BB.2022.50 und BB.2022.51 vom 5. September 2022). Ihm ist insbesondere aus allen von ihm angestrengten Verfahren bei der Beschwerdekammer bekannt, dass seine Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit in der Sache ohne Überprüfung seiner finanziellen Situation abzuweisen sind, und sein Prozessverhalten finanzielle Folgen für ihn nach sich zieht.
Demnach erkennt der Einzelrichter:
1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Gesuchsteller auferlegt.
Bellinzona, 8. Februar 2023
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- A.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Weiterzug
- 6B_308/2023 Nichteintreten
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